Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 157 AS 25188/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 972/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Februar 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weiterbewilligung von Einstiegsgeld ab Juni 2012 nach § 16b Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II.
Die 1972 geborene Klägerin, eine ausgebildete Sekretärin und IT-Systemkauffrau, die seit 2010 in verschiedenen Lokalen überwiegend als Bar- und Servicekraft arbeitete und 2011 einen Existenzgründerlehrgang absolvierte, bezog als Alleinstehende vom Beklagten laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie meldete zum 1. Dezember 2011 die hauptamtliche Tätigkeit eines Cateringservice, Betriebsstätte A in B, als Gewerbe an. Auf ihren Antrag auf Gewährung von Einstiegsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 1. Dezember 2011 – laut Unternehmenskonzept vom 28. September 2011, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ein Catering-Service mit den Schwerpunkten Kuchen, Fingerfood und Suppen – zunächst von ihrer auch jetzt noch bewohnten Wohnung aus, dann in Räumlichkeiten in der Straße A in B, bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 2011 Einstiegsgeld für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 in Höhe von monatlich 182 EUR im Hinblick auf das von der Klägerin prognostizierte Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS – auf die entsprechenden Angaben der Klägerin für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 wird Bezug genommen). Im Februar 2012 bewilligte ihr der Beklagte für die Beschaffung von Sachgütern (ua Küchenmaschine) einen Zuschuss iHv 2.261 EUR.
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Einstiegsgeld für die selbständige Tätigkeit vom 1. Juni 2012 – "Cateringunternehmen", Ort der Ausübung: "Dstr. " in B – lehnte der Beklagte unter Bezugnahme auf die von ihr eingereichte vorläufige EKS für den Zeitraum April bis September 2012, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, mit Bescheid vom 28. Juni 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 ab. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Einstiegsgeld lägen nicht vor. Ziel sei es, dass der Leistungsempfänger spätestens nach 24monatiger Leistung von Einstiegsgeld seinen Lebensunterhalt selbst decken könne und nicht mehr bedürftig sei; insoweit sei regelmäßig eine Prognoseentscheidung zu treffen. Aus der EKS für April bis September 2012 ergebe sich ein monatliches Einkommen von lediglich 19,43 EUR, mithin weniger als für die Zeit von Dezember 2011 bis März 2012, als von einem monatlichen Einkommen von 244,53 EUR ausgegangen worden sei. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld nicht vorlägen, käme es auf eine Ermessensausübung nicht mehr an.
Auf die hiergegen erhobene (Bescheidungs-)Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 19. Februar 2015 den Bescheid vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Antrag der Klägerin vom 1. Juni 2012 (vgl Berichtigungsbeschluss vom 25. März 2015) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld lägen vor, insbesondere sei ein solches erforderlich. Der Beklagte habe zu Unrecht eine negative Prognoseentscheidung getroffen. Vielmehr hätten der Umzug in ein anderes Ladenlokal ab Mai 2012 nunmehr mit einem Bistro in einer guten Lage in B sowie die persönlichen Fähigkeiten und die Erfahrung der Klägerin im wirtschaftlichen Bereich eine positive Entwicklung erwarten lassen. Bei dieser Sachlage läge ein Ermessensausfall des Beklagten vor.
Mit seiner Berufung macht der Beklagte geltend, im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides habe nicht davon ausgegangen werden können, dass die selbständige Tätigkeit die Hilfebedürftigkeit der Klägerin in absehbarer Zeit würde erheblich vermindern bzw. beenden können. Nach der vorläufigen EKS sei die Klägerin selbst von einem deutlich geringeren Einkommen als in dem vorangegangenen Bewilligungszeitraum ausgegangen. Dass hierfür aus ihrer Sicht höhere Raumkosten eine Rolle spielten, sei unerheblich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt ergänzend vor, sie habe zunächst nur ein Catering betrieben und dieses nach dem Umzug in die Dstraße mit einem Bistro erweitert. Dem Umzug sei im Übrigen unter der Prämisse höherer Raumkosten bei voraussichtlich zunächst geringerer Einkommenserwartung seitens des Beklagten zugestimmt worden. Mit der Eröffnung des Bistros sei ein höherer Gewinn zu erwarten gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Gerichtsakten und die Leistungsakten des Beklagten nebst ESG-Akten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben; der Beschwerdewert von 750 EUR ist überschritten (§§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat den Beklagten zu Unrecht unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Neubescheidung verurteilt; der Beklagte hat es rechtmäßig abgelehnt, der Klägerin auch für den Folgezeitraum ab 1. Juni 2012 Einstiegsgeld zu gewähren.
