L 17 RA 59/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 RA 1553/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 59/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. April 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rentenhöhe.

Der 1935 geborene Kläger war in der DDR bis 1966 zunächst als Berufsoffizier bei der NVA tätig. Daran schloss sich ein Studium der Chemie an, während dessen dem Kläger ein Stipendium gewährt wurde. Am 16. November 1971 wurde ihm der akademische Grad eines Diplom-Chemikers verliehen. Bis zum Beginn der Assistentenzeit (1973) war er weiterhin als ordentlicher Student immatrikuliert. Nach Promotion (1976) und weiterer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent und Oberassistent war er von 1979 bis 1987 beim Sder DDR und von 1987 bis 1991 am Forschungsinstitut beschäftigt. Er gehörte der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz an (Versicherungsschein vom 7. Mai 1982) und war mit Wirkung vom 1. Juli 1988 in die freiwillige zusätzliche Versorgung für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und andere Hochschulkader in Einrichtungen des staatlichen Gesundheits- und Sozialwesens einbezogen. Vom 1. April 1991 bis 11. März 1992 und vom 15. Juli 1992 an war er arbeitslos und bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 14. April 1994 Altersübergangsgeld.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 1995 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (Rentenbeginn 1. Juli 1995). Nachdem der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt hatte, erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom 22. Juli 1996 bereit, bei einer Änderung des der Rentenberechnung zugrunde gelegten Überführungsbescheides des Versorgungsträgers eine rückwirkende Neuberechnung vorzunehmen. Mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 stellte die Beklagte die Rente von Beginn an neu fest und wies mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 1997 den Widerspruch des Klägers zurück.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 10. April 1997 Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 1997 die Rente vom 1. Januar 1997 an aufgrund geänderter Überführungsbescheide neu festgestellt. Mit Bescheid vom 28. August 1997 erfolgte eine Neuberechnung vom 1. Juli 1997 an wegen eines geänderten Beitragsatzes infolge Krankenkassenwechsels. Mit weiterem Bescheid vom 28. Februar 2002 stellte die Beklagte die Rente von Beginn an unter Berücksichtigung weiterer Entgelte aufgrund der Regelungen des 2. Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes -AAÜG- neu fest (Nachzahlungsbetrag 14.346,93 EUR).

Der Kläger hat sich auch gegen diese Bescheide gewandt und mit Schriftsätzen vom 25. Februar und 29. September 2003 sowie 14. April 2004 die Gewährung einer höheren Rente begehrt. Er hat dazu geltend gemacht, er habe Anspruch auf ungekürzte Renten aus der Sozialversicherung und den Versorgungssystemen, denen er in der DDR angehört habe. Diese seien an die Einkommensentwicklung im Beitragsgebiet anzupassen. Zudem stehe ihm ein Zahlbetragsschutz - wie für Bestandsrentner im Einigungsvertrag vorgesehen - zu und er habe Anspruch auf eine Vergleichsberechnung. Die Rente dürfe nicht auf die "verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228 a und 256 a SGB VI)" abgesenkt werden. Zudem sei für die Zeit vom 1. September 1966 bis 31. Dezember 1983, in der er als Mitarbeiter im Gesundheitswesen tätig gewesen sei, der Rentenberechnung "der erhöhte Steigerungssatz von 1,5 % zugrunde zu legen". Ferner hat der Kläger die Rentenanpassungen seit 2000 und die mit Bescheid vom 8. März 2004 erfolgte Berücksichtigung geänderter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung angegriffen.

Mit Urteil vom 19. April 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, Gegenstand des Verfahrens sei nunmehr nur noch der Bescheid vom 28. Februar 2002, der sämtliche vorhergehenden Rentenbescheide ersetzt habe. Dieser Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten, denn ihm stehe unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf höhere Rente zu. Die Beklagte habe nach Maßgabe der Bestimmungen des AAÜG und des Sozialgesetzbuch Sechsten Buches -SGB VI- die Rente zutreffend berechnet. Die Arbeitsverdienste seien unabhängig davon, ob Beiträge entrichtet wurden, hochgerechnet mit dem Faktor der Anlage 10 zum SGB VI der Rentenberechnung bis zu der im gesamten Bundesgebiet geltenden allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt worden. Eine Begrenzung der Entgelte auf die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze sei - wie das Bundesverfassungsgericht mehrfach entschieden habe - von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

Die Zeit von der Erlangung des Diploms bis zur Aufnahme einer Beschäftigung habe die Beklagte zutreffend nicht als Ausbildungsanrechnungszeit anerkannt, weil sie nach Ablegung der letzten Abschlussprüfung liege. Auf den Zeitpunkt der Exmatrikulation komme es insoweit nicht an. Dieser Zeitraum könne auch nicht als Beitragszeit anerkannt werden, dem stehe die Regelung des § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI entgegen.

