L 2 RA 154/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 16 RA 565/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 154/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 15. Mai 2003, berichtigt durch Beschluss vom 01. Juli 2003, wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Verfahrens vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Dynamisierung des ihr gewährten Auffüllbetrages statt seiner Abschmelzung unter Rücknahme der entgegenstehenden Bescheide.

Der im ... 1931 geborenen Klägerin bewilligte die Überleitungsanstalt Sozialversicherung mit Bescheid vom 05. August 1991 Altersrente ab 01. Oktober 1991 in Höhe von 450 DM. Sie legte hierbei 17 Jahre einer versicherungspflichtigen Tätigkeit bei einem beitragspflichtigen Durchschnittsverdienst von 310 DM sowie zwei Jahre Zurechnungszeiten für zwei Geburten zugrunde. Außerdem berücksichtigte sie Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung. Sie errechnete hieraus eine Rente von insgesamt 235,00 DM, die sich aus einem Festbetrag von 170,00 DM, einem weiteren Betrag von 59,00 DM (310,00 DM x 19,0 v. H.) sowie einem Betrag für die freiwillige Rentenversicherung von 5,70 DM zusammensetzte. Da diese Rente die Mindestrente nicht erreichte, legte sie diese in Höhe von 340,00 DM zugrunde. Nach Dynamisierung gemäß der Ersten und Zweiten Rentenanpassungsverordnung resultierte daraus zum 01. Oktober 1991 eine Altersrente von 450,00 DM monatlich.

Mit Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente stellte die Beklagte fest, dass die bisher gezahlte Versichertenrente künftig als Regelaltersrente geleistet werde. Aus dem beitragspflichtigen Durchschnittseinkommen von 310 DM im Zwanzigjahreszeitraum, der im zweiten Halbjahr 1991 endet, ermittelte sie durchschnittliche Entgeltpunkte je Arbeitsjahr von 0,3624, woraus unter Berücksichtigung von 17 Arbeitsjahren persönliche Entgeltpunkte (Ost) von 6,1608 resultierten. Diese erhöhte sie für zwei Kinder jeweils um 0,7500 Entgeltpunkte. Dies ergab mit 7,6608 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) für Dezember 1991 einen Monatsbetrag der Rente von 161,72 DM, weshalb ein Auffüllbetrag in Höhe von 319,06 DM (errechnet aus der um 6,84 v. H. erhöhten Monatsrente für Dezember 1991 von 450 DM mit 480,78 DM abzüglich des Monatsbetrages der Rente von 161,72 DM) gewährt wurde. Zusammen mit dem ab 01. Januar 1992 erhöhten Monatsbetrag der Rente von 180,57 DM und dem Auffüllbetrag resultierte daraus eine Gesamtleistung von 499,63 DM.

Der Auffüllbetrag von 319,06 DM wurde zusammen mit dem zu den jeweiligen Anpassungszeitpunkten erhöhten Monatsbetrag der Rente bis 31. Dezember 1995 in unveränderter Höhe gezahlt. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Monatsbetrag der Rente 278,32 DM, so dass sich eine Gesamtleistung von 597,38 DM ergab.

Ab 01. Januar 1996 wurde der Auffüllbetrag vermindert. Die Gesamtleistung setzte sich seither wie folgt zusammen:

Anpassungszeitpunkt Rentenbetrag Auffüllbetrag Gesamtleistung

01. Januar 1996 290,50 DM 306,88 DM 597,38 DM

01. Juli 1996 294,02 DM 303,36 DM 597,38 DM

01. Juli 1997 310,34 DM 287,04 DM 597,38 DM

01. Juli 1998 321,24 DM 276,14 DM 597,38 DM

01. Juli 1999 334,40 DM 262,98 DM 597,38 DM

01. Juli 2000 344,84 DM 252,54 DM 597,38 DM

01. Juli 2001 352,10 DM 245,28 DM 597,38 DM

(180,03 Euro) (125,41 Euro) (305,44 Euro)

01. Juli 2002 185,23 Euro 120,21 Euro 305,44 Euro

01. Juli 2003 187,44 Euro 118,00 Euro 305,44 Euro

Im Oktober 2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung der gesamten seit 01. Juli 1990 erteilten Bescheide und Gewährung einer angemessenen Rente. Die erteilten Bescheide verletzten das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG), den Einigungsvertrag (EV), das Grundgesetz (GG) und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Sie verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) vom 28. April 1999. Die dort ausgesprochene Dynamisierung der Leistungen für Zusatzversorgte gelte auch für die sonstigen Renten, so dass der gesamte besitzgeschützte Zahlbetrag anzupassen sei.

