L 16 RA 87/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 1309/99 W00-8
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 87/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Oktober 2001 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 2. Juni 2003 wird abgewiesen. Die Beklagte trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gesamten Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rentenhöhe.

Die 1928 geborene Klägerin war am 2. November 1989 aus der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nach Berlin (West) umgesiedelt. In der DDR war sie von 1947 bis April 1986 versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als Lehrerin. Seit dem 1. Mai 1986 hatte sie aus der Sozialversicherung der DDR Invalidenrente sowie eine Invalidenversorgung entsprechend der Verordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (ZVPäd - Zusatzversorgungssystem Nr. 18 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz -AAÜG-) vom 27. Mai 1976 (GBl. I S. 253; Urkunde Nr. , gültig ab 1. August 1977) erhalten. Ab 1. November 1988 bezog die Klägerin an Stelle der Invalidenrente Altersrente bis zur Einstellung der Rentenzahlung auf Grund ihrer Ausreise ab Dezember 1989.

Seit dem 2. November 1989 gewährte die Beklagte der Klägerin Altersruhegeld für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres. Dabei berücksichtigte die Beklagte die von der Klägerin in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten nach Maßgabe der Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) unter Einstufung in Leistungsgruppen (Bescheid vom 22. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1990).

Im Januar 1997 bat die Klägerin unter Hinweis auf das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des AAÜG vom 11. November 1996 (1. AAÜG-ÄndG - BGBl. I S. 1674) um eine Überprüfung ihrer Rentenberechnung. Mit Bescheid vom 2. Dezember 1997 lehnte die Beklagte die Neufeststellung der Rente ab, weil bei Erteilung des Bescheides vom 22. März 1990 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden sei. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie zugleich die Gewährung von Regelaltersrente beantragte.

Mit Bescheid vom 15. Mai 1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente für die Zeit ab 1. Januar 1997 (Zahlbetrag ab 1. Juli 1998 = 1.829,07 DM). Der Rentenberechnung lagen für die Zeit vom 1. August 1964 bis 30. April 1986 die von der BfA-Zusatzversorgungsträger mit - bestandskräftigem - Bescheid vom 26. Februar 1998 mitgeteilten Daten zu Grunde (Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG vom 1. August 1964 bis 31. August 1976 und zur ZVPäd vom 1. September 1976 bis 30. April 1986). Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin zugleich einen Antrag auf Überprüfung "aller früheren Rentenbescheide ab dem 1. Juli 1990" stellte, wies die Beklagte - nach insoweit zwischenzeitlich erhobener Untätigkeitsklage (Sozialgericht -SG- Berlin S 13 RA 5153/98 -5) - mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 1999 zurück.

Im Verlauf des sich anschließenden Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 15. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 1999 hat die Beklagte - nach insoweit ebenfalls angestrengter Untätigkeitsklage (SG Berlin S 11 RA 3410/99) - mit Bescheid vom 29. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2000 den Überprüfungsantrag der Klägerin vom Juni 1998 - ablehnend - beschieden. Hiergegen hat die Klägerin ebenfalls ein Klageverfahren angestrengt (SG Berlin S 11 RA 1610/00).

Mit Beschluss vom 10. Juli 2000 sind die Verfahren S 9 RA 1309/99 W00 und S 11 RA 1610/00 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Mit Urteil vom 9. Oktober 2001 hat das SG die auf Gewährung höherer Rentenleistungen in Anlehnung an die Berechnungsmodalitäten für zusatzversorgte DDR-Bestandsrentner gerichteten Klagen abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die unter S 11 RA 1610/00 registrierte Klage sei bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Der dort streitgegenständliche Überprüfungsbescheid vom 29. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2000 sei Gegenstand des bereits anhängigen Verfahrens S 9 RA 1309/99 W00 in entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geworden. Dieser Bescheid habe daher nicht mehr selbständig angefochten werden können. Die Klage sei ebenfalls unzulässig, soweit die Klägerin eine neue Rentenberechnung gemäß § 307b Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) begehre. Denn die Klägerin sei insoweit nicht klagebefugt. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG sei die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn die Klägerin behaupte, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Die Beklagte habe über die Anwendbarkeit des § 307b SGB VI keine Entscheidung getroffen und könne diese Entscheidung erst treffen, wenn der Versorgungsträger durch Verwaltungsakt entschieden habe, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Überführung am 31. Dezember 1991 ein Recht oder eine Anwartschaft auf Versorgung gegen den Versorgungsträger nach dem bis dahin maßgebenden Zusatzversorgungsrecht des Beitrittsgebiets gehabt habe. Eine solche Feststellung des Zusatzversorgungsträgers sei bisher nicht ergangen. Soweit die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 22. März 1990 und des Regelaltersrentenbescheides vom 15. Mai 1998 begehre, sei die Klage zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Überprüfungsbescheide der Beklagten vom 8. Dezember 1997 und 29. Oktober 1999 sowie der Regelaltersrentenbescheid vom 15. Mai 1998 seien rechtmäßig. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 22. März 1990 das Altersruhegeld der Klägerin gemäß § 25 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) beanstandungsfrei unter Berücksichtigung ihrer in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten gemäß § 15 FRG in der seinerzeit geltenden Fassung festgesetzt. Bei der mit Bescheid vom 15. Mai 1998 gewährten Regelaltersrente sei entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht entsprechend § 307b SGB VI ein Besitzschutzbetrag festzustellen gewesen. Erst wenn der Zusatzversorgungsträger einen Anspruch auf Zusatzversorgung am 31. Dezember 1991 feststelle, wäre über die Frage einer Neuberechnung der Rente nach § 307b SGB VI zu befinden. Eine solche Entscheidung des Zusatzversorgungsträgers liege jedoch nicht vor.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie begehrt eine Neufeststellung der Rente nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 3 des Schriftsatzes vom 3. Juli 2003; hierauf wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat die Gewährung von Regelaltersrente bereits für die Zeit ab 1. Dezember 1993 anerkannt und die Rente von diesem Zeitpunkt an mit Bescheid vom 2. Juni 2003 neu berechnet (monatlicher Zahlbetrag ab 1. Juli 2003 = 1.012,42 Euro; Nachzahlung für die Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 30. Juni 2003 = 4.975,28 Euro).

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen nunmehr,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Oktober 2001 und die Bescheide der Beklagten vom 2. Dezember 1997 und 29. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2000 aufzuheben sowie den Bescheid vom 15. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 1999 und den Bescheid vom 2. Juni 2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheides vom 22. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1990 für die Zeit ab 1. Juli 1990 höhere Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 2. Juni 2003 abzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten des SG Berlin S 13 RA 5153/98 -5, S 11 RA 3410/99 und S 11 RA 1610/00, die Rentenakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2003 - über diesen Bescheid, der gemäß den §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, hatte der Senat erstinstanzlich kraft Klage zu befinden - sind nicht begründet.

Die Klägerin hat für Zeit ab 1. Dezember 1993 keinen höheren monatlichen Einzelanspruch aus ihrem Recht auf Regelaltersrente. Zudem kann sie die Rücknahme der Höchstwertfestsetzung ihres Rechtes auf Altersruhegeld für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres (Bescheid vom 22. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1990) für den im Hinblick auf § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nur noch zu überprüfenden Bezugszeitraum vom 1. Januar 1993 bis 30. November 1993 nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht verlangen. Der Bescheid vom 22. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1990 war im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig. Auch die Höchstwertfestsetzung des Rechtes auf Regelaltersrente in dem Bescheid vom 2. Juni 2003, der für den gesamten Bezugszeitraum ab 1. Dezember 1993 eine Neuregelung getroffen hat und durch den der die Regelaltersrente bewilligende Bescheid vom 15. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 1999 in vollem Umfang mit der Folge der Erledigung ersetzt worden ist (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X), ist nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des SG waren und sind beide mit dem Beschluss vom 10. Juli 2000 verbundenen Klageverfahren zulässig. Denn die im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X erteilten Bescheide sind nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gegen den Regelaltersrentenbescheid vom 15. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 1999 geworden. Der letztgenannte Bescheid wurde durch die im Überprüfungsverfahren erteilten Bescheide, die sich ohnehin nur auf Rentenbezugszeiträume bis zum Beginn der Regelaltersrente erstrecken können, weder abgeändert noch ersetzt. Auch die Klage auf höhere Regelaltersrente war und ist in vollem Umfang zulässig. Denn die Klägerin wendet sich gegen die Rentenhöchstwertfestsetzung zuletzt im Bescheid vom 2. Juni 2003 und begehrt eine höhere Rentenleistung. Ob bei der Berechnung des monatlichen Rentenhöchstwertes die Vorschrift des § 307b SGB VI anwendbar ist, betrifft allein ein Begründungselement des geltend gemachten Klageanspruchs.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren monatlichen Wertes des Rechts auf Regelaltersrente für die Zeit ab 1. Dezember 1993. Der Bescheid vom 2. Juni 2003 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat darin die Vorschriften des SGB VI beanstandungsfrei umgesetzt und dabei für die Zeit vom 1. August 1964 bis 30. April 1986 die vom Zusatzversorgungsträger mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. Februar 1998 mitgeteilten Daten zu Grunde gelegt. Für die genannten Zeiten der Zugehörigkeit der Klägerin zu Zusatzversorgungssystemen der früheren DDR dienen diese Daten der Ermittlung der Entgeltpunkte gemäß § 259b Abs. 1 SGB VI. Der Zusatzversorgungsträger (BfA) hat zwar in dem Überprüfungsbescheid vom 26. Februar 1998 keine bindende Entscheidung darüber getroffen, dass das AAÜG nach den Kriterien des § 1 Abs. 1 AAÜG überhaupt anwendbar ist. Gleichwohl sind dessen Feststellungen über das Vorliegen von Zugehörigkeitszeiten zu Zusatzversorgungssystemen der DDR vom Rentenversicherungsträger zu berücksichtigen. Damit steht zugleich fest, dass die Klägerin gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung des SGB VI sowie bestimmte Rangstellenwerte hieraus erworben hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - B 4 RA 27/02 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Beklagte hat demgemäß bei der Berechnung der Regelaltersrente gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG und die sich hieraus aus § 256a Abs. 1 SGB VI erlangten Rangstellenwerte berücksichtigt.

Eine Berechnung der Regelaltersrente nach Maßgabe von § 307b SGB VI, wie sie die Klägerin anstrebt, hatte jedoch nicht zu erfolgen. Denn der Zusatzversorgungsträger hat zumindest bislang keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Klägerin im Dezember 1991 gegen einen Versorgungsträger das Recht hatte, von diesem die Zahlung einer Versorgung zu verlangen. Auch ansonsten bestand aus bundesrechtlicher Sicht kein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen einen Versorgungsträger für Dezember 1991. Die Feststellung eines Versorgungsanspruchs für Dezember 1991 kann sich vorliegend nur aus einem nach Artikel 19 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder aus einer bindenden Entscheidung eines Versorgungsträgers ergeben, dass der Bestandsrentner bereits zum 1. August 1991 einen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG hatte (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - B 4 RA 27/02 R -). Der Entgeltbescheid des Zusatzversorgungsträgers (BfA) vom 26. Februar 1998 verlautbart zwar Daten, nicht aber die Feststellung, die Klägerin habe zum 1. August 1991 oder für Dezember 1991 ein Recht auf Zahlung von Versorgung gegen den Versorgungsträger gehabt. Letzteres muss sich aus dem Entgeltbescheid des Versorgungsträgers aber zweifelsfrei ergeben, was vorliegend nicht der Fall ist. Ein Versorgungsanspruch der Klägerin für Dezember 1991 folgt auch nicht aus einem Verwaltungs- bzw. Staatsakt einer Stelle der DDR. Der Klägerin ist zwar eine Versorgungszusage nach der ZVPäd mit Wirkung vom 1. August 1977 erteilt worden, jedoch nur nach Maßgabe der Versorgungsordnung. § 2 Abs. 2 der Verordnung über die ZVPäd sah aber ausdrücklich vor, dass ein Anspruch auf Versorgung nur besteht, wenn der Anspruchsberechtigte seinen ständigen Wohnsitz in der DDR hat. Mit der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland ist daher der Versorgungsanspruch der Klägerin im November 1989 ersatzlos entfallen. Zur Anwendbarkeit des § 307b SGB VI bedarf es somit vorliegend eines Verwaltungsaktes des Zusatzversorgungsträgers über das Vorliegen eines Versorgungsanspruchs für Dezember 1991, der bislang nicht ergangen ist. Hiervon unabhängig hatte die Beklagte die übrigen vom Zusatzversorgungsträger übermittelten Daten zu berücksichtigen. Denn auch ohne bindende Entscheidung des Versorgungsträgers zu § 1 Abs. 1 AAÜG sind seine im Übrigen getroffenen Feststellungen für den Rentenversicherungsträger bindend, allerdings erst ab Beginn des Monats, zu dem die Datenfeststellung bindend geworden war (vgl. BSG a.a.O.). Die Beklagte hat hierüber hinausgehend die entsprechenden Daten bereits vom Beginn der Regelaltersrente, also vom 1. Dezember 1993 an, angerechnet.

Da § 307b SGB VI somit nicht anwendbar ist, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Berechnung einer Vergleichsrente nach § 307b Abs. 3 SGB VI. Erst recht gibt es keinen durch den EV geschützten oder einen weiterzuzahlenden Betrag im Sinne von § 307b Abs. 4 SGB VI. Die von der Klägerin unter den Nummern 1 bis 3 ihres Schriftsatzes vom 3. Juli 2003 geltend gemachten Klageansprüche gehen somit schon deshalb ins Leere, weil eine Rechtsgrundlage hierfür nicht ersichtlich ist.

Die im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X erteilten Bescheide sind nicht zu beanstanden, weil der zu überprüfende Bescheid über die Gewährung vorgezogenen Altersruhegeldes vom 22. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1990 im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig war. Damals hatte die Beklagte die von der Klägerin in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten gemäß den § 15, 17 Abs. 1 Buchst. a FRG in der bis 31. Dezember 1991 geltenden Fassung zu berücksichtigen und nach Maßgabe des § 22 FRG in der bis 30. Juni 1990 geltenden Fassung zu bewerten (vgl. Artikel 6 § 4 Abs. 2 Satz 1 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz -FANG). Gemäß § 22 Abs. 1 FRG in der bis 30. Juni 1990 geltenden Fassung waren für Zeiten der in den § 15 und 16 FRG genannten Art zur Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 für Zeiten vom 1. Juli 1942 an die Bruttojahresarbeitsentgelte der Tabellen der Anlage 9 oder 11 zu Grunde zu legen, wenn - wie hier - die Zeiten der Rentenversicherung der Angestellten zuzuordnen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b FRG in der bis 30. Juni 1990 geltenden Fassung). Hierzu hat die Einstufung in die Leistungsgruppen der Anlage 1 Buchst. B zum FRG in der Fassung vor dem Rentenreformgesetz 1992 zu erfolgen.

Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten vorgenommene Leistungsgruppeneinstufung in dem Bescheid vom 22. März 1990 fehlerhaft wäre. Die Beklagte hat die Beitragszeiten vom 17. März 1950 bis 31. August 1960 und vom 1. August 1962 bis 31. Juli 1966 zutreffend der Leistungsgruppe 4, vom 1. August 1966 bis 28. Februar 1975 und vom 1. August 1975 bis 31. Dezember 1981 der Leistungsgruppe 3 und vom 1. Januar 1982 bis 30. April 1986 der Leistungsgruppe 2 der Rentenversicherung der Angestellten zugeordnet. Nach Beendigung der Berufsausbildung am 16. März 1950 kam zunächst nur eine Einstufung in die Leistungsgruppe 4 in Betracht. Diese erfasst Angestellte ohne eigene Entscheidungsbefugnis in einfacher Tätigkeit, deren Ausübung eine abgeschlossene Berufausbildung oder durch mehrjährige Berufstätigkeit, den erfolgreichen Besuch einer Fachschule oder durch privates Studium erworbene Fachkenntnisse voraussetzt. Die Leistungsgruppe 4 stellt bei der Einstufung regelmäßig die Eingangsgruppe dar, in die jeder beruflich qualifizierte Angestellte zumindest für die ersten Jahre seines Berufslebens einzuordnen ist. Die Leistungsgruppe 3 umfasst Angestellte mit mehrjähriger Berufserfahrung oder besonderen Fachkenntnissen und Fähigkeiten oder mit Spezialtätigkeiten, die nach allgemeiner Anweisung selbständig arbeiten, jedoch keine Verantwortung für die Tätigkeit anderer tragen. Die Altersgrenze, bis zu der die "mehrjährige Berufserfahrung" regelmäßig erworben wird, ist das 30. Lebensjahr. Bis dahin hat ein Angestellter nach Abschluss der Lehrzeit oder der Fachschule regelmäßig etwas mehr als 10 Jahre im Beruf gearbeitet, so dass etwa 10 Jahre stetiger Berufsarbeit notwendig sind, um in den Besitz dieser mehrjährigen Berufserfahrung zu gelangen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juni 1980 - 11 RA 70/79 - nicht veröffentlicht). Die Klägerin war nach der Lehrzeit als Angestellte bzw. Sachbearbeiterin vom 17. März 1950 bis 30. August 1960 - mit Unterbrechungen - tätig. Eine höhere Einstufung als die in die Leistungsgruppe 4 ist insoweit nicht gerechtfertigt. Gleiches gilt für die ersten drei Jahre der Beschäftigung als Lehrerin nach dem Studium am Institut für L in B vom 1. September 1960 bis 25. Juli 1963 und der staatlichen Anerkennung als Lehrer (25. Juli 1963) mit der Lehrbefähigung für die Unterstufe der allgemeinen polytechnischen Oberschule sowie als Erzieherin in Heimen und Horten. Denn auch für die inhaltlich anders geartete Tätigkeit der Lehrerin ist gesondert zu prüfen, ab wann von einer mehrjährigen Berufserfahrung der Klägerin in diesem Beruf auszugehen ist. Als Grenzwert nach unten ist dabei ein Mindestzeitraum von drei Jahren praktischer Berufsausübung anzusetzen, den auch die Beklagte berücksichtigt hat. Damit durfte eine Höherstufung in die Leistungsgruppe 3 frühestens ab 1. August 1966 erfolgen. Eine abermalige Höherstufung in die Leistungsgruppe 2 vor dem von der Beklagten in Ansatz gebrachten Zeitpunkt (1. Januar 1982) ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ebenfalls nicht gerechtfertigt. Denn die Einstufung in die Leistungsgruppe 2 erfordert besondere Erfahrungen, die regelmäßig erst nach einem etwa 20-jährigen stetigen Berufsleben und damit nicht vor Vollendung des 45. Lebensjahres vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 1979 - 11 RA 14/78 - nicht veröffentlicht). Dieser Regelzeitraum kann sich zwar durch eine besonders qualifizierte Ausbildung verkürzen. Die Klägerin hat aber zum einen keine Lehrerausbildung auf Hochschulebene absolviert. Auch das von der Klägerin durchlaufene Musikstudium vom 1. September 1974 bis 5. Juli 1975 am Institut für L führt zum anderen nicht dazu, dass für die sich anschließende Tätigkeit als Musiklehrerin vom 1. Juli 1975 bis 30. April 1986 von einer derartigen Verkürzung des Regelzeitraumes auszugehen wäre, der eine Einstufung in die Leistungsgruppe 2 bereits vor dem 1. Januar 1982 zulassen würde. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch dieses knapp einjährige Studium eine höherwertigere Lehrbefähigung, etwa für die Oberstufe, erlangt hätte. Hierfür wäre ein Studium an einer pädagogischen Hochschule erforderlich gewesen. Ein beruflicher Aufstieg, der es gerechtfertigt hätte, vom Erfordernis einer stetigen Berufsausübung als Lehrerin im Umfang von etwa 20 Jahren für die Höherstufung in die Leistungsgruppe 2 abzusehen, ist nicht feststellbar. Abgestellt auf den Beginn der Tätigkeit als Lehramtsanwärterin am 30. Juni 1962 kann somit eine Höherstufung der Klägerin in die Leistungsgruppe 2 jedenfalls vor dem 1. Januar 1982 nicht erfolgen.

Die Klägerin kann auch keine Aufhebung der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 22. März 1990 wegen nachträglicher wesentlicher Änderung der Verhältnisse beanspruchen (§ 48 Abs. 1 SGB X). Denn bis zum Ende des Bezugszeitraumes des Altersruhegeldes für Frauen am 30. November 1993 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten, insbesondere auch nicht im Hinblick auf das In-Kraft-Treten des SGB VI am 1. Januar 1992. Nach § 306 Abs. 1 SGB VI waren nämlich bereits laufende Renten allein aus Anlass einer Änderung rentenrechtlicher Vorschriften nicht neu festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem im Verlauf des Berufungsverfahrens abgegebenen Anerkenntnis der Beklagten über die Gewährung von Regelaltersrente bereits für die Zeit ab 1. Dezember 1993 Rechnung. Da beide verbundenen Klagen zulässig waren, rechtfertigen die vom SG für die dort getroffene Kostenentscheidung angeführten - unzutreffenden - Gründe keine Kostentragungspflicht der Beklagten.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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