L 3 U 30/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 U 45/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 30/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt aufgrund des Ereignisses vom 02. März 2005 die Gewährung einer Verletztenrente.

Die 1939 geborene Klägerin, die als Altersrentnerin einen Partyservice betreibt, rutschte beim Betreten ihres in ihrer Häuslichkeit befindlichen Büros auf den Fliesen aus und fiel ausweislich ihrer Unfallanzeige vom 08. Juni 2005 auf die linke Körperseite.

Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H veranlasste die Einweisung der Klägerin in die Rettungsstelle des Krankenhauses P, wo zunächst keine Röntgendiagnostik erfolgte und die Diagnose "Schultergelenkprellung" gestellt wurde. Auf Veranlassung von Dr. H wurde am 07. März 2005 eine Röntgenuntersuchung durchgeführt und der Verdacht auf eine Tuberculum-majus-Abrissfraktur (Abrissbruch des großen Rollhügels = Tuberculum majus) geäußert. Die stationäre Versorgung im Kreiskrankenhaus Perfolgte vom 08. bis zum 18. März 2005 unter der Diagnose subkapitale "Humeruskopf-Trümmerfraktur links" zunächst mit frustraner OP, sodann mittels geschlossener Reposition ohne Osteosynthese (Entlassungsbericht vom 17. März 2005/OP-Bericht vom 09. März 2005; damals auch schon: Präcoxarthrose im Bereich des linken Hüftgelenkes mit Verschmälerung des Hüftgelenkspaltes, kein Hinweis auf Fraktur oder Luxation).

Zur Feststellung verbliebener Unfallfolgen erstellten Prof. Dr. EFrau Dr. med. S und Dr. med. Rvom Unfallkrankenhaus B (UKB) auf Veranlassung der Beklagten am 19. Mai 2006 ein Erstes Rentengutachten. Darin wurde die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bei der Klägerin aufgrund der Unfallfolgen für die Zeit vom 02. März 2005 bis zum 07. Mai 2006 auf 30 von Hundert (v. H.) und ab dem 08. Mai 2006 mit einer Höhe von 20 v. H. beurteilt. Der Röntgenbefund beider Schultergelenke vom 08. Mai 2006 ergab "beidseits degenerative Veränderungen im Pfannenbereich im Sinne einer beginnenden Omarthrose, beidseits beginnende degenerative Veränderungen des Akromioklavikulargelenkes mit Sklerosierung der gelenkbildenden Flächen." Folgende Bewegungsmaße wurden erfasst und dokumentiert:

rechts links seitw./körperw. 160-0- 20 Norm:180 - 0 - 20-40 80-0-20

rückw./vorw. 30-0-170 Norm: 40 - 0 - 150-170 30-0-90

ausw./einw. drehen 50-0- 95 Norm: 40 - 60 - 0-95 20-0-80 (Oberarm anliegend)

ausw./einw. drehen Norm: 70-0-70 (Oberarm 90° angehoben)

Daraufhin gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 07. November 2006 wegen der Folgen des Ereignisses vom 02. März 2005 einen Anspruch auf Rente als vorläufige Entschädigung (§ 62 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -) nach einer MdE in Höhe von 30 v.H. vom 13. September 2005 bis zum 31. Mai 2006 und ab dem 01. Juni 2006 bis auf Weiteres nach einer MdE von 20 v. H ... Als Folgen des Arbeitsunfalles erkannte die Beklagte eine – nach leicht disloziert verheilter subkapitaler Humerusfraktur mit Abriss des Tuberculum majus – mittelgradige Bewegungseinschränkung bei Abduktion, Anteflexion und Außenrotation sowie eine endgradige Einschränkung der Innenrotation des Schultergelenkes links an. Nicht als Unfallfolge erkannte sie an eine beginnende Omarthrose beidseits.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2007 als unbegründet zurück. Hierzu war vor dem Sozialgericht Neuruppin (SG) unter dem Aktenzeichen S 19 U 57/08 (zuvor S 8 U 26/07) ein Klageverfahren anhängig.

Am 11. Oktober 2007 erstellten Prof. Dr. E, Dipl. Med. C und Dr. R auf Veranlassung der Beklagten ein Zweites Rentengutachten, in welchem sie aufgrund des Röntgenbefundes vom 26. September 2007 (beidseits regelrechte Stellung des Humeruskopfes gegenüber der Gelenkpfanne; beidseits Sklerosierung der Gelenkpfanne mit osteophytären Kantenanbauten im Sinne einer Omarthrose, linksseitig stärker ausgeprägt als rechtsseitig; linksseitig zusätzlich Verschmälerung des Gelenkspaltes ohne Entrundungszeichen im Kopfbereich; Proximalisierung des vollständig konsolidierten Tuberculum majus links) und der klinischen Befunde feststellten, dass die Verletzung des linken Schultergelenkes unter Verbleib eines endgradigen funktionellen Defizits bei Abduktion und Anteflexion ausgeheilt sei. Folgende Bewegungsmaße wurden erhoben: rechts links seitw./körperw. 160-0- 20 110-0- 20

rückw./vorw. 30-0-170 30-0-140

ausw./einw. drehen 50-0- 95 50-0- 95 (Oberarm anliegend)

Der klinische Befund des linken Schultergelenkes spiegele die subjektiven Beschwerdeangaben nicht wieder. Die Führung des linken Armes zeige passiv eine gute Beweglichkeit ohne wesentliche Krepitationen. Radiologisch seien beginnende arthrotische unfallbedingte Veränderungen darstellbar. Langfristig bestehe die Möglichkeit der Zunahme der arthrotischen Veränderungen im Sinne einer posttraumatischen Arthrose nach Humeruskopfmehrfragmentfraktur. Die unfallbedingte MdE betrage ab dem 26. September 2007 10 v. H.

Nach Anhörung vom 07. November 2007 entzog die Beklagte mit Bescheid vom 04. Dezember 2007 die Rente als vorläufige Entschädigung mit Wirkung ab dem 01. Januar 2008 und stellte fest, dass ein Anspruch der Klägerin auf Rente auf unbestimmte Zeit nicht bestehe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2008 zurück, wobei sie auf das Gutachten von Prof. Dr. E verwies. Hierzu war vor dem SG sodann das weitere Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 19 U 143/08 anhängig, in welchem ein Befundbericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P vom 04. Juli 2008 eingeholt worden war (Erstvorstellung dort am 15. August 2003 wegen Hemiparese links bei Z. n. Hirninfarkt im Mediastromgebiet rechts am 19. April 2003; nach dem Unfall vom 02. März 2005 Vorstellung am 31. Februar 2008: Unfall vom 02. März 2005 mit Bewegungseinschränkung – "darunter Entwicklung eines depressiven Syndroms" bei ständigen Schmerzen).

Für beide Klageverfahren erhob das SG Beweis durch Einholung eines chirurgisch-sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens von Herrn Dr. med. B vom 26. November 2008. Der Sachverständige stellte einen unfallbedingten Zustand nach erlittener und knöchern konsolidierter subkapitaler Humerusfraktur links, mäßige posttraumatische Arthrose und verbleibende Bewegungseinschränkungen bei folgenden Bewegungsmaßen rechts links seitw./körperw. 180-0- 40 110-0- 30

rückw./vorw. 40-0-150 35-0-135

ausw./einw. drehen 50-0- 95 50-0- 95 (Oberarm anliegend)

ausw./einw. drehen 70-0-70 50-0- 50 (Oberarm 90° angehoben)

fest. Als unfallunabhängig beurteilte er die, dem Schlaganfall zuzurechnenden, von der Klägerin angegebenen Beschwerden in der gesamten linken Körperhälfte sowie die degenerativen Veränderungen an beiden Hüftgelenken. Die unfallbedingte MdE beurteilte er bis zum 07. Mai 2005 mit 30 v. H., danach mit 20 v. H. und ab dem 01. Januar 2008 mit 10 v. H.

In den mündlichen Verhandlungen vor dem SG vom 30. April 2009 nahm die Klägerin die Klagen zurück.

Am 06. November 2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen sogenannten Verschlimmerungsantrag, worauf diese das fachchirurgische Gutachten von den Dres. V und T (Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften Berlin e.V. – UBS Berlin) vom 15. Februar 2010 einholte. Nach Untersuchung der Klägerin vom 09. Februar 2010 stellten die Gutachter als Unfallfolgen fest: - leicht- bis mäßiggradig ausgebildete Schultersteife links nach knöchern konsolidierter proximaler Humerusmehrfragmentfraktur, - knöchern unter leichtgradiger Fehlstellung konsolodierte proximale Humerusmehrfragmentfraktur mit Verplumpung des Humeruskopfes und Entwicklung einer leichtgradigen posttraumatischen Omarthrose, - diffuse Druckschmerzhaftigkeit der linken Schulterkappe und des linken proximalen Oberarmes, - reizlose Narbe an der linken lateralen Schulterkappe, - leichtgradige Atrophie der linken Deltoideusmuskulatur. Sie hielten folgende Bewegungsmaße fest: rechts links seitw./körperw. 160-0- 30 110-0- 20

rückw./vorw. 40-0-150 30-0-120

ausw./einw. drehen 40-0- 90 30-0- 90 (Oberarm anliegend)

ausw./einw. drehen 90-0-30 70-0- 20 (Oberarm 90° angehoben) und schätzten die unfallbedingt verbliebene MdE weiterhin mit 10 v. H. ein.

Durch Bescheid vom 01. März 2010 lehnte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Rente ab. Nach in leichtgradiger Fehlstellung knöchern durchbauter proximaler Humerusmehrfragmentfraktur links lägen bei der Klägerin unfallbedingt noch eine leicht- bis mäßiggradige Schultersteife, eine Verplumpung des Humeruskopfes, eine leichtgradige posttraumatische Omarthrose sowie eine leichtgradige Atrophie der linken Deltoideusmuskulatur vor. Hingegen seien eine AC-Gelenkarthrose am linken Schultergelenk, initiale Omarthrose und leichtgradige AC-Gelenkarthrose am rechten Schultergelenk, end- und leichtgradige Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenkes, endgradige Bewegungseinschränkungen des linken Handgelenkes, leichtgradige Einschränkung der Supinationsbewegung des linken Unterarms sowie Unfähigkeit, mit dem linken Daumen die linke Kleinfingerkuppe zu erreichen, als unfallunabhängige Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes der Klägerin zu beurteilen.

Die Klägerin begab sich in die Schmerzsprechstunde der UBS B (Befundbericht vom 01. April 2010), wo die Schmerzmedikation umgestellt wurde.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2010 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 04. Juni 2010 Klage zum SG Neuruppin erhoben und ihr Begehren – Gewährung einer Verletztenrente - weiterverfolgt.

Das SG hat die die Klägerin betreffenden bildgebenden sowie weiteren medizinischen Unterlagen beigezogen und Beweis erhoben durch Einholung eines Zusammenhangsgutachtens von dem Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. med. D. T vom 28. Juni 2011. Der Sachverständige hat nach Untersuchung der Klägerin vom 17. Juni 2011 ausgeführt, als Unfallfolgen lägen bei der Klägerin jetzt noch eine leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörung des linken Schultergelenkes bei Zustand nach Arbeitsunfall vom 02. März 2005 mit subkapitaler Humeruskopffraktur, Versuch der offenen operativen Reposition am 09. März 2005 ohne Osteosynthese, radiologisch vollständig in leichter Fehlstellung konsolidierter Fraktur und diskreter Omarthrose sowie Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen vor. Unfallunabhängig bestünden bei der Klägerin ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom mit leichten Funktionsstörungen, Handgelenksarthrose sowie initiale Coxarthrose beidseits, Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung und rezidivierenden depressiven Episoden, anamnestisch bekannte Lungenfibrose, zweimaliger Apoplex 1999 und 2003 mit linksbetonter Ausfallsymptomatik an den Extremitäten, insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit Polyneuropathie, arterieller Hypertonus, beginnende braune Siderose an den Beinen, Adipositas. Er, so der Sachverständige, stimme sowohl in den Befunden als auch in der Bewertung mit Dres. T und V überein. Es müsse im Verlauf von einer Besserung der Schulterfunktion ausgegangen werden. Dies sei durch den Vergleich der Messblätter zu den Bewegungsmaßen zwischen den Begutachtungen in 2006, 2009 und 2010 sowie der aktuellen 2011 zu belegen. Er habe bei der Klägerin folgende Bewegungsmaße festgestellt: rechts links seitw./körperw. aktiv 160-0- 30 65-0- 20 seitw./körperw. passiv 100-0- 30 rückw./vorw. aktiv 30-0-160 10-0- 90 rückw./vorw. passiv 20-0- 105 ausw./einw. drehen 30-0- 95 30-0- 80 (Oberarm anliegend)

ausw./einw. drehen 60-0- 60 40-0- 50. (Oberarm 90° angehoben, im Liegen passiv unter Ablenkung)

Die kognitive Leistungsfähigkeit der Klägerin sei schwer einzuschätzen, da die Klägerin im Rahmen der Begutachtung teilweise ausgewichen sei. Es sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits zweimal einen Apoplex gehabt habe und 71 Jahre alt sei. Die Verschleißerscheinungen an Handgelenken, Hüftgelenken und Wirbelsäule seien im Alter der Klägerin gehäuft anzutreffen. Auch wenn aktenkundig vermerkt sei, dass keine nennenswerten Ausfälle am linken Arm und linken Bein nach dem letzten Apoplex 2003 vorgelegen hätten, sollte auch dann davon ausgegangen werden, dass keinesfalls eine intakte neuromuskuläre Koordination linksseitig zum Unfallzeitpunkt bestanden habe. Insulinpflichtig sei die Klägerin seit mehreren Jahren. Elektrophysiologisch sei eine Polyneuropathie an den Beinen festgestellt. Dass Diabetes mellitus Nervenschäden nicht nur an den Beinen bewirke, sei sicherlich nachvollziehbar. Auch von einer latenten psychischen Komorbidität vor dem Unfallereignis vom 02. März 2005 müsse – angesichts der bereits 1985 aufgetretenen psychischen Überforderungs- und Burnout-Symptomatik - ausgegangen werden. Die Klägerin verfüge über eine ausreichende Belastbarkeit und Funktion am linken Schultergelenk. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen der angegebenen Schmerzintensität und der fehlenden Schmerzmitteleinnahme. Die MdE sei mit 10 v.H. angemessen. Dem Gutachten lag der Entlassungsbericht der Klinik für Manuelle Medizin K vom 08. April 2011 bei, wo sich die Klägerin vom 23. März bis zum 08. April 2011 in Behandlung befand und am 30. März 2011 eine Röntgenuntersuchung der linken Schulter (AC-Gelenkarthrose geringen Grades, hinweisend auf ein Impingement) erfolgte.

Auf den Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG weiteren Beweis erhoben durch Einholung des vom behandelnden Arzt der Klägerin, Facharzt für Orthopädie Dr. M E, am 18. Juli 2012 erstellten Gutachtens. Dieser stellte folgende Bewegungsmaße fest: rechts links seitw./körperw. aktiv 90-0- 0 60-0- 0

rückw./vorw. aktiv 90-0- 40 60-0- 20

ausw./einw. drehen 30-0- 30 20-0- 10 (Oberarm anliegend) und verwies darauf, dass er bei seiner Untersuchung der Klägerin am 02. Mai 2012 deutlich schlechtere Bewegungsmaße als Dr. T vorgefunden habe, nämlich eine Armhebung von nur 60 Grad. Auch habe die Klägerin den Schürzen- und Nackengriff nicht ausführen können. Daher bestehe jetzt eine MdE von 20 v.H ...

Mit Urteil vom 18. Oktober 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und sich in seiner Begründung auf das Gutachten von Dr. T gestützt. Die vom Sachverständigen Dr. E zugrunde gelegten funktionellen Einschränkungen seien nicht schlüssig, da er eine beidseitige Verschlechterung der Bewegungsmaße der Schultern festgestellt habe. Dies spreche gegen eine unfallbedingte Funktionseinschränkung, so dass man ihm auch hinsichtlich der MdE-Einschätzung nicht habe folgen können.

Gegen das der Klägerin am 01. Februar 2013 zugestellte Urteil hat diese am 28. Februar 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die Einschätzung des SG fehlerhaft sei, da es einem mangelhaften Gutachten gefolgt sei. Dr. T habe die Klägerin nicht richtig untersucht. Es fehle an der Einsetzung moderner Untersuchungsmethoden durch Anfertigung eines MRT oder einer Röntgenaufnahme. Stattdessen hätten die Sachverständigen Dres. T und B nur auf frühere Untersuchungen verwiesen. Soweit sie dabei davon ausgingen, dass die Beweglichkeit der oberen Extremität bei der Klägerin neurologisch nicht gestört und chirurgisch voll erhalten sei, sei dies vollkommen unrichtig, da die Klägerin an schweren Bewegungsstörungen leide. Die Drehbewegung des Unterarms gegen den Oberarm entspreche überhaupt nicht dem normalen Bewegungsablauf, die Klägerin habe bei jeder Bewegung erhebliche Schmerzen. Beide Gutachter hätten weder die verwendete Fachliteratur nachgewiesen noch die Methodik des Gutachtens dargelegt. So hätte in einer Modellrechnung zunächst ermittelt werden müssen, welche Kräfte beim Unfall auf den linken Arm der Klägerin gewirkt hätten. Das Vorliegen eines Morbus Sudeck hätte angesichts der Schmerzen überprüft werden müssen. Eine Depression, an der die Klägerin leide und wegen der sie in Behandlung sei, zähle weiterhin zu den posttraumatischen Veränderungen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 18. Oktober 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 02. März 2005 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat zum Berufungsvorbringen der Klägerin die ergänzende Stellungnahme von Dr. T vom 03. Mai 2013 eingeholt. Der Sachverständige hat dargelegt, dass seine MdE-Einschätzung auf den im Gutachten schlüssig dargelegten klinischen Parametern basiere, die er bei der Untersuchung der Klägerin erhoben habe. Bildmorphologische Befunde seien hingegen nicht maßgebend. Die Fachliteratur sei im Gutachten auf Seite 22 und auf der Rückseite von Blatt 58 aufgeführt. Biomechanische Modelle seien nicht erforderlich gewesen. Hinweise, die für das Vorliegen eines Morbus Sudeck sprechen würden, habe er nicht feststellen können, ansonsten hätte er einen entsprechenden Verdacht im Gutachten dokumentiert. Dass die Klägerin auch schon vor ihrem Unfall am 02. März 2005 eine psychische Komorbidität aufgewiesen habe, sei aktenkundig.1985 habe sie eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme in Neu F absolviert. Die Abweichung in den Bewegungsmaßen habe Dr. E nicht begründet, zumal er auch rechtsseitig Bewegungseinschränkungen festgestellt habe.

Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2013 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich bei dem Unfall auch ein "Weichhüftleiden" zugezogen habe und deswegen gegenwärtig an einer "Schlaftherapie" teilnehmen müsse. Es sei eine neurologische Nachuntersuchung erforderlich.

Unter dem 24. September 2013 hat der Sachverständige Dr. E ergänzend Stellung genommen.

Der Senat hat Befundberichte der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H vom 09. Dezember 2013 und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 02. Juni 2014 (erstmalige Vorstellung am 19. Februar 2013, Vorstellungen in 8 - 12 wöchentlichem Abstand) eingeholt.