Mit Bescheid vom 08. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Die Vorschriften der §§ 315 a, 319 a und 319 b Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ließen es nicht zu, von der Abschmelzung abzusehen und die gewünschte Dynamisierung vorzunehmen.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Mai 2002 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 17. Juni 2002 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt.

Mit Urteil vom 15. Mai 2003, berichtigt durch Beschluss vom 01. Juli 2003, hat das Sozialgericht die Klage - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen. Es hat auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 08. Februar 2002 und Widerspruchsbescheid vom 08. Mai 2002 Bezug genommen. Im Übrigen hat es ausgeführt, die unterlassene Dynamisierung verletze keine Grundrechte der Klägerin. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Auffüllbetrag überhaupt der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterliege. Selbst wenn dies bejaht werde, scheide ein Eingriff aus, da es bisher zu keiner Minderung des Zahlbetrages der Rente gekommen sei. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG werde ebenfalls nicht verletzt. Ein weiteres Festhalten an den Auffüllbeträgen würde zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der Rentner im Beitrittsgebiet führen.

Gegen das ihr am 24. Mai 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Juni 2003 eingelegte Berufung der Klägerin.

Sie trägt vor: Sie fühle sich weiterhin zu den "Ostdeutschen - Normalrentnern" ungleich behandelt. Die Urteile des BVerfG von April 1999 bekräftigten grundsätzlich die Eigentumsgarantie für die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften. Erfolge eine Dynamisierung der ihr zu Oktober 1991 gewährten Rente von monatlich 450,00 DM entsprechend den jeweiligen Anpassungssätzen stünde ihr zu Juli 2003 eine Rente von 468,86 Euro zu.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 15. Mai 2003, berichtigt durch Beschluss vom 01. Juli 2003, zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Mai 2002 zu verpflichten, unter entsprechender Rücknahme des Bescheides über die Umwertung und Anpassung der Rente sowie der Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli 1992 bis zum 01. Juli 2002, und die Beklagte unter Änderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 zu verurteilen, ab dem 01. Januar 1992 auch den Auffüllbetrag zu den jeweiligen Anpassungszeitpunkten mit den jeweiligen Anpassungssätzen zu dynamisieren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 abzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 08. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Mai 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente sowie die Rentenanpassungsmitteilungen ab 01. Juli 1992 bis 01. Juli 2002 zurückzunehmen und den Auffüllbetrag zu den jeweiligen Anpassungszeitpunkten mit den jeweiligen Anpassungssätzen zu dynamisieren.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Der Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli 1992 bis zum 01. Juli 2002 sind nicht rechtswidrig. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 315 a SGB VI.

Diese Vorschrift sieht vor: Ist der für den Berechtigten nach Anwendung des § 307 a SGB VI ermittelte Monatsbetrag der Rente für Dezember 1991 niedriger als der für denselben Monat ausgezahlte und nach dem am 31. Dezember 1991 geltenden Recht weiterhin zustehende Rentenbetrag einschließlich des Ehegattenzuschlages, wird ein Auffüllbetrag in Höhe der Differenz geleistet. Bei dem Vergleich werden die für Dezember 1991 nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets geleisteten Rentenbeträge zuvor um 6,84 v. H. erhöht (§ 315 a Sätze 1 und 2 erster Halbsatz SGB VI). Der Auffüllbetrag wird vom 01. Januar 1996 an bei jeder Rentenanpassung um ein Fünftel des Auffüllbetrages, mindestens aber um 20 Deutsche Mark vermindert; durch die Verminderung darf der bisherige Zahlbetrag der Rente nicht unterschritten werden. Ein danach noch verbleibender Auffüllbetrag wird bei den nachfolgenden Rentenanpassungen im Umfang dieser Rentenanpassungen abgeschmolzen (§ 315 a Sätze 4 und 5 SGB VI).

