L 2 U 158/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 549/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 158/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) und die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1941 geborene Kläger hat nach seinen Angaben in der Türkei den Beruf eines Tischlers gelernt. Nach seinem Umzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1971 hat er unterschiedliche Tätigkeiten verrichtet, überwiegend war er als Möbeltischler tätig, u.a. vom 13. November 1972 bis 29. März 1973, vom 1. April 1973 bis 31. Dezember 1983 bei dem Möbelhändler F-H-GmbH und vom 1. März 1988 bis August 1997 bei dem Umzugsunternehmen Sch-GmbH, vorwiegend im Kundendienst und in der Montage.

Seit November 1996 war der Kläger wegen eines persistierenden reaktiv depressiven Syndroms mit deutlicher Somatisierungstendenz und beiderseitiger Hörminderung krankgeschrieben. Aus dem für die Krankenkasse erstellten vertrauensärztlichen Gutachtens des Herrn R vom 18. März 1997 ergibt sich außerdem, dass im Bereich der Wirbelsäule eine großbogige linkskonvexe Skoliose im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Schultertiefstand von 0,5 cm rechts größer als links festgestellt werden konnte. Die Beweglichkeit erwies sich in allen drei Etagen als uneingeschränkt, es fand sich kein Anhalt für eine Wurzelreiz- oder Kompressionssymptomatik. Auch in dem amtsärztlichen Gutachten des Dr. W vom 1. September 1997 wurden als Hauptdiagnosen das psychiatrische Krankheitsbild und die Hörminderung beiderseits benannt, während "angegebene Knie- und Rückenschmerzen" nur als Nebendiagnose Berücksichtigung fanden.

Nachdem der Neurologe und Psychiater F aufgrund der eingeschränkten psycho-physischen Dauerbelastbarkeit des Klägers wegen

"1. reaktives und involutionsgetöntes depressives Syndrom,

2. degeneratives WS-Syndrom,

3. Schwerhörigkeit beiderseits,"

in seinem Gutachten vom 11. Februar 1998 eine maximal halb- bis untervollschichtige Tätigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für zumutbar angesehen hatte, gewährte ihm die Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken durch Bescheid vom 6. Mai 1998 ab 1. November 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zunächst befristet bis zum 31. Oktober 1999.

Der Kläger ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung -GdB- von 70 anerkannt. Zu den anerkannten Behinderungen gehört im orthopädischen Bereich ein "degeneratives Wirbelsäulenleiden mit Funktionsbehinderung, Gleichgewichtsstörungen mit Unsicherheit bei höheren Belastungen".

Seit Juli 1998 nahm der Kläger neben der Beklagten u.a. die Holz-Berufsgenossenschaft, die Berufsgenossenschaft (BG) für den Einzelhandel und die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) wegen mehrerer Erkrankungen, die er den schädigenden Auswirkungen seines Berufslebens zuschrieb, in Anspruch. Bei der Beklagten machte er u.a. die hier streitige BK-Nr. 2108 geltend. In der am 6. Juli 1998 bei ihr eingegangenen Berufskrankheitenanzeige beschrieben die Orthopäden Dres. M, K, W sein Krankheitsbild u.a. mit Gonarthrose beiderseits, chronisch rezidivierendem HWS- und chronisch rezidivierendem LWS-Syndrom.

Die Beklagte holte im Rahmen ihrer arbeitstechnischen Ermittlungen Auskünfte der Technischen Aufsichtsdienste (TAD) der Berufsgenossenschaften ein, bei denen der Kläger im Verlaufe seines Arbeitslebens versichert war, u.a. die der BGF vom 16. Juni 1999 über den Beschäftigungszeitraum vom 1. März 1988 bis 31. August 1997 bei der Firma Sch-GmbH als Tischler im Kundendienst.

Nach Anhörung des staatlichen Gewerbearztes und in Übereinstimmung mit diesem lehnte es die Beklagte durch Bescheid vom 8. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2000 ab, unter anderem eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS nach Nr. 2108 anzuerkennen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Es fehle insbesondere in der Tätigkeit als Tischler an einer ausreichenden Regelmäßigkeit und Häufigkeit der schweren Lastenmanipulation.

