L 24 KR 51/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 10 KR 85/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 51/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 963,95 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, wegen einer Krankenhausbehandlung vom 31. Mai bis 05. Juni 2001 an den Kläger 963,45 Euro (1.884,35 DM) zu zahlen.

Der bei der Beklagten krankenversicherte H-J J (Versicherter) befand sich wegen eines Alkholabhängigkeits- und Alkoholentzugssyndroms sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung vom 23. Mai bis 05. Juni 2001 in stationärer Behandlung in der vom Kläger betriebenen Landesklinik T (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachbereich Suchterkrankungen).

Wegen dieser Leiden wurde der Versicherte in der Landesklinik T erstmals vom 17. bis 29. Januar 1999, erneut vom 10. bis 23. September 1999 und nach einer von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 14. Oktober 1999 bis 02. Februar 2000 wegen einer chronischen Phase eines Gamma-Alkoholismus durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 28. November bis 07. Dezember 2000, vom 15. bis 22. Dezember 2000 und vom 02. bis 14. März 2001 behandelt. Im Anschluss an die eingangs genannte stationäre Behandlung erfolgten außerdem vom 09. Juni bis 20. Juni 2001, vom 29. Juni bis 12. Juli 2001 und vom 25. Juli bis 07. August 2001 stationäre Behandlungen in der Landesklinik Twegen dieser Erkrankungen.

Nachdem die Beklagte auf den Kostenübernahmeantrag vom 25. Mai 2001, bei ihr am 15. Juni 2001 eingegangen, mit Schreiben vom 18. Juni 2001 eine Kostenübernahme zunächst bis 30. Mai 2001 erklärt hatte, ging bei ihr am 18. Juli 2001 der Verlängerungsantrag der Landesklinik Teupitz vom 28. Juni 2001 mit der Bitte um Kostenübernahme bis zum 05. Juni 2001 ein, der damit begründet wurde, dass sich infolge des Vorliegens eines erheblichen depressiven Syndroms eine qualifizierte Entzugsbehandlung als kompliziert gezeigt habe, so dass zur Vorbereitung von Rehabilitationsmaßnahmen eine intensivierte Einzel- und Gruppenpsychotherapie erforderlich sei.

Mit Schreiben vom 03. August 2001 lehnte die Beklagte nach Einholung der Stellungnahme der Dr. G des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 17. Juli 2001 den Verlängerungsantrag ab.

Dagegen (und gegen die Nichtbewilligung der Kostenübernahme auch für die Zeiträume vom 29. Juni 12. Juli 2001 und vom 25. Juli bis 07. August 2001) wandte sich die Landesklinik T mit Schreiben vom 10. September 2001 und 29. Oktober 2001 und wies darauf hin, dass sich der Versicherte bis kurz vor der für den 30. Mai 2001 vorgesehenen Entlassung in einem deutlich angespannten destabilen depressiven Zustand befunden habe, weswegen noch tägliche ärztliche Visiten notwendig gewesen seien, so dass eine ambulante Weiterbehandlung nicht möglich gewesen sei. Die Behandlung des depressiven Stimmungszustandes sei dringend erforderlich gewesen.

Die Beklagte veranlasste die Gutachten des MDK der Dr. G vom 02. Oktober 2001 und der Ärztin H vom 05. Dezember 2001.

Mit Schreiben vom 09. Januar 2002 teilte die Beklagte mit, dass den Unterlagen nicht zu entnehmen sei, dass bei dem Versicherten am 31. Mai 2001 eine schwere depressive Symptomatik vorgelegen habe, die allein mit den Mitteln des Krankenhauses zu behandeln gewesen sei.

Die Landesklinik T übersandte daraufhin die Schluss-Rechnung vom 28. Januar 2002 über insgesamt 963,45 Euro (1.884,35 DM) über die Behandlung vom 31. Mai bis 05. Juni 2001 mit der Aufforderung, den Rechnungsbetrag bis zum 22. Februar 2002 zu bezahlen.

Nachdem die Beklagte dies abgelehnt hatte (Schreiben vom 28. Mai 2002), hat der Kläger am 19. Juli 2002 Klage beim Sozialgericht Cottbus erhoben.

Er ist der Ansicht gewesen, dass wegen der kombinierten Persönlichkeitsstörung eine tägliche Visite nötig gewesen sei. Die Beurteilung der Erforderlichkeit der stationären Krankenhausbehandlung obliege dem Krankenhausarzt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die stationäre Behandlung des Patienten H-J J in der Landesklinik Tdie Kosten in Höhe von 963,45 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Krankenhausarztes durchaus überprüfbar sei. Eine Zahlungspflicht bestehe dann nicht, wenn dessen Entscheidung nach den seinerzeitigen Erkenntnismöglichkeiten nicht vertretbar gewesen sei. Die Entgiftung sei innerhalb von maximal 7 Tagen möglich gewesen. Die weitere Behandlung habe ambulant oder im Wege einer medizinischen Rehabilitation erfolgen können. Die Behandlung einer akuten Erkrankung sei seit dem 31. Mai 2001 nicht erkennbar. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 23. Juli 2002 (B 3 KR 64/01 R), auf die seitens des Gerichts hingewiesen worden sei, sei nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar, da vor Fälligkeit bereits zwei Gutachten des MDK vorgelegen hätten.

Mit Urteil vom 11. Juli 2003 hat das Sozialgericht - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - die Beklagte antragsgemäß verurteilt: Der Zahlungsanspruch folge aus § 18 Abs. 4 Satz 1 Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung für das Land Brandenburg (ABK-Vertrag). Danach bezahle die zuständige Krankenkasse die Rechnungen innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang. Es sei den Krankenkassen somit nicht gestattet, bei beanstandeten Rechnungen lediglich den unbestrittenen Teil der Forderungen gleichsam als Vorschusszahlung unter Zurückbehaltung des bestrittenen Anteils bis zur abschließenden Zahlung zu leisten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 64/01 R). Eine Zahlungspflicht wäre nur zu verneinen, wenn schon nach dem Vorbringen des Klägers von einer medizinisch nicht notwendigen stationären Behandlung auszugehen wäre, was jedoch nicht der Fall sei. Dem stehe auch nicht § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag entgegen, wonach Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden könnten und die Differenzbeträge verrechnet würden. Diese Regelung sei lediglich dahin zu verstehen, dass mit der Zahlung keine Anerkennung der geltend gemachten Forderung verbunden sein solle und die Krankenkasse somit nicht gehindert sei, ihre medizinischen Einwände in einem späteren Rechtsstreit geltend zu machen.

Gegen das ihr am 26. August 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. September 2003 eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie vorträgt:

Der Verweis auf das Urteil des BSG vom 23. Juli 2002 sei unzutreffend, da im Unterschied zu dem vom BSG entschiedenen Fall eine Überprüfung durch den MDK erfolgt sei und aufgrund dessen durch substantiierte Einwände der prima-facies-Beweis zur Notwendigkeit einer stationären Behandlung aufgrund der Entscheidung des behandelnden Arztes erschüttert worden sei. Die Entgiftung des Versicherten sei zum 30. Mai 2001 abgeschlossen gewesen. Die sich anschließende Entwöhnung, also die Beseitigung der psychischen Abhängigkeit, die mehrere Wochen und Monate andauere, sei keine akutbehandlungsbedürftige Erkrankung und somit mittels Rehabilitation durchzuführen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Juli 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Rechtsprechung des BSG auch vorliegend anzuwenden sei. Im Übrigen handele es sich um einen typischen Entzugsfall bei einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Der Versicherte sei bereits in der Vergangenheit mehrfach stationär behandelt worden. Nach der am 17. Mai 2001 erfolgten Entlassung sei es zu einer massiven Verschlechterung mit heftigem Alkoholrückfall bei 15 Flaschen Bier täglich und depressiver Stimmungsauslenkung gekommen, weswegen unstreitig bis zum 30. Mai 2001 Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen sei. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Versicherte medikamentös behandelt worden. Danach habe die stationäre Behandlung der weiteren Stabilisierung gedient. Der Versicherte habe an dem komplexen therapeutischen Stationsprogramm mit Einzelgruppentherapie, Ergotherapie, Musiktherapie, Bewegungstherapie, Milieutherapie, Informationsgruppen etc. teilgenommen. Dieses Programm entspreche dem standardisierten und fachlich gut abgesicherten Vorgehen bei einem qualifizierten Entzug und den Richtlinien der Fachgesellschaften. Zum Zeitpunkt der Aufnahme habe bei dem Versicherten eine massive narzisstische Kränkung in depressiv angespannter Stimmung sowie ein Alkoholrückfall mit vegetativer Entzugssymptomatik vorgelegen. Am 29. Mai 2001 sei in der Chefarztvisite festgestellt worden, dass deswegen eine Behandlung erfolgen müsse, wobei eine deutliche Stabilisierung erst am 04. Juni 2001 eingetreten sei. Die daher am 05. Juni 2001 erfolgte Entlassung habe sich allerdings retrospektiv wohl als noch zu früh erwiesen, da es in der Folge zu einem Rückfall gekommen sei. Die so genannte 7-Tage-Regelung sei willkürlich, denn für einen qualifizierten Entzug sei ein Zeitraum von bis zu drei Wochen sinnvoll. Die medikamentöse Behandlung in den ersten 7 Tagen sei dabei nur ein und nicht der zentrale Therapiebaustein. Es sei vielmehr wichtig, eine Komplexbehandlung psychiatrisch-psychotherapeutischer Natur durchzuführen, denn eine Rehabilitation sei erst dann sinnvoll, wenn der Patient psychisch in der Lage sei, diese durchzuhalten. Dass die Rückfallgefahr des Versicherten erheblich ausgeprägt gewesen sei, zeige sich an den raschen Wiederaufnahmefrequenzen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse und Sozialmedizin Dr. Dr. M vom 14. November 2004.

Nach Ansicht der Beklagten, die sich auf die Stellungnahme der Ärztin H des MDK vom 08. Juni 2005 bezieht, weist das Sachverständigengutachten erhebliche Mängel insofern auf, als die Begutachtung nicht entsprechend der Rechtsprechung des BSG ex ante, sondern zumindest teilweise ex post erfolgt sei. Die Notwendigkeit des Einsatzes der besonderen Mittel des Krankenhauses für die Behandlung des Versicherten sei nicht ersichtlich. So sei aus der Dokumentation des Krankenhausfalles nicht nachvollziehbar, dass bei einer Entlassung in die familiäre Situation mit Sicherheit ein Rezidiv zu erwarten gewesen sei. Eine depressive Episode sei diesen Unterlagen nicht zu entnehmen. Es sei nicht ersichtlich, dass eine intensive

Psychotherapie erfolgt sei.

Der Kläger sieht durch das Gutachten seine Ansicht bestätigt.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 123 bis 137 der Gerichtsakten verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakte der Beklagten () und der Krankenakte des Versicherten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, an den Kläger 963,45 Euro zu zahlen.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2001 und hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen § 18 i. V. m. § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts begründet § 18 Abs. 4 Satz 1 ABK-Vertrag allein den erhobenen Anspruch nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn die Krankenkasse die vertraglich vereinbarte Form der Überprüfung nicht eingehalten hat, der Krankenhausträger sich selbst vertragsgemäß verhalten bzw. eine Vertragsverletzung den mit der Regelung verbundenen Zweck nicht berührt hat und die Krankenkasse vor Fälligkeit keine substantiierten Tatsachen vorgetragen hat, die geeignet waren, den durch die Beurteilung des Krankenhausarztes gegebenen Anscheinsbeweis zu erschüttern (vgl. Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 24. August 2004 - L 4 KR 31/03).

Nach Beendigung der Krankenhausbehandlung wird der zuständigen Krankenkasse in der Regel innerhalb von zwei Wochen eine Schlussrechnung übersandt (§ 18 Abs. 1 Satz 1 ABK-Vertrag). Nach § 18 Abs. 4 Satz 1 ABK-Vertrag bezahlt die zuständige Krankenkasse die Rechnung innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang. Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können nach § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und die Differenzbeträge verrechnet werden.

Es handelt sich bei diesen Vorschriften um "Zahlungsregelungen, " wie dies § 18 ABK-Vertrag in seiner Überschrift ausweist. Damit wird zum einen die Fälligkeit der Zahlung, also der Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann (§ 271 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), geregelt. Fälligkeit tritt danach innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang ein. Zum anderen wird mit dieser Vorschrift sichergestellt, dass mit der zügigen Bezahlung des geforderten Betrages nicht zugleich auch die Anerkennung der Richtigkeit der Rechnung verbunden ist. Die Zahlung bewirkt zwar, dass die Forderung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB erlischt. Sie ist jedoch Leistung unter Vorbehalt mit der Folge, dass die Wirkung des § 814 BGB, wonach das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, ausgeschlossen wird (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Auflage, § 362 Rdnr. 11). Bei Bezahlung der Rechnung der Krankenkasse bereits bekannte, den Zahlungsanspruch ganz oder teilweise ausschließende Sachverhalte kann sie daher ohne Rechtsverlust noch nachträglich einwenden.

Der Wortlaut des § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag erlaubt es der Krankenkasse jedoch grundsätzlich, solche Beanstandungen schon vor Bezahlung der Rechnung geltend zu machen. Dies folgt aus dem Wort "auch", das eine solche Auslegung in Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze zulässt. Eine unbedingte Fälligkeit, die das BSG im Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 10/02 R für den dort entschiedenen Sachverhalt angenommen hat, ist vorliegend wegen des Wortes "auch" nicht gegeben. Auf eine nicht bestehende Forderung muss nicht geleistet werden; Erfüllung einer solchen Forderung kann nicht verlangt werden. Besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass eine Forderung nicht besteht, ist diese Rechtsfolge auch in tatsächlicher Hinsicht unproblematisch. Sind hingegen die Beteiligten unterschiedlicher Auffassung, folgt daraus, dass der eine nicht zahlt und der andere die Durchsetzung ggf. auf prozessualem Wege begehrt. Besteht die Forderung, so führt die Zahlungsverweigerung dazu, dass der Gläubiger Erfüllung der Forderung nicht zeitnah erlangt. Dieses Ergebnis kann jedoch durch Vereinbarung der Beteiligten dadurch ausgeschlossen werden, dass die Zahlung unabhängig von materiell-rechtlichen Einwendungen zunächst erfolgt und der Zahlungspflichtige auf den Weg der Rückforderung verwiesen wird, ohne dass damit zugleich die allgemeinen Beweislastregeln umgekehrt würden. Das heißt der auf Rückzahlung in Anspruch genommene Beteiligte bleibt weiterhin für das Bestehen der Forderung beweisbelastet.

§ 18 Abs. 4 Sätze 1 und 4 ABK-Vertrag schließen schlichte Beanstandungen sachlicher Art vor Bezahlung der Rechnung im Einzelfall aus. Dies folgt durch Auslegung unter Berücksichtigung der Stellung des Krankenhausarztes und der insoweit maßgebenden Regelung des § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag.