Die Beklagte hat die Altersrente von 450,00 DM um 6,84 v. H. auf 480,78 DM erhöht und hiervon den Monatsbetrag der Rente von 161,72 DM abgezogen, woraus sie den Auffüllbetrag von 319,06 DM ermittelt hat. Dies entspricht der genannten Vorschrift.

Im Übrigen hat die Beklagte ab 01. Januar 1996 den Auffüllbetrag vermindert. Die Verminderung bleibt hierbei jeweils hinter einem Fünftel des Auffüllbetrages von 63,81 DM (319,06 DM: 5) zurück, da ansonsten der bisherige Gesamtzahlbetrag unterschritten worden wäre. Nach der o. g. Vorschrift ist die Verminderung des Auffüllbetrages jedoch begrenzt auf die jeweilige Erhöhung des Monatsbetrages der Rente.

Für das klägerische Begehren nach Dynamisierung des Auffüllbetrages findet sich weder in § 315 a SGB VI noch in einer anderen Vorschrift eine Rechtsgrundlage.

Dies stellt keinen Verstoß gegen das GG dar. Der Senat folgt hierbei ebenfalls, wie es bereits das Sozialgericht getan hat, den Entscheidungen des BSG vom 29. Juni 2000 - B 13 RJ 29/98 R (SozR 3-2600 § 307 a Nr. 15) und vom 21. April 1999 - B 5/4 RA 25/97 R (SozR 3-2600 § 315 a Nr. 1).

Danach ist der Auffüllbetrag nicht Bestandteil der umgewerteten Rente, sondern gehört zu den Zusatzleistungen und bezweckt in Fortführung und Erweiterung des sich aus Art. 30 EV ergebenden Vertrauensschutzgedankens die Vermeidung einer wirtschaftlichen Schlechterstellung der von der Rentenüberleitung im Beitrittsgebiet erfassten Rentner und Anwartschaftsberechtigten der Sozialpflichtversicherung und der FZR.

Art. 30 Abs. 5 EV bestimmt insoweit: Die Einzelheiten der Überleitung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Rentenversicherung) werden in einem Bundesgesetz geregelt. Für Personen, deren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis 30. Juni 1995 beginnt, wird eine Rente grundsätzlich mindestens in der Höhe des Betrages geleistet, der sich am 30. Juni 1990 nach dem bis dahin geltenden Rentenrecht in dem in Art. 3 genannten Gebiet ohne Berücksichtigung von Leistungen aus Zusatz- oder Sonderversorgungssystemen ergeben hätte. Im Übrigen soll die Überleitung von der Zielsetzung bestimmt sein, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter in dem in Art. 3 genannten Gebiet an diejenigen in den übrigen Ländern auch eine Angleichung der Renten zu verwirklichen.

Es ist angesichts dessen, jedenfalls bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt, so, dass der Auffüllbetrag als eine bestandsschützende Leistung eigener Art der Eigentumsgarantie nicht unterliegt.

Der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterfallen, soweit es sich um öffentlich-rechtliche Ansprüche und Anwartschaften handelt, nur diejenigen Rechtspositionen, die gegenüber einem Träger der auf dem Grundgesetz beruhenden Staatsgewalt begründet wurden. Gegenstand der Eigentumsgarantie sind damit nur die vom Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland begründeten Rechte (vgl. BVerfGE 71, 60, 80; 53, 164, 166). Für die in der DDR begründeten Ansprüche und Anwartschaften gilt nichts anderes. Bis zum Beitritt genossen sie nicht den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG. Mit dem Beitritt und der Anerkennung durch den EV gelangten sie jedoch wie jede andere vermögenswerte Rechtsposition in den Schutzbereich dieses Grundrechts. Dabei kommt der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz ihnen aber nur in der Form zu, die sie aufgrund der Regelungen des EV erhalten haben (Urteil des BVerfG vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95).