Der Kläger könne auch nicht unter Berufung auf die im Einigungsvertrag -EV- geregelte und in § 4 Abs. 4 AAÜG fortgeschriebene Zahlbetragsgarantie eine höhere Rente verlangen. Denn die dem Vertrauensschutz für rentennahe Jahrgänge dienende Übergangsbestimmung greife nach der darin enthaltenen Stichtagsregelung nur bei einem Rentenbeginn bis zum 30. Juni 1995 ein. Daran fehle es hier. Dies sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn ein Eigentumsschutz bestehe für Renten und Rentenanwartschaften des Beitrittsgebiets nur, soweit diese nach Maßgabe des EV als vermögenswerte Rechte der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt worden seien. Das Bundesverfassungsgericht (Hinweis auf Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 -) habe auch bereits ausdrücklich entschieden, dass die Stichtagsregelung des Einigungsvertrages über die Zahlbetragsgarantie für Bestandsrentner und Rentenzugänge bis zum 30. Juni 1995 verfassungsgemäß sei. Die Bestimmungen des Rentenüberleitungsgesetzes -RÜG- seien auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er nicht bis zum 31. Dezember 1996 das 65. Lebensjahr vollendet habe (Art. 2 §§ 1 und 2 RÜG).

Höhere Rentenansprüche ergäben sich auch nicht aus seiner Tätigkeit im Gesundheitswesen der ehemaligen DDR. Bei der Rentenberechnung nach dem SGB VI einen besonderen Steigerungsbetrag zu berücksichtigen, wie er im Rentenrecht der DDR für Beschäftigungszeiten im Gesundheits- und Sozialwesen vorgesehen sei, entbehre jeglicher Rechtsgrundlage und sei auch von Verfassungs wegen nicht geboten (Hinweis auf Urteile des Bundessozialgerichts -BSG- vom 30. Januar 2003 - B 4 RA 16/02 R - und vom 6. März 2003 - B 4 RA 13/02 R -).

Unzulässig sei die Klage, soweit sie sich gegen die Rentenanpassungsmitteilungen und den Bescheid über die Beitragsänderung zur Kranken- und Pflegeversicherung vom 1. April 2004 richte. Es handele sich dabei zwar um selbständig anfechtbare Verwaltungsakte, diese seien jedoch nicht gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz -SGG- Gegenstand des Verfahrens geworden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 62/02 R -). Ob sie Gegenstand einer gewillkürten Klageänderung werden könnten, könne offen bleiben, da auch die geänderte Klage als solche zulässig sein müsse. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil es an der Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens fehle.

Gegen das ihm am 1. Juni 2004 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 2. Juni 2004 eingelegten Berufung. Er macht keine konkreten Einwendungen gegen die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil geltend, sondern führt unter Hinweis auf sein bis- heriges Vorbringen aus, der Rechtsstreit betreffe grundsätzlich Fragen der Renten- und Versorgungsüberleitung.

Der Kläger beantragt,

nach seinen erstinstanzlichen Anträgen aus den Schriftsätzen vom 25. März 2003 (richtig 25. Februar 2003) und 14. April 2004 zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf ihres Schriftsätze Bezug genommen.

Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin zum Az.: S 2 RA 1553/97 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn dem Kläger steht eine höhere Rente nicht zu.

Das Sozialgericht hat im Urteil vom 19. April 2004 die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt. Der Senat nimmt gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Begründung ab.

Entgegen der Auffassung des Klägers bestand keine Veranlassung, mit einer gerichtlichen Entscheidung abzuwarten. Das Verfahren ist entscheidungsreif. Die beantragte Beweiserhebung war nicht erforderlich, weil die von der Klägerseite benannten Fragen im Rechtsstreit unter keinen denkbaren Gesichtspunkten von Bedeutung sein können. Aus den gleichen Gründen kam auch die vom Kläger angeregte Anrufung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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