L 31 AS 2727/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 44 AS 2040/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 2727/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 209/19 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Im sozialgerichtlichen Verfahren besteht keine Veranlassung, dem vollmachtslosen Prozessbevollmächtigten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da der Kläger anders als z.B. in der Zivil- oder Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mit Kosten des Verfahrens belastet werden kann. Er bedarf des Schutzes, den die Möglichkeit der Kostenentscheidung zulasten des vollmachtslosen Vertreters vermittelt, in der Sozialgerichtsbarkeit nicht.
2. Die Belastung des vollmachtlosen Prozessbevollmächtigten mit den Kosten des Verfahrens stellt daher eine "versteckte Missbrauchsgebühr" dar, für die die Rechtsgrundlage fehlt.
Bemerkung
L 31 AS 666/18 B
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 07. Oktober 2015 aufgehoben, soweit das Sozialgericht die Kosten des Verfahrens dem Rechtsanwalt L auferlegt hat. Im Übrigen wird die Berufung verworfen. Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus, mit dem dieses eine Untätigkeitsklage abgewiesen und die Kosten dem Rechtsanwalt des Klägers auferlegt hat.

Am 10. Juni 2015 erhob der Kläger vertreten durch seinen Rechtsanwalt L Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht Cottbus und beantragte, den Beklagten zu verurteilen, auf seinen Antrag vom 9. Dezember 2014 betreffend die Überprüfung des Bescheides vom 15. April 2014 eine Entscheidung zu treffen.

Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 forderte das Sozialgericht Cottbus den Anwalt auf, eine konkret für das vorliegende Verfahren erteilte Vollmacht des Klägers im Original zur Gerichtsakte zu reichen. Die Vorlage der Vollmacht im Original sei aus den nachstehenden Gründen erforderlich. Dem Gericht seien zahlreiche Verfahren bekannt, in denen trotz Vorlage einer "Generalvollmacht" die Kläger erklärt hätten, das Mandat vor der Klageerhebung beendet und/oder über die Erhebung von Klagen keine Kenntnis gehabt zu haben. Teilweise sei erklärt worden, die Klagen stünden nicht mit dem Willen der Kläger im Einklang. Zudem seien wiederholt durch die Kläger persönlich sämtliche Klagen zurückgenommen worden. Als Beispiele wurden im Anschluss 20 erstinstanzliche und 6 zweitinstanzliche Verfahren genannt. Weiter wurde ausgeführt, wegen der Vielzahl der - exemplarisch - aufgeführten Verfahren habe das Gericht begründete Zweifel daran, dass sich der jeweilige Kläger bei der Unterzeichnung der "Generalvollmacht" über deren Rechtswirkungen und die nachfolgenden oftmals zahlreichen Klageerhebungen - und damit einhergehend des jeweiligen Kostenrisikos bewusst gewesen bzw. diesbezüglich aufgeklärt worden sei. Das Gericht sehe deshalb in der "Generalvollmacht" vorliegend keinen hinreichenden Nachweis der Bevollmächtigung mehr und habe derzeit Zweifel daran, dass die Klageerhebung mit Wissen und Wollen der Klägerseite erfolgt sei. In einem solchen Fall dürfe das Gericht auch von Amts wegen die Vorlage einer weitergehenden Vollmacht verlangen (vergleiche LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2015, L 20 AS 2202/14 B, zitiert nach juris; dem folgend: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. März 2015, L 29 AS 220/15 NZB; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 11. Aufl., § 73 Rn. 68; Arndt, in: Breitkreuz/Fichte, SGG Kommentar, 2. Aufl., § 73 Rn. 61).