Es fehlt schon an einer Vorschrift, die der Klägerin die Berücksichtigung auch des Teils ihrer nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechneten Altersrente bei der Umwertung zum 01. Januar 1992 garantiert, der nicht von versicherungs- und beitragsrechtlichen Voraussetzungen abhing, sondern Element der Mindestsicherung war. In Ausführung von Art. 30 Abs. 5 EV ordnet Anlage I zum EV Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 1 die Anwendung des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 und damit des SGB VI als Art. 1 dieses Gesetzes ab 01. Januar 1992 an. Vorschriften darüber, wie die Einzelheiten der Überleitung des SGB VI zu erfolgen haben, enthält der EV nicht. Aus der vorbehaltslosen Übernahme des SGB VI im EV kann jedoch die Schlussfolgerung gezogen werden, dass zumindest die allgemeinen Grundsätze der gesetzlichen Rentenversicherung, wozu auch § 63 Abs. 1 SGB VI gehört, nach dem sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen richtet, gelten sollen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfGE 76, 220, 235; 72, 9, 18; 69, 272) ist wesentliche Voraussetzung für einen Eigentumsschutz öffentlich-rechtlicher Ansprüche eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient. Das Merkmal der nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten hat das BVerfG in seinem Urteil vom 28. April 1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) zwar relativiert, jedoch nicht aufgegeben. Es hat betont, dass der Eigentumsschutz von sozialversicherungsrechtlichen Rechtspositionen wesentlich darauf beruhe, dass die in Betracht kommende Rechtsposition durch die persönliche Arbeitsleistung der Versicherten mitbestimmt sei, die in den einkommensbezogenen Leistungen lediglich einen Ausdruck finde. Es seien deswegen in der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 69, 272, 301) nicht nur die vom Versicherten selbst gezahlten Beiträge, sondern auch die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung den eigentumsrelevanten Eigenleistungen des Arbeitnehmers zugerechnet worden. Unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten des Alterssicherungssystems der Deutschen Demokratischen Republik fehle es, insbesondere im Hinblick auf die Zusatzversorgten, die keine eigenen Beiträge zur Altersvorsorge zu leisten hatten, nicht an einer nennenswerten Eigenleistung. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Zusatzversorgung und Arbeitsleistung sei im Entlohnungssystem der Deutschen Demokratischen Republik auf vielfache Weise hergestellt worden. In jedem Fall habe die Bereitstellung von Zusatzversorgungsleistungen an die erbrachte Arbeitsleistung der Versicherten angeknüpft und sei nicht als Maßnahme staatlicher Fürsorge verstanden worden, auch wenn die Mittel weithin aus dem Staatshaushalt stammten.

Diese Rechtsprechung kann auf die nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes berechnete Altersrente der Klägerin nicht übertragen werden. Diese Rente enthielt - auch nach dem Rechtsverständnis in der DDR - jedenfalls insoweit Elemente der staatlichen Fürsorge, als die nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Rente den Betrag der Mindestrente nicht erreichte. In diesem Umfang stellte die Rente eine - nach bundesdeutschem Verständnis - pauschalierte Sozialhilfe dar. Damit sollte erreicht werden, dass die Versicherten in der DDR, die die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente erfüllten, davon ihre Alterssicherung bestreiten konnten. Dieser Zusammenhang mit der staatlichen Fürsorge ist insbesondere noch der Verordnung über die Erhöhung der Renten und der Sozialfürsorgeunterstützung vom 25. Juni 1953 (GBl. DDR 1953 Seite 822) und der Verordnung vom 17. August 1950 über die Erhöhung der Renten (GBl. DDR 1950 Seite 844) zu entnehmen. Er findet sich auch im Erlass des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Weiterentwicklung des Rentenrechts und zur Verbesserung der materiellen Lage der Rentner sowie zur Verbesserung der Leistungen der Sozialfürsorge vom 15. März 1968 (GBl. DDR I 1968 Seite 187) wieder.

