L 2 U 7/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 U 238/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 7/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. August 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Verletztengeld über den 28. Februar 1997 hinaus und die Rückforderung von Verletztengeld in Höhe von 7.567,28 DM (3.869,08 Euro).

Die 1941 geborene Klägerin erlitt als selbständige Taxifahrerin am 24. August 1996 um 4.30 Uhr einen Arbeitsunfall, als sie mit ihrem Fahrzeug vor der Kreuzung PAllee/Tstraße an einer roten Ampel angehalten hatte und das Mikrophon zur Übernahme eines Funkauftrags in der Hand hielt. Ein Pkw fuhr ungebremst auf ihr Fahrzeug auf. Als sie ausstieg, scherte der Pkw aus, fuhr ihren Angaben zufolge auf sie zu und setzte seine Fahrt in Richtung Berlin-M fort. Aufgrund der Angaben der Klägerin über Funk konnte der Pkw nach kurzer Zeit angehalten werden. Die Klägerin erlitt eine Gesichtsprellung mit Lockerung von vier Zähnen und suchte am 28. August 1996 ihre behandelnde Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. F auf, die sie dem Arzt für Chirurgie und Durchgangsarzt Dr. P zuwies. Dieser stellte nach einer Röntgenuntersuchung eine Distorsion der Halswirbelsäule fest. Vom 18. September 1996 bis 17. Oktober 1996 erfolgte eine stationäre Behandlung in der Neurologischen Abteilung des Krankenhauses I F. Im Entlassungsbericht vom 23. Oktober 1996 werden die Beschwerden als am ehesten im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas mit diszeminierten neurologischen Ausfällen im Hirnstamm und der linken Hemisphäre und eines HWS-Distorsions-Traumas infolge des Auffahrunfalls gesehen. Die Angaben bezüglich der Sensibilitätsstörungen während des stationären Aufenthalts seien stark fluktuierend gewesen und in Anbetracht der ängstlichen und verunsicherten Grundstimmung der Klägerin als eher psychogen überlagert erschienen. Vom 6. November bis zum 18. Dezember 1996 befand die Klägerin sich zu einer Anschlussheilbehandlung in der Neurologischen Abteilung der B Klinik. Dem Entlassungsbericht zufolge ließ sich in der neuropsychologischen Diagnostik eine noch leichtergradige primär quantitative Aufmerksamkeitsstörung und eine extreme Störbarkeit durch externe Reize objektivieren, verbunden mit einer auf ca. zwei Stunden begrenzten geistigen Belastbarkeit, leichteren Erschöpfbarkeit und der Neigung zu Cephalgien. Die Arbeitsfähigkeit sei unter dem Aspekt der konzentrativen Dauerbelastung und unter Berücksichtigung der beschriebenen psychischen Verarbeitungsmechanismen noch nicht vollständig wiederhergestellt, mit ihrer Wiederherstellung sei in drei bis sechs Monaten zu rechnen.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin Verletztengeld für die Zeit vom 28. August 1996 bis 20. September 1996 mit einem Tagessatz von 73,33 DM. Mit Bescheid vom 1. November 1996 und weiteren Bescheiden in der Folgezeit bewilligte die Beklagte Vorschüsse auf die voraussichtlich zu gewährende Unfallentschädigung. Der Vorschuss sei bemessen nach einem voraussichtlichen Anspruch auf Verletztengeld von 73,33 DM kalendertäglich. Diese und weitere Vorschusszahlungen würden unter dem Vorbehalt späterer Rückforderung erfolgen, falls sich herausstellen sollte, dass ihre Leistungspflicht nicht oder nur in geringerer Höhe gegeben sei, § 42 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) I.

Der von der Beklagten mit einem nervenärztlichen Gutachten beauftragte Dr. H kam am 18. Juni 1997 zu dem Ergebnis, die Diagnose eines Schädel-Hirn-Traumas 2. Grades sei vor dem Hintergrund, dass die Klägerin nach dem Unfall aus ihrer Taxe gesprungen sei und versucht habe, den Schädiger an der Flucht zu hindern, sowie zur Seite gesprungen sei, als dieser auf sie zugefahren sei und sich noch die Nummer habe merken können, nicht nachvollziehbar. Vielmehr habe eine wesentliche Beeinträchtigung in hirnorganischer Hinsicht nicht vorgelegen. Unfallunabhängig lägen Gefäßveränderungen im Bereich des Kopfes vor. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit könne für etwa ein halbes Jahr akzeptiert werden. Derzeit lägen keine wesentlichen objektivierbaren Unfallfolgen vor.

