L 8 RA 90/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 38 RA 3996/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 90/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Mai 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist Anerkennung von Beitragszeiten streitig.

Die 1926 in K/Litauen geborene Klägerin ist Verfolgte des Nationalsozialismus im Sinne des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Sie ist nach Aufenthalten in verschiedenen Ghettos und im Konzentrationslager Sim Mai 1945 aus dem Lager N befreit worden und lebte jedenfalls seit dem 7. Dezember 1945 bis zum 31. August 1949 in dem Displaced Persons(DP)-Lager F in der Nähe von W/Bayern. Dort heiratete sie am 15. Januar 1946 und brachte am 27. November 1948 ihre Tochter C zur Welt. Seit dem 2. September 1949 lebt sie in Israel, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

In einem beim Bayrischen Landesentschädigungsamt geführten Entschädigungsverfahren hat die Klägerin angegeben, 1945 und 1946 von den Zuwendungen der United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) gelebt zu haben; seit ihrer Heirat sei sie Hausfrau und wirtschaftlich abhängig von ihrem Ehemann gewesen (Angaben vom 8. Oktober 1956). Aus den Akten des Entschädigungsverfahrens ergibt sich ferner, dass die Klägerin nach der Befreiung an behandlungsbedürftiger Tuberkulose und einer schweren Hörschädigung litt (vgl. Erklärung des Arztes Dr. W vom 26. Dezember 1956 und Erklärungen der Zeuginnen M und K vom 8. Oktober 1956), wobei die Klägerin wechselnde Angaben dazu gemacht hat, ob sie ambulant oder stationär behandelt worden sei.

Am 7. Dezember 1989 stellte die Klägerin bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinprovinz einen Antrag auf Leistungen wegen Kindererziehung, der in einen Rentenantrag umgedeutet wurde. Sie gab an, von 1946 bis 1950 (gemeint ist 1949) als Kindergärtnerin und Lehrerin gearbeitet zu haben und reichte zur Glaubhaftmachung der Angaben unter anderem eine Bescheinigung des Jewish Comittee IRO – DP-Lager F– vom 14. Juni 1949, wonach sie in den letzten drei Jahren als Kindergärtnerin im Kindergarten angestellt gewesen sei, eine Ausweiskarte für Angestellte und Arbeiter des DP-Lagers Fmit Lichtbild und eine Mitgliedskarte der Jewish Teachers Union in Germany ein, auf der eingetragen ist, die Klägerin arbeite seit dem 15. August 1946 als Kindergärtnerin und sei Mitglied der Gewerkschaft seit dem 25. November 1946; für das Jahr 1947 ist die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1947 eingetragen, für das Jahr 1948 sind keine Eintragungen vorgenommen worden.

Die LVA Rheinprovinz gab die Vorgänge zuständigkeitshalber an die Beklagte ab, die mit Bescheid vom 14. Juli 1994 die Vormerkung der geltend gemachten Beitragszeiten als nicht glaubhaft gemacht ablehnte.

Mit Bescheid vom 17. Mai 1995 bewilligte die Beklagte Altersrente ab dem 1. Januar 1992 auf der Grundlage von 10 Monaten Kindererziehungszeiten und 42 Monaten Verfolgungsersatzzeiten. Die Rente sei unter Außerachtlassung der im Verfahren gegen den Bescheid vom 14. Juli 1994 geltend gemachten Ansprüche berechnet worden und werde neu berechnet, wenn und soweit dieses Verfahren zu Gunsten der Klägerin beendet werde.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Juli 1994 wies die Beklagte zurück. Während der ersten Jahre der Besetzung Deutschlands seien die DP´s weitgehend von der deutschen Sozialversicherung ausgenommen gewesen. Grundsätzlich habe zwar zumindest seit dem 1. April 1946 Versicherungspflicht auch für ausländische Zivilbeschäftigte der amerikanischen Truppen bestanden. Tatsächlich sei die Beitragsabführung in den meisten Fällen aber nicht erfolgt. Es lägen hier Unterlagen aus dem Entschädigungsverfahren vor (insbesondere die Erklärungen zur Erkrankung und der wirtschaftlichen Abhängigkeit in den betreffenden Jahren), die eine Beitragsabführung nicht überwiegend wahrscheinlich erscheinen ließen (Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 1996).

