L 2 RA 204/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 748/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 204/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 07. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeit vom 15. September 1969 bis 24. Januar 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der im ...1944 geborene Kläger ist Hochschulingenieur (Urkunde der Technischen Hochschule O. G. M. vom 16. Oktober 1969, Bestätigung dieser Hochschule vom 18. März 1975).

Vom 15. September 1969 bis 18. September 1979 arbeitete er als technischer Mitarbeiter bzw. Konstrukteur beim VEB Ingenieurbüro Schiffbau und beim VEB Kombinat Schiffbau, vom 15. Oktober 1979 bis 31. Dezember 1980 als Leiter der Instandhaltung (Mechaniker Elektrostahlwerk) beim VEB Stahl- und Walzwerk B., vom 01. Januar 1981 bis 31. Dezember 1988 als Technischer Mitarbeiter und Konstrukteur beim VEB Kombinat Schiffbau und vom 01. Januar 1989 bis 24. Januar 1990 als Projektierungsingenieur beim VEB Schiffswerft N ... Am 27. Januar 1990 siedelte der Kläger von der DDR in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er am 30. Juni 1990 ebenfalls eine ingenieurtechnische Tätigkeit ausübte.

Zum 01. Januar 1974 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete Beiträge nur für das Einkommen bis 1.200 Mark monatlich bzw. 14.400 Mark jährlich.

Nachdem der Kläger geltend gemacht hatte, dass er über einen Abschluss als Diplomingenieur verfüge, erteilte die Beklagte den Bescheid vom 07. Juni 2002, mit dem sie die Feststellung der Zugehörigkeit zur AVtI vom 01. Oktober 1969 bis 24. Januar 1990 ablehnte. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger darauf hinwies, dass er im Juni 1990 in der Bundesrepublik Deutschland eine ingenieurtechnische Tätigkeit ausgeübt habe und die Nichtberücksichtigung daher einen Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) begründe, wies die Beklagte mit dem am 19. November 2002 als Einschreiben zur Post aufgegebene Widerspruchsbescheid vom 07. November 2002 zurück: Da im Juni 1990 im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung mehr ausgeübt worden sei, sei der Kläger nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen.

Dagegen hat der Kläger am 12. Dezember 2002 beim Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben und vorgetragen:

Er habe eine Versorgungsanwartschaft erworben, denn er sei berechtigt, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur zu führen, und habe zudem eine Tätigkeit als Ingenieur vom 15. September 1969 bis 24. Januar 1990 ausgeübt. Diese sei mit der Ausreise aus der DDR nicht erloschen. Sollte derartiges vorgesehen gewesen sein, gelte der Verlust gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) als nicht eingetreten. Ein zulässiger Grund für das Erlöschen der Anwartschaft sei nicht ersichtlich. Vielmehr würde dem Kläger aus seinem Übertritt, mit dem er letztlich zum Zusammenbruch der DDR und zur beschleunigten Wiedervereinigung beigetragen habe, ein nicht hinnehmbarer Nachteil entstehen. Unwesentlich sei, dass seine Zugehörigkeit zu DDR-Zeiten nicht ausdrücklich festgestellt worden sei. Es sei auch nicht ersichtlich, woher die Beklagte die Maßgeblichkeit des Stichtages (30. Juni 1990) herleite.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Definition des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG eine konkrete Versorgungszusage zu Zeiten der DDR voraussetze.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07. Juli 2003 abgewiesen: Am 30. Juni 1990 habe der Kläger keine berufliche Tätigkeit in einem DDR-Betrieb ausgeübt, für den das Zusatzversorgungssystem der AVtI eingeführt gewesen sei. Er sei am 30. Juni 1990 in der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen. Die AVtI habe sich nicht auf die alte Bundesrepublik Deutschland, sondern nur auf die ehemalige DDR erstreckt. Dem entspreche auch § 1 der Verordnung über die Neureglung von Ansprüchen auf zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz vom 01. März 1962 (GBl DDR II 1962, 116), nach dem in den Kreis der Versorgungsberechtigten auf zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz nur Personen hätten einbezogen werden können, die ihren ständigen Wohnsitz in der DDR gehabt hätten. Dies habe nicht für bereits abgeschlossene Versorgungsverträge gegolten. Einen abgeschlossenen Versorgungsvertrag habe der Kläger jedoch nicht. Insofern sei die Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG auf den Kläger nicht möglich. Gemäß dieser Norm gelte ein Verlust als nicht eingetreten, soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorgesehen hätten. Der Verlust einer Anwartschaft habe das konkrete Bestehen der Anwartschaft vorausgesetzt. Eine konkrete Versorgungszusage habe jedoch nicht vorgelegen. Soweit der Kläger Beispiele für eine Verletzung des Art. 3 GG anführe, machten diese Beispiele die Unterschiedlichkeit der Fälle deutlich. Der geltend gemachte Anspruch sei individuell zu prüfen. Individuell sei der Kläger jedoch am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem volkseigenen Betrieb oder gleichgestellten Betrieb in der DDR tätig gewesen. Eine Erweiterung des Anwendungsbereiches sei aus bundesrechtlicher Sicht über den Wortlaut der Versorgungsordnung hinaus ausgeschlossen.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 14. Juli 2003 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 13. August 2003 eingelegte Berufung des Klägers.

Er ist der Ansicht, der geltend gemachte Anspruch stehe aus Gründen der Gleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG zu. Es verstoße gegen Art. 3 GG, soweit all diejenigen, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen formal erfüllt hätten, Ansprüche erwerben würden, während all diejenigen, bei denen zu diesem Zeitpunkt diese Voraussetzungen nicht mehr bestanden hätten, davon ausgeschlossen seien. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG biete zur Herstellung der Gleichheit einen ausreichenden Ansatz. Dem Kläger hätte eigentlich am 24. Januar 1990 eine Versorgungszusage erteilt werden müssen. Da auch die allergrößte Mehrheit derjenigen Personen, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen erfüllt hätten, aufgrund der Rechtspraxis der DDR ebenfalls nicht in die AVtI einbezogen worden wären, fehle es an einem sachlichen Anknüpfungspunkt, um dem Kläger den Anspruch zu verweigern.

Der Kläger sei als Mitarbeiter beim VEB Ingenieurbüro Schiffbau ausschließlich als Konstrukteur bzw. Projektierungsingenieur mit erforderlichem Ingenieurstudium tätig gewesen. Dasselbe gelte für seine Tätigkeit als Mechaniker Elektrostahlwerk; dort habe er als Ingenieur für Mechanik gearbeitet. Der Kläger hat verschiedene Arbeitsverträge und andere Unterlagen über seine Beschäftigungen vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 07. Juli 2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. November 2002 zu verpflichten, die Zeit vom 15. September 1969 bis 24. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Der Senat hat vom Amtsgericht Potsdam die Registerakte zum VEB Stahl- und Walzwerk B. und vom Amtsgericht Rostock Registerauszüge bzw. Statuten zum VEB Kombinat Schiffbau bzw. VEB Ingenieurbüro Schiffbau beigezogen. Die Beklagte hat außerdem das Statut des VEB Qualitäts- und Edelstahl Kombinats vom 01. April 1980 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 07. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. November 2002 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 15. September 1969 bis 24. April 1990 und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Der Kläger hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben, denn er erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen - dies trifft jedoch auf die AVtI nicht zu - galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 1).

Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951, 487 - (2. DB zur AVtI-VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand. Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.

War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene, vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.

Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R - und 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R).

Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni 1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R - fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.

Mit der oben genannten Rechtsprechung befindet sich das BSG nicht im Widerspruch zu seinen Urteilen vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R - und 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R. In jenen Urteilen wird zwar nicht auf den 30. Juni 1990 abgestellt. Dies rührt ersichtlich daher, dass bereits durch den Zusatzversorgungsträger jeweils Zeiten der Zugehörigkeit bis zum 30. Juni 1990 festgestellt waren und lediglich um einen vor dem Zeitpunkt der Aushändigung beziehungsweise Gültigkeit der ausgehändigten Urkunde gestritten wurde. Diese Entscheidungen betrafen somit tatsächlich Einbezogene. Allerdings haben diese Urteile zu erheblichen Missverständnissen geführt, die unter anderem zur Folge hatten, dass seitens des Versorgungsträgers - aber auch durch Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit - Zeiten der Zugehörigkeit, insbesondere zur AVtI, entgegen der tatsächlichen Rechtslage festgestellt wurden. Insbesondere die Formulierung, die Typisierung solle immer dann Platz greifen, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt (nicht notwendig noch zum 01. Juli 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei, derentwegen ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem errichtet gewesen sei, ist hierfür maßgebend gewesen. Dabei wurde jedoch verkannt, dass das BSG damit ausschließlich Zeiten von tatsächlich einbezogenen Berechtigten hat erfassen wollen. Über sonstige, nicht einbezogene Berechtigte, die also keinen Versicherungsschein erhalten hatten, hat das BSG mit diesen Urteilen überhaupt nicht entschieden.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, lagen beim Kläger am 30. Juni 1990 nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI vor. Der Senat folgt dem Sozialgericht insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, so dass er von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nach § 1 Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl DDR 1950, 844) - AVtI-VO wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 2. DB zur AVtI-VO galten als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 AVtI-VO Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker.

Den volkseigenen Produktionsbetrieben waren gleichgestellt: Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinenausleihstationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien (§ 1 Abs. 2 2. DB AVtI-VO).

Der Kläger mag zwar am 30. Juni 1990 eine seiner Qualifikation als Hochschulingenieur entsprechende Tätigkeit, nach seinem Schriftsatz vom 26. März 2003 als Projektierungsingenieur/Konstrukteur bei der Firma Grafischer Maschinenbau B.-S., ausgeübt haben. Er war jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einer gleichgestellten Einrichtung der DDR beschäftigt. Er hat daher keine Anwartschaft erworben.
Rechtskraft
Aus
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