Mit Bescheid vom 18. August 1997 nahm die Beklagte den Verwaltungsakt vom 1. Oktober 1996 zurück und erkannte eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 28. Februar 1997 an. Das Gutachten von Dr. H habe ergeben, dass die über den 28. Februar 1997 hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit keine Folge des Arbeitsunfalls sei. Mit weiterem Bescheid vom 18. August 1997 berechnete die Beklagte Verletztengeld in Höhe von 13.492,72 DM. Davon abzusetzen seien Vorschüsse in Höhe von 21.060,- DM. Daraus ergebe sich eine Überzahlung von 7567,28 DM.

Mit dem Widerspruch dagegen reichte die Klägerin ein verkehrspsychologisches Gutachten des Dipl.-Psychologen T ein, der eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierte. Die erfolgreiche Taxifahrerin sei einem Ereignis ausgesetzt gewesen, das außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung liege und das für jeden Menschen eine schwere Belastung darstellen würde. In einem von der Klägerin gleichfalls eingereichten Attest vom 7. November 1997 führte die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W aus, es ergebe sich eine deutlich nahezu kontinuierliche Zuspitzung der ausgeprägten depressiven Symptomatik im bisherigen Krankheitsverlauf vor dem Hintergrund der Verfahrens- und Umgangsweise im Zusammenhang mit der Begutachtung und nachträglichen Aberkennung der Arbeitsunfähigkeit.

Durch Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die über den 28. Februar 1997 hinaus geklagten psychischen Beschwerden seien nicht rechtlich wesentlich auf den Unfall zurückzuführen. Die Bewertung des Unfallereignisses durch den Dipl.-Psychologen T sei unter Berücksichtigung des ermittelten Unfallgeschehens und der Aussagen der Klägerin eindeutig unzutreffend und völlig unsachlich dargestellt. Auch der Stellungnahme von Dr. W könne nicht gefolgt werden, da diese die Klägerin erst nach über einem Jahr nach dem eingetretenen Unfall behandelt habe.

Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend geltend gemacht, der psychologische Teil des Gutachtens von Dr. H vernachlässige die prägende Situation der nächtlichen Unfallflucht, in deren Verlauf sie beinahe überfahren worden wäre. Die posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägter depressiver Symptomatik und Agoraphobie sei kausale Folge des Unfallgeschehens.

Das Sozialgericht hat Befundberichte von Dr. F Dr. P, Dr. Wder Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W sowie des Arztes für Psychotherapeutische Medizin T eingeholt. Anschließend hat es den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. G mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist unter dem 28. Februar 2000 zu dem Ergebnis gelangt, die jetzt feststellbare Depression, in der auch phobische Erlebnisweisen mit eingebettet seien, sei nicht ursächlich auf das Unfallerlebnis zu beziehen, sondern es seien unfallunabhängige Persönlichkeitsverhaltensweisen anzunehmen. Aufgrund des Verhaltens bei dem Unfall sei nicht von einer unüblichen Erlebnissituation auszugehen, sondern die Verhaltensweise sei absolut situationsadäquat. Hier eine posttraumatische Belastungsstörung anzunehmen, sei ebenso wenig begründet, wie die Annahme ein Schädel-Hirn-Trauma 2. Grades. Ein HWS-Schleudertrauma sei nach dem Unfall vorhanden gewesen, eine darauf beruhende Arbeitsunfähigkeit sei nach 6 Monaten beendet gewesen.