Der Senat hat ein weiteres Sachverständigengutachten von der Ärztin für Chirurgie Dr. H vom 20. April 2015 eingeholt. Die Sachverständige hat darauf verwiesen, dass sich gegenüber dem letzten vergleichbaren Gutachten von Dr. T eine Verschlechterung der Beweglichkeit im Bereich des linken Schultergelenkes zeige, wobei die passive Beweglichkeit nicht besser gewesen sei als die aktive Beweglichkeit. Die von ihr bei Untersuchung der Klägerin am 12. April 2015 erhobenen Bewegungsmaße von rechts links seitw./körperw. - frei - 90-0- 10

rückw./vorw. - frei - 10-0- 90

ausw./einw. drehen - frei - 10-0- 70 (Oberarm anliegend)

würden auch den Befunden entsprechen, die im Oktober 2014 in der Klinik für Manuelle Therapie in K festgehalten worden seien. Auch seien dort am 15. Oktober 2014 Röntgenaufnahmen des linken Schultergelenkes erstellt worden, die eine deutliche Schultereckgelenksarthrose mit Kapselverdickung ergeben hätten. Es sei davon auszugehen, dass die jetzige Bewegungsverschlechterung nicht im Zusammenhang mit der ursprünglichen Verletzung und den Verletzungsfolgen stehe, sondern als solitäre degenerative Veränderung im Schultereckgelenk betrachtet werden müsse. Durch den Unfall seien keine Verletzungen im Bereich des Schultereckgelenkes herbeigeführt worden. Es sei daher weiterhin eine MdE in Höhe von 10 v. H. festzustellen. Die weiteren Beschwerden – in der Halswirbelsäule, in der Lendenwirbelsäule (vgl. dazu Becken-Röntgenbefund von Dr. A vom 10. Oktober 2007: beginnende degenerative Veränderungen im IS-Bereich beidseits sowie fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich der unteren beiden LWK), der linken Hüfte und der linken Brust - stünden in keinem Zusammenhang mit dem Unfall. In diesen Bereichen seien degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates bzw. eine Zystenbildung in der Brustdrüse durch ausführliche Diagnostik (Befund Mamma-Sonographie vom 26. März 2010) nachgewiesen worden. Psychisch habe die Klägerin bereits 1985 im Zusammenhang mit einer Arbeitsüberlastung eine depressive Symptomatik entwickelt. Der Unfall stelle nur eine Gelegenheitsursache für die depressive Entwicklung der Klägerin nach dem Unfall dar. Dem Gutachten beigefügt waren der Entlassungsbericht der Klinik für Manuelle Medizin in K vom 22. Oktober 2014, eine Überweisung zur Schmerztherapie des Durchgangsarztes Dr. Z vom 14. Oktober 2010, ein Befundbericht des Urologen Dipl.-Med. N vom 24. September 2012, ein Thorax-Röntgenbefund vom 01. Februar 2015 sowie die Epikrise des A Klinikums U, Klinik für Neurologie, vom 12. Oktober 2011 (stationärer Aufenthalt der Klägerin vom 06. bis zum 12. Oktober 2011 wegen eines ischämischen Infarktes "im Bereich lentikostrialer Arterien auf dem Boden einer diabetischen Mikroangiopathie").

In der ergänzenden Stellungnahme vom 14. Juli 2015 hat die Sachverständige an ihrer Beurteilung festgehalten und darauf verwiesen, dass sie als Fachärztin für Chirurgie auf orthopädischem und psychosomatischem Gebiet in einer großen medizinischen Einrichtung tätig sei. Daher verstehe es sich von selbst, dass sie die untersuchten orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen und psychischen Erkrankungen einschätzen könne. Die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigter verwechsle Schultergelenksarthrose mit Schultereckgelenksarthrose. In ihrem Gutachten habe sie ausführlich dargelegt, dass die Verschlechterung der Beweglichkeit der linken Schulter durch die Arthrose im Schultereckgelenk bedingt sei, welche nicht im Zusammenhang mit der Unfallverletzung stehe.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten sowie des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten (Az.: S 8 U 45/10, S 19 U 57/08 sowie S 19 U 143/08) sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 01. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2010 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Sie hat wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalles vom 02. März 2005 keinen Anspruch auf Verletztenrente gegenüber der Beklagten.

Nach § 56 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.).

Erst dann, wenn sich die haftungsausfüllende Kausalität annehmen lässt, stellt sich die Frage nach der Bemessung der MdE. Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Mithin hängt die MdE-Bemessung von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (etwa BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12).

Dies zugrunde gelegt steht nicht zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG fest, dass die bei der Klägerin vorliegenden unfallbedingten Gesundheitsfolgeschäden nach dem 01. Januar 2008 eine MdE von mehr als 10 v.H. bedingen.

