L 15 AY 2/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 AY 143/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 AY 2/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 7a AsylbLG berechtigt Leistungsträger nicht, Sicherheit für in der Vergangenheit liegende Leistungszeiträume zu verlangen.

2. Das Recht auf Verlangen einer Sicherheit besteht jedenfalls dann nicht mehr, wenn Leistungen nach dem AsylbLG ohne Anrechnung von Vermögen vorbehaltlos gewährt worden sind, bis die Leistungsberechtigung nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 AsylbLG endete.
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Februar 2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist das Verlangen einer Sicherheit für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Der Kläger ist 1971 geboren worden. Sein derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt. Er reiste im Mai 2007 zusammen mit seiner 1979 geborenen Ehefrau und den beiden (im Januar und Dezember) 1999 geborenen Kindern in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten die Gewährung von Asyl. Der Kläger und seine Ehefrau gaben bei ihrer Einreise an, armenische Staatsangehörige zu sein. Jedenfalls ab Juni 2007 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Familie Leistungen nach dem AsylbLG.

Nachdem sie bis dahin in einem Wohnheim untergebracht waren, bezogen der Kläger und seine Familie im August 2007 eine von ihm mit Zustimmung des Beklagten angemietete Wohnung. Ab 1. August 2007 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Familie darauf hin laufende Geldleistungen nach dem AsylbLG. Die nach dem Mietvertrag geschuldete Miete einschließlich Heizkosten wurde direkt an den Vermieter überwiesen, die Abschlagszahlungen für Elektroenergie direkt an den Stromversorger. Außerdem bewilligte der Beklagte einmalige Beihilfen zur Erstausstattung der Wohnung teils als Barbeihilfe (744,- EUR), teils als Kostenübernahmescheine (Wert 1.473,- EUR). Die bewilligten Barbeträge für den Lebensunterhalt der Familie lagen regelmäßig zwischen 700,- und 800,- EUR monatlich. Für den Zeitraum 28. Januar 2008 bis 9. März 2008 wurden Barleistungen in Höhe von 1.139,46 EUR bewilligt und am 28. Januar 2008 per Scheck an den Kläger ausgezahlt, für den Zeitraum 10. März bis 13. April 2008 in Höhe von 887,49 EUR bewilligt und am 11. März 2008 per Scheck ausgezahlt sowie für den Zeitraum 14. April bis 19. Mai 2008 936,05 EUR bewilligt und am 14. April 2008 per Scheck ausgezahlt. Am 11. März 2008 erklärte der Kläger außerdem gegenüber dem Beklagten, dass er in der Zeit vom 18. Dezember 2007 bis zum 11. März 2008 keine Einkünfte gehabt habe und dass in seinen sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Veränderungen eingetreten seien.

Am 4. Februar 2008 war unterdessen die Wohnung des Klägers auf richterliche Anordnung durch die Polizei durchsucht worden. Neben diversen Gegenständen war ein Barbetrag von 2.800,- EUR (Stückelung 5 x 200, 5 x 100, 17 x 50, 15 x 20, 15 x 10 EUR) auf der Grundlage des § 38 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) sichergestellt worden. Von der Sicherstellung wurde der Beklagte am 5. Mai 2008 in Kenntnis gesetzt.

Durch Bescheid vom 6. Mai 2008 verfügte der Beklagte gegenüber dem Kläger, dass er für die vom 4. Februar bis 30. April 2008 gewährten Leistungen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.800,- EUR nach § 7a AsylbLG beanspruche und im Wege des unmittelbaren Zwanges gemäß §§ 12 und 6 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) anordne. Die von der Polizei festgestellten Barmittel seien als Vermögen für den Lebensunterhalt aufzubrauchen. Die Anordnung des unmittelbaren Zwanges rechtfertige sich dadurch, dass der Kläger entgegen den gesetzlichen Vorschriften das Vermögen nicht aufgebraucht habe, bevor er Leistungen beantragt habe, und dass er den Besitz von Vermögen verschwiegen habe. Das Interesse des Klägers, keine Sicherheit leisten zu müssen, müsse hinter dem öffentlichen Interesse zurückstehen. Zugleich werde "die sofortige Vollziehung dieses Bescheides gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)" aus den vorgenannten Gründen angeordnet. Der Polizeipräsident in Berlin überwies dem Beklagten darauf hin einen Betrag von 2.800,- EUR. Der Beklagte bewilligte dem Kläger und seiner Familie auch danach ohne Unterbrechung weiter Leistungen.

Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom "5." (richtig: 6.) Mai 2008 machte der Kläger geltend, dass es sich bei dem beschlagnahmten Betrag um die Summe aus der Sozialhilfe für seine Familie im Monat Februar 2008, entsprechend 1.139,46 EUR, und einem Betrag von 1.600,- EUR handele, der seinem ehemaligen Wohnungsnachbarn G T gehöre. Der Nachbar habe ihm das Geld zur kurzfristigen Aufbewahrung bis zum Einzug in eine neue Wohnung gegeben, nachdem die alte wegen eines Brandes nicht mehr bewohnbar gewesen sei. Das Geld habe der Nachbar vom Sozialamt für die Erstausstattung einer neuen Wohnung erhalten. Die "sofortige Vollziehung" sei für ihn eine besondere Härte, weil er "total überschuldet" sei. Er müsse nicht nur Herrn T 1.600,- EUR abgeben, sondern auch seinem Bekannten A M 800,- EUR, die er von ihm am 7. Februar 2008 für Nahrungsmittel, Fahrkarten und die Bezahlung der Rechtsanwaltsgebühren geliehen habe. Hierzu hat er einen schriftlichen "Darlehensvertrag" ohne Datum zwischen A M und ihm sowie eine "Vereinbarung" mit Datum des 1. Februar 2008 zwischen Herrn T und ihm über die Aufbewahrung eines Betrages von 1.600,- EUR vorgelegt.

Durch Widerspruchsbescheid vom 8. August 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für das Verlangen einer Sicherheitsleistung lägen vor. Der Kläger habe weder bei der Beschlagnahme noch später der Polizei gegenüber geltend gemacht, dass das bei ihm gefundene Bargeld von 2.800,- EUR nicht ihm gehöre oder es sich um Restleistungen nach dem AsylbLG handle. Die erst im Widerspruchsverfahren abgegebene Erklärung zur Herkunft des Geldes sei angesichts der beschlagnahmten anderen Gegenstände vollkommen unglaubhaft. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger das ihm am 7. Februar 2008 gewährte Darlehen von 800,- EUR vor der Gewährung öffentlicher Leistungen aufzubrauchen gehabt habe, gleichgültig zu welchem Zweck es gewährt worden sei.

Der Asylantrag des Klägers war unterdessen im Juni 2008 abgelehnt worden. Danach waren ihm jeweils befristet Bescheinigungen über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) erteilt worden, zuletzt bis zum 7. Oktober 2011.

Mit seiner Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2008 hat der Kläger sein Anliegen im Wesentlichen mit der Begründung aus dem Widerspruchsverfahren weiterverfolgt. Jedenfalls müsse die am 28. Januar 2008 gewährte Barleistung von dem als Sicherheitsleistung beanspruchten Betrag abgezogen werden. Der Beklagte hat dem entgegen gehalten, dass die Herkunft des Geldes noch vollkommen unklar sei. Im Besonderen sei nicht nachzuvollziehen, warum die am 28. Januar 2008 dem Kläger ausgezahlte Leistung in dem erst am 4. Februar 2008 beschlagnahmten Geldbetrag vollständig enthalten gewesen sein solle. Träfe dies zu, stünde damit fest, dass der Kläger die ausgezahlte Leistung nicht zum Lebensunterhalt benötigt habe und damit nicht bedürftig gewesen sei.

Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit, dass die Wohnung des ehemaligen Nachbarn und seiner Familie am 1. Januar 2008 ausgebrannt sei. Infolgedessen seien dem Nachbarn und seiner Ehefrau vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf für die Erstausstattung der neuen Wohnung eine einmalige Beihilfe von 2.117,- EUR und eine Mietkaution von 1.261,- EUR gewährt und am 31. Januar und 1. Februar 2008 in bar ausgezahlt worden. Weil der Nachbar und seine Familie zunächst provisorisch in einem Heim am F P untergebracht gewesen seien, sei der Nachbar in Sorge gewesen, dass sie dort bestohlen werden könnten. Er habe den Betrag von 1.600,- EUR deshalb dem Kläger gegeben, während der darüber hinausgehende Betrag anderweitig verwendet worden sei. Das polizeiliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und seine Ehefrau sei noch nicht abgeschlossen.

Der Beklagte antwortete auf die Frage des Sozialgerichts nach dem Zweck der Sicherheitsleistung, es sei dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen, dass diese rückwirkend eingesetzt worden sei. Nach ergänzender Frage des Sozialgerichts führte der Beklagte aus, dass die Klage jedenfalls hinsichtlich eines Betrages von 1.600,- EUR abweisungsreif sei, weil er schon nach seinem eigenen Vortrag nicht Eigentümer des Geldes sei. Sei er dagegen Eigentümer des Gesamtbetrages gewesen, habe er ihn auch vollständig einzusetzen. Hilfsweise berufe sich der Beklagte aber auch darauf, dass die Sicherheitsleistung zukunftsgerichtet einzubehalten gewesen sei. Der Kläger habe sich bis zum 28. Februar 2011 im Leistungsbezug befunden. Die bis dahin geflossenen Leistungen hätten den sichergestellten Betrag erheblich überschritten, das sichergestellte Vermögen sei damit zurückgeflossen.

Durch Gerichtsbescheid vom 13. Februar 2012 hat das Sozialgericht der Klage insoweit stattgegeben, als es die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten zur Freigabe des Gesamtbetrages von 2.800,- EUR sowie zur Auszahlung von 1.200,- EUR an den Kläger verurteilt hat. Außerdem hat es dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers in vollem Umfang auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Sozialrechtsweg sei eröffnet. Die angefochtenen Bescheide seien bereits deshalb aufzuheben, weil ihnen keine Ermessenserwägungen zu entnehmen seien. Der Beklagte sei aber nicht zur Neubescheidung zu verpflichten, ebensowenig eine Ermessensreduzierung auf Null zu prüfen gewesen. Die Bescheide seien auch deshalb rechtswidrig, weil der von dem Beklagten mit der Sicherheitsleistung verfolgte Zweck entfallen sei. Die Rechtsgrundlage § 7a AsylbLG ermächtige nicht dazu, sichergestelltes Geld allein deshalb einzubehalten, weil in der Vergangenheit Leistungen nach dem AsylbLG gewährt worden seien, diese aktuell gewährt würden oder die Leistungsgewährung in der Zukunft beabsichtigt sei. Entweder müsse durch die Sicherheitsleistung gewährleistet werden, dass vorhandenes Vermögen verbraucht werde - dann müsse die Zahlung von Leistungen nach dem AsylbLG beendet und stattdessen ein entsprechender Betrag aus der sichergestellten Summe zur Verfügung gestellt werden -, oder es müsse gewährleistet werden, dass ein Erstattungsanspruch gesichert werde - dann müssten solche Ansprüche geltend gemacht und gegebenenfalls vorhandene Bewilligungsbescheide aufgehoben werden. Die Auslegung der Bescheide ergebe, dass der Beklagte sich entschieden habe, einen Erstattungsanspruch für Zeiträume in der Vergangenheit zu sichern, werde doch die Sicherheit für Leistungen angeordnet, die im Zeitraum 4. Februar bis 30. April 2008 in Anspruch genommen worden seien. Die diesen Zeitraum betreffenden Bewilligungsbescheide seien bis jetzt aber nicht aufgehoben oder zurückgenommen worden, dementsprechend bestehe derzeit auch kein Erstattungsanspruch. Weil auf den Zeitpunkt der (letzten) angefochtenen Verwaltungsentscheidung abzustellen sei, habe keine Bedeutung, dass der Beklagte im Klageverfahren erwogen habe, das Sicherungsziel auszutauschen. Abgesehen davon habe der Beklagte unverändert nicht hinreichend konkretisiert, für welchen Zeitraum genau Bedarfe aus dem sichergestellten Betrag befriedigt werden sollten. Eine Aufhebung der Leistungsbescheide betreffend den Zeitraum 4. Februar bis 30. April 2008 sei im Übrigen zwar im Zeitpunkt der angefochtenen Verwaltungsentscheidung noch möglich gewesen, ändere aber nichts daran, dass der Beklagte von seinen rechtlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht habe. Dass der Beklagte den von ihm als Sicherheit beanspruchten Betrag freizugeben habe, sei aus Klarstellungsgründen auszusprechen gewesen. Der Sachverhalt sei angesichts der Gründe für die Aufhebung der angefochtenen Bescheide nicht weiter aufzuklären gewesen, im Besonderen nicht in Bezug auf die Herkunft des sichergestellten Geldbetrags. Soweit der Kläger mit der Leistungsklage die Herausgabe des vollen Betrages geltend gemacht habe, sei aber zu berücksichtigen, dass er nach seinem eigenen Vortrag nur Eigentümer von 1.200,- EUR gewesen sei. Die Kostenentscheidung berücksichtige, dass der Veranlassungsanteil des Beklagten so stark überwiege, dass das teilweise Unterliegen des Klägers nicht ins Gewicht falle.

Mit seiner Berufung strebt der Beklagte die Klageabweisung in vollem Umfang an. Die Klage sei unzulässig, nachdem die letzte dem Kläger erteilte Duldung im Oktober 2011 abgelaufen und sein derzeitiger Aufenthaltsort ungeklärt sei. Unzulässig sei die Klage auch, soweit der Kläger die Auszahlung von mehr als 1.139,46 EUR - der ihm zuletzt vor der polizeilichen Sicherstellung des Geldes ausgezahlten Leistung nach dem AsylbLG - beanspruche. Die Klage sei aber auch unbegründet. Es sei widersprüchlich, wenn das Sozialgericht einerseits - zutreffend - ausführe, dass für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich sei, andererseits aber für den Ablauf von Fristen für Rückforderungs- und Erstattungsansprüche auch die danach liegende Zeit als entscheidungserheblich ansehe. Rechtmäßig sei die Anordnung der Sicherheitsleistung deshalb gewesen, weil die Herkunft der 2.800,- EUR bei Bescheiderlass unklar gewesen sei und es auch weiterhin sei. Die Angaben des Klägers seien nicht glaubhaft. Im Besonderen habe weder der Nachbar Tatojan sein Geld eingefordert noch habe der Kläger bei seinen Vorsprachen wegen Leistungsgewährung am 13. März und 14. April 2008 geltend gemacht, mittellos zu sein.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Februar 2012 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung des Sozialgerichts sei zutreffend.

Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Nachdem nur der Beklagte Berufung eingelegt hat, ist allein über die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung unter Anwendung unmittelbaren Zwangs und einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Betrages von 1.200,- EUR an ihn zu entscheiden.

Der Zulässigkeit der hierauf bezogenen Klage des Klägers steht nicht entgegen, dass sein Aufenthaltsort nicht bekannt ist und er auch keine ausländerrechtliche Berechtigung besitzt, sich längerfristig in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten. Beides sind keine Voraussetzungen für die Beteiligten- und Prozessfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren (§§ 69 Nr. 1, 70 Nr. 1, 71 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Vertretungsbefugnis des Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwalt (§ 73 Abs. 2 Satz 1 SGG) wird durch diese Umstände ebenfalls nicht berührt (arg. e § 202 SGG i.V. mit §§ 239ff Zivilprozessordnung).

Das Sozialgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Er hat deshalb gegenüber dem Beklagten einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (s. VG Berlin, Urteil vom 22. November 2012 - 1 K 262.10 -, dort betreffend einen Dritten).

Der Beklagte stützt die Verfügungen in dem angefochtenen Verwaltungsakt auf § 7a AsylbLG i.V. mit §§ 12, 6 Abs. 2 VwVG des Bundes (§ 5a des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung).

Gemäß § 7a AsylbLG kann von Leistungsberechtigten wegen der ihnen und ihren Familienangehörigen zu gewährenden Leistungen nach diesem Gesetz Sicherheit verlangt werden, soweit Vermögen im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG vorhanden ist (Satz 1). Die Anordnung der Sicherheitsleistung kann ohne vorherige Vollstreckungsandrohung im Wege des unmittelbaren Zwangs erfolgen (Satz 2). Das Verlangen nach Sicherheit steht im Ermessen des Leistungsträgers nach dem AsylbLG (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 7a AsylbLG Rn 9).

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG sind Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7a Satz 1 AsylbLG waren im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Beklagten nicht erfüllt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob § 7a AsylbLG von vornherein nur ein Verlangen nach Sicherheitsleistung bezogen auf ein bei der Einreise vorhandenes Vermögen gestattet (so unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien etwa Hohm, Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG, § 7a Rn 6; Wahrendorf a.a.O. Rn 1) oder ob Sicherheit grundsätzlich nur für in der Zukunft liegende Leistungen verlangt werden kann (dazu Wahrendorf a.a.O. Rn 6 m.w.Nachw.). Die Vorschrift ermächtigt jedenfalls nicht die Einbehaltung von Vermögen zur generellen Herstellung des Nachrangs der Leistungen nach dem AsylbLG oder zur Sicherung jedweder Erstattungsansprüche, im Besonderen nicht der auf der Grundlage des (§ 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG i.V. mit) § 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) als Folge der Aufhebung einer Leistungsbewilligung auf der Grundlage der §§ 44ff SGB X entstandenen. Sowohl aus dem Wortlaut ("wegen der ... zu gewährenden Leistungen nach diesem Gesetz") als auch nach den Gesetzesmaterialien und dem systematischen Zusammenhang mit § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG (Anwendungserklärung betreffend die §§ 44 bis 50 SGB X) beschränkt sich die Eingriffsermächtigung nur auf die im AsylbLG selbst geregelten Umstände, die einem Anspruch auf Leistungen entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG) oder eine Kostenbeteiligung ("Erstattung") vorsehen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG; a.A. möglicherweise VG Frankfurt (Main), Beschluss vom 20. November 2001 - 14 G 4746/01 (1) -, das auf die "Sicherung des Nachranggrundsatzes" abstellt, sich jedoch nicht mit der Frage auseinandersetzt, was den genauen Gegenstand der verlangten Sicherung bei bereits gewährten Leistungen bildet).

Vor diesem Hintergrund konnte der Beklagte schon deshalb auf der Grundlage des § 7a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG keine Sicherheit für den von ihm in dem Bescheid vom 6. Mai 2008 benannten, zu diesem Zeitpunkt bereits in der Vergangenheit liegenden Zeitraum vom 4. Februar bis zum 30. April 2008 beanspruchen, weil er den Rechtsgrund für die bewilligten Leistungen nur mittels einer Rücknahme der Leistungsbewilligungen auf der Grundlage der §§ 44ff SGB X - mutmaßlich des § 45 SGB X - hätte beseitigen können.

Eine andere Auslegung lässt sich nicht damit begründen, dass auf diese Weise Leistungsberechtigte, die ihr Vermögen vorwerfbar nicht angeben, begünstigt würden. Zum einen beschränkt sich § 7a AsylbLG von vornherein nur auf das Einräumen einer Sicherheit für den Leistungsträger und schließt nicht zwangsläufig dessen Leistungspflicht aus (zu den Schwierigkeiten bei der Umsetzung bei sichergestellten Vermögensgegenständen Herbst in Mergler/Zink in Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, § 7a AsylbLG Rn 4). Zum anderen steht Vermögen einem Leistungsanspruch so lange entgegen, wie es vorhanden ist, weshalb es dem Leistungsträger grundsätzlich offensteht, eine Sicherung noch zukunftsgerichtet zu verlangen.

Ob der Beklagte - wie im Klageverfahren erster Instanz "hilfsweise" geschehen - den Bezugspunkt der Sicherheit noch auf künftige Leistungen ändern konnte, kann ebenfalls dahingestellt bleiben, selbst wenn weiter unterstellt wird, dass § 7a AsylbLG überhaupt auf nach der Einreise erworbenes Vermögen angewendet werden kann und es sich bei den streitigen 1.200,- EUR um Vermögen handelt. Der Beklagte hat jedenfalls Leistungen bis zum Ende des Bezugs am 28. Februar 2011 durchgehend gewährt, ohne Vermögen anzurechnen. Der Kläger gehört seit dem Ablauf seiner letzten Duldung am 7. Oktober 2011 auch nicht mehr zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 i.V. mit Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG). Der bei einer Zukunftsgerichtetheit allein in Betracht kommende gesetzliche Sicherungszweck, Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG zum vollständigen Verbrauch des Vermögens zu veranlassen, bevor sie (weitere) Leistungen nach dem AsylbLG in Anspruch nehmen (s. Hohm a.a.O.), könnte durch das Verlangen einer Sicherheit deshalb nicht mehr erreicht werden. Selbst bei einem rechtmäßigen Sicherungsverlangen würde sich ein entsprechender Verwaltungsakt durch das Erlöschen der Leistungsberechtigung erledigen (Wahrendorf a.a.O. Rn. 16 unter Bezug auf Herbst a.a.O. Rn 5).

Auf die weiteren Ausführungen der Beteiligten war nicht einzugehen, weil sie im Rahmen der Berufung nicht entscheidungserheblich sind.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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