Nach Anhörung der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 2000 fest, dass die Klägerin verpflichtet sei, 7.567,28 DM zu erstatten. Wegen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zum 28. Februar 1997 betrage der Verletztengeldanspruch nur 13.492,72 DM gegenüber Vorschüssen auf Verletztengeld in Höhe von 21.060,- DM. Rechtsgrundlage der Rückforderung sei § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I. Soweit Vorschüsse die zustehende Leistung überstiegen, seien diese vom Empfänger zu erstatten.

Durch Urteil vom 21. August 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei bis zum 28. Februar 1997 aufgrund des als Arbeitsunfall anerkannten Unfalls vom 24. August 1996 arbeitsunfähig gewesen. Darüber hinaus bestehe keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit. Die Kammer folge dem Gutachten von Prof. Dr. G. Danach habe der Unfall zu einem Halswirbelsäulen-Beschleunigungstrauma geführt, bei dem die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit für sechs Monate nach dem Unfall ausreichend sei. Weitergehende Unfallfolgen seien nicht festzustellen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der depressiv-phobischen Neurose sei nicht gegeben. Das Unfallerleben sei zwar in die Neurose mit eingebettet, das Ausmaß des Erlebens des Unfalls jedoch nicht ausreichend, um eine derartige Neurose zu begründen. Auch habe bereits vor dem Unfall eine in geringerem Maße vorhandene phobische Symptomatik bestanden. Auch der Rückforderungsbescheid vom 26. Mai 2000 sei rechtmäßig. Zwar sei Rechtsgrundlage nicht § 42 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 SGB I. Der Leistungsträger könne jedoch in einem formlosen Verfahren durch einstweilige Regelung eine beantragte Geldleistung schon dann bewilligen, wenn eine abschließende Entscheidung dem Grunde nach noch nicht möglich sei, der gesetzliche Zweck der Leistung aber nur erreicht werden könne, wenn sie möglichst zeitnah zur Entstehung des Bedarfs erbracht werde. Außerdem müsse dem Adressaten hinreichend bestimmt verdeutlicht werden, dass es sich bei der bekannt gegebenen Regelung noch nicht um eine das Verwaltungsverfahren endgültig abschließende Regelung handele. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Der Klägerin sei mit den jeweiligen Mitteilungen über die Gewährung des Vorschusses hinreichend bestimmt verdeutlicht worden, dass die bekannt gegebene Regelung noch nicht das letzte Wort der Verwaltung sei.

Gegen das ihr am 11. Dezember 2000 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 10. Januar 2001. Sie macht geltend, das Gutachten von Prof. Dr. G erläutere nicht, weshalb ihr jetziger Zustand zwar mit dem Unfall zusammenhänge, aber die phobische Symptomatik nicht auf dem Unfall beruhe. Sie sei nach wie vor nicht in der Lage, ihre Arbeit als Taxifahrerin auszuüben, was wesentlich darauf zurückzuführen sei, dass die Beklagte jegliche Behandlungsmaßnahme abgebrochen habe. Sie verweist auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. W und eine Bescheinigung des Psychotherapeuten Dr. W vom 7. September 2001. Danach seien dadurch, dass eine Therapie erst vier Jahre nach dem Unfall aufgenommen worden sei, neben den Ängsten vor dem Taxifahren körperlich-vegetative Symptome und Persönlichkeitsveränderungen aufgetreten, die auf die Fähigkeit, wieder als Berufskraftfahrerin tätig sein zu können, einen Einfluss habe.

