L 32 AS 2045/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 44 AS 418/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 2045/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 12/19 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Juli 2016 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Entfernung von Kontoauszügen aus deren Verwaltungsakten.

Die im November 1971 geborene Klägerin lebte mit ihrer im März 1994 geborenen Tochter F in Bedarfsgemeinschaft.

Dem im Mai 2011 gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hatte die Klägerin den Kontoauszug 5 Seite 2/3 ihres Kontos mit der Kontonummer der D (A 33) beigefügt. Auf Aufforderung des Beklagten vom 12. Oktober 2011 hatte sie die Auszüge 8 Seite 2/3 und 10 Seite 1/2 dieser Bank vorgelegt (A 176 und 177). Ihr waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Mai 2011 bis 31. Oktober 2011 bewilligt worden.

Im Rahmen ihres Antrages auf Weiterbewilligung von Oktober 2011 hatte die Klägerin nach Aufforderung des Beklagten vom 8. November 2011 den Kontoauszug 11 Seite 2/2 der oben genannten Bank (B 35) und nach Aufforderung des Beklagten vom 26. Januar 2012 den Kontoauszug 1 Seite 1/1 der oben genannten Bank vorgelegt (B 121). Ihr waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. November 2011 bis 30. April 2012 bewilligt worden.

Ihrem Antrag auf Weiterbewilligung von April 2012 hatte die Klägerin den Kontoauszug vom 11. April 2012 Seite 1/1 ihres Extra-Kontos der IAG beigefügt (C 10). Ihr waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Mai 2012 bis 31. Oktober 2012 bewilligt worden

Im Rahmen ihres Antrages auf Weiterbewilligung von September 2012 hatte die Klägerin die Kontoauszüge vom 11. Oktober 2012 Auszug 10 Seite 2/2 und Auszug 11 Seite 1/2, vom 29. Oktober 2012 Auszug 12 Seite 1/2 und 2/2 sowie vom 7. November 2012 Auszug 13 Seite 1/2 ihres Kontos bei der Dvorgelegt (D 19 bis 21). Sie hatte außerdem den Kontoauszug vom 4. Dezember 2012 Auszug 14 Seite 1/2 und 2/2 (D 34 und 35), vom 5. Januar 2013 Auszug 15 Seite 1/3 und 2/3 (D 43), vom 22. Januar 2013 Auszug 2 Seite 1/2, vom 9. Februar 2013 Auszug 3 Seite 1/2 und vom 5. Januar 2013 Auszug 1 Seite 1/1 und Auszug 2 Seite 2/2 (D 54 bis 55) sowie vom 11. März 2013 Auszug 4 Seite 1/3 und 2/3 und vom 9. Februar 2013 Auszug 3 Seite 1/2 und 2/2 ihres Kontos bei der Deingereicht. Ihr waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. November 2012 bis 30. April 2013 bewilligt worden.

Im Oktober 2013 beantragte die Klägerin, sämtliche Kontoauszüge der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus den Verwaltungsakten zu entfernen.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2013 lehnte der Beklagte die Entfernung solcher Kontoauszüge ab, die Angaben enthielten, die die Höhe des Leistungsbezuges beeinflussten, insbesondere den Zufluss von Geldleistungen nachwiesen. Im Übrigen verpflichtete er sich, alle anderen Kontoauszüge aus den Akten zu entfernen.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem geltend gemacht wurde, die Speicherung von Kontoauszügen sei grundsätzlich nicht erforderlich, um die obliegenden Aufgaben zu erfüllen, so dass die Löschung der Daten insofern unverzüglich und vollständig zu erfolgen habe, wies der Beklagte mit dem am 17. Dezember 2013 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2013 zurück: Kontoauszüge seien Beweismittel, welcher sich die Behörde zur Ermittlung von Sachverhalten, insbesondere der Feststellung von Hilfebedürftigkeit bediene. Als begründende Unterlagen für das rechtmäßige Handeln der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sei die Aufbewahrung solcher Unterlagen unverzichtbar. Die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, auf welche Kontoauszüge sich ihr Verlangen beziehe. Von ihr seien auch keine Tatsachen vorgetragen worden, welche eine Verzichtbarkeit der Kontoauszüge begründen könnten. Zudem seien keine Tatsachen vorgetragen, welche ein schutzwürdiges Interesse aufgrund ihrer besonderen persönlichen Situation an der Entfernung gegenüber dem Interesse des Beklagten an der Aufbewahrung der Kontoauszüge begründeten. Wegen des Informationsgehaltes der vorzulegenden Kontoauszüge werde darauf verwiesen, dass Schwärzungen möglich seien, allerdings nur bezüglich der Informationen über Auszahlungen.

