L 9 KR 410/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 86 KR 1117/00*75
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 410/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. April 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine der Klägerin gewährte Firmenrente bei der Beitragsbemessung in der Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen ist.

Die 1944 geborene Klägerin war bis 1999 als Flugbegleiterin bei der D L AG beschäftigt. Für das Bordpersonal sowie das Kabinenpersonal der D L AG bestehen jeweils zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. einerseits und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft bzw. der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr andererseits abgeschlossene Manteltarifverträge, die in ihrem jeweiligen § 19 Abs. 1 vorsehen, dass das Arbeitsverhältnis – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats endet, in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die als Flugbegleiterin nach den in den Manteltarifverträgen jeweils umschriebenen Geltungsbereichen sowohl dem Bord- als auch dem Kabinenpersonal angehörte, fand einer der Tarifverträge Anwendung. Dementsprechend endete ihr Arbeitsverhältnis nach Vollendung ihres 55. Lebensjahres am 26. August 1999 zum 31. August 1999.

Seit dem 01. September 1999 gewährte ihr ihre ehemalige Arbeitgeberin auf der Grundlage des zwischen den zuvor genannten Tarifvertragsparteien geschlossenen Tarifvertrages Übergangsversorgung Flugbegleiter (im Folgenden: TV-ÜV) eine monatliche Firmenrente in Höhe von 2.673,59 DM brutto.

§ 2 Abs. 1 TV-ÜV sieht vor, dass ein Flugbegleiter einen Anspruch auf Zahlung der Firmenrente hat, wenn er wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze mit dem 55. Lebensjahr oder ggf. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheidet, ohne dass er bereits Anspruch auf Versorgungsleistungen der VBL/AV hat. Nach Absatz 2 beginnt die Zahlung der Firmenrente in dem Monat nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis und endet im Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der Renten aus der Altersversorgung durch die VBL/AV, spätestens mit vollendetem 63. Lebensjahr. Weiter endet die Zahlung der Firmenrente, wenn ein Anspruch auf Versorgungsleistungen durch die VBL/AV infolge vorzeitiger Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder Tod einsetzt.

Nach Absatz 3 der Norm in der - seit dem 15. Dezember 1985 gültigen und bzgl. dieser Regelung unverändert weiterbestehenden - Fassung der jeweils Dritten Änderungstarifverträge setzt sich die Firmenrente aus einem Grund- und einem Zusatzbetrag zusammen. Der Grundbetrag beträgt 60 % der vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuletzt bezogenen Gesamtvergütung. Der Zusatzbetrag entspricht der Hälfte des jeweiligen Krankenversicherungsbeitrages (ohne Versicherung eines Krankengeldanspruchs) an die AOK Hamburg auf den Grundbetrag.

Bestimmungen zur Anrechnung sonstiger Einkünfte enthält § 3 TV-ÜV. Nach dessen § 3 Abs. 1 Satz 1 werden anderweitige Einkünfte, die der Empfänger einer Firmenrente aus einem Arbeitsverhältnis hat, zur Hälfte auf die Höhe der Firmenrente insoweit angerechnet, als die Summe dieser Einkünfte sowie der Firmenrente und der Versichertenrente (vgl. § 4 TV-ÜV) das Eineinhalbfache der letzten monatlich zahlbaren Bezüge des Rentenempfängers vor seinem Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis übersteigt. Nach Absatz 2 kann den anderweitigen Einkünften im Sinne des Absatzes 1 eine Berufsgenossenschaftsrente gleichstehen. Der Bezug von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit hat nach dem TV-ÜV, auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird, weder auf das Bestehen eines Anspruchs auf Firmenrente noch auf deren Höhe Einfluss.

Neben ihrer Firmenrente bezog die Klägerin ab dem 01. September 1999 Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt für Arbeit. Das Bemessungsentgelt für diese Leistung betrug zu diesem Zeitpunkt 1.520,- DM wöchentlich (umgerechnet 6.586,67 DM monatlich).

Mit Bescheid vom 20. September 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre "Versorgungsbezüge" der D L AG der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterlägen, und machte einen monatlichen Beitrag von 110,29 DM geltend. Mit Bescheid vom 04. Oktober 1999 erläuterte sie der Klägerin die Berechnung. Unter dem 18. Februar 2000 erteilte sie ihr einen Änderungsbescheid, nach dem sich die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aufgrund der Änderung der Beitragsbemessungsgrenze ab dem 01. Januar 2000 auf insgesamt 111,59 DM beliefen.

Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, bei der ihr gewährten Firmenrente handele es sich nicht um Versorgungsbezüge, die der Beitragspflicht unterfielen, sondern lediglich um übergangsweise gezahlte Bezüge, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2000 zurück. Die Klägerin könne die Firmenrente nach den tarifvertraglichen Bestimmungen unter Umständen acht Jahre lang beziehen. Die monatlichen Zahlungen hätten damit trotz ihrer Bezeichnung als Übergangsgelder rentenähnlichen Charakter.

Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Berlin mit seinem Urteil vom 06. April 2001 abgewiesen. Die Firmenrente der D L AG sei nicht von der Beitragspflicht, die ausnahmslos für alle Renten aus der betrieblichen Altersversorgung bestehe, ausgenommen. Insbesondere gelte die Beitragspflicht auch für übergangsweise gezahlte Leistungen. Die Firmenrente könne entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als Versorgung eigener Art zum Ausgleich des Risikos Altersarbeitslosigkeit bewertet werden. Auch stehe der Beitragspflicht nicht entgegen, dass die Firmenrente bereits in einem Lebensalter gezahlt werde, in dem eine Altersversorgung gewöhnlich nicht gewährt werde. Gerade im Bereich der Luftfahrt sei das altersbedingte Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und somit das Eintreten einer altersbedingten Versorgung weit vor Erreichen des allgemeinen Rentenalters üblich. Es sei daher angemessen, auch die Firmenrente der D L AG als Altersversorgung anzusehen.

Gegen das ihr am 09. Mai 2001 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin am 08. Juni 2001 erhobene Berufung. Unter Vorlage mehrerer Bescheinigungen der D L AG, nach denen es sich bei den von ihr gewährten Versorgungsbezügen nicht um solche handeln soll, die der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung zugrunde zu legen sind, führt die Klägerin zur Begründung an, dass es sehr zweifelhaft sei, ob die D L AG bei der Gewährung der Firmenrente an einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug im Sinne einer Altersversorgung gedacht habe und eine Beitragspflicht hierfür gewollt gewesen sei. Dagegen spreche, dass eine umfassende, finanziell optimale Absicherung ihrer ehemaligen Mitarbeiter erfolgen sollte, was aber bei einer Beitragspflicht nicht mehr gegeben sei. Weiter hätten die ihr gewährten Versorgungsbezüge gerade nicht der Altersversorgung gedient. Maßgebend für den Begriff der Altersversorgung seien die gesetzlichen Bestimmungen. Danach bestehe in der Regel aber erst ein Anspruch auf Altersrente bei Erreichen des 65. Lebensjahres. Auch die Ausnahmevorschriften ließen für sie keine andere Bewertung zu. Von Altersversorgung könne weiter schon deshalb keine Rede sein, weil die Leistung der D L AG gerade dann ende, wenn die gesetzliche Rentenversicherung eingreife. Dieser zeitliche Umstand verdeutliche den Charakter einer besonderen Art der Abfindung wegen des Risikos der Altersarbeitslosigkeit. Abfindungen selbst seien jedoch nicht beitragspflichtig. Im Übrigen gehe nicht nur die D L AG von einem nicht beitragspflichtigen Versorgungsbezug aus. Vielmehr entspreche dies auch der Rechtsauffassung der Krankenversicherungen. Denn bei ihren 661 Kollegen, die am 31. Mai 2001 seitens der D L AG entsprechende Übergangszahlungen erhielten, würden jeweils keine Beiträge auf die Firmenrente erhoben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. April 2001 und die Bescheide der Beklagten vom 20. September 1999, 04. Oktober 1999 und 18. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2000 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Berlin ist zutreffend.

Die Bescheide der Beklagten vom 20. September 1999, 04. Oktober 1999 und vom 18. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2000 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass die der Klägerin von der D L AG gewährte Firmenrente zur Beitragsbemessung in der Krankenversicherung heranzuziehen ist.

Als Bezieherin von Arbeitslosengeld ist die Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Aus welchen ihrer Einnahmen Beiträge zur Krankenversicherung zu erheben sind, regeln die §§ 226 ff. SGB V. Nach § 232a Abs. 1 und 4 SGB V in Verbindung mit § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V wird der Beitragsbemessung bei Arbeitslosen neben dem Arbeitslosengeld u.a. auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Als Versorgungsbezüge gelten nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V u.a. Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Zur Überzeugung des Senats stellt die der Klägerin von der D L AG gewährte Firmenrente eine Rente der betrieblichen Altersversorgung dar.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die Entscheidung, ob die ihr gewährte Firmenrente der Beitragsbemessung zugrunde zu legen ist, unerheblich, ob ihre ehemalige Arbeitgeberin ursprünglich an einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug gedacht und eine Beitragspflicht gewollt hat bzw. die von ihr gewährten Leistungen der Übergangsversorgung nunmehr als beitragspflichtig einstuft. Denn abgesehen davon, dass vorliegend angesichts der Zusammensetzung der Firmenrente bereits zweifelhaft ist, ob seitens der D LAG eine Beitragspflicht nicht zumindest erwogen wurde, besteht die Firmenrente doch immerhin auch aus einem der Hälfte des jeweiligen Krankenversicherungsbeitrages auf den Grundbetrag entsprechenden Zusatzbetrag, ist der Wille des Leistenden für die Beitragspflicht ebenso unbedeutend wie der des Leistungsempfängers. Welche Einkünfte der Beitragspflicht unterliegen, bestimmt sich vielmehr allein nach den gesetzlichen Bestimmungen und ist in Fällen wie dem vorliegenden zu bejahen, wenn die objektiven Merkmale einer Leistung der betrieblichen Altersversorgung erfüllt sind (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 26.03.1996 – 12 RK 44/94SozR 3-2500 § 229 Nr. 12).

Der Gesetzgeber hat in seiner Begründung zu § 180 Abs. 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Rentenanpassungsgesetzes 1982, der dem heutigen § 229 Abs. 1 SGB V im Wesentlichen entspricht, ausgeführt, dass die Norm die der Beitragspflicht unterliegenden sonstigen Einnahmen abgrenze und sie als Versorgungsbezüge abschließend definiere. Als Leitlinien seien dabei u.a. die Gleichbehandlung von Aktiven und Rentnern hinsichtlich der Beitragspflicht sowie die Einkommensersatzfunktion von Rente und Versorgungsbezügen zu beachten. Daraus ergebe sich, dass nur solche Einnahmen berücksichtigt werden könnten, die wie die Rente bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder als Alters- bzw. Hinterbliebenenversorgung Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen ersetzten. Dagegen bestehe keine Beitragspflicht für Einnahmen, die nicht unmittelbar auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis oder auf eine frühere Erwerbstätigkeit zurückzuführen seien (z.B. Einnahmen aufgrund betriebsfremder privater Eigenvorsorge, Einnahmen aus ererbtem Vermögen) oder die Entschädigungsleistungen aufgrund von Sonderopfern für die Allgemeinheit darstellten (z.B. Impfschäden, Gewalttaten, Kriegsfolgen, Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz). Gleiches gelte für Unfallrenten und sonstige unfallbedingte Leistungen, da diese auch einen immateriellen Schaden ersetzten. Bzgl. der damaligen (und auch heutigen) Nr. 5 der Norm verweist der Gesetzgeber auf die Regelung des § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung – BetrAVG - (vgl. Begründung zum Rentenanpassungsgesetz 1982, BT-Drucksache 9/458, S. 33 ff. (34 f.)).

Demnach liefert § 1 BetrAVG Anhaltspunkte dafür, welche Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu den nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V beitragspflichtigen zählen, regelt dies hingegen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht abschließend (vgl. BSG Urteile vom 30.03.1995 – 12 RK 40/94 , 12 RK 29/94 und 12 RK 9/93 – sowie vom 26.03.1996 – 12 RK 44/94 – SozR 3-2500 § 229 Nrn. 6, 7, 8, 12). Denn die an den Träger der Versorgung anknüpfende Beitragspflicht der Renten der betrieblichen Altersversorgung in § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V einerseits und der auf Leistungen des Arbeitgebers beschränkte Schutz von Versorgungsanwartschaften im BetrAVG andererseits beruhen auf den unterschiedlichen Zweckrichtungen dieser Gesetze. Durch das BetrAVG sollen Ansprüche auf künftige Versorgungsleistungen, die der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit erworben hat, gegen das Risiko eines Verlustes bei Ausscheiden aus dem Betrieb und bei einem Konkurs des Arbeitgebers geschützt werden sowie Renten an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Hingegen wurde mit der Einführung der Beitragspflicht der jetzt in §§ 237, 229 SGB V genannten Versorgungsbezüge der Zweck verfolgt, die versicherungspflichtigen Rentner entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung ihrer Krankenversicherung zu beteiligen. Diese Zielsetzung entspricht dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Solidaritätsprinzip, wonach die Versicherten nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zum Beitrag heranzuziehen sind. Entsprechend bedarf wegen der aus dem Solidaritätsprinzip zu begründenden Beitragspflicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit weniger die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen einer Rechtfertigung, sondern eher die fehlende Beitragspflicht sonstiger Renten (BSG Urteile vom 30.03.1995 – 12 RK 40/94 und 12 RK 29/94 – sowie vom 26.03.1996 – 12 RK 21/95 – SozR 3-2500 § 229 Nrn. 6, 7 und 13).

Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zählen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts damit alle Renten, die entweder von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung oder aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG gezahlt werden, wenn sie im Zusammenhang mit einer früheren beruflichen Tätigkeit erworben worden sind. Der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen ist die Leistung, wenn sie – in der hier einzig interessierenden Fallkonstellation - die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezweckt, also der Sicherung seines Lebensstandards nach seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben dienen soll. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa Leistungen zur Vermögensbildung, zur Überbrückung einer Arbeitslosigkeit oder Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Weiter kommt es für die Zuordnung einer Leistung zur betrieblichen Altersversorgung nicht darauf an, welche Gründe den Arbeitgeber dazu veranlassten, die Versorgung zuzusprechen. Entscheidend ist vielmehr der Zweck der versprochenen Leistung (BSG Urteil vom 26.03.1996 – 12 RK 21/95 – SozR 3–2500 § 229 Nr. 13 m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Senat keine Bedenken, die der Klägerin seitens der D L AG gewährte Firmenrente als Rente der betrieblichen Altersversorgung einzustufen. Bei der Firmenrente handelt es sich um eine wiederkehrende Leistung, die im Zusammenhang mit der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin bei der D L AG steht. Auch spricht die Gewährung der Übergangsversorgung direkt durch die ehemalige Arbeitgeberin nicht gegen eine Qualifizierung der Leistung als Rente der betrieblichen Altersversorgung. Denn bereits nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG kann die betriebliche Altersversorgung unmittelbar über den Arbeitgeber erfolgen. Fraglich ist mithin allein, ob mit der Firmenrente eine Versorgung der Flugbegleiter im Alter bezweckt ist.

Wie bereits das Sozialgericht geht auch der Senat davon aus, dass es sich bei der der Klägerin gewährten Firmenrente entgegen ihrer Auffassung nicht um eine Versorgung sui generis zum Ausgleich des Risikos der Altersarbeitslosigkeit, sondern um eine Versorgung handelt, mit der eine Absicherung ab Vollendung des 55. Lebensjahres bezweckt ist.

Die Übergangsversorgung für die Flugbegleiter wurde eingeführt, um das Flugpersonal, das mit Vollendung des 55. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, wirtschaftlich zu sichern. Zweifelsohne sollen die Flugbegleiter damit vor dem sozialen Abstieg in eine erzwungene Arbeitslosigkeit geschützt werden. Gleichwohl ist vorliegend der Grund der Gewährung der Firmenrente so stark durch die Besonderheiten im Bereich der Luftfahrt geprägt, dass von einer Leistung der Altersversorgung auszugehen ist. Denn die Übergangsversorgung wird den Flugbegleitern nur für eine bestimmte persönliche und berufliche Situation versprochen, nämlich das notwendige Ausscheiden im Alter von in der Regel 55 Jahren. Allerdings wird die Rente auch nur dann gewährt, wenn das Arbeitsverhältnis tatsächlich mit Vollendung des 55. Lebensjahres endet. Wird dieses aber verlängert, verschiebt sich auch der Auszahlungsbeginn der Firmenrente. Ansatz der Rentenzahlung ist damit allein das altersbedingte Ausscheiden aus dem Betrieb. Hingegen ist nach dem Wortlaut des § 2 TV-ÜV die Gewährung der Firmenrente nicht an Arbeitslosigkeit geknüpft. Deren Bestehen ist vielmehr gänzlich irrelevant. Denn selbst wenn der Berechtigte nicht arbeitslos sein, sondern in einem neuen Arbeitsverhältnis Einkünfte erzielen sollte, führte dies nach § 3 TV-ÜV allenfalls zu einer teilweisen Kürzung seiner Firmenrente und dies auch erst dann, wenn die Summe seines Arbeitsentgeltes, seiner Firmenrente und einer weiter vorgesehenen Versichertenrente das Eineinhalbfache der letzten monatlich zahlbaren Bezüge vor seinem Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis übersteigen sollte. Dass die Firmenrente damit nicht gezwungenermaßen an ein endgültiges Ausscheiden aus dem Berufsleben anknüpft, steht ihrer Qualifizierung als Altersabsicherung nicht entgegen. Denn auch neben dem Bezug mancher Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung kann schadlos Einkommen bezogen werden, ohne dass dies deren allgemeine Funktion, ausgefallenes Erwerbseinkommen zu ersetzen, entfallen ließe (BSG Urteil vom 30.03.1995 – 12 RK 40/94SozR 3-2500 § 229 Nr. 6).

Gegen die Annahme, bei der Firmenrente handele es sich um eine Rente der betrieblichen Altersversorgung spricht ferner nicht, dass sie deutlich vor Erreichen des üblichen Rentenalters gewährt wird. Soweit die Klägerin meint, eine Leistung könne nur dann eine Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V darstellen, wenn sie erst bei Erreichen des 65. Lebensjahres und damit dem nach § 35 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Gewährung der gesetzlichen Regelaltersrente maßgeblichen Alter gezahlt werde, überzeugt dies nicht. Ein Anknüpfen an die Vollendung des 65. Lebensjahres scheidet vielmehr bereits unter Heranziehung der Regelungen des BetrAVG aus. Denn zwar besteht die Funktion der betrieblichen Altersversorgung in der Ergänzung der Sozialversicherungsrente (Ahrend/Förster/Rühmann, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 9. Aufl., 2003, Einführung Rn. 24). Dies heißt aber nicht, dass beide Leistungen grundsätzlich zeitgleich gewährt werden müssen. So enthält z.B. § 2 des Gesetzes, der die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft regelt, in seinem Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz die Bestimmung, dass an die Stelle des 65. Lebensjahres ein früherer Zeitpunkt tritt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Weiter zeigt § 6 BetrAVG, dass die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung nicht notgedrungen mit der einer Altersrente aus der gesetzlichen Altersrente einhergehen muss. Denn zwar besteht der gesetzliche Anspruch auf eine vorgezogene betriebliche Altersrente zunächst nur, wenn eine vorgezogene Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird. Schon für diesen gesetzlichen Anspruch auf eine vorgezogene betriebliche Altersversorgung besteht jedoch die Möglichkeit, diese weiter zu gewähren, auch wenn die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder wegfällt. Darüber hinaus kann auch hiervon zugunsten des Arbeitnehmers jederzeit abgewichen werden (Ahrend/Förster/Rühmann, a.a.O., 2003, § 17 Rn. 7).

Dementsprechend ist in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BAG Urteil vom 26.04.1988 – 3 AZR 411/86BB 1988, 1671 ff.) und Literatur (Ahrend/Förster/Rühmann, a.a.O., § 1 Rn. 29) anerkannt, dass die Altersgrenze in einer betrieblichen Altersversorgungszusage an die Vollendung eines anderen als des 65. Lebensjahres geknüpft sein kann, solange die danach gewährte Rente noch als Alterssicherung charakterisiert werden kann. Dem soll nicht unbedingt entgegenstehen, dass die Leistung als eine der Übergangsversorgung bezeichnet wird. Denn zwar wird die Zahlung von Übergangsgeldern in der Regel nicht durch ein biologisches Ereignis ausgelöst, sondern den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. BAG Urteil vom 26.04.1988 – 3 AZR 411/86BB 1988, 1671 ff. sowie vom 10.03.1992 – 3 AZR 153/91NZA 1993, 25 ff.). Wird ein solches hingegen für den Fall des Erreichens der Altersgrenze oder für den Fall der Invalidität zugesagt, handelt es sich um betriebliche Altersversorgung, ohne dass es auf die Bezeichnung als "Übergangsgeld" ankäme (BAG Urteil vom 10.08.1993 – 3 AZR 69/93BB 1994, 360 f.).

Auch daraus, dass der Gesetzgeber in § 35 SGB VI das allgemeine Rentenalter auf 65 Jahre festgelegt hat, folgt nicht zugleich, dass Angehörige einzelner Berufsgruppen nicht aus besonderen Gründen deutlich früher altersbedingt aus ihrem Beruf ausscheiden können. So sieht beispielsweise § 143 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) ausdrücklich vor, dass die See-Berufsgenossenschaft unter ihrer Haftung mit Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung für die Gewährung eines Überbrückungsgeldes nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgeldes auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt an Seeleute sowie Küstenschiffer und Küstenfischer, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII versichert sind, eine Seemannskasse mit eigenem Haushalt errichten kann. Entsprechend hat das Sozialgericht Hannover unter Hinweis auf diese Vorschrift in seinem Urteil vom 20. Juli 1999 (S 11 KR 114/98) eine Abfindung, die einem Seemann aufgrund einer Betriebsvereinbarung frühestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres und spätestens bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt werden konnte und tatsächlich in 38 monatlichen Teilabfindungsbeträgen bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres ausgezahlt wurde, als Rente der betrieblichen Altersversorgung gewertet. Denn auch wenn vor Erreichen des 60. Lebensjahres in der Regel nicht damit zu rechnen sei, dass für die Gewährung einer Leistung das Alter als biologischer Umstand anspruchsbegründend sein solle, lägen im seemännischen Bereich die Verhältnisse anders. Aufgrund der besonderen beruflichen Belastungen sei ein vorgezogenes Altersruhegeld für Seeleute mit Erreichen des 55. Lebensjahres in vielen früheren Seefahrernationen üblich. In § 143 SGB VII habe dies für die Bundesrepublik Deutschland ebenfalls seinen Niederschlag gefunden.

Auch in der Luftfahrt ist ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst üblich. Für den Luftfahrzeugführer und die Flugbesatzung folgt dies bereits aus § 41 Abs. 1 Satz 2 der Betriebsordnung für Luftfahrtgeräte (LuftBO). Denn dieser sieht vor, dass Mitglieder der Flugbesatzung mit einem Alter über 60 Jahren nicht eingesetzt werden sollen. Darüber hinausgehend regeln nicht nur die für die D L AG geltenden Manteltarifverträge ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 55. Lebensjahres. Vergleichbare Regelungen, die allerdings teilweise auf die Vollendung des 60. Lebensjahres abstellen, gelten vielmehr auch für die Mitarbeiter anderer Flugunternehmen. Diese Regelungen hat das Bundesarbeitsgericht unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Verkehrsluftfahrt vor dem Hintergrund der ausreichenden Versorgungsregelungen als rechtswirksam angesehen (vgl. BAG Urteile vom 06.03.1986 – 2 AZR 262/85AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze und vom 10.03.1992 – 3 AZR 153/91NZA 1993, 25 ff.). Dabei hat es bereits in der erstgenannten Entscheidung, die sich auf einen der für die D L AG geltenden Manteltarifverträge bezog, die Übergangsversorgung tendenziell als Altersversorgung behandelt. In seiner Entscheidung vom 10.03.1992 (3 AZR 153/91) hat es dann deutliche Bedenken an der Rechtsauffassung der Vorinstanz geäußert, die davon ausgegangen war, dass die Übergangsversorgung, die einem Piloten ab dem zwingenden Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet hatte, gewährt wurde, keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung darstelle. Denn die Besonderheit der Übergangsversorgung bestehe in diesem Fall darin, dass für das Bordpersonal das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 60. Lebensjahres ende. Die Bordpersonalangehörigen könnten mit 60 Jahren auch bei einem anderen Luftfahrtunternehmen keine Anstellung mehr finden. Denn nach § 41 Abs. 1 Satz 2 LuftBO sollten Mitglieder der Flugbesatzung mit einem Alter über 60 Jahre nicht mehr eingesetzt werden. Damit aber beginne für Bordpersonalangehörige allgemein mit 60 Jahren eine Art "vorgezogener Ruhestand". Die Übergangsversorgung für das Bordpersonal könne daher durchaus eine Versorgung im Alter bezwecken. Entsprechendes gilt zur Überzeugung des Senats auch für Flugbegleiter ab Vollendung des 55. Lebensjahres. Denn diese haben angesichts der bestehenden Tarifverträge auch zwischen der Vollendung ihres 55. und 60. Lebensjahres nur noch eine allenfalls theoretische Chance, bei einer anderen Fluggesellschaft als Flugbegleiter eingesetzt zu werden.

Schließlich steht auch der Umstand, dass die betriebliche Leistung spätestens mit der Vollendung des 63. Lebensjahres eingestellt wird und damit zeitlich befristet ist, ihrer Einstufung als Rente der betrieblichen Altersvorsorge zur Überzeugung des Senats nicht entgegen. Die Zahlung der Rente auf Lebenszeit ist kein Begriffsmerkmal der betrieblichen Altersversorgung. Auch erfordert deren Ziel, die Sozialversicherung zu ergänzen, eine entsprechende Auslegung nicht. Die gesetzliche Altersversorgung wird auch dadurch effektiv ergänzt, dass Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bereits zu Zeiten gewährt werden, zu denen auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gerade noch kein Anspruch besteht. Dementsprechend ist in der Literatur anerkannt, dass jedenfalls betriebliche Leistungen, die zur Überbrückung einer Zeit bis zum Eintritt der normalen betrieblichen Altersversorgung gezahlt werden, selbst als Leistungen der betrieblichen Altersversorgung angesehen werden (Figge, Sozialversicherungshandbuch Beitragsrecht, Stand: 77. Erg.-Lfg. Juli 2003, Kapitel 6.17.3 S. 292 sowie Vay in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Stand: 45. Erg.-Lfg. Januar 2003, § 229 Rn. 13). Dass die Klägerin im Anschluss an die Firmenrente keine Betriebsrente, sondern Leistungen der VBL/AV und aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen wird, kann insoweit nicht zu einer anderen Einschätzung führen (vgl. auch Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., 1997, Einl. Rn. 69).

Im Übrigen würde die Klägerin zur Überzeugung des Senats bei anderer Wertung zu Unrecht gegenüber noch im Beruf Aktiven begünstigt. Ihr Einkommen wird nicht unerheblich von der Firmenrente geprägt. Diese hat bei ihr wie auch das ihr gewährte Arbeitslosengeld Einkommensersatzfunktion und ist damit als Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V einzustufen.

Zutreffend hat die Beklagte dies gegenüber der Klägerin nicht nur festgestellt, sondern den aus der Firmenrente zu erhebenden Beitrag zugleich gegen sie - in zwischen den Beteiligten nicht streitiger Höhe - festgesetzt. Denn nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V tragen Versicherungspflichtige die Beiträge aus Versorgungsbezügen allein, so dass sie sie nach § 252 SGB V auch zu zahlen haben.

Für die Pflegeversicherung gilt nach §§ 57 Abs. 1, 59 Abs. 1 Satz 1 und 60 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) für Mitglieder der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung u.a. wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld pflichtversichert sind, nichts anderes.

Soweit die Klägerin schließlich vorträgt, bei ihren zahlreichen Kollegen, denen ebenfalls eine Firmenrente gewährt werde, werde diese angeblich nicht zur Beitragsbemessung herangezogen, vermag dies ihrem Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn selbst wenn in anderen Fällen eine an sich rechtmäßige Beitragserhebung unterbleiben sollte, folgte daraus kein Anspruch der Klägerin auf Gleichbehandlung im Unrecht dahingehend, dass auch sie keine Beiträge aus ihrer Firmenrente zu leisten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist zugelassen worden, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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