Im hiergegen gerichteten Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin erfolglos bei allen als Einzugstellen in Betracht kommenden Ortskrankenkassen, bei der Stadtverwaltung Wund dem Bayrischen Hauptstaatsarchiv wegen der behaupteten Beitragszeiten ermittelt und eine Auskunft von Frau Dr. Juliane Wetzel, Zentrum für Antisemitismusforschung Berlin, zu den Erkenntnissen über die Beschäftigungsbedingungen im DP-Lager F eingeholt (Auskunft vom 11. August 1997). Es hat die Klage mit Urteil vom 28. Mai 1998 abgewiesen. Die Klage sei auch mit dem isolierten Streitgegenstand der Vormerkung von Beitragszeiten zulässig. Die Einbeziehung der Rentenbescheide analog § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) komme zwar in Betracht, sei aber nicht zwingend und vorliegend angesichts der sogenannten Außerachtlassungsklausel im Rentenbescheid und ohne entsprechende Anregung der Beteiligten nicht angezeigt gewesen. Rechtsgrundlage der streitigen Zeiten seien die zum 31. Dezember 1991 außer Kraft getretenen Vorschriften der Versicherungsunterlagen-Verordnung (VuVO), die inhaltlich dem von der Beklagten angewandten § 286a SGB VI entsprächen. Die danach erforderliche Glaubhaftmachung sei nicht gelungen. Zwar sei durchaus glaubhaft, dass die Klägerin im DP-Lager als Kindergärtnerin und Lehrerin tätig gewesen sei. Es sei aber nicht erkennbar, in welchem Umfang sie gearbeitet habe und ob die Beschäftigung längere Zeit unterbrochen gewesen sei, was wegen der Krankheit nahe liege. Zeiten nach 1947 seien ohnehin nach der Mitgliedskarte zur Gewerkschaft nicht wahrscheinlich, da dort die Rubrik für das Jahr 1948 nicht ausgefüllt worden sei.

Im hiergegen gerichteten Berufungsverfahren hat der Senat die im Berufungsverfahren benannten Zeuginnen L H und N B im Wege der Rechtshilfe durch das zuständige israelische Gericht vernehmen lassen. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle des Amtsgerichts Tel Aviv vom 17. Juli 2001 Bezug genommen.

Die Klägerin ist nach Abschluss der Ermittlungen der Auffassung, das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Die im Entschädigungsverfahren angegebenen Krankheitszeiten stünden dem nicht entgegen, da ohnehin nur die Anerkennung von glaubhaft gemachten, also wertmäßig auf 4/5 gekürzten Beitragszeiten geltend gemacht werde. Von einem längeren stationären Aufenthalt während des Lageraufenthalts könne nicht ausgegangen werden, hiergegen sprächen die ausgestellten Dokumente und die Zeugenaussagen. Die Klägerin selbst erinnere sich, dass eine Barentlohnung erfolgt sei und es geheißen habe, dies sei das Nettogehalt nach allen Abzügen (eigene Erklärung vom 24. Juni 1997). Auch hinsichtlich der ordnungsgemäßen Beitragsabführung könnten damit keine durchgreifenden Bedenken bestehen, da nachweislich eine Beschäftigung bei der UNRRA in Streit stehe, die über das Besatzungskostenamt entlohnt worden sei. In diesen Fällen könne von Beitragstreue ausgegangen werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Mai 1998 und den Bescheid vom 14. Juli 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 15. August 1946 bis 30. Juni 1949 als glaubhaft gemachte Beitragszeit vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Zeuginnen hätten keine Angaben dazu machen können, ob die Klägerin ein Gehalt erhalten habe und ob davon Sozialversicherungsabgaben gezahlt worden seien. Auf der Grundlage der Aussage der Zeugin B sei vielmehr wahrscheinlich, dass sie wie auch die Zeugin als Gegenleistung für ihre Arbeit statt Geld ausschließlich Naturalien erhalten hätten. In diesem Fall sei auch die Abführung von Sozialversicherungsabgaben nicht wahrscheinlich. Die Aussage der Zeugin B entspreche schließlich den Darlegungen der Sachverständigen Dr. Wetzel, wonach im DP-Lager F ganz überwiegend Lebensmittelzuteilungen und Zigaretten als Entgelt gedient hätten.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten , die Verwaltungsakten des Bayerischen Landesentschädigungssamtes sowie die Akten des Sozialgerichts Berlin (S 38 An 3996/96) vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass Streitgegenstand der zulässigerweise erhobenen Klage allein die Anerkennung von Beitragszeiten in einem gesonderten Vormerkungsverfahren ist. Der im Laufe des Widerspruchsverfahrens ergangene Rentenbescheid war nicht zwingend nach § 86 SGG in das Verfahren mit einzubeziehen; eine Einbeziehung des Rentenbescheides analog dieser Vorschrift entsprach nicht dem erklärten Willen der Beteiligten.