Dagegen hat die Klägerin am 17. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Cottbus erhoben.

Sie hat gemeint, einen Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge aus der Verwaltungsakte jedenfalls aus § 84 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu haben. Das Speichern von Kontoauszügen zur Aufgabenerfüllung sei grundsätzlich nicht erforderlich. So möge der Beklagte darlegen, was er wem gegenüber mit den Kontoauszügen konkret beweisen wolle. Die vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Sozialdaten sei unzulässig. Sofern der Beklagte meine, die Kenntnis des Kontostandes des Betroffenen sei zur Feststellung der Hilfebedürftigkeit erforderlich, so sei dem grundsätzlich zuzustimmen. Diese Kenntnis erfordere aber keine Speicherung der Kontodaten. Die Verpflichtung, Kontoauszüge bei dem Beklagten zur Einsichtnahme vorzulegen, berechtige diesen nicht, diese Sozialdaten auf alle Ewigkeit hin zu speichern.

Der Beklagte hat das Klagebegehren mangels Bestimmtheit für unzulässig gehalten. Es sei insbesondere unklar, welche Kontoauszüge entfernt werden sollten. Selbstverständlich hefte der Beklagte nicht sämtliche, ihm vorgelegten Kontoauszüge in der Verwaltungsakte ab, sondern nur diejenigen, die noch zu Beweiszwecken benötigt würden. In Anbetracht von derzeit 16 offenen Widerspruchs- und Klageverfahren dränge sich die Notwendigkeit der Aufbewahrung bestimmter Kontoauszüge auf.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 6. Juli 2016 die Klage abgewiesen: Ein Anspruch im Sinne des Klagebegehrens bestehe nicht.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 11. Juli 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 8. August 2016 eingelegte Berufung der Klägerin.

Die Klägerin ist der Ansicht, die benannte Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg führe zu keiner anderen Einschätzung. Es gebe genügend gegenteilige Auffassungen, so des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz. Im Übrigen habe der Beklagte bereits verschiedene Kontoauszüge entfernt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Juli 2016 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2013 zu verurteilen, die Kontoauszüge auf Blatt A 33, A 176, A 177, B 35, B 121, C 10, D 19, D 20, D 21, D 34, D 35, D 43, D 54, D 55, D 59 und D 60 aus den Verwaltungsakten zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und nimmt Bezug auf weitere Entscheidungen des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (Band I bis IV; ), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 18. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin kann die Entfernung der Kontoauszüge nicht beanspruchen, denn ihr steht kein Anspruch auf Löschung zu.

Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.

Die begehrte Löschung von Sozialdaten erfordert zunächst eine Entscheidung und damit eine Regelung der zuständigen Behörde darüber, ob die Voraussetzungen für die Löschung erfüllt sind. Diese Entscheidung und Regelung der Behörde kann mit Außenwirkung nur durch einen Verwaltungsakt nach § 31 SGB X erfolgen, so dass als hiergegen zu erhebende Klage die Anfechtungsklage in Betracht kommt (Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 21. März 2006 – B 2 U 24/04 R, Rdnr. 25, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-1300 § 84 Nr. 1). Die Löschung selbst stellt hingegen keinen Verwaltungsakt, sondern einen Realakt dar, so dass das darauf gerichtete Begehren mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist, womit insgesamt die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die zulässige Klageart darstellt (BSG, Urteil vom 11. April 2013 – B 2 U 34/11 R, Rdnrn. 15 und 17, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-2700 § 200 Nr. 4; Bieresborn in von Wulffen/Schütze, Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, 8. Auflage 2014, § 84 Rdnr. 3; noch offengelassen, mit welcher Klage die Anfechtungsklage zulässigerweise verbunden werden kann: BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 17/09 R, Rdnr. 14, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-2700 § 200 Nr. 2).

Der Anfechtungs- und Leistungsklage ermangelt es auch nicht an einem hinreichend bestimmten Antrag.

Diesem Erfordernis wird genügt, wenn die Sozialdaten, deren Löschung begehrt wird, so genau bezeichnet sind, dass im Urteil klar ausgesprochen werden kann, was gelöscht werden soll (BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 17/09 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, abgedruckt inSozR 4-2700 § 200 Nr. 2). Dies setzt indes nicht notwendig voraus, einzelne Passagen mit Sozialdaten in einem Dokument (also quasi Zeile für Zeile) zu benennen, wenn dies den Löschungsanspruch leer laufen lassen würde (BSG, Urteil vom 11. April 2013 – B 2 U 34/11 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-2700 § 200 Nr. 4).

Die Klägerin hat die Kontoauszüge im Einzelnen bezeichnet, die entfernt werden sollen. Es kann damit im Urteil dem Beklagten konkret auferlegt werden, welche Sozialdaten er zu löschen hat.

Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge im Sinne einer Löschung, denn die Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 SGB X in der Fassung des Gesetzes vom 18. Mai 2001 (BGBl I 2001, 904) - a. F. - sind nicht erfüllt.

Diese Vorschrift ist ungeachtet der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) – DS-GVO –, die zum 25. Mai 2018 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten ist (Art 99 Abs. 2 DS-GVO), weiter anzuwenden. Die DS-GVO ist zwar unmittelbar geltendes Recht, denn nach Art. 288 Abs. 2 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hat die "Verordnung" allgemeine Geltung, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verbietet der Grundsatz der Rechtssicherheit es im Allgemeinen, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Union auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, sofern dies nicht ausnahmsweise aufgrund eines im Allgemeininteresse liegenden Ziels geboten ist, das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet ist und aus Wortlaut, Zweck oder Aufbau der betreffenden Vorschriften eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist (EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – C-522/10, Rdnr. 25, zitiert nach juris; EuGH, Urteil vom 19. März 2009 – C-256/07, Rdnr. 32, zitiert nach juris; EuGH, Urteil vom 09. März 2006 – C-293/04, Rdnrn. 20, 21 und 24, zitiert nach juris).

Die DS-GVO ist nach Art 99 Abs. 2 DS-GVO zum 25. Mai 2018 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten. Der Wortlaut der (einzelnen) Vorschriften der DS-GVO enthält keinen Hinweis darauf, dass der DS-GVO eine Rückwirkung auf einen früheren Zeitpunkt als den des Inkrafttretens zukommen soll. Auch den Erwägungsgründen der DS-GVO sind Anhaltspunkte für eine solche Rückwirkung nicht zu entnehmen; vielmehr ergibt sich aus Erwägungsgrund 171 das Gegenteil. Dort wird auf die Richtlinie 95/46/EG Bezug genommen. Bei der Richtlinie 95/46/EG handelt es sich um die Richtlinie vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. In diesem Erwägungsgrund ist niedergelegt: Die Richtlinie 95/46/EG sollte durch diese Verordnung aufgehoben werden. Verarbeitungen, die zum Zeitpunkt der Anwendung dieser Verordnung bereits begonnen haben, sollten innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung mit ihr in Einklang gebracht werden. Beruhen die Verarbeitungen auf einer Einwilligung gemäß der Richtlinie 95/46/EG, so ist es nicht erforderlich, dass die betroffene Person erneut ihre Einwilligung dazu erteilt, wenn die Art der bereits erteilten Einwilligung den Bedingungen dieser Verordnung entspricht, so dass der Verantwortliche die Verarbeitung nach dem Zeitpunkt der Anwendung der vorliegenden Verordnung fortsetzen kann. Auf der Richtlinie 95/46/EG beruhende Entscheidungen bzw. Beschlüsse der Kommission und Genehmigungen der Aufsichtsbehörden bleiben in Kraft, bis sie geändert, ersetzt oder aufgehoben werden. Aus diesem Erwägungsgrund wird somit ersichtlich, dass die Verarbeitungen, also das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung (Art 4 Nr. 2 DS-GVO), die zum Zeitpunkt der Anwendung dieser Verordnung bereits begonnen haben, auf der bisherigen Grundlage zunächst Bestand haben sollen, jedoch in einer Übergangsphase an die DS-GVO anzupassen sind. Uneingeschränkte Geltung misst sich die DS-GVO daher lediglich für solche Verarbeitungen bei, die erst nach ihrem Inkrafttreten beginnen. Keine Geltung hat die DS-GVO für bereits abgeschlossene Verarbeitungen. Da allerdings auch das Löschen eine von der DS-GVO erfasste Art der Verarbeitung ist, dürfte es insoweit jedoch keine (materiell-rechtlich) abgeschlossenen Verarbeitungen geben. Unter Abschluss der Verarbeitung ist daher, um den zeitlichen Anwendungsbereich der DS-GVO eindeutig bestimmen zu können, der Abschluss im formal-rechtlichen Sinn zu verstehen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – C-522/10, Rdnr. 27). Es kommt daher darauf an, zu welchem Zeitpunkt über das Begehren auf Löschung entschieden wurde. Erfolgte dies vor dem Inkrafttreten der DS-GVO, so bestimmt sich ein Anspruch auf Löschung nach dem bis dahin geltenden Recht. Erfolgte dies nach dem Inkrafttreten der DS-GVO, so ist ein solcher Anspruch grundsätzlich nach der DS-GVO zu beurteilen.