Die der Klägerin nach dem Recht des Beitrittsgebiets berechnete Altersrente war eine nicht unerhebliche Fürsorgeleistung, weil - selbst nach den Berechnungsvorschriften des Beitrittsgebiets - die (allein) aufgrund eigener Beitragszahlung der Klägerin und Anerkennung einer Kindererziehungsleistung durch Berücksichtigung von Zurechnungszeiten ermittelte Altersrente als Ergebnis einer persönlichen Arbeitsleistung deutlich hinter dem Mindestrentenbetrag zurückblieb. Die Altersrente der Klägerin war somit in nicht unerheblichem Umfang nicht Ausdruck erbrachter Arbeitsleistung, sondern Ausdruck staatlicher Fürsorge. Damit ist sie nicht in vollem Umfang vom Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst, so dass der darauf beruhende Auffüllbetrag ebenfalls nicht der Eigentumsgarantie unterliegen kann.

Damit kommt erst recht kein aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbares Recht auf dessen Dynamisierung in Betracht, wobei hier dahinstehen kann, ob und inwieweit eine Anpassung überhaupt in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie einbezogen ist (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95).

Die unterlassene Dynamisierung des Auffüllbetrages verletzt auch nicht das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dies schließt jedoch nicht jede Differenzierung aus. Es soll lediglich verhindert werden, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.

Wie bereits dargelegt, richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen bzw. der darin zum Ausdruck kommenden persönlichen Arbeitsleistung. Die Altersrente, die der Klägerin im Dezember 1991 gezahlt wurde (450,00 DM), basiert zu einem nicht unwesentlichen Anteil nicht auf eigener Beitragsleistung bzw. persönlicher Arbeitsleistung. Wie dem Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente zu entnehmen ist, errechnet sich aus eigener Beitragsleistung der Klägerin lediglich ein Monatsbetrag der Rente von 161,72 DM. Der darüber hinausgehende Betrag von 319,06 DM (Auffüllbetrag) ist demzufolge (weiterhin) Ausdruck staatlicher Fürsorge. Sie gründet sich ausschließlich in einem zeitlich bis 31. Dezember 1995 begrenzten Vertrauensschutz auf Fortzahlung auch dieses Teils der nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets ermittelten Altersrente.

Die von der Klägerin gesehene ungleiche Behandlung gegenüber "Ostdeutschen - Normalrentnern" liegt nicht vor. Ostdeutscher Normalrentner ist nämlich im Vergleich zur Klägerin derjenige Rentner, dessen Rente zu Dezember 1991 in vollem Umfang auf eigener Beitragsleistung bzw. persönlicher Arbeitsleistung beruht. Dass eine solche Rente mit einem Betrag von 450 DM monatlich im Dezember 1991 in vollem Umfang ab 01. Januar 1992 dynamisiert wird, entspricht den allgemeinen Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Klägerin wird gegenüber dieser Personengruppe von ostdeutschen Normalrentnern nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Der Anteil der Altersrente zu Dezember 1991, dem eigene Beiträge zugrunde liegen, wird vielmehr bei der Klägerin genauso dynamisiert, wie dies für alle anderen Renten(anteile) aufgrund eigener Beitragsleistung bzw. persönliche Arbeitsleistung vorgesehen ist. Lediglich der darüber hinausgehende Anteil der Rente, der nicht durch eigene Beitragsleistung bzw. persönliche Arbeitsleistung erarbeitet wurde, unterliegt nicht der Anpassung. Dies ist jedoch im Hinblick auf die insoweit bestehende staatliche Fürsorgeleistung sachlich gerechtfertigt. Renten und Fürsorgeleistungen wie der Auffüllbetrag sind, wie dargelegt, unterschiedlicher Rechtsnatur, so dass sie auch unterschiedlich behandelt werden dürfen. Allein auf staatlicher Gewährung beruhende Leistungen wie Fürsorgeleistungen können insbesondere auch abgeschmolzen werden, da solche Leistungen vom Berechtigten nicht durch eigenes Zutun erworben, sondern aus Steuermitteln finanziert werden.

Deswegen ist auch die Klage gegen die nach §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordene Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 unbegründet.

Die Berufung und die Klage müssen damit erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved