Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 R 2294/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 769/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 229/19 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
unzulässig verworfen
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die weitergehende Auszahlung einer rückwirkenden Rentengewährung.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Mai 2016 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnend ab dem 01. April 2015 mit monatlichen Zahlbeträgen in Höhe von 887,77 EUR ab April 2015, in Höhe von 906,41 EUR ab Juni 2015 und 945,00 EUR ab Juli 2016. Sie setzte den Nachzahlungsbetrag für die Zeit von April 2015 bis Juni 2016 auf 13.540,23 EUR fest und verfügte, dass die Nachzahlung vorläufig nicht ausgezahlt werde. Unter dem 31. Mai 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das JobCenter einen Erstattungsanspruch von 7.808,59 EUR geltend gemacht habe und der Restbetrag zuzüglich Zinsen nunmehr auf das Konto des Klägers überwiesen werde.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2016 und machte einen höheren Auszahlungsbetrag geltend. Das JobCenter habe gegen die Beklagte lediglich einen Erstattungsanspruch gemäß § 104 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) i.V.m. § 40a des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) in Höhe von 6.354,50 EUR. Erfüllungswirkung gemäß § 107 Abs. 1 SGB X sei somit nur hinsichtlich dieses Betrags eingetreten. Gemäß § 40 Abs. 4 SGB II seien 56 % der bei der Berechnung der Arbeitslosengelds II berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft und Heizung (KdU) nicht zu erstatten. Diesbezüglich sei auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 29. April 2015 - L 2 R 237/13 – zu verweisen. Der Kläger habe – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - vom JobCenter Arbeitslosengeld II (Alg II) i.H.v. 590,97 EUR (KdU i.H.v. 191,97 EUR) für die Monate April 2015 sowie Juni bis Dezember 2015, i.H.v. 100,98 EUR (KdU i.H.v. 100,98 EUR) für Mai 2015 sowie i.H.v. 595,97 EUR (KdU i.H.v. 191,97 EUR) für die Monate Januar bis Mai 2016 erhalten. Der von den KdU wegen der 56 %-Regelung nicht ans JobCenter zu erstattende Betrag belaufe sich auf insgesamt 1.454,09 EUR, der mithin noch an den Kläger auszuzahlen sei. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 19. Juli 2016 mit, dass nach dem Ergebnis einer von der Beklagten vorgenommenen Überprüfung die Abrechnung des Erstattungsanspruchs korrekt erfolgt sei. Entgegen der Auffassung des Klägers seien 56 % der KdU nicht im Hinblick auf § 40 Abs. 4 SGB II von der Erstattung ans JobCenter ausgenommen. Es verbleibe bei der Abrechnung vom 31. Mai 2016.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 31. August 2016 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und mit im Wesentlichen gleichbleibendem Vorbringen gegenüber der Beklagten die Zahlung von 1.454,09 EUR geltend gemacht. Nachdem sich die Beteiligten unter dem 29. November und 07. Dezember 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, hat das SG die Klage im Wege schriftlicher Entscheidung mit Urteil vom 17. August 2017 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.454,09 EUR habe, weil dem JobCenter auch insofern ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zugestanden habe, weshalb der Anspruch des Klägers gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt gelte. Hier folge der Erstattungsanspruch des JobCenters gegen die Beklagte aus § 40a SGB II i.V.m. § 104 SGB X, ohne nach dem für andere Leistungszeiträume geltenden § 79 Abs. 1 SGB II entfallen zu sein. Die Höhe des Erstattungsanspruchs sei ausgehend von den dem Kläger in der Zeit von April 2015 bis Juni 2016 bewilligten Arbeitslosengeld II-Leistungen in Höhe eines Gesamtbetrags von 7.808,59 EUR nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger diesbezüglich vorbringe, der Erstattungsanspruch des JobCenters sei im Hinblick auf § 40 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (a.F.) nicht vollständig zu befriedigen, wonach 56 % der Unterkunftskosten nicht zu erstatten seien und beim Kläger zu verbleiben hätten, sei dem nicht zu folgen. § 40 Abs. 4 SGB II a.F., der im Zeitpunkt des Entstehens der Erstattungsforderung gegolten habe und somit auf den hiesigen Sachverhalt Anwendung finde, bestimme, dass abweichend von § 50 SGB X 56% der bei der Berechnung des Arbeitslosegelds II und des Sozialgeldes berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft nicht zu erstatten seien. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei in Konstellationen wie der hier zu entscheidenden jedoch nicht eröffnet. Es liege kein Fall des § 50 SGB X vor, weil weder nach Leistungserbringung ein Verwaltungsakt aufgehoben worden sei noch Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden seien. Der Auffassung des Klägers und damit auch der vom LSG Niedersachsen-Bremen vertretenen Rechtsansicht (vgl. hierzu Urteil von 29. April 2015 – L 2 R 237/13 -, zitiert nach juris) sei nicht zu folgen. Dabei könne offen bleiben, ob es tatsächlich zu sachwidrigen Ergebnissen führen würde, wenn zu vernachlässigen wäre, dass der Versicherte bei zeitnaher Rentengewährung neben den Rentenleistungen auch noch einen Anspruch auf weitere Sozialleistungen in Form von Wohngeld gehabt hätte. Denn ob und ggf. in welchem Umfang der Leistungsempfänger bei rechtzeitiger Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung Anspruch auf Wohngeld gehabt hätte und ob dieser Anspruch ggf. nachträglich noch realisiert werden könne, sei vom Kläger nicht dargelegt worden und wäre ggf. im Verhältnis zur Wohngeldstelle bzw. vor den Verwaltungsgericht zu klären. Jedenfalls sei die vom Kläger vorgenommene Auslegung mit dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. nicht vereinbar (vgl. SG Duisburg, Urteil vom 22. Januar 2016 – S 14 KN 42/12 -, zitiert nach juris). Der gesetzgeberische Wille komme sowohl in § 40 Abs. 4 SGB II a.F. als auch in § 40a SGB VII klar zum Ausdruck. Die Anwendung des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. sei auf die Fälle des § 50 SGB X beschränkt. § 40a SGB II beziehe sich ausweislich des eindeutigen Wortlauts auf die §§ 102 ff. SGB X.
Der Kläger hat gegen das ihm am 24. August 2017 zugestellte Urteil am 19. September 2017 Berufung eingelegt. Er verweist mit Nachdruck noch einmal auf das o.g. Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen und das Urteil des Bayerischen LSG vom 15. Februar 2017 – L 10 AL 163/16 -. Zweck von § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. sei es gewesen zu bewirken, dass sich der Ausschluss der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Wohngeldgesetz rechtlich und tatsächlich nicht auf die Betroffenen auswirke. Durch die Minderung der von leistungsberechtigten Personen zu erstattenden Leistungen nach dem SGB II hätten diese in pauschalierter Form so gestellt werden sollen, als ob sie Wohngeld erhalten hätten. Eine unterschiedliche Behandlung von Leistungsempfängerinnen und -empfängern, die zu Unrecht erbrachte Leistungen selbst erstatten müssten, und solchen, deren Anspruch auf die Rente aufgrund der erst rückwirkend erfolgenden Bewilligung in Höhe der vom SGB II-Leistungsträger erbrachten Leistungen als erfüllt gelte, könne vom Gesetzgeber kaum gewollt sein.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2017 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2016 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.454,09 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 16. August 2018 einen Erörterungstermin durchgeführt, in welchem die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hat. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 13. September 2018 sein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung des SG ist vorliegend nicht von einer allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, sondern von einer zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG auszugehen. Denn bei verständiger Würdigung des Klagebegehrens (vgl. § 123 SGG) begehrt der Kläger unter Aufhebung des in der Abrechnungsmitteilung der Beklagten vom 31. Mai 2016 enthaltenen Ablehnungsbescheids die vollständige Rentennachzahlung. Bei einer Abrechnungsmitteilung wie der vorliegenden handelt es sich unter Zugrundelegung eines verobjektivierten Empfängerhorizonts um einen rechtsbehelfsfähigen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) (vgl. LSG- Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – L 6 R 453/15 -, zitiert nach juris Rn. 36 ff.). Das hiernach gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 SGG erforderliche Vorverfahren wurde form- und fristgerecht durchgeführt (vgl. 84 Abs. 1 S. 1 SGG), wobei in Ermangelung einer Rechtsbehelfsbelehrung sogar eine einjährige Rechtsbehelfsfrist galt (vgl. § 66 Abs. 2 S. 1 SGG). Jedenfalls im Schreiben des Klägers vom 20. Juni 2016, in welchem er sich gegen die Abrechnungsmitteilung wandte, ist nach Auffassung des Senats ein bescheidungsfähiger Widerspruch zu erkennen. Diesen wies die Beklagte dann mit Schreiben vom 19. Juli 2016 der Sache nach als unbegründet zurück, indem sie darin ausführte, dass nach dem Ergebnis einer von der Beklagten vorgenommenen Überprüfung die Abrechnung des Erstattungsanspruchs korrekt erfolgt sei und es bei der Abrechnung vom 31. Mai 2016 verbleibe. Die hierdurch in Gang gesetzte Klagefrist beträgt zwar grundsätzlich einen Monat, vgl. § 87 Abs. 1 S. 1 SGG, wurde aber mit Klageeinreichung am 31. August 2016 gewahrt, weil in Ermangelung einer im Widerspruchsbescheid enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung auch hier eine einjährige Rechtsbehelfsfrist zugrunde zu legen war (vgl. § 66 Abs. 2 S. 1 SGG).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, weil die Berufung aus den im Übrigen zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich nach Auffassung des Senats eine direkte Anwendung des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. (bzw. § 40 Abs. 9 S. 1 SGB II in der vom 01. August 2016 bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung) schon angesichts der Wortlautgrenze verbietet. Bei der Auslegung der Norm bildet der aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem besonderen Sprachgebrauch des Gesetzes und dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch zu entnehmende Wortsinn den Ausgangspunkt und bestimmt zugleich die Grenze der Auslegung (vgl. Larenz/ Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 2007, S. 163 ff.). Dabei gehen dem allgemeinen Sprachgebrauch der besondere Sprachgebrauch des Gesetzes und der allgemeine juristische Sprachgebrauch vor (Larenz/ Canaris, a.a.O., S. 145, 164). Da hier § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. expressis verbis eben nur die Fälle des § 50 SGB X anspricht, lässt der Wortlaut eine Verallgemeinerung auf Fälle der Erstattung unterschiedlicher Leistungsträger untereinander von vornherein nicht zu. Auch der systematische Zusammenhang zu § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. (bzw. § 40 Abs. 9 S. 2 SGB II in der vom 01. August 2016 bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung) lässt keinen anderen Schluss zu. Nach dieser Vorschrift gilt § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. nicht in den Fällen fehlenden Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 4 SGB X sowie in Fällen, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird. Mit dieser Bezugnahme auf §§ 45, 48 SGB X werden gleichsam nur die Fälle der Rücknahme und der nachträglichen Aufhebung von Leistungsverwaltungsakten des Fürsorgeleistungserbringers im Leistungsverhältnis zum Fürsorgeleistungsberechtigten angesprochen. Gegen die Verallgemeinerungsfähigkeit des in § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. enthaltenen Rechtsgedankens spricht mithin ferner, dass bereits in den in § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. genannten Fällen die Anwendung von § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. ausgeschlossen wird, also der Gesetzgeber selbst von vornherein von einem eingeschränkten Geltungsbereich der Vorschrift ausgeht.
Die Voraussetzungen einer hiernach allenfalls analog denkbaren Anwendung (so im Ansatz zutreffend auch Bayerisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2017 – L 10 AL 163/16 -, zitiert nach juris Rn. 23) liegen nicht vor. Es ist bereits nichts für eine planwidrige Regelungslücke ersichtlich, wenn man § 40 Abs. 4 SGB II a.F. nicht auf Fälle wie den vorliegenden anwenden würde. Der eindeutig im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommende Plan des Gesetzgebers war es, die Einschränkung der Rückforderung auf bestimmte Erstattungsfälle nach § 50 SGB X zu beschränken. Anderenfalls wäre es ihm unbenommen gewesen, eine derartige Regelung, wenn er sie den gewollt hätte, in den unmittelbar benachbarten § 40a SGB II mitaufzunehmen. Die Analogie allein mit dem Zweck des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. zu begründen, überzeugt dogmatisch nicht (so aber Bayerisches LSG, a.a.O.). Im Übrigen wäre auch die Interessenlage nicht vergleichbar. In den Fällen des § 50 SGB X kommt es zu einem Leistungsentzug; hier tritt über den Erstattungsregelungskomplex der §§ 40a SGB II, 103 ff. SGB X letztlich der Sache nach eine Leistung an die Stelle der anderen. Also kommt es gerade nicht zu einer Leistungsaufhebung, welche die Grundlage für eine Leistungsrückforderung nach § 50 SGB X bietet. So gesehen erscheint es gerade nicht geboten, einem Rentenbezieher wie dem Kläger die Bewilligung der KdU nur deshalb zum Teil zu belassen, weil er zuvor Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Vorschriften des SGB II bezog, die er nicht bezogen hätte, wenn er von Anfang an die vorrangige Rente bezogen hätte. Die fehlende Vergleichbarkeit der Interessenlage zeigt sich auch daran, dass § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. eine Begünstigung im Fürsorgeleistungsverhältnis enthält, um dem mit der Gewährung von Alg II verbundenen Verlust eines etwaigen – ebenfalls fürsorgerechtlichen - Wohngeldanspruchs pauschaliert Rechnung zu tragen. Seine Übertragung auf den vorliegenden Fall würde indes zu einem höheren Rentennachzahlungsanspruch, d.h. zu einem Anspruch auf eine höhere Versicherungsleistung führen.