Der Beklagte entschied über den Anspruch der Klägerin mit Bescheid vom 18. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2013.

Damit ist das zu diesem Zeitpunkt maßgebende Recht und somit § 84 Abs. 2 SGB X a. F. anzuwenden.

§ 84 Abs. 2 SGB X a. F. begründet einen Rechtsanspruch des von den unrichtigen Sozialdaten bzw. des von der unzulässigen Speicherung der Sozialdaten betroffenen Bürgers, auch wenn diese Vorschriften nur als Verpflichtung normiert sind, denn sie stellen zugleich eine drittschützende Norm zugunsten des jeweiligen Bürgers dar (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, a. a. O., § 84 Rdnrn. 3 und 6 a; BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 17/09 R, Rdnrn. 17 und 19, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 11. April 2013 – B 2 U 34/11 R, Rdnrn. 19 und 20, zitiert nach juris; anders noch BSG, Urteil vom 21. Februar 1996 – 5 RJ 82/95, Rdnr. 18, zitiert nach juris).

§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X a. F. bestimmt: Sozialdaten sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist.

Eine Entfernung der Kontoauszüge nach dieser Vorschrift kann die Klägerin vom Beklagten nicht beanspruchen, denn eine unzulässige Speicherung von Sozialdaten erfolgte nicht.

Die Kontoauszüge enthalten Sozialdaten der Klägerin.

Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X a. F.). Verarbeiten ist das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen von Sozialdaten (§ 67 Abs. 6 Satz 1 SGB X a. F.). Speichern bezeichnet das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung (§ 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X a. F.).

Die Kontoauszüge enthalten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse.

Einzelangaben im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X a. F. sind einzelne Informationen, die sich auf diese bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen und damit im Gegensatz zu Sammeldaten bzw. aggregierten Daten über Personengruppen ohne Bezug zu einer Einzelperson stehen. Der Begriff der Einzelangaben ist weit auszulegen (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, a.a.O., SGB X, § 67 Rdnr. 3; Leopold in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 95. Ergänzungslieferung, Juli 2017, SGB X, § 67 Rdnr. 7). Einzelne Informationen über persönliche Verhältnisse sind solche über den Betroffenen selbst, die diesen also kennzeichnen und charakterisieren. Einzelne Informationen über sachliche Verhältnisse sind solche, die einen Sachverhalt mit Bezug zum Betroffenen beschreiben (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, a.a.O., SGB X, § 67 Rdnrn. 6 und 8; Leopold in Kasseler Kommentar, a.a.O., SGB X, § 67 Rdnr. 7).

Die Kontoauszüge enthalten solche Einzelangaben, denn die in den Kontoauszügen enthaltenen Daten geben Aufschluss über die Höhe der Ein- und Ausgänge, das Buchungsdatum, den Empfänger bzw. Absender der Buchung und im Regelfall auch über den Grund des Ein- bzw. Ausgangs der Zahlung.

Es handelt sich dabei auch um Einzelangaben einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener).

Eine natürliche Person ist im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X a. F. "bestimmt", wenn diese Person eindeutig feststeht. Eine natürliche Person ist bestimmbar, wenn auf der Grundlage der vernünftigerweise verfügbaren Informationen und Daten diese Person identifiziert werden kann. Wird der Personenbezug objektiv bestimmt, ist dies bereits dann der Fall, wenn allein die theoretische Möglichkeit der Herstellung eines Personenbezuges schon nur unter Mitwirkung eines Dritten hergestellt werden kann. Wird der Personenbezug relativ bestimmt, ist dies der Fall, wenn allein nach den Verhältnissen der jeweiligen verarbeitenden Stelle, also unter Außerachtlassung der Kenntnisse und Fähigkeiten von Dritten, ein solcher Personenbezug herstellbar ist. Nach einer vermittelnden Ansicht sind Daten nicht immer dann schon als personenbezogen einzuordnen, wenn irgendjemand diese Daten einer bestimmten Person zuordnen könnte; vielmehr sind sowohl objektive als auch subjektive Kriterien entscheidend, so dass darauf abzustellen ist, auf welche Mittel und Kenntnisse die verantwortliche Stelle zwecks Herstellung eines Personenbezuges zurückgreifen kann und sodann darauf, ob sich diese Stelle zwecks Kenntniserlangung vernünftigerweise (bei einem Dritten) Zusatzwissen beschaffen würde, welches bei objektiver Betrachtung legal beschaffbar ist (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, a.a.O., § 67 Rdnr. 5 a; Leopold in Kasseler Kommentar, a.a.O., SGB X, § 67 Rdnr. 10).

Die Kontoauszüge enthalten Einzelangaben einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), denn sie machen die Klägerin aufgrund der Kontonummer und ihres Namens identifizierbar.

Schließlich ist der Beklagte eine in § 35 SGB I genannte Stelle, die die Kontoauszüge gespeichert hat.

Bei den in § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I genannten Stellen handelt es sich um die Leistungsträger, zu denen nach § 12 Satz 1 SGB I die in den §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden gehören, mithin die nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit sowie die kreisfreien Städte und Kreise, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (§ 19a SGB I). Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Träger der Leistungen nach dem SGB II 1. die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur) und 2. die kreisfreien Städte und Kreise für u. a. das Arbeitslosengeld II, soweit Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger), die nach § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II eine gemeinsame Einrichtung mit der Bezeichnung Jobcenter (§ 6d SGB II) bilden. Die gemeinsame Einrichtung ist verantwortliche Stelle für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nach § 67 Abs. 9 SGB X a. F. sowie Stelle im Sinne des § 35 Abs. 1 SGB I (§ 50 Abs. 2 SGB II).

Der Beklagte ist mithin Stelle im Sinne des § 35 Abs. 1 SGB.

Eine unzulässige Speicherung der in den Kontoauszügen enthaltenen Sozialdaten erfolgte jedoch nicht.

Nach § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X a. F. ist das Speichern, Verändern oder Nutzen von Sozialdaten durch die in § 35 SGB I genannten Stellen zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind.

Die Speicherung der in den Kontoauszügen enthaltenen Sozialdaten war zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Beklagten liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich und erfolgte auch zu dem Zweck, für den diese erhoben, also die Kontoauszüge angefordert wurden.

Die Erforderlichkeit ergibt sich nach Maßgabe des jeweils materiellen Rechts. Dies ist vorliegend das Recht des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II).

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch, zu denen Arbeitslosengeld II gehören (§ 19 SGB II), Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (also mindestens das 65. Lebensjahr) noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören u. a. 4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den § 7 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 SGB II genannten Personen (also insbesondere der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten), wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB II).

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II).

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011; BGBl I 2011, 850) sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen.

Ergänzend dazu bestimmt § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3. SGB I: Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.

