Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 163 U 82/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 194/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Zeitpunkt des Beginns einer Verletztenrente nach dem Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII).
Die 1952 geborene Klägerin war bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten als Vertriebsassistentin angestellt. Am 05. November 2009 erlitt sie gegen 9:10 Uhr einen Unfall, als sie auf dem Weg aus ihrem Büro mit der Schulter am Pfeiler hängen blieb, stürzte und dabei mit dem Hinterkopf an den Türpfosten schlug und sodann auf das linke Handgelenk fiel. Die ärztliche Versorgung erfolgte durch die Rettungsstelle des Charité Campus Virchow-Klinikums in Berlin, wo sich die Klägerin dem Durchgangsarzt (D-Arzt) Prof. Dr. H (zugleich Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie) vorstellte. Dieser hielt im D-Arzt Bericht vom Unfalltag folgende Befunde fest: ca. 2 cm lange Platzwunde im Bereich des occipitalen Schädels mit leichtem Randhämatom, keine sensorischen oder motorischen Ausfälle, keine Schädel-Hirn-Trauma-Symptomatik. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule war in allen drei Abschnitten frei. Es wurde ein leichter Druckschmerz im Bereich des radialen Handgelenks links festgestellt, ohne sichtbare Prellmarke, Hämatom oder Schwellung, pDMS (periphere Durchblutung, Motorik, Sensibilität) wurden als intakt beschrieben, keine Bewegungseinschränkung im Handgelenk und der Hand. Röntgenbilder der linken Hand zeigten eine distale intraartikuläre Radiusfraktur linksseitig mit geringer Stufenbildung zur Gelenkfläche; Röntgenbilder des Schädels blieben ohne pathologischen Befund. Die Armverletzung wurde konservativ mittels Gipsverband behandelt und der Klägerin Arbeitsunfähigkeit attestiert. Mit Zwischenbericht vom 28. November 2009 teilten die behandelnden Fachärzte für Chirurgie/Unfallchirurgie und D-Ärzte K/S gegenüber der Beklagten mit, dass der linke distale Unterarm abgeschwollen und die Funktion der Finger verbessert sei. Eine Röntgenkontrolle habe einen unveränderten Stand der Fraktur mit intraartikulärem Verlauf ohne wesentliche Gelenksstufe und ohne wesentliche Verkürzung/Einstauchung gezeigt. Eine MdE in Rentenprozenthöhe werde nicht erwartet.
Arbeitsfähigkeit trat zum 03. Dezember 2009 ein, am 12. Februar 2010 wurde die Behandlung durch die Durchgangsärzte zunächst eingestellt. Am 04. März 2010 stellte sich die Klägerin erneut wegen anhaltender Beschwerden bei Handgelenksbelastung und Schwellneigung bei den D-Ärzten K/S vor. Diese stellten eine endgradige Funktionseinschränkung im Handgelenk bei freier Beweglichkeit der Finger, Durchführbarkeit aller Griffarten und ungestörter Sensibilität fest. Es wurde Physiotherapie und eine Manutrain-Bandage verordnet.
Die Klägerin stellte sich am 17. Januar 2011 erneut durchgangsärztlich vor. Hierbei wurde ein isolierter Druckschmerz über dem distalen Radioulnargelenk mit deutlichem Knacken und endgradig eingeschränkter Beweglichkeit des linken Handgelenks befundet. Zur Abklärung wurde am 27. Januar 2011 ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des Handgelenks angefertigt. Dieses zeigte neben einer fortgeschrittenen Rhizarthrose nebst synovialem Reizzustand im Bereich des Daumensattelgelenks eine Minusvariante der Ulna nebst becherförmiger Deformierung der distalen Radiusbasis. Die stattgehabte Fraktur zeigte sich vollständig knöchern konsolidiert; eine Stufenbildung war nicht nachweisbar. Es wurde eine initiale Arthrose im Bereich des Radiocarpalgelenks mit deutlicher Reduktion des Knorpelüberzugs festgestellt. Die Bandstrukturen erschienen intakt bei muzinösen degenerativen Veränderungen des TFCC.
Am 15. März 2011 stellte sich die Klägerin wegen persistierenden Beschwerden im linken Handgelenk seit dem Unfall, vor allem bei Belastung, in der Handsprechstunde beim D-Arzt Prof. Dr. H vor, der bei reizloser Haut ohne Rötung einen Druckschmerz über dem distalen Radius, einen axialen Stauchungsschmerz des Daumens links stärker als rechts, intakte pDMS und eine eingeschränkte Flexion des Handgelenks bei einer Flexion/Extension von 45-0-85° feststellte.
Durch die D-Ärzte K/S wurde bei der Nachschau am 31. Mai 2011 eine geringe klinische Instabilität im distalen Radioulnargelenk bei eingeschränkter Beweglichkeit im linken Handgelenk, intakter peripherer Durchblutung und Sensibilität und ohne klinische Hinweise für ein chronisches regionales Schmerzsyndrom (CRPS) festgestellt.
Am 22. August 2011 erlitt die Klägerin einen weiteren Unfall in einem Linienbus, bei dem sie sich - verursacht durch ein plötzliches Bremsmanöver des Busses - eine Prellung des linken Handgelenks und des Ellenbogens zuzog. Nach bestandskräftigem Bescheid der insoweit zuständigen Berufsgenossenschaft für Verkehrswirtschaft / Post-Logistik / Telekommunikation (BG Verkehr) vom 19. Dezember 2013 sind gemäß dem Ergebnis der Begutachtung durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S vom 19. November 2013 diesbezüglich keine dauernden Unfallfolgen verblieben.
Mit Durchgangsarztbericht (DAB) vom 23. Februar 2012 berichteten die D-Ärzte K/Svon einer "Wiedererkrankung" der Klägerin, die dort erschienen sei und um neue Krankengymnastik wegen anhaltender Beschwerden gebeten habe. Medikamente wolle sie nicht nehmen. Die Klägerin wurde für arbeitsfähig befunden und Physiotherapie verordnet.
Mit Schreiben vom 30. August 2012 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Leistung einer Verletztenrente, da sich am linken Handgelenk ein Dauerschmerz unter Belastung eingestellt habe.
Nachdem die Beklagte die Klägerin über ihre Rechte aus § 200 SGB VII hingewiesen hatte, holte sie ein Zusammenhangsgutachten des Unfallchirurgen Dr. K ein. Dieser stellte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 14. Dezember 2012 in seinem unfallchirurgischen Gutachten vom 18. Februar 2013 fest, dass die rechtshändige Klägerin eine Schwellneigung des linken Handgelenkes unter Belastung, zunehmend im letzten Jahr, angegeben habe. Sie benötige einen elastischen Verband und könne nicht mehr linksseitig mit der Tastatur schreiben. Es bestünden Belastungsschmerzen, Kraftlosigkeit und Wetterfühligkeit der Hand. Dr. K beschrieb die Beweglichkeit der linken Schulter als endgradig eingeschränkt. Es sei eine leicht teigige Schwellung der linken Hand mit leicht reduzierter Hauttemperatur festzustellen. Durch regelmäßige Verlaufskontrollen seien nunmehr ein deutlich eingeschränkter Faustschluss links sowie die Unfähigkeit der Berührung der Langfinger mit dem linken Daumen dokumentiert. Eine Instabilität habe nicht bestanden, jedoch ein geringer Druckschmerz im distalen Radiusbereich. Beweglichkeit und grobe Kraft seien messbar reduziert (handrückenwärtige Bewegung 40-0-20° gegenüber 60-0-70° rechts; speichenwärtige Drehung 20-0-0° gegenüber 40-0-10° rechts). Radiologisch bestehe eine konsolidierte Fraktur mit geringer Einfurchung des Scaphoids im Sinne einer leichten posttraumatischen Arthrose; zudem eine Rhizarthrose, welche jedoch unfallfremd sei. Die von ihm erhobenen Befunde ergäben den klinischen Zustand eines posttraumatischen CRPS 1. Grades. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 25 vom Hundert (v.H.) anzusetzen. Auf Rückfrage der Beklagten führte Dr. K aus, dass er die Klägerin seit dem Unfall immer wieder bis laufend betreut und zum Zeitpunkt der Begutachtung die MdE erstmals festgestellt habe; er gehe davon aus, dass vorher keine MdE in rentenberechtigendem Grade vorgelegen habe (Telefonvermerk vom 15. April 2013).
In der zum Gutachten von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16. April 2013 teilte Dr. V mit, dass bei der MdE-Einschätzung die im MRT vom 27. Januar 2011 beschriebene Rhizarthrose sowie die Minusvariante der Ulna keine Rolle spiele. Die Einschätzung der MdE mit 25 v. H. sei mit Verweis auf die im Messeblatt dokumentierten Bewegungsmaße korrekt. Allerdings falle auf, dass bis zum 17. Januar 2011 nur eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenkes und ein "kompletter Faustschluss" dokumentiert seien, niemals zudem ein CRPS.
Mit Bescheid vom 03. Mai 2013 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 14. Dezember 2012 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 25 v.H. und erkannte als Unfallfolgen - der gutachterlichen Einschätzung des D-Arztes K folgend – eine erhebliche Bewegungseinschränkung der Hand mit Minderung der groben Kraft und deutlich eingeschränktem Faustschluss sowie Einschränkung der Greiffähigkeit, Weichteilschwellneigung der Hand, Streckdefizit der Langfinger, röntgenologisch nachgewiesene beginnende Aufbraucherscheinungen (Arthrose) im Kahnbeinbereich des Handgelenks und chronisches Schmerzsyndrom (CRPS 1. Grades) nach knöchern fest verheiltem Speichenbruch links nebst ausgeheilter Kopfplatzwunde als Unfallfolgen an. Die Daumensattelgelenksarthrose (Rhizarthrose) beidseits sei nicht Folge des Unfalls vom 05. November 2009. Die Rente beginne am 14. Dezember 2012 und betrage gegenwärtig monatlich 409, 21 Euro. Der Beginn der Rente richte sich nach dem Gutachten des Arztes K, wonach die MdE seit der gutachterlichen Untersuchung vom 14. Dezember 2012 vorliege.
Hiergegen - konkret gegen den Beginn der Verletztenrente - erhob die anwaltlich vertretene Klägerin am 04. Juni 2013 Widerspruch. Die ärztliche Einschätzung des Arztes K, dass vor der Begutachtung am 14. Dezember 2012 keine MdE im rentenberechtigenden Umfang vorgelegen habe, halte einer juristischen Prüfung nicht stand. Denn aus § 72 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII folge, dass eine Verletztenrente unmittelbar ab dem Versicherungsfall zu zahlen sei, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld bestehe. Dies betreffe auch den Fall einer nachträglich eingetretenen Verschlimmerung.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde eine Heilverfahrenskontrolle durch den Facharzt für Anästhesiologie/spezielle Schmerztherapie Dr. B durchgeführt. Dieser führte unter dem 26. November 2013 aus, dass bei der Klägerin unfallbedingt eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk als Zustand nach konservativ behandelter distaler Radiusfraktur vom 05. November 2009 sowie bei Zustand nach erneutem Handgelenks-Distorsionstrauma links im Jahr 2011 bestehe. Unfallunabhängig hätten sich bei der Klägerin körperliche Symptome aus psychischen Gründen entwickelt bei Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (dissoziative Störung). Unter Bezugnahme auf das freie unfallchirurgische Gutachten des Arztes K vom 18. Februar 2013 und ein dort auf Seite 3 vermerktes "posttraumatisches CRPS der linken Hand" habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie am linken Arm noch nie ein solches CRPS bzw. einen "Sudeck" gehabt hätte. Allerdings habe sie, so die Klägerin, im Jahr 2000 an der rechten Hand ein CRPS gehabt, welches abgeklungen sei. Auch damals habe sie sich in Behandlung des Arztes K befunden, den sie seit mindestens 20 Jahren anlässlich vieler anderer Behandlungen kenne. Anamnestisch gab die Klägerin an, 2007/2008 wegen Burnout behandelt worden zu sein. Unfallunabhängig bestünden bei der Klägerin ein medikamentös eingestellter Bluthochdruck sowie eine Rhizarthrose beidseits (links mehr als rechts). Es bestünden vielschichtige private und familiäre Belastungssituationen, welche nicht näher ausgeführt würden. Die Klägerin wirke sichtlich vegetativ stigmatisiert. Es hätten sich Diskrepanzen der Beweglichkeit bei Untersuchung und Befragung ergeben. Die Bewegung habe aktiv 20-0-10° und passiv 45-0-25° betragen. Es bestehe ein hektischer, sprunghafter Eindruck, welcher eine somatische Beschwerdefixierung nahelege. Dr. B resümierte: Ungeachtet dessen, dass entgegen den Feststellungen des Arztes K in seinem Gutachten vom 18. Februar 2013 - schon nach Angaben der Klägerin selbst - zu keinem Zeitpunkt ein CRPS am linken, sondern nur am rechten Arm bestanden habe, seien die von ihm im Merkblatt für obere Gliedmaßen aufgeführten Funktionsbeeinträchtigungen vor allem im Faustschluss der linken Hand, aber auch in der Beweglichkeit des linken Handgelenkes nicht nachzuvollziehen. Er – Dr. B – habe bei der Klägerin bereits vor der Untersuchung im Gespräch einen völlig unbeeinträchtigten Gebrauch der linken Hand und des gesamten linken Armes durch die Klägerin beobachtet: So habe die Klägerin mit der linken Hand das Kinn gestützt, habe die linke Hand an die linke Wange gelegt, umfasse die linke Armlehne des Besucherstuhls, drücke sich mit der linken Hand kräftig von der Armlehne des Stuhls hoch, verschränke die Finger beider Hände, nestele an der Kleidung, gestikuliere unbeeinträchtigt und symmetrisch zum rechten Arm jeweils ohne von außen beobachtbare grob- oder feinmotorische Funktionsbeeinträchtigungen und jeweils ohne von außen beobachtbare Schmerzreaktion. Der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. V, habe daher zu Recht reklamiert, dass "nirgends zuvor ein CRPS dokumentiert" worden sei. Zumindest aus schmerztherapeutischer Sicht besitze die Klägerin eine allenfalls geringfügige, endgradige Beeinträchtigung der Beweglichkeit im linken Handgelenk, welche - nach der Verhaltensbeobachtung der Klägerin - noch nicht einmal mit besonders schmerzhaften Zuständen einhergehe. Es bestehe eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen den aktiven und passiven Bewegungsmaßen sowie zwischen den in der Verhaltensbeobachtung sichtbaren Bewegungsausmaßen und den bei der körperlichen Untersuchung von der Klägerin vorgeführten Defiziten. Daher sei eine psychiatrisch-psychosomatische Begutachtung sinnvoll.
Auf Nachfrage der Beklagten zum Umfang der von ihm attestierten Arbeitsunfähigkeitszeiten teilte der Arzt K unter dem 10. Dezember 2013 mit, dass sich die Verletzungsfolgen ab März 2012 verschlechtert hätten, da bei radiologisch konsolidierter distaler Radiusfraktur einmalig Zeichen eines späten CRPS aufgetreten seien. Die Klägerin habe daraufhin insistiert, arbeitsfähig zu bleiben. Daher könne eine rückwirkende fiktive Arbeitsunfähigkeit nicht angegeben werden. Es sei bei anfänglich befriedigendem Verlauf dann, erstmalig dokumentiert im März 2012, zur Entwicklung eines CRPS gekommen. Dieses habe unter Physiotherapie und Lymphdrainage einigermaßen beherrscht werden können. Es sei dann jedoch zu einer zunehmenden Verschlimmerung im März 2013 gekommen, weswegen ergänzend zur Ergotherapie, Lymphdrainage und Medikamenten eine Calcitonin-Therapie durchgeführt worden sei. Er habe die Klägerin seitdem eine ganze Weile nicht und erstmalig wieder zur Durchführung des Gutachtens gesehen, bei dem die Verschlechterung am Untersuchungstag festgestellt und im Gutachten dokumentiert worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Rente sei erst ab dem Tag zu gewähren, an dem der Umfang der vom Arzt K ausgeführten Verschlimmerung (CRPS links) festgestellt worden sei. Dies resultiere aus § 72 Abs. 1 SGB VII, wonach Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt werden, an dem eine Verschlimmerung nachgewiesen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Februar 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben und diese wie folgt begründet: Gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stehe ihr eine Verletztenrente ab dem Tag zu, der auf den Tag folge, an dem der Anspruch auf Verletztengeld ende; für eine erst spätere Zuerkennung gebe es keine Rechtsgrundlage. Da die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin mit Anspruch auf Verletztengeld mit Ablauf des 02. Dezember 2009 beendet gewesen sei, habe die Klägerin Anspruch auf Verletztenrente ab dem 03. Dezember 2009, deren Höhe sich nach der vom Gutachter Dr. S beurteilten MdE ergebe.
Die Beklagte hat zur Abklärung einer Verschlimmerung der Beschwerden der Klägerin ein weiteres Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S vom 26. Mai 2014 eingeholt. Bei der gutachterlichen Untersuchung am 25. März 2014 hat die Klägerin angegeben, 2011 bei dem Unfall im Bus einen Bluterguss am Handgelenk erlitten zu haben. Der Gutachter hat eine leichte Vermeidungshaltung der linken Hand bei gleich entfalteter Muskulatur befundet. Die Bewegungsprüfung sei der erheblichen muskulären Gegenspannung nur eingeschränkt verwertbar gewesen. Die Beweglichkeit des linken Handgelenks habe in der Hebung 25-0-30° sowie in der Drehung 25-0-20° und der Abstand aller Langfinger zur queren Hohlhandfalte 8-9 cm ergeben. Die Grobkraft der Hand habe 0 kP gegenüber rechts 13 kP betragen, die Temperatur der Haut sei seitengleich gewesen. Nach einigen Minuten schlaffen Hängens des Arms sei es linksseitig zu einem geringen Anschwellen gekommen. Nach Auswertung sämtlicher Bildbefunde, darunter eines weiteren MRT vom 08. April 2014, welches bis auf eine Zunahme der Rhizarthrose und einer kleinen Stufenbildung im Speichengelenk im früheren Bruchbereich im Wesentlichen gleiche Befunde ergeben habe wie dasjenige vom 27. Januar 2011, hat der Gutachter folgende Einschätzung abgegeben: Das erstmals in dem Bericht des Dr. K vom 11. Februar 2013 diagnostizierte CRPS lasse sich weder aus den Vorbefunden herleiten noch werde es durch die MRT-Befunde gestützt. Ein Zusammenhang nach mehr als einem Jahr nach dem Unfall sei zudem unwahrscheinlich. Unfallunabhängig habe eine Formvariante des Radioulnargelenks und die Rhizarthrose – die sich unter Einbeziehung der Nachbargelenke ausgedehnt habe - bestanden, welche durch den Unfall nicht beeinträchtigt worden seien. Unfallbedingt bestehe eine leichte Stufenbildung des Speichenendes und die Bewegungseinschränkung im Handgelenk. Die MdE sei vom 03. bis zum 20. Dezember 2009 mit 30 v.H., nachfolgend bis zum 31. Januar 2010 mit 20 v.H., sodann mit 10 v.H. und ab dem 14. Dezember 2012 fortlaufend mit 20 v.H. anzusetzen, wobei die ungünstigen Wechselwirkungen zwischen der unfallbedingten Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit und den unfallunabhängigen Verschleißumformungen mitberücksichtigt worden seien.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 07. November 2014 mitgeteilt, dass sie der MdE-Einschätzung von Dr. S nicht folgen werde, da vor dem 14. Dezember 2012 keine rentenberechtigende MdE vorgelegen habe. Sie hat hierfür auf die Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. V vom 16. April 2013 und die ergänzende Stellungnahme des Arztes K vom 10. Dezember 2013 (wesentliche Verschlimmerung ab Untersuchungstag) verwiesen.
Das SG hat sodann den Befundbericht des D-Arztes K vom 11. Februar 2015 eingeholt, dem diverse Arztberichte und bildgebende Befunde beigefügt waren.
Nachdem sich die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 13. Mai 2015 bzw. vom 20. Mai 2015 mit einer Entscheidung des Gerichtes ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, hat das SG mit Urteil vom 03. November 2015 ohne mündliche Verhandlung die Klage - gerichtet auf die Gewährung von Verletztenrente beginnend ab dem 03. Dezember 2009 - abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Anspruchsgrundlage sei § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII, dessen Voraussetzungen für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 03. Dezember 2009 bis zum 13. Dezember 2012 nicht vorlägen. Nach dieser Vorschrift hätten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert sei, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richte sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Beklagte habe mit dem streitigen, in diesem Punkt jedoch von der Klägerin nicht angefochtenen Punkt, gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindend festgestellt, dass die Klägerin am 05. November 2009 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten habe. Vorliegend bedingten die feststellbaren Unfallfolgen zur Überzeugung der Kammer jedoch ab dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 03. Dezember 2009 keine MdE von wenigstens 20 v.H., weil zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar gewesen sei, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin über die 26. Woche nach dem Unfall um wenigstens 20 v.H. gemindert sein würde. Gemäß der unfallversicherungsrechtlichen Standardliteratur nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 544, sei z. B. bei einem Speichenbruch eine rentenberechtigende MdE erst bei einer Handgelenksversteifung in Neutralstellung, bei einer Versteifung der Unterarmdrehung oder bei erheblicher Achsenknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 80° anzunehmen. Diese Voraussetzungen seien vor dem 14. Dezember 2012 nicht nachgewiesen. Denn hierfür mangele es insbesondere am erforderlichen Vollbeweis des Umfangs entsprechender Bewegungseinschränkungen. Klarzustellen sei zunächst, dass die Kammer nicht den Ausführungen des Dr. B folge, da die Bewegungseinschränkungen und diese objektiv stützenden Befunde durch Röntgenbilder und MRT-Befunde objektiv belegt seien; zwei erfahrene Unfallchirurgen hätten insoweit keine Simulation feststellen können. Die Kammer habe nicht vermocht, sich hinsichtlich der MdE-Einschätzung der Empfehlung des Sachverständigen Dr. S anzuschließen. Zunächst folge das Gericht der Bewertung des Dr. S, soweit dieser nach umfassender Untersuchung und Befundauswertung nachvollziehbar ausgeführt habe, dass sowohl die Rhizarthrose als auch die bereits frühzeitig festgestellte Formvariante des Radioulnargelenks (beschrieben als "becherförmige" Veränderung) durch den Unfall weder hervorgerufen noch verstärkt worden seien. Hierzu fehle es an Spuren frischer Verletzungen der entsprechenden Knochen und Gelenkflächen. Die Rhizarthrose sei jedoch unfallnah nachweisbar gewesen. Derartige Gelenkumformungen könnten indes nicht binnen kurzer Zeit auftreten, sondern entwickelten sich typischerweise über längere Zeiträume. Zweifel bestünden aus den von Dr. S zutreffend ausgeführten Gründen auch hinsichtlich des Nachweises des von Dr. K angenommenen CRPS, was tatsächlich erstmals im Jahr 2013 erwähnt worden sei und anlässlich einer Stellungnahme im Dezember 2013 rückwirkend auf Symptome bereits in 2012 bezogen werde. Zutreffend rüge Dr. S insoweit, dass die Diagnosekriterien hierfür nicht offengelegt und entsprechende Befunde bis zu diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen worden seien. Nach den Ausführungen des Dr. S ergebe sich eine MdE allenfalls im Zeitraum vom 03. bis zum 20. Dezember 2009 in Höhe von 30 v.H. und danach noch bis zum 31. Januar 2010 in Höhe von 20 v.H ... Diesbezüglich habe der Sachverständige jedoch nach seinen eigenen Ausführungen "ungünstige Wechselwirkungen" zwischen der unfallbedingten Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit und den unfallunabhängigen Verschleißumformungen mitberücksichtigt. Insoweit könne offen bleiben, ob dieser Ansatz einerseits zu Lasten der Beklagten eine Entschädigung (auch) für unfallunabhängige Schädigungen einschließe und andererseits, ob dem auch entsprechende Befunde zu Grunde lägen, welche eine MdE-Festsetzung in dieser Höhe erlaube. Letzteres sei bereits zweifelhaft, weil eine Röntgenkontrolle aus Ende November 2009 einen unveränderten Stand der Fraktur mit intraartikulärem Verlauf ohne wesentliche Stufe oder Verkürzung/Einstauchung gezeigt habe und die durchgangsärztliche Behandlung am 12. Februar 2010 zunächst eingestellt worden sei, ohne dass insoweit irgendwelche Anhaltspunkte für rentenberechtigende Funktionseinschränkungen festgehalten worden seien. Noch am 04. März 2010 habe der Befund lediglich endgradige Funktionseinschränkungen des Handgelenks bei freier Beweglichkeit der Finger, Durchführbarkeit aller Griffarten und ungestörter Sensibilität ergeben. Die Schätzung des Dr. S orientiere sich damit offenbar nicht an tatsächlichen Befunden, sondern ihr liege wohl vorrangig das Bestehen einer ungewohnten Situation und die allmähliche Gewöhnung zu Grunde. Indes komme es hierauf schon deshalb nicht an, weil § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII zwingend vorschreibe, dass für die Zuerkennung einer Verletztenrente eine rentenberechtigende Mindest-MdE von 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus bestehen müsse. Liege eine MdE zwar für eine gewisse Zeit, nicht jedoch über die 26. Woche hinaus vor, bestehe dagegen kein Anspruch auf eine Verletztenrente. Die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall habe vorliegend mit dem 06. Mai 2010 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt habe indes auch Dr. S selbst keine rentenberechtigende MdE angenommen, so dass ein Verletztenrentenanspruch insoweit ausscheiden müsse. Somit habe zur Überzeugung der Kammer keine Konstellation vorgelegen, welche von § 72 Abs. 1 SGB VII erfasst sei. Hiernach würden Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folge, an dem (1.) der Anspruch auf Verletztengeld ende, (2.) der Versicherungsfall eingetreten sei, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden sei. Vorliegend sei zwar ein Verletztengeldanspruch entstanden, es habe jedoch am Ende des Verletztengeldanspruchs (02. Dezember 2009) keine rentenberechtigende MdE nach den Kriterien des § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII vorgelegen. In einer derartigen Situation bestehe eine Regelungslücke, welche zur Überzeugung der Kammer dahingehend auszufüllen sei, dass bei späterem Eintritt der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII die Rente nach allgemeinen Grundsätzen erst ab der erstmaligen Feststellung einer rentenberechtigenden MdE zu gewähren sei. Denn § 72 SGB VII setze seinerseits voraus, dass alle tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 SGB VII vorliegen. Hieran fehle es in Fällen wie dem vorliegenden indes gerade. Die – feststellbar – erst mehrere Jahre nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs eingetretene rentenberechtigende MdE erlaube zur Überzeugung der Kammer – auch im Fall der zwischenzeitlich noch nicht erlassenen Ablehnung einer Verletztenrente, so dass die Voraussetzungen des § 73 SGB VII nicht vorlägen – nicht den Rückschluss, dass für den Zeitraum ab Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (trotz in dieser Zeit fehlender MdE) eine Verletztenrente zu gewähren sei. Hierfür sei eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Umgekehrt stehe § 73 Abs. 1 SGB VII dem Ansatz der Kammer nicht entgegen, weil die Rente nicht nach Ablauf des Monats, in dem eine Änderung wirksam geworden ist, sondern unmittelbar ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung der Voraussetzungen einer rentenberechtigenden MdE zu gewähren sei. Zu Recht weise die Beklagte darauf hin, dass Befunde, welche die Zuerkennung einer rentenberechtigenden MdE erlaubten, erstmals mit Untersuchung am 14. Dezember 2012 gesichert worden seien. Dies habe auch Dr. K selbst bestätigt, indem er im Dezember 2013 ausgeführt habe, erste Anzeichen einer Beschwerdezunahme hätten ab März 2012 vorgelegen, seien aber noch durch Behandlung beherrschbar gewesen. Dies stütze die – im Übrigen auch von Dr. S abgegebene – Einschätzung, dass vor dem 14. Dezember 2012 keine rentenberechtigende MdE vorgelegen habe.
Gegen das ihr am 11. November 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. November 2015 Berufung eingelegt und im Wesentlichen wie folgt begründet: Das SG sei rechtsfehlerhaft dem Gutachten des Dr. S nicht gefolgt. Die Klägerin verstehe die Feststellungen des Sachverständigen zur MdE-Höhe so, dass es sich bei den festgestellten Prozentsätzen um die verschleißbereinigten, rein unfallbedingten Folgen handele. Die vom SG zum Vergleich angeführte Handgelenksversteifung sei der Klägerin von Anfang an empfohlen worden. Da jedoch keine Sicherheit bestehe, dass eine Besserung eintrete, habe sie bisher eine derartige Versteifung abgelehnt. Das Gericht gehe offenbar davon aus, dass vor der 26. Woche nach dem Versicherungsfall ohnehin keine Verletztenrente zu zahlen sei. Rechtsfehlerhaft berücksichtige das SG auch die MdE-Einschätzung des Dr. K nicht. Die Klägerin habe nach dem streitgegenständlichen Unfall durchgehend gleichbleibende Beschwerden im Bereich des linken Handgelenks gehabt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. November 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2014 zu verurteilen, ihr Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung, die zutreffend sei. Der Arzt K habe anlässlich der Vorstellung der Klägerin am 17. Januar 2011 lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks festgestellt, was belege, dass es erst im weiteren Verlauf zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Unfallfolgen bei der Klägerin gekommen sei, wovon im Übrigen auch die Klägerin selbst ausweislich ihres Rentenantrages vom 30. August 2012 ausgegangen sei.
Der Senat hat die Behandlungsunterlagen der Klägerin vom Arzt K beigezogen und sodann im Rahmen der Beweisaufnahme das unfallchirurgische Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie, Unfall- und Handchirurgie Prof. Dr. S vom 09. März 2017 veranlasst. Der Sachverständige hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 08. März 2017 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: - Wirbelsäulenfehlform mit geringen Nervenwurzelreizerscheinungen, - partielle Schultersteife beidseits, links stärker als rechts, - Daumensattelgelenksarthrose links (Rhizarthrose), - geringe posttraumatische Arthrose im linken Handgelenk mit Bewegungseinschränkungen, wobei nur Letztere rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 05. November 2009 verursacht worden sei. Ein CRPS habe bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Vermutlich müsse die vom behandelnden Arzt genannte Diagnose "CRPS" als Verdachts- und Behandlungsdiagnose bezeichnet werden, um entsprechende physikalische Behandlungen überhaupt verordnen zu können. Die bestehende Daumensattelgelenksarthrose und ältere Verletzungen der Handwurzelknochen würden sich auf das in Rede stehende Erkrankungsbild nicht auswirken. Der Verlauf der festgestellten unfallbedingten Gesundheitsstörungen habe sich so gestaltet, dass nach dem Unfallereignis zunächst eine Besserung des Befundes eingetreten sei. Nach dem unfallchirurgischen Gutachten im Mai 2014 habe sich gezeigt, dass die Bewegungseinschränkung zunehme, so dass eine Verschlechterung der Funktion im Handgelenk eingetreten sei. Für die durch den genannten Unfall bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit werde folgende Staffelung aufgrund der im Aktenmaterial nachweisbaren objektiven Befunde vorgeschlagen: vom 03. Dezember 2009 bis zum 20. Dezember 2009: 30 v. H. vom 21. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010: 20 v. H. vom 01. Februar 2010 bis zum 13. Dezember 2012: 10 v. H. vom 14. Dezember 2012 bis auf Dauer: 20 v. H. Ein CRPS könne zum einen bereits aufgrund der vorliegenden objektiven Befunde nicht nachgewiesen werden, zum anderen könne es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon wegen des großen zeitlichen Abstandes zum Unfallereignis nicht auf dieses zurückgeführt werden. Es existiere keine wissenschaftliche Meinung, die einen Zusammenhang zwischen einem CRPS und einem Jahre zurückliegenden Unfallereignis objektiviere. Auch eine außergewöhnliche Schmerzreaktion der Klägerin sei nicht nachgewiesen, da die Weigerung der Klägerin, eine gezielte Schmerzmedikation durchzuführen, darauf hinweise, dass außergewöhnliche Schmerzen nicht bestanden haben und nicht bestehen. Insofern könne unter Berufung auf die Literaturquelle Schönberger, Mertens, Valentin lediglich eine leichte bis mittelgradige körperliche Funktionseinschränkung diagnostiziert werden, die mit einer MdE von 20 v. H. ausreichend bewertet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der BG Verkehr, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil die auf die Gewährung der Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung der Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009.
Der klägerische Anspruch auf eine Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009 richtet sich nach § 56 SGB VII. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (in der seit dem 01. Januar 1997 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes vom 07. August 1996, BGBl I S. 1254) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Diese wird bei Minderung der Erwerbsfähigkeit als Teilrente geleistet und in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Verletztenrente soll gemäß § 62 Abs. 1 SGB VII während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall als vorläufige Entschädigung festgesetzt werden, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann.
Gemäß § 72 Abs. 1 SGB VII (in der ebenfalls seit dem 01. Januar 1997 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes vom 07. August 1996, BGBl I S. 1254) werden Renten von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (Nr. 1) oder der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist (Nr. 2).
Diese Voraussetzungen sind zwar für die von der Beklagten ab dem 14. Dezember 2012 gewährte Verletztenrente dem Grund nach erfüllt, nicht aber für den hier streitgegenständlichen Anspruch auf frühere Gewährung einer Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009.
Zwar liegt ein von der Beklagten anerkannter Arbeitsunfall vor. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O.). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris).
Hieran gemessen bestehen keine Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls einschließlich der oben angesprochenen haftungsbegründenden Kausalität. Die Klägerin zog sich am 05. November 2009 in Ausübung einer versicherten Beschäftigung als Vertriebsassistentin (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) eine Verletzung des linken Handgelenkes zu, welche konservativ behandelt wurde. Zutreffend hat das SG in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte den Arbeitsunfall mit dem streitgegenständlichen Bescheid bindend (§ 77 SGG) anerkannt hat.
Auch haben der Sachverständige Prof. Dr. S und der Gutachter Dr. S übereinstimmend für die Zeit nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, also mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ab dem 03. Dezember 2009, festgestellt, dass die bei der Klägerin noch vorhanden gewesenen Funktionseinbußen und krankhaften Veränderungen "infolge" des Arbeitsunfalls zunächst eine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v.H. und mehr, und zwar bis zum 20. Dezember 2009 i. H. v. 30 v.H. und vom 21. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 i. H. v. 20 v.H. bedingt haben. Dies ist bereits vom SG unter Bezugnahme auf die aktenkundigen Befunde und das Gutachten des Dr. S zutreffend festgestellt und ausführlich dargelegt worden, weshalb der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesbezüglich auf das angegriffene Urteil verweist. Auch das vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S bestätigt die erstinstanzlich zugrunde gelegte MdE-Staffelung wegen der unfallbedingt verbliebenen Gesundheitseinschränkungen.
Jedoch ist hier die nach dem eindeutigen Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erforderliche weitere Voraussetzung für einen Anspruch auf Verletztenrente schon ab dem 03. Dezember 2009, dass eine MdE von mindestens 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus vorliegen muss, nicht erfüllt.
Die Frist – 26 Wochen - berechnet sich nach § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 187 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und beginnt daher mit dem Tag, der auf den Versicherungsfall folgt. Der Anspruch auf Verletztenrente besteht damit erst dann, wenn die infolge des Versicherungsfalls eingetretene MdE mindestens 26 Wochen lang 20 v.H. oder mehr beträgt (Scholz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56 Rn. 30).
Die Mindestdauer der MdE in rentenberechtigender Höhe ist Rentenvoraussetzung, hat aber keine unmittelbare Bedeutung für den Rentenbeginn. Grundsätzlich muss daher der Ablauf der Frist von 26 Wochen abgewartet werden, bevor über die Rente entschieden werden kann (Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 56 Rn. 25). Ausnahmsweise kann indes bereits vor Ablauf der 26. Woche nach dem Versicherungsfall entschieden werden, wenn bereits feststeht, dass eine dauerhafte rentenberechtigende MdE bestehen wird - etwa im Hinblick auf die besondere Schwere des Unfalls (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R –, juris, Rn. 38 f.; Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 56 Rn. 25; Nehls in: Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Nr. 480).
§ 56 SGB VII wurde durch das Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG) vom 07. August 1996 zum 01. Januar 1997 eingeführt und übernimmt zum Teil die früheren Regelungen der §§ 580, 581 RVO und die Rechtsprechung zur Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Absatz 1 nennt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Verletztenrente, nämlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls um mindestens 20 v.H. Abweichend vom früheren Recht wurde die Mindestdauer von der 13. auf die 26. Woche nach dem Versicherungsfall verlängert, denn bei einer MdE bis zu 26 Wochen verursache der Versicherungsfall keine nennenswerten wirtschaftlichen Nachteile, die durch eine Rente ausgeglichen werden müssten (damit sollte der Bezug kurzfristiger Renten vermieden werden, so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 13/2204, S. 90.). Der Bundesrat hatte sich gegen diese Verlängerung der Mindestdauer gewandt (BT-Drucks. 13/2333 S. 9 = M 020 S. 14) mit der Begründung, die Renten mit geringer Dauer hätten vor allem die Funktion, den Nichtvermögensschaden auszugleichen. Die Bundesregierung hat dem nicht zugestimmt (BT-Drucks. 13/2333 S. 21 = M 020 S. 37); ein Aus¬gleich eines Nichtvermögensschaden sei bei einer Verletzung, die eine MdE von 20 v.H. über die 26. Woche hinaus nicht zur Folge habe, nicht erforderlich. Nach Sinn und Zweck soll die Voraussetzung der MdE-Mindestdauer in Bagatellfällen den Rentenanspruch ausschließen (Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 56 Rn. 25; Scholz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56 SGB VII Rn. 1).
Nach dieser eindeutigen gesetzgeberischen Intention kann die Berufung keinen Erfolg haben. Denn eine rentenberechtigende MdE und damit ein Anspruch der Klägerin auf Verletztenrente hätte nach dem Ende des Verletztengeldanspruches am 02. Dezember 2009 nur für die Zeit vom 03. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 bestanden. Damit würde er den vom Gesetzgeber geforderten Mindestzeitraum von 26 Wochen nicht erreichen oder gar überschreiten. Der Zeitraum von 26 Wochen ab dem Eintritt des Versicherungsfalles beginnt hier am 06. November 2009 und endet am 06. Mai 2010. Am 06. Mai 2010 betrug die MdE – und dies noch bis zum 13. Dezember 2012 - nach übereinstimmender Einschätzung aller Gutachter und Sachverständigen nur 10 v.H. Kurzrenten sind nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch ausgeschlossen.
Zur Überzeugung des Senates spricht nichts dafür, dass eine rentenberechtigende MdE über den 31. Januar 2010 hinaus bis einschließlich 06. Mai 2010 vorgelegen hat. Der D-Arzt K hatte die ambulante Behandlung der Klägerin wegen der Unfallfolgen offiziell am 12. Februar 2010 beendet und die Restbeschwerden mit einer MdE kleiner als 10 v.H. bewertet. Erst am 04. März 2010 stellte sich die Klägerin dort erneut wegen anhaltender Beschwerden vor, jedoch zeigten auch die zu diesem Zeitpunkt erhobenen Befunde mit einer endgradigen Funktionseinschränkung im linken Handgelenk bei freier Beweglichkeit der Finger, Durchführbarkeit aller Griffarten und ungestörter Sensibilität und Motorik keine besonderen Auffälligkeiten.
Die MdE-Erfahrungswerte der unfallrechtlichen medizinischen-wissenschaftlichen Literatur (z. B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 581) sehen eine MdE von 10 v.H. vor bei einem Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 40°, eine MdE von 20-30 v.H. bei einem Speichenbruch mit erheblicher Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 80°, wobei bei Einschränkungen auch der Unterarmdrehfähigkeit je nach deren Schwere die MdE höher zu bewerten ist.
Aus den aktenkundigen Behandlungsberichten für den Zeitraum Januar und Februar 2010 sind keine belastbaren Befunde ersichtlich, die auf eine rentenberechtigende MdE schließen ließen. Im D-Arzt-Bericht vom 04. März 2010 wurden bis auf eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk und die von der Klägerin geklagten belastungsabhängigen Beschwerden keine Auffälligkeiten beschrieben. Bis zum 17. Januar 2011 wurde nur eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenkes und ein "kompletter Faustschluss" durch den D-Arzt K befundet und erst am 15. März 2011 durch den D-Arzt Prof. Dr. H ein Druckschmerz über dem distalen Radius, ein axialer Stauchungsschmerz des Daumens links stärker als rechts sowie eine eingeschränkte Flexion des Handgelenks bei Flexion/Extension von 45-0-85° festgestellt. Eine relevante Verschlechterung hatte der die Klägerin während des gesamten Behandlungsverlaufs betreuende D-Arzt K erst ab März 2012 und dann zunehmend bei der Begutachtung am 14. Dezember 2012 festgestellt. Letztlich hat die Klägerin selbst erst am 30. August 2012 von der Beklagten die Leistung einer Verletztenrente begehrt, da sich am linken Handgelenk ein Dauerschmerz unter Belastung eingestellt habe.
Eine frühere Rentengewährung kommt auch nicht unter dem Aspekt eines Stützrententatbestandes mit Blick auf den Versicherungsfall vom 22. August 2011 in Betracht, da dieser keine MdE von mindestens 10 v.H. hinterlassen hat. Dies ergibt zur Überzeugung des Senates aus dem Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S vom 19. November 2013, der festgestellt hat, dass diesbezüglich keine dauernden Unfallfolgen verblieben sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Zeitpunkt des Beginns einer Verletztenrente nach dem Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII).