Nach § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag findet vorbehaltlich eines Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V, den es im Land Brandenburg nicht gibt, § 276 Abs. 4 SGB V Anwendung. Danach gilt: Wenn es im Einzelfall zu einer gutachterlichen Stellungnahme über die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung des Versicherten erforderlich ist, sind die Ärzte des Medizinischen Dienstes befugt, zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr die Räume der Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu betreten, um dort die Krankenunterlagen einzusehen und, soweit erforderlich, den Versicherten untersuchen zu können.

Die Krankenkasse ist daher gehalten, wenn sie die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung des Versicherten in Zweifel zieht, den MDK einzuschalten. Damit soll sichergestellt werden, dass Beanstandungen sachlicher Art medizinisch fundiert sind. Die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung erfordert medizinischen Sachverstand, den die Krankenkasse regelmäßig nicht hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass entsprechend dem Grundgedanken des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V für die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zunächst die Beurteilung des Krankenhausarztes maßgebend ist. Sie ist prima facie der Beweis für die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten. Wenn die Krankenkasse dessen Beurteilung in Zweifel zieht, folgt daraus noch nicht das Recht, die Zahlung zu verweigern, bis ihre Zweifel ausgeräumt sind. Soweit § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag von Beanstandungen sachlicher Art spricht, sind darunter qualifizierte Beanstandungen, regelmäßig nach Einschaltung des MDK zu verstehen.

Ein Versorgungssystem wie die gesetzliche Krankenversicherung ist zwar nur funktionsfähig, solange es finanzierbar ist, wobei die Aufrechterhaltung des Systems gerade auch durch eine effektive Rechnungsprüfung erreicht wird. Dies gebietet, die Krankenkasse vor unberechtigten Forderungen von Krankenhausträgern zu schützen. Diesem Anliegen kann jedoch ohne weiteres dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass die Krankenkasse sich des Sachverstandes des MDK bedient. Zu beachten ist allerdings in gleichem Maße, dass die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung auch davon abhängig ist, dass leistungsfähige Krankenhäuser vorhanden sind. Ein wirtschaftlicher Betrieb wird hierbei u. a. auch dadurch sichergestellt, dass fällige Forderungen zügig erfüllt werden. Dies setzt insbesondere § 17 Abs. 1 Satz 3 BPflV voraus, wonach eine zeitnahe Zahlung der Pflegesätze an das Krankenhaus zu gewährleisten ist.

Die Einleitung des Verfahrens nach § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag i. V. m. § 276 Abs. 4 SGB V ist spätestens vor der Fälligkeit der geforderten Vergütung notwendig (vgl. auch BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - B 3 KR 11/01 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 2). Um die Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 4 Satz 1 ABK-Vertrag abzuwenden, reicht es nicht aus, ein solches Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit einzuleiten. Erst Recht kann es nicht während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Damit kann der Zweck der Regelung, die Krankenkasse frühzeitig zu veranlassen, medizinisch fundierte Beanstandungen sachlicher Art vorzubringen, nicht mehr erreicht werden. Ob die Regelung in § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag, wonach Beanstandungen sachlicher Art "auch" nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden können, unter Berücksichtigung der o. g. Ausführungen eine Auslegung dahingehend erfordert, dass solche Beanstandungen vor Bezahlung der Rechnung selbst für den Fall ausgeschlossen sein sollen, dass die Krankenkasse gemäß § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag verfahren ist, aber eine gutachterliche Stellungnahme des MDK vor Fälligkeit nicht vorliegt, kann dahinstehen.

Die Krankenkasse ist außerdem gehalten, die nach Einschaltung des MDK gewonnenen substantiierten Tatsachen, die geeignet sind, den durch die Beurteilung des Krankenhausarztes gegebenen Anscheinsbeweis zu erschüttern, vorzutragen. Werden solche Tatsachen nicht rechtzeitig dargetan, bedarf es grundsätzlich keines Beweises dahingehend, dass der Krankenhausarzt vorausschauend (ex ante) hätte erkennen können, dass die bestehenden Gesundheitsstörungen nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, de lege artis, also eine Fehlentscheidung getroffen wurde (BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1). Allerdings kommt eine Beweiserhebung ausnahmsweise gleichwohl in Betracht, wenn das Krankenhaus der Krankenkasse vor Fälligkeit entweder die gesamte Patientenakte, einzelne ärztliche Berichte oder einen zusammenfassenden Bericht übersandte, aus denen sich konkrete Tatsachen dafür ergaben, dass eine Krankenhausbehandlung ganz oder teilweise medizinisch nicht notwendig gewesen sein könnte (BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 10/02 R; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 3/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1).

Der Beklagten ist insoweit kein vertragswidriges Verhalten vorzuwerfen.

Nachdem die Landesklinik Tden Verlängerungsantrag vom 28. Juni 2001 gestellt hatte, veranlasste die Beklagte die Stellungnahme der Dr. G vom 17. Juli 2001. Auf die weiteren mit Schreiben vom 10. September 2001 und 29. Oktober 2001 vorgebrachten Einwände holte sie die MDK-Gutachten der Dr. Gvom 02. Oktober 2001 und des Arztes Haase vom 05. Dezember 2001 ein. Das MDK-Gutachten der Dr. G vom 02. Oktober 2001 wurde dem Kläger zur Kenntnis gebracht. Im Übrigen wurde ihm mit Schreiben vom 09. Januar 2002 mitgeteilt, dass nach dem weiteren MDK-Gutachten des Arztes H vom 05. Dezember 2001 den medizinischen Unterlagen eine schwere depressive Symptomatik nicht zu entnehmen sei.