Im Übrigen hatte der Gesetzgeber zwischenzeitlich eine Neuregelung im Fürsorgeleistungsbereich dahingehend vorgenommen, dass er die in § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. bzw. § 40 Abs. 9 S. 1 SGB II getroffene Privilegierung bzgl. der Rückzahlungsverpflichtung von KdU gänzlich aufgehoben und durch Neufassung von § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) letztlich die Möglichkeit eine rückwirkenden Bewilligung von Wohngeld u.a. in den Fällen des Nachrangs des Arbeitslosengeld II nach § 104 SGB X bzw. § 40a SGB II eröffnet hat (vgl. § 8 Abs. 1 S. 3 Zif. 4 WoGG in der ab dem 01. Januar 2016 geltenden Fassung). Sofern die dem Kläger rückwirkend ab dem 01. Januar 2016 bewilligte Rentenleistung nicht zur Deckung seiner Unterkunftskosten nach den Bedürftigkeitskriterien des WoGG ausgereicht hätte, wozu es hier an Anhaltspunkten fehlt, hätte er bei der Wohngeldstelle zumindest für die Zeit ab dem 01. Januar 2016 noch Wohngeld beantragen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG erkennbar ist. Insbesondere ist die Sache angesichts der bereits abgelaufenen Rechtslage nicht von grundsätzlicher Bedeutung i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die weitergehende Auszahlung einer rückwirkenden Rentengewährung.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Mai 2016 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnend ab dem 01. April 2015 mit monatlichen Zahlbeträgen in Höhe von 887,77 EUR ab April 2015, in Höhe von 906,41 EUR ab Juni 2015 und 945,00 EUR ab Juli 2016. Sie setzte den Nachzahlungsbetrag für die Zeit von April 2015 bis Juni 2016 auf 13.540,23 EUR fest und verfügte, dass die Nachzahlung vorläufig nicht ausgezahlt werde. Unter dem 31. Mai 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das JobCenter einen Erstattungsanspruch von 7.808,59 EUR geltend gemacht habe und der Restbetrag zuzüglich Zinsen nunmehr auf das Konto des Klägers überwiesen werde.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2016 und machte einen höheren Auszahlungsbetrag geltend. Das JobCenter habe gegen die Beklagte lediglich einen Erstattungsanspruch gemäß § 104 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) i.V.m. § 40a des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) in Höhe von 6.354,50 EUR. Erfüllungswirkung gemäß § 107 Abs. 1 SGB X sei somit nur hinsichtlich dieses Betrags eingetreten. Gemäß § 40 Abs. 4 SGB II seien 56 % der bei der Berechnung der Arbeitslosengelds II berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft und Heizung (KdU) nicht zu erstatten. Diesbezüglich sei auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 29. April 2015 - L 2 R 237/13 – zu verweisen. Der Kläger habe – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - vom JobCenter Arbeitslosengeld II (Alg II) i.H.v. 590,97 EUR (KdU i.H.v. 191,97 EUR) für die Monate April 2015 sowie Juni bis Dezember 2015, i.H.v. 100,98 EUR (KdU i.H.v. 100,98 EUR) für Mai 2015 sowie i.H.v. 595,97 EUR (KdU i.H.v. 191,97 EUR) für die Monate Januar bis Mai 2016 erhalten. Der von den KdU wegen der 56 %-Regelung nicht ans JobCenter zu erstattende Betrag belaufe sich auf insgesamt 1.454,09 EUR, der mithin noch an den Kläger auszuzahlen sei. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 19. Juli 2016 mit, dass nach dem Ergebnis einer von der Beklagten vorgenommenen Überprüfung die Abrechnung des Erstattungsanspruchs korrekt erfolgt sei. Entgegen der Auffassung des Klägers seien 56 % der KdU nicht im Hinblick auf § 40 Abs. 4 SGB II von der Erstattung ans JobCenter ausgenommen. Es verbleibe bei der Abrechnung vom 31. Mai 2016.