Der zu den Einwänden der Klägerin befragte Prof. Dr. G hat in einer gutachtlichen Stellungnahme vom 7. November 2001 darauf verwiesen, unter Berücksichtigung der Qualität und Quantität des Unfallereignisses sowie der nachfolgenden aktenkundigen Hinweise könne nicht von einer Unfallverursachung bezüglich der jetzigen psychischen Störungen gesprochen werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. August 2000 aufzuheben, den Bescheid vom 18. August 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 1998 zu ändern sowie den Bescheid vom 26. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 28. Februar 1997 hinaus Verletztengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 13. März 2002 ausgeführt, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung sei nicht zu stellen, da der Unfall keine belastende Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß darstelle. Auch sprächen die Verhaltensweisen der Klägerin beim Unfall nicht für eine etwaig unübliche Erlebnissituation, vielmehr seien ihre Verhaltensweisen um das Unfallerleben und in der Folge des Unfalls absolut situationsadäquat gewesen seien. Eine etwaige typische Symptomatik im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung habe sich hier nicht dargestellt. Im Laufe der Zeit nach dem Unfall sei es zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage weg vom posttraumatischen Syndrom nach HWS-Distorsion hin zu einer unfallunabhängigen ängstlich/phobisch getönten Depression einschließlich organfunktioneller Begleitstörungen gekommen, welche sich persönlichkeitseigen bei der Klägerin durch das Gefühl von Enttäuschtsein durch Handlung bzw. durch Nichthandlungen der Berufsgenossenschaft, durch biologische Einwirkungen der Involution bzw. des Präseniums sowie durch affektive Belastung durch das Wissen um Gesundheitsstörungen wie Zuckerkrankheit und Neigung zu zu hohem Blutdruck und der möglichen Folgen entwickelt habe und fortbestehe.

Die auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W hat in ihrem Gutachten vom 23. Februar 2003 der Einschätzung, dass kein Schädel-Hirn-Trauma vorgelegen habe, zugestimmt. Der weitere Krankheitsverlauf sei durch Versuche der Klägerin, eine Therapie durchführen zu können, gekennzeichnet. Die hierbei erlebten Frustrationen, die oft ausschließliche Bewertung noch vorhandener neurologischer oder kognitiver Defizite als Maßstab der Arbeitsfähigkeit hätten zu einer Verstärkung der psychischen Erkrankung geführt. Auslöser hierfür sei die rückwirkende Festlegung der Arbeitsfähigkeit gewesen. Die Klägerin habe eine Verhaltenstherapie durchführen wollen, hierfür aber keinen Kostenträger gefunden. Die psychische Symptomatik im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung habe sich unter diesen Gegebenheiten nicht bessern oder zurückbilden können, sondern im Gegenteil verstärkt. Die diagnostische Einordnung einer posttraumatischen Belastungsstörung müsse nicht zwangsläufig als Kriterium bei Extremsituationen wie Folter, Vergewaltigung oder ähnlichen Katastrophen erfolgen, auch dann nicht, wenn das die Störung ausklinkende Ereignis nicht für jeden Außenstehenden derart gravierend erscheine. Es sei nicht ungewöhnlich, dass sich die psychischen Beschwerden nach einem traumatischen Erlebnis verzögert entwickelten. Ausschlaggebende Aspekte für die Erkrankung der Klägerin seien der Ablauf der BG-Behandlung, wiederholte gutachtliche Zweifel an unfallbedingter psychiatrischer Symptomatik sowie die Annahme eines Begehrverhaltens gewesen. Die Schlussfolgerung von Dr. G, die unfallunabhängige Depression habe sich durch das Gefühl von Enttäuschtsein und biologische Einwirkungen der Involution bzw. des Präseniums entwickelt und bestehe fort, sei nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin hat des Weiteren ein verkehrsmedizinisches Gutachten zur Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen mit Personenbeförderung vom 22. April 2003, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H, eingereicht.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird außerdem auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Ihr steht aufgrund des Arbeitsunfalls vom 24. August 1996 kein Anspruch auf Verletztengeld gegen die Beklagte für die Zeit ab 1. März 1997 zu.

Der Anspruch der Klägerin auf Verletztengeld richtet sich auch nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 nach den bis dahin geltenden Vorschriften der RVO, da die Klägerin Verletztengeldleistungen vor dem Inkrafttreten des SGB VII bereits in Anspruch genommen hat und nach § 214 Abs. 1 Satz 2 SGB VII somit die damaligen Vorschriften weitergelten. Nach § 560 Abs.1 RVO erhält Verletztengeld der Verletzte, solange er infolge des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig im Sinne der Krankenversicherung ist. Voraussetzung ist, dass zwischen dem Unfallereignis und den von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen ein ursächlicher Zusammenhang besteht, wobei eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann.