Die Klägerin beantragte (wiederholt) Leistungen nach dem SGB II. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld II ist davon abhängig, ob und in welcher Höhe die Klägerin und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Tochter Einkommen erzielte. Insofern war sie verpflichtet, zum Nachweis von Einkommen und seines Zuflusses Beweismittel bzw. Beweisurkunden vorzulegen.

Bei Kontoauszügen handelt es sich um Beweismittel bzw. Beweisurkunden i. S. dieser Vorschrift. Hierfür sprechen auch die Motive des Gesetzgebers des SGB I (Bundestag-Drucksache 7/868 zu § 60), der davon ausgeht, dass alle Beweismittel (im untechnischen Sinne) vorzulegen sind, die für den Anspruch relevant sind (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 101, 260-268, SozR 4-1200 § 60 Nr. 2; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R, Rdn15, zitiert nach juris).

Danach war es – auch vorliegend - im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, keine unzumutbare und unangemessene Anforderung, die Kontenbewegungen durch die Vorlage von Kontoauszügen offenzulegen, jedenfalls soweit die Einnahmeseite betroffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R, Rdnr. 16).

Regelungen des bereichsspezifischen Datenschutzes gehen zwar den allgemeinen Vorschriften des Sozialdatenschutzes der §§ 67 ff SGB X vor. Die in §§ 50 ff SGB II enthaltenen bereichsspezifischen Datenschutznormen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere § 51b SGB II, der eine Spezialvorschrift über die Datenerhebung und -verarbeitung durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende darstellt (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R, Rdnr.22), treffen zum vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt jedoch keine Regelung.

Da die Klägerin die Entfernung der Kontoauszüge insgesamt begehrt, muss in diesem Zusammenhang nicht entschieden werden, ob der Beklagte die Klägerin hinsichtlich der Möglichkeiten der Schwärzung der Adressaten auf der Ausgabenseite der Kontoauszüge ausreichend gesondert hingewiesen hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R, Rdnr. 27), zumal der Beklagte, wie seinem Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2013 zu entnehmen ist, solche Schwärzungen der Klägerin zugesteht.

Eine Entfernung der Kontoauszüge im Sinne einer Löschung nach § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X a. F. kann die Klägerin vom Beklagten ebenfalls nicht beanspruchen.

Danach gilt: Sie (Sozialdaten) sind auch zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.

Eine Löschung scheidet danach aus, denn die Kenntnis der in den Kontoauszügen enthaltenen Sozialdaten ist für den Beklagten zur rechtmäßigen Erfüllung der in seiner Zuständigkeit liegenden Aufgaben (weiterhin) erforderlich.

Die Notwendigkeit der Speicherung von Sozialdaten beurteilt sich danach, ob sich die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie verarbeitet wurden, endgültig erledigt hat. Eine solche Erledigung ist anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung der Vorschriften, die auf einen Verwaltungsakt anzuwenden sind, eine weitere Verarbeitung im Sinne ihrer Verwendung ausscheidet.

Daraus folgt zum einen, dass Sozialdaten solange notwendig sind, bis das Verwaltungsverfahren abgeschlossen ist. Nach § 8 SGB X gilt: Das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzbuches ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags ein. Mit dem Erlass des Verwaltungsaktes ist das Verwaltungsverfahren zwar beendet. Wegen der gegen einen solchen Verwaltungsakt gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten, einerseits des Widerspruchs nach § 83 SGG, der das Vorverfahren (§§ 78 ff SGG) eröffnet, und andererseits der Klage (§§ 87 ff SGG), der Berufung (§§ 143 ff SGG) und der Revision (§§ 160 ff SGG) sowie der Nichtzulassungsbeschwerden (§ 145 SGG, § 160a SGG) als Verfahren des gerichtlichen Rechtsschutzes, die der Überprüfung der getroffenen Entscheidung auf der Grundlage (auch) der verarbeiteten Sozialdaten dienen, bleiben diese Daten bis zur Bestandskraft (bzw. Rechtskraft) erforderlich. Mithin stellt der Zeitpunkt der Bestandskraft des Verwaltungsaktes nach § 77 SGG den frühestmöglichen Zeitpunkt dar, zu dem eine Notwendigkeit der Speicherung entfallen kann. Nach dieser Vorschrift gilt: Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Mit letztgenannter Einschränkung hebt § 77 SGG auf Vorschriften ab, die eine Durchbrechung der Bestandskraft vorsehen. Aus der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes folgt für den Bereich des Sozialrechts somit nicht, dass damit dieser Verwaltungsakt als endgültige Entscheidung zu betrachten wäre.

So begründet § 44 SGB X ein Recht des von diesem Verwaltungsakt Betroffenen auf Überprüfung dieses Verwaltungsaktes und infolgedessen gegebenenfalls auf seine Rücknahme. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X regelt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 44 Abs. 2 SGB X bestimmt: Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende gelten dabei nach § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II allerdings Besonderheiten. Danach ist § 44 SGB X mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass 1. rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach § 44 Abs. 1 und 2 SGB X nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraumes beantragt wird, 2. anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches daher längstens für einen Zeitraum bis zu einem Jahr vor der Rücknahme erbracht. Ergänzend bestimmt § 44 Abs. 4 Sätze 2 und 3 SGB X: Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres angerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Dies bedeutet für die Fälle, in denen Leistungen zu Unrecht nicht gewährt wurden, dass (auch) die verarbeiteten Sozialdaten bis zum Ablauf des folgenden Kalenderjahres nach Erlass des Verwaltungsaktes zur Überprüfung benötigt werden. Für die Fälle, in denen der Leistungsträger Leistungen zu Unrecht zurückgefordert hat, auch wenn diese Rückforderung bereits abgewickelt war (vgl. Bundestag-Drucksache 18/8909, S. 33 in Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 19/13 R, abgedruckt in BSGE 115, 121; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, 70. Ergänzungslieferung Juni 2018, § 40 SGB II Rdnrn. 69 und 79), hat dies zur Folge, dass die verarbeiteten Sozialdaten bis zu vier Jahre nach Erlass des Verwaltungsaktes relevant sind.

Darüber hinaus sind auch die weiteren gesetzlichen Regelungen zur Korrektur von Verwaltungsakten zu berücksichtigen. Dies betrifft zum einen § 48 Abs. 1 SGB X (i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II) bei einer wesentlichen Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, der eine Aufhebung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse bis zu 10 Jahren (§ 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 SGB X i. V. m. § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nrn. 2 oder 3 SGB X, also in den Fällen der sog. Bösgläubigkeit in Bezug auf gemachte Angaben bzw. auf die eingetretene Rechtswidrigkeit), erlaubt. Dies betrifft zum anderen § 45 Abs. 1 SGB X (i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II), also einen bereits anfänglich rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt, der bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe ebenfalls in den genannten Fällen der sog. Bösgläubigkeit (§ 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nrn. 2 oder 3 SGB X) zurückgenommen werden kann.

Angesichts dieser Vorschriften besteht eine Notwendigkeit der Speicherung von Sozialdaten im Hinblick auf deren Verwendung im Verfahren zur Korrektur eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes jedenfalls bis zu einem Zeitraum von 10 Jahren (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. März 2018 – L 18 AS 2312/17, Rdnrn. 20, 24; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. März 2017 – L 31 AS 359/15, Rdnrn. 12 und 23; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2017 – L 9 AS 1590/13, Rdnr. 32; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. April 2016 – L 9 AS 682/15, Rdnr. 15; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2015 – L 14 AL 84/11, Rdnr. 75; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 31. März 2011 – L 15 SB 80/06, Rdnr. 41; alle zitiert nach juris).

Eine Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, auf die sich die Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung beruft, ist dem Senat nicht bekannt (so auch schon BSG, Beschluss vom 8. März 2017 – B 4 AS 449/16 B, Rdnr. 4, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen ist nicht entscheidend, dass sich möglicherweise ein Landessozialgericht der klägerischen Auffassung angeschlossen hat. Wesentlich ist vielmehr, ob eine solche Entscheidung auf nachvollziehbaren und überzeugenden Gründen beruht. Zu den Gründen einer solchen Entscheidung trägt die Klägerin jedoch nichts vor.

Die Frist von 10 Jahren ist vorliegend noch nicht abgelaufen, so dass die Klägerin vom Beklagten die Entfernung der Kontoauszüge im Sinne der Löschung nicht verlangen kann.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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