Die Klägerin macht ihr Begehren zutreffend mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage iS des § 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 SGG geltend. Die Klage ist auf die Aufhebung des ablehnenden Bescheides des Beklagten vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 und die Neubescheidung mit dem Ziel der Erbringung von Einstiegsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in einer vom Beklagten nach Maßgabe der Einstiegsgeld-Verordnung gegebenenfalls zu bemessenden Höhe gerichtet (vgl BSG, Urteil vom 5. August 2015 – B 4 AS 46/14 – juris Rn 11).
Dahinstehen kann, dass die Klägerin mit ihrem Antrag vom 11. Juni 2012 die Gewährung von Einstiegsgeld allein für ein Cateringunternehmen beantragt hatte, obgleich sie zu jenem Zeitpunkt nach ihrem Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren bereits die Eröffnung eines Bistros geplant hatte und nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Speisen im Wege des Catering nach Eröffnung des Bistros im Oktober 2012 nur noch nebenbei verkauft habe. Insofern könnte bereits von einer anderen unternehmerischen Tätigkeit auszugehen sein, die von dem Antrag auf Einstiegsgeld nicht umfasst war. Dahinstehen kann auch, ob der Antrag nach Maßgabe des § 38 Abs. 1 SGB II rechtzeitig gestellt worden ist (vgl BSG aaO Rn 13).
Denn für die mit der Klage begehrte Neubescheidungsverpflichtung liegen nach keiner Betrachtungsweise die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Erbringung von Einstiegsgeld dem Grunde nach vor. Rechtsgrundlage für die Bewilligung von Einstiegsgeld ist § 16b Abs. 1 S 1 SGB II (idF der Bek v 13. Mai 2011, BGBl I 850). Danach kann zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt (Satz 2). Die Klägerin ist zwar eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne von § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II, da sie im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähig, hilfebedürftig und – sieht man von der im Streit stehenden selbständigen Tätigkeit ab – arbeitslos war (zum insoweit noch ungeklärten Begriff der Arbeitslosigkeit iS des § 16b SGB II vgl BSG, aaO Rn 15). Die von ihr bereits am 1. Dezember 2011 aufgenommene selbständige Tätigkeit als Catering-Unternehmerin diente aber im streitgegenständlichen Zeitraum ab 1. Juni 2012 prognostisch nicht (mehr) der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit im Sinne der Norm. Bei den in § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II geregelten Begriffen der "Überwindung der Hilfebedürftigkeit" und "Erforderlichkeit des Einstiegsgeldes zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt" handelt es sich um Tatbestandsmerkmale (und keine ermessenslenkende Regelung auf der Rechtsfolgeseite) im Sinne unbestimmter Rechtsbegriffe (BSG aaO Rn 18; BSG, Urteil vom 3. April 2008 – B 11b AS 15/07 B – juris Rn 3 zu § 217 SGB III aF), bei deren Ausfüllung nicht nur die in der Person des Leistungsberechtigten liegenden Umstände zu berücksichtigen sind, sondern auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Sie unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle (BSG, Urteil vom 5. August 2015, aaO Rn 18 mwN). Insoweit hat der Beklagte die Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder tragfähigen selbstständigen Erwerbstätigkeit und deren Förderung durch das Einstiegsgeld unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch zu beurteilen, ohne dass jenem ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wäre (vgl BSG aaO Rn 18 sowie Stölting in Eicher, aaO § 16b Rn 20). Denn die Förderung durch das Einstiegsgeld ist nicht von einer arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit abhängig, sondern lediglich von arbeitsmarkt- und berufskundlichen Kenntnissen (BSG, aaO Rn 18 sowie Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b Rn 73, Stand November 2014). Die darauf aufbauende prognostische Einzelbeurteilung der tatsächlichen Feststellungen ist im gerichtlichen Verfahren mit gleicher Sicherheit einer Überprüfung zugänglich wie im Verwaltungsverfahren. Weder rechtliche noch faktische Anhaltspunkte, die eine Ausnahme von der nach Art 19 Abs. 4 GG prinzipiell gewährleisteten vollständigen Überprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen rechtfertigen, sind insofern gegeben (BSG aaO Rn 18 sowie BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 20/05 R – juris Rn 22).