Die Beklagte hat sich damit unter Einschaltung des MDK die erforderlichen medizinischen Erkenntnisse verschafft, um dem Kläger substantiiert Tatsachen vortragen zu können, die Zweifel an der Beurteilung des Krankenhausarztes über die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung begründen können.

Da somit von der Beklagten nicht lediglich schlichte Beanstandungen sachlicher Art vor Eintritt der Fälligkeit der Rechnung vom 28. Januar 2002 geltend gemacht wurden, hätte das Sozialgericht nicht allein gestützt auf § 18 Abs. 4 Satz 1 ABK-Vertrag die Beklagte verurteilen dürfen.

Vielmehr war es unter den gegebenen Umständen erforderlich, die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung durch Sachverständigenbeweis festzustellen.

Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzvereinbarungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Dabei wird die Vergütungspflicht der Krankenkasse als selbstverständlich vorausgesetzt. Allerdings besteht ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung nur, soweit sie medizinisch notwendig war. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert deshalb mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht daher - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der insoweit notwendigen Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 = BSGE 92, 300; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 = BSGE 86, 166).

Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist hierbei, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und zum anderen zu ihrer Behandlung der Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich ist. Zu diesen Mitteln gehören insbesondere die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw. rufbereiten Arzt. Es ist jedoch weder der Einsatz all dieser Mittel notwendig, noch genügt lediglich eines dieser Mittel, um einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu begründen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Vor allem bei einer psychiatrischen Erkrankung bzw. psychiatrischen Behandlung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R m.w.N.; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Lässt sich demnach eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, ggf. in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V), ferner die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in sonstigen Heimen oder Anstalten (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Maßnahmen dürfen daher insbesondere nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen. Rein pflegerische Maßnahmen, die nicht Teil einer ärztlichen Behandlung sind, lösen einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung ebenso wenig aus. Dasselbe gilt, wenn lediglich das Ziel der Verwahrung zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung infolge Selbst- oder Fremdgefährdung verfolgt wird oder andere nicht medizinische Gründe (soziale oder humanitäre Gründe, insbesondere Fehlen eines geeigneten Pflegeplatzes) maßgebend sind (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R; Urteil vom 21. Oktober 1980 - 3 RK 33/79).

Wie aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ersichtlich wird ("Prüfung durch das Krankenhaus"), bestimmt sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung aus der vorausschauenden Sicht (ex ante) des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt bekannten oder erkennbaren Umstände. Steht die so getroffene Entscheidung nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung und verletzt sie auch keine medizinischen Standards, muss diese Entscheidung hingenommen werden, auch wenn sich im Nachhinein (ex post) diese Entscheidung als fehlerhaft herausstellen sollte. Stehen mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung, so ist dem entscheidenden Krankenhausarzt ein therapeutischer Spielraum einzuräumen, sofern nicht eine bestimmte Behandlungsmethode unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eindeutig den Vorzug verdient. Im Zweifel bleibt die Entscheidung des behandelnden Krankenhausarztes maßgebend, weil er die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung für sein Handeln zu tragen hat (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R m.w.N.; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 21. August 1996 - 3 RK 2/96, abgedruckt in SozR 3-2500 § 39 Nr. 4).

Werden diese Grundsätze herangezogen, erweist sich die vom 31. Mai bis 05. Juni 2001 erfolgte Krankenhausbehandlung als notwendig. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Dr. M.

Nach diesem Sachverständigen bestanden beim Versicherten eine schwer verlaufende Alkoholkrankheit sowie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, die der depressiven Symptomatik zugrunde lag.

Nach der Dokumentation in der Krankenakte des Versicherten war sein Vater ebenfalls Alkoholiker und neigte zu gewaltsamen Übergriffen. Durch Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten war der schulische Weg erschwert. Wegen dieser sehr belastenden Umstände in der Kindheit entwickelte der Versicherte eine ausgeprägte narzisstische Persönlichkeitsstörung. Der Versicherte blieb im Kern seines Selbstgefühls dauerhaft verunsichert, labil und überaus empfindlich für Kränkungen, Zurücksetzungen, Misserfolgserlebnisse etc. Kompensatorisch dazu entwickelte er, wie für dieses Störungsbild charakteristisch, ein Selbstkonzept, das von latenten Größenvorstellungen im Bezug auf sein persönliches Vermögen, seine Begabungen und seine expansiven Möglichkeiten geprägt ist. Dadurch gelang es ihm, eine gewisse Stabilität zu entwickeln. Der 1997 erlittene Bruch des linken Unterarmes und der in der Folge eingetretene Verlust des Arbeitsplatzes löste beim Versicherten eine schwerwiegende narzisstische Krise aus. Sein hochgestelltes Selbstkonzept war mit seiner realen Situation als Arbeitsloser nicht in Einklang zu bringen. Dies führte zu zunehmenden Konflikten. Die innere affektive Anspannung und die unsozialen Konflikte erreichten ein Ausmaß, das für den Versicherten unerträglich wurde. In dieser Situation entwickelte er innerhalb relativ kurzer Zeit aus seinem bisher gemäßigten Alkoholkonsum einen massiven Alkoholmissbrauch, der zum 17. Januar 1999 erstmals zu einer stationären Entzugsbehandlung führte. Eine dauerhafte Alkoholkarenz konnte jedoch nicht erreicht werden, weswegen am 10. September 1999 eine weitere Entzugsbehandlung und im Anschluss daran vom 14. Oktober 1999 bis 02. Februar 2000 eine Alkoholentwöhnungsbehandlung durchgeführt wurden. Gleichwohl kam es anschließend ab 28. November 2000 zu mehreren weiteren Entzugsbehandlungen in immer kürzeren Abständen. Nach dem Sachverständigen Dr. Dr. Mbildete sich angesichts dessen der Eindruck eines regelrechten "Drehtürsyndroms", wie es in der Behandlung einer schwer verlaufenden Alkoholkrankheit nicht selten ist. Zu einer solchen Einschätzung musste auch der Krankenhausarzt bei der am 23. Mai 2001 erfolgten erneuten Aufnahme gelangen, nachdem der Versicherte zuletzt erst am 17. Mai 2001 aus einer Entgiftungsbehandlung entlassen worden war.

Der Sachverständige Dr. Dr. M hat außerdem darauf hingewiesen, dass während der vorangegangenen stationären Entzugsbehandlungen und auch jeweils im Anschluss daran eine weiterführende psychotherapeutische Intervention bezüglich der narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die gravierend und jeweils Grund für das Scheitern der Behandlungsversuche hinsichtlich der Alkoholkrankheit war, nicht zu Stande kam. Selbst während der Alkoholentwöhnungsbehandlung ließen, so der Sachverständige, die Bedingungen der schweren Persönlichkeitsstörung einen nachhaltigen Effekt der psychotherapeutischen Bemühungen nicht zu. Die Krankenhausärzte durften daher zutreffend auch vom Vorliegen einer ausgeprägten, therapeutisch bisher im Wesentlichen unbehandelten Persönlichkeitsstörung ausgehen.

Dies war für sie insbesondere den in der Patientenakte enthaltenen Epikrisen über vorangegangene stationäre Behandlungen zu entnehmen.

Nach der Epikrise vom 17. Februar 1999 wird folgender psychischer Aufnahmebefund mitgeteilt: Der Affekt war dysphorisch gereizt, innerlich unruhig, deprimiert, ängstlich, ratlos bei verminderter affektiver Schwingungsfähigkeit, Antrieb und Intensionsbildung waren herabgesetzt. Bei Entlassung zeigte sich ein agitiert depressives Zustandsbild, gekennzeichnet durch gedrückte Stimmung, Freudlosigkeit, Minderung des Antriebs, Minderung der Konzentration, vermindertem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühlen. Diese Symptomatik ist im Rahmen der Persönlichkeit mit vorwiegend zwanghaften depressiven Merkmalen, des Weiteren im Rahmen der akuten Belastungssituation anzusehen.

In der Epikrise vom 28. September 1999 wird der Aufnahmebefund wie folgt beschrieben: Inhaltlich wurden Schamgefühle deutlich. Der Affekt war dysphorisch gereizt, depressiv, innerlich unruhig. Es bestanden Insuffizienzgefühle und eine verminderte affektive Schwingungsfähigkeit. Der Antrieb war vermindert. Zum Verlauf ist mitgeteilt, dass der Versicherte während der Psychotherapiegespräche seine Verunsicherung darüber erklärt, ob er bis zur Entwöhnungsbehandlung abstinent bleibt.

Nach dem Entlassungsbericht der F-KM vom 24. Februar 2000 wird der Gamma-Alkoholismus in der chronischen Phase vor den Hintergrund einer narzisstischen Persönlichkeit mit zwanghaften Anteilen bewertet, wobei die Mittel bzw. langfristige Prognose aufgrund der hohen Schambesetzung und des hohen narzisstischen Kränkungspotentials des Versicherten als äußerst fraglich angesehen wurde. Obwohl sich der Versicherte selbst als alkoholabhängig beschrieben habe, sei es ihm nicht möglich gewesen, sich zu seiner Alkoholkrankheit und einer entsprechenden Abstinenz zu entschließen, da dies für ihn ein zu großes Versagen bedeutete.

Nach der Epikrise vom 04. Januar 2001 bestand folgender Aufnahmebefund: subdepressive Stimmungslage, starke Scham- und Schuldgefühle bezüglich der Alkoholkrankheit, narzisstisch-zwanghaft betonte Persönlichkeitsstruktur. Zum Verlauf ist angegeben: Im Rahmen des Stationsablaufes und während der Einzel- und Gruppengespräche wurde eine noch deutliche Ambivalenz des Versicherten gegenüber seiner Alkoholkrankheit und der Behandlungsbedürftigkeit deutlich. Er hatte starke Schuldgefühle wegen des erneuten Rückfalls und sah diesen als persönliches Versagen an. Als Abwehr seiner narzisstischen Kränkung wertete er immer wieder, teilweise unbewusst, die Therapie und seine Mitpatienten ab, wobei er dies auch reflektieren konnte. Kurz nach Entlassung wurde er wegen Rückfälligkeit wieder zur Entgiftung aufgenommen. Anfangs wirkte der Versicherte sehr niedergeschlagen und sah sich als alkoholkrank an. Im weiteren Verlauf schien er sich über eine Abwertung einiger seiner Mitpatienten stabilisiert zu haben und schwankte wieder bezüglich seiner Krankheitseinsicht.

