L 8 AL 79/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 4907/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 79/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. August 2002 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2001 wird insoweit aufgehoben, als darin der Eintritt einer Sperrzeit über den 4. Oktober 2000 hinaus festgestellt wird und Leistungen für die Zeit vom 5. Oktober bis 17. Oktober 2000 zurückgefordert werden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen außer- gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu einem Drittel zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung.

Der 1947 geborene Kläger, der bisher als Tischler und Restaurator arbeitete, hatte nach dem Vorbezug von Arbeitslosengeld (Alg) und Anschluss-Arbeitslosenhilfe (A-Alhi) auf Grund einer Beschäftigung vom 2. Mai 1988 bis 11. Februar 1989 und unter Einbeziehung einer Krankengeldzahlung im Jahre 1986 bei seiner Arbeitslosenmeldung am 12. Dezember 1989 erneut einen Anspruch auf Alg (für 312 Tage) erworben. Der Alg-Bezug endete mit dem 12. Mai 1990 wegen Aufnahme einer Beschäftigung (vom 14. Mai 1990 bis 31. Mai 1993 und 1. Juni 1993 bis 30. Juni 1995). Vom 1. Juli bis 31. August 1995 bezog er wiederum Alg und war anschließend vom 1. September 1995 bis 15. Februar 1996 beschäftigt. Vom 21. Februar 1996 bis 17. Oktober 1997 (Erschöpfung des Anspruches) bezog er erneut Alg (zuletzt wöchentlich 413,40 DM, Bemessungsentgelt 1.280,00 DM, Leistungsgruppe A/0). Im Anschluss daran gewährte ihm die Beklagte Alhi vom 18. Oktober 1997 bis 26. April 1999 und - nach Krankengeldbezug vom 27. April bis 4. Juni 1999 - vom 5. Juni 1999 bis 16. Oktober 2000 (zuletzt 367,71 DM wöchentlich, Bemessungsentgelt 1.240,00 DM). Für den neuen Bewilligungsabschnitt ab 17. Oktober 2000 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 Alhi und passte die Leistung ab 18. Oktober 2000 (Anpassungstag 18. Oktober 2000) an (Bescheid vom 26. Oktober 2000). Während des Alhi-Bezuges bot die Beklagte dem Kläger am 31. Juli 2000 eine Stelle als Tischlerhelfer bei der e e.V. unter Rechtsfolgenbelehrung an; es handelte sich um eine ABM (Ausbesserungsarbeiten und leichte Reparaturen von gebrauchten Kleinmöbeln, Transportarbeiten in Vollzeit für ein Jahr, Vergütungsgruppe IX B) mit Beginn 1. September 2000. Das vereinbarte Vorstellungsgespräch fand am 23. August 2000 statt, führte jedoch zu keiner Einstellung. Der Arbeitgeber teilte mit Schreiben vom 29. August 2000 dazu mit, dass der Kläger nicht eingestellt worden sei, weil er in Kürze eine Beschäftigung bei einem anderem Arbeitgeber aufnehme. Der Kläger teilte zu dem Ergebnis der Vorstellung unter dem 23. August 2000 mit, dass über eine Einstellung noch nicht entschieden sei.

Im Termin am 19. September 2000, zu dem er von der Beklagten eingeladen worden war, erklärte er, dass er bis zu diesem Tage zum Vorstellungsgespräch keine Antwort erhalten hätte. Die Arbeitsvermittlerin vermerkte dazu, dass der Grund "momentan auch telefonisch nicht zu klären" gewesen sei. Ihm wurde dann antragsgemäß Urlaub (Leistungsfortzahlung trotz Ortsabwesenheit) wegen Sanierungsarbeiten in seiner Wohnung genehmigt, "da jedenfalls die ABM e vollbesetzt ist". Ausweislich eines weiteren Vermerks erhielt die Arbeitsvermittlerin am 5. Oktober 2000 die telefonische Auskunft, dass der Kläger bei der e angegeben habe, er hätte in Kürze eine Arbeit in Aussicht; man habe sich daher für andere Bewerber entschieden.

Am 10. Oktober 2000 wurde der Kläger zum 17. Oktober 2000 eingeladen (Erörterung des Vermittlungsvorschlages e e.V.), erschien jedoch nicht, weil der Vermittlungsvorschlag nach seiner Auffassung bereits am 19. September 2000 erörtert worden war. Auf die erneute Einladung vom 17. Oktober 2000 zum 23. Oktober 2000 legte er Widerspruch ein und meinte, auf Grund der Leistungseinstellung zum 16. Oktober 2000 und des früheren Vorgehens seiner Arbeitsvermittlerin sei ihm nicht klar gewesen, dass er dennoch habe erscheinen müssen. Zu der zweiten Einladung zum 23. Oktober 2000 legte er außerdem eine Bescheinigung vom 23. Oktober 2000 über eine vom 23. Oktober bis 3. November 2000 bestehende Arbeitsunfähigkeit vor und erklärte, dass er deshalb nicht erscheinen könne.

Mit Bescheid vom 2. November 2000 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung der Alhi ab 18. Oktober 2000 wegen Eintritts einer Säumniszeit auf und verneinte eine Härte (§ 145 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -SGB III-); sie forderte die insoweit eingetretene Überzahlung (vom 18. Oktober bis 31. Oktober 2000) von 722,68 DM zurück. Außerdem verwies sie darauf, dass der Anspruch ruhe, bis er - der Kläger - sich erneut melde.

Wegen des Hinweises des Klägers vom 14. November 2000 auf eine Mitteilung der AOK, sich an die Beklagte zu wenden, und der Vorlage einer Folgebescheinigung vom 6. November 2000 zur fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit bis 10. November 2000 (durch Internisten bescheinigt) und erneuter Arbeitsunfähigkeit vom 13. November bis 27. November 2000 (durch Orthopäden bescheinigt) erließ die Beklagte am 21. November 2000 einen weiteren Aufhebungsbescheid, mit dem sie den Bezug von Alhi bis 17. Oktober 2000 bescheinigte und außerdem unter Hinweis auf einen Krankengeldanspruch seit 23. Oktober 2000 die Leistungsbewilligung ab diesem Tage aufhob. Zusätzlich teilte sie dem Kläger mit Schreiben vom 24. November 2000 mit, dass er sich nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit erneut arbeitslos melden müsse.

Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2001 zurück: Die Leistungsaufhebung ab 18. Oktober 2000 wegen Eintritts einer zweiwöchigen Säumniszeit sei zu Recht erfolgt, da der Kläger trotz Belehrung ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei. Die dagegen gerichtete Klage wurde durch Gerichtsbescheid vom 21. Juni 2002 -S 54 AL 463/01 - abgewiesen. Nach dem Bezug von Krankengeld (vom 28. November 2000 bis 8. Januar 2001) meldete sich der Kläger am 9. Januar 2001 erneut arbeitslos und erhielt seit diesem Tage antragsgemäß Alhi.

Sodann hörte die Beklagte den Kläger zu dem Vorstellungsgespräch am 23. August 2000 und dem möglichen Eintritt einer Sperrzeit an. Mit der Begründung, der Kläger habe die ABM zwar nicht konkret abgelehnt, durch seine Äußerung, er werde in Kürze eine andere Arbeit aufnehmen, das Zustandekommen eines zumutbaren Arbeitsverhältnisses jedoch vereitelt, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Februar 2001 eine Sperrzeit von zwölf Wochen mit Beginn am 24. August 2000 fest und forderte - unter Berücksichtigung der bereits mit dem Säumnisbescheid verbundenen Rückforderung - die noch vom 24. August bis 17. Oktober 2000 gezahlte Alhi in Höhe von 2.888,24 DM vom Kläger zurück.

Der dagegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. November 2001).

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gewandt und geltend gemacht, er habe das Stellenangebot weder abgelehnt noch durch sein Verhalten eine Einstellung verhindert. Die Angaben des Arbeitgebers gegenüber der Beklagten könne er sich nicht erklären. Außerdem hat er auf Grund der Erörterungen in der ersten mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2002 eine Bestätigung des Restaurators G V vom 17. Mai 2002 vorgelegt, in der dieser bestätigt, "dass sich Herr R P am 14. August 2000 telefonisch bei mir um eine Stelle als Restaurator beworben hat. Ich sicherte ihm zu, die Möglichkeiten einer Einstellung zu prüfen. Da die Auftragslage jedoch rückläufig war, konnte ich Herrn P zu meinem Bedauern anlässlich seines Telefonanrufes am 30. August 2000 nur einen abschlägigen Bescheid geben".

In der mündlichen Verhandlung am 2. August 2002 ist die damals bei dem Vorstellungsgespräch anwesende ehemalige Mitarbeiterin des vorgesehenen Arbeitsgebers als Zeugin gehört worden.

Sodann hat das SG mit Urteil vom 2. August 2002 der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sei nicht eingetreten, denn es habe sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit nachweisen lassen, dass es der Kläger bei seinem Vorstellungsgespräch vom 23. August 2000 darauf angelegt hätte, die Stelle bei der e e.V. nicht zu erhalten. Durch Vorlage der Bescheinigung der Firma V vom 17. Mai 2002 habe der Kläger nachgewiesen, dass er sich tatsächlich, wie bei seiner Vorstellung erwähnt, in einem anderweitigen Bewerbungsverfahren befunden habe. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem nachgereichten Bestätigungsschreiben um eine reine Gefälligkeitsbescheinigung gehandelt habe, lägen nicht vor. Im Gegenteil spreche für die Richtigkeit dieser Bescheinigung, dass sich der Kläger nach Zugang des Stellenangebotsschreibens bei der Firma V beworben habe, weil er an Stelle einer ABM lieber eine unbefristete Arbeitstätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt habe ausüben wollen. Wenn man berücksichtige, dass es sich bei der angebotenen ABM um eine Tätigkeit und einen Maßnahmenträger handele, der grundsätzlich mit Bewerbern zu tun habe, die sich nicht eigeninitiativ bewerben, sondern vom Arbeitsamt zugewiesen würden und oftmals bereits langzeitarbeitslos seien, könne allein der Hinweis auf eine anderweitige Bewerbung nicht als Arbeitsablehnung im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III gewertet werden. Denn dem ABM-Träger sei klar, dass die ihm zugewiesenen Arbeitslosen nicht aus Interesse an der angebotenen Stelle kämen, so dass der Hinweis auf eine anderweitige Bewerbung die nach Ansicht des SG hier gegebene Situation wiederspiegele, dass der Betroffene zur Vermeidung der ABM verstärkte Bemühungen zur Erlangung eines anderweitigen Arbeitsplatzes aufgenommen habe. Dem Hinweis auf eine anderweitige Bewerbung käme deshalb nur dann die Bedeutung einer Vereitelungsabsicht zu, wenn der Kläger - wahrheitswidrig - von einer gesicherten anderweitigen Arbeitsaufnahme gesprochen hätte. Dies lasse sich jedoch nicht zweifelsfrei feststellen. Denn sofern die Zeugin dies unter Bezugnahme auf die im Anschluss an das Bewerbungsgespräch gefertigten Vermerke behaupte, sei dem entgegenzuhalten, dass in dem am 29. August 2000, also geraume Zeit nach dem Bewerbungsgespräch, ausgefüllten Stellenangebotsformular die Rubrik angekreuzt sei, der Bewerber sei nicht eingestellt worden, weil er in Kürze eine andere Beschäftigung aufnehme. Nicht angekreuzt sei die auf dem Formular angegebene Stelle, der Bewerber habe mit folgender Begründung abgesagt.

Gegen eine eindeutige Arbeitsabsage in Form der Behauptung einer wahrheitswidrigen anderweitigen Festeinstellung spreche auch der Beratungsvermerk vom 19. September 2000. Denn daraus gehe hervor, dass die e e.V. den Grund für die fehlende Einstellung des Klägers nicht habe klären können. In einem weiteren Beratungsvermerk vom 5. Oktober 2000 soll der ABM-Träger der Arbeitsvermittlerin mitgeteilt haben, man habe sich für einen anderen Bewerber entschieden, weil der Kläger angegeben habe, er habe in Kürze eine Arbeit in Aussicht.

Die vorgenannten Vermerke sprächen für die Behauptung des Klägers, er sei mit der Annahme aus dem Vorstellungsgespräch gegangen, seine Bewerbung werde wegen einer Vielzahl anderer Bewerbungen geprüft. Die von der Zeugin im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichte Gesprächsnotiz ohne Datum genüge nicht als Beweis dafür, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs vom 23. August 2000 von einer gesicherten Einstellung in zwei Monaten gesprochen habe. Im Gegenteil stütze auch diese Gesprächsnotiz die Behauptung des Klägers, dass am Ende des Vorstellungsgesprächs nicht festgestanden habe, ob der ABM-Träger ihn wegen des Hinweises auf eine laufende anderweitige Bewerbung aus dem Bewerberpool ausgenommen habe. Wäre dies so eindeutig der Fall gewesen, hätten die Gründe für die Nichteinstellung anlässlich des Telefonats der Arbeitsvermittlerin am 19. September 2000 beantwortet werden können und wäre, eine korrekte Arbeitsweise des ABM-Trägers unterstellt, das Rückantwortschreiben für das Arbeitsamt mit der dann maßgeblichen Rubrik ausgefüllt worden, wobei weiter anzunehmen sei, dass der ABM-Träger das Antwortschreiben dann bereits unmittelbar nach dem (gescheiterten) Vorstellungsgespräch ausgefüllt und abgeschickt hätte. Es blieben auch wesentliche Zweifel am Erinnerungsvermögen der Zeugin, die sich wesentlich auf die gefertigten Notizen gestützt habe, soweit diese aus der Gesprächsnotiz geschlussfolgert habe, der Kläger sei auch auf die Möglichkeit einer nur kurzfristigen ABM-Beschäftigung bis zur Aufnahme einer anderen Stelle hingewiesen worden. Wäre dies der Fall gewesen, hätte auf dem Rückantwortschreiben für das Arbeitsamt eine Arbeitsabsage und nicht fehlende Eignung eingetragen werden müssen.

Schließlich könne die Rückforderungsentscheidung keinen Bestand haben. Denn zur rückwirkenden Leistungsaufhebung und Rückforderung noch § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) hätte der Kläger gewusst haben oder bei leichtester Überlegung gewusst haben müssen, dass er mit seinem Verhalten eine Sperrzeit verwirkliche. Einem solchen Schuldvorwurf stehe jedoch der Verlauf des Bewerbungsverfahrens entgegen. Der Schuldvorwurf sei nur zu rechtfertigen, wenn ihm bereits zum Abschluss des Vorstellungsgespräches mitgeteilt worden wäre, er scheide als Bewerber aus.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der die Beweiswürdigung des SG gerügt wurde. Eine zutreffende Würdigung des Sachverhaltes lasse nur den Schluss zu, dass der Kläger durch sein Verhalten eine Einstellung verhindert und damit den Eintritt einer Sperrzeit verwirklicht habe. Er hätte nach den Ermittlungen bei der e eine Entlohnung von brutto 2.609,76 DM und netto 1.819,23 DM erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Berlin vom 2. August 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat den Restaurator G V zu seiner Bestätigung vom 17. Mai 2002 schriftlich näher befragt, der dazu mit Schreiben vom 6. Juli 2003 geantwortet hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte (Az.: , Band 2 und Notakte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt, die jedoch im Rahmen der Härtefallregelung auf sechs Wochen zu begrenzen ist (§ 144 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 SGB III). Nur insoweit sind die Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Erstattungsforderung zu Unrecht gewährter Leistungen rechtmäßig.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III, unter denen die Beklagte die Leistungsbewilligung an den Kläger wegen einer wesentlichen Veränderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen aufzuheben hatte, liegen insoweit vor, als der Anspruch des Klägers auf Alhi wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom 24. August bis 4. Oktober 2000 zum Ruhen gekommen ist (§ 198 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 144 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 SGB III).

Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert hat (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Das SG hat dazu im Ansatz zutreffend darauf hingewiesen, dass einem Arbeitslosen nicht jedes von einem Arbeitgeber negativ beurteilte Verhalten im Sinne einer Arbeitsablehnung entgegengehalten werden kann. Maßstab kann deshalb nicht ein außerordentlicher Eifer in der Bewerbersituation sein, vielmehr ist auf ein Verhalten abzustellen, das man bei einem Vorstellungsgespräch üblicherweise erwarten darf. Nicht zu folgen ist aber der Auffassung des SG, dass bei einem von der Beklagten quasi aufgezwungenen Stellenangebot generell von einer Interessenlosigkeit ausgegangen und das Verhalten deshalb allgemein einer anderen nachsichtigeren Wertung unterzogen werden müsse. Eine solche Auffassung verkennt die von Arbeitslosen vielfach erkannte Begünstigung der Förderung über ABM, berücksichtigt zum anderen aber auch nicht hinreichend, dass die Bewertung selbstverständlich den einzelnen Arbeitslosen in seiner persönlichen Situation zu würdigen hat. Dass dem Kläger insoweit mit besonderer Nachsicht begegnet werden müsste, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht; so lässt das eigene schriftliche Vorbringen des Klägers ein zu beachtendes Defizit seines Ausdrucksvermögens nicht erkennen. Auch ist nicht zu erkennen, dass ihm die Bedeutung oder Wirkung seiner Äußerungen hätte unklar bleiben können. Mithin musste ihm auch bewusst sein, dass die Angabe einer in Kürze beginnenden anderen Beschäftigung (auf dem ersten Arbeitsmarkt) ein wichtiges Merkmal für die Entscheidung über seine Bewerbung sein würde.

Dass der Kläger eine bevorstehende Arbeitsaufnahme in dem Vorstellungsgespräch genannt hat, hat der Kläger bei seiner persönlichen Befragung durch den Senat bestätigt. Bestätigt hat er bei seiner Befragung darüber hinaus auch, dass er von einer Zusage ausgegangen ist. Insofern ergeben sich entgegen der Auffassung des SG auch keine Zweifel an den Bekundungen der Zeugin, der Kläger habe eine entsprechende Beschäftigungsaufnahme und nicht nur eine eher noch offene Bewerbung erwähnt.

Diese Angabe entsprach jedoch nicht den Tatsachen, wie sich sowohl aus der Bestätigung des Restaurators V vom 17. Mai 2002 als auch aus der vom Senat ergänzend eingeholten Auskunft ergibt. Vielmehr war nur eine sehr vage Einstellungsmöglichkeit genannt worden. Der Kläger hat mithin wahrheitswidrig eine gesicherte anderweitige Arbeitsaufnahme angegeben, die nur im Sinne einer Vereitelungsabsicht gedeutet werden kann. Auch wenn der Kläger, wie aus seinen Angaben geschlossen werden kann, irrtümlich von einer gesicherten Arbeitsaufnahme ausgegangen ist, so entlastet ihn dieser Irrtum nicht, denn er war ohne Weiteres vermeidbar. Bereits eine kurze und fraglos zumutbare Rückfrage vor der Vorstellung hätte die Sachlage geklärt.

Der Vermittlungsvorschlag der Beklagten betraf auch ein zumutbares Arbeitsangebot, so dass sich auch insoweit keine Bedenken gegen den Eintritt einer Sperrzeit ergeben (§§ 36, 121 SGB III i.V.m. § 198 SGB III). Das Aufgabengebiet entsprach dem Leistungsvermögen des Klägers, was dieser auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung auch bestätigte. Ferner war das vorgesehene Nettoeinkommen (von 1.819,23 Euro) auch unter Berücksichtigung von Werbungskosten, die wohl nur in Form einer Monatskarte angefallen wären, nicht niedriger als die monatliche Alhi von (367,71x13:3=) 1.593,41 Euro. Schließlich hätte er im Falle der Aufnahme der ABM-Beschäftigung bei anschließendem erneuten Leistungsbezug auch die hohe bisherige Bemessung behalten (vgl. 133 Abs. 1 SGB III).

Nach alledem ist ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers nicht ersichtlich, und die Beklagte hat den Eintritt einer Sperrzeit zu Recht festgestellt.

Die Sperrzeit ist jedoch in ihrem zeitlichen Ausmaß auf Grund der Härteregelung in § 144 Abs. 3 S. 1 SGB III auf sechs Wochen zu begrenzen. Der Kläger hat dazu vorgetragen, dass während des Vorstellungsgespräches entgegen den Bekundungen der Zeugin kein Angebot einer ca. zweimonatigen Zwischenbeschäftigung, das er abgelehnt hätte, gemacht worden sei. Insoweit kann der Zeugin nicht gefolgt werden. Auch wenn es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn sich ein Zeuge auf Grund von Notizen wieder an frühere Ereignisse erinnert und dann über diese berichtet, so ist es doch widersprüchlich, wenn die Zeugin zu diesem Gesprächspunkt eine ausdrückliche Ablehnung berichtet, in dem der Beklagten übersandten Vordruck jedoch nicht das dafür vorgesehene Feld, sondern das für die Nichteinstellung vorgesehene angekreuzt wird. Offenbar war der Gesprächsverlauf zu diesem Punkt missverständlich und dies kommt dem Kläger im Rahmen der Härteregelung zugute.

Die - infolge der Begrenzung der Sperrzeit gekürzte - Leistungsaufhebung und Rückforderung ist entgegen der Auffassung des SG begründet, wie auch die subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vorliegen. Der Kläger wusste auf Grund der Belehrung, dass ihm auf Grund einer in seinem Verhalten begründeten Nichteinstellung eine Sperrzeit drohte und die dann für diese Zeit zu Unrecht gezahlten Leistungen zurückgefordert würden und konnte auf Grund der Einladungen der Beklagten zur Erörterung der Bewerbung bei der e e.V. nicht begründet annehmen, dass die Prüfung dieses Sachverhaltes von der Beklagten bereits zu seinen Gunsten abgeschlossen war.

Die im Sperrzeitzeitraum zu Unrecht erhaltene Alhi (täglich 52,53 DM) hat der Kläger nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung gemäß § 51 SGB I ist nicht zu beanstanden.

Nach alledem führte die Berufung der Beklagten zu einer teilweisen Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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