Mit Schreiben vom 24. Juli 2015 rügte der Beklagte die fehlende Vorlage einer aktuellen Prozessvollmacht im Original.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2015 sind der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, durch Gerichtsbescheid (§ 105 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zu entscheiden. Weiter wurde daraufhin gewiesen, dass bei Nichtvorlage der angeforderten Vollmacht beabsichtigt sei, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers als vollmachtlosem Vertreter die Kosten des erledigten Verfahrens gemäß § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufzuerlegen, da er nicht zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehöre (vergleiche Sächsisches LSG, Beschluss vom 26. Juni 2014, L 3 AS 318/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Dezember 2013, L 29 AL 88/13). Ferner sei beabsichtigt, den Streitwert des bei Nichtvorlage der Vollmacht gerichtskostenpflichtigen Verfahrens gemäß § 197 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) festzusetzen. Der Festsetzung dürfte der Betrag des Gebühreninteresses zugrundezulegen sein. Erwogen werde insoweit den Streitwert auf den Betrag von bis zu 500,00 EUR festzusetzen (vergleiche § 34 Abs. 1 Satz 1 GKG). Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2015, in dem der Kläger im Rubrum auch als solcher bezeichnet wurde, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, den Rechtsanwalt L, wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Rechtsanwalt L auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter anderem ausgeführt, die Klage sei unzulässig, Rechtsanwalt L habe trotz Aufforderung des Gerichts den angeforderten Nachweis der Bevollmächtigung nicht innerhalb der gesetzten Frist gemäß § 73 Abs. 6 Satz 2 SGG vorgelegt. Die Anforderung der Vollmacht sei geboten gewesen, da begründete Zweifel an einer Bevollmächtigung bestanden hätten. Denn es sei gerichtsbekannt, dass der als Bevollmächtigter des Klägers auftretende Rechtsanwalt in mehreren Fällen ohne Prozessvollmacht Klage- bzw. Berufungsverfahren betrieben bzw. sich auf aus anderem Anlass erteilte Generalvollmacht berufen habe (vergleiche LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. August 2015, L 18 AS 160/15 NZB). Da Rechtsanwalt L den Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung nicht fristgerecht und auch nicht bis zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts vorgelegt habe, sei die Klage durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen (vergleiche BSG, B 4 K 29/00 R, zitiert nach juris). Als vollmachtlosem Vertreter seien Rechtsanwalt L die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da er nicht zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehöre (vergleiche Sächsisches LSG, Beschluss vom 26. Juni 2014, L 3 AS 318/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2013, L 29 AL 88/13; - § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO). In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt, die Entscheidung könne mit der Berufung angefochten werden.

Mit Streitwertbeschluss vom selben Tag wurde der Wert des Streitgegenstandes gemäß § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 SGG mangels anderweitiger Anhaltspunkte auf 5000,00 EUR festgesetzt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerde zulässig sei, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteige.

Gegen den ihm am 8. Oktober 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Klägerbevollmächtigte am 27. Oktober 2015 Berufung und Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss eingelegt sowie gleichzeitig mündliche Verhandlung beantragt. Zur Begründung führt er u. a. aus, er gehe davon aus, dass die Berufung nicht statthaft sei. Eine Beschwer von mehr als 750,00 EUR werde nicht ersichtlich. Wenn das Gericht von einer fehlenden Bevollmächtigung des Unterzeichners ausgehe, könne für die Streitwertbestimmung auch nicht auf das Interesse der Mandanten abgestellt werden. Vielmehr sei zu prüfen, welches Interesse der (angeblich) vollmachtlose Vertreter an der Prozessführung habe. In Betracht komme hier allenfalls das Gebühreninteresse. Die dem Rechtsanwalt zu erstattenden Gebühren würden in ständiger Rechtsprechung der Kostenkammer des Sozialgerichts auf 57,12 EUR festgesetzt. Insofern sei im hiesigen Verfahren der Streitwert auf allenfalls bis zu 300,00 EUR festzusetzen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 7. Oktober 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, auf den Antrag des Klägers vom 9. Dezember 2014 betreffend die Überprüfung des Bescheides vom 15. April 2014 eine Entscheidung zu treffen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 22. bzw. 28. Januar 2019 mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.

Die Berufung war mangels Vollmacht des Prozessbevollmächtigten als unzulässig zu verwerfen. Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht Cottbus die Klage als unzulässig "abgewiesen" - richtigerweise verworfen - da der im Verfahren tätige Rechtsanwalt nicht innerhalb der gesetzten Frist gemäß § 73 Abs. 6 Satz 2 SGG den angeforderten Nachweis seiner Bevollmächtigung vorgelegt hat. Von einem vollmachtlosen Vertreter vorgenommene Prozesshandlungen sind unwirksam, wenn auch heilbar. Insbesondere ist eine Klage nicht wirksam erhoben worden und ein Rechtsmittel unzulässig (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 39. Auflage 2018, § 89 Rn. 9).

Unter welchen Voraussetzungen ein im Verfahren als Bevollmächtigter eines Klägers auftretender Rechtsanwalt - ausnahmsweise - zur Vorlage eines Nachweises seiner Bevollmächtigung aufgefordert werden darf, hat das Bundessozialgericht in seinem Beschluss vom 20. Januar 2016 (B 14 AS 188/15 B, zitiert nach juris, dort insbesondere Rn. 9) ausgeführt:

"Da der Mangel der Vollmacht von Rechtsanwalt L. von dem Beklagten nicht gerügt worden war, durfte das LSG ihn zur Vorlage einer konkret auf das Berufungsverfahren bezogenen Prozessvollmacht nur auffordern und anschließend die Berufung des Klägers unter Hinweis auf die fehlende Vorlage als unzulässig verwerfen, wenn iS von § 73 Abs 6 Satz 5 SGG von Amts wegen ernstliche Zweifel am ordnungsgemäßen Nachweis der Prozessvollmacht bestanden haben, was nach den Feststellungen des LSG nicht belegt ist."

Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, denn der Beklagte hat den Mangel der Vollmacht des Rechtsanwaltes L vorliegend mit Schreiben vom 24. Juli 2015 gerügt. Dieser wär vorliegend ausnahmsweise zur Vorlage einer Vollmacht verpflichtet gewesen.

Nach § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG muss derjenige, der als Prozessvertreter eines anderen auftritt, seine Bevollmächtigung durch schriftliche Vollmacht nachweisen. Fehlt es daran, so hat das Gericht den Mangel der Vollmacht gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG (hier in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2011, BGBl I 3057) von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Diese auf das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (RBerNG) zurückgehende Vorschrift (ursprünglich § 73 Abs. 6 Satz 4 SGG in der Fassung des RBerNG) zielt nach den Materialien darauf, in Übereinstimmung mit den anderen Verfahrensordnungen künftig auch im sozialgerichtlichen Verfahren den Mangel der Vollmacht nicht mehr von Amts wegen zu überprüfen, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtanwalt auftritt.

Zu dieser Neuregelung hat das Bundessozialgericht (B 14 AS 188/15 B, zitiert nach juris, dort insbesondere Rn. 11 ff.) weiter ausgeführt:

"Danach mag die Regelung die Überprüfung der Vollmacht eines Rechtsanwalts von Amts wegen zwar nicht generell ausschließen (in diesem Sinne etwa BGH Urteil vom 5.4.2001 - IX ZR 309/00 - NJW 2001, 2095, 2096 zu der § 73 Abs 6 Satz 5 SGG entsprechenden Fassung des § 88 Abs 2 ZPO; BFH Beschluss vom 11.11.2009 - I B 152/09 - RdNr 5 f; BFH Beschluss vom 7.5.2014 - II B 117/13 - RdNr 6; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Urteil vom 27.6.2011 - 8 A 1/10 - RdNr 16; enger dagegen Bundesarbeitsgericht Beschluss vom 18.3.2015 - 7 ABR 6/13 - RdNr 14). Die Prüfung der Vollmacht eines Rechtsanwalts ohne Rüge der Gegenseite ist mit der Zielrichtung von § 73 Abs 6 Satz 5 SGG aber jedenfalls nur vereinbar, wenn das Verhalten des Rechtsanwalts ernstliche Zweifel daran aufkommen lässt, dass er über die notwendige Vollmacht verfügt (vgl BGH Urteil vom 5.4.2001, aaO: Weckt ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter selbst ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit seiner Bevollmächtigung, darf das Gericht diese auch von Amts wegen prüfen; ähnlich BVerwG Urteil vom 27.6.2011, aaO: Keine ordnungsgemäße Bezeichnung des angeblich vertretenen Klägers)."

Dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgt der Senat ausdrücklich, auch er ist der Ansicht, dass es nicht gerechtfertigt ist, generell die Vorlage einer Vollmacht (im Original) zu verlangen. Vorliegend sind jedoch hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben, dass es ausnahmsweise in diesem Fall angezeigt war, den Nachweis einer Vollmacht zu verlangen, denn der Rechtsanwalt selbst hat als Prozessbevollmächtigter ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit seiner Bevollmächtigung geweckt. Die Tatsache, dass der Rechtsanwalt ganz offensichtlich bei dem zur Überprüfung gestellten Bescheid nicht einmal wusste, ob es sich um einen vorläufigen oder endgültigen Bewilligungsbescheid handelt, spricht nach Auffassung des Senats dafür, dass ein persönlicher Kontakt, bei dem der Kläger den Bescheid im Original oder in Kopie dem Anwalt hätte zeigen können, damit dieser beurteilen kann, ob es sich um einen vorläufigen oder einen endgültigen Bewilligungsbescheid gehandelt hat, nicht stattgefunden hat. Hätte ein solcher persönlicher Kontakt nicht stattgefunden, so hätte auch keine Vollmacht unterschrieben werden können. Es bestanden somit ausreichende ernsthafte Zweifel an dem Vorhandensein einer Vollmacht, sodass das Sozialgericht vorliegend - ausnahmsweise - zu Recht die Vorlage einer solchen verlangt hat.

Dass der Rechtsanwalt vorliegend eine Generalvollmacht für den Kläger besaß, die auch das vorliegende Verfahren hätte decken können, hat er weder vorgetragen, noch ist dies ersichtlich, da sich der Anwalt auf die Aufforderung des Sozialgerichts, eine Vollmacht vorzulegen, gar nicht mehr gemeldet hat.

Damit ist vorliegend davon auszugehen, dass eine Vollmacht des Rechtsanwalts zur Klageerhebung nicht vorlag. Reicht ein Bevollmächtigter eine Klageschrift ohne schriftliche Prozessvollmacht ein, ist die Klage unzulässig (Arndt, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 73 RN 62). Sie ist nicht wirksam erhoben; auch das Rechtsmittel gegen eine solche Entscheidung ist unzulässig, denn der Mangel der Vollmacht bzw. das Nichtvorliegen der Vollmacht, wirkt auch in der Berufungsinstanz fort, auch wenn er heilbar ist (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 39. Auflage 2018, § 89 Rn. 9). Ist auf die ausnahmsweise vorgenommene Aufforderung keine Prozessvollmacht zu den Gerichtsakten gelangt, bedarf es allerdings, damit das Gericht die Klage ohne Prüfung in der Sache als unzulässig abweisen kann, regelmäßig einer vorherigen schriftlichen richterlichen Aufforderung an den Bevollmächtigten, binnen einer bestimmten Frist die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen, verbunden mit dem Hinweis, dass die Klage anderenfalls als unzulässig abgewiesen werden kann (so bereits zum alten Recht, in dem das Vorhandensein einer Vollmacht von Amts wegen immer zu prüfen war: GmSOGB SozR 1500 § 73 Nr 4 S 10 f; BSG SozR 1500 § 73 Nr 5 S 12; BSG SozR 3-1500 § 73 Nr 2 S 6, dies dürfte nach neuem Recht, bei dem das Vorhandensein einer Vollmacht nur ausnahmsweise geprüft werden darf, erst recht gelten). Ein solches prozessuales Vorgehen hat im Verhältnis zu dem vollmachtlos auftretenden Prozessvertreter Anhörungs- und Warnfunktion. Dieser Anhörungs- und Warnpflicht ist das Sozialgericht mit Schreiben vom 26. Juni 2015 und 29. Juli 2015 nachgekommen. Ob das Fehlen der Prozessvollmacht, zu dessen Behebung der Anwalt im erstinstanzlichen Verfahren aufgefordert worden ist, auch in einem nachfolgenden Rechtsmittelverfahren, dem hiesigen Berufungsverfahren, noch geheilt werden konnte, kann dahinstehen, denn auch im Berufungsverfahren hat der Rechtsanwalt eine Vollmacht nicht eingereicht. Damit ist auch die Berufung nicht wirksam eingelegt.

Die Entscheidung ergeht, auch wenn keine Vollmacht vorgelegt wurde, gegen den Beteiligten und ist diesem zuzustellen (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, 2017, § 73, Rdnr. 76). Dann bleibt zur Überzeugung des Senats auch in Bezug auf die zu treffende Kostenentscheidung der Kläger Kläger und damit kostenprivilegierte Person im Sinne des § 183 SGG. Kläger wird nicht der vollmachtlose Vertreter, vorliegend also Rechtsanwalt L, denn dieser wollte keineswegs im eigenen Namen klagen. Er ist auch nicht für die Frage der Kostenentscheidung bzw. die Frage, ob Kläger eine kostenprivilegierte Person ist oder nicht, als Kläger anzusehen.

Soweit vertreten wird, dass auch im sozialgerichtlichen Verfahren der vollmachtlose Vertreter die Kosten des Verfahrens und der anderen Beteiligten zu tragen habe, da er nicht nach § 183 privilegiert sei (Arndt, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 73 RN 63; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 23. Februar 2017, L 15 AS 44/17 B ER, zitiert nach juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. April 2014, L 5 R 1201/13 B ER zitiert nach juris), folgt der Senat dem nicht, denn diese Rechtsprechung ist inkonsequent, da sie im Hinblick auf die Frage, wer Beteiligter des Verfahrens ist und an wen daher die Entscheidung zuzustellen ist, den Kläger als maßgeblich erachtet, was zur Anwendung der §§ 183, 193 SGG führen muss, im Hinblick auf die Frage der Kostentragung aber von dem vollmachtlosen Vertreter ausgeht, was zur Anwendung von § 197a SGG führen soll. Es besteht im sozialgerichtlichen Verfahren aber weder eine Notwendigkeit noch eine Möglichkeit für die Anwendung des § 197 a SGG, wenn es sich um Verfahren mit gemäß § 183 SGG privilegierten Personen handelt. Außerdem kommt es – wie oben bereits ausgeführt - wegen der eindeutigen Antragstellung für den Vertretenen nicht in Betracht, den Prozessbevollmächtigten selbst als Kläger anzusehen.

Ausgangspunkt dieser Entscheidungen, die eine Kostentragung gemäß § 197 a SGG konstruieren wollen, ist ein Verweis auf § 89 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Danach kann ein Bevollmächtigter, der ohne Beibringung einer Vollmacht handelt, gegen oder ohne Sicherheitsleistung für Kosten und Schäden zur Prozessführung einstweilen zugelassen werden. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beibringung der Genehmigung zu bestimmende Frist abgelaufen ist. Ist zu der Zeit, zu der das Endurteil erlassen wird, die Genehmigung nicht beigebracht, so ist der einstweilen zur Prozessführung Zugelassene zum Ersatz der dem Gegner infolge der Zulassung erwachsenen Kosten zu verurteilen; auch hat er dem Gegner die infolge der Zulassung entstandenen Schäden zu ersetzen.

Zwar ist gemäß § 202 S. 1 SGG soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, die Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen, vorliegend scheitert eine Anwendung des § 89 Abs. 1 ZPO jedoch daran, dass die grundsätzlichen Unterschiede des Verfahrens nach dem Sozialgerichtsgesetz und des Verfahrens nach der Zivilprozessordnung dies ausschließen.

Gemäß § 183 S. 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Lediglich in den Fällen, in denen in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben (§ 197 a SGG). Damit sind die Verfahren vor den Sozialgerichten grundsätzlich kostenfrei, es sei denn, es handelt sich um ein Verfahren gemäß § 197 a SGG.

Demgegenüber regelt § 91 ZPO den Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht in Verfahren vor den Zivilgerichten. Gemäß Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

Aus diesem Grundsatz der Kostentragungspflicht der unterlegenen Partei, würde im Falle des vollmachtlosen Vertreters folgen, dass der Kläger, dessen Klage - wegen der fehlenden Vollmacht - unzulässig wäre, stets gemäß § 91 ZPO die Kosten des Beklagten tragen müsste, die - anders als im sozialgerichtlichen Verfahren in den Rechtsstreitigkeiten, die in den Anwendungsbereich des § 183 SGG fallen und kostenfrei sind - erheblich sein können. Aus dieser Kostentragungspflicht heraus besteht eine Notwendigkeit für die in § 89 Abs. 1 ZPO enthaltene Regelung, dass in einem solchen Fall, in dem der vollmachtlose Vertreter für den Kläger handelt, der Vertreter die Kosten des Verfahrens trägt.

Eine solche Notwendigkeit besteht jedoch im Rahmen der Verfahren, die wegen der Regelung des § 183 SGG für den Kläger kostenfrei sind, gerade nicht, da er unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mit Kosten belastet werden könnte. Nach § 193 Abs. 4 SGG sind die Aufwendungen der nach § 184 Abs. 1 SGG Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig. Mangels Vollmachterteilung schuldet er auch keine Rechtsanwaltskosten. In diesem Verfahren entstehen Kosten "lediglich" gemäß § 184 SGG als so genannte Pauschgebühr für den Beklagten. Diese Kosten muss der Beklagte jedoch in einem jeden Verfahren – auch in Verfahren, in denen er obsiegt -, das § 183 SGG unterfällt, tragen. Allein diese Gebühr rechtfertigt jedoch einen Rückgriff auf § 197 a SGG, den auch keine der oben zitierten Entscheidung näher begründet, nicht.

Anders sieht der Senat dies in Verfahren, die - auch ohne den konstruierten Rückgriff auf den vollmachtslosen Vertreter - bereits dem § 197 a SGG unterfallen, denn natürlich können im Rahmen einer "normalen" Kostenentscheidung gemäß § 197 a SGG Kosten demjenigen auferlegt werden, der nutzlosen Verfahrensaufwand betrieben hat, hier also dem vollmachtlosen Vertreter (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, 2017, § 73, Rdnr. 76).

Die Auferlegung von Kosten gemäß § 197 a SGG stellt zur Überzeugung des Senats in einem Fall wie dem vorliegenden vielmehr eine Art versteckter Missbrauchsgebühr dar. Es erscheint dem Senat weder angemessen noch möglich, die Streitfrage, ob einem Bevollmächtigten Verschuldenskosten im Sinne des § 192 SGG auferlegt werden können (vgl. zum Meinungsstand B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Auflage, § 192, Rn. 2), für den hier betroffenen Teilbereich über § 197 a SGG zu lösen.

Die Kostenentscheidung war daher aufzuheben.

Es erscheint aber andererseits auch nicht gerechtfertigt, die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auch nur teilweise aufzuerlegen, denn dieser hat weder Veranlassung zur Klage noch zur Berufung gegeben. Die danach ergehende Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Damit hat sich auch die Streitwertfestsetzung erledigt.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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