In der Epikrise vom 24. April 2001 wird der psychopathologische Aufnahmebefund wie folgt bezeichnet: Stimmung subdepressiv, dysphorisch, affektiv vermindert, verminderter Antrieb, im Kontaktverhalten misstrauisch, Krankheitseinsicht und Behandlungsmotivation ambivalent. Im Verlauf wurde deutlich, dass der Versicherte die Alkoholkrankheit für sich schwer annehmen kann und sich massive Schuldvorwürfe macht. Bei den vorangegangenen Aufenthalten sehr abwertend dem Personal und dem therapeutischen Angebot gegenüber erschien der Versicherte diesmal etwas aufgeschlossener.

Bei Aufnahme am 23. Mai 2001 wird folgender psychischer Befund erhoben: Antrieb vermindert, Stimmung depressiv, schamhaft, deutlich abwertende Tendenzen, narzisstische Persönlichkeitsstörung.

Wenn nach dem Sachverständigen Dr. Dr. M daraus die ärztliche Erkenntnis abzuleiten ist, dass die Schwierigkeit, einen psychotherapeutischen Zugang zu finden, in der narzisstischen Konfliktproblematik des Versicherten begründet ist, also entgegen der Ansicht der Beklagten kein typischer Fall der Behandlung eines Entzugssyndroms bestanden hat, erscheint dies nach alledem nachvollziehbar. Dies gilt auch, soweit der Sachverständige Dr. Dr. M es als fachlich folgerichtig angesehen hat, nach Abklingen des Entzugssyndroms durch intensivere psychotherapeutische Einflussnahme die notwendige Krankheitseinsicht und Behandlungsmotivation zu entwickeln. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, hatte der Versicherte im Rahmen der Akutbehandlung seine erste Unterstützung und wirksame Hilfe in der persönlichen Krise und der akuten Intoxikation erfahren, so dass es daran anknüpfend einen Ansatz für persönliche Beziehungen zwischen den Ärzten und dem pflegerischen Personal, insbesondere Psychotherapeuten, gab, um eine wirksame Einflussnahme auf den Versicherten ausüben zu können. Der Senat vermag daher nicht zu erkennen, dass die von den Krankenhausärzten in dieser Situation einer untypischen, weil vom Regelfall erheblich abweichenden Krankheitsentwicklung, getroffene Entscheidung aus ärztlicher Sicht unvertretbar war. Die Annahme eines raschen Rezidivs ohne weitere Krankenhausbehandlung war angesichts der bisherigen Entwicklung nahe liegend.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass, wie von der Beklagten unter Hinweis auf die MDK-Gutachten der Ärztin H vom 05. Dezember 2001 und vom 08. Juni 2005 vorgetragen, eine schwere depressive Symptomatik den Behandlungsunterlagen nicht zu entnehmen ist. Wie der Sachverständige Dr. Dr. M dargelegt hat, ist nicht diese depressive Symptomatik, sondern die zugrunde liegende narzisstische Persönlichkeitsstörung maßgebender Grund für die Schwierigkeit des Behandlungsverlaufs.

Wenn die Krankenhausärzte davon ausgegangen sind, dass eine ambulante Behandlung nicht ausreichend sein wird, ist dies nach dem Sachverständigen Dr. Dr. M angesichts der angespannten familiären Atmosphäre, der ungesicherten sozialen Umstände, der Abfolge der Rückfallserie und insbesondere auch deswegen schlüssig, weil dies für den Versicherten erneut mit dem Eingeständnis des Versagens verbunden gewesen wäre, so dass bereits die Kontaktaufnahme zu einem Vertragsarzt als erheblich erschwert angesehen werden musste. Es erscheint daher nicht ausreichend, wie in der Stellungnahme der Ärztin H des MDK vom 08. Juni 2005 ausgeführt, allein die - sicherlich sehr dürftigen - Aufzeichnungen über den streitigen Krankenhausaufenthalt heranzuziehen, um die von den Krankenhausärzten damals vorzunehmende Prognose beurteilen zu können. Bereits die Epikrisen über die vorangegangenen Krankenhausaufenthalte vom 24. April 2001 und vom 04. Januar 2001 enthalten deutliche Hinweise darauf, dass der Versicherte unter erheblichem Druck seiner Ehefrau stand, die bereits mit Trennung gedroht hatte. Dass dieser Zustand fortbestand, ist allerdings auch in den o. g. Aufzeichnungen selbst, wenn auch nur einmalig, worauf in der Stellungnahme der Ärztin Hvom 08. Juni 2005 abgestellt wird, mit dem Vermerk auf "Ärger gegenüber der kontrollierenden Ehefrau" dokumentiert. Angesichts der Vorgeschichte erscheint es daher nicht unvertretbar, entgegen der Stellungnahme der Ärztin H des MDK

von einer besonders problematischen Beziehungssituation auszugehen, die eine Rückfallsituation erwarten ließ.

Auch die Beklagte ist wohl zumindest ursprünglich der Auffassung gewesen, dass eine ambulante Behandlung nicht ausreichend war, denn sie hat auf die Durchführung einer medizinischen Rehabilitation verwiesen.

Eine solche Maßnahme war jedoch nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. Dr. Mebenfalls bis zum Abschluss der stationären Behandlung am 05. Juni 2001 noch nicht indiziert. Eine rehabilitative Behandlung kann erst beginnen, wenn der Versicherte die notwendige Krankheitseinsicht und Behandlungsmotivation hat. Gerade zu diesem Zweck sollte die weitere Krankenhausbehandlung beitragen. Die Krankenhausärzte durften insbesondere davon ausgehen, dass dem Versicherten die nötige Krankheitseinsicht noch fehlte. Wenn in der Stellungnahme der Ärztin H vom 08. Juni 2005 dargelegt ist, der Versicherte habe von Beginn an einer Wiederholungs-Entwöhnungsbehandlung nicht ablehnend gegenüber gestanden, wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass Grund hierfür eher das Drängen seiner Ehefrau war (vgl. so schon Entlassungsbericht der Fontane-Klinik Motzen vom 24. Februar2000, aber auch Epikrise vom 04. Januar 2001, in der davon berichtet wird, es habe zunehmend Spannungen mit der Ehefrau gegeben, die ihn zu der aktuellen Entgiftungsmaßnahme gedrängt habe, wobei während der Behandlung eine deutliche Ambivalenz deutlich geworden sei). Die weitere Epikrise vom 24. April 2001 spricht allerdings davon, dass der Versicherte im Unterschied zu den vorangegangenen stationären Behandlungen dem therapeutischen Angebot diesmal aufgeschlossener gegenüber gestanden habe. Zu der von ihm damals erwogenen ambulanten Einzelpsychotherapie kam es jedoch gleichwohl nicht. Im Hinblick darauf durften die Krankenhausärzte aber nunmehr den Eindruck gewinnen, dass durch eine weitere stationäre Behandlung alsbald nötige Krankheitseinsicht zu erreichen war. Dass diese dann durchgeführt wurde, erscheint nicht unvertretbar.

Wie den Behandlungsunterlagen zu entnehmen ist, erfolgte eine psychotherapeutische Behandlung bis zum Zeitpunkt der Entlassung am 05. Juni 2001. Soweit die Ärztin Hdes MDK in ihrer Stellungnahme vom 08. Juni 2005 rügt, diese sei nicht intensiv genug gewesen, (um den alsbald erfolgten Rückfall zu verhindern), mag sie Recht haben. Insoweit mögen die Krankenhausärzte die noch erforderlichen Maßnahmen unterschätzt haben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Prognose der Krankenhausärzte, eine stationäre Behandlung biete aus den o. g. Gründen im Unterschied zur wenig aussichtsreichen, weil auch vom Versicherten nicht angenommenen, ambulanten Behandlung zum damaligen Zeitpunkt erstmals die realistische Chance, dem Versicherten die nötige Krankheitseinsicht zu vermitteln, nicht gegen medizinische Standards verstößt.

Die von der Beklagten gesehenen Mängel der Begutachtung vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Sachverständige im Rückblick festgestellt hat, dass die Behandlung über den 31. Mai 2001 bis zum 05. Juni 2001 insgesamt noch zu kurz bemessen war, denn bereits am 09. Juni 2001 erlitt der Versicherte einen weiteren Rückfall in den Alkoholkonsum. Der Sachverständige hat jedoch diese Tatsache und die von ihm dargestellte weitere Entwicklung nicht zur Grundlage seiner Bewertung dazu, ob die Entscheidung der Krankenhausärzte zum Zeitpunkt des 31. Mai 2001 bzw. der nachfolgenden Zeit bis zur Entlassung der allgemeinen ärztlichen Erfahrung und den medizinischen Standards entsprach, gemacht. Er hat vielmehr nur darauf hingewiesen, dass sich die Entscheidung der Krankenhausärzte - auch - im Nachhinein als zutreffend erwiesen hat.

Bestand somit vom 31. Mai bis 05. Juni 2001 die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung, so ist die Beklagte verpflichtet, den Vergütungsanspruch zu erfüllen. Der Vergütungsanspruch besteht auch in der geltend gemachten Höhe, denn er entspricht den Pflegesätzen der Landesklinik T für das Jahr 2001 (vgl. die entsprechende Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 16. Dezember 2002), was von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungs-gerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 13 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I S. 3047), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl I S. 390), da sowohl der Rechtsstreit vor dem 01. Juli 2004 anhängig gemacht als auch das Rechtsmittel vor dem 01. Juli 2004 eingelegt worden ist (§ 72 Satz 1 Nr. 1 GKG).
Rechtskraft
Aus
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