L 18 AL 109/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 84 AL 3147/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 109/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 2/20 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu er-statten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist (noch) die Erstattung eines Betrages iHv 802,72 EUR aufgrund der Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 18. Januar 2014 bis 15. Februar 2014.

Die Klägerin war bis 17. Januar 2014 bei der M P GmbH (im Folgenden: Arbeitgebe-rin) in Berlin beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis am 13. Ja-nuar 2014 zum 17. Januar 2017. In dem Verfahren auf die hiergegen eingelegte Kündigungsschutzklage einigte sich die Klägerin mit der Arbeitgeberin vor dem Ar-beitsgericht (ArbG) Berlin (41 Ca 1477/14) am 28. Februar 2014 dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund fristgemäßer Kündigung mit Ablauf des 15. Februar 2014 geendet habe. In Ziffer 2 des Vergleiches wurde vereinbart:

"Die Bekl. verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ord-nungsgemäß (nachträglich) abzurechnen und den sich daraus ergebenden Nettobe-trag unter Berücksichtigung etwaiger Forderungsübergänge (Arbeitsamt/Kranken-kasse/Sozialamt) an d. Klg. zur Auszahlung zu bringen".

Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf deren Antrag und die Arbeitslosmeldung mWv 18. Januar 2014 für die Zeit ab 18. Januar 2014 iH eines täglichen Leistungs-betrages von 27,68 EUR vorläufig bis 16. April 2015 (Bescheid vom 6. Februar 2014). Nach Vorlage der auf den arbeitsgerichtlichen Vergleich korrigierten Arbeitsbeschei-nigung und des ArbG-Protokolls vom 28. Februar 2014 machte die Beklagte gegen-über der Arbeitgeberin den iH des für die Zeit vom 18. Januar 2014 bis 15. Februar 2014 gezahlten Alg (802,72 EUR) übergegangenen Anspruch auf Arbeitsentgelt geltend (Schreiben vom 10. April 2014). Der für den in Rede stehenden Zeitraum bestehende Gehaltsanspruch der Klägerin (für die Zeit vom 13. Januar 2014 bis 15. Februar 2014 brutto = 2.493,33 EUR) ist in voller Höhe an diese ausgezahlt worden, was die Arbeitgeberin unter dem 21. Mai 2014 mit dem Hinweis bestätigte, die Beklagte möge sich hinsichtlich des für den genannten Zeitraums gezahlten Alg an die Klägerin wenden.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. Mai 2014 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 25. August 2014 hob die Beklagte die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 18. Januar 2014 bis 15. Februar 2014 auf und forderte Erstattung des insoweit gezahlten Alg iHv 802,72 EUR, weil die Arbeitgeberin den Betrag nicht von dem zu zahlenden Arbeitsentgelt für diesen Zeitraum abgezogen und die Klägerin daher Arbeitsentgelt in voller Höhe und Alg erhalten habe.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat den zunächst ebenfalls angefochtenen weiteren Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. Mai 2014 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 25. August 2014 für die Zeit vom 1. Februar bis 28. Februar 2014 (55,36 EUR) aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 22. Mai 2017). Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei insoweit unbe-gründet. Der angegriffene, den Ruhenszeitraum vom 18. Januar 2014 bis 15. Febru-ar 2014 betreffende Bescheid vom 21. Mai 2014 sei in einen Erstattungsbescheid nach Maßgabe von § 157 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) umzudeuten. Diese Entscheidung der Beklagten sei rechtmäßig. Denn gemäß § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III habe der Arbeitslose, der das Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber tatsächlich erhalten habe, weil der Arbeitgeber mit befreiender Wirkung an ihn gezahlt habe, dieses insoweit der Beklagten zu erstatten. Vorliegend habe die Arbeitgeberin das der Klägerin für den Zeitraum vom 18. Januar 2014 bis 15. Februar 2014 zustehende Arbeitsentgelt trotz des kraft Gesetzes erfolgten Anspruchsüberganges an den Beklagten nach § 115 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) an diese mit befreiender Wirkung ausgezahlt, weil die Beklagte diese Zahlung genehmigt habe. Nach vollständiger Auszahlung des Arbeitsentgelts an die Klägerin habe die Beklagte auch nur noch diese in Anspruch nehmen können. Unerheblich sei, dass die Arbeitgeberin ggf vom Alg-Bezug bzw vom Forderungsübergang Kenntnis gehabt habe.

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Soweit das SG die Rechtsgrundlage des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides im § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III sehe, übersehe es, dass sich der Bescheid auf § 48 SGB X stütze und bereits insofern rechtsfehlerhaft sei, als die Voraussetzungen des § 48 SGB X nicht gegeben seien (Bezugnahme auf Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Februar 2003 – L 13 AL 4706/01 – juris). Das SG habe auch nicht beachtet, dass die Voraussetzungen des § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht gegeben seien, denn es gehe zu Unrecht davon aus, dass die Arbeitgeberin trotz des am 28. Februar 2014 vor dem ArbG Berlin geschlossenen arbeitsgerichtli-chen Vergleiches an sie mit befreiender Wirkung geleistet habe. Dies sei aufgrund des geschlossenen Vergleichs gar nicht möglich. Das SG gehe ferner in der Annah-me fehl, dass die Arbeitgeberin keine positive Kenntnis vom Anspruchsübergang ge-habt habe. Die Beklagte habe bereits mit Forderungsanzeige vom 7. Februar 2014 den Anspruchsübergang gegenüber der Arbeitgeberin angezeigt, worüber ggf Beweis zu erheben sei durch die betreffende Sachbearbeiterin der Beklagten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin 22. Mai 2017 zu ändern und den Aufhe-bungs- und Erstattungsbescheid vom der Beklagten vom 21. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2014 auch hinsichtlich des Zeitraums vom 18. Januar 2014 bis 15. Februar 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Leistungsakte der Beklagten so-wie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewe-sen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel ein-stimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich ge-halten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte kann von der Klägerin Zahlung von 802,72 EUR (29 Tage x 27,68 EUR) verlangen. Zwar folgt die Rechtsgrundlage hierfür nicht aus § 50 SGB X, da vorliegend zutreffend eine Gleichwohlgewährung von Alg für den streitigen Zeitraum erfolgte (vgl § 157 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Die Erstattungsforderung ergibt sich aber aus § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III, da die Arbeitgeberin trotz des Rechtsübergangs des Anspruchs auf Arbeitsentgelt auf die Beklagte - nach Genehmigung durch die Beklagte – iH des genannten Betrages mit befreiender Wirkung an die Klägerin gezahlt hat. Der angefochtene, fehlerhaft auf die §§ 48,50 SGB X gestützte Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist insoweit in Anwendung von § 43 Abs. 1 SGB X in einen Erstattungsbescheid nach § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III umzudeuten. Ein Austausch der Rechtgrundlagen ist insofern unbedenklich, da es sich bei keiner der beiden Vorschriften um eine Ermessensnorm handelt und die Zielrichtung, nämlich die Erstattung von Alg, in jedem Fall die gleiche ist. Aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (vgl aaO) folgt nichts Anderes. Denn dieses hat eine Umdeutung der zu Unrecht auf die §§ 45 ff SGB X gestützten Aufhebungsentscheidung und der ebenfalls zu Unrecht mit § 50 SGB X begründeten Erstattungsentscheidung in eine solche nach § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III (seinerzeit § 117 Abs. 4 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz) allein deshalb – und insoweit auch zutreffend – ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift – anders als hier - nicht erfüllt waren (vgl zur möglichen Umdeutung auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. Juni 2002 – B 7 AL 108/01 R = SozR 3-4300 § 143 Nr 4 - Rn 36, wonach jeweils nur anhand der objektiven Gegebenheiten zu entscheiden ist, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind).

Zweifel am objektiven Vorliegen einer Gleichwohlgewährung im Hinblick auf das - zunächst und jedenfalls bis zum Vergleichsschluss am 28. Februar 2014 - nicht ge-zahlte Arbeitsentgelt für die Zeit vom 18. Januar 2014 bis 15. Februar 2014 bestehen beim Senat nicht. Dazu wurde auch von der Klägerin nichts vorgetragen.

Der Erstattungsanspruch nach § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III setzt voraus, dass die Klägerin bei Bewilligung des Alg für den in Rede stehenden Zeitraum Arbeitsentgelt zu beanspruchen hatte, das sie zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch nicht erhalten hat; in diesem Fall wird das Alg iS der Gleichwohlgewährung nach § 157 Abs. 3 Satz 1 SGB III auch in der Zeit gewährt, in der der Anspruch auf Alg gemäß § 157 Abs. 1 SGB III ruht. Bei dieser sogenannten Gleichwohlgewährung tritt wirtschaftlich betrachtet die Beklagte iH des Alg in Vorleistung für den Arbeitgeber (vgl BSGE 60, 168, 171 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 3-4100 § 117 Nr 6 mwN); dafür geht der Anspruch des Arbeitslosen auf Arbeitsentgelt iH des Alg auf die Beklagte über (§ 115 Abs. 1 SGB X; vgl BSGE 72, 111, 114 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9; SozR 3-4100 § 117 Nr 11 mwN). Hat der Arbeitgeber trotz dieses Rechtsübergangs das Arbeits-entgelt mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen gezahlt, hat der Empfänger des Alg nach § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III dieses insoweit zu erstatten. Der Empfänger des Alg, regelmäßig der Arbeitslose, hat in diesen Fällen in Wirklichkeit iH des erhal-tenen Alg an die Beklagte zu zahlen, was dieser aufgrund des gesetzlichen An-spruchsübergangs zugestanden hat (vgl BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 6 mwN; SozR 3-4100 § 117 Nr 18).

Die vorgenannten Voraussetzungen waren hier erfüllt. Mit der Zahlung des Alg ging der Anspruch auf die Arbeitgeberleistung gemäß § 115 SGB X iH des Alg auf die Be-klagte über (vgl schon BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 11, S 77 mwN), die ihrerseits nach § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III von der Klägerin Erstattung des Alg verlangen kann, weil die Arbeitgeberin später die geschuldete Leistung trotz des Rechtsüber-gangs mit befreiender Wirkung an die Klägerin ausgezahlt hat. Dabei kann dahinste-hen, ob die Voraussetzungen der §§ 412, 407 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor-lagen, wofür der Umstand sprechen könnte, dass – wovon die Klägerin ausgeht - die Beklagte der Arbeitgeberin bereits mit einem – in den Akten der Beklagten nicht ent-haltenen – Schreiben vom 7. Februar 2014, dh vor der Zahlung des Arbeitsentgelts, den Übergang des Arbeitsentgeltanspruchs angezeigt habe. Der diesbezüglich von der Klägerin beantragten weiteren Beweiserhebung bedarf es aber nicht. Denn je-denfalls ist mit der – konkludent durch die entsprechende Rückforderung von der Klägerin bzw schon mit der Mitteilung an die Arbeitgeberin vom 24. Juni 2014, das Schreiben vom 10. April 2014 als gegenstandslos anzusehen, erfolgten (vgl hierzu BSG, Urteil vom 14. September 1990 – 7 RAr 128/99 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3 – Rn 34) - Genehmigung der Beklagten der im Vergleich vereinbarte Arbeitsentgeltan-spruch iH des gezahlten Alg durch Erfüllung (§§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB) unter-gegangen, und zwar mit Wirkung auf den Zeitpunkt der Zahlung des Arbeitsentgelts (entsprechend § 184 BGB). Die Genehmigung kann konkludent erklärt werden und zwar sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber dem Arbeitnehmer (vgl BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 - B 11 AL 7/99 R = SozR 3-4100 § 117 Nr 18; Urteil vom 29. August 1991 – 7 RAr 130/90 = SozR 3-4100 § 117 Nr. 6). Nach der Rspr des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, sind damit die Voraus-setzungen des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG erfüllt (vgl etwa BSGE 67, 221, 226 ff = SozR 3-4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 3-4100 § 117 Nrn 7 und 11). Eine besondere Schutzwürdigkeit des Arbeitslosen für den Fall der Zahlung von Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber an ihn trotz erfolgter Alg-Zahlung ist ohnehin nicht erkennbar; denn der Arbeitslose hat eine doppelte Leistung erhalten. Ihm dürfte im Allgemeinen auch vorzuhalten sein, wissen zu müssen, dass ihm nicht gleichzeitig ungeschmälert Alg und Arbeitsentgelt zusteht (vgl BSGE 67, 221, 228 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3). Zu-dem erleidet der Arbeitslose im Falle der Erstattung des Alg keine weiteren Nachtei-le; sein Anspruch auf Alg verlängert sich um die Tage, für die der Arbeitslose der Beklagten Alg erstattet hat (vgl hierzu nur BSG, Urteil vom 23. Juli 1998 mwN - B 11 AL 97/97 R - juris), und die Zeit des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses mit Anspruch auf Arbeitsentgelt dient der Begründung einer neuen Anwartschaft (BSGE 59, 183, 186f = SozR 4100 § 168 Nr 19; BSG SozR 4100 § 117 Nr 18). Nicht zuletzt entspricht die Regelung des § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 2 Nr. 3 SGB X, an dessen Anwendung, gäbe es § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht, gedacht werden müsste, wenn trotz des in § 115 Abs 1 SGB X angeordneten Anspruchsübergangs das Arbeitsentgelt mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen gezahlt worden ist, also maW nachträglich doch die Umstände eingetreten sind, die den Alg-Anspruch gemäß § 157 Abs. 1 SGB III zum Ruhen bringen.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, im Hinblick auf die Fassung des arbeits-gerichtlichen Vergleichs sei der zedierte Anspruch von der Arbeitgeberin gar nicht "bedient" worden, ist dem nicht zu folgen. Maßgeblich ist insoweit, welche Tilgungs-bestimmung die Arbeitgeberin als Schuldnerin gegenüber dem Kläger bei der Zah-lung getroffen hat. Tilgungsbestimmungen (vgl § 366 BGB für den Fall, dass einem Gläubiger mehrere Forderungen gegen denselben Schuldner zustehen) sind einsei-tige empfangsbedürftige Willenserklärungen, auf die die allgemeinen Vorschriften wie zB §§ 133,157 BGB anwendbar sind (vgl BGH, Urteil vom 6. Dezember 1988 – XI ZR 81/88 = BGHZ 106, 163 ff). Entscheidend ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen, wie die Erklärung bei der dem Erklärungsempfänger zumutbaren Sorgfalt zu verstehen ist (Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont, vgl Arnold in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 133 BGB Rn 19). In dem von der Klägerin herangezogenen Fall (Urteil des LSG Baden-Württemberg aaO) ergab sich aus den Umständen (konkretes Zahlenwerk im Vergleich), dass der Arbeitgeber nur den "Spitzbetrag" an den Arbeitnehmer auskehren wollte und auch ausgekehrt hatte. Vorliegend sind dem Vergleich entsprechende konkrete Zahlungsvereinbarungen nicht zu entnehmen. Der Vergleich enthielt keine konkrete Berechnung des auf die Klägerin entfallenden "Spitzbetrages", sondern lediglich den Verweis auf eine ordnungsgemäß zu erstellende Abrechnung unter Berücksichtigung etwaiger Forderungen Dritter. Die Arbeitgeberin hat indes keinen Abzug wegen Forderungsübergangs vorgenommen und wollte mithin die gesamte für die Zeit des Arbeitsverhältnisses entstandene Schuld tilgen und nicht nur einen Teilbetrag an die Klägerin auskehren (vgl. Schreiben des Steuerberaters der Arbeitgeberin vom 21. Mai 2014). Soweit die Klägerin – im Ansatz zutreffend – argumentiert, aufgrund des Vergleichs vom 28. Februar 2014 habe die Arbeitgeberin nur den "Spitzbetrag" an sie auszahlen dürfen, folgt hieraus allenfalls, dass sie mit der abzugslosen Auszahlung ihre Verpflichtungen aus diesem Vertrag verletzt haben könnte. Die Klägerin verkennt, dass selbst die Kenntnis von einer Verpflichtung weder notwendigerweise zu rechtskonformen Verhalten des Schuldners führt noch dass bei einer fehlerbehafteten Leistungsbewirkung diese rechtlich unbeachtlich sein muss. Dies ist im Regelungsbereich des § 157 Abs. 3 SGG III dadurch anerkannt, dass die befreiende Wirkung einer in Kenntnis des Forderungsübergangs – mithin rechtswidrig - erfolgten Zahlung nachträglich durch den "wahren" Gläubiger im Wege einer Genehmigung nach §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB herbeigeführt werden kann.

Der Ruhens- bzw. der Erstattungsbescheid der Beklagten ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin nicht ordnungsgemäß angehört worden ist (§ 24 SGB X). Ein derartiger Verfahrensfehler ist jedenfalls während des Widerspruchsverfah-rens gegen die Bescheide durch Nachholung gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden (vgl BSG, Urteil vom 22. Oktober 1998 – B 7 AL 106/97 R = SozR 3-4100 § 117 Nr. 16). Der angefochtene Bescheid vom 21. Mai 2014 enthält diejenigen Tat-sachen, die nach § 24 Abs 1 SGB X Gegenstand der Anhörung sind (vgl zu dieser Voraussetzung: BSG SozR 1300 § 24 Nr 7; SozR 3-4100 § 117 Nr 11; BSG, Urteil vom 17. Dezember 1997 - 11 RAr 61/97 - juris). Der Inhalt des Bescheids vermittelte der Klägerin hinreichende Kenntnis, um sich zur Ausschöpfung ihres Rechts auf rechtliches Gehör weitere Tatsachenkenntnis zu verschaffen (vgl BSG SozR 1300 § 24 Nrn 4 und 6 mwN). Beurteilungsmaßstab für die Entscheidungserheblichkeit iS des § 24 SGB X ist die Rechtsauffassung der Behörde (vgl BSGE 69, 247, 252 = SozR 3-1300 § 24 Nr 7; BSG SozR 1300 § 24 Nr 9). Die Verwaltung kann den Bür-ger nur zu solchen Umständen hören, die sie selbst als entscheidungserheblich be-trachtet und auf die sie ihre Entscheidung zu stützen gedenkt; ob die Rechtsauffas-sung der Behörde richtig ist, ist hierbei ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG lie-gen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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