L 10 AL 96/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 3026/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 96/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Arbeitserlaubnis.

Der im Jahre 1971 geborene Kläger stammt als albanischer Volkszugehöriger aus dem serbischen Stammland (Presovo in Südserbien) und war nach seinen Angaben dort bis 1993 besonderer politischer Verfolgung ausgesetzt. Er floh von dort in die Bundesrepublik Deutschland, als die damalige jugoslawische Armee ihn wegen kriegerischer Auseinandersetzungen mit Kroatien zum Wehrdienst einziehen wollte. Am 07. Oktober 1993 stellte er einen Asylantrag, der mit Bescheid vom 22. Oktober 1993 abgelehnt wurde. Das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf Anerkennung als Asylberechtigter ist weiter anhängig. Er hält sich aufgrund von Duldungen im Bundesgebiet auf, die eine unselbständige Erwerbstätigkeit zulassen, wenn und soweit die Beklagte eine Erlaubnis erteilt. Nach einer in den Akten des Verwaltungsgerichts befindlichen Auskunft der Republik Serbien, Gemeinde Presovo, vom 19. September 2001, ist der Kläger Staatsbürger der Republik Serbien und der Bundesrepublik Jugoslawien.

Am 14. März 2001 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit als Malerhelfer bei der Firma. GmbH, Malermeisterbetrieb H. O., M. St.,. B ... Einen Vermittlungsauftrag erteilte der Arbeitgeber der Beklagten nicht. Die Beklagte ermittelte, dass allein im Bezirk des Arbeitsamtes Berlin West 400 Malerhelfer arbeitslos gemeldet seien.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2001, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2001, hat die Beklagte die Erteilung der beantragten Arbeitserlaubnis abgelehnt. Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach § 285 Abs. 1 Sozialgesetzbuch / Drittes Buch (SGB III) komme nicht in Betracht, da bereits auf dem Teilarbeitsmarkt des Arbeitsamtes Berlin West 400 bevorrechtigte Bewerber zur Verfügung stünden. Außerdem habe der Arbeitgeber einen Vermittlungsauftrag für die freie Stelle nicht erteilt. Die Frage nach der Bereitschaft, bevorrechtigte Arbeitnehmer einzustellen, sei zwar bejaht worden. Ohne Auftrag könne eine solche Vermittlung aber nicht erfolgen, so dass nicht von einem echten Bedarf an einer Arbeitskraft ausgegangen werden könne. Auch die Voraussetzungen der Erteilung einer Arbeitserlaubnis aus Härtegründen nach § 1 Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV) lägen nicht vor. Ein Härtefall im Sinne der Vorschrift sei nur gegeben, wenn dem Ausländer ein besonderes, unzumutbares Opfer abverlangt werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die für ausländische Arbeitnehmer allgemeingültigen Verhältnisse keine Härte im Sinne des Gesetzes darstellten.

Die zum Sozialgericht Berlin erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, dass er inzwischen als voll in die bundesrepublikanische Gesellschaft integriert angesehen werden könne. In der Zwischenzeit lebe er mit seiner Lebensgefährtin, die 1999 als Kontingentflüchtling aus dem Kosovo in die Bundesrepublik gekommen sei, in einer Sozialwohnung. Am. sei der gemeinsame Sohn Y. geboren worden. Die Eltern und Geschwister seiner Lebensgefährtin seien bereits wieder nach Pristina zurückgekehrt. Ein Versuch seinerseits, in den Kosovo auszureisen, sei gescheitert, weil es dort weder Arbeit noch Wohnung für ihn gäbe. Nach Jugoslawien könne er nicht zurückkehren, da er von Verwandten erfahren habe, dass er kein Staatsbürger der Republik Serbien und der Bundesrepublik Jugoslawien (mehr) sei (Bescheinigung vom 13. März 2000).

