L 14 AL 64/14

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 62 AL 1864/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 64/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 14/20 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten - nach Teilstattgabe mit Urteil vom 29. Januar 2014 – noch über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeiträume vom 13. November 2002 bis zum 15. Dezember 2004 sowie über die Erstattung überzahlter Alhi zzgl. der Beiträge zur Kranken (KV)- und Pflegeversicherung (PV).

Der 1966 geborene Kläger ist gelernter Maurer und befand sich seit April 2002 bis zum 31. Dezember 2004 durchgehend im Leistungsbezug der Beklagten. Ab Januar 2006 arbeitete der Kläger bei der Firma P G-, L- und Sbau, Zweigniederlassung der P R-Service GmbH (P GmbH), in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Seit dem 01. November 2001 hatte der Kläger in der P GmbH eine Nebentätigkeit ausgeübt, wobei es sich ausweislich der monatlich bei der Beklagten eingereichten Bescheinigungen über Nebeneinkommen nicht um eine Tätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich handeln sollte.

Am 02. April 2002 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alhi. In diesem und den folgenden Leistungsanträgen vom 28. April 2003 und 30. März 2004 gab der Kläger an, überhaupt keine Beschäftigung/Tätigkeit auszuüben (Antrag vom 02. April 2002) bzw. unter 15 Stunden wöchentlich zu arbeiten (Anträge vom 28. April 2003 und 30. März 2004). Ferner bestätigte er jeweils mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin Alhi für die (noch streitigen) Zeiträume: 13. November 2002 bis 31. Dezember 2002 i. H. v. 927,08 (anteilmäßig (tägl. Leistungssatz 21,56 )), 01. Januar bis 27. April 2003 i. H. v. 2. 483,91 (tägl. Leistungssatz 21,23), 28. April bis 31. Dezember 2003 i. H. v. 5. 168,32 (tägl. Leistungssatz 20,84), 01. Januar bis 27. April 2004 i. H. v. 2. 512,22 (tägl. Leistungssatz 21,29), 28. April bis 31. Dezember 2004 i. H. v. 5. 131, 12 (tägl. Leistungssatz 20,69).

In den monatlich eingereichten Bescheinigungen über Nebeneinkommen aus der Beschäftigung des Klägers bei der P GmbH wurde die Frage, ob eine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang (15 Stunden und mehr wöchentlich) übertragen worden sei, verneint und es wurden dem Kläger zwischen 1,01 und 9 Arbeitsstunden wöchentlich bescheinigt (Arbeitsentgelt max. 162,98 monatlich); allein in der 15. Kalenderwoche 2004 war eine wöchentliche Arbeitsstundenzahl von 16 Stunden bescheinigt worden. Insgesamt gingen Bescheinigung über Nebeneinkommen für die Zeiträume November 2002 bis Dezember 2004 bei der Beklagten ein.

Am 23. Juli 2008 übersandte das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) -HZA- der Beklagten Unterlagen über eine doppelte Lohnbuchführung, Stundenaufzeichnungen und firmeninterne Schwarzgeldlisten, die in einem Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsführer der P GmbH beschlagnahmt worden waren. Hieraus ergab sich, dass der Kläger während des Alhi-Bezuges von der P GmbH im Zeitraum vom 07. November 2002 bis zum 31. Dezember 2004 mit Ausnahme der Monate Januar und Juli 2003 weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 12. 301,23 erhalten und mit Ausnahme der Monate Dezember 2002, Januar, März, Juli 2003, April und Juli 2004 wöchentlich 15 Stunden und mehr und damit über die in den Bescheinigungen über Nebeneinkommen angegebenen Arbeitsentgelts hinaus gearbeitet habe.

Dem Schreiben beigefügt waren im Jahr 2007 bei der P GmbH beschlagnahmte Kopien von monatlichen Lohnabrechnungsunterlagen für die Zeiträume November 2002 bis Dezember 2004, die die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, den tatsächlich gezahlten Lohn, den abgerechneten Lohn enthielten und Schwarzgeldeinnahmen auswiesen. Handschriftlich waren zudem höhere Arbeitszeiten und höhere Arbeitsentgelte des Klägers und anderer Beschäftigter als in den von der P GmbH erstellten Nebenverdienstbescheinigungen angegeben und die Differenz zwischen den tatsächlichen Lohnzahlungen und dem auf die Alhi anrechnungsfreien Betrag errechnet. Auf das Schreiben des HZA vom 23. Juli 2008 nebst Anlagen wird inhaltlich Bezug genommen.

Die Akte der Staatsanwaltschaft Berlin (StA) in dem Ermittlungsverfahren des Klägers 61 JS 2526/09 enthält folgenden Aktenvermerk (auszugsweise): Ein Arbeitnehmer der Firma P erklärte in einer Zeugenaussage vom 11. Januar 2006, dass er seit November 2005 bei dieser Firma arbeitete. Als Lohn erhielt er 99 Euro auf sein Konto überwiesen und den Rest (434, 44 Euro) verspätet schwarz in bar ausgezahlt.

Im Folgenden wurden Ermittlungsverfahren ... gegen die Geschäftsführer der Firma P eingeleitet und Durchsuchungsbeschlüsse ... vollstreckt.

Die Auswertung der Unterlagen ergab, dass die Firma P eine doppelte Lohnabrechnung betrieb, durch die erhebliche Steuer- und Sozialabgaben hinterzogen wurden. Die Arbeitsstunden der Mitarbeiter wurden erfasst und auf einer Liste "vor Kürzung" für den jeweiligen Personalnummernbereich dokumentiert. Aus dieser Liste wurden dann Stunden entfernt, so dass eine zweite Liste "Schluss" ohne die gekürzten Stunden für die offizielle Lohnabrechnung übrig blieb. Der dabei fällige Monatslohn stimmt mit den sichergestellten Lohnzetteln überein.

Die aus der Liste "vor Kürzung" entfernten Stunden wurden dann im Computer monatlich erfasst. Diese Erfassung lief unter dem Namen Selbstkosten (SK). So konnten in den Computerdaten der Firma vollständige SK-Dateien von 1998 bis zum August 2006 sichergestellt werden, die die Abrechnung der Schwarzzahlungen an die jeweiligen Arbeitnehmer dokumentieren.

Für jeden schwarz auszuzahlenden Arbeitnehmer wurden die aus der Liste "vor Kürzung" entfernten Stunden der jeweiligen Personalnummerngruppe und der jeweiligen Kostenstelle zugewiesen und ein Gesamtbetrag SK für den Arbeitnehmer errechnet. Dieser entspricht dem Unterschiedsbetrag aus dem Monatslohn aus der Liste "vor Kürzung" und dem der endgültigen Lohnabrechnung (Liste "Schluss"). Weiter wurden diese SK -Beträge auf einer monatlichen Gesamtliste in dieser Datei zusammengetragen und den jeweiligen Auszahlungsterminen zugewiesen. Bestandteil dieser Tabelle ist auch ein Feld "Unterschrift für den Empfang des Betrages".

Diese Liste wurde ausgedruckt und bei Auszahlung durch den Mitarbeiter oder den zuständigen Bereichsleiter für den Empfang quittiert. Es konnten auch Listen in den Akten sichergestellt werden, die dokumentieren, wie die bar ausgezahlten Beträge (für Arbeitnehmer ohne Konto) und die schwarz gezahlten Beträge in Münzen und Scheinen auszuzahlen waren.

Den Arbeitnehmern, die im Zeitraum ihrer Beschäftigung Leistungsempfänger waren, wurde der Lohn auf die jeweilige Hinzuverdienstgrenze gekürzt und falsche Nebenverdienstbescheinigungen ausgefüllt, durch die die Arbeitnehmer bei verschiedenen Sozialleistungsträgern zu Unrecht Leistungen kassierten.

Die Auswertung der Unterlagen ergab, dass Herr F im Zeitraum November 2002 bis Dezember 2002, Februar bis Juni 2003, August 2003 bis Dezember 2005 falsche Angaben bezüglich Umfang der Nebentätigkeit und Höhe des Nebenverdienstes gegenüber dem Leistungsträger machte.

Im Zuge der umfangreichen strafrechtlichen Ermittlungen wurden die leitenden Mitarbeiter der P GmbH vernommen. So gab der ehemalige Personalleiter T in seiner Beschuldigtenvernehmung durch das HZA am 15. September 2008 an (auszugsweise):

" ... Die Lohnabrechnung erfolgte nach Zuarbeit von den Bereichsleitern (tatsächlich geleistete Stunden in Saphir eingearbeitet) durch Herrn L und mich ..., dann wurden die gesamten Eingaben in Zusammenarbeit mit Herrn S kontrolliert, er traf dann auch eigenständig im speziellen Grünbereich Stundenkürzungen, Lohnkürzungen für die so genannten SK-Listen ...

In seiner Zeugenvernehmung vor dem 29. Senat des Landessozialgerichts Berlin- Brandenburg (LSG - L 29 AL 317/11 -) hat Herr T am 09. Oktober 2014 ferner angegeben (auszugsweise):

"Ich war Leiter des Personalbereichs ... Die Abrechnung der geringfügig Beschäftigten wurde wie folgt vorgenommen: Für Arbeitslose bzw. Arbeitslosengeld-/Arbeitslosenhilfebezieher gab es Hinzuverdienstgrenzen i. H. v. 165,00 monatlich. Das Entgelt wurde in den Fällen, in denen es die Hinzuverdienstgrenzen überstieg, offiziell auf die Hinzuverdienstgrenze reduziert und das überschüssige Entgelt wurde entweder in bar ausgezahlt oder aber auf die nächste Zeit verteilt, auch wenn diejenigen dann nicht gearbeitet haben. Damit sollten die Hinzuverdienstgrenzen eingehalten werden. Die Lohnabrechnung wurde in der Personalabteilung gemacht, der Geschäftsführer hatte ein entsprechendes Programm entwickelt, das die Lohnzahlungen in den offiziellen und in den bar auszuzahlenden Teil trennte, danach wurden dann die Auszahlungen auch getätigt ...

Die Stundenzettel für die einzelnen Arbeitstätigkeiten wurden von den Bereichsleitern geführt und wir in der Personalabteilung haben dann diese Stundenzettel in die Berechnung eingepflegt und auch den entsprechenden Kostenstellen zugeordnet. Die Abrechnung geschah dann über die einzelnen Kostenstellen. Das Ganze wurde in das ... vom Geschäftsführer entwickelte Abrechnungsprogramm eingeführt. Die Bereichsleiter haben dann die Zahlungen, die über den offiziellen lagen, an die einzelnen geringfügig Beschäftigten ausgezahlt, im Einzelfall wurde dies für einzelne Arbeitnehmer in der Buchhaltung oder auch bei uns in der Personalabteilung vorgenommen. Wenn der Geschäftsführer sein OK gegeben hatte, holten wir das Geld von der Bank für die nicht offiziellen Bargeldzahlungen. Das Geld wurde dann an die Bereichsleiter aufgeteilt, die das dann auszahlen sollten ... bzw. es wurde auch bei uns aufbewahrt, bis es von einzelnen geringfügig Beschäftigten abgeholt worden war. Es waren ganz normale Briefumschläge mit dem Namen der einzelnen geringfügig Beschäftigten und der Summe darauf, die Bereichsleiter quittierten dann den Empfang ... und leisteten dann diese Zahlungen an die Beschäftigten. Nur in geringem Umfang quittierten die Beschäftigten gegenüber den Bereichsleitern ... Bei den geringfügig Beschäftigten, die zu uns kamen, mussten diese den Empfang der Gelder auf der Liste selbst quittieren. Die Unregelmäßigkeiten bei der Barauszahlung bzw. die Nichtauszahlung von Beträgen durch den Geschäftsführer geschah meines Wissens ab etwa April 2006, es kann aber auch sein, dass dies schon eher gewesen ist, etwa ab 2005. Dann hat der Geschäftsführer diese Beträge nur noch dann ausgezahlt, wenn einzelne Beschäftigte zu ihm kamen und Rabbatz gemacht hat."

Der ehemalige Objektleiter Sch hat in seiner Vernehmung als Beschuldigter am 03. September 2008 ausgesagt:

"Bei der Lohnkontrolle wurden durch Herrn T, Herrn L und Herrn S die Stunden soweit gekürzt, dass die Hinzuverdienstgrenzen bei Arbeitslosengeldempfängern eingehalten wurden. So entstand dann eine neue offizielle Lohnabrechnung welche die Arbeitnehmer auf ihr Konto überwiesen bekommen haben. Die so entstandenen Schwarzgeldzahlungen wurden von der Geschäftsführung (Herr S) freigegeben und die Buchführung (Frau P und Frau T) bestellten die Gelder bei den Banken und stellten diese dann der Personalabteilung zur Verfügung wo diese aufgeteilt und ausgegeben wurden".

Auch in seiner zeugenschaftlichen Vernehmung im Rahmen des hier beigezogenen Verfahrens S 58 AL 3503/09 am 21, Oktober 2011 und im vorliegenden Berufungsverfahren (Erörterungstermin vom 09. Mai 2019) hat Herr Sch - ebenso wie nochmals Herr T im Verfahren S 58 AL 3503/09 - das beschriebene Abrechnungssystem bestätigt. Des Weiteren hat der ehemalige Personalsachbearbeiter L in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 12. November 2009 insbesondere bestätigt, dass er gemeinsam mit dem ehemaligen Bereichsleiter T die Lohnabrechnungen mit den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden erstellt habe, aus denen dann die über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Arbeitsstunden "herausgekürzt" worden seien.

Nach Kenntniserlangung vom Ermittlungsergebnis der HZA hörte die Beklagte den Kläger mit 3 Schreiben vom 21. August 2008 zur beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Zeiträume vom 01. Dezember 2001 bis 31. Dezember 2002, 01. Januar bis 31. Dezember 2003 und 01. Januar bis 31. Dezember 2004 unter Beifügung einer Schadensberechnung an.´

Eine inhaltliche Stellungnahme gab der Kläger nicht ab.

Mit insgesamt 7 Bescheiden vom 15. Januar 2009 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi auf und machte folgende Erstattungsforderungen (ab November 2002) geltend:

Zeitraum Alhi KV-Beiträge PV-Beiträge

04.11.2002 - 05.01.2003 1.345,03 EUR 277,87 EUR 22,86 EUR 11.02. - 02.07.2003 2.988,92 EUR 409,49 EUR 50,81 EUR 04.08. - 29.12.2003 3.084,32 EUR 422,55 EUR 52,43 EUR 05.01. - 23.06.2004 3.606,39 EUR 494,08 EUR 61,31 EUR 05.07. - 18.07.2004 289,66 EUR 39,68 EUR 4,92 EUR 09.08. - 22.09.2004 931,05 EUR 127,55 EUR 15,83 EUR 12.10. - 15.12.2004 1.344,86 EUR 184,24 EUR 22,86 EUR.

Auf die die Aufstellung im erstinstanzlichen Urteil (Seite 4, 5) wird Bezug genommen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger in den genannten Zeiträumen in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden habe, deshalb nicht arbeitslos gewesen sei und keinen Anspruch auf Alhi mehr habe (§§ 118, 119 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III a. F. )). Der Kläger sei seiner Verpflichtung aus § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB l), der Beklagten alle für die Leistung erheblichen Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)).

Die gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche des Klägers, der angab, wegen des laufenden Strafverfahrens von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. April 2009 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 11. Mai 2009 beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben und vorgetragen, er könne keine zahlenmäßigen Angaben machen, weil er nicht wisse, was ihm überhaupt vorgeworfen werde. Das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahrens würde sich lediglich auf Aufzeichnungen Dritter stützen. Die sogenannten Schwarzgeldlisten der Verantwortlichen der P GmbH hätten keinen Beweiswert und dürften jedenfalls nicht ungeprüft verwertet werden. Er bestreite den Wahrheitsgehalt dieser Schwarzgeldlisten.

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2009 wurde das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des gegen den Kläger geführten Strafverfahrens angeordnet.

Mit Urteil vom 04. Januar 2010 hat das Amtsgericht Tiergarten (Ag) ausweislich der vom SG beigezogenen Strafakten (Geschäftsnummer [334 Ds] 61 Js 2526/09 [77/09]) den Kläger wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 4 Fällen zu einer

Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. In den Gründen heißt es unter anderem:

"Er hat die ihm aus der anliegenden Anklage vom 02. 10.2009 unter Punkt 2. -5. vorgeworfenen Vergehen des gewerbsmäßigen Betruges glaubhaft eingeräumt."

Der Kläger hat daraufhin vorgetragen, das Strafverfahren sei nicht präjudizierend und das Strafurteil sei durch eine Verfahrensabsprache zustande gekommen. Die in einem Erörterungstermin vom 25. April 2013 vom Kläger angeregte vergleichsweise Regelung, die im Strafverfahren aus prozessökonomischen Gründen eingestandenen Beträge zurückzuerstatten, soweit damit alle Forderungen sowohl des Jobcenters als auch der Bundesagentur für Arbeit abgegolten seien, kam mit der Beklagten nicht zustande.

Mit Urteil vom 29. Januar 2014 hat das SG die Bescheide vom 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. April 2009 aufgehoben, soweit die Beklagte damit die Bewilligung von Alhi an den Kläger für die Zeit vom 01. Dezember 2001 bis zum 12. November 2002 aufgehoben und die Erstattung der für den Zeitraum gezahlten Alhi sowie der Beiträge zur KV und PV gefordert habe.

Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Bescheide der Beklagten vom 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. April 2009 seien rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung sei entweder § 48 SGB X oder aber § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III. Die Voraussetzungen beider Vorschriften lägen zwar für den Zeitraum vom 01. Dezember 2001 bis zum 12. November 2002 nicht vor, jedoch lägen sie für die nachfolgenden Zeiträume vom 13. November 2002 bis 05. Januar 2003, vom 11. Februar bis 02. Juli 2003, vom 04. August bis 29. Dezember 2003, vom 05. Januar bis 23. Juni 2004, vom 05. Juli bis 18. Juli 2004, vom 09. August bis 22. September 2004, vom 12. Oktober bis 15. Dezember 2004 vor. Für diese Zeiträume stehe fest, dass der Kläger wöchentlich mehr als nur geringfügig gearbeitet bzw. sich nach Unterbrechungen der Beschäftigung erst verspätet erneut persönlich arbeitslos gemeldet habe mit der Folge des Erlöschens der Arbeitslosmeldung (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III), und dass er damit im Aufhebungszeitraum nicht arbeitslos gewesen sei. Der Umfang der Beschäftigung könne anhand der vom HZA bei der P GmbH aufgefundenen Dokumente bzw. Aufzeichnungen hinreichend nachgewiesen werden. Aus der Dokumentation, der Berechnungen der Arbeitgeberin und der Auszahlungslisten gehe hervor, dass der Kläger mehr als geringfügig beschäftigt gewesen sei. Die Manipulationen und Schwarzgeldzahlungen hätten die seitens der Arbeitgeberin verantwortlich Handelnden, insbesondere die Beschuldigten T und Sch gegenüber dem HZA eingeräumt und das Schwarzgeldsystem, das bei der P GmbH zur Anwendung gekommen sei, hinlänglich beschrieben. Demgegenüber sei den Angaben des Klägers, er habe die 15-Stunden-Grenze wöchentlich eingehalten und könne überhaupt keine zahlenmäßigen Angaben mehr machen, angesichts des erdrückenden Beweismaterials nicht glaubhaft. Es sei auch widersprüchlich, wenn der Kläger einerseits erkläre, sich um nichts gekümmert zu haben bzw. keine genauen Angaben mehr machen zu können, andererseits aber anführe, bei der P GmbH in der fraglichen Zeit immer weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet zu haben. Dem pauschalen Einwand, die bei der P GmbH) sichergestellten Unterlagen seien nicht wahr, sei nicht beizutreten. Die im Verfahren vor dem SG (S 58 AL 3503/09) vernommenen Zeugen Sch (Bereichsleiter) und T (Leiter des Personalbüros) hätten übereinstimmend mit den sonstigen Erkenntnissen erklärt, dass die geführten Stundenaufzeichnungen durchgängig mit den tatsächlichen Arbeitsstunden übereingestimmt hätten, lediglich bei Auszahlung der Gelder seien zuweilen Kürzungen vorgenommen worden, jedoch erst ab 2006. Der Zeuge Sch habe u. a. angegeben, dass die in den Nebenverdienstbescheinigungen angegebenen Stunden sich auf Rückrechnungen auf die erlaubte Hinzuverdienstgrenze und eine dementsprechende Verteilung bezögen. Seines Wissens hätten die geführten Listen/Auszahlungslisten der Schwarzgelder den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen. Bei ihm selbst sei die Schwarzgeldzahlung ohne Unterschreiben einer Empfangsbescheinigung gezahlt worden, in einer Tüte. Soweit es zu Abweichungen der tatsächlichen Arbeitseinsätze gegenüber den bescheinigten Zeiten gekommen sei, hinge dies damit zusammen, dass die Arbeitszeiten und Verdienste "gestreckt" worden seien, woraus aber nicht geschlossen werden könne, dass der Kläger nur die in den Nebenverdienstbescheinigungen aufgelisteten Stunden gearbeitet habe. Die diesbezüglichen Listen seien vielmehr rein fiktiv gewesen, was vor allem der Zeuge Sch bekräftigt habe. Wegen Überschreitens der wöchentlich zulässigen Arbeitszeit sei die Arbeitslosigkeit des Klägers i. S. v. § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. entfallen und wegen dieser Änderung in den Verhältnissen sei die Aufhebung der Alhi-Bewilligungen nach § 48 SGB X bzw. wegen anfänglicher objektiver Rechtswidrigkeit nach § 45 SGB X geboten gewesen. Es habe sich auch nicht um eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer i. S. d. § 118 Abs. 2 S. 1, 2. HS 2 SGB III a. F. gehandelt. Da nach §142 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung mit der Aufnahme der Beschäftigung erlösche, sei der Anspruch des Klägers bis zum Ende des jeweils betreffenden Zeitraums in vollem Umfang entfallen. Die Aufhebung nach § 48 SGB X/Rücknahme nach § 45 SGB X sei für die Vergangenheit zulässig gewesen, weil der Kläger seiner Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, dass sein Alhi-Anspruch kraft Gesetzes weggefallen sei (§§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 4 bzw. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Die Erstattungspflicht basiere auf § 50 SGB X bzw. § 335 SGB III.

Gegen das ihm am 05. März 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten am 07. April 2014 (Montag) Berufung eingelegt und vorgetragen, dass die Schwarzgeldlisten keinen Beweiswert hätten, denn sie seien von Straftätern angefertigt worden. Möglich sei auch, dass sich ein Dritter das aufgeführte überschüssige Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet habe. Die Hintergründe, die zu den Schwarzgeldlisten geführt hätten, seien vom Gericht nicht geprüft worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2014 und die Bescheide der Beklagten vom 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. April 2009 aufzuheben, soweit mit ihnen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeiträume vom 13. November 2002 bis 05, Januar 2003, vom 11. Februar bis 02. Juli 2003, vom 4, August bis 29. Dezember 2003, vom 05. Januar bis 23. Juni 2004, vom 05. Juli bis 18. Juli 2004, vom 09. August bis 22. September 2004, vom 12. Oktober bis 15. Dezember 2004 aufgehoben und damit einhergehende Erstattungen verlangt worden sind.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung unter Bezugnahme auf die Feststellungen des HZA und die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil nicht für begründet.

Die Berichterstatterin hat im Erörterungstermin vom 09. Mai 2019 den ehemaligen Arbeitnehmer der P GmbH Sch als Zeugen vernommen. Herr Sch hat die bisherigen Feststellungen, dass die P GmbH den im Leistungsbezug stehenden Arbeitnehmern die Löhne ,schwarz in bar ausgezahlt habe, soweit diese über die Hinzuverdienstgrenze hinausgegangen seien, bestätigt - jedenfalls für seinen Tätigkeitsbereich.

In einem weiteren Erörterungstermin vom 26. November 2019 hat der Prozessbevollmächtigte im Einvernehmen mit dem Kläger ausdrücklich erklärt, dass Beweisanträge nicht gestellt würden. Er sei mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin einverstanden.

Die Beklagte hat sich ebenfalls mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt (Schreiben vom 04. Dezember 2019).

Wegen der weiteren Einzelheiten der Angaben der Zeugen sowie des übrigen Sachstandes wird auf die Streitakte, die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des HZA und der Staatsanwaltschaft Berlin (61 Js 2526/09), die beigezogenen Gerichtsakten L 29 AL 317/11 sowie die vom SG beigezogenen Akten S 58 AL 3503/09, verwiesen und Bezug genommen. Die Akten und Unterlagen haben bei der Urteilsfassung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Berichterstatterin entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. Januar 2014 zu Recht abgewiesen, soweit die Beklagte mit Bescheiden vom 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. April 2009 vom Kläger die Erstattung der für den Zeitraum vom 13. November 2002 bis 15. Dezember 2004 gezahlten Alhi sowie der Beiträge zur KV und PV gefordert hatte. Soweit die Beklagte zudem die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 01. Dezember 2001 bis zum 12. November 2002 aufgehoben und entsprechende Rückforderungsbescheide erteilt hatte, sind die diesen Zeitraum betreffenden Aufhebungs- und Erstattungsbescheide auf die Klage durch - das insoweit stattgebende und von der Beklagten nicht angefochtene - Urteil des SG aufgehoben worden; eine Erstattungsforderung wird insoweit nicht mehr geltend gemacht.

Hinsichtlich der noch streitbefangenen Zeiträume erweisen sich die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. April 2009 als rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Alhi für die Leistungszeiträume vom 13. November 2002 bis 05. Januar 2003, vom 11. Februar bis 02. Juli 2003, vom 04. August bis 29. Dezember 2003, vom 05. Januar bis 23. Juni 2004, vom 05. Juli bis 18. Juli 2004, vom 09. August bis 22. September 2004, vom 12. Oktober bis 15. Dezember 2004 gem. § 48 SGB X ganz aufgehoben bzw. gem. § 45 SGB X zurückgenommen und vom Kläger die Erstattung gezahlter Alhi sowie KV- und PV-Beiträge gefordert, weil der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden hat und nicht mehr arbeitslos war. Es wird zunächst auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil verwiesen und Bezug genommen, denen sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Nach § 48 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 S. 1). Der Verwaltungsakt ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 SGB III), soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Abs. 1 S. 2 Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Abs. 1 S. 2 Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Abs. 1 S. 2 Nr. 4).

Nach §45 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 1). Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2 Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Abs. 2 Satz 2). Auf Vertrauen kann der Begünstigte sich nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Abs. 2 Satz 3 Nr. 2). Gleiches gilt, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz). Liegen die in §45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gemäß § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Es kann hier unentschieden bleiben, ob die Aufhebung/Rücknahme der Bewilligungen von Alhi für die einzelnen Zeiträume einer nicht geringfügigen Beschäftigung des Klägers bei der P GmbH in § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 SGB X oder in § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 3 bzw. 4 SGB X ihre Rechtsgrundlage findet. Denn sowohl § 48 SGB X als auch § 45 SGB X können Rechtsgrundlage für die Aufhebung eines Verwaltungsakt sein (zum Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 48/07 R, juris). Bestand bereits ab Beginn des Bewilligungszeitraums kein Anspruch auf Alhi, weil der Kläger 15 Stunden und mehr gearbeitet hat und damit nicht arbeitslos i. S. v. §§ 117, 118 SGB III a. F. war, durfte die Beklagte die Bewilligung von Alhi nach § 45 SGB X aufheben, denn insoweit handelte es sich bei der Leistungsbewilligung um einen von Anfang an rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt und § 45 SGB X findet Anwendung. Wurde demgegenüber erst nach Bewilligung der Alhi eine nicht nur geringfügige Beschäftigung bei der P GmbH aufgenommen, wurde die ursprüngliche Leistungsbewilligung rechtswidrig i. S.v. § 48 SGB X, denn aufgrund der unterlassenen Meldung der Beschäftigungsaufnahme erlosch nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a. F. die Arbeitslosmetdung des Klägers und damit auch sein Anspruch auf Alg (§117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a. F. ). Zudem ist die Leistungsbewilligung ab dem Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme aufgrund des Umfangs der geleisteten Arbeit und der Höhe der erzielten Einkünfte rechtswidrig geworden.

Denn Anspruch auf Alhi haben nach dem hier anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2004 geltenden § 190 Abs. 1 SGB III a. F. haben Arbeitnehmer, die

1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben,
3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben,
4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch Wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und
5. bedürftig sind.

Nicht arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der eine Beschäftigung von 15 Stunden wöchentlich ausübt (§ 198 S. 2 Nr. 1 SGB III i. V. m. § 118 Abs. 2 SGB III a. F.). Die Arbeitslosmeldung erlischt mit der Aufnahme einer Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat (§ 198 S. 2 Nr. 2 SGB III in Verbindung mit § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III).

So verhält es sich hier. Nach Auswertung der vorliegenden Lohnunterlagen (Listen "Soll/lst Vergleich") ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass der Kläger in den streitgegenständlichen Zeiträumen vom 13. November 2002 bis 05. Januar 2003, vom 11. Februar bis 02. Juli 2003, vom 04. August bis 29. Dezember 2003, vom 05. Januar bis 23. Juni 2004, vom 05. bis 18. Juli 2004, vom 09. August bis 22. September 2004 und vom 12. Oktober bis 15. Dezember 2004 eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Die Unterbrechungszeiten resultieren aus persönlichen Arbeitslosmeldungen des Klägers vom 06. Januar, 03. Juli, 31. Dezember 2003, 24. Juni, 19. Juli, 23. September und 16. Dezember 2004 und einigen, darauf folgenden beschäftigungslosen Tagen, ehe wieder eine Arbeit bei der P GmbH von mehr als 15 Stunden wöchentlich aufgenommen wurde (z. B. Arbeitslosmeldung am 06. Januar 2003, erste nachgewiesene Arbeit mehr als 15 Stunden wöchentlich für die P GmbH ab dem 11. Februar 2003). Mit der Aufnahme einer dann nicht mehr nur geringfügigen Tätigkeit waren die jeweiligen Arbeitslosmeldungen des Klägers nach § 122 Abs. 2 SGB III a. F. erloschen. Ein Leistungsanspruch konnte erst wieder mit der erneuten Arbeitslosmeldung (am 03. Juli 2003) entstehen. Wie die Listen "Soll/lst Vergleich" ausweisen, handelt es sich bei den vorliegenden Überschreitungen nicht um nur gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer, die nicht in regelmäßiger Wiederkehr auftreten und nicht voraussehbar sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14. Juli 1988-11/7 Rar 41/87-, juris), sondern vielmehr um regelmäßige Überschreitungen, die für den auf Abruf tätigen Kläger auch vorhersehbar waren. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zunächst auf die im Schlussbericht des HZA mitgeteilten Zeiten und Löhne, die Bruttolohnlisten der einzelnen Monate (, lst-Erfassung ), den jeweiligen, Soll/tst - Vergleich verwiesen, ferner auf die Aufstellung der Beklagten betreffend Nebenbeschäftigungen des Klägers über 15 Stunden wöchentlich und seine persönliche Arbeitslosmeldungen.

Dass der Kläger in den oben dargestellten Zeiträumen mehr als geringfügig beschäftigt gewesen ist, ergibt sich maßgeblich aus dem Ermittlungsergebnis des HZA Frankfurt/Oder, insbesondere den beschlagnahmten Lohnunterlagen der P GmbH, soweit sie den Kläger betreffen, sowie aus den Angaben des früheren Personalleiters der P GmbH T im Rahmen seiner Vernehmung als Beschuldigter am 15. September 2008 sowie seiner Zeugenvernehmung im Berufungsverfahren bei dem LSG (L 29 AL 317/11) am 09. Oktober 2014, den Angaben des ehemaligen Personalsachbearbeiters Laube (Vernehmung vom 12. November 2009 durch das HZA) des ehemaligen Objektleiters Sch (Vernehmung vom 03. September 2008 durch das HZA sowie im Rahmen des beigezogenen Verfahrens S 58 AL 3503/09 am 21. Oktober 2011 und nochmals im vorliegenden Berufungsverfahren im Erörterungstermin vom 09. Mai 2019), schließlich auch des ehemaligen Geschäftsführers der P GmbH S (Vernehmung durch das HZA vom 30. September 2008), die übereinstimmend das beschriebene Abrechnungssystem bestätigt und sich durch ihre Aussagen selbst belastet haben; einzig Herr S hat bestritten, dass die "Verkürzung" der geleisteten Arbeitsstunden unter seiner Federführung vorgenommen worden sei.

Insbesondere die Zeugen T und Sch gaben bei ihrer Vernehmung vor dem SG (S 58 AL 3503/09) übereinstimmend an, die Firma P GmbH habe die Nebenverdienstbescheinigungen entsprechend der erlaubten Hinzuverdienstgrenzen ausgestellt, so dass die dort im Leistungsbezug befindlichen Arbeitnehmer der Firma mit dem Arbeitsamt keine Schwierigkeiten bekommen sollten. Die in diesen Nebenverdienstbescheinigungen angegebenen Stunden hätten allerdings nichts mit den tatsächlichen Verhältnissen zu tun gehabt. Diese hätten sich vielmehr in den durch das HZA sichergestellten Unterlagen wieder gefunden. Die Entlohnung der Arbeitnehmer sei entsprechend der tatsächlich geleisteten Stunden erfolgt und Schwarzgeldzahlungen seien regelmäßig ohne Empfangsbescheinigung erfolgt.

Demnach ist, wie im Aktenvermerk des HZA beschrieben, davon auszugeben, dass die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene P GmbH eine doppelte Lohnbuchhaltung insbesondere zu Lasten der Arbeitslosenversicherung betrieb, um Lohnkosten zu senken. So gab es ab November 2002 für jeden Monat eine Liste "Ist-Erfassung", in der für jeden darin aufgeführten Mitarbeiter die täglich geleisteten Arbeitsstunden, die Gesamtstunden, die Gesamttage und der Gesamtbetrag (monatliches Arbeitsentgelt) angegeben waren, ferner eine Liste, in denen die Daten der "Ist-Erfassung" - bezeichnet als Stunden vor Kürzung "Std. (v. K )" bzw. Betrag vor Kürzung "Betrag (v. K.)" - den auf die jeweilige Hinzuverdienstgrenze eingekürzten Beträgen gegenüber gestellt und der Differenzbetrag zum tatsächlich zustehenden Arbeitsentgelt ermittelt wurde (Liste "Soll/lst Vergleich"), Die Mitarbeiter erhielten dann auf der Grundlage einer "Bruttolohnliste" eine verkürzte offizielle Abrechnung der Brutto-/Nettobezüge und weiteren Arbeitslohn ggf. "schwarz" ausgezahlt.

Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der in den Listen "Ist-Erfassung" und "Soll/lst Vergleich" aufgeführten Daten zu zweifeln. In diesen Listen ist der Kläger mit Personalnummer und auch namentlich unter Angabe der von ihm täglich und monatlich geleisteten Arbeitsstunden und des ihm zustehenden monatlichen Arbeitsentgelts erfasst. Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Angaben falsch sein sollten. Sie sind ordentlich und präzise für jeden einzelnen Arbeitnehmer aufgeführt, wobei das System jeweils unter der Rubrik, Hinweis! Überschreitung der Grenze für geringfügig Beschäftigte den jeweiligen Betrag auswarf, der dann nicht der Arbeitsagentur gemeldet, sondern schwarz ausgezahlt wurde.

Der Kläger hat nach alledem in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 4 SGB X und § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und 3 SGB X), indem er seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse - Arbeitsaufnahme in nicht nur geringfügigem Umfang - vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X). Zudem hat er Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X) und er wusste auch bzw. wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch auf Alhi infolge der Tätigkeit kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X). Der Kläger hat den Erhalt und die Kenntnisnahme der entsprechenden Merkblätter der Beklagten quittiert. In diesen wurde auf die entsprechenden zeitlichen Grenzen und Mitteilungspflichten hingewiesen. Im Übrigen dürfte es grundsätzlich für jeden Leistungsbezieher einer Lohnersatzleistung wegen Arbeitslosigkeit nach ganz nahe liegenden Überlegungen ohne weiteres klar sein, dass die Aufnahme einer mehr als geringfügigen Tätigkeit mitteilungspflichtig ist und zum Erlöschen eines Leistungsanspruches und damit zur Rechtswidrigkeit entsprechender Bewilligungsbescheide führen kann.

Bestand demgegenüber bereits ab Beginn des neuen Bewilligungszeitraums kein Anspruch auf Alhi, weil der Kläger 15 Stunden und mehr gearbeitet hat und damit nicht arbeitslos i. S.v. §§ 117, 118 SGB III a. F. war, liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung von Alhi mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit nach § 45 Abs. 1 SGB X vor. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Bewilligung war nicht schutzwürdig. Diese Bewilligung beruhte auf Angaben, die einerseits die P GmbH durch die Übersendung der unrichtigen Nebenverdienstbescheinigungen an die Beklagte mit Wissen und Wollen des Klägers für ihn vorsätzlich unrichtig oder unvollständig gemacht hat; andererseits hat der Kläger in seinen Arbeitslosmeldungen ebenfalls unrichtige Angaben hinsichtlich des Umfangs seiner angeblichen Nebentätigkeit gemacht (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Damit kannte der Kläger auch die Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alhi, denn mangels Mitteilung der nicht nur geringfügigen Tätigkeiten waren seine jeweiligen Arbeitslosmeldungen zum 06. Januar, 03. Juli, 31. Dezember 2003, 24. Juni, 19. Juli, 23. September, 16. Dezember 2004 nach § 122 Abs. 2 SGB III a. F. erloschen oder er kannte diese Folge infolge grober Fahrlässigkeit nicht (§ 45 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 1. HS SGB X). Nach § 330 Abs. 2 SGB III hatte die Beklagte keine Ermessensentscheidung zu treffen, wenn und soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X vorlagen.

Die Aufhebung der Bewilligungen ist auch fristgerecht erfolgt. Weder war bei Erlass der Bescheide vom 15. Januar 2009 die Zehnjahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X abgelaufen noch hat die Beklagte hier die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht eingehalten. Die Jahresfrist hat frühestens mit der Kenntnis der Beklagten von den aufhebungsrelevanten Tatsachen zu laufen begonnen, mithin mit der Mitteilung des HZA vom 23. Juli 2008.

Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 S. 1 SGB X). Zwar bestreitet der Kläger die Schlüssigkeit des "Schwarzarbeitssystems" der P GmbH und damit die Richtigkeit der ,schwarzen Aufzeichnungen. Jedoch sind seine Einwendungen gegen die vom HZA auf der Grundlage der bei der P GmbH beschlagnahmten Lohnunterlagen getroffenen Feststellungen unsubstantiiert. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Personen in den ,Schwarzgeld-Listen aufgeführt worden sind, welche in der Firma nie gearbeitet hätten. Vielmehr hat der Zeuge T erklärt, dass Buchungen für andere oder fiktive Mitarbeiter nicht vorgenommen worden seien. Vielmehr entsprächen die in den Listen aufgenommenen tatsächlichen Arbeitszeiten und die dadurch erwirtschafteten Schwarzgelder seines Wissens den tatsächlichen Verhältnissen. Es sei insbesondere nicht so gewesen, dass andere oder fiktive Mitarbeiter mit entsprechenden Angaben versehen worden seien. Auch hat der Kläger trotz mehrfacher Nachfrage in den beiden Erörterungsterminen im Berufungsverfahren keine konkreten Angaben über seine tatsächlichen Einsatzzeiten gemacht, etwa durch Vorlage eigener dem entgegenstehender Aufzeichnungen. Auch hat er widersprüchliche Aussagen gemacht, indem er den Umfang der ,Schwarzarbeit einerseits bestreitet, andererseits dies im Strafverfahren in einer Verfahrensabsprache eingesteht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die aufgefundenen Daten nicht zumindest den Umfang der tatsächlich geleisteten Arbeitszeitstunden wiedergeben würden. Die Behauptung, dass es sich bei den Listen um nachträglich bearbeitete Arbeitsnachweise ohne Beweiskraft handele, ist aus der Luft gegriffen und durch nichts belegt. Dass nach den Angaben des Zeugen T arbeitgeberseitig teilweise Stundenkürzungen durch den Geschäftsführer S vorgenommen worden seien, wenn er der Meinung war, dass Mitarbeiter gefaulenzt oder nicht richtig gearbeitet hätten, spielt insoweit keine Rolle, als dass diese Stundenkürzungen im Gegenteil dazu führen würden, dass noch mehr Stunden gearbeitet worden sind. Jedenfalls war die computermäßige Erfassung und Bearbeitung der Stunden- und Lohnlisten nicht darauf ausgelegt, die Abrechnungen den Kläger betreffend dahingehend zu manipulieren, tatsächlich nicht geleistete Arbeit zu erfassen und zu entlohnen. Nur dies macht in dem von den Verantwortlichen der P GmbH letztlich eingeräumten und in großem Umfang und mit hoher krimineller Energie über einen langen Zeitraum betriebenen Schwarzgeldsystem einen Sinn. Offenbar war der Inhalt der beschlagnahmten Unterlagen derart belastend, dass sich zahlreiche ehemalige Mitarbeiter der P GmbH entschlossen, ihre Beteiligung an dem System der Lohnverkürzung einzuräumen und hierzu ausführliche Angaben zu machen. Als Schutzbehauptungen können diese Angaben keinesfalls gewertet werden, weil sich die Mitarbeiter durch diese Angaben erheblich selbst belastet haben und insoweit jedenfalls teilweise auch strafrechtlich belangt worden sind. Soweit Auszahlungen an die Arbeitnehmer nicht immer in vollem Umfang erfolgt sein sollten, betraf dies Zeiträume ab dem Jahr 2006, nicht jedoch die hier streitbefangenen Zeiten vom 13. Dezember 2002 bis zum 15. Dezember 2004.

Selbst wenn noch Zweifel hinsichtlich des zeitlichen Umfanges der tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten und der hieraus erzielten Einkünfte bestehen würden, würde dies zu Lasten des Klägers gehen. Zwar gilt allgemein nach dem auch im Verfahren mit Amtsermittlung geltenden Grundsatz der objektiven beziehungsweise materiellen Beweis- oder Feststellungslast, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten des Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Wer ein Recht in Anspruch nimmt, trägt danach im Zweifel die Beweislast für die rechtsbegründende Tatsache, wer ein Recht leugnet, die Beweislast für die rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen (vgl. BSG, B 11 a AL 7/05 R, Urteil vom 24. Mai 2006, juris). Im Einzelfall kann aber eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein. Dies gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bei rückwirkender Aufhebung der Bewilligung von Alhi und Rückforderung der Leistung dann, wenn sich nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ergibt, dass der Sphäre des Arbeitslosen zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar sind (vgl. u. a. Urteil vom 8. August 2007, B 7/7a AL 10/06 R -juris).

Hiervon ausgehend ergibt sich eine dem Kläger anzulastende Beweisnähe daraus, dass wahrheitswidrige Angaben bei der Nebenverdienstbescheinigung und damit insbesondere wahrheitswidrige Angaben zum tatsächlichen Tätigkeitsumfang und zum erzielten Arbeitsentgelt (notwendiger Inhalt der Bescheinigung nach § 313 Abs. 1 S. 1 SGB III) grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Leistungsbeziehers fallen. Dass diese Angaben seiner Sphäre zuzurechnen sind, ist zudem schon deshalb naheliegend und geboten, weil außer dem Arbeitgeber allein der Arbeitnehmer/Leistungsbezieher die notwendigen Kenntnisse von den tatsächlichen Gegebenheiten im Beschäftigungsverhältnis hat. Allein er ist in der Lage, die Angaben des Arbeitgebers zu den geleisteten Arbeitsstunden und erzielten Arbeitsentgelten zeitnah auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und kann ggfs. Unkorrektheiten aufzeigen und auf die Richtigstellung hinwirken. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine ev. noch bestehende Unaufklärbarkeit von Einzelheiten der Tätigkeiten des Klägers bei der P GmbH zu seinen Lasten geht, denn der Kläger selbst hat eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts durch wahrheitswidrige bzw. fehlende konkrete Angaben zum tatsächlichen Tätigkeitsumfang und zum erzielten Arbeitsentgelt unmöglich gemacht. Behauptet der Kläger - wie im vorliegenden Fall - lediglich pauschal die Fehlerhaftigkeit der ihn betreffenden Angaben in den sichergestellten Firmenunterlagen, so müssen nach den Grundsätzen der Umkehr der Beweislast die sichergestellten Firmenunterlagen im Zweifel als wahr, die Angaben des Klägers dagegen als unwahr unterstellt werden.

Eine weitere Sachaufklärung hält das Gericht nicht für geboten. Zwar erforscht das Gericht gemäß § 103 SGG den Sachverhalt von Amts wegen, wobei die Beteiligten dabei heranzuziehen sind. Das Ausmaß der Ermittlungen steht jedoch im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts; Nachforschungen sind nur erforderlich, soweit sie der Sachverhalt und der Vortrag der Beteiligten nahe legen. Der Kläger hat sich darauf beschränkt, den festgestellten Umfang der geleisteten Arbeit für die P GmbH und die daraus erzielten Arbeitsentgelts pauschal zu bestreiten. Ein Beweisantrag ist weder von ihm noch von seinem Prozessbevollmächtigten gestellt worden. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte im Einvernehmen mit dem Kläger im Erörterungstermin vom 26. November 2019 ausdrücklich erklärt, dass Beweisanträge nicht gestellt würden. Auch die nochmalige Nachfrage der Berichterstatterin im Erörterungstermin nach tatsächlichen Umständen, die geeignet wären, die von den Verantwortlichen der P GmbH geführten Listen in Zweifel zu ziehen (z. B. nachgewiesene Abwesenheit an Tagen, für die der Kläger eingetragen war), hat zu keinem Ergebnis geführt. Soweit die Berichterstatterin gleichwohl bemüht war, die Verantwortlichen der P GmbH sowie die damals ermittelnden Beamten des HZA zeugenschaftlich zu hören, diente dies nicht einer für notwendig gehaltenen weiteren Sachaufklärung, sondern lediglich der nochmaligen Vergewisserung des bereits festgestellten Sachverhalts.

Da die Aufhebung der Alhi-Bewilligung für die genannten Zeiträume mithin nicht zu beanstanden ist, ist die für diese Zeiträume überzahlte Alhi vom Kläger zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Höhe der Erstattungsforderung hat die Beklagte zutreffend berechnet. Sie wird auch vom Kläger nicht angegriffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved