L 4 AL 3/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 AL 3509/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 3/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte dem Kläger auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höheres Insolvenzgeld unter voller Berücksichtigung einer Provisionszahlung.

Der 1969 geborene Kläger war ab 1. April 2000 bei der Firma iElektro-Großhandel GmbH & Co. - einer Ausgliederung der S mit bundesweit knapp 90 Niederlassungen in 4 Regionen und über 1.600 Beschäftigten - als Vertriebsleiter der Region Mitte-Ost außertariflich beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag setzte sich sein Einkommen im Verhältnis 80 zu 20 aus einem monatlichen festen Vertragseinkommen sowie einem jährlichen variablen Anteil - dem sog. Incentiv - zusammen. Basis für die Verteilung des Einkommens war ein Jahreseinkommen bei 100 % Zielerfüllung von 123.000,- DM brutto. Hierzu galt folgende Vereinbarung:

"Der jährliche Variable Anteil wird am EBIT Ihres jeweiligen Verantwortungsbereiches gemessen. Ihre Vorgaben und die Abwicklungsweise hierfür wird Ihnen noch gesondert mitgeteilt. Bei Aufgaben- und/oder Funktionswechsel bzw. -wegfall während des Geschäftsjahres erfolgt die Berechnung des Variablen Anteils anteilig. Bei längerer Abwesenheit z.B. in Folge Einberufung zu Wehrübungen, Mutterschutz oder Erziehungsurlaub, besteht kein Anspruch auf Gewährung des Variablen Anteils. Es ist daher möglich, den Variablen Anteil auf Grund von Fehlzeiten zu kürzen."

Ab 1. Oktober 2000 war der Kläger als Leiter des Regionaleinkaufs Ost tätig, wodurch sich sein monatliches festes Vertragseinkommen auf 10.000,- DM und der jährliche variable Anteil auf 30.000,- DM erhöhte.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 27. Dezember 2001 wurde das im Oktober beantragte Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin eröffnet. Diese hatte dem Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 folgende Abrechnung seiner Beteiligung am Incentiv im Geschäftsjahr 2001 "aufgrund der zum 30.09.01 erzielten geschäftlichen Erfolge" erteilt:

Plan Ist Erreichung Incentiv-Anteil davon TDM TDM in % in DM Auszahlung Incentiv DM

EBIT Umsatz 198.701 155.539 78 12.000,00 0,00 Pflichtumsatz Gross Profit 21,1 % 18,5 % 87 9.000,00 0,00 Bestand RC 23.150 17.824 123 9.000,00 27.000,00 Forderungen Streckenumsatz Gesamtauszahlung 27.000,00

Zuvor war der Kläger von der Arbeitgeberin darauf hingewiesen worden, dass die Beklagte anteilig für den dreimonatigen Insolvenzgeldzeitraum drei Zwölftel des fälligen Incentiv übernehmen werde, während die restlichen neun Zwölftel als Forderung zur Tabelle anzumelden seien. Dementsprechend wurde dem Kläger das für die Zeit vom 1. Oktober bis 26. Dezember 2001 ausstehende monatliche feste Vertragseinkommen sowie anteiliges Incentiv in Höhe von 6.750,- DM als Insolvenzgeld über eine vorfinanzierende Bank ausgezahlt.

Mit Schreiben vom 7. Januar 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung weiteren Insolvenzgeldes mit der Begründung, das gesamte Incentiv sei im November 2001 fällig gewesen. Nachdem der Insolvenzverwalter der Beklagten bestätigt hatte, dass die arbeitsvertragliche Regelung des Incentiv für Führungskräfte ausdrücklich eine anteilige Zahlung der Sondervergütung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsehe und eine Auszahlung im Insolvenzgeldzeitraum daher nur anteilig für drei Monate möglich sei, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid des Arbeitsamtes Nürnberg vom 24. April 2002 lediglich weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 146,79 EUR zur Abgeltung von Telefonkosten im Monat November 2001. Nachdem sein dagegen gerichteter Widerspruch von der Beklagten mit Bescheid vom 11. Juli 2002 als unbegründet zurückgewiesen worden war, weil alle berücksichtigungsfähigen Entgeltansprüche im Insolvenzgeldzeitraum im Rahmen einer Vorfinanzierung bereits bezahlt worden seien, hat der Kläger sein Begehren mit der am 30. Juli 2002 erhobenen Klage weiterverfolgt und geltend gemacht, eine anteilige Zahlung werde der vertragsmäßigen Ausgestaltung mit seiner Arbeitgeberin nicht gerecht. Der Arbeitsvertrag und die Vereinbarung über den variablen Gehaltsbestandteil vom 25. Mai 2001 für das Geschäftsjahr 2000/2001 (1. Oktober 2000 bis 30. September 2001) lege ausdrücklich fest, dass die Vergütung des Incentiv erst ab 91 % des erreichten Zieles, und zwar im Dezember des Jahres zu erfolgen habe. Ohne Zielerreichung hätte die Vergütung somit vollständig entfallen können. Die Arbeitgeberin habe ihm jedoch mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 ausdrücklich eine Gesamtzahlung von 27.000,- DM bestätigt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 3. Dezember 2002 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtmäßig. Dem Kläger stehe im Rahmen des Insolvenzgeldes der begehrte Incentiv-Anteil von 10.353,66 EUR nicht zu. Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III hätten Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt gewesen seien und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hätten. Der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens begrenzte Insolvenzgeldzeitraum laufe hier vom 27. September bis 26. Dezember 2001. In diesem Zeitraum habe die Arbeitgeberin ein Incentiv des Klägers für den Zeitraum vom 1. Oktober 2000 bis 30. September 2001 in Höhe von 27.000,- DM anerkannt. Der Insolvenzverwalter habe für den Insolvenzgeldzeitraum davon drei Zwölftel entsprechend 6.750,- DM anerkannt, was für den Kläger ausgesprochen großzügig sei. Das Incentiv sei nämlich von ihm im Insolvenzgeldzeitraum fast überhaupt nicht erarbeitet worden, da es sich auf das am 30. September 2001 endende Geschäftsjahr 2000/2001 beziehe, von dem nur die Tage vom 27. bis 30. September 2001 in den Insolvenzgeldzeitraum fielen. Die Kammer sehe mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur "Superprovi-sionsprämie" (Urteil vom 9. Dezember 1997 - 10 ArR 5/97 -) die Regelung über den variablen Anteil des Arbeitsentgelts als eine nachträgliche Vergütung für die gesamte Arbeitsleistung des Kläger im Geschäftsjahr an. Danach sei eine höhere Gewährung als drei Zwölftel dieses Arbeitsentgeltanteils im Rahmen des Insolvenzgeldes nicht möglich.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18. Dezember 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Januar 2003 eingegangene Berufung des Klägers. Dieser ist unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiterhin der Auffassung, dass das Incentiv in voller Höhe beim Insolvenzgeld zu berücksichtigen sei. Die Arbeitgeberin habe ihm die Zahlung in Höhe von 27.000,- DM ausdrücklich zugesagt, die ohne deren Insolvenz im November bzw. Dezember 2001 vollständig erfolgt wäre. Es sei unzutreffend, dass das Incentiv täglich verdient werde mit der Folge, dass die Beklagte eigentlich nur die Tage vom 27. bis 30. September 2001 anteilig hätte berücksichtigen müssen. Es sei auch nicht wie eine monatliche Zusatzzahlung zu verstehen, die aus irgendwelchen Gründen nur einmal im Jahr gezahlt werde. Die Beklagte und das Sozialgericht hätten nicht berücksichtigt, dass das Incentiv nach Maßgabe der entsprechenden Vergütungszusagen nur dann fällig geworden sei, wenn er einen entsprechenden Umsatz in dem Jahreszeitraum erwirtschaftet hatte. Dieser Umsatz habe aus einem einzigen Geschäft an einem einzigen Tag bestehen, aber auch über Monate verteilt sein können. Ob er den erforderlichen Umsatz am ersten oder am letzten Tag des Geschäftsjahres erwirtschafte, sei im Ergebnis gleich. Erreiche er den notwendigen Mindestumsatz, habe er Anspruch auf das Incentiv, wenn nicht, bekomme er keinerlei Zahlungen. Aus diesem Grunde sei das vom Sozialgericht zitierte Urteil des Bundessozialgerichts mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, denn dort sei die Sonderzahlung nach Maßgabe des einschlägigen Tarifvertrages in Abhängigkeit von der jeweiligen Beschäftigungsdauer als einmalig gezahlte Provision zum Ausgleich für monatliche Tätigkeit anzusehen gewesen. Die Formulierung in seinem Arbeitsvertrag, auf die sich der Insolvenzverwalter gestützt habe, beziehe sich nach Sinn und Zweck nicht auf sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, sondern - zu seinem Schutz - nur auf eine Änderung seines Aufgaben- und Funktionsbereiches innerhalb seiner damaligen Arbeitgeberin, damit sich diese nicht etwa durch seine Versetzung vor Ablauf eines Geschäftsjahres und Erreichen des vorgegebenen Mindestumsatzes ihrer Zahlungsverpflichtung entziehen könne. Bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses, aus welchem Grunde auch immer, sei das Incentiv nur dann zu zahlen gewesen, wenn bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Umsatz erwirtschaftet worden sei. Das sei bei ihm exakt der Fall gewesen, was die Arbeitgeberin mit der Zusage der Zahlung des Incentiv in Höhe von 27.000,- DM ausdrücklich bestätigt habe. Dieses müsse deshalb auch in voller Höhe beim Insolvenzgeld berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 24. April 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2002 zu verpflichten, ihm weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 10.353,66 EUR nebst 5 % Zinsen über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 21. Januar 2002 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Argumentation des Klägers, dass es letztendlich vom Zufall abhängig sei, ob das Incentiv erst am letzten Tag oder bereits am ersten Tag des Zeitraumes der Umsatzbearbeitung erzielt werde, sei nicht überzeugend. Bereits die Benennung "Incentiv" belege in nicht zu überbietender Deutlichkeit, dass die Leistung - abgesehen von einem absoluten Ausnahmefall - nicht innerhalb weniger Tage durch entsprechende Umsatzerzielung zu erreichen sei. Anderenfalls wäre die Leistungszusage auch widersinnig, denn was sich innerhalb weniger Tage ohne "Ansporn" erzielen lasse, bedürfe keiner gesonderten Prämierung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Betriebsakte der Arbeitgeberin haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige, weil offensichtlich nicht durch Tatbestände im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossene Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das erstinstanzliche Urteil beurteilt die Sach- und Rechtslage zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, denn ihm steht weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 10.353,66 EUR (entsprechend 20.250,- DM) zur Abgeltung des restlichen Incentiv nicht zu.

Nach § 183 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie bei Eintritt eines der drei aufgeführten Insolvenzereignisse für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Das Insolvenzgeld soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur die Ansprüche auf Arbeitsentgelt sichern, die im Insolvenzgeldzeitraum entstanden, d.h. erarbeitet worden sind (vgl. Gesetzeswortlaut: Ansprüche auf Arbeitsentgelt "für" die vorausgehenden drei Monate). Für jede Form des Arbeitsentgeltes ist daher zu prüfen, ob es in diesem Sinne zeitlich dem Insolvenzgeldzeitraum zuzuordnen ist (Roeder in Niesel, SGB III 1998, § 183 Rdnr. 36 ff.; BSG SozR 4100 § 141 b Nr. 26 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zur vergleichbaren Vorgängernorm im AFG). Wann ein Entgeltanspruch fällig oder bezifferbar ist, ist in diesem Zusammenhang allein in der Regel ohne Belang, da die Beteiligten sonst die Möglichkeit hätten, bei nahender Insolvenz Fälligkeitstermine zulasten der Insolvenzversicherung zu ändern. Maßgebend ist vielmehr, ob die jeweilige Leistung einem Zeitraum des Erarbeitens oder einem bloßen Zeitpunkt zuzuordnen ist, und ob diese jeweils innerhalb oder außerhalb des Insolvenzgeldzeitraumes liegen. Dies ist anhand der das betreffende Arbeitsverhältnis regelnden einzel- und tarifvertraglichen Bestimmungen festzustellen (vgl. Roeder a.a.O. Rdnr. 38 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen war das hier in Rede stehende Incentiv allenfalls - wie geschehen - zu drei Zwölfteln in die Berechnung des Insolvenzgeldes für den Kläger einzubeziehen. Unstreitig ist das dem Kläger arbeitsvertraglich als variabler Gehaltsanteil zustehende Incentiv Arbeitsentgelt im Sinne der Insolvenzversicherung, denn darunter fallen alle Leistungen des Arbeitgebers, die eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellen (Roeder a.a.O. Rdnr. 37 m.w.N.). Ausgehend von dem hier das Insolvenzereignis darstellenden Beschluss des Amtsgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 27. Dezember 2001 erstreckt sich der Insolvenzgeldzeitraum auf die Zeit vom 27. Oktober bis 26. Dezember 2001. Allein aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 6. und 17. Dezember 2001 - also während des Insolvenzgeldzeitraumes - eine Beteiligung des Klägers am Incentiv in Höhe von 27.000,- DM anerkannt hat, kann dieser keinen Anspruch auf Berücksichtigung des vollen Betrages beim Insolvenzgeld herleiten. "Erarbeitet" hat der Kläger den Anspruch auf dieses Incentiv ganz überwiegend außerhalb des Insolvenzgeldzeitraumes, nämlich im vorhergehenden, am 30. Septem-ber 2001 endenden Geschäftsjahr, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat.

Nicht ganz zu Unrecht beanstandet der Kläger allerdings, dass das von der Kammer zur Stützung ihrer Rechtsauffassung zitierte Urteil des BSG vom 9. Dezember 1997 - 10 RAr 5/97 - einen anderen Sachverhalt betrifft. Das ist insofern richtig, als im dortigen Fall eine im Konkursausfallgeldzeitraum fällige Jahressonderzahlung (13. Monatseinkommen) zu beurteilen war, die nach den zugrunde liegenden tarifvertraglichen Regelungen monatlich erarbeitet wurde und deshalb dem Lohn des Monats hinzuzurechen war, für den sie bestimmt war. Immerhin enthält dieses Urteil aber folgende grundsätzliche Ausführungen, die im Kern auch für den vorliegenden Fall Geltung beanspruchen:

"Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG richtet sich die Zuordnung einer im Kaug-Zeitraum fällig gewordenen tarifvertraglich vereinbarten Sonderzahlung danach, ob aus dem TV zu entnehmen ist, dass sich die Sonderzahlung den Monaten des gesamten Jahres oder dem Monat zuordnen lässt, in dem die Zahlung fällig wurde (BSG SozR 4100 § 141 Nrn. 8, 40, 42; SozR 3-4100 § 141 Nr. 1). Lässt sich eine Zuordnung zu den einzelnen Monaten des Jahres nicht vornehmen, und wird die Sonderzahlung im Kaug-Zeitraum fällig, ist sie beim Kaug in voller Höhe zu berücksichtigen. Umgekehrt wirkt sich die Sonderzahlung nicht erhöhend aus, wenn bei dieser Variante der Fälligkeitszeitpunkt außerhalb des Kaug-Zeitraums liegt. Lässt sich dem TV dagegen entnehmen, dass die Jahressonderzahlung Entgelt für die das ganze Jahr über geleistete Arbeitsleistung ist (z.B. wenn die Sonderzahlung bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis anteilig geleistet wird), dann ist die Sonderzahlung anteilig (d.h. zu einem Zwölftel je Monat bei Jahresonderzahlungen, für den Kaug-Zeitraum von drei Monaten also zu 3/12) bei der Festsetzung des Kaug zu berücksichtigen, unabhängig davon, wann nach dem TV die Jahressonderzahlung fällig wurde."

Wie sich aus dem Zusammenhang in den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen ergibt, hat sich das Sozialgericht aber gar nicht auf dieses Urteil berufen wollen, sondern auf die zum Az.: - 10 RAr 3/94 - ergangene Entscheidung des BSG vom 9. Mai 1995, die auf der zitierten Seite 7 des amtlichen Abdruckes Ausführungen zur konkursausfallgeldrechtlichen Bewertung einer "Superprovisionsprämie" enthält. Diese war einem Verkäufer von Fertighäusern zusätzlich zu den Provisionen für jeden einzelnen Hausverkauf bei Erreichen bestimmter Fallzahlen rückwirkend für alle Verkäufe des Kalenderjahres zugesagt worden, was das BSG als nachträgliche Vergütung für dessen gesamte Arbeitsleistung im Kalenderjahr bewertet hat, die beim Konkursausfallgeld im Hinblick auf den auch dort relevanten Drei-Monatszeitraum nur zu drei Zwölfteln zu berücksichtigen war.

Die vorliegende Fallkonstellation ist damit durchaus vergleichbar: Das dem Kläger arbeitsvertraglich zustehende Incentiv war als "jährlicher variabler Anteil" seines Gehaltes definiert, das sich am Jahresumsatz seines Verantwortungsbereiches unter Berücksichtigung von konkreten Zielvorgaben und tatsächlichem Geschäftserfolg orientierte. Zwar ist theoretisch denkbar, dass der dem Kläger vorgegebene Umsatz mit nur einem einzigen Geschäft erzielt werden konnte. Die vertragliche Ausgestaltung des Incentiv ging aber offensichtlich davon aus, dass der angepeilte Umsatz über ein ganzes, jeweils die Kalendermonate Oktober bis September umfassendes Geschäftsjahr verteilt erreicht werden sollte. Dies ergibt sich aus der jährlichen Abrechnung zum Stichtag 30. September und der Auszahlung des Incentiv nach Beendigung des Geschäftsjahres sowie aus der vertraglichen Klausel, dass bei Veränderungen oder Wegfall der Aufgaben im Geschäftsjahr oder längerer Abwesenheit das Incentiv nur anteilig oder gar nicht zu zahlen war. Die Behauptung des Klägers, dass sein Incentiv ohne zeitlichen Bezug ausschließlich vom Umsatz abhängig war und gar nicht gezahlt wurde, wenn er die Vorgaben nicht erfüllte, ist unzutreffend, wie die ihm erteilte Abrechnung vom 17. Dezember 2001 erweist, denn obwohl der Kläger die Umsatzvorgaben für das Geschäftsjahr 2000/2001 nicht erfüllt hat, wurde ihm das Incentiv - anteilig - zuerkannt, nämlich in Höhe von 27.000,- DM statt der bei voller Zielerfüllung zugesagten 30.000,- DM. Mit diesem anerkannten Zahlungsanspruch, vom Arbeitgeber ausdrücklich als "variabler Gehaltsbestandteil für das Geschäftsjahr 2000/2001" bezeichnet, war mithin vertragsgemäß offensichtlich eine nachträgliche Vergütung für die gesamte Arbeitsleistung des Klägers im abgeschlossenen Geschäftsjahr beabsichtigt, das vom 1. Oktober 2000 bis zum 30. September 2001 lief. Da davon nur vier Tage im hier maßgebenden Insolvenzgeldzeitraum liegen, war der Ausgleich von drei Zwölfteln des Incentiv durch das von der Beklagten gewährte Insolvenzgeld für den Kläger nicht nur ausgesprochen großzügig, wie das Sozialgericht es formuliert hat, sondern im Wesentlichen rechtswidrig. Für darüber noch hinausgehende Ansprüche fehlt es offensichtlich an jeder Rechtsgrundlage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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