Bezugspunkt für die Prognose ist die letzte Verwaltungsentscheidung – hier der angefochtene Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27. August 2012. Maßgeblich ist nach einer ex-ante-Betrachtung, ob der Erfolg im Sinne der Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die sozialversicherungspflichtige oder – so hier – selbständige Erwerbstätigkeit wahrscheinlich eintreten wird und das Einstiegsgeld für eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt wahrscheinlich erforderlich ist (vgl BSG aaO Rn 19 mwN; Stölting in Eicher, aaO Rn 20). Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, knüpft die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen dabei an zwei unterschiedliche Ausgangspunkte an; zum einen an die aufgenommene Erwerbstätigkeit und deren Dienlichkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Zum zweiten ist Ansatzpunkt der Hilfebedürftige selbst, wenn es zu beurteilen gilt, ob die Gewährung von Einstiegsgeld für seine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist.
Da die Klägerin als Alleinstehende keiner Bedarfsgemeinschaft angehörte, kann dahinstehen, wie der Begriff der Überwindung der Hilfebedürftigkeit in einem solchen Fall auszulegen ist (vgl hierzu BSG aaO Rn 20). Jedenfalls soll das Einstiegsgeld für den Hilfebedürftigen zusammen mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit eine spürbare Verbesserung seiner finanziellen Situation, und insofern bewirken, dass er die aufgenommene Erwerbstätigkeit mit dem Ziel der Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit ausbaut (BSG aaO Rn 20 mwN). Dies ist indes bei der Klägerin nach den vorliegend – ex ante – erkennbaren Umständen nicht der Fall. Hiernach war nicht davon auszugehen, dass sie durch die aufgenommene Selbständigkeit ihren Hilfebedarf würde deutlich reduzieren geschweige denn in absehbarer Zeit überwinden können.
Zwar muss im Prognosezeitpunkt durch die aufgenommene Tätigkeit die Hilfebedürftigkeit nicht bereits kausal überwunden sein, wie bereits aus § 16b Abs. 1 Satz 2 SGB II folgt und wie es auch im Zeitraum der erstmaligen Bewilligung von Einstiegsgeld tatsächlich nicht der Fall war. Nach den maßgebenden Umständen des vorliegenden Einzelfalls, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der vorläufigen Selbsteinschätzung mit der EKS für die Zeit ab April 2012, fehlt es aber an einer tragfähigen Grundlage dafür, dass sich durch die nicht ansatzweise bedarfsdeckende selbständige Tätigkeit nach ihrer tatsächlichen Ausgestaltung – ob als Cateringunternehmerin oder durch den ergänzenden Bistrobetrieb – eine absehbare Situation ergeben würde, aufgrund derer die Tätigkeit(en) langfristig bedarfsdeckend wäre(n). Zwar konnte die Klägerin, wie vom SG zu Recht ausgeführt worden ist, nach ihrem Ausbildungs- und Berufsweg abstrakt ausreichend Kenntnisse für die gewählte Selbständigkeit vorweisen, wovon offensichtlich auch der Beklagte angesichts der Bewilligung des Einstiegsgeldes für den Vorzeitraum 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 ausgegangen ist. Anders, als das erstinstanzliche Gericht ausgeführt hat, kann allerdings nicht als gleichsam gerichtsbekannte Tatsache angenommen werden, dass Unternehmungen im Food-Sektor im sogenannten Graefe-Kiez in B per se erfolgversprechend sind, da insofern die aktuelle Arbeitsmarktsituation etwa im Hinblick auf Zielgruppen und Konkurrenz hätte bekannt sein müssen. Da die Klägerin mit ihrem Catering-Service ausweislich des Unternehmenskonzepts Kuchen und andere Speisen frei Haus beliefern wollte, ohne dass ihr nach den in der EKS angegebenen Betriebsausgaben ein Kfz zur Verfügung stand (vielmehr hatte sie als Sachleistung nach § 16c SGB II beim Beklagten auch ein Lastenfahrrad beantragt, ohne dass dies hier gegenständlich wäre), kann auch nicht die frühere positive Prognose in Bezug auf die Örtlichkeit und etwaige Kundschaft – seinerzeit A – ohne Weiteres auf die gegenständliche Betriebsstätte übertragen werden.
Die Selbsteinschätzung der Klägerin gemäß der EKS für die Zeit ab April 2012 bietet hingegen keine hinreichenden Anhaltspunkte im Sinne des Vollbeweises (vgl § 103 SGG) dafür, dass die selbständige Tätigkeit perspektivisch geeignet gewesen wäre, zusammen mit dem Einstiegsgeld ihre finanzielle Situation deutlich zu verbessern bzw ihre Hilfsbedürftigkeit zu überwinden. Insoweit kann dahinstehen, dass sich ihre Raumkosten von ursprünglich 100 EUR (gemäß Pachtvertrag vom 6. November 2011) auf zwischenzeitlich 340 EUR bzw 440 EUR und ab Mai 2012 ihren Angaben zufolge auf 690 EUR erhöht hatten. Denn diesen höheren Kosten konnte sie für den Bewilligungszeitraum nicht ansatzweise entsprechende Betriebseinnahmen gegenüberstellen, die sie für die gegenständliche Zeit ab Juni 2012 mit voraussichtlich 1.000 EUR (6/2012) bzw. 1.600 EUR (7/2012), 1.800 EUR (8/2012) und 2.000 EUR (9/2012) bezifferte – insgesamt 9.358 EUR, wohingegen sich die geschätzten Betriebsausgaben auf insgesamt 9.241,44 EUR beliefen, so dass von einem monatlichen Einkommen aufgrund der im Antrag angegebenen Tätigkeit (Catering-Unternehmen) in Höhe von 19,43 EUR auszugehen ist. Nachdem die Einkommenseinschätzung für den früheren Zeitraum etwa 235 EUR im Monat ergab, muss für die Prognose, wie vom Beklagten zutreffend ausgeführt, davon ausgegangen werden, dass – auch unter Berücksichtigung der geänderten Örtlichkeit – perspektivisch keine deutliche Verringerung ihres Hilfebedarfs zu erwarten war.
Umstände, die eine positive Prognose indizieren oder dem Senat Anlass zu weiteren Ermittlungen geben könnten, hat die Klägerin indes auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Dass die Beklagte die Zahlung von Einstiegsgeld auch unter Berücksichtigung der höheren Raumkosten bei sinkenden Gewinnen zugesagt hätte, ist nicht – zumal nicht im Sinne einer Zusicherung (vgl § 34 SGB X) – ersichtlich. Vielmehr hatte die Klägerin, woraufhin ihre Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden ist, ausweislich der vorliegenden Akten allein die Zustimmung des Beklagten für einen privaten Wohnungsumzug in die Dstr. unter Beifügung eines entsprechenden Wohnungsangebots mit Hinweis auf das gemeinsame Sorgerecht für ihre drei Kinder beantragt. Bei dieser Sachlage liegt es aber im Risikobereich des jeweiligen Antragstellers, wenn sich die Verhältnisse – hier etwa infolge der Kündigung des früheren Pachtvertrages und der Miete neuer Geschäftsräume – negativ entwickeln und eine positive Prognose nicht mehr zulassen (vgl auch LSG Hamburg, Urteil vom 11. Februar 2015 – L 4 AS 116/14 – juris Rn 21).
Darauf, ob die Erbringung von Einstiegsgeld zur Eingliederung der Klägerin in den allgemeinen Arbeitsmarkt im Sinne eines weiteren Tatbestandsmerkmals (vgl BSG aaO Rn 23) erforderlich war, kommt es hiernach nicht mehr an. Bei diesem Tatbestandsmerkmal geht es, wenn die prognostische Eignung der aufgenommenen Erwerbstätigkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit festgestellt worden ist, darum, ob die Eingliederung des Hilfsbedürftigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nur durch die Erbringung des Einstiegsgeldes – als ultima ratio – bei der Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit erforderlich ist (vgl Stölting in Eicher, aaO Rn 22). Es ist mithin danach zu fragen, ob bei dem Hilfebedürftigen Eingliederungshemmnisse gegeben sind, die eine Förderung durch das Einstiegsgeld erforderlich machen, um ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch auf Dauer eingliedern zu können. Dies dürfte hier indes ebenso wenig der Fall sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weiterbewilligung von Einstiegsgeld ab Juni 2012 nach § 16b Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II.
Die 1972 geborene Klägerin, eine ausgebildete Sekretärin und IT-Systemkauffrau, die seit 2010 in verschiedenen Lokalen überwiegend als Bar- und Servicekraft arbeitete und 2011 einen Existenzgründerlehrgang absolvierte, bezog als Alleinstehende vom Beklagten laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie meldete zum 1. Dezember 2011 die hauptamtliche Tätigkeit eines Cateringservice, Betriebsstätte A in B, als Gewerbe an. Auf ihren Antrag auf Gewährung von Einstiegsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 1. Dezember 2011 – laut Unternehmenskonzept vom 28. September 2011, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ein Catering-Service mit den Schwerpunkten Kuchen, Fingerfood und Suppen – zunächst von ihrer auch jetzt noch bewohnten Wohnung aus, dann in Räumlichkeiten in der Straße A in B, bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 2011 Einstiegsgeld für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 in Höhe von monatlich 182 EUR im Hinblick auf das von der Klägerin prognostizierte Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS – auf die entsprechenden Angaben der Klägerin für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 wird Bezug genommen). Im Februar 2012 bewilligte ihr der Beklagte für die Beschaffung von Sachgütern (ua Küchenmaschine) einen Zuschuss iHv 2.261 EUR.
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Einstiegsgeld für die selbständige Tätigkeit vom 1. Juni 2012 – "Cateringunternehmen", Ort der Ausübung: "Dstr. " in B – lehnte der Beklagte unter Bezugnahme auf die von ihr eingereichte vorläufige EKS für den Zeitraum April bis September 2012, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, mit Bescheid vom 28. Juni 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 ab. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Einstiegsgeld lägen nicht vor. Ziel sei es, dass der Leistungsempfänger spätestens nach 24monatiger Leistung von Einstiegsgeld seinen Lebensunterhalt selbst decken könne und nicht mehr bedürftig sei; insoweit sei regelmäßig eine Prognoseentscheidung zu treffen. Aus der EKS für April bis September 2012 ergebe sich ein monatliches Einkommen von lediglich 19,43 EUR, mithin weniger als für die Zeit von Dezember 2011 bis März 2012, als von einem monatlichen Einkommen von 244,53 EUR ausgegangen worden sei. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld nicht vorlägen, käme es auf eine Ermessensausübung nicht mehr an.
Auf die hiergegen erhobene (Bescheidungs-)Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 19. Februar 2015 den Bescheid vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Antrag der Klägerin vom 1. Juni 2012 (vgl Berichtigungsbeschluss vom 25. März 2015) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld lägen vor, insbesondere sei ein solches erforderlich. Der Beklagte habe zu Unrecht eine negative Prognoseentscheidung getroffen. Vielmehr hätten der Umzug in ein anderes Ladenlokal ab Mai 2012 nunmehr mit einem Bistro in einer guten Lage in B sowie die persönlichen Fähigkeiten und die Erfahrung der Klägerin im wirtschaftlichen Bereich eine positive Entwicklung erwarten lassen. Bei dieser Sachlage läge ein Ermessensausfall des Beklagten vor.
Mit seiner Berufung macht der Beklagte geltend, im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides habe nicht davon ausgegangen werden können, dass die selbständige Tätigkeit die Hilfebedürftigkeit der Klägerin in absehbarer Zeit würde erheblich vermindern bzw. beenden können. Nach der vorläufigen EKS sei die Klägerin selbst von einem deutlich geringeren Einkommen als in dem vorangegangenen Bewilligungszeitraum ausgegangen. Dass hierfür aus ihrer Sicht höhere Raumkosten eine Rolle spielten, sei unerheblich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt ergänzend vor, sie habe zunächst nur ein Catering betrieben und dieses nach dem Umzug in die Dstraße mit einem Bistro erweitert. Dem Umzug sei im Übrigen unter der Prämisse höherer Raumkosten bei voraussichtlich zunächst geringerer Einkommenserwartung seitens des Beklagten zugestimmt worden. Mit der Eröffnung des Bistros sei ein höherer Gewinn zu erwarten gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Gerichtsakten und die Leistungsakten des Beklagten nebst ESG-Akten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben; der Beschwerdewert von 750 EUR ist überschritten (§§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat den Beklagten zu Unrecht unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Neubescheidung verurteilt; der Beklagte hat es rechtmäßig abgelehnt, der Klägerin auch für den Folgezeitraum ab 1. Juni 2012 Einstiegsgeld zu gewähren.
Die Klägerin macht ihr Begehren zutreffend mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage iS des § 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 SGG geltend. Die Klage ist auf die Aufhebung des ablehnenden Bescheides des Beklagten vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 und die Neubescheidung mit dem Ziel der Erbringung von Einstiegsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in einer vom Beklagten nach Maßgabe der Einstiegsgeld-Verordnung gegebenenfalls zu bemessenden Höhe gerichtet (vgl BSG, Urteil vom 5. August 2015 – B 4 AS 46/14 – juris Rn 11).
Dahinstehen kann, dass die Klägerin mit ihrem Antrag vom 11. Juni 2012 die Gewährung von Einstiegsgeld allein für ein Cateringunternehmen beantragt hatte, obgleich sie zu jenem Zeitpunkt nach ihrem Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren bereits die Eröffnung eines Bistros geplant hatte und nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Speisen im Wege des Catering nach Eröffnung des Bistros im Oktober 2012 nur noch nebenbei verkauft habe. Insofern könnte bereits von einer anderen unternehmerischen Tätigkeit auszugehen sein, die von dem Antrag auf Einstiegsgeld nicht umfasst war. Dahinstehen kann auch, ob der Antrag nach Maßgabe des § 38 Abs. 1 SGB II rechtzeitig gestellt worden ist (vgl BSG aaO Rn 13).
Denn für die mit der Klage begehrte Neubescheidungsverpflichtung liegen nach keiner Betrachtungsweise die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Erbringung von Einstiegsgeld dem Grunde nach vor. Rechtsgrundlage für die Bewilligung von Einstiegsgeld ist § 16b Abs. 1 S 1 SGB II (idF der Bek v 13. Mai 2011, BGBl I 850). Danach kann zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt (Satz 2). Die Klägerin ist zwar eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne von § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II, da sie im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähig, hilfebedürftig und – sieht man von der im Streit stehenden selbständigen Tätigkeit ab – arbeitslos war (zum insoweit noch ungeklärten Begriff der Arbeitslosigkeit iS des § 16b SGB II vgl BSG, aaO Rn 15). Die von ihr bereits am 1. Dezember 2011 aufgenommene selbständige Tätigkeit als Catering-Unternehmerin diente aber im streitgegenständlichen Zeitraum ab 1. Juni 2012 prognostisch nicht (mehr) der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit im Sinne der Norm. Bei den in § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II geregelten Begriffen der "Überwindung der Hilfebedürftigkeit" und "Erforderlichkeit des Einstiegsgeldes zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt" handelt es sich um Tatbestandsmerkmale (und keine ermessenslenkende Regelung auf der Rechtsfolgeseite) im Sinne unbestimmter Rechtsbegriffe (BSG aaO Rn 18; BSG, Urteil vom 3. April 2008 – B 11b AS 15/07 B – juris Rn 3 zu § 217 SGB III aF), bei deren Ausfüllung nicht nur die in der Person des Leistungsberechtigten liegenden Umstände zu berücksichtigen sind, sondern auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Sie unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle (BSG, Urteil vom 5. August 2015, aaO Rn 18 mwN). Insoweit hat der Beklagte die Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder tragfähigen selbstständigen Erwerbstätigkeit und deren Förderung durch das Einstiegsgeld unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch zu beurteilen, ohne dass jenem ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wäre (vgl BSG aaO Rn 18 sowie Stölting in Eicher, aaO § 16b Rn 20). Denn die Förderung durch das Einstiegsgeld ist nicht von einer arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit abhängig, sondern lediglich von arbeitsmarkt- und berufskundlichen Kenntnissen (BSG, aaO Rn 18 sowie Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b Rn 73, Stand November 2014). Die darauf aufbauende prognostische Einzelbeurteilung der tatsächlichen Feststellungen ist im gerichtlichen Verfahren mit gleicher Sicherheit einer Überprüfung zugänglich wie im Verwaltungsverfahren. Weder rechtliche noch faktische Anhaltspunkte, die eine Ausnahme von der nach Art 19 Abs. 4 GG prinzipiell gewährleisteten vollständigen Überprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen rechtfertigen, sind insofern gegeben (BSG aaO Rn 18 sowie BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 20/05 R – juris Rn 22).
Bezugspunkt für die Prognose ist die letzte Verwaltungsentscheidung – hier der angefochtene Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27. August 2012. Maßgeblich ist nach einer ex-ante-Betrachtung, ob der Erfolg im Sinne der Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die sozialversicherungspflichtige oder – so hier – selbständige Erwerbstätigkeit wahrscheinlich eintreten wird und das Einstiegsgeld für eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt wahrscheinlich erforderlich ist (vgl BSG aaO Rn 19 mwN; Stölting in Eicher, aaO Rn 20). Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, knüpft die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen dabei an zwei unterschiedliche Ausgangspunkte an; zum einen an die aufgenommene Erwerbstätigkeit und deren Dienlichkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Zum zweiten ist Ansatzpunkt der Hilfebedürftige selbst, wenn es zu beurteilen gilt, ob die Gewährung von Einstiegsgeld für seine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist.
Da die Klägerin als Alleinstehende keiner Bedarfsgemeinschaft angehörte, kann dahinstehen, wie der Begriff der Überwindung der Hilfebedürftigkeit in einem solchen Fall auszulegen ist (vgl hierzu BSG aaO Rn 20). Jedenfalls soll das Einstiegsgeld für den Hilfebedürftigen zusammen mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit eine spürbare Verbesserung seiner finanziellen Situation, und insofern bewirken, dass er die aufgenommene Erwerbstätigkeit mit dem Ziel der Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit ausbaut (BSG aaO Rn 20 mwN). Dies ist indes bei der Klägerin nach den vorliegend – ex ante – erkennbaren Umständen nicht der Fall. Hiernach war nicht davon auszugehen, dass sie durch die aufgenommene Selbständigkeit ihren Hilfebedarf würde deutlich reduzieren geschweige denn in absehbarer Zeit überwinden können.
Zwar muss im Prognosezeitpunkt durch die aufgenommene Tätigkeit die Hilfebedürftigkeit nicht bereits kausal überwunden sein, wie bereits aus § 16b Abs. 1 Satz 2 SGB II folgt und wie es auch im Zeitraum der erstmaligen Bewilligung von Einstiegsgeld tatsächlich nicht der Fall war. Nach den maßgebenden Umständen des vorliegenden Einzelfalls, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der vorläufigen Selbsteinschätzung mit der EKS für die Zeit ab April 2012, fehlt es aber an einer tragfähigen Grundlage dafür, dass sich durch die nicht ansatzweise bedarfsdeckende selbständige Tätigkeit nach ihrer tatsächlichen Ausgestaltung – ob als Cateringunternehmerin oder durch den ergänzenden Bistrobetrieb – eine absehbare Situation ergeben würde, aufgrund derer die Tätigkeit(en) langfristig bedarfsdeckend wäre(n). Zwar konnte die Klägerin, wie vom SG zu Recht ausgeführt worden ist, nach ihrem Ausbildungs- und Berufsweg abstrakt ausreichend Kenntnisse für die gewählte Selbständigkeit vorweisen, wovon offensichtlich auch der Beklagte angesichts der Bewilligung des Einstiegsgeldes für den Vorzeitraum 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 ausgegangen ist. Anders, als das erstinstanzliche Gericht ausgeführt hat, kann allerdings nicht als gleichsam gerichtsbekannte Tatsache angenommen werden, dass Unternehmungen im Food-Sektor im sogenannten Graefe-Kiez in B per se erfolgversprechend sind, da insofern die aktuelle Arbeitsmarktsituation etwa im Hinblick auf Zielgruppen und Konkurrenz hätte bekannt sein müssen. Da die Klägerin mit ihrem Catering-Service ausweislich des Unternehmenskonzepts Kuchen und andere Speisen frei Haus beliefern wollte, ohne dass ihr nach den in der EKS angegebenen Betriebsausgaben ein Kfz zur Verfügung stand (vielmehr hatte sie als Sachleistung nach § 16c SGB II beim Beklagten auch ein Lastenfahrrad beantragt, ohne dass dies hier gegenständlich wäre), kann auch nicht die frühere positive Prognose in Bezug auf die Örtlichkeit und etwaige Kundschaft – seinerzeit A – ohne Weiteres auf die gegenständliche Betriebsstätte übertragen werden.
Die Selbsteinschätzung der Klägerin gemäß der EKS für die Zeit ab April 2012 bietet hingegen keine hinreichenden Anhaltspunkte im Sinne des Vollbeweises (vgl § 103 SGG) dafür, dass die selbständige Tätigkeit perspektivisch geeignet gewesen wäre, zusammen mit dem Einstiegsgeld ihre finanzielle Situation deutlich zu verbessern bzw ihre Hilfsbedürftigkeit zu überwinden. Insoweit kann dahinstehen, dass sich ihre Raumkosten von ursprünglich 100 EUR (gemäß Pachtvertrag vom 6. November 2011) auf zwischenzeitlich 340 EUR bzw 440 EUR und ab Mai 2012 ihren Angaben zufolge auf 690 EUR erhöht hatten. Denn diesen höheren Kosten konnte sie für den Bewilligungszeitraum nicht ansatzweise entsprechende Betriebseinnahmen gegenüberstellen, die sie für die gegenständliche Zeit ab Juni 2012 mit voraussichtlich 1.000 EUR (6/2012) bzw. 1.600 EUR (7/2012), 1.800 EUR (8/2012) und 2.000 EUR (9/2012) bezifferte – insgesamt 9.358 EUR, wohingegen sich die geschätzten Betriebsausgaben auf insgesamt 9.241,44 EUR beliefen, so dass von einem monatlichen Einkommen aufgrund der im Antrag angegebenen Tätigkeit (Catering-Unternehmen) in Höhe von 19,43 EUR auszugehen ist. Nachdem die Einkommenseinschätzung für den früheren Zeitraum etwa 235 EUR im Monat ergab, muss für die Prognose, wie vom Beklagten zutreffend ausgeführt, davon ausgegangen werden, dass – auch unter Berücksichtigung der geänderten Örtlichkeit – perspektivisch keine deutliche Verringerung ihres Hilfebedarfs zu erwarten war.
Umstände, die eine positive Prognose indizieren oder dem Senat Anlass zu weiteren Ermittlungen geben könnten, hat die Klägerin indes auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Dass die Beklagte die Zahlung von Einstiegsgeld auch unter Berücksichtigung der höheren Raumkosten bei sinkenden Gewinnen zugesagt hätte, ist nicht – zumal nicht im Sinne einer Zusicherung (vgl § 34 SGB X) – ersichtlich. Vielmehr hatte die Klägerin, woraufhin ihre Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden ist, ausweislich der vorliegenden Akten allein die Zustimmung des Beklagten für einen privaten Wohnungsumzug in die Dstr. unter Beifügung eines entsprechenden Wohnungsangebots mit Hinweis auf das gemeinsame Sorgerecht für ihre drei Kinder beantragt. Bei dieser Sachlage liegt es aber im Risikobereich des jeweiligen Antragstellers, wenn sich die Verhältnisse – hier etwa infolge der Kündigung des früheren Pachtvertrages und der Miete neuer Geschäftsräume – negativ entwickeln und eine positive Prognose nicht mehr zulassen (vgl auch LSG Hamburg, Urteil vom 11. Februar 2015 – L 4 AS 116/14 – juris Rn 21).
Darauf, ob die Erbringung von Einstiegsgeld zur Eingliederung der Klägerin in den allgemeinen Arbeitsmarkt im Sinne eines weiteren Tatbestandsmerkmals (vgl BSG aaO Rn 23) erforderlich war, kommt es hiernach nicht mehr an. Bei diesem Tatbestandsmerkmal geht es, wenn die prognostische Eignung der aufgenommenen Erwerbstätigkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit festgestellt worden ist, darum, ob die Eingliederung des Hilfsbedürftigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nur durch die Erbringung des Einstiegsgeldes – als ultima ratio – bei der Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit erforderlich ist (vgl Stölting in Eicher, aaO Rn 22). Es ist mithin danach zu fragen, ob bei dem Hilfebedürftigen Eingliederungshemmnisse gegeben sind, die eine Förderung durch das Einstiegsgeld erforderlich machen, um ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch auf Dauer eingliedern zu können. Dies dürfte hier indes ebenso wenig der Fall sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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