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 31. August 2016 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und mit im Wesentlichen gleichbleibendem Vorbringen gegenüber der Beklagten die Zahlung von 1.454,09 EUR geltend gemacht. Nachdem sich die Beteiligten unter dem 29. November und 07. Dezember 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, hat das SG die Klage im Wege schriftlicher Entscheidung mit Urteil vom 17. August 2017 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.454,09 EUR habe, weil dem JobCenter auch insofern ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zugestanden habe, weshalb der Anspruch des Klägers gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt gelte. Hier folge der Erstattungsanspruch des JobCenters gegen die Beklagte aus § 40a SGB II i.V.m. § 104 SGB X, ohne nach dem für andere Leistungszeiträume geltenden § 79 Abs. 1 SGB II entfallen zu sein. Die Höhe des Erstattungsanspruchs sei ausgehend von den dem Kläger in der Zeit von April 2015 bis Juni 2016 bewilligten Arbeitslosengeld II-Leistungen in Höhe eines Gesamtbetrags von 7.808,59 EUR nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger diesbezüglich vorbringe, der Erstattungsanspruch des JobCenters sei im Hinblick auf § 40 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (a.F.) nicht vollständig zu befriedigen, wonach 56 % der Unterkunftskosten nicht zu erstatten seien und beim Kläger zu verbleiben hätten, sei dem nicht zu folgen. § 40 Abs. 4 SGB II a.F., der im Zeitpunkt des Entstehens der Erstattungsforderung gegolten habe und somit auf den hiesigen Sachverhalt Anwendung finde, bestimme, dass abweichend von § 50 SGB X 56% der bei der Berechnung des Arbeitslosegelds II und des Sozialgeldes berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft nicht zu erstatten seien. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei in Konstellationen wie der hier zu entscheidenden jedoch nicht eröffnet. Es liege kein Fall des § 50 SGB X vor, weil weder nach Leistungserbringung ein Verwaltungsakt aufgehoben worden sei noch Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden seien. Der Auffassung des Klägers und damit auch der vom LSG Niedersachsen-Bremen vertretenen Rechtsansicht (vgl. hierzu Urteil von 29. April 2015 – L 2 R 237/13 -, zitiert nach juris) sei nicht zu folgen. Dabei könne offen bleiben, ob es tatsächlich zu sachwidrigen Ergebnissen führen würde, wenn zu vernachlässigen wäre, dass der Versicherte bei zeitnaher Rentengewährung neben den Rentenleistungen auch noch einen Anspruch auf weitere Sozialleistungen in Form von Wohngeld gehabt hätte. Denn ob und ggf. in welchem Umfang der Leistungsempfänger bei rechtzeitiger Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung Anspruch auf Wohngeld gehabt hätte und ob dieser Anspruch ggf. nachträglich noch realisiert werden könne, sei vom Kläger nicht dargelegt worden und wäre ggf. im Verhältnis zur Wohngeldstelle bzw. vor den Verwaltungsgericht zu klären. Jedenfalls sei die vom Kläger vorgenommene Auslegung mit dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. nicht vereinbar (vgl. SG Duisburg, Urteil vom 22. Januar 2016 – S 14 KN 42/12 -, zitiert nach juris). Der gesetzgeberische Wille komme sowohl in § 40 Abs. 4 SGB II a.F. als auch in § 40a SGB VII klar zum Ausdruck. Die Anwendung des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. sei auf die Fälle des § 50 SGB X beschränkt. § 40a SGB II beziehe sich ausweislich des eindeutigen Wortlauts auf die §§ 102 ff. SGB X.