Das vom Kläger angerufene Sozialgericht holte u.a. einen Bericht der Orthopäden Dr. W, Dr. K, Sp vom 15. Januar 2001 ein, nahm ein Attest dieser orthopädischen Gemeinschaftspraxis vom 27. April 2000 zur Gerichtsakte und ließ den Kläger dann durch den Chirurgen Dr. M untersuchen und begutachten. Dieser befand in seinem Gutachten vom 2. Juli 2001 nach Auswertung von Röntgenbildern der LWS aus den Jahren 1985 und 1997 und aufgrund des Ergebnisses seiner Untersuchung, dass im Bereich der ganzen Wirbelsäule keine wesentlichen Defizite in der Funktion festgestellt werden könnten. Das Bewegungsausmaß der ganzen Wirbelsäule müsse als altersentsprechend und sogar als gut beurteilt und bewertet werden. Der sich aus den hausärztlichen Attesten ergebende ständige Hinweis auf ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom reiche nicht aus, um die Annahme eines relevanten, die Funktion und Belastungsfähigkeit der ganzen Wirbelsäule oder auch nur der LWS bei der Durchführung mechanisch-körperlicher Arbeiten dauernd einschränkenden Befundes zu begründen.

Durch Urteil vom 19. Oktober 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat unter Wiedergabe der vom Kläger gemachten Angaben zur Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Umgangs mit Lastgewichten dargelegt, dass dessen berufliche Tätigkeiten in den Jahren 1972 bis 1982 und ab März 1988 bis zum Ausscheiden aus dem Berufsleben nicht geeignet gewesen seien, die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK-Nr. 2108 zu erfüllen. Auch die medizinischen Voraussetzungen für diese Berufskrankheit würden nicht vorliegen. Die Kammer folge insoweit dem widerspruchsfreien und in seinen Erkenntnissen nach dem gesamten medizinischen Akteninhalt nachvollziehbaren Sachverständigengutachten des Dr. M. Hiernach sei davon auszugehen, dass sowohl nach den röntgenologischen Befunden als auch nach dem Ergebnis der klinischen Untersuchung altersentsprechende Befunde im Bereich der Lendenwirbelsäule vorliegen würden. Dr. M habe im Bereich der gesamten Wirbelsäule keine wesentlichen Defizite in der Funktion festgestellt und auch das Bewegungsausmaß der gesamten Wirbelsäule als altersentsprechend bewertet.

Gegen das am 14. November 2001 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 11. Dezember 2001. Er meint, das Sozialgericht habe das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen deshalb zu Unrecht abgelehnt, weil die Beklagte im Verwaltungsverfahren nur unzureichende Ermittlungen über den Belastungsumfang seiner Tätigkeiten angestellt habe. Zugrunde zu legen seien seine mit der Klageschrift gemachten Angaben. Hiernach seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die streitige Berufskrankheit erfüllt. Das Sozialgericht habe es gleichermaßen zu Unrecht abgelehnt, bei ihm das Vorliegen eines Bandscheibenschadens anzunehmen. Hierbei sei es dem Gutachten des Dr. M gefolgt, der die Röntgenbefunde unzutreffend ausgewertet und als altersentsprechende Befunde interpretiert habe. Er (der Kläger) ziehe in Zweifel, dass alle Männer seines Alters seit dem 51. Lebensjahr wegen eines chronisch rezidivierenden LWS-Syndroms mittels Injektionen, medikamentöser Therapie und Physiotherapie behandelt würden. Diese LWS-Beschwerden seien Folge seines Berufslebens und als BK-Nr. 2108 anzuerkennen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2001 aufzuheben sowie den Bescheid vom 8. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung Verletztenteilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 vom Hundert zu gewähren, hilfsweise
1) zum Beweis dafür, dass durch seine Berufstätigkeiten in den letzten 15 Jahren die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 2108 erfüllt sind, folgende Zeugen zu hören:
a) den Inhaber der Firma S Transport, BStraße
b) den Inhaber der Firma F-Möbel- GmbH, Straße ,
2) zu der Frage, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 vorliegen, ein Gutachten von W. F, P. Bund M. B (Aufsatz Blatt 132 ff Gerichtsakte) als Sachverständige einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat zur Klärung der Frage, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen der maßgeblichen Berufskrankheit vorliegen, Auskünfte des TAD der BGF vom 11. Juni 2002 und vom 21. Februar 2003 für den Beschäftigungszeitraum vom 1. März 1988 bis 31. August 1997 und des TAD der Holz-BG vom 9. September 2002 und 24. Februar 2003 über den Zeitraum von November 1972 bis Dezember 1982 eingeholt. Außerdem hat die Präventionsabteilung der Beklagten am 19. März 2003 eine Stellungnahme zum Belastungsumfang während der Tätigkeit des Klägers in einer Spinnerei vom 12. Juli 1971 bis 13. März 1972 abgegeben.