Mit Urteil vom 10. Oktober 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen einer Arbeitserlaubnis nach § 285 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3 SGB III lägen nicht vor, da für die beabsichtigte Tätigkeit als Malerhelfer ca. 400 bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ArGV seien nicht erfüllt, weil ein Sachverhalt, der eine besondere Härte darstellen könnte, weder vorgetragen noch ersichtlich sei. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4100 § 19 Nr. 16) könne allein der lange Inlandsaufenthalt einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis zur Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit nicht begründen. Vielmehr müssten – zur Begründung eines Härtefalls – weitere Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Inlandsaufenthalt zu einem Dauerzustand geworden sei, weil eine Rückführung in das Heimatland wegen tatsächlicher Unmöglichkeit ausgeschlossen sei. Da eine Rückkehr des Klägers in die Republik Serbien bzw. die Bundesrepublik Jugoslawien, deren Staatsbürger der Kläger nach der in der Akte des Verwaltungsgerichts vorliegenden Bescheinigung sei, aber möglich erscheine, seien die Voraussetzungen eines Härtefalls auch nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Landessozialgerichts Berlin (Urteil vom 17. August 2001) nicht gegeben.

Gegen das ihm am 01. November 2002 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung vom 27. November 2002. Zur Begründung macht er geltend, dass er entgegen der Annahme des Sozialgerichts nicht in seine Heimat zurückkehren könne, da er 1993 seiner Einberufung zum Militärdienst nicht Folge geleistet, sondern unter Lebensgefahr seine Heimat verlassen habe. Deshalb müsse er nun nach seiner Rückkehr mit Repressionen rechnen, die ihm nicht zugemutet werden könnten. Diese könnten in politischer Verfolgung oder auch in einem Gerichtsverfahren mit ungewissen Ausgang bestehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 10. Oktober 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Tätigkeit als Malerhelfer bei der Firma. GmbH eine Arbeitserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Inhalt ihrer Bescheide und das ihrer Auffassung nach zutreffende Urteil des Sozialgerichts Berlin.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Rechtsausführungen und der Sachdarstellung wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Wie das Sozialgericht mit der von ihm gegebenen Begründung zutreffend ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen der Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach § 285 Abs. 1 SGB III nicht vor, weil diese nach Satz 1 Nr. 2 der genannten Vorschrift u.a. nur dann in Betracht kommt, wenn bevorrechtigte Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf das Urteil des Sozialgerichts verwiesen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Aber auch die Voraussetzungen der Erteilung einer Arbeitserlaubnis aus Härtegründen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ArGV i.V.m. § 285 Abs. 2, 288 Abs. 1 Nr. 2 SGB III liegen nicht vor. Denn es fehlt an Härtegründen.

Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass allein der langjährige Inlandsaufenthalt den Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis aus Härtegründen nicht begründen kann. Vorliegend kann der Senat auch offenlassen, ob sich daran schon dann etwas ändert, wenn eine Ausreise wegen tatsächlicher Unmöglichkeit, wie etwa bei den staatenlosen Palästinensern, nicht in Betracht kommt und der Aufenthalt sich deshalb tatsächlich als dauerhaft erweist. Denn eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Der Kläger hat im Sozialgerichtsverfahren noch selbst vorgetragen, dass er in den Kosovo ausreisen wollte und dies allein an den wirtschaftlichen Verhältnissen dort gescheitert ist. Weder habe er eine seinen Ansprüchen genügende Wohnung noch eine Arbeit gefunden, obwohl er mehrfach dorthin telefoniert habe.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren nunmehr erstmals geltend macht, der Umstand, dass er sich seiner Einberufung zum Wehr- bzw. Kriegsdienst entzogen habe, stünde einer Rückkehr in die Republik Serbien bzw. die Bundesrepublik Jugoslawien entgegen, kann dies den Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis als Härtefall nicht begründen. Denn bei der Frage, ob dieser Sachverhalt – wenn er denn nach den Angaben des Klägers auch tatsächlich so vorliegt – dem Asylantrag zum Erfolg verhelfen und damit zu dauerhaftem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland führen könnte, handelt es sich um eine spezifisch ausländerrechtliche Problematik, über die ggf. vor dem Verwaltungsgericht gestritten wird. Diese im Falle des Klägers vor dem Verwaltungsgericht noch nicht geklärte Rechtsfrage ist aber nicht geeignet, den Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik aus tatsächlichen Gründen als dauerhaft erscheinen zu lassen und somit auch nicht geeignet, den Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach den vom 4. Senat des Landessozialgerichts Berlin aufgestellten Grundsätzen zu rechtfertigen. Daher hatte der Senat auch nicht zu entscheiden, ob er sich diesen Grundsätzen anschließen würde.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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