Die 1952 geborene Klägerin war bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten als Vertriebsassistentin angestellt. Am 05. November 2009 erlitt sie gegen 9:10 Uhr einen Unfall, als sie auf dem Weg aus ihrem Büro mit der Schulter am Pfeiler hängen blieb, stürzte und dabei mit dem Hinterkopf an den Türpfosten schlug und sodann auf das linke Handgelenk fiel. Die ärztliche Versorgung erfolgte durch die Rettungsstelle des Charité Campus Virchow-Klinikums in Berlin, wo sich die Klägerin dem Durchgangsarzt (D-Arzt) Prof. Dr. H (zugleich Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie) vorstellte. Dieser hielt im D-Arzt Bericht vom Unfalltag folgende Befunde fest: ca. 2 cm lange Platzwunde im Bereich des occipitalen Schädels mit leichtem Randhämatom, keine sensorischen oder motorischen Ausfälle, keine Schädel-Hirn-Trauma-Symptomatik. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule war in allen drei Abschnitten frei. Es wurde ein leichter Druckschmerz im Bereich des radialen Handgelenks links festgestellt, ohne sichtbare Prellmarke, Hämatom oder Schwellung, pDMS (periphere Durchblutung, Motorik, Sensibilität) wurden als intakt beschrieben, keine Bewegungseinschränkung im Handgelenk und der Hand. Röntgenbilder der linken Hand zeigten eine distale intraartikuläre Radiusfraktur linksseitig mit geringer Stufenbildung zur Gelenkfläche; Röntgenbilder des Schädels blieben ohne pathologischen Befund. Die Armverletzung wurde konservativ mittels Gipsverband behandelt und der Klägerin Arbeitsunfähigkeit attestiert. Mit Zwischenbericht vom 28. November 2009 teilten die behandelnden Fachärzte für Chirurgie/Unfallchirurgie und D-Ärzte K/S gegenüber der Beklagten mit, dass der linke distale Unterarm abgeschwollen und die Funktion der Finger verbessert sei. Eine Röntgenkontrolle habe einen unveränderten Stand der Fraktur mit intraartikulärem Verlauf ohne wesentliche Gelenksstufe und ohne wesentliche Verkürzung/Einstauchung gezeigt. Eine MdE in Rentenprozenthöhe werde nicht erwartet.
Arbeitsfähigkeit trat zum 03. Dezember 2009 ein, am 12. Februar 2010 wurde die Behandlung durch die Durchgangsärzte zunächst eingestellt. Am 04. März 2010 stellte sich die Klägerin erneut wegen anhaltender Beschwerden bei Handgelenksbelastung und Schwellneigung bei den D-Ärzten K/S vor. Diese stellten eine endgradige Funktionseinschränkung im Handgelenk bei freier Beweglichkeit der Finger, Durchführbarkeit aller Griffarten und ungestörter Sensibilität fest. Es wurde Physiotherapie und eine Manutrain-Bandage verordnet.
Die Klägerin stellte sich am 17. Januar 2011 erneut durchgangsärztlich vor. Hierbei wurde ein isolierter Druckschmerz über dem distalen Radioulnargelenk mit deutlichem Knacken und endgradig eingeschränkter Beweglichkeit des linken Handgelenks befundet. Zur Abklärung wurde am 27. Januar 2011 ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des Handgelenks angefertigt. Dieses zeigte neben einer fortgeschrittenen Rhizarthrose nebst synovialem Reizzustand im Bereich des Daumensattelgelenks eine Minusvariante der Ulna nebst becherförmiger Deformierung der distalen Radiusbasis. Die stattgehabte Fraktur zeigte sich vollständig knöchern konsolidiert; eine Stufenbildung war nicht nachweisbar. Es wurde eine initiale Arthrose im Bereich des Radiocarpalgelenks mit deutlicher Reduktion des Knorpelüberzugs festgestellt. Die Bandstrukturen erschienen intakt bei muzinösen degenerativen Veränderungen des TFCC.
Am 15. März 2011 stellte sich die Klägerin wegen persistierenden Beschwerden im linken Handgelenk seit dem Unfall, vor allem bei Belastung, in der Handsprechstunde beim D-Arzt Prof. Dr. H vor, der bei reizloser Haut ohne Rötung einen Druckschmerz über dem distalen Radius, einen axialen Stauchungsschmerz des Daumens links stärker als rechts, intakte pDMS und eine eingeschränkte Flexion des Handgelenks bei einer Flexion/Extension von 45-0-85° feststellte.
Durch die D-Ärzte K/S wurde bei der Nachschau am 31. Mai 2011 eine geringe klinische Instabilität im distalen Radioulnargelenk bei eingeschränkter Beweglichkeit im linken Handgelenk, intakter peripherer Durchblutung und Sensibilität und ohne klinische Hinweise für ein chronisches regionales Schmerzsyndrom (CRPS) festgestellt.
Am 22. August 2011 erlitt die Klägerin einen weiteren Unfall in einem Linienbus, bei dem sie sich - verursacht durch ein plötzliches Bremsmanöver des Busses - eine Prellung des linken Handgelenks und des Ellenbogens zuzog. Nach bestandskräftigem Bescheid der insoweit zuständigen Berufsgenossenschaft für Verkehrswirtschaft / Post-Logistik / Telekommunikation (BG Verkehr) vom 19. Dezember 2013 sind gemäß dem Ergebnis der Begutachtung durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S vom 19. November 2013 diesbezüglich keine dauernden Unfallfolgen verblieben.
Mit Durchgangsarztbericht (DAB) vom 23. Februar 2012 berichteten die D-Ärzte K/Svon einer "Wiedererkrankung" der Klägerin, die dort erschienen sei und um neue Krankengymnastik wegen anhaltender Beschwerden gebeten habe. Medikamente wolle sie nicht nehmen. Die Klägerin wurde für arbeitsfähig befunden und Physiotherapie verordnet.
Mit Schreiben vom 30. August 2012 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Leistung einer Verletztenrente, da sich am linken Handgelenk ein Dauerschmerz unter Belastung eingestellt habe.
Nachdem die Beklagte die Klägerin über ihre Rechte aus § 200 SGB VII hingewiesen hatte, holte sie ein Zusammenhangsgutachten des Unfallchirurgen Dr. K ein. Dieser stellte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 14. Dezember 2012 in seinem unfallchirurgischen Gutachten vom 18. Februar 2013 fest, dass die rechtshändige Klägerin eine Schwellneigung des linken Handgelenkes unter Belastung, zunehmend im letzten Jahr, angegeben habe. Sie benötige einen elastischen Verband und könne nicht mehr linksseitig mit der Tastatur schreiben. Es bestünden Belastungsschmerzen, Kraftlosigkeit und Wetterfühligkeit der Hand. Dr. K beschrieb die Beweglichkeit der linken Schulter als endgradig eingeschränkt. Es sei eine leicht teigige Schwellung der linken Hand mit leicht reduzierter Hauttemperatur festzustellen. Durch regelmäßige Verlaufskontrollen seien nunmehr ein deutlich eingeschränkter Faustschluss links sowie die Unfähigkeit der Berührung der Langfinger mit dem linken Daumen dokumentiert. Eine Instabilität habe nicht bestanden, jedoch ein geringer Druckschmerz im distalen Radiusbereich. Beweglichkeit und grobe Kraft seien messbar reduziert (handrückenwärtige Bewegung 40-0-20° gegenüber 60-0-70° rechts; speichenwärtige Drehung 20-0-0° gegenüber 40-0-10° rechts). Radiologisch bestehe eine konsolidierte Fraktur mit geringer Einfurchung des Scaphoids im Sinne einer leichten posttraumatischen Arthrose; zudem eine Rhizarthrose, welche jedoch unfallfremd sei. Die von ihm erhobenen Befunde ergäben den klinischen Zustand eines posttraumatischen CRPS 1. Grades. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 25 vom Hundert (v.H.) anzusetzen. Auf Rückfrage der Beklagten führte Dr. K aus, dass er die Klägerin seit dem Unfall immer wieder bis laufend betreut und zum Zeitpunkt der Begutachtung die MdE erstmals festgestellt habe; er gehe davon aus, dass vorher keine MdE in rentenberechtigendem Grade vorgelegen habe (Telefonvermerk vom 15. April 2013).
In der zum Gutachten von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16. April 2013 teilte Dr. V mit, dass bei der MdE-Einschätzung die im MRT vom 27. Januar 2011 beschriebene Rhizarthrose sowie die Minusvariante der Ulna keine Rolle spiele. Die Einschätzung der MdE mit 25 v. H. sei mit Verweis auf die im Messeblatt dokumentierten Bewegungsmaße korrekt. Allerdings falle auf, dass bis zum 17. Januar 2011 nur eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenkes und ein "kompletter Faustschluss" dokumentiert seien, niemals zudem ein CRPS.
Mit Bescheid vom 03. Mai 2013 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 14. Dezember 2012 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 25 v.H. und erkannte als Unfallfolgen - der gutachterlichen Einschätzung des D-Arztes K folgend – eine erhebliche Bewegungseinschränkung der Hand mit Minderung der groben Kraft und deutlich eingeschränktem Faustschluss sowie Einschränkung der Greiffähigkeit, Weichteilschwellneigung der Hand, Streckdefizit der Langfinger, röntgenologisch nachgewiesene beginnende Aufbraucherscheinungen (Arthrose) im Kahnbeinbereich des Handgelenks und chronisches Schmerzsyndrom (CRPS 1. Grades) nach knöchern fest verheiltem Speichenbruch links nebst ausgeheilter Kopfplatzwunde als Unfallfolgen an. Die Daumensattelgelenksarthrose (Rhizarthrose) beidseits sei nicht Folge des Unfalls vom 05. November 2009. Die Rente beginne am 14. Dezember 2012 und betrage gegenwärtig monatlich 409, 21 Euro. Der Beginn der Rente richte sich nach dem Gutachten des Arztes K, wonach die MdE seit der gutachterlichen Untersuchung vom 14. Dezember 2012 vorliege.
Hiergegen - konkret gegen den Beginn der Verletztenrente - erhob die anwaltlich vertretene Klägerin am 04. Juni 2013 Widerspruch. Die ärztliche Einschätzung des Arztes K, dass vor der Begutachtung am 14. Dezember 2012 keine MdE im rentenberechtigenden Umfang vorgelegen habe, halte einer juristischen Prüfung nicht stand. Denn aus § 72 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII folge, dass eine Verletztenrente unmittelbar ab dem Versicherungsfall zu zahlen sei, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld bestehe. Dies betreffe auch den Fall einer nachträglich eingetretenen Verschlimmerung.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde eine Heilverfahrenskontrolle durch den Facharzt für Anästhesiologie/spezielle Schmerztherapie Dr. B durchgeführt. Dieser führte unter dem 26. November 2013 aus, dass bei der Klägerin unfallbedingt eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk als Zustand nach konservativ behandelter distaler Radiusfraktur vom 05. November 2009 sowie bei Zustand nach erneutem Handgelenks-Distorsionstrauma links im Jahr 2011 bestehe. Unfallunabhängig hätten sich bei der Klägerin körperliche Symptome aus psychischen Gründen entwickelt bei Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (dissoziative Störung). Unter Bezugnahme auf das freie unfallchirurgische Gutachten des Arztes K vom 18. Februar 2013 und ein dort auf Seite 3 vermerktes "posttraumatisches CRPS der linken Hand" habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie am linken Arm noch nie ein solches CRPS bzw. einen "Sudeck" gehabt hätte. Allerdings habe sie, so die Klägerin, im Jahr 2000 an der rechten Hand ein CRPS gehabt, welches abgeklungen sei. Auch damals habe sie sich in Behandlung des Arztes K befunden, den sie seit mindestens 20 Jahren anlässlich vieler anderer Behandlungen kenne. Anamnestisch gab die Klägerin an, 2007/2008 wegen Burnout behandelt worden zu sein. Unfallunabhängig bestünden bei der Klägerin ein medikamentös eingestellter Bluthochdruck sowie eine Rhizarthrose beidseits (links mehr als rechts). Es bestünden vielschichtige private und familiäre Belastungssituationen, welche nicht näher ausgeführt würden. Die Klägerin wirke sichtlich vegetativ stigmatisiert. Es hätten sich Diskrepanzen der Beweglichkeit bei Untersuchung und Befragung ergeben. Die Bewegung habe aktiv 20-0-10° und passiv 45-0-25° betragen. Es bestehe ein hektischer, sprunghafter Eindruck, welcher eine somatische Beschwerdefixierung nahelege. Dr. B resümierte: Ungeachtet dessen, dass entgegen den Feststellungen des Arztes K in seinem Gutachten vom 18. Februar 2013 - schon nach Angaben der Klägerin selbst - zu keinem Zeitpunkt ein CRPS am linken, sondern nur am rechten Arm bestanden habe, seien die von ihm im Merkblatt für obere Gliedmaßen aufgeführten Funktionsbeeinträchtigungen vor allem im Faustschluss der linken Hand, aber auch in der Beweglichkeit des linken Handgelenkes nicht nachzuvollziehen. Er – Dr. B – habe bei der Klägerin bereits vor der Untersuchung im Gespräch einen völlig unbeeinträchtigten Gebrauch der linken Hand und des gesamten linken Armes durch die Klägerin beobachtet: So habe die Klägerin mit der linken Hand das Kinn gestützt, habe die linke Hand an die linke Wange gelegt, umfasse die linke Armlehne des Besucherstuhls, drücke sich mit der linken Hand kräftig von der Armlehne des Stuhls hoch, verschränke die Finger beider Hände, nestele an der Kleidung, gestikuliere unbeeinträchtigt und symmetrisch zum rechten Arm jeweils ohne von außen beobachtbare grob- oder feinmotorische Funktionsbeeinträchtigungen und jeweils ohne von außen beobachtbare Schmerzreaktion. Der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. V, habe daher zu Recht reklamiert, dass "nirgends zuvor ein CRPS dokumentiert" worden sei. Zumindest aus schmerztherapeutischer Sicht besitze die Klägerin eine allenfalls geringfügige, endgradige Beeinträchtigung der Beweglichkeit im linken Handgelenk, welche - nach der Verhaltensbeobachtung der Klägerin - noch nicht einmal mit besonders schmerzhaften Zuständen einhergehe. Es bestehe eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen den aktiven und passiven Bewegungsmaßen sowie zwischen den in der Verhaltensbeobachtung sichtbaren Bewegungsausmaßen und den bei der körperlichen Untersuchung von der Klägerin vorgeführten Defiziten. Daher sei eine psychiatrisch-psychosomatische Begutachtung sinnvoll.
Auf Nachfrage der Beklagten zum Umfang der von ihm attestierten Arbeitsunfähigkeitszeiten teilte der Arzt K unter dem 10. Dezember 2013 mit, dass sich die Verletzungsfolgen ab März 2012 verschlechtert hätten, da bei radiologisch konsolidierter distaler Radiusfraktur einmalig Zeichen eines späten CRPS aufgetreten seien. Die Klägerin habe daraufhin insistiert, arbeitsfähig zu bleiben. Daher könne eine rückwirkende fiktive Arbeitsunfähigkeit nicht angegeben werden. Es sei bei anfänglich befriedigendem Verlauf dann, erstmalig dokumentiert im März 2012, zur Entwicklung eines CRPS gekommen. Dieses habe unter Physiotherapie und Lymphdrainage einigermaßen beherrscht werden können. Es sei dann jedoch zu einer zunehmenden Verschlimmerung im März 2013 gekommen, weswegen ergänzend zur Ergotherapie, Lymphdrainage und Medikamenten eine Calcitonin-Therapie durchgeführt worden sei. Er habe die Klägerin seitdem eine ganze Weile nicht und erstmalig wieder zur Durchführung des Gutachtens gesehen, bei dem die Verschlechterung am Untersuchungstag festgestellt und im Gutachten dokumentiert worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Rente sei erst ab dem Tag zu gewähren, an dem der Umfang der vom Arzt K ausgeführten Verschlimmerung (CRPS links) festgestellt worden sei. Dies resultiere aus § 72 Abs. 1 SGB VII, wonach Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt werden, an dem eine Verschlimmerung nachgewiesen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Februar 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben und diese wie folgt begründet: Gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stehe ihr eine Verletztenrente ab dem Tag zu, der auf den Tag folge, an dem der Anspruch auf Verletztengeld ende; für eine erst spätere Zuerkennung gebe es keine Rechtsgrundlage. Da die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin mit Anspruch auf Verletztengeld mit Ablauf des 02. Dezember 2009 beendet gewesen sei, habe die Klägerin Anspruch auf Verletztenrente ab dem 03. Dezember 2009, deren Höhe sich nach der vom Gutachter Dr. S beurteilten MdE ergebe.
Die Beklagte hat zur Abklärung einer Verschlimmerung der Beschwerden der Klägerin ein weiteres Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S vom 26. Mai 2014 eingeholt. Bei der gutachterlichen Untersuchung am 25. März 2014 hat die Klägerin angegeben, 2011 bei dem Unfall im Bus einen Bluterguss am Handgelenk erlitten zu haben. Der Gutachter hat eine leichte Vermeidungshaltung der linken Hand bei gleich entfalteter Muskulatur befundet. Die Bewegungsprüfung sei der erheblichen muskulären Gegenspannung nur eingeschränkt verwertbar gewesen. Die Beweglichkeit des linken Handgelenks habe in der Hebung 25-0-30° sowie in der Drehung 25-0-20° und der Abstand aller Langfinger zur queren Hohlhandfalte 8-9 cm ergeben. Die Grobkraft der Hand habe 0 kP gegenüber rechts 13 kP betragen, die Temperatur der Haut sei seitengleich gewesen. Nach einigen Minuten schlaffen Hängens des Arms sei es linksseitig zu einem geringen Anschwellen gekommen. Nach Auswertung sämtlicher Bildbefunde, darunter eines weiteren MRT vom 08. April 2014, welches bis auf eine Zunahme der Rhizarthrose und einer kleinen Stufenbildung im Speichengelenk im früheren Bruchbereich im Wesentlichen gleiche Befunde ergeben habe wie dasjenige vom 27. Januar 2011, hat der Gutachter folgende Einschätzung abgegeben: Das erstmals in dem Bericht des Dr. K vom 11. Februar 2013 diagnostizierte CRPS lasse sich weder aus den Vorbefunden herleiten noch werde es durch die MRT-Befunde gestützt. Ein Zusammenhang nach mehr als einem Jahr nach dem Unfall sei zudem unwahrscheinlich. Unfallunabhängig habe eine Formvariante des Radioulnargelenks und die Rhizarthrose – die sich unter Einbeziehung der Nachbargelenke ausgedehnt habe - bestanden, welche durch den Unfall nicht beeinträchtigt worden seien. Unfallbedingt bestehe eine leichte Stufenbildung des Speichenendes und die Bewegungseinschränkung im Handgelenk. Die MdE sei vom 03. bis zum 20. Dezember 2009 mit 30 v.H., nachfolgend bis zum 31. Januar 2010 mit 20 v.H., sodann mit 10 v.H. und ab dem 14. Dezember 2012 fortlaufend mit 20 v.H. anzusetzen, wobei die ungünstigen Wechselwirkungen zwischen der unfallbedingten Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit und den unfallunabhängigen Verschleißumformungen mitberücksichtigt worden seien.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 07. November 2014 mitgeteilt, dass sie der MdE-Einschätzung von Dr. S nicht folgen werde, da vor dem 14. Dezember 2012 keine rentenberechtigende MdE vorgelegen habe. Sie hat hierfür auf die Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. V vom 16. April 2013 und die ergänzende Stellungnahme des Arztes K vom 10. Dezember 2013 (wesentliche Verschlimmerung ab Untersuchungstag) verwiesen.
Das SG hat sodann den Befundbericht des D-Arztes K vom 11. Februar 2015 eingeholt, dem diverse Arztberichte und bildgebende Befunde beigefügt waren.
Nachdem sich die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 13. Mai 2015 bzw. vom 20. Mai 2015 mit einer Entscheidung des Gerichtes ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, hat das SG mit Urteil vom 03. November 2015 ohne mündliche Verhandlung die Klage - gerichtet auf die Gewährung von Verletztenrente beginnend ab dem 03. Dezember 2009 - abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Anspruchsgrundlage sei § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII, dessen Voraussetzungen für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 03. Dezember 2009 bis zum 13. Dezember 2012 nicht vorlägen. Nach dieser Vorschrift hätten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert sei, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richte sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Beklagte habe mit dem streitigen, in diesem Punkt jedoch von der Klägerin nicht angefochtenen Punkt, gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindend festgestellt, dass die Klägerin am 05. November 2009 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten habe. Vorliegend bedingten die feststellbaren Unfallfolgen zur Überzeugung der Kammer jedoch ab dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 03. Dezember 2009 keine MdE von wenigstens 20 v.H., weil zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar gewesen sei, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin über die 26. Woche nach dem Unfall um wenigstens 20 v.H. gemindert sein würde. Gemäß der unfallversicherungsrechtlichen Standardliteratur nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 544, sei z. B. bei einem Speichenbruch eine rentenberechtigende MdE erst bei einer Handgelenksversteifung in Neutralstellung, bei einer Versteifung der Unterarmdrehung oder bei erheblicher Achsenknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 80° anzunehmen. Diese Voraussetzungen seien vor dem 14. Dezember 2012 nicht nachgewiesen. Denn hierfür mangele es insbesondere am erforderlichen Vollbeweis des Umfangs entsprechender Bewegungseinschränkungen. Klarzustellen sei zunächst, dass die Kammer nicht den Ausführungen des Dr. B folge, da die Bewegungseinschränkungen und diese objektiv stützenden Befunde durch Röntgenbilder und MRT-Befunde objektiv belegt seien; zwei erfahrene Unfallchirurgen hätten insoweit keine Simulation feststellen können. Die Kammer habe nicht vermocht, sich hinsichtlich der MdE-Einschätzung der Empfehlung des Sachverständigen Dr. S anzuschließen. Zunächst folge das Gericht der Bewertung des Dr. S, soweit dieser nach umfassender Untersuchung und Befundauswertung nachvollziehbar ausgeführt habe, dass sowohl die Rhizarthrose als auch die bereits frühzeitig festgestellte Formvariante des Radioulnargelenks (beschrieben als "becherförmige" Veränderung) durch den Unfall weder hervorgerufen noch verstärkt worden seien. Hierzu fehle es an Spuren frischer Verletzungen der entsprechenden Knochen und Gelenkflächen. Die Rhizarthrose sei jedoch unfallnah nachweisbar gewesen. Derartige Gelenkumformungen könnten indes nicht binnen kurzer Zeit auftreten, sondern entwickelten sich typischerweise über längere Zeiträume. Zweifel bestünden aus den von Dr. S zutreffend ausgeführten Gründen auch hinsichtlich des Nachweises des von Dr. K angenommenen CRPS, was tatsächlich erstmals im Jahr 2013 erwähnt worden sei und anlässlich einer Stellungnahme im Dezember 2013 rückwirkend auf Symptome bereits in 2012 bezogen werde. Zutreffend rüge Dr. S insoweit, dass die Diagnosekriterien hierfür nicht offengelegt und entsprechende Befunde bis zu diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen worden seien. Nach den Ausführungen des Dr. S ergebe sich eine MdE allenfalls im Zeitraum vom 03. bis zum 20. Dezember 2009 in Höhe von 30 v.H. und danach noch bis zum 31. Januar 2010 in Höhe von 20 v.H ... Diesbezüglich habe der Sachverständige jedoch nach seinen eigenen Ausführungen "ungünstige Wechselwirkungen" zwischen der unfallbedingten Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit und den unfallunabhängigen Verschleißumformungen mitberücksichtigt. Insoweit könne offen bleiben, ob dieser Ansatz einerseits zu Lasten der Beklagten eine Entschädigung (auch) für unfallunabhängige Schädigungen einschließe und andererseits, ob dem auch entsprechende Befunde zu Grunde lägen, welche eine MdE-Festsetzung in dieser Höhe erlaube. Letzteres sei bereits zweifelhaft, weil eine Röntgenkontrolle aus Ende November 2009 einen unveränderten Stand der Fraktur mit intraartikulärem Verlauf ohne wesentliche Stufe oder Verkürzung/Einstauchung gezeigt habe und die durchgangsärztliche Behandlung am 12. Februar 2010 zunächst eingestellt worden sei, ohne dass insoweit irgendwelche Anhaltspunkte für rentenberechtigende Funktionseinschränkungen festgehalten worden seien. Noch am 04. März 2010 habe der Befund lediglich endgradige Funktionseinschränkungen des Handgelenks bei freier Beweglichkeit der Finger, Durchführbarkeit aller Griffarten und ungestörter Sensibilität ergeben. Die Schätzung des Dr. S orientiere sich damit offenbar nicht an tatsächlichen Befunden, sondern ihr liege wohl vorrangig das Bestehen einer ungewohnten Situation und die allmähliche Gewöhnung zu Grunde. Indes komme es hierauf schon deshalb nicht an, weil § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII zwingend vorschreibe, dass für die Zuerkennung einer Verletztenrente eine rentenberechtigende Mindest-MdE von 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus bestehen müsse. Liege eine MdE zwar für eine gewisse Zeit, nicht jedoch über die 26. Woche hinaus vor, bestehe dagegen kein Anspruch auf eine Verletztenrente. Die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall habe vorliegend mit dem 06. Mai 2010 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt habe indes auch Dr. S selbst keine rentenberechtigende MdE angenommen, so dass ein Verletztenrentenanspruch insoweit ausscheiden müsse. Somit habe zur Überzeugung der Kammer keine Konstellation vorgelegen, welche von § 72 Abs. 1 SGB VII erfasst sei. Hiernach würden Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folge, an dem (1.) der Anspruch auf Verletztengeld ende, (2.) der Versicherungsfall eingetreten sei, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden sei. Vorliegend sei zwar ein Verletztengeldanspruch entstanden, es habe jedoch am Ende des Verletztengeldanspruchs (02. Dezember 2009) keine rentenberechtigende MdE nach den Kriterien des § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII vorgelegen. In einer derartigen Situation bestehe eine Regelungslücke, welche zur Überzeugung der Kammer dahingehend auszufüllen sei, dass bei späterem Eintritt der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII die Rente nach allgemeinen Grundsätzen erst ab der erstmaligen Feststellung einer rentenberechtigenden MdE zu gewähren sei. Denn § 72 SGB VII setze seinerseits voraus, dass alle tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 SGB VII vorliegen. Hieran fehle es in Fällen wie dem vorliegenden indes gerade. Die – feststellbar – erst mehrere Jahre nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs eingetretene rentenberechtigende MdE erlaube zur Überzeugung der Kammer – auch im Fall der zwischenzeitlich noch nicht erlassenen Ablehnung einer Verletztenrente, so dass die Voraussetzungen des § 73 SGB VII nicht vorlägen – nicht den Rückschluss, dass für den Zeitraum ab Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (trotz in dieser Zeit fehlender MdE) eine Verletztenrente zu gewähren sei. Hierfür sei eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Umgekehrt stehe § 73 Abs. 1 SGB VII dem Ansatz der Kammer nicht entgegen, weil die Rente nicht nach Ablauf des Monats, in dem eine Änderung wirksam geworden ist, sondern unmittelbar ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung der Voraussetzungen einer rentenberechtigenden MdE zu gewähren sei. Zu Recht weise die Beklagte darauf hin, dass Befunde, welche die Zuerkennung einer rentenberechtigenden MdE erlaubten, erstmals mit Untersuchung am 14. Dezember 2012 gesichert worden seien. Dies habe auch Dr. K selbst bestätigt, indem er im Dezember 2013 ausgeführt habe, erste Anzeichen einer Beschwerdezunahme hätten ab März 2012 vorgelegen, seien aber noch durch Behandlung beherrschbar gewesen. Dies stütze die – im Übrigen auch von Dr. S abgegebene – Einschätzung, dass vor dem 14. Dezember 2012 keine rentenberechtigende MdE vorgelegen habe.
Gegen das ihr am 11. November 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. November 2015 Berufung eingelegt und im Wesentlichen wie folgt begründet: Das SG sei rechtsfehlerhaft dem Gutachten des Dr. S nicht gefolgt. Die Klägerin verstehe die Feststellungen des Sachverständigen zur MdE-Höhe so, dass es sich bei den festgestellten Prozentsätzen um die verschleißbereinigten, rein unfallbedingten Folgen handele. Die vom SG zum Vergleich angeführte Handgelenksversteifung sei der Klägerin von Anfang an empfohlen worden. Da jedoch keine Sicherheit bestehe, dass eine Besserung eintrete, habe sie bisher eine derartige Versteifung abgelehnt. Das Gericht gehe offenbar davon aus, dass vor der 26. Woche nach dem Versicherungsfall ohnehin keine Verletztenrente zu zahlen sei. Rechtsfehlerhaft berücksichtige das SG auch die MdE-Einschätzung des Dr. K nicht. Die Klägerin habe nach dem streitgegenständlichen Unfall durchgehend gleichbleibende Beschwerden im Bereich des linken Handgelenks gehabt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. November 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2014 zu verurteilen, ihr Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung, die zutreffend sei. Der Arzt K habe anlässlich der Vorstellung der Klägerin am 17. Januar 2011 lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks festgestellt, was belege, dass es erst im weiteren Verlauf zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Unfallfolgen bei der Klägerin gekommen sei, wovon im Übrigen auch die Klägerin selbst ausweislich ihres Rentenantrages vom 30. August 2012 ausgegangen sei.
Der Senat hat die Behandlungsunterlagen der Klägerin vom Arzt K beigezogen und sodann im Rahmen der Beweisaufnahme das unfallchirurgische Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie, Unfall- und Handchirurgie Prof. Dr. S vom 09. März 2017 veranlasst. Der Sachverständige hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 08. März 2017 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: - Wirbelsäulenfehlform mit geringen Nervenwurzelreizerscheinungen, - partielle Schultersteife beidseits, links stärker als rechts, - Daumensattelgelenksarthrose links (Rhizarthrose), - geringe posttraumatische Arthrose im linken Handgelenk mit Bewegungseinschränkungen, wobei nur Letztere rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 05. November 2009 verursacht worden sei. Ein CRPS habe bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Vermutlich müsse die vom behandelnden Arzt genannte Diagnose "CRPS" als Verdachts- und Behandlungsdiagnose bezeichnet werden, um entsprechende physikalische Behandlungen überhaupt verordnen zu können. Die bestehende Daumensattelgelenksarthrose und ältere Verletzungen der Handwurzelknochen würden sich auf das in Rede stehende Erkrankungsbild nicht auswirken. Der Verlauf der festgestellten unfallbedingten Gesundheitsstörungen habe sich so gestaltet, dass nach dem Unfallereignis zunächst eine Besserung des Befundes eingetreten sei. Nach dem unfallchirurgischen Gutachten im Mai 2014 habe sich gezeigt, dass die Bewegungseinschränkung zunehme, so dass eine Verschlechterung der Funktion im Handgelenk eingetreten sei. Für die durch den genannten Unfall bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit werde folgende Staffelung aufgrund der im Aktenmaterial nachweisbaren objektiven Befunde vorgeschlagen: vom 03. Dezember 2009 bis zum 20. Dezember 2009: 30 v. H. vom 21. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010: 20 v. H. vom 01. Februar 2010 bis zum 13. Dezember 2012: 10 v. H. vom 14. Dezember 2012 bis auf Dauer: 20 v. H. Ein CRPS könne zum einen bereits aufgrund der vorliegenden objektiven Befunde nicht nachgewiesen werden, zum anderen könne es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon wegen des großen zeitlichen Abstandes zum Unfallereignis nicht auf dieses zurückgeführt werden. Es existiere keine wissenschaftliche Meinung, die einen Zusammenhang zwischen einem CRPS und einem Jahre zurückliegenden Unfallereignis objektiviere. Auch eine außergewöhnliche Schmerzreaktion der Klägerin sei nicht nachgewiesen, da die Weigerung der Klägerin, eine gezielte Schmerzmedikation durchzuführen, darauf hinweise, dass außergewöhnliche Schmerzen nicht bestanden haben und nicht bestehen. Insofern könne unter Berufung auf die Literaturquelle Schönberger, Mertens, Valentin lediglich eine leichte bis mittelgradige körperliche Funktionseinschränkung diagnostiziert werden, die mit einer MdE von 20 v. H. ausreichend bewertet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der BG Verkehr, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil die auf die Gewährung der Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung der Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009.
Der klägerische Anspruch auf eine Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009 richtet sich nach § 56 SGB VII. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (in der seit dem 01. Januar 1997 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes vom 07. August 1996, BGBl I S. 1254) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Diese wird bei Minderung der Erwerbsfähigkeit als Teilrente geleistet und in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Verletztenrente soll gemäß § 62 Abs. 1 SGB VII während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall als vorläufige Entschädigung festgesetzt werden, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann.
Gemäß § 72 Abs. 1 SGB VII (in der ebenfalls seit dem 01. Januar 1997 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes vom 07. August 1996, BGBl I S. 1254) werden Renten von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (Nr. 1) oder der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist (Nr. 2).
Diese Voraussetzungen sind zwar für die von der Beklagten ab dem 14. Dezember 2012 gewährte Verletztenrente dem Grund nach erfüllt, nicht aber für den hier streitgegenständlichen Anspruch auf frühere Gewährung einer Verletztenrente bereits ab dem 03. Dezember 2009.
Zwar liegt ein von der Beklagten anerkannter Arbeitsunfall vor. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O.). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris).
Hieran gemessen bestehen keine Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls einschließlich der oben angesprochenen haftungsbegründenden Kausalität. Die Klägerin zog sich am 05. November 2009 in Ausübung einer versicherten Beschäftigung als Vertriebsassistentin (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) eine Verletzung des linken Handgelenkes zu, welche konservativ behandelt wurde. Zutreffend hat das SG in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Beklagte den Arbeitsunfall mit dem streitgegenständlichen Bescheid bindend (§ 77 SGG) anerkannt hat.
Auch haben der Sachverständige Prof. Dr. S und der Gutachter Dr. S übereinstimmend für die Zeit nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, also mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ab dem 03. Dezember 2009, festgestellt, dass die bei der Klägerin noch vorhanden gewesenen Funktionseinbußen und krankhaften Veränderungen "infolge" des Arbeitsunfalls zunächst eine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v.H. und mehr, und zwar bis zum 20. Dezember 2009 i. H. v. 30 v.H. und vom 21. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 i. H. v. 20 v.H. bedingt haben. Dies ist bereits vom SG unter Bezugnahme auf die aktenkundigen Befunde und das Gutachten des Dr. S zutreffend festgestellt und ausführlich dargelegt worden, weshalb der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesbezüglich auf das angegriffene Urteil verweist. Auch das vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S bestätigt die erstinstanzlich zugrunde gelegte MdE-Staffelung wegen der unfallbedingt verbliebenen Gesundheitseinschränkungen.
Jedoch ist hier die nach dem eindeutigen Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erforderliche weitere Voraussetzung für einen Anspruch auf Verletztenrente schon ab dem 03. Dezember 2009, dass eine MdE von mindestens 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus vorliegen muss, nicht erfüllt.
Die Frist – 26 Wochen - berechnet sich nach § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 187 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und beginnt daher mit dem Tag, der auf den Versicherungsfall folgt. Der Anspruch auf Verletztenrente besteht damit erst dann, wenn die infolge des Versicherungsfalls eingetretene MdE mindestens 26 Wochen lang 20 v.H. oder mehr beträgt (Scholz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56 Rn. 30).
Die Mindestdauer der MdE in rentenberechtigender Höhe ist Rentenvoraussetzung, hat aber keine unmittelbare Bedeutung für den Rentenbeginn. Grundsätzlich muss daher der Ablauf der Frist von 26 Wochen abgewartet werden, bevor über die Rente entschieden werden kann (Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 56 Rn. 25). Ausnahmsweise kann indes bereits vor Ablauf der 26. Woche nach dem Versicherungsfall entschieden werden, wenn bereits feststeht, dass eine dauerhafte rentenberechtigende MdE bestehen wird - etwa im Hinblick auf die besondere Schwere des Unfalls (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R –, juris, Rn. 38 f.; Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 56 Rn. 25; Nehls in: Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Nr. 480).
§ 56 SGB VII wurde durch das Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG) vom 07. August 1996 zum 01. Januar 1997 eingeführt und übernimmt zum Teil die früheren Regelungen der §§ 580, 581 RVO und die Rechtsprechung zur Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Absatz 1 nennt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Verletztenrente, nämlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls um mindestens 20 v.H. Abweichend vom früheren Recht wurde die Mindestdauer von der 13. auf die 26. Woche nach dem Versicherungsfall verlängert, denn bei einer MdE bis zu 26 Wochen verursache der Versicherungsfall keine nennenswerten wirtschaftlichen Nachteile, die durch eine Rente ausgeglichen werden müssten (damit sollte der Bezug kurzfristiger Renten vermieden werden, so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 13/2204, S. 90.). Der Bundesrat hatte sich gegen diese Verlängerung der Mindestdauer gewandt (BT-Drucks. 13/2333 S. 9 = M 020 S. 14) mit der Begründung, die Renten mit geringer Dauer hätten vor allem die Funktion, den Nichtvermögensschaden auszugleichen. Die Bundesregierung hat dem nicht zugestimmt (BT-Drucks. 13/2333 S. 21 = M 020 S. 37); ein Aus¬gleich eines Nichtvermögensschaden sei bei einer Verletzung, die eine MdE von 20 v.H. über die 26. Woche hinaus nicht zur Folge habe, nicht erforderlich. Nach Sinn und Zweck soll die Voraussetzung der MdE-Mindestdauer in Bagatellfällen den Rentenanspruch ausschließen (Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 56 Rn. 25; Scholz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 56 SGB VII Rn. 1).
Nach dieser eindeutigen gesetzgeberischen Intention kann die Berufung keinen Erfolg haben. Denn eine rentenberechtigende MdE und damit ein Anspruch der Klägerin auf Verletztenrente hätte nach dem Ende des Verletztengeldanspruches am 02. Dezember 2009 nur für die Zeit vom 03. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 bestanden. Damit würde er den vom Gesetzgeber geforderten Mindestzeitraum von 26 Wochen nicht erreichen oder gar überschreiten. Der Zeitraum von 26 Wochen ab dem Eintritt des Versicherungsfalles beginnt hier am 06. November 2009 und endet am 06. Mai 2010. Am 06. Mai 2010 betrug die MdE – und dies noch bis zum 13. Dezember 2012 - nach übereinstimmender Einschätzung aller Gutachter und Sachverständigen nur 10 v.H. Kurzrenten sind nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch ausgeschlossen.
Zur Überzeugung des Senates spricht nichts dafür, dass eine rentenberechtigende MdE über den 31. Januar 2010 hinaus bis einschließlich 06. Mai 2010 vorgelegen hat. Der D-Arzt K hatte die ambulante Behandlung der Klägerin wegen der Unfallfolgen offiziell am 12. Februar 2010 beendet und die Restbeschwerden mit einer MdE kleiner als 10 v.H. bewertet. Erst am 04. März 2010 stellte sich die Klägerin dort erneut wegen anhaltender Beschwerden vor, jedoch zeigten auch die zu diesem Zeitpunkt erhobenen Befunde mit einer endgradigen Funktionseinschränkung im linken Handgelenk bei freier Beweglichkeit der Finger, Durchführbarkeit aller Griffarten und ungestörter Sensibilität und Motorik keine besonderen Auffälligkeiten.
Die MdE-Erfahrungswerte der unfallrechtlichen medizinischen-wissenschaftlichen Literatur (z. B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 581) sehen eine MdE von 10 v.H. vor bei einem Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 40°, eine MdE von 20-30 v.H. bei einem Speichenbruch mit erheblicher Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 80°, wobei bei Einschränkungen auch der Unterarmdrehfähigkeit je nach deren Schwere die MdE höher zu bewerten ist.
Aus den aktenkundigen Behandlungsberichten für den Zeitraum Januar und Februar 2010 sind keine belastbaren Befunde ersichtlich, die auf eine rentenberechtigende MdE schließen ließen. Im D-Arzt-Bericht vom 04. März 2010 wurden bis auf eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk und die von der Klägerin geklagten belastungsabhängigen Beschwerden keine Auffälligkeiten beschrieben. Bis zum 17. Januar 2011 wurde nur eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenkes und ein "kompletter Faustschluss" durch den D-Arzt K befundet und erst am 15. März 2011 durch den D-Arzt Prof. Dr. H ein Druckschmerz über dem distalen Radius, ein axialer Stauchungsschmerz des Daumens links stärker als rechts sowie eine eingeschränkte Flexion des Handgelenks bei Flexion/Extension von 45-0-85° festgestellt. Eine relevante Verschlechterung hatte der die Klägerin während des gesamten Behandlungsverlaufs betreuende D-Arzt K erst ab März 2012 und dann zunehmend bei der Begutachtung am 14. Dezember 2012 festgestellt. Letztlich hat die Klägerin selbst erst am 30. August 2012 von der Beklagten die Leistung einer Verletztenrente begehrt, da sich am linken Handgelenk ein Dauerschmerz unter Belastung eingestellt habe.
Eine frühere Rentengewährung kommt auch nicht unter dem Aspekt eines Stützrententatbestandes mit Blick auf den Versicherungsfall vom 22. August 2011 in Betracht, da dieser keine MdE von mindestens 10 v.H. hinterlassen hat. Dies ergibt zur Überzeugung des Senates aus dem Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S vom 19. November 2013, der festgestellt hat, dass diesbezüglich keine dauernden Unfallfolgen verblieben sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved