L 24 KR 408/07 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 1534/07 ER
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 408/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Feststellung, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson R Z vom 27. Mai 2005 sofort vollziehbar ist und die Klage gegen den Schiedsspruch vom 28. Juni 2005 keine aufschiebende Wirkung hat, wird abgelehnt. Der Antrag, gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz die sofortige Vollziehung des Schiedsspruches vom 27. Mai 2005 durch die Schiedsperson R Z anzuordnen, wird abgelehnt. Der Antrag, festzustellen, dass die Antragsgegnerin vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache, ehemals L 24 KR 288/07, verpflichtet ist, gegenüber der Antragstellerin den Schiedsspruch vom 25. Mai 2007 gegen sich gelten zu lassen, wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2500.- Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin betreibt ein Unternehmen der häuslichen Krankenpflege und erbringt Leistungen nach § 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Sie versorgt Versicherte der Antragsgegnerin sowie anderer Leistungsträger in Berlin mit häuslicher Krankenpflege sowie Leistungen der Pflegeversicherung. Nachdem zwischen den Beteiligten – sowie zahlreichen anderen Leistungserbringern und der Antragsgegnerin – eine Einigung zum Vertragsinhalt entsprechend § 132a Abs. 2 SGB V nicht zustande gekommen war, bestellte das Bundesversicherungsamt (BVA) als zuständige Aufsichtsbehörde entsprechend § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V als Schiedsperson Herrn R Z. Letzterer legte im Schiedsspruch vom 27. Mai 2005 die Vertragsinhalte fest. Am Schiedsverfahren beteiligt waren: 1. AWO Gemeinnützige Pflegegesellschaft mbH, Liebenwalder Str. 59, 13347 Berlin

2. Arbeitgeber- und BerufsVerband Privater Pflege e.V. (ABVP), Geschäftsstelle Ost, Tieckstr. 37, 10115 Berlin

3. ArbeitgeberVerband im Gesundheitswesen e.V. (AVG) Schönholzer Str. 3, 13187 Berlin

4. Arbeitsgemeinschaft Hauskrankenpflege Berlin e.V. (AGH) Cicerostr. 37, 10709 Berlin

5. Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) Landesgeschäftsstelle Berlin/Brandenburg Nürnberger Str. 49, 10789 Berlin

6. Caritasverband für das Erzbistum Berlin Residenzstr. 90, 13409 Berlin

7. Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Berliner Rotes Kreuz e.V. Bachstr. 11, 12161 Berlin

8. Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (DPW) Landesverband Berlin e.V. Kollwitzstraße 94-96, 10435 Berlin

9. EVAP im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg Schlesische Oberlausitz e.V. Pausenstr. 55/56, 12163 Berlin

10. Sozialwerk der Jüdischen Gemeinde zu Berlin GmbH Herbartstr. 26, 14057 Berlin

11. Ambulanter Krankenpflegedienst Michael Bethke GmbH Auguste-Viktoria-Allee 12, 13403 Berlin

12. Verein für Krankenpflegeeinrichtungen in Berlin Kurfürstenstr. 114, 10787 Berlin - Antragsteller-

sowie als Antragsgegnerin

City BKK Hamburger Straße 197, 22083 Hamburg

Zwischen den im Schiedsspruch Beteiligten ist ein Rechtsstreit anhängig, in dem die Antragsgegnerin die Aufhebung des Schiedsspruches begehrt (Sozialgericht Berlin, S 89 KR 1554/05 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, L 9 KR 403/07, früher L 24 KR 288/07).

Das BVA hatte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. Juli 2005 verpflichtet, den Schiedsspruch auszuführen und hierzu die sofortige Vollziehung angeordnet. Für Leistungsfälle, in denen ein erstmaliger Leistungsantrag für Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem 31. Dezember 2006 gestellt wurde, hat das BVA die sofortige Vollziehung mit weiterem Bescheid vom 20. Dezember 2006 ausgesetzt.

Am 27. März 2007 beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin (SG): 1. Es wird festgestellt, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson R Z vom 27. Mai 2005 sofort vollziehbar ist und die Klage gegen den Schiedsspruch vom 28. Juni 2005 keine aufschiebende Wirkung hat. Hilfsweise wird beantragt, gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG die sofortige Vollziehung des Schiedsspruchs vom 27. Mai 2005 durch die Schiedsperson R Z anzuordnen.

Die Antragsschrift enthielt zu Ziffern 2 und 3 weitere Anträge (Unterlassungsanträge gegen die Antragsgegnerin). Das SG hat mit Beschluss vom 25. April 2007 den Antrag zu 1 abgetrennt und zum Aktenzeichen S 72 KR 1534/07 ER – dem vorliegenden Verfahren – fortgeführt. Mit weiterem Beschluss vom 12. Juni 2007 hat sich das SG für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) verwiesen. Es sei die sofortige Vollziehbarkeit des Schiedsspruches vom 27. Mai 2005 bzw. die aufschiebende Wirkung der dagegen gerichteten Klage streitig. Derzeit sei beim LSG das Berufungsverfahren anhängig. Dieses stelle gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG die Haupotsache zum vorliegenden Eilverfahren dar, weshalb das Verfahren an das LSG zu verweisen sei.

Die Antragstellerin hat sich zur Verweisung an das LSG dahingehend geäußert, dass sie zwar der Auffassung sei, dass gerade eine Verbindung mit dem "Hauptsacheverfahren" nicht zu erfolgen habe, da die Antragstellerin nicht Beklagte im "Hauptsacheverfahren" sei. Allerdings habe sich "am SG die Auffassung gefestigt, dass der Rechtsstreit dem Hauptsacheverfahren zuzuordnen sei". Die Antragstellerin sei allerdings am "Hauptsacheverfahren" insoweit beteiligt, als sie Beteiligte am Schiedsspruch sei, was allerdings nicht unmittelbar aus dem Rubrum des Schiedsspruches folge. Sie werde allerdings durch ihren Berufsverband vertreten und sei somit Beteiligte des Schiedsspruches. Vorsorglich werde die Beiladung zum Hauptsacheverfahren beantragt.

In der Sache habe die Antragstellerin Anspruch auf Feststellung, dass die Klage der Antragsgegnerin gegen den Schiedsspruch keine aufschiebende Wirkung habe, bzw. hilfsweise auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 SGG.

Das Landessozialgericht Berlin habe im Beschluss vom 27. September 2005 (gemeint: April) – L 9 B 65/05 KR – dahin Stellung genommen, dass § 132a Abs. 2 SGB V bis auf die Pflicht der Vertragspartner, die Kosten des Schiedsverfahrens zu gleichen Teilen zu tragen, keine näheren Einzelheiten des Schiedsverfahrens regele. Insoweit entstehe jedoch keine Lücke, weil über § 69 SGB V auf die Bestimmungen des § 89 SGB V zurückzugreifen sei, soweit deren Anwendung nicht dem Charakter des in § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V installierten Schiedsverfahrens zuwider laufe, denn nach § 69 Satz 2 SGB V regele das vierte Kapitel des SGB V nebst den §§ 63 und 64 SGB V die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihrer Verbände und damit auch zu den Erbringern der häuslichen Krankenpflege abschießend. Innerhalb dieses Normgefüges existierten Vorschriften über die nähere Ausgestaltung eines Schiedsverfahrens nur in § 89 SGB V, der auf das schiedsamtliche Verfahren für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung zugeschnitten sei. Hiernach entscheide das Schiedsamt unter Anwendung der nach § 89 Abs. 6 SGB V erlassenen Vorordnung über die Schiedsämter für die vertragsärztliche Versorgung in einem rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechenden Verfahren, insbesondere nach Gewährung rechtlichen Gehörs. Bei seiner Entscheidung nach § 89 Abs. 1 Satz 3 bzw. 1a Satz 2 SGB V handele es sich um einen Verwaltungsakt, was sich aus § 89 Abs. 1 Satz 5 bzw. Abs. 1a Satz 3 SGB V ergebe. Soweit danach eine Klage gegen die Festsetzung des Schiedsamtes keine aufschiebende Wirkung habe, müsse die mit der Klage angegriffene Entscheidung regelnden Charakter im Sinne des § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) haben (Hinweis auf: Henke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Februar 2002, § 89 Abs. 1 Satz 6 bzw. Abs. 1a Satz 3 SGB V). Sie unterliege den üblichen Anfechtungsmöglichkeiten und sei gemäß § 89 Abs. 1 Satz 6 bzw. Abs. 1a Satz 3 SGB V Kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Nichts anderes habe für die Entscheidung des Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V zu gelten, weil sich insoweit keine Besonderheiten aus § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V entnehmen ließen. Das Verhalten der Antragsgegnerin zeige insgesamt, dass sie nicht gewillt sei, Leistungen auf der Grundlage des Schiedsspruches zu erbringen. Der vom Gesetzgeber aufgezeigte Weg zum Vertrag gemäß § 132 Abs. 2 SGB V werde durch Drohung mit Zahlungseinstellung unterlaufen, um doch den von der City BKK vorgesehenen Vertrag aus dem Jahre 2005 einseitig durchzusetzen. Das LSG halte den gestellten Antrag für zulässig und bestätige dies in einer Vielzahl von Entscheidungen im Rahmen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich der Weigerung der Antragsgegnerin zur Vergütung nach dem Schiedsverfahren (Hinweis auf LSG L 9 B 281/06 KR). Auch der erste Senat des LSG Berlin halte mit seiner Entscheidung vom 14. März 2005 (L 1 B 59/05 KR ER) Anträge auf vorläufige Weiterversorgung der Versicherten der Antragsgegnerin sogar ohne bestehenden Schiedsspruch für zulässig und begründet. Eines besonderen Eilbedürfnisses bedürfte es zur Feststellung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht, da bereits das Gesetz davon ausgehe (§ 89 Abs. 1 Satz 6 bzw. Abs. 1a Satz 3 SGB V).

Die Antragsgegnerin hält den Antrag für unzulässig, zumindest aber für unbegründet. Für die Feststellung, die Klage gegen den Schiedsspruch möge keine aufschiebende Wirkung haben, gebe es kein Rechtsschutzinteresse. Die Antragstellerin und die sonstigen Pflegedienste in Berlin erhielten ihre Leistungen aufgrund des Verpflichtungsbescheides des BVA vergütet. Zudem sei nicht klar, welche Klage gegen den Schiedsspruch eine aufschiebende Wirkung haben solle. Es seien Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin und dem Sozialgericht Hamburg anhängig. Im Rubrum des Schiedsspruches vom 27. Mai 2005 sei die Antragstellerin nicht aufgeführt, sie dürfte auch deshalb kein Antragsrecht zur Vollziehbarkeit des Schiedsspruches haben.

II. Der Antrag ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig, denn insoweit ist ein deklaratorischer Beschluss möglich, wenn eine Behörde sich entgegen der vom Gesetz gegebenen Rechtslage nach § 86a Abs. 2 SGG verhält (vgl. hierzu: Meyer-Ladwig-Keller-Leiterer, SGG, 8. Auflage, § 86b Rdnr. 15). Die Antragstellerin bezieht sich offensichtlich auf das Entfallen der aufschiebenden Wirkung nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 4 SGB V.

Das LSG ist gemäß § 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) für die Entscheidung zuständig, denn es ist an den Verweisungsbeschluss des Sozialgericht gebunden.

Sowohl der Hauptantrag, als auch der Hilfsantrag der Antragstellerin sind unbegründet. Beide setzen voraus, dass die Antragstellerin als Dritte an einem Verwaltungsakt beteiligt ist. Ein Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehbarkeit festgestellt oder angeordnet werden könnte, liegt hingegen nicht vor. Die entsprechenden Anträge gehen deshalb ins Leere.

Die Antragstellerin macht offensichtlich geltend, zu dem bestimmten Personenkreis zu gehören, an den sich ein Verwaltungsakt des R Z richten soll. Ein derartiger Verwaltungsakt liegt nicht vor. Verwaltungsakt ist gemäß § 31 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihrer Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. R Z ist keine Behörde im Sinne von § 31 SGB X, denn er ist keine "Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt" (§ 1 Abs. 2 SGB X). Ihm ist nicht die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes übertragen worden (hierzu: Roos in von Wulfen, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, SGB X, § 1 Rdnr. 11).

Der Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V wird keine hoheitliche Aufgabe übertragen. Die Vorschrift bestimmt nur, was Vertragsinhalt zwischen den Beteiligten werden soll. Die Schiedsperson hat nach § 132a Abs. 2 SGB V lediglich das zu bestimmen, was eigentlich den Beteiligten am Versorgungsvertrag als Einigung auf vertraglicher Ebene im Rahmen eines Gleichordnungsverhältnisses obliegt. Die Übertragung dieser Aufgabe auf eine grundsätzlich von den Vertragsparteien selbst zu bestimmende Schiedsperson macht diese – auch wenn ihre Einsetzung als Vertragsinhalt durch Gesetz angeordnet ist – nicht zu einem Hoheitsträger. Eine derartige ausdrückliche Anordnung enthält § 132a SGB V jedenfalls nicht. Sie wird auch aus dem Gesetzeszusammenhang des § 132 a SGB V nicht ersichtlich. Die ursprüngliche Fassung des § 132a SGB V ist am 01. Juli 1997 in Kraft getreten (BGBl. I Seite 1536) und enthielt die Vorschriften zur Schiedsperson nach den Sätzen 6 bis 8 des Abs. 2 noch nicht. Die Sätze 6 bis 8 sind vielmehr mit Wirkung vom 01. Januar 2004 durch Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I Seite 2190) eingefügt worden. Zur Begründung enthielt der Entwurf des GKV-Modernisierungsgesetzes (Bundestags-Drucksache 15/1525, Seite 123) folgendes: " die Änderungen in Doppelbuchstabe cc verpflichten die Parteien zur Durchführung einer Konfliktlösung, wenn sich die Parteien über den konkreten Inhalt der Verträge, insbesondere über die Höhe der Vergütung nicht einigen können. Dieses Verfahren entspricht einer im Zivilrecht üblichen Schlichtung, wonach sich die Vertragsparteien auf die Leistungsbestimmung durch einen Dritten einigen (§ 317 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Können sich die Parteien nicht auf eine Schlichtungsperson verständigen, legt die Aufsichtsbehörde die Person fest". Gerade der Hinweis auf § 317 BGB in der Gesetzesbegründung legt nahe, dass es sich nicht um eine hoheitliche Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes handeln soll. Auch sonst findet sich in § 132a SGB V kein Hinweis darauf, dass die Vertragsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Leistungsträgern durch hoheitliche Regelung erfolgen soll. Allenfalls die Einsetzung des Schlichters durch die Aufsichtsbehörde könnte insoweit als Verwaltungsakt angesehen werden, darum geht es vorliegend jedoch nicht.

Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf Entscheidungen des LSG Berlin geltend macht, die hoheitliche Tätigkeit und damit die Annahme eines Verwaltungsaktes folge aus § 69 SGB V, wonach das vierte Kapitel des SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen auch zu den sonstigen Leistungserbringern – wie der Antragstellerin – regelten, kann daraus nicht die Annahme eines Verwaltungsaktes entnommen werden. Das vierte Kapitel des SGB V enthält in seinem ersten Abschnitt "allgemeine Grundsätze" (§§ 69 bis 71). Im zweiten Abschnitt regelt es die Beziehungen zu Ärzten, Psychotherapeuten und Zahnärzten (§§ 72 bis 106), im dritten Abschnitt die Beziehungen zu Krankenhäusern und anderen Einrichtungen (§§ 107 bis 114), im vierten Abschnitt die Beziehungen zu Krankenhäusern und Vertragsärzten (§§ 115 bis 123), im fünften Abschnitt die Beziehungen zu Leistungserbringern von Heilmitteln (§§ 124 bis 125), im sechsten Abschnitt die Beziehungen zu Leistungserbringern von Hilfsmitteln (§§ 126 bis 128), im siebenten Abschnitt die Beziehungen zu Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen (§§ 129 bis 131), im achten Abschnitt schließlich die Beziehungen zu sonstigen Leistungserbringern (§§ 132 bis 134a). Aus dieser Systematik wird deutlich, dass zunächst im vierten Kapitel allgemeine Regeln aufgestellt werden und dass sodann für jeden Leistungserbringerbereich gesonderte Vorschriften gelten. Die "allgemeinen Grundsätze" des ersten Abschnitts enthalten keine Ausführungen dazu, wie das Schiedsverfahren nach § 132a Abs. 2 SGBV durchzuführen ist. Daraus, dass für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung Schiedsämter mit verschiedenen Aufgabenstellungen und einer bestimmten Zusammensetzung vorgesehen sind, lässt sich bereits aus der Stellung dieser Vorschrift im Gesetz entnehmen, dass diese und auch die dazu bestehenden Vorschriften – insbesondere § 89 SGB V – ausschließlich für diesen Bereich vorgesehen sind. Die Schiedsämter sind nicht erst durch einen Vertrag zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen vorzusehen, ihnen ist vielmehr Kraft Gesetzes die Regelungsbefugnis übertragen, falls eine Einigung nicht zustande kommt. Ihnen sind in einem geregelten Verfahren konkrete Befugnisse – hoheitliche Befugnisse – eingeräumt. Sie sind über § 70 Nr. 4 SGG beteiligungsfähig an sozialgerichtlichen Verfahren, können also selbständig klagen und verklagt werden. Diese durch das Gesetz übertragene Sonderstellung ist nicht auf andere Stellen übertragbar, denen durch Vertrag oder Auswahl durch die Aufsichtsbehörde die Befugnis erteilt wurde, vertragliche Beziehungen zu gestalten. Allein, dass das Gesetz eine derartige Schiedsperson vorsieht, macht ihre Entscheidungen nicht zu einem Verwaltungsakt oder sonst hoheitlichem Handeln. Wenn die Vertragsparteien nach § 132a SGB V selbst eine Schiedsperson wählen können und sich darauf einigen können, dass deren Entscheidung ihr Vertragsverhältnis bestimmen soll, also ihr das ihnen selbst zukommende Gestaltungsrecht übertragen, ist kein Grund ersichtlich, dass diese Bestimmung nun die Qualität eines Verwaltungsaktes erhalten soll.

Die Vorschriften des § 89 SGB V über das Schiedsamt sind auch nicht entsprechend anwendbar. Das förmliche Verfahren, die Besetzung des Schiedsamtes mit Vertretern beider Seiten und einem neutralen Vorsitzenden sowie die Befugnis des zuständigen Bundesministeriums, durch Rechtsverordnung das nähere zum Schiedsamt zu bestimmen (§ 89 Abs. 6 SGB V) zeigen auf, dass gerade die Besonderheit dieser Institution ihr die Befugnis zuspricht, Entscheidungen mit Verwaltungsaktsqualität zu erlassen. Für deren Entscheidungen ist die Regelung, dass die Klage gegen die Festsetzung des Schiedsamtes keine aufschiebende Wirkung hat (§ 89 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 1a Satz 4 SGB V) nur eine Konsequenz aus der besonderen Stellung dieser Institution. Diese besondere Stellung ist nicht auf die Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 SGB V und deren Entscheidungen zu übertragen. An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass die Schiedsperson R Z am Ende ihres Schiedsspruches vom 27. Mai 2005 die Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat: "gegen die Entscheidung der Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 7 SGBV ist die Klage zulässig ". Insoweit ist über § 51 Abs. 2 SGG in der Tat der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.

Wie bereits erwähnt, verweist die Gesetzesbegründung zu § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V auf entsprechende Regelungen in § 317 BGB. Insoweit sieht § 319 Abs. 1 BGB bei einer offenbar unbilligen Bestimmung deren Unverbindlichkeit vor, wobei die Bestimmung in diesem Falle durch Urteil erfolgen soll. Ein entsprechendes Urteil dürfte ggf. in der Tat durch das Sozialgericht zu ergehen haben.

Die "abschließende Regelung der Rechtsbeziehungen" nach § 69 Satz 1 SGB V steht einer Anwendung insbesondere der §§ 317, 319 BGB nicht entgegen. Insoweit bestimmt § 69 Satz 4 SGB V: "Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind". § 70 enthält insoweit Vorschriften zur Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit der Leistungsträger und Leistungserbringer, steht also einer entsprechenden Anwendung der §§ 317, 319 BGB nicht entgegen. Andere entgegenstehende Vorschriften sind nicht ersichtlich, insbesondere steht § 89 SGB V nicht entgegen, weil dort gerade für den Sonderbereich der vertragsärztlichen Versorgung eine Spezialregelung getroffen wurde.

Nach alledem ist ein Verwaltungsakt, der Schiedsperson R Z, in Bezug auf den sofortige Vollziehbarkeit festzustellen oder anzuordnen wäre, nicht ersichtlich. Entsprechende Anordnungen können daher nicht ergehen.

Eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG hat die Antragstellerin nicht begehrt. Sie hat insbesondere mit Schriftsatz vom 27. März 2007 auf Seite 6 geltend gemacht, "eines besonderen Eilbedürfnisses bedarf es zu Feststellung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht, da bereits das Gesetz davon ausgeht". Von daher ist jedenfalls nicht ersichtlich, welcher Anspruch insoweit in Betracht käme (Anordnungsanspruch) und welcher Anordnungsgrund die Anordnung erfordert (§ 86b Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 920 und § 940 Zivilprozessordnung -ZPO- entsprechend). Entsprechendes ist auch nicht glaubhaft gemacht. Der jetzt mit Schriftsatz vom 19. Juli 2007 "höchstvorsorglich" gestellter Antrag auf Feststellung einer Verpflichtung der Antragsgegnerin zielt offensichtlich nicht auf die Auswirkungen des Schiedsspruches als "Verwaltungsakt", betrifft also nicht den Streitgegenstand des beim LSG anhängigen Verfahrens (jetzt L 9 KR 403/07). Von daher ist der hier gestellte Antrag unzulässig, er dürfte den beim SG verbliebenen Verfahrensteil (S 72 KR 1022/07 ER) betreffen oder beim Sozialgericht neu zu stellen sein. Eines Eingehens darauf, dass der höchst vorsorglich gestellte Antrag die Voraussetzungen nach § 86b Abs. 2 SGG ebenfalls nicht darlegt, bedarf es daher nicht.

Soweit die Antragstellerin ihre Beiladung zum (Hauptsache-) Verfahren L 9 KR 403/07 begehrt, muss sie dies im dortigen Verfahren beantragen. Der erkennende Senat hat darüber nicht zu befinden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO). Die Festsetzung des Streitwertes entspricht der Angabe der Antragstellerin im Schriftsatz vom 27. März 2007 (§ 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-) und legt den Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG – für das Verfahren einstweiliger Anordnung auf die Hälfte reduziert - zugrunde.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG). Für die Entscheidung zum Streitwert gilt § 63 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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