Wegen der Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird außerdem auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, sie verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der vom Kläger verfolgte Anspruch richtet sich noch nach den bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da die geltend gemachte Berufskrankheit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).

Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der ihm folgenden Vorschriften Leistungen, insbesondere bei Vorliegen einer MdE um wenigstens 20 v.H. Verletztenrente in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates (BR) bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Eine solche Bezeichnung nimmt die BKVO mit den sog. Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 2108 bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO muss bei dem Versicherten mithin eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliegen, die durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung ("arbeitstechnische Voraussetzungen") entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und als Konsequenz aus diesem Zwang muss die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2).

Für das Vorliegen des Tatbestands der Berufskrankheit ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialgerecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (BSG Urteil vom 27.Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - = HVBG-Info 2000, 2811 - m.w.N.; Brackmann/Krasney, SGB VII, § 9 RdNrn. 22, 23 m.w.N.).

Fehlt es an einem geeigneten Krankheitsbild, das sich mit der langjährigen gefährdenden Tätigkeit begründen lässt, oder an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung oder an der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten wegen der bandscheibenbedingten Erkrankung, kommt die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 nicht in Betracht.

Der Senat hält es nach Aktenlage für unwahrscheinlich, dass das chronisch rezidivierende LWS-Syndrom, dessen Anerkennung der Kläger als Berufskrankheit erstrebt, zur Aufgabe seines Berufes als Möbeltischler und zum Ausscheiden aus dem Berufsleben geführt hat. Aufschluss über die seit November 1996 andauernde Arbeitsunfähigkeit und die zur Berentung führenden Krankheitsbilder des Klägers liefern die Gutachten der Ärzte des Arbeitsamtes R vom 18. März 1997 und Dr. W vom 1. September 1997. Hiernach waren es in erster Linie das psychiatrische Krankheitsbild mit einer deutlichen Somatisierungstendenz und die beiderseitige Hörminderung, die seine Arbeitsunfähigkeit bedingten. Diese Diagnosen und der Hinweis des Klägers im Rentenantragsverfahren auf die seinen Rentenanspruch begründenden seit Jahren zunehmenden Depressionen führten dazu, ihn ausschließlich neurologisch-psychiatrisch durch Herrn F untersuchen zu lassen. Dieser stellte dann auch eindeutig die depressive Entwicklung mit ausgeprägten hypochondrischen Befürchtungen bei zwanghafter Persönlichkeitsstruktur in den Vordergrund seiner Empfehlung, den Kläger zu berenten. Maßgeblich für das Ausscheiden aus dem Berufsleben war also hiernach nicht das Beschwerdebild des Klägers an seiner Wirbelsäule.

Der Senat zieht aufgrund der zahlreichen Atteste der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. W u.a. nicht in Zweifel, dass der laut Befundbericht vom 15. Januar 2001 dort seit Januar 1992 in Behandlung stehende Kläger schon bei Aufnahme der Behandlung an einem chronisch rezidivierenden LWS-Syndrom gelitten hat. Diese Erkrankung führte jedoch nach der Mitteilung der Innungskrankenkasse Berlin vom November 1998 (Vorerkrankungsverzeichnis) nie dazu, dass er deshalb von seinen Hausärzten in den Jahren 1993 bis Mai 1998 arbeitsunfähig krankgeschrieben worden ist. Die die Krankschreibung begründenden Diagnosen weisen sämtlich kein LWS-Syndrom aus (Bl. 121 VA der Beklagten). Diese Erkrankung hat ihn mithin auch nie gehindert, seiner Tätigkeit als Möbeltischler - jedenfalls - bis November 1996 weiter nachzugehen. Auch dieser Umstand rechtfertigt die Annahme, dass es unter den zahlreichen Krankheitsbildern des Kläger jedenfalls nicht das chronisch rezidivierende LWS-Syndrom war, das zu einer endgültigen Aufgabe körperlich belastender Tätigkeiten im Sinne der Anforderungen nach Nr. 2108 der BKVO-Liste geführt hatte.

