L 30 P 40/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 111 P 1706/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 P 40/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Rückstufung von der Pflegestufe III auf die Pflegestufe II.

Die 1950 geborene Klägerin bezog ab August 2009 von der Beklagten Leistungen nach der Pflegestufe II in Form von Pflegegeld und wurde u.a. von ihrer Tochter Y gepflegt. Sie stellte am 13. November 2012 bei der Beklagten einen Höherstufungs-antrag. Hierzu ließ die Beklagte vom Medizinischen Dienst Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) durch die Pflegefachkraft B auf der Grundlage eines am 11. Dezember 2012 durchgeführten Hausbesuchs mit Untersuchung das Pflegegutachten vom 11. De-zember 2012 erstellen, worin der Zeitaufwand für Körperpflege auf 74 Minuten, für Ernährung auf 106 Minuten, für Mobilität auf 29 Minuten, mithin der Gesamtzeitauf-wand der Grundpflege auf 209 Minuten/ Tag und der Zeitaufwand für hauswirtschaft-liche Versorgung auf durchschnittliche 60 Minuten/ Tag ermittelt wurden. Gegen den hierauf ergangenen Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2012, wonach bei der Klägerin weiterhin nur ein Hilfebedarf nach der Pflegestufe II bestehe, erhob sie Widerspruch, woraufhin die Beklagte ein weiteres Pflegegutachten durch die Pflege-fachkraft H aufgrund neuerlicher Begutachtung bei der Klägerin zu Hause vom 7. März 2013 erstellen ließ. Hierin wurden der Klägerin unter den pflegebegründenden Diagnosen Adipositas (115 kg bei 154 cm Körpergröße), Spondylose, schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, Schwindel, chronisches Schmerzsyndrom, Diabetes mellitus Typ 2 (insulinpflichtig), Polyneuropathien, Gonarthrose links, Linksherzinsuffizienz, Hyperglykämie ein Zeitaufwand für Körperpflege von nunmehr 128 Minuten (für jede Verrichtung ein erhöhter Zeitwert aufgrund Adipositas und Immobilität be-rücksichtigt), für Ernährung von 51 Minuten (Hilfebedarf bei oraler Nahrungsaufnahme wegen fehlender Halte-/ Greiffunktion infolge des starken Tremors der Hände), für Mobilität von 83 Minuten (auch Gehen innerhalb der Wohnung nur mit Hilfe möglich), mithin ein Gesamtaufwand von 262 Minuten/ Tag und ein Zeitaufwand für hauswirtschaftliche Verrichtungen von durchschnittlich 60 Minuten/ Tag bescheinigt. Zur Begründung ist im Gutachten festgehalten, dass sich der Pflegebedarf gegenüber dem Vorgutachten erheblich erhöht habe. Bei regelmäßiger Krankengymnastik und einer aktivierenden Pflege sei eine pflegestufenrelevante Verbesserung nicht auszuschließen, weshalb eine Nachbegutachtung in zwölf Monaten empfohlen wer-de.

Die Beklagte erkannte bei der Klägerin mit Bescheid vom 15. März 2013 nunmehr einen Pflegebedarf nach der Pflegestufe III an und gewährte ihr mit Bescheid vom 26. März 2013 höheres Pflegegeld.

Die Beklagte ließ vom MDK durch die Pflegefachkraft Z auf der Grundlage eines durchgeführten Hausbesuchs mit Untersuchung das Pflegegutachten vom 26. März 2014 erstellen, worin für die Zeit ab März 2014 der Zeitaufwand für Körperpflege auf 99 Minuten, für Ernährung auf 5 Minuten, für Mobilität auf 38 Minuten, mithin der Gesamtzeitaufwand der Grundpflege auf 142 Minuten/ Tag und der Zeitaufwand für hauswirtschaftliche Versorgung auf durchschnittliche 60 Minuten/ Tag ermittelt wurden. Zur Begründung ist im Gutachten aufgeführt, dass die Klägerin physiotherapeutische Behandlung erhalten habe, wieder ein paar Schritte gehen könne. Zudem be-stehe keine Inkontinenz mehr, und es werde auch kein Inkontinenzmaterial genutzt. Mithilfen der Klägerin seien möglich. Ein Tremor habe nicht mehr festgestellt werden können. Speisen und Getränke nehme die Klägerin nach Bereitstellung selbständig zu sich. Des Weiteren sei die Adipositas nicht pflegeerschwerend, sondern allein pflegebegründend.

Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 09. April 2014 zur beabsichtigen Rückstufung auf die Pflegestufe II an. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 23. April 2014, wonach ihre körperliche Schwäche sogar stärker geworden sei, mittlerweile Asthma, Wasser in der Lunge, ein Herzinfarkt, ein Hörsturz und eine Nierenkrankheit hinzugetreten seien. Es bestünden nach wie vor Übergewicht und Inkontinenz. Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung diesmal durch die Pflegefachkraft L. Im auf der Grundlage eines durchgeführten Hausbe-suchs mit Untersuchung unter dem 27. Mai 2014 erstellten Pflegegutachten vom 27. Mai 2014 wurden der Zeitaufwand für Körperpflege auf 101 Minuten, für Ernährung auf 28 Minuten (unter Berücksichtigung von wegen des zeitweiligen Tremors erfor-derlicher Teilhilfen bei der oralen Nahrungsaufnahme), für Mobilität auf 66 Minuten, mithin der Gesamtzeitaufwand der Grundpflege auf 195 Minuten/ Tag und der Zeitaufwand für hauswirtschaftliche Versorgung auf durchschnittliche 60 Minuten/ Tag ermittelt. Die Klägerin, die auch dieses Mal nicht aktiv an der Begutachtung mitge-wirkt habe, sei nicht ständig bettlägerig und könne sich an der Pflege beteiligen.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2014 verfügte die Beklagte, dass die Klägerin ab dem 1. Juli 2014 nicht mehr die Leistungen der Pflegestufe III, sondern solche der Pflegestufe II erhält, weshalb der Bescheid vom 26. März 2013 für die Zukunft aufgehoben werde. Zur Begründung verwies die Beklagte auf das Pflegegutachten vom 27. Mai 2014. Hiergegen wandte sich die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin mit Schreiben vom 13. Juni 2014, welches die Beklagte als Widerspruch wertete und mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2014 als unbegründet zurückwies, wobei noch einmal auf die Pflegegutachten vom 26. März und 27. Mai 2014 Bezug genommen und darauf hingewiesen wurde, dass sich der Pflegebedarf gegenüber der Begutachtung vom 7. März 2013 deutlich verringert habe.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 18. September 2014 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen KIage weiterverfolgt. Das SG hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte B (Orthopädin) vom 16. Dezember 2014 und P (Allgemeinmedizin) vom 28. Januar 2015 eingeholt, denen weitere ärztliche Unterlagen beigefügt gewesen sind, darunter ein Arztbrief der D Kliniken B vom 27. November 2014 mit den Diagnosen entgleister Diabetes mellitus T2 mit Retinopathia diabetica, Adipositas Grad 3, Niereninsuffizienz Stadium 3, arterieller Hypertonus, Zystitis, diffuse idiopathische Skeletthyperostose (Spinalkanalenge auf Segmenthöhe HWK 6/7 und HWK 3/4, Protrusion der Bandscheibe HWK 6/7, Lumboischialgie), depressives Syndrom (Aufnahmestatus: Gangbild, Gelenke und Sprache unauffällig; Therapie und Verlauf: keine neurologischen Defizite).

Das SG hat das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin bei sich zu Hause am 15. Juni 2015 erstellte schriftliche Sachverständigengutachten der Ärztin H vom 17. Juli 2015 eingeholt. Sie hat den Zeitaufwand für Körperpflege auf 100 Minuten/ Tag, den Zeitaufwand für Ernährung auf 25 Minuten/ Tag und den Zeitaufwand für Mobilität auf 65 Minuten/ Tag, den pflegerischen Gesamthilfebedarf mithin auf 190 Minuten/ Tag und den Zeitbedarf für hauswirtschaftliche Verrichtungen auf durchschnittlich 60 Minuten/ Tag eingeschätzt. Dieser Hilfebedarf bestehe zumindest seit der MDK-Begutachtung vom März 2014. Bei der Begutachtung im März 2013 sei insbesondere für die Körperpflege, bei der Ernährung und der Mobilität ein höherer Pflegebedarf anerkannt worden als er jetzt bestehe. Ob hier der Zustand der Klägerin tatsächlich schlechter gewesen sei als heute oder die Beurteilung der Gutachterin wohlwollender gewesen sei, sei nicht sicher beurteilbar. Im März sei für das Gehen in Begleitung und mit Unterstützung in der Wohnung z.B. ein Hilfebedarf von 36 Minuten täglich anerkannt worden. Dieser sei, da die Klägerin sich fast nur noch im Bett aufhalte, in diesem Umfang nicht mehr anzuerkennen. Des weiteren sei die Funktion der Hände bei der Klägerin nicht derartig eingeschränkt, dass sie ständig oder überwiegend gefüttert oder die Nahrung angereicht werden müsse. Auch dem letzten Arztbrief vom Herbst 2014 in den D Kliniken sei nicht der Hilfebedarf der Klägerin zu entnehmen, wie er von ihr bzw. ihren Angehörigen behauptet werde.

Mit Schreiben vom 25. August 2015 hat sich die Klägerin kritisch mit dem Ergebnis der Begutachtung auseinandergesetzt und auf die starken Schwankungen in der Ermittlung der Pflegebedarfe in den einzelnen Gutachten verwiesen. Anders als die Sachverständige Horn sei davon auszugehen, dass die Ganzkörperwäsche der Klä-gerin aufgrund ihres starken Schwitzens nicht viermal pro Woche, sondern viermal pro Tag erforderlich sei. Auch die Beschränkung der Teilkörperwäsche auf einmal pro Tag sei nicht nachvollziehbar. Unrealistisch sei es, für das Waschen von Händen und Gesicht mit Unterstützung lediglich eine Minute pro Waschgang anzusetzen. Es sei nicht erkennbar, warum bei drei Mahlzeiten am Tag lediglich zweimal pro Tag die volle Übernahme der Prothesenpflege erforderlich sein solle. Auch das Kämmen sei nicht mit einer Minute pro Vorgang abzuschließen. Auch sei ein Toilettenstuhl nicht nur in zwei Minuten zu reinigen. Bei der Aufnahme der Nahrung sei die Unterstüt-zung viermal täglich erforderlich. Die Sachverständige führe an, dass die Klägerin beim An-/ Auskleiden nur wenig mithelfen könne. Soweit die Sachverständige von 20 bis 30 Transfers ausgehe, werde dies zeitlich viel zu knapp auf insgesamt 50 Minu-ten eingeschätzt. Unberücksichtigt bleibe hierbei das starke Übergewicht von mehr 110 kg. Deshalb müsse der Zeitaufwand für Transfers verdoppelt werden.

Das SG hat die Sachverständige Horn zu diesen Punkten unter dem 10. November 2015 ergänzend Stellung nehmen lassen. Nur vier Ganzkörperwäschen pro Woche seien angesetzt worden, weil die Klägerin an den übrigen drei Tagen gebadet werde. Es sei nicht erkennbar, wieso die Klägerin bei unterschiedlichen Verrichtungen nicht mithelfen könne. Sie leide nicht an ausgeprägten Lähmungen, Amputationen oder schwersten Arthrosen der Arme, also an keiner kompletten Funktionslosigkeit. Die Berücksichtigung der Zahn- und Prothesenpflege mit zweimal täglich sei üblich. Die berücksichtigten Zeiten für die Entleerung des Toilettenstuhls mit zwei Minuten ent-sprächen den Begutachtungsrichtlinien. Auch bei den Transfers müsse die Klägerin nicht vollständig getragen oder gehoben werden; sie sei vielmehr auch hierbei in der Lage mitzuhelfen. Die Klägerin habe eine unkomplizierte Frisur, so dass hier mehr als eine Minute fürs Kämmen nicht erforderlich seien. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung bzw. ständige Bereitschaft der Angehörigen bedeute nicht, dass diese Zeit eins zu eins in Hilfebedarf bei der Grundpflege umgesetzt werden könne. Es seien die notwendigen Hilfen/ Übernahmen der Grundpflege herauszufiltern. Es bestehe bei der Klägerin eine erhebliche Anspruchs- und Erwartungshaltung gegenüber ihren versorgenden Angehörigen. Sie meine, dass sie jederzeit zur Verfügung stehen müssten.

Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 27. Mai 2016 abgewiesen. Da der Hilfebedarf gemessen an den gesetzlichen Vorgaben aus §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 des Elften Buchs des Sozial-gesetzbuchs (SGB XI) gegenüber dem im März 2013 durch das MDK-Gutachten vom 08. März 2013 ermittelten Hilfebedarf ausweislich des am 26. März 2014 erstellten MDK-Gutachtens abgesunken sei, sei die Beklagte befugt, die Leistungen aufgrund einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) von der Pflegestufe III auf die Pflegestufe II zurückzustufen. Hierzu sei auf die überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Horn zu verweisen.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 16. Juni 2016 zugestellten Gerichtsbescheid am Montag, dem 18. Juli 2016 Berufung eingelegt. Die Klägerin vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Das SG habe den tatsächlichen Pflegebedarf der Klägerin verkannt. Die Gutachten widersprächen sich.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 2. März 2020 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ver-wiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgeset-zes (SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheids vom 19. August 2014 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht, vgl. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Beklagte stufte die Klägerin zu Recht ab dem 1. Juli 2011 von der Pflegestufe III auf die Pflegestufe II zurück.

Die Ermächtigungsgrundlage ist § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X, wonach, soweit in den tat-sächlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wir-kung für die Zukunft aufzuheben ist.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei der ursprünglichen Leistungsgewährung nach der Pflegestufe III mit Bescheid vom 15. März 2013 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Der diesem zugrunde liegende Hilfebedarf, wie er aus dem Pflegegutachten vom 7. März 2013 hervorgeht, hatte sich jedenfalls zum nächsten Begutachtungszeitpunkt am 26. März 2014 wesentlich geändert. Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt des Widerrufs bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07. Juli 2005 – B 3 P 8/04 R –, zitiert nach juris Rn. 19). Eine derartige Änderung ist keineswegs bereits dann anzunehmen, wenn bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen lediglich eine abweichende Beurteilung des resultierenden Hilfebedarfs vorgenommen wird. Dabei ist zu beachten, dass die Beklagte, die sich auf eine Änderung der Verhältnisse beruft, grundsätzlich die objektive Beweislast hierfür trägt, also für eine (positive) Abweichung des späteren Zustands von dem früheren. Die Annahme einer "wesentlichen" Änderung setzt zunächst voraus, dass überhaupt eine Änderung der Verhältnisse feststellbar ist. Dabei besteht insbesondere keine allgemeine Beweisvermutung des Inhalts, dass die Verwaltung ihre ursprüngliche Entscheidung rechtmäßig getroffen hat und dass die dieser Entscheidung zugrundeliegende sachverständige Feststellung des Grundpflegebedarfs zutreffend war (vgl. Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08. Mai 2018 – L 6 P 3/13 –, zitiert nach juris Rn. 33 f.).

Hiervon ausgehend liegt eine wesentliche Änderung vor. Pflegebedürftig im Sinne des SGB XI in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fas-sung sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krank-heit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Ver-richtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichen oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Gemäß § 14 Abs. 4 SGB XI sind gewöhnliche und regelmäßig wie-derkehrende Verrichtungen im Sinne des Absatzes 1 1. Im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Rei-nigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Klei-dung oder das Beheizen.

Nach § 15 Abs. 1 SGB XI sind für die Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz pflegebedürftige Personen (§ 14) einer der folgenden drei Pflegestufen zuzu-ordnen:

1. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der haus-wirtschaftlichen Versorgung benötigen.

2. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehr-fach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

3. Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Schließlich muss nach § 15 Abs. 3 SGB XI der Zeitaufwand, den ein Familienange-höriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die er-forderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benö-tigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt

1. in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen,

2. in der Pflegestufe II mindestens 3 Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen,

3. in der Pflegestufe III mindestens 5 Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen.

Bei alldem ist auf den Zeitaufwand abzustellen, den eine nicht als Pflegekraft ausge-bildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung (Hilfebedarf) durchschnittlich benötigt. Hierbei ist nicht auf die konkrete in Betracht kommende Pflegeperson abzustellen, sondern es gilt ein abstrakter Maßstab. Im Rahmen der §§ 14 und 15 SGB XI kommt es mithin maßgeblich auf den Zeitaufwand an, den nach objektiven Maßstäben eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für den erforderlichen Hilfebedarf benötigen würde, weil ansonsten bei gleichem Pflegebedarf des Pflegebedürftigen je nach Wahl der Pflegeperson und deren unterschiedlichen Leistungsfähigkeit (z.B. wegen des eigenen Alters, der Kenntnisse, der Fähigkeiten, der Erfahrung und des Gesundheitszustandes der Pflegeperson) unterschiedliche Leistungsansprüche resultieren würden (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R -, zitiert nach juris Rn. 12 ff.).

Hiervon ausgehend steht im Vollbeweis fest, dass der Hilfebedarf der Klägerin jeden-falls bis zum 30. Juni 2014 auf einen tatsächlichen Umfang abgesunken war, der nur noch die Einordnung in die Pflegestufe II rechtfertigte. Die Klägerin erreichte jeden-falls ab Juli 2014 keinen Grundpflegebedarf von mindestens vier Stunden täglich mehr. Nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG entscheidet das Gericht hierbei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Von einer Überzeugung im Sinne des Vorliegens der behaupteten Pflegebedürftigkeit kann erst dann ausgegangen werden, wenn diese in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung dafür sprechen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 128 Rn. 3b).

Nach den Feststellungen der Sachverständigen H in ihrem schriftlichen Sachver-ständigengutachten vom 17. Juni 2015 sowie in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 10. November 2015 ist bewiesen, dass jedenfalls für die Zeit ab Juli 2014 nur noch ein der Pflegestufe II entsprechender und dementsprechend gegenüber dem März 2013 abgesunkener Hilfebedarf vorlag. Im MDK-Gutachten vom 7. März 2013, welches der Anerkennung der Pflegestufe III zugrunde lag, wurden der Klägerin unter den pflegebegründenden Diagnosen Adipositas (115 kg bei 154 cm Körpergröße), Spondylose, schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, Schwindel, chronisches Schmerzsyndrom, Diabetes mellitus Typ 2 (insulinpflichtig), Polyneuropathien, Gonarthrose links, Linksherzinsuffizienz, Hyperglykämie ein Zeitaufwand für Körper-pflege von 128 Minuten (für jede Verrichtung ein erhöhter Zeitwert aufgrund Adiposi-tas und Immobilität berücksichtigt), für Ernährung von 51 Minuten (fehlende Halte-/ Greiffunktion wