L 4 RJ 31/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 22 RJ 1863/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RJ 31/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1958 geborene, aus der Türkei stammende Klägerin ist Analphabetin. Einen Beruf hat sie nicht erlernt. In den 70er-Jahren kam sie in die Bundesrepublik Deutschland. Hier war sie zunächst als Textil- und Küchenarbeiterin tätig und arbeitete zuletzt ab 1980 als Montiererin. Seit dem 01. April 1995 war sie arbeitsunfähig, seit dem 29. August 1996 fortlaufend arbeitslos. Sie ist Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 50.

Nach einem ersten erfolglosen Rentenantrag vom Mai 1997 beantragte die Klägerin am 13. November 2000 erneut die Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, da sie sich seit 1997 für erwerbsunfähig hielt. Die Beklagte ließ sie daraufhin im Januar 2001 durch die Ärztin für Innere Medizin/Rheumatologie R untersuchen. Diese stellte bei der Klägerin HWS- und LWS-Syndrome mit leichter Ischialgie, eine allenfalls blande Rheumatoid-Arthritis, ein bekanntes Magen- und Duodenalulcusleiden, ein Asthma bronchiale mit leichter Obstruktion sowie seelische Leiden fest. Trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen ging sie von einem zwar qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögen der Klägerin aus. Auf der Grundlage dieses Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Februar 2001 die Zahlung einer Rente ab. Die Klägerin sei weder erwerbs- noch berufsunfähig. Vielmehr könne sie mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig ausüben. Auch stehe ihr nach der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Rechtslage kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zu, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine Tätigkeit mit einem Umfang von täglich sechs Stunden und mehr ausgeübt werden könne.

Auf den am 01. März 2001 erhobenen Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung sie eine Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. K sowie ein Attest der Orthopäden Dres. W und S vorlegte, erfolgte im Mai 2001 eine Begutachtung durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. Diese diagnostizierte bei der Klägerin einen Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende, leichtgradig ausgeprägte depressive Verstimmungen sowie ein Zervikokranialsyndrom und ein rezidivierendes LWS-Syndrom, jeweils ohne Zeichen einer Wurzelkompressionssymptomatik. Weiter bestätigte sie im Wesentlichen die Einschätzung der Vorgutachterin zum Leistungsvermögen der Klägerin. Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 2001 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.

Am 10. August 2001 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung Atteste des Internisten Dr. H sowie der Orthopäden Dres. W und S vorgelegt. Weiter hat sie geltend gemacht, dass ihre behandelnden Ärzte aufgrund ihrer Beschwerden, die sich weiter verschlimmert hätten, eine Berentung befürworteten. Schließlich fehle es ihr an der erforderlichen Wegefähigkeit. Sie könne ohne Unterbrechung allenfalls ca. 200 Meter zurücklegen.

Das Sozialgericht hat die medizinischen Unterlagen des Versorgungsamtes beigezogen. Sodann hat es Dr. M Bmit der Erstattung eines chirurgisch und sozialmedizinischen sowie H-J B mit der eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige Dr. Bhat in seinem Gutachten vom 08. April 2002 bei der Klägerin geringfügige degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule bei Wirbelsäulenfehlhaltung im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, subjektiv empfundene Arthralgien an der oberen und unteren Extremität ohne Nachweis von objektivierbaren somatischen Funktionsstörungen - bei Ausschluss von Arthrosen an den Gelenken der oberen und unteren Extremität oder anderen vorliegenden Erkrankungen, insbesondere einer schwerwiegenden rheumatischen Erkrankung - sowie depressive Verstimmungszustände und Somatisierungsstörungen festgestellt. Der Sachverständige B hat in seinem Gutachten vom 26. August 2002 bei der Klägerin ein als Dysthymia zu klassifizierendes, dysthymes Syndrom von untermittelgradiger Ausprägung im Rahmen einer länger anhaltenden Anpassungsstörung diagnostiziert, das neben der affektiven Verstimmung in einer Somatisierungsstörung symptomatischen Ausdruck finde. Übereinstimmend sind die Gutachter davon ausgegangen, dass die Klägerin für körperlich jedenfalls leichte Arbeiten unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen über ein vollschichtiges Leistungsvermögen verfüge und in der Lage sei, die Wege von und zur Arbeit ohne wesentliche Einschränkungen zurückzulegen.

Nach ergänzender Einholung eines Befundberichtes bei der Rheumatologin Dr. A hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 09. Mai 2003 abgewiesen. Die Klägerin sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Als ungelernte Arbeiterin könne sie auf jede nicht qualifizierte Tätigkeit verwiesen werden, die ihr gesundheitlich zumutbar sei. Ihr Leistungsvermögen sei bei körperlich leichter Arbeit lediglich qualitativ, nicht aber zeitlich eingeschränkt. Auch nach dem ab dem 01. Januar 2001 geltenden Recht bestehe keine Erwerbsminderung. Die Klägerin sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, ohne dass es insoweit auf die jeweilige Arbeitsmarktlage ankäme.

Gegen dieses ihr am 19. Juni 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 09. Juli 2003 eingelegte Berufung der Klägerin, die sich vom 13. Mai 2003 bis zum 07. Juni 2003 zur Anschlussheilbehandlung in der M Rehabilitationsklinik aufgehalten und während dieser Zeit von der Beklagten Übergangsgeld erhalten hat. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Schweregrad ihrer Erkrankung nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Insbesondere aus dem Arztbrief der M Rehabilitationsklinik vom 17. Juni 2003 ergebe sich, dass sie auch für körperlich leichte Arbeiten nur noch über ein auf unter drei Stunden täglich reduziertes Leistungsvermögen verfüge.

Der Senat hat daraufhin die Ärztin für Orthopädie und Rheumatologie Dr. B W mit der Erstattung eines orthopädisch-rheumatologischen Gutachtens beauftragt. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten vom 22. April 2004 sowie in ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2004 ausgeführt, dass die Klägerin an einer Spondylarthropathie mit peripherer Gelenkbeteiligung, einem sekundären Fibromyalgie-Syndrom, einem Karpaltunnelsyndrom rechts, einer Chondropathia patellae sowie einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom leide. Sie könne auch körperlich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen nur noch sechs Stunden am Tag ausüben, da die Spondylarthropathie als entzündliche Erkrankung zu verlängerten Rüstzeiten führe. Die Einschränkungen bestünden mindestens seit November 2000. Hingegen sei die Wegefähigkeit der Klägerin nicht begrenzt.

Die Klägerin, die meint, es sei ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen, beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Mai 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 01. November 2000 bis zum 12. Mai 2003 Übergangsgeld sowie ab dem 08. Juni 2003 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, dem Gutachten der Sachverständigen Dr. W könne nicht gefolgt werden, soweit diese von einer auch quantitativen Leistungseinschränkung ausgehe. Die Sachverständige habe selbst angegeben, dass eine schwerwiegende Erkrankung auf rheumatologischem Fachgebiet ausgeschlossen werden könne. Im Übrigen sei eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht belegt. Die Entzündungsparameter seien unter Therapie nicht wesentlich erhöht, die Feinmotorik beider Hände nicht herabgesetzt, der Faustschluss komplett, der Spitzgriff bei leicht herabgesetzter grober Kraft beider Hände möglich. Soweit die quantitative Leistungseinschätzung damit begründet werde, dass entzündliche Erkrankungen häufig zu einer Verlängerung der Rüstzeit führen, sei darauf hinzuweisen, dass eine wesentliche entzündliche Komponente gerade nicht nachgewiesen worden sei. Dass die Einschränkungen bereits seit November 2000 bestehen sollen, sei überhaupt nicht nachvollziehbar, da in den beiden vorangegangenen Sozialgerichtsgutachten ein vollschichtiges Leistungsvermögen festgestellt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil bewertet die Sach- und Rechtslage zutreffend.

Der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Weder hat sie einen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit, noch steht ihr ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu.

Bei der Prüfung eines Rentenanspruchs der Klägerin ist im Hinblick auf ihren im November 2000 gestellten Antrag gemäß § 300 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zunächst von § 43 Abs. 1 bzw. § 44 Abs. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung auszugehen. Anzuwenden sind diese – seit dem 01. Januar 2001 aufgehobenen - Vorschriften letztlich jedoch nur dann, wenn nach ihnen zum Zeitpunkt ihrer Aufhebung ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bestand. Dies war hier jedoch nicht der Fall.