Der Senat ist aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme und nach Auswertung der zur Akte gelangten medizinischen Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin seit dem 1. März 1997 nicht mehr aufgrund des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig war. Insbesondere der Sachverständige Dr. G hat zur Auffassung des Senats überzeugend dargelegt, dass eine Arbeitsunfähigkeit wegen einer unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung nicht angenommen werden könne. Hierzu weist er ebenso wie bereits Dr. H und Prof. Dr. G darauf hin, dass weder objektiv eine belastende Situation mit einer außergewöhnlichen Bedrohung vorgelegen habe, noch die Klägerin die Situation subjektiv so empfunden habe, da ihre Verhaltensweise nach dem Unfall situationsadäquat gewesen sei. Bei seiner Einschätzung hat der Sachverständige die Einwände der Klägerin, es habe sich um eine Situation im Dunkeln gehandelt und der Fahrer sei auf sie zugefahren, berücksichtigt, so dass hieraus keine andere Einschätzung der Situation abgeleitet werden kann. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat der Einschätzung durch Dr. W, den Psychologen T und den Arzt für psychotherapeutische Medizin T es liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor, nicht folgen, zumal lediglich Dr. W eine Begründung in der Form liefert, dass eine solche sich auch nach einer Latenzzeit entwickeln könne und kein herausragendes Ereignis voraussetze. Dies entspricht jedoch nicht den von Dr. Gangegebenen Voraussetzungen der ICD 10, nach denen ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß gefordert wird, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Auch hat sich Dr. Wmit dem Einwand von Dr. G, er habe keine typischen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin feststellen können, nicht kritisch auseinandergesetzt.

Des Weiteren hat der Sachverständige Dr. G für den Senat überzeugend dargelegt, dass es im Lauf der Zeit hinsichtlich der beklagten Symptome zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage hin zu einer unfallunabhängiger ängstlich / phobisch getönter Depression gekommen ist. Zur Begründung hierfür hat der Sachverständige auf die Enttäuschung gegenüber der Berufsgenossenschaft sowie auf biologische Einwirkungen und affektive Belastung durch das Wissen um weitere Gesundheitsstörungen verwiesen. Diese unfallfremde Verursachung der Depression wird im Ergebnis auch von Dr. W beschrieben, indem sie darlegt, dass Auslöser der Verstärkung der psychischen Erkrankung aus ihrer Sicht die rückwirkende Festlegung der Arbeitsfähigkeit gewesen sei, die "eine Art potenzierender Kettenreaktion der psychischen Störung in Gang gesetzt" habe. Da der Klägerin aber erstmals durch Schreiben vom 30. Juni 1997 der Abbruch der Heilbehandlung mitgeteilt worden war, kann hierdurch ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit über den 29. Februar 1997 hinaus nicht rückwirkend abgeleitet werden. Unabhängig davon handelt es sich um eine persönlichkeitseigene Reaktion der Klägerin, die nicht als unfallbedingt im Sinne einer mittelbaren Unfallfolge gewertet werden kann. Mittelbare Unfallfolgen sind auch Krankheitserscheinungen, die durch eine fehlerhafte ärztliche Behandlung wesentlich mitverursacht worden sind. Eine derartige fehlerhafte Behandlung ist nach dem Akteninhalt nicht erkennbar und wird von Dr. W nicht beschrieben. Dr. W hält vielmehr die rückwirkende Festlegung der Arbeitsfähigkeit ab 1. März 1997 und die damit verbundene Rückforderung des Verletztengeldes für kausal für den weiteren Verlauf der Erkrankung.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld bis zum 8. Juli 1997 auf der Grundlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. P. Vom behandelnden Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben keine anspruchsbegründende Bedeutung, da sie für die Verwaltung und die Gerichte nicht bindend sind und keine gesetzliche Vermutung des Fortbestehens von Arbeitsunfähigkeit begründen.

Auch der Bescheid vom 26. Mai 2000, mit dem die Beklagte die Erstattungspflicht der Klägerin festgestellt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit hat das Sozialgericht unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts umfassend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Leistung von Verletztengeld erfüllt waren und der Klägerin den die Vorschüsse bewilligenden Bescheiden mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen konnte, dass es sich lediglich um vorläufige Leistungen handelte. Der Senat verweist insoweit auf die angefochtene Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG ab.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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