Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 23 AS 3258/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 2084/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Juli 2014 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung ver-pflichtet, den Antragstellern eine Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die Wohnung H-M-Straße – ME 5052-0005- (A 1.OGR), C, zu erteilen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im gesamten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Gründe:
Wegen der Dringlichkeit der Sache war in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Eingang der Erwiderung des Antragsgegners vom 12. August 2014 durch den Vorsitzen-den und Berichterstatter zu entscheiden.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren ist gemäß § 172 SGG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Insbesondere ist sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nrn. 1 und 2b SGG ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache bedürfte die Berufung nicht der Zulassung, weil die Hauptsache – hier der Streit um die Zusicherung der Übernahme der laufenden Kosten der Unterkunft (KdU) in bestimmter Höhe – laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Insoweit kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), zu denen die KdU gehören, gemäß § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II regelmäßig für sechs Monate bewilligt werden und gemäß Satz 4 der Vorschrift längstens für zwölf Monate bewilligt werden können. Denn die Zusicherung, bei der es sich um eine vorgreifliche Teilregelung zur Übernahme höherer angemessener KdU nach einem Umzug handelt (vgl Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 5/10 R – juris), entfaltet nicht für einen bestimmten Leistungszeitraum Bindungswirkung, sondern wirkt bei im Wesentlichen gleichbleibender Sach- und Rechtslage, insbesondere fortbestehender Hilfebedürftigkeit, auf unbestimmte Zeit. Dies entspricht dem Zweck der Zusicherung, dem Leistungsberechtigten Planungssicherheit zu verschaffen (vgl BSG, Urteil vom 22. November 2011 – B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 7). Da aber die Zusicherung als Entstehungsgrund für den Anspruch auf laufende Leistungen für KdU bis zu einer bestimmten Höhe in zeitlicher Hinsicht über den Zeitraum eines Bewilligungsabschnitts hinauswirkt, kann das Interesse des Leistungsberechtigten an der Zusicherung auch nicht auf einen Zeitraum von sechs Monaten bzw höchstens einem Jahr beschränkt sein (vgl ebenso LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 – L 14 AS 1360/14 B ER – juris; aA LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28. Mai 2014 – L 8 AS 196/14 B ER -; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 28. Februar 2012 – L 6 AS 145/11 B PKH –; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juni 2012 – L 5 AS 189/12 B ER – jeweils juris).
Die Beschwerde ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Antragsgegner war durch eine Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG wie erkannt zu verpflichten.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelegung eines vorläufigen Zustands im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelegung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß 86b Abs. 2 Satz 2 SGG iVm mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.
Die vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt, soweit es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um eine vorläufige Leistungsgewährung geht, die ggf im Hauptsacheverfahren noch rückgängig gemacht werden kann. Indes sind an den Erlass der hier begehrten einstweiligen Anordnung strengere Maßstäbe anzulegen. Denn die hier begehrte (grundsätzlich) "vorläufige Zusicherung" ist für einen Leistungsberechtigten nur dann von Nutzen, wenn sie für die Beteiligten auf Dauer Bindungswirkung entfaltet. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn sie nicht nur vorläufig, sondern endgültig erteilt wird (vgl LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2012 - L 25 AS 2712/12 B PKH - juris). Für eine derartige endgültige Vorwegnahme der Hauptsache, für die § 86b Abs. 2 SGG seinem Wortlaut nach grundsätzlich keine geeignete Grundlage darstellt, ist unter Berücksichtigung des in Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes nur dann Raum, wenn zwingende Gründe eine solche Entscheidung gebieten. Derartige Gründe liegen indes vor.
Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Nach § 22 Abs. 4 SGB II soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des Leistungsträgers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft vor Abschluss eines Vertrags über die neue Unterkunft einholen. Der Leistungsträger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II wird nur der bisherige Bedarf für die KdU anerkannt, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen. Aus letztgenannter Regelung folgt auch das Rechtsschutzbedürfnis für die hier begehrte Zusicherung. Denn der Zusicherungsempfänger erhält Planungssicherheit für die zukünftig von dem Antragsgegner zu tragenden KdU-Leistungen, ohne die neue Unterkunft ohne Zusicherung anmieten und sich dann in einem weiteren Verfahren über die Gewährung der angemessenen KdU um die Frage der Erforderlichkeit des Umzugs streiten zu müssen (vgl BSG aaO).
Zur Erteilung der Zusicherung ist danach der Leistungsträger verpflichtet, wenn die Kosten der neuen Unterkunft ihrerseits angemessen sind und der Umzug erforderlich ist. Dies bedeutet, dass auch nur beim Vorliegen beider Voraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung der Zusicherung besteht. Ein Umzug ist erforderlich, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsbezieher leiten lassen würde. Ein nachvollziehbarer Grund für den Umzug besteht. Auch an seiner Erforderlichkeit – und Dringlichkeit - ergeben sich vorliegend in Ansehung des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes der Familie (Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz) keine Zweifel. Die Anmietung der avisierten Wohnung dient letztlich der Integration des Sohnes der Antragstellerin in die Familie, der derzeit in einer Jugendwohngruppe in C untergebracht ist. Für die Dauer der geplanten "umfangreichen Beurlaubungen" (vgl Stellungnahme der Stadt C vom 24. Juni 2014) bilden der Sohn und die Antragsteller eine zeitweise Bedarfsgemeinschaft, für die auch ein entsprechender Unterkunftsbedarf anzuerkennen ist (vgl schon BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R -). Der von dem Antragsgegner vorgebrachte Einwand, der Sohn lebe noch nicht dauerhaft bei den Antragstellern, verfängt daher gerade nicht und verkennt, dass gerade in Ansehung der bezweckten stufenweisen Integration die hierfür erforderlichen, einer möglichst harmonischen Eingliederung förderlichen Wohnverhältnisse von Anfang an gegeben sein müssen. Vor dem Hintergrund der besonderen Situation und im Hinblick darauf, dass die Integration des 14-jährigen Sohnes in die Familie unter Berücksichtigung seiner Lese- und Rechtschreibschwäche und seiner psychischen Behandlungsbedürftigkeit nur unter den vom Jugendamt geschilderten Erfordernissen eines entsprechend geeigneten Wohnumfeldes erfolgversprechend sein dürfte, hält das Gericht einen Umzug für erforderlich und letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen auch für geboten. Denn für eine perspektivisch erfolgreiche Eingliederung kann den Antragstellern und dem Sohn gerade in der Anfangsphase nicht zugemutet werden, eine – in absehbarer Zeit nicht zu erwartende – Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, selbst wenn in der derzeitigen Wohnung eine Unterbringung des Sohnes unter – wie auch der Antragsgegner selbst ein-räumt (vgl Hausbesuchsbericht vom 19. Mai 2014) - beengten Verhältnissen möglich wäre. Denn gerade die an eine entsprechende Räumlichkeit geknüpfte Rückzugsmöglichkeit in eine ungestörte Privatsphäre hat das Jugendamt als wesentlich für den Integrationserfolg bezeichnet. Um diesen von Anfang an sicherzustellen, geht das Gericht auch von einem hinreichenden Anordnungsgrund aus.
Die Kosten für die in Aussicht genommene Wohnung in der H-M-Straße sind – auch nach den von dem Antragsgegner herangezogenen Richtlinien der Stadt C – für drei Personen nach Größe und Miethöhe auch angemessen. Hierüber besteht in der Sache auch kein Streit zwischen den Beteiligten. Es handelt sich hierbei indes nicht um die in dem Kurzexposé in den Verwaltungsakten beschriebene Wohnung, die nach telefonischer Auskunft der Wohnungsgesellschaft Gebäudewirtschaft C GmbH (GWC) vom heutigen Tag (Frau B) bereits anderweitig vermietet worden ist, sondern um die eine Etage in demselben Gebäude niedriger gelegene und nach Größe und Grundriss praktisch identische Wohnung ME 5052-0005 (A 1.OGR) zu einem Gesamtmietzins iHv monatlich 489,85 EUR, die den Antragstellern nach Auskunft der GWC angeboten worden ist und die auch zur Verfügung steht. Wegen der Dringlichkeit der Sache und zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes war daher der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes so auszulegen, dass er sich nunmehr auf eine entsprechend geänderte Zusicherung richtet.
Eine Zusicherung zu den Umzugskosten als solchen kommt indes im Eilverfahren nicht in Betracht, weil entsprechende Kosten noch gar nicht spezifiziert worden sind und diesbezüglich derzeit ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich ist. Die Beschwerde war insoweit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
PKH war den Antragstellern für das erstinstanzliche Verfahren nicht zu bewilligen, weil sie in Anbetracht des ausgeworfenen Kostenerstattungsanspruchs gegenüber dem Antragsgegner insoweit nicht als bedürftig anzusehen sind (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Die Beschwerde war daher auch insoweit zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Wegen der Dringlichkeit der Sache war in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Eingang der Erwiderung des Antragsgegners vom 12. August 2014 durch den Vorsitzen-den und Berichterstatter zu entscheiden.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren ist gemäß § 172 SGG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Insbesondere ist sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nrn. 1 und 2b SGG ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache bedürfte die Berufung nicht der Zulassung, weil die Hauptsache – hier der Streit um die Zusicherung der Übernahme der laufenden Kosten der Unterkunft (KdU) in bestimmter Höhe – laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Insoweit kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), zu denen die KdU gehören, gemäß § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II regelmäßig für sechs Monate bewilligt werden und gemäß Satz 4 der Vorschrift längstens für zwölf Monate bewilligt werden können. Denn die Zusicherung, bei der es sich um eine vorgreifliche Teilregelung zur Übernahme höherer angemessener KdU nach einem Umzug handelt (vgl Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 5/10 R – juris), entfaltet nicht für einen bestimmten Leistungszeitraum Bindungswirkung, sondern wirkt bei im Wesentlichen gleichbleibender Sach- und Rechtslage, insbesondere fortbestehender Hilfebedürftigkeit, auf unbestimmte Zeit. Dies entspricht dem Zweck der Zusicherung, dem Leistungsberechtigten Planungssicherheit zu verschaffen (vgl BSG, Urteil vom 22. November 2011 – B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 7). Da aber die Zusicherung als Entstehungsgrund für den Anspruch auf laufende Leistungen für KdU bis zu einer bestimmten Höhe in zeitlicher Hinsicht über den Zeitraum eines Bewilligungsabschnitts hinauswirkt, kann das Interesse des Leistungsberechtigten an der Zusicherung auch nicht auf einen Zeitraum von sechs Monaten bzw höchstens einem Jahr beschränkt sein (vgl ebenso LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 – L 14 AS 1360/14 B ER – juris; aA LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28. Mai 2014 – L 8 AS 196/14 B ER -; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 28. Februar 2012 – L 6 AS 145/11 B PKH –; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juni 2012 – L 5 AS 189/12 B ER – jeweils juris).
Die Beschwerde ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Antragsgegner war durch eine Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG wie erkannt zu verpflichten.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelegung eines vorläufigen Zustands im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelegung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß 86b Abs. 2 Satz 2 SGG iVm mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.
Die vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt, soweit es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um eine vorläufige Leistungsgewährung geht, die ggf im Hauptsacheverfahren noch rückgängig gemacht werden kann. Indes sind an den Erlass der hier begehrten einstweiligen Anordnung strengere Maßstäbe anzulegen. Denn die hier begehrte (grundsätzlich) "vorläufige Zusicherung" ist für einen Leistungsberechtigten nur dann von Nutzen, wenn sie für die Beteiligten auf Dauer Bindungswirkung entfaltet. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn sie nicht nur vorläufig, sondern endgültig erteilt wird (vgl LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2012 - L 25 AS 2712/12 B PKH - juris). Für eine derartige endgültige Vorwegnahme der Hauptsache, für die § 86b Abs. 2 SGG seinem Wortlaut nach grundsätzlich keine geeignete Grundlage darstellt, ist unter Berücksichtigung des in Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes nur dann Raum, wenn zwingende Gründe eine solche Entscheidung gebieten. Derartige Gründe liegen indes vor.
Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Nach § 22 Abs. 4 SGB II soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des Leistungsträgers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft vor Abschluss eines Vertrags über die neue Unterkunft einholen. Der Leistungsträger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II wird nur der bisherige Bedarf für die KdU anerkannt, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen. Aus letztgenannter Regelung folgt auch das Rechtsschutzbedürfnis für die hier begehrte Zusicherung. Denn der Zusicherungsempfänger erhält Planungssicherheit für die zukünftig von dem Antragsgegner zu tragenden KdU-Leistungen, ohne die neue Unterkunft ohne Zusicherung anmieten und sich dann in einem weiteren Verfahren über die Gewährung der angemessenen KdU um die Frage der Erforderlichkeit des Umzugs streiten zu müssen (vgl BSG aaO).
Zur Erteilung der Zusicherung ist danach der Leistungsträger verpflichtet, wenn die Kosten der neuen Unterkunft ihrerseits angemessen sind und der Umzug erforderlich ist. Dies bedeutet, dass auch nur beim Vorliegen beider Voraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung der Zusicherung besteht. Ein Umzug ist erforderlich, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsbezieher leiten lassen würde. Ein nachvollziehbarer Grund für den Umzug besteht. Auch an seiner Erforderlichkeit – und Dringlichkeit - ergeben sich vorliegend in Ansehung des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes der Familie (Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz) keine Zweifel. Die Anmietung der avisierten Wohnung dient letztlich der Integration des Sohnes der Antragstellerin in die Familie, der derzeit in einer Jugendwohngruppe in C untergebracht ist. Für die Dauer der geplanten "umfangreichen Beurlaubungen" (vgl Stellungnahme der Stadt C vom 24. Juni 2014) bilden der Sohn und die Antragsteller eine zeitweise Bedarfsgemeinschaft, für die auch ein entsprechender Unterkunftsbedarf anzuerkennen ist (vgl schon BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R -). Der von dem Antragsgegner vorgebrachte Einwand, der Sohn lebe noch nicht dauerhaft bei den Antragstellern, verfängt daher gerade nicht und verkennt, dass gerade in Ansehung der bezweckten stufenweisen Integration die hierfür erforderlichen, einer möglichst harmonischen Eingliederung förderlichen Wohnverhältnisse von Anfang an gegeben sein müssen. Vor dem Hintergrund der besonderen Situation und im Hinblick darauf, dass die Integration des 14-jährigen Sohnes in die Familie unter Berücksichtigung seiner Lese- und Rechtschreibschwäche und seiner psychischen Behandlungsbedürftigkeit nur unter den vom Jugendamt geschilderten Erfordernissen eines entsprechend geeigneten Wohnumfeldes erfolgversprechend sein dürfte, hält das Gericht einen Umzug für erforderlich und letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen auch für geboten. Denn für eine perspektivisch erfolgreiche Eingliederung kann den Antragstellern und dem Sohn gerade in der Anfangsphase nicht zugemutet werden, eine – in absehbarer Zeit nicht zu erwartende – Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, selbst wenn in der derzeitigen Wohnung eine Unterbringung des Sohnes unter – wie auch der Antragsgegner selbst ein-räumt (vgl Hausbesuchsbericht vom 19. Mai 2014) - beengten Verhältnissen möglich wäre. Denn gerade die an eine entsprechende Räumlichkeit geknüpfte Rückzugsmöglichkeit in eine ungestörte Privatsphäre hat das Jugendamt als wesentlich für den Integrationserfolg bezeichnet. Um diesen von Anfang an sicherzustellen, geht das Gericht auch von einem hinreichenden Anordnungsgrund aus.
Die Kosten für die in Aussicht genommene Wohnung in der H-M-Straße sind – auch nach den von dem Antragsgegner herangezogenen Richtlinien der Stadt C – für drei Personen nach Größe und Miethöhe auch angemessen. Hierüber besteht in der Sache auch kein Streit zwischen den Beteiligten. Es handelt sich hierbei indes nicht um die in dem Kurzexposé in den Verwaltungsakten beschriebene Wohnung, die nach telefonischer Auskunft der Wohnungsgesellschaft Gebäudewirtschaft C GmbH (GWC) vom heutigen Tag (Frau B) bereits anderweitig vermietet worden ist, sondern um die eine Etage in demselben Gebäude niedriger gelegene und nach Größe und Grundriss praktisch identische Wohnung ME 5052-0005 (A 1.OGR) zu einem Gesamtmietzins iHv monatlich 489,85 EUR, die den Antragstellern nach Auskunft der GWC angeboten worden ist und die auch zur Verfügung steht. Wegen der Dringlichkeit der Sache und zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes war daher der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes so auszulegen, dass er sich nunmehr auf eine entsprechend geänderte Zusicherung richtet.
Eine Zusicherung zu den Umzugskosten als solchen kommt indes im Eilverfahren nicht in Betracht, weil entsprechende Kosten noch gar nicht spezifiziert worden sind und diesbezüglich derzeit ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich ist. Die Beschwerde war insoweit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
PKH war den Antragstellern für das erstinstanzliche Verfahren nicht zu bewilligen, weil sie in Anbetracht des ausgeworfenen Kostenerstattungsanspruchs gegenüber dem Antragsgegner insoweit nicht als bedürftig anzusehen sind (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Die Beschwerde war daher auch insoweit zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
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