Als durch den Unfall vom 02. März 2005 wesentlich (mit-) verursachte Gesundheitsstörungen bestehen bei der Klägerin eine mäßige Funktionsstörung des linken Schultergelenkes bei Zustand nach subkapitaler Humeruskopffraktur (unterhalb des Oberarmkopfes gelegener Bruch), die nach Versuch der offenen operativen Reposition am 09. März 2005 ohne Osteosynthese radiologisch vollständig in leichter Fehlstellung konsolidiert ist, und diskreter Omarthrose (Arthrose des Schultergelenkes). Unfallunabhängig bestehen bei der Klägerin dagegen: chronisches HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenvorwölbungen mit leichten Funktionsstörungen und Schmerzausstrahlung in die Arme und den Kopf, fortschreitende Arthrose im Bereich des Schultereckgelenkes, initiale Handgelenksarthrose beidseits, Coxarthrose beidseits, Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung und rezidivierende depressiven Episoden, anamnestisch bekannte Lungenfibrose, Z. n. zweimaligen Apoplex 1999 und 2003 mit linksbetonter Ausfallsymptomatik an den Extremitäten, Z. n. ischämischen Hirninfarkt 2011, insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit Polyneuropathie der Beine, arterieller Hypertonus, beginnende braune Siderose an den Beinen, Adipositas.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den im gerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. H vom 20. April 2015 nebst ergänzender Stellungnahme vom 14. Juli 2015 und von Dr. T vom 28. Juni 2011 nebst ergänzender Stellungnahme vom 03. Mai 2013. Die Sachverständigen haben nach sorgfältiger Befunderhebung und intensiver Auseinandersetzung mit den in den Akten dokumentierten weiteren Befunden und dem Krankheitsverlauf schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass als Folge des Unfalls vom 02. März 2005 eine mäßige Funktionsstörung des linken Schultergelenkes verblieben ist, die nur eine MdE von 10 v.H. bedingt.

Nach den Erfahrungssätzen der Unfallmedizin zur Beurteilung der MdE bei unfallbedingten Funktionsstörungen der Schulter wird bei einer Teilversteifung des Schultergelenkes bei im Wesentlichen freier Drehbeweglichkeit bei einer Vorhebung nur bis 90° eine MdE von 20 v.H., bei einer Vorhebung bis 120° eine MdE von 10 v.H., bei einer konzentrischen Bewegungsstörung auf die Hälfte oder bei einer Versteifung des Schultergelenks bei 30-Grad-Abduktion und sonst nicht eingeschränktem Schultergürtel eine MdE von 30 v. H. angenommen, wobei die Armvorhebung als Hauptkriterium zu werten ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 523; Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich, Unfallbegutachtung, 13. Aufl. 2012, S.168 f).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien könnten zwar die von Dr. E im Mai 2012 wie auch die später im Oktober 2014 in der S Klinik S in K und bei der Untersuchung durch die Sachverständige Dr. H festgestellten Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk mit einer Armvorhebung bis maximal 90° eine MdE von 20 v.H. begründen. Jedoch können die unfallmedizinischen Erfahrungswerte nicht direkt auf die bei der Klägerin erhobenen Befunde übertragen werden, da die Bewegungseinschränkungen der linken Schulter nur zum Teil durch den Unfall bedingt sind. Vielmehr ist nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. H davon auszugehen, dass die zunehmenden Bewegungseinschränkungen durch unfallfremde Faktoren – insbesondere die fortschreitende Schultereckgelenksarthrose – wesentlich verursacht werden, die bei der MdE-Bewertung nicht zu berücksichtigen sind.

So legen Dr. T und Dr. H übereinstimmend und nachvollziehbar dar, dass ausweislich der Gutachten aus den Jahren 2008 (Dr. B), 2009 (Prof. Dr. E) und 2010 (Drs. V/T) zunächst eine kontinuierliche Verbesserung der Beweglichkeit eingetreten war. Hierzu verweist der Senat auf die sehr anschauliche Darstellung von Dr. Tauf Seite 18 seines Gutachtens. Dies wird durch die in den Gutachten dokumentierten Bewegungsmaße und Armumfänge belegt. Die Klägerin hatte nach konservativer Therapie der subkapitalen Humerusmehrfragmentfraktur und intensiver physio- sowie ergotherapeutischer Maßnahmen eine gebesserte Beweglichkeit des linken Armes erreicht. Konnte sie den linken Arm bei der Begutachtung durch Prof. Dr. E im Mai 2006 nur bis 90° vorwärts und 80° seitwärts bewegen, so besserten sich diese Werte - anhand der Gutachten nachvollziehbar - kontinuierlich zumindest bis Februar 2010, wo die Klägerin laut Gutachten der Drs. V/T den linken Arm bis auf 120° vorwärts und 110° seitwärts bewegen konnte. Zudem zeigte sich bei der im Rahmen der Begutachtung am 09. Februar 2010 durch Dr. T veranlassten Röntgendiagnostik eine knöchern in leichtgradiger Fehlstellung konsolidierte Fraktur unterhalb des Oberarmkopfes, bei regelrechter Artikulation der regelrechten Kopfrundung im Glenoid bei Entwicklung einer im Seitenvergleich leichtgradig verstärkten Omarthrose.

Soweit sich erstmals im Gutachten Dr. T anhand der Bewegungsmesswerte (auch bei passiver Bewegung) eine Verschlechterung der Beweglichkeit abzeichnete, die ca. ein Jahr später durch Dr. E sehr gravierend (vorwärts 60°, seitwärts 60° dokumentiert) und auch von Frau Dr. H im April 2015 – weniger manifest, aber auch verbal als deutliche - bezeichnet wird (vorwärts 90, seitwärts 90°), ist dies nicht auf die Unfallfolge zurückzuführen. Vielmehr ist als Ursache dafür eine zunehmende – unfallunabhängige - Schultereckgelenksarthrose zu benennen, die bereits im Entlassungsbericht der Klinik für Manuelle Medizin K vom 08. April 2011 beschrieben wurde. Dort ergab die am 30. März 2011 erfolgte Röntgenuntersuchung der linken Schulter auf ein Impingement hinweisende Veränderungen im Schultereckgelenk in Form einer AC-Gelenkarthrose geringen Grades. Auch zeigte sich bei der Begutachtung durch Dr. E einen deutlicher Schmerz im Schultereckgelenk. Das Schultereckgelenk war nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. H in ihrem Gutachten durch den Unfall weder unmittelbar noch mittelbar betroffen.

Dass die zunehmende Bewegungseinschränkung durch die Schultereckgelenksarthrose und nicht – wie die Klägerin meint – durch die Folgen der Fraktur verursacht wird, wird insbesondere durch die bildgebende Diagnostik belegt: Diese zeigt auch bei sich verschlechternder Beweglichkeit des linken Armens weiterhin – unverändert - nur eine diskrete Arthrose im Schultergelenk (Omarthrose), deren im Vergleich zur rechten Schulter etwas stärkere Ausprägung zwar als durch den Unfall verursacht, die aber nicht als wesentliche Ursache der zunehmenden linksseitigen Bewegungseinschränkung zu sehen ist. Dagegen lässt sich jedoch eine deutliche Zunahme der Schultereckgelenksarthrose belegen. So zeigte sich bei der im UKB am 28. Januar 2013 durchgeführten MRT-Untersuchung neben der konsolidierten Oberarmfraktur eine Auftreibung des Schultereckgelenkes, was zu einer Enge unterhalb dieses Raumes und dadurch zu zunehmenden Bewegungseinschränkungen im Bereich des Schultergelenkes führte. Dieser medizinische Zusammenhang wurde der Klägerin vor Ort auch im Beisein ihres Sohnes erklärt. Eine deutliche Schultereckgelenksarthrose mit Kapselverdickung zeigte sich auch bei der während des stationären Aufenthaltes der Klägerin in der Klinik für Manuelle Therapie in K am 15. Oktober 2014 durchgeführten Röntgendiagnostik der linken Schulter (siehe Entlassungsbericht vom 22. Oktober 2014).

Des Weiteren bestehen bei der Klägerin zahlreiche, durch diverse bildgebende Befunde belegte, degenerative (= unfallunabhängige) Veränderungen im Bereich der HWS, der LWS, beider Handgelenke sowie beider Hüftgelenke, die über die Jahre zunehmend Beschwerden verursachten. Dass die linksseitigen Brustbeschwerden von den wiederholt durch Mammographien festgestellten Zysten – und nicht, wie die Klägerin meint, vom Unfall – herrühren und dass auch die neurogene Blasenentleerungsstörung durch eine degenerativ bedingte Einengung des Spinalkanals und dadurch bedingter Irritation der Abgangswurzel in Höhe L4 – und nicht wie die Klägerin meint, durch den Unfall - verursacht wurde, hat die Sachverständige Dr. H sehr gut nachvollziehbar dargelegt. Im Übrigen gilt es zu bedenken, dass sich die unfallunabhängigen HWS- und Nackenbeschwerden auch nachteilig auf die Schulterfunktion auswirken können.

Die ausgesprochene Schwierigkeit einer Differenzierung zwischen unfallbedingter Bewegungseinschränkung und rein degenerativ bedingter bleibt im Einzelfall letztlich der Einschätzung des Sachverständigen bzw. des Senates überlassen, da die üblichen Tabellen hierzu keine Aussage treffen. Im Hinblick auf die radiologisch dokumentierte gute Verheilung der Fraktur mit nur sehr geringer Fehlstellung und geringen Arthrosezeichen, der nur leichten Abflachung des Deltoideusmuskels und der mäßigen (daraus rührenden) Funktionseinschränkung überzeugt die Herleitung einer unfallbedingten MdE von nur 10 v. H. durch Dr. T und Dr. H den Senat.

Der von Dr. E vorgeschlagenen MdE in Höhe von 20 v. H. kann aus den von Dr. T mit ergänzender Stellungnahme vom 03. Mai 2013 dargelegten, überzeugenden Argumenten nicht gefolgt werden. So wird die von Dr. E gemessene Umfangsdifferenz der Oberarme – 34 cm rechts und 37 cm links (bei diffuser Schwellung der Achselregion links) - differentialdiagnostisch (Lymphknotenschwellung, Thrombosen, Entzündungen etc.) nicht abgeklärt. Eine von Dr. E als Unfallfolge postulierte Atrophie des linken Armens kann bei seitengleichen Umfängen der Ellenbogen, Unterarme und Handgelenke so nicht überzeugen. Eben sowenig nachvollziehbar ist der von Dr. E erhobene Befund einer Schultergelenksinstabilität links, die sich bei keiner früheren oder späteren Untersuchung verifizieren ließ. Zudem hat Dr. E im Rahmen seiner MdE-Einschätzung die Auswirkungen der unfallfremden Schultereckgelenksarthrose mit einbezogen.

Eine höhere MdE kann auch nicht unter dem Aspekt einer – unfallbedingten – Schmerzerkrankung hergeleitet werden. Zwar haben sowohl Dr. T ("Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen mit Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung und rezidivierenden depressiven Episoden") als auch Dr. E ("Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen") eine Schmerzerkrankung diagnostiziert, diese jedoch als nicht durch den Unfall bzw. die Humeruskopfmehrfragmentfraktur verursacht angesehen. Für eine organisch bedingte Schmerzerkrankung in Form eines Morbus Sudeck bzw. CRPS (chronisches regionales Schmerzsyndrom) fehlt es an jeglichem Befund in der Krankheitsgeschichte der Klägerin. Weder die behandelnden Ärzte der Klägerin haben je diese Diagnose gestellt oder zumindest den Verdacht geäußert, noch haben die Gutachter und Sachverständigen typische Zeichen eines Morbus Sudeck bzw. CRPS feststellen können. Erstmals der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dessen medizinische Fachkunde sich dem Senat nicht erschließt, meint, in der Schmerzkomponente eine Erkrankung nach Morbus Sudeck zu sehen, ohne dies mit medizinischen Befunden zu substantiieren. Vielmehr ist in den Gutachten wiederholt auf die Diskrepanz zwischen den von der Klägerin geschilderten Schmerzen/Beschwerden und den diese nicht erklärenden klinischen Befunden der linken oberen Extremität (Beweglichkeit, Kraftentfaltung, Muskelmantel etc.) wie auch auf die Diskrepanz zwischen der geklagten Intensität der Schmerzen und fehlender Einnahme von Schmerzmitteln bzw. fehlender entsprechender Schmerztherapie hingewiesen worden (vgl. u.a. Gutachten von Prof. Dr. E vom 11. November 2007, Dr. T vom 15. Februar 2010, Dr. T vom 28. Juni 2011), zumal der Umstand zu berücksichtigen ist, dass die Schmerzsymptomatik der Klägerin auch aus den vielfältigen degenerativen Leiden des Bewegungsapparates herrührt.

Soweit von Gutachtern und Sachverständigen wiederholt eine depressive Symptomatik festgestellt worden ist (vgl. u.a. Gutachten von Dr. B vom 26. November 2008 "depressive Anpassungs- und Somatisierungsstörungen", Dr. T vom 28. Juni 2011 "rezidivierende depressive Episoden", Dr. E vom 18. Juli 2012 "deutlich depressiv geprägte Schilderungen ..."; Dr. H vom 20. April 2015 "depressive Episoden "), wird diese von keinem der Sachverständigen als durch den Unfall wesentlich verursacht angesehen. Bereits Dr. B hat diesbezüglich auf einen Zusammenhang mit den vor dem Unfall eingetretenen Ereignissen in Form zweimalig erlittener Hirnblutung /Schlaganfall, Dr. T des Weiteren auf die schon 1985 wegen psychischer Überforderung mit depressiver Symptomatik erfolgte stationäre Rehabilitationsmaßnahme hingewiesen. Ebenso hat Frau Dr. H, die aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen auf psychosomatischen Gebiet diesbezüglich über eine Beurteilungskompetenz verfügt, unter Verweis auf die bereits in 1985 aufgetretene psychische Überforderung der Klägerin durch Arbeitsüberlastung einen Zusammenhang mit dem Unfall ausgeschlossen. Im Hinblick auf die bei der Klägerin schon vor dem Unfall bestehenden schweren Erkrankungen (Hirnblutung, Schlaganfall, insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit Polyneuropathie) als auch den sich danach ständig verschlechternden degenerativen Leiden des Bewegungsapparates sowie dem weiteren Hirninfarkt im Jahr 2011 hat der Senat keine Zweifel an dieser Beurteilung. Von daher sah sich der Senat auch im Hinblick auf die Amtsermittlungspflicht (§§ 103, 106 SGG) nicht gedrängt, weitere Ermittlungen durchzuführen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist mangels Zulassungsgrunds nach § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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