Der Kläger hat gegen das ihm am 24. August 2017 zugestellte Urteil am 19. September 2017 Berufung eingelegt. Er verweist mit Nachdruck noch einmal auf das o.g. Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen und das Urteil des Bayerischen LSG vom 15. Februar 2017 – L 10 AL 163/16 -. Zweck von § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. sei es gewesen zu bewirken, dass sich der Ausschluss der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Wohngeldgesetz rechtlich und tatsächlich nicht auf die Betroffenen auswirke. Durch die Minderung der von leistungsberechtigten Personen zu erstattenden Leistungen nach dem SGB II hätten diese in pauschalierter Form so gestellt werden sollen, als ob sie Wohngeld erhalten hätten. Eine unterschiedliche Behandlung von Leistungsempfängerinnen und -empfängern, die zu Unrecht erbrachte Leistungen selbst erstatten müssten, und solchen, deren Anspruch auf die Rente aufgrund der erst rückwirkend erfolgenden Bewilligung in Höhe der vom SGB II-Leistungsträger erbrachten Leistungen als erfüllt gelte, könne vom Gesetzgeber kaum gewollt sein.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2017 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2016 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.454,09 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 16. August 2018 einen Erörterungstermin durchgeführt, in welchem die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hat. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 13. September 2018 sein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung des SG ist vorliegend nicht von einer allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, sondern von einer zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG auszugehen. Denn bei verständiger Würdigung des Klagebegehrens (vgl. § 123 SGG) begehrt der Kläger unter Aufhebung des in der Abrechnungsmitteilung der Beklagten vom 31. Mai 2016 enthaltenen Ablehnungsbescheids die vollständige Rentennachzahlung. Bei einer Abrechnungsmitteilung wie der vorliegenden handelt es sich unter Zugrundelegung eines verobjektivierten Empfängerhorizonts um einen rechtsbehelfsfähigen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) (vgl. LSG- Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – L 6 R 453/15 -, zitiert nach juris Rn. 36 ff.). Das hiernach gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 SGG erforderliche Vorverfahren wurde form- und fristgerecht durchgeführt (vgl. 84 Abs. 1 S. 1 SGG), wobei in Ermangelung einer Rechtsbehelfsbelehrung sogar eine einjährige Rechtsbehelfsfrist galt (vgl. § 66 Abs. 2 S. 1 SGG). Jedenfalls im Schreiben des Klägers vom 20. Juni 2016, in welchem er sich gegen die Abrechnungsmitteilung wandte, ist nach Auffassung des Senats ein bescheidungsfähiger Widerspruch zu erkennen. Diesen wies die Beklagte dann mit Schreiben vom 19. Juli 2016 der Sache nach als unbegründet zurück, indem sie darin ausführte, dass nach dem Ergebnis einer von der Beklagten vorgenommenen Überprüfung die Abrechnung des Erstattungsanspruchs korrekt erfolgt sei und es bei der Abrechnung vom 31. Mai 2016 verbleibe. Die hierdurch in Gang gesetzte Klagefrist beträgt zwar grundsätzlich einen Monat, vgl. § 87 Abs. 1 S. 1 SGG, wurde aber mit Klageeinreichung am 31. August 2016 gewahrt, weil in Ermangelung einer im Widerspruchsbescheid enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung auch hier eine einjährige Rechtsbehelfsfrist zugrunde zu legen war (vgl. § 66 Abs. 2 S. 1 SGG).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, weil die Berufung aus den im Übrigen zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich nach Auffassung des Senats eine direkte Anwendung des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. (bzw. § 40 Abs. 9 S. 1 SGB II in der vom 01. August 2016 bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung) schon angesichts der Wortlautgrenze verbietet. Bei der Auslegung der Norm bildet der aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem besonderen Sprachgebrauch des Gesetzes und dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch zu entnehmende Wortsinn den Ausgangspunkt und bestimmt zugleich die Grenze der Auslegung (vgl. Larenz/ Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 2007, S. 163 ff.). Dabei gehen dem allgemeinen Sprachgebrauch der besondere Sprachgebrauch des Gesetzes und der allgemeine juristische Sprachgebrauch vor (Larenz/ Canaris, a.a.O., S. 145, 164). Da hier § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. expressis verbis eben nur die Fälle des § 50 SGB X anspricht, lässt der Wortlaut eine Verallgemeinerung auf Fälle der Erstattung unterschiedlicher Leistungsträger untereinander von vornherein nicht zu. Auch der systematische Zusammenhang zu § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. (bzw. § 40 Abs. 9 S. 2 SGB II in der vom 01. August 2016 bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung) lässt keinen anderen Schluss zu. Nach dieser Vorschrift gilt § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. nicht in den Fällen fehlenden Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 4 SGB X sowie in Fällen, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird. Mit dieser Bezugnahme auf §§ 45, 48 SGB X werden gleichsam nur die Fälle der Rücknahme und der nachträglichen Aufhebung von Leistungsverwaltungsakten des Fürsorgeleistungserbringers im Leistungsverhältnis zum Fürsorgeleistungsberechtigten angesprochen. Gegen die Verallgemeinerungsfähigkeit des in § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. enthaltenen Rechtsgedankens spricht mithin ferner, dass bereits in den in § 40 Abs. 4 S. 2 SGB II a.F. genannten Fällen die Anwendung von § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. ausgeschlossen wird, also der Gesetzgeber selbst von vornherein von einem eingeschränkten Geltungsbereich der Vorschrift ausgeht.
Die Voraussetzungen einer hiernach allenfalls analog denkbaren Anwendung (so im Ansatz zutreffend auch Bayerisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2017 – L 10 AL 163/16 -, zitiert nach juris Rn. 23) liegen nicht vor. Es ist bereits nichts für eine planwidrige Regelungslücke ersichtlich, wenn man § 40 Abs. 4 SGB II a.F. nicht auf Fälle wie den vorliegenden anwenden würde. Der eindeutig im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommende Plan des Gesetzgebers war es, die Einschränkung der Rückforderung auf bestimmte Erstattungsfälle nach § 50 SGB X zu beschränken. Anderenfalls wäre es ihm unbenommen gewesen, eine derartige Regelung, wenn er sie den gewollt hätte, in den unmittelbar benachbarten § 40a SGB II mitaufzunehmen. Die Analogie allein mit dem Zweck des § 40 Abs. 4 SGB II a.F. zu begründen, überzeugt dogmatisch nicht (so aber Bayerisches LSG, a.a.O.). Im Übrigen wäre auch die Interessenlage nicht vergleichbar. In den Fällen des § 50 SGB X kommt es zu einem Leistungsentzug; hier tritt über den Erstattungsregelungskomplex der §§ 40a SGB II, 103 ff. SGB X letztlich der Sache nach eine Leistung an die Stelle der anderen. Also kommt es gerade nicht zu einer Leistungsaufhebung, welche die Grundlage für eine Leistungsrückforderung nach § 50 SGB X bietet. So gesehen erscheint es gerade nicht geboten, einem Rentenbezieher wie dem Kläger die Bewilligung der KdU nur deshalb zum Teil zu belassen, weil er zuvor Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Vorschriften des SGB II bezog, die er nicht bezogen hätte, wenn er von Anfang an die vorrangige Rente bezogen hätte. Die fehlende Vergleichbarkeit der Interessenlage zeigt sich auch daran, dass § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. eine Begünstigung im Fürsorgeleistungsverhältnis enthält, um dem mit der Gewährung von Alg II verbundenen Verlust eines etwaigen – ebenfalls fürsorgerechtlichen - Wohngeldanspruchs pauschaliert Rechnung zu tragen. Seine Übertragung auf den vorliegenden Fall würde indes zu einem höheren Rentennachzahlungsanspruch, d.h. zu einem Anspruch auf eine höhere Versicherungsleistung führen.
Im Übrigen hatte der Gesetzgeber zwischenzeitlich eine Neuregelung im Fürsorgeleistungsbereich dahingehend vorgenommen, dass er die in § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. bzw. § 40 Abs. 9 S. 1 SGB II getroffene Privilegierung bzgl. der Rückzahlungsverpflichtung von KdU gänzlich aufgehoben und durch Neufassung von § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) letztlich die Möglichkeit eine rückwirkenden Bewilligung von Wohngeld u.a. in den Fällen des Nachrangs des Arbeitslosengeld II nach § 104 SGB X bzw. § 40a SGB II eröffnet hat (vgl. § 8 Abs. 1 S. 3 Zif. 4 WoGG in der ab dem 01. Januar 2016 geltenden Fassung). Sofern die dem Kläger rückwirkend ab dem 01. Januar 2016 bewilligte Rentenleistung nicht zur Deckung seiner Unterkunftskosten nach den Bedürftigkeitskriterien des WoGG ausgereicht hätte, wozu es hier an Anhaltspunkten fehlt, hätte er bei der Wohngeldstelle zumindest für die Zeit ab dem 01. Januar 2016 noch Wohngeld beantragen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG erkennbar ist. Insbesondere ist die Sache angesichts der bereits abgelaufenen Rechtslage nicht von grundsätzlicher Bedeutung i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
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