Nach § 43 Abs. 1 bzw. § 44 Abs. 1 SGB VI a.F. hat derjenige einen Anspruch auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und berufs- bzw. erwerbsunfähig ist. Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Bei der Klägerin, die keine Ausbildung absolviert hat und stets ungelernten Tätigkeiten nachgegangen ist, die mithin als ungelernte Arbeiterin einzustufen ist, ist für die Prüfung der Berufsunfähigkeit auf sämtliche Tätigkeiten des so genannten allgemeinen Arbeitsmarktes abzustellen, da gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten umfasst, die den Kräften und Fähigkeiten der Versicherten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Als erwerbsunfähig gelten nach § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Über den Wortlaut der genannten Vorschriften hinaus ist Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 10.12.1976 – GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 und GS 3/76 - BSGE 43, 75 ff.) auch dann anzunehmen, wenn zwar lediglich keine vollschichtige Einsatzfähigkeit in einem zumutbaren Verweisungsberuf bzw. auf dem so genannten allgemeinen Arbeitsmarkt besteht, der Teilzeitarbeitsmarkt jedoch praktisch verschlossen ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der medizinischen Ermittlungen stand der Klägerin am 31. Dezember 2000 keine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu. Unstreitig war sie zwar bereits im Jahre 2000 in ihrem Leistungsvermögen eingeschränkt, dies zur Überzeugung des Senats jedoch nicht in einem Umfang, der seinerzeit die Gewährung einer Rente nach §§ 43, 44 SGB VI a.F. gerechtfertigt hätte.

Die Klägerin war nicht im Hinblick allein auf ihren Gesundheitszustand bis spätestens 30. November 2000, was zu einem Rentenbeginn noch im Jahre 2000 geführt hätte, berufs- bzw. erwerbsunfähig, da ihr Restleistungsvermögen nicht lediglich unterhalbschichtig war. Sie verfügte seinerzeit vielmehr für die ihr grundsätzlich zumutbaren Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über ein noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen. Mit der dahingehenden Einschätzung schließt sich der Senat der Beurteilung der Sachverständigen Dr. B, B und Dr. W an. Die Sachverständigen, die dem Gericht als erfahrene und sehr gewissenhafte Gutachter bekannt sind, haben jeweils unter sorgfältiger Auswertung der Vorbefunde und nach gründlicher Untersuchung der Klägerin die bei ihr bestehenden, im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsstörungen sowie die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen dargestellt. Anschaulich haben sie weiter dargelegt, dass das bei der Klägerin objektiv bestehende Krankheitsbild sie in ihrem Leistungsvermögen qualitativ einschränke und sie – bei zusammenfassender Betrachtung – nur noch körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen verrichten könne, ohne dabei ungünstigen klimatischen Dispositionen ausgesetzt zu sein. Dabei sollten die Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten auszuüben sein und nicht mit einseitigen körperlichen Belastungen oder dem Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg Gewicht einhergehen. Weiter sollten sie nicht unter Zeitdruck im Akkord oder in festgelegtem Arbeitsrhythmus, nicht an laufenden Maschinen, nicht auf Leitern oder Gerüsten und nicht in Wechsel- und Nachtschicht zu erbringen sein.

Soweit die Sachverständigen Dr. B und B darüber hinaus übereinstimmend dargelegt haben, dass die Klägerin bei Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen noch die übliche tägliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden arbeiten könne, ohne dass dies auf Kosten ihrer Gesundheit ginge, während die Sachverständige Dr. W eine Beschränkung der täglichen Arbeitszeit auf sechs Stunden für erforderlich gehalten hat, kann dahinstehen, welcher Einschätzung der Senat sich insoweit anschließt. Entscheidend ist allein, dass feststeht, dass das Leistungsvermögen der Klägerin allenfalls auf sechs Stunden herabgesunken ist. Die anders lautenden Beurteilungen der M Klinik sowie der behandelnden Ärzte Dr. H und Dres. W und S können den Senat nicht von einer weitergehenden Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht überzeugen. Soweit in dem Arztbrief der M Klinik vom 17. Juni 2003 die Auffassung vertreten wird, dass die Klägerin selbst leichte Arbeiten nur noch unter drei Stunden am Tag verrichten könne, vermag der Senat sich dieser Einschätzung nicht anzuschließen. Überzeugend hat insbesondere die Sachverständige Dr. W ausgeführt, dass die Einschätzung der Klinik nicht nachvollziehbar sei, da in den rheumatologischen Funktionsparametern im Eular-Bogen bei Aufnahme und Entlassung von 24 schmerzhaften und 0 geschwollenen Gelenken berichtet werde, die Laborparameter keine hohe Entzündungsaktivität ergäben, im Aufnahmebefund von einem diffusen Druckschmerz berichtet werde und im Gelenkstatus keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen nachgewiesen würden. Weiter sei die Einschränkung der groben Kraft rechts im Zusammenhang mit dem Karpaltunnelsyndrom zu sehen. Insofern seien zwar das Vorliegen einer undifferenzierten Spondylarthropathie sowie eine periphere Gelenkbeteiligung bewiesen. Die Entzündungszeichen seien bei der Klägerin unter einer Basistherapie mit Methrotrexat und Azulfidine sowie einer antientzündlichen Therapie mit Indometazin jedoch nicht wesentlich erhöht, so dass das Leistungsvermögen zeitlich nur gering, nämlich auf sechs Stunden verringert sei. Ebenso wenig wie die Einschätzung der M Klinik überzeugen den Senat die – im Ergebnis eine Berentung der Klägerin empfehlenden - Ausführungen der diese behandelnden Orthopäden Dres. S und W. Wie schon der Sachverständige Dr. B hat auch die Sachverständige Dr. W darauf verwiesen, dass die von den behandelnden Ärzten gestellten Diagnosen teilweise mangels Objektivierbarkeit nicht nachzuvollziehen und nicht durch objektivierbare Funktionsstörungen belegt seien. Dieser Einschätzung schließt der Senat sich an. Ferner ist auch das Attest des Internisten Dr. H vom 20. Oktober 2000 nicht geeignet, den Senat von der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin zu überzeugen. Bereits seine Formulierung lässt erkennen, dass der Arzt nicht zwischen Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit differenziert. Im Übrigen mangelt es seinen Ausführungen an objektivierbaren Befunden. Verfügt die Klägerin mithin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls noch über ein sechsstündiges Leistungsvermögen, ist sie nicht allein aus medizinischen Gründen berufs- bzw. erwerbsunfähig.

Anderes folgt insoweit auch nicht aus der von ihr behaupteten eingeschränkten Wegefähigkeit sowie im Hinblick auf ihren Analphabetismus. Soweit die Klägerin vorträgt, aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen gehindert zu sein, einen Arbeitsplatz in zumutbarer Weise aufzusuchen, ist dies bereits durch die Ausführungen sämtlicher Gutachter widerlegt. Denn wie schon im Verwaltungsverfahren die Sachverständigen R und Dr. S haben auch die Sachverständigen Dr. B, B und Dr. W überzeugend ausgeführt, dass die Klägerin trotz der bei ihr festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage sei, viermal täglich eine Strecke von mehr als 500 Metern zu Fuß zurückzulegen und zweimal täglich zu den Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Weiter ergibt sich ein Rentenanspruch der Klägerin aber auch nicht daraus, dass ihr im Hinblick auf die bei ihr festgestellten Leistungseinschränkungen und insbesondere unter Berücksichtigung ihres Analphabetismus eine Verweisungstätigkeit zu benennen gewesen wäre und dies unterblieben ist. Bei Gesamtwürdigung der Sachverständigengutachten ist zwar davon auszugehen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin qualitativ nicht unerheblich eingeschränkt ist. Gleichwohl liegt weder eine Summierung von Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die es als fraglich erscheinen lässt, ob sie ihr Leistungsvermögen überhaupt noch wirtschaftlich zu verwerten in der Lage ist und die es – sogar bei einem noch vollschichtigen Leistungsvermögen und damit erst recht bei einem auch quantitativ eingeschränkten - ausnahmsweise erforderlich macht, der Klägerin zumindest eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Die bei der Klägerin in somatischer Hinsicht bestehenden Leistungseinschränkungen sind von jeher nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz, i.V.m. anderen Einschränkungen die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen, Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, erforderlicher halbstündiger Wechsel vom Sitzen zum Gehen, regelmäßig einmal in der Woche auftretende Fieberschübe, Einarmigkeit und Einäugigkeit) gezählt worden (vgl. Entscheidung des Großen Senates des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.). Auch ist bei der Klägerin keine Summierung von gewöhnlichen Leistungseinschränkungen anzunehmen. In den Fällen, in denen der Versicherte noch leichte körperliche Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten kann, ist die Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit die Ausnahme. Die Beurteilung, ob der Versicherte erwerbsfähig ist oder nicht, muss im Regelfall nicht nach Anforderungsprofilen einer oder mehrerer bestimmter Berufstätigkeiten erfolgen. Es genügt vielmehr eine Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen des Versicherten körperliche Verrichtungen (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen) erlaubt, die in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen (vgl. Entscheidung des Großen Senates des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.) und für die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze vorhanden sind. Dies aber ist bei der Klägerin der Fall. Trotz der bei ihr bestehenden Leistungseinschränkungen sind ihr leichte Verrichtungen wie z.B. Kleben, Sortieren, Verpacken von leichten Gegenständen sowie Montagetätigkeiten mit Kunststoff, Plastik, Glas oder Holz möglich. Es handelt sich dabei durchweg um körperlich leichte Tätigkeiten, die in geschlossenen Räumen im Wechsel der Haltungsarten ohne einseitige körperliche Belastungen zu verrichten sind und nicht mit Heben und Tragen von mehr als 5 kg Gewicht, nicht mit Zeitdruck im Akkord, nicht mit Wechsel- und Nachtschicht und nicht mit festgelegtem Arbeitsrhythmus verbunden sind. Auch sind sie nicht an laufenden Maschinen oder auf Leitern und Gerüsten zu erbringen. Insbesondere steht einer entsprechenden Arbeit auch nicht eine aufgehobene Fingerfertigkeit entgegen. Zwar hat die Sachverständige Dr. W darauf verwiesen, dass die Fingergeschicklichkeit der Klägerin aufgrund eines Karpaltunnelsyndroms herabgesetzt sei. Abgesehen davon aber, dass dieses zu behandeln ist und gerade keine dauerhafte Erkrankung darstellt, kann auch nach den Ausführungen der Sachverständigen insoweit nicht von einer wesentlichen Einschränkung ausgegangen werden. Diese hat vielmehr selbst angegeben, dass bei der Klägerin die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke nicht eingeschränkt und die Feinmotorik ihrer Hände nicht herabgesetzt sei. Der Faustschluss sei ihr komplett möglich, ebenso der Spitzgriff vom Daumen zu allen Langfingern. Lediglich die grobe Kraft ihrer Hände sei leicht herabgesetzt. Dies aber ist bei leichten Tätigkeiten der dargestellten Art zur Überzeugung des Senats irrelevant. Zweifel an der betrieblichen Einsatzfähigkeit der Klägerin besteht schließlich auch nicht unter Berücksichtigung ihres Analphabetismus. Zwar gehört nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 04.11.1998 – B 13 RJ 13/98 R -, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 62, sowie Urteil vom 10. Dezember 2003 – B 5 RJ 64/02 RNZS 2004, 485) das Vermögen des Versicherten lesen und schreiben zu können zu den Fähigkeiten, denen eine in Betracht gezogene Verweisungstätigkeit zu entsprechen hat, und dies auch dann, wenn diesbezügliche Defizite ihren Ursprung im Ausland haben und schon vor Beginn einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Inland bestanden. Vorliegend ist jedoch nicht zu bezweifeln, dass die Klägerin die genannten einfachen Tätigkeiten nach kurzer Einarbeitungszeit verrichten kann. Denn sie hat Tätigkeiten der bezeichneten Art (insbesondere als Montiererin) in der Vergangenheit im Inland ausgeübt, so dass davon auszugehen ist, dass sie solche Arbeiten, die keine Schreib- und Lesefähigkeit voraussetzen, weiterhin verrichten kann.

Vor diesem Hintergrund könnte sich ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit allein unter Berücksichtigung der Situation am Arbeitsmarkt ergeben. Auch dies ist jedoch zu verneinen. Denn da nach § 102 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F. eine Rente, die nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand beruht, sondern auch darauf, dass der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist, zwingend zu befristen ist, befristete Renten wegen Erwerbsminderung jedoch nach § 101 Abs. 1 SGB VI in der seinerzeit sowie der heute geltenden Fassung nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet werden, hätte die Klägerin spätestens am 31. Mai 2000 in ihrem Leistungsvermögen zeitlich gemindert sein müssen, damit sie bis zum Außerkrafttreten der §§ 43, 44 SGB VI a.F. am Ende des Jahres 2000 einen Rentenanspruch gehabt hätte. Dies aber war zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Vielmehr geht dieser davon aus, dass es – wenn überhaupt – zu einer rentenrelevanten quantitativen Leistungsminderung frühestens im November 2000 – dem von der Sachverständigen Dr. W angenommenen Zeitpunkt – gekommen ist. Anhaltspunkte für eine frühere auch quantitative Leistungseinschränkung liegen nicht vor. Im Gegenteil spricht hier viel dafür, dass sich das Leistungsvermögen der Klägerin im Laufe des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens zunehmend verschlechtert hat. Denn im Rahmen der auf Veranlassung der Beklagten im Januar 2001 erfolgten internistisch/rheumatologischen Begutachtung der Klägerin ist die Gutachterin R noch von einer allenfalls blanden Rheumatoid-Arthritis ausgegangen, da sich weder im Rahmen ihrer Untersuchung noch anlässlich der stationären Behandlung der Klägerin in der Sch-Klinik im Dezember 1998 an den Händen ein pathologischer Befund gefunden habe und auch alle übrigen Gelenke klinisch unauffällig gewesen seien. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin in zeitlicher Hinsicht hat sie daher zum damaligen Zeitpunkt nicht für erforderlich erachtet, was durchaus nachvollziehbar erscheint. Weiter ist zwar auch die Sachverständige Dr. W noch im Oktober 2004 nach Untersuchung der Klägerin im April 2004 davon ausgegangen, dass eine schwerwiegende Erkrankung auf rheumatologischem Fachgebiet ausgeschlossen sei, immerhin hat sie nunmehr aber im Hinblick auf die mit entzündlichen Erkrankungen einhergehende Verlängerung der Rüstzeiten auf eine quantitative Leistungsminderung auf sechs Stunden erkannt. Dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin im Laufe des Verfahrens zunehmend verschlechtert hat, findet schließlich insbesondere in deren eigenem Vortrag sowie im Befundbericht der Rheumatologin Dr. A seine Bestätigung. Denn die Klägerin hat zum Zeitpunkt ihrer Klageerhebung im August 2001 selbst darauf verwiesen, dass sich ihr Gesundheitszustand zwischenzeitlich verschlimmert habe, und auch die Rheumatologin Dr. A hat in ihrem Befundbericht vom Dezember 2002 die Verschlechterung der Befunde hervorgehoben. Bei einer – vor diesem Hintergrund bereits zweifelhaften – quantitativen Leistungsminderung ab November 2000 hätte die Klägerin nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht zwar im Hinblick auf die Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes Anspruch auf eine Zeitrente gehabt, dies nach den oben aufgeführten Vorschriften jedoch erst ab dem 01. Juni 2001. Zu diesem Zeitpunkt waren die §§ 43, 44 SGB VI a.F. jedoch bereits außer Kraft getreten und galten auch nicht mehr gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI weiter. Denn wie ausgeführt sind nach dieser Vorschrift aufgehobene Vorschriften nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung nur dann weiter anzuwenden, wenn der Anspruch bis dahin bestanden hat. Ein Rentenanspruch der Klägerin am 31. Dezember 2000 hat aber im Hinblick auf den oben dargestellten gesetzlich vorgesehenen Rentenbeginn gerade noch nicht bestanden. Vielmehr hatte sie allenfalls ein Stammrecht erworben, was jedoch nicht ausreicht.

Sonstige medizinische Unterlagen, die eine weitergehende Einschränkung bzw. eine frühere rentenrechtlich relevante Minderung des Leistungsvermögens der Klägerin begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Auch ergeben sich aus den Angaben der Klägerin keine weiteren bzw. schwereren Gesundheitsstörungen, so dass der Senat keine Veranlassung hatte, weitere Gutachten von Amts wegen in Auftrag zu geben. Insbesondere hielt er es auch auf die Anregung der Klägerin hin nicht für erforderlich, ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen. Es liegen keinerlei medizinisch begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Sachverständige B den Gesundheitszustand der Klägerin und die sich daraus ergebenden Leistungseinschränkungen auf seinem Fachgebiet nicht zutreffend gewürdigt haben könnte, zumal dieser - entgegen der Auffassung der Klägerin – als vom Gericht bestellter Sachverständiger auch nicht die Aufgabe hat, ihr Hilfsmaßnahmen für die Überwindung ihrer Probleme aufzuzeigen.

Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Denn Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung hat nach § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI derjenige, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsgemindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist. Gemessen daran ist die Klägerin trotz der bei ihr vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erwerbsgemindert. Sie ist vielmehr – wie oben bereits ausführlich dargelegt - in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden täglich zu verrichten.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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