Der Senat ist auch mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass sich die Erkrankung der LWS, die sich in einem gelegentlich wiederkehrenden chronischen Syndrom äußerte, nicht im Sinne des "Vollbeweises" mit dem langjährigen Heben und Tragen schwerer Lasten begründen lässt. Er folgt insoweit den Erkenntnissen des medizinischen Sachverständigen Dr. M, die dieser aus seiner Untersuchung und der Auswertung der Röntgenbefunde der LWS des Klägers gewonnen hat. Hiernach fanden sich in diesem Wirbelsäulenabschnitt keine wesentlichen Funktionsdefizite, die über das altersübliche Ausmaß hinausgehen. Der Senat hat keine Bedenken, den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen zu folgen, zumal Dr. M als ein erfahrener Gutachter gilt, der insbesondere mit der Zusammenhangsbeurteilung in der Unfallversicherung und der Interpretation von Röntgenaufnahmen gut vertraut ist.

Das Sozialgericht hat außerdem zutreffend darauf hingewiesen, dass auch die sonstige medizinische Aktenlage und insbesondere die Erkenntnisse in den Gutachten der Ärzte R und Dr. W keinen Anlass geben, die von Dr. M aus den Röntgenaufnahmen gezogenen Schlussfolgerungen anzuzweifeln.

Der Kläger verkennt im Übrigen, dass er durch eine deutlich ausgeprägte Skoliose und hierdurch bewirkten Schultertiefstand für Wirbelsäulenbeschwerden prädisponiert ist und dass es an eindeutigen medizinischen Hinweisen fehlt, wonach er des ungeachtet durch die berufsspezifischen Belastungen eines Möbeltischlers im Kundendienst zusätzlich besonderen Belastungen der LWS ausgesetzt war, die bandscheibenbedingte Erkrankungen, die das (alters-) übliche Ausmaß überschreiten, begünstigten. Nach den allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnissen in der medizinischen Fachliteratur sind skoliotische Fehlhaltungen der Lendenwirbelsäule - wie bei dem Kläger - ein wesentlicher konkurrierender Ursachenfaktor für Wirbelsäulenbeschwerden. Durch die skoliotische Fehlhaltung kommt es zu einer asymmetrischen Belastung, welche zu einem vorzeitigen Bandscheibenverschleiß prädisponiert, der insbesondere im Bereich des Scheitelpunktes der Skoliose am stärksten ausgeprägt ist (vgl. u.a. Mehrtens-Perlebach, Kommentar zur BKVO, Kennzahl M 2108, S. 23).

Die vom Kläger mit der Berufung geltend gemachten Bedenken gegenüber den Interpretationen der Röntgenbefunde durch Dr. M können den Senat nicht überzeugen. Es handelt sich hierbei um die Meinung eines medizinischen Laien, der seine Kritik nicht durch fundierte sachkundige Stellungnahmen eines einschlägig vertrauten Arztes untermauern konnte.

Das Sozialgericht hat weiterhin zutreffend das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Annahme einer Berufskrankheit Nr. 2108 abgelehnt. In Anbetracht des Scheiterns des Anspruchs, weil schon die medizinischen Vorgaben dieser Berufskrankheit nicht erfüllt sind, verweist der Senat insoweit nur ergänzend auf das Ergebnis der im Berufungsverfahren angestellten Ermittlungen. Die auf die mehrfach korrigierten Angaben des Klägers von den sachkundigen Technischen Diensten der betroffenen Unfallversicherungsträger angestellten Berechnungen der Belastungsdosen und die individuell auf ihn bezogenen Arbeitsplatzanalysen haben nicht erbracht, dass der Kläger in seinem Berufsleben mit der notwendigen Sicherheit in einem derartigen Ausmaß und Schweregrad wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ausgesetzt war, dass diese die Ursache für sein LWS-Leiden sein könnten.

Dem Hilfsantrag des Klägers nachzugehen, sah der Senat keinen Anlass. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen liegt bei ihm - wie dargestellt - kein im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 relevantes Krankheitsbild vor. Es kommt deshalb weder auf den nach seiner Auffassung nach wie vor aufklärungsbedürftigen Umfang seiner körperlichen Belastungen in den Tätigkeiten bei den Firmen F und San, noch sind die Aussagen der Ärzte in dem mit der Berufungsbegründungsschrift überreichten Aufsatz von Bedeutung für die Bewertung seines Krankheitsbildes. Er verkennt zudem, dass es nach Aktenlage nicht sein Wirbelsäulenleiden war, das zu seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben geführt hat.

Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz -SGG- zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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