Der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung glaubhaft gemachter Beitragszeiten richtet sich vorliegend noch nach den Bestimmungen der VuVO vom 3. März 1960, da der entsprechende Antrag bereits im Jahre 1989 gestellt worden ist und sich bei Anerkennung der Zeiten ein Rentenbeginn bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres zum 1. September 1991 und nicht erst mit Inkrafttreten des SGB VI ergäbe (§ 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Beitragszeiten vom 1. Juni 1947 bis zum 15. Februar 1948 sind nach diesen Vorschriften nicht anrechenbar, weil zumindest die Abführung von Beiträgen in diesem Zeitraum nicht gemäß § 1 Abs. 1 VuVO glaubhaft gemacht ist. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 10 Abs. 1 VuVO).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist eine Glaubhaftmachung der streitigen Beitragszeiten nicht gelungen. Zwar erscheint mit den vorliegenden Unterlagen und Zeugenaussagen eine Beschäftigung der Klägerin als Kindergärtnerin überwiegend wahrscheinlich. Es steht aber schon nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass diese Beschäftigung so ausgestaltet war, dass sie dem Grunde nach versicherungspflichtig nach § 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) a. F. war, und schließlich fehlen erst recht ausreichende Anhaltspunkte für eine tatsächlich stattgehabte Beitragsabführung.

§ 1 AVG ist im streitigen Zeitraum in der amerikanischen Zone in der Fassung des Gesetzes vom 23. 12. 1936 (RGBl. I S 1128) angewandt worden (vgl. Koch/Hartmann, Angestelltenversicherungsgesetz, 2 Aufl. 1952, Teil I A VII). Nach seinem Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit Abs. 3 waren Angestellte in den Berufen der Erziehung, des Unterrichts, der Fürsorge und der Kranken- und Wohlfahrtspflege für den Fall der Berufsunfähigkeit und des Alters versichert, wenn sie gegen Entgelt beschäftigt waren. Nach § 1 Abs. 3 AVG a.F. in Verbindung mit § 160 Reichsversicherungsordnung (RVO) a.F. gehörten neben Gehalt und Lohn zum Entgelt auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt eines Gehalts oder Lohnes oder neben ihm vom Arbeitgeber erhielt.

Gegen die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach den genannten Vorschriften spricht vor allem die Aussage der Zeugin B. Diese konnte sich zwar an die Tätigkeit der Klägerin, die ihre unmittelbare Arbeitskollegin war, erinnern und insbesondere Einzelheiten über Tagesablauf, Vorgesetzte usw. nennen. Sie hat dargestellt, dass es sich um eine Halbtagsbeschäftigung von 8 bis 13 Uhr gehandelt habe, dass die Klägerin die Erziehung ihres eigenen Kindes mit ihrer Tätigkeit habe verbinden können und dass sie die Tätigkeit auch nicht für längere Zeit krankheitsbedingt habe unterbrechen müssen. Damit sind eine Reihe von Zweifeln, die sich vor allem im Hinblick auf die Angaben im Entschädigungsverfahren ergeben hatten, in wesentlichen Teilen ausgeräumt. Die Zeugin konnte aber Angaben zu einer Barvergütung nicht machen. Sie hat wegen dieser Frage sowohl bezogen auf die Klägerin als auch auf sich selbst angegeben, dass sie sich an eine Entlohnung in Geld nicht erinnern könne und ihr nur die Versorgung mit Delikatesspaketen erinnerlich sei, die man auch habe verkaufen oder tauschen können. Gerade angesichts der Detailkenntnisse im Übrigen erlangt dieser Teil der Aussage für den Senat besonderes Gewicht. Er lässt es naheliegend erscheinen, dass es sich nicht um eine Beschäftigung gegen ein regelmäßiges Gehalt gehandelt hat, wie dies insbesondere bei der Lagerverwaltung im eigentlichen Sinne üblich war. Dieser Schluss liegt auch nach den Angaben der Klägerin vom 24. Juni 1997 durchaus nahe. Die Klägerin kann sich danach zwar an eine Barvergütung erinnern, nicht aber an den Betrag, der gezahlt worden sein soll. Sie räumt selbst ein, dass es sich nicht um viel gehandelt habe und sie auch Lebensmittel und Zigaretten als Entlohnung erhalten habe. Danach spricht vieles dafür, dass neben den Sachbezügen (Lebensmittelpaketen und Zigaretten) allenfalls noch ein Taschengeld gezahlt worden ist.

Allein der Nachweis über die (zeitweise) Mitgliedschaft in der Teachers Union genügt nicht, um die Aussage der Zeugin, die Sachbezüge seien der wesentliche Anteil der Vergütung gewesen, an eine sonstige Entlohnung könne sie sich nicht erinnern, zu entkräften. Es geht aus der Mitgliedskarte nicht hervor, ob eine Zahlung von Beiträgen zur Union erfolgt ist und ob diese an die Höhe des Gehalts gekoppelt war. Die Mitgliedskarte wie auch die übrigen Unterlagen (Zeugnis und Ausweis als Angestellte) geben keinen weiteren Aufschluss über die Ausgestaltung der Beschäftigung. Auf die insoweit ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des SG verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Bezug von Sachbezügen in nennenswertem Umfang hätte zwar der Sache nach zur Versicherungspflicht der Beschäftigung der Klägerin nach § 1 Abs. 3 AVG a.F. mit § 160 RVO a.F. führen können. In welchem Umfang der Klägerin damals Sachbezüge als Entgelt gewährt wurden, ergibt sich aber weder aus den Zeugenaussagen noch aus den Angaben der Klägerin. Auch liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass im Falle der Entlohnung mit Sachbezügen im DP-Lager F oder einem anderen DP-Lager in der amerikanischen Zone diese wertmäßig erfasst und entsprechend Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach § 9 AVG a.F. eine Beschäftigung versicherungsfrei war, für die nur freier Unterhalt als Entgelt gewährt wurde. Als freier Unterhalt war dabei dasjenige Maß von wirtschaftlichen Gütern anzusehen, das zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers erforderlich war, und zwar neben Unterkunft, Beköstigung, Kleidung usw. auch Sachbezüge in geringem Umfang (vgl. Koch/Hartmann, Angestelltenversicherungsgesetz, 2. Auflage 1952, § 9 RdNr. 1). Zwar ist § 9 AVG a.F. mit der 1. Vereinfachungs-VO vom 17. März 1945 (RGBl I 41) außer Kraft getreten. Die 1. Vereinfachungs-VO ist für das gesamte Reichsgebiet - auch soweit es im Zeitpunkt der Verkündung (11. April 1945) bereits besetzt war - verkündet worden (BSGE 3 161; 10, 156; 15, 65; 18, 246; SozR 5750 Art 2 § 46 Nr 3). Für die Zeit vor dem 7. September 1949 (erstmaliges Zusammentreten des Deutschen Bundestages) soll die Wirksamkeit nach der zitierten (älteren) Rechtsprechung des BSG davon abhängen, ob im Zeitpunkt der Verkündung der Vereinfachungs-VO das alte deutsche Reich seine Gesetzgebungshoheit noch behalten oder infolge der Besetzung durch die alliierten Truppen bereits verloren hatte, ob also am 11. April 1945 der Wohnort des jeweiligen Versicherten "noch nicht dauerhaft von feindlichen Truppen besetzt" war (zusammenfassend BSGE 52, 1 = SozR 2200 § 1259 Nr. 50, kritisch insoweit BSGE 74, 112 = SozR 3-2200 § 1259 Nr. 15). Damit ist jedenfalls eine Beitragsabführung im Falle eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, für das im Wesentlichen freier Unterhalt gewährt wurde, wenig wahrscheinlich. Wenn die Versicherungsträger der amerikanischen Zone zum Teil auf Anweisung ihrer Aufsichtsbehörden die 1. Vereinfachungs-VO nicht angewandt haben, so ist das zwar für deren Rechtsgültigkeit ohne Bedeutung (BSGE 3, 161, 171). Es ist aber – gerade weil die Nichtanwendung der 1. Vereinfachungs-VO in der amerikanischen Zone historisch gesichert ist – nicht wahrscheinlich, dass bei einer Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses, wie es die Zeugin beschrieben hat, die ggf. bestehende Beitragspflicht überhaupt erkannt und Beiträge tatsächlich abgeführt worden sind.

Bei diesem Sachverhalt kommt es nicht auf die Frage an, ob im Falle der Zahlung einer Vergütung über das Besatzungskostenamt von einer Beitragstreue ausgegangen werden könnte. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich von solchen, bei denen die Zahlung einer nicht unerheblichen Barvergütung glaubhaft gemacht oder nachgewiesen worden ist (vgl. etwa Urteil des Senats vom 7. August 2003 – L 8 RA 54/00 und Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 29. August 2003 - L 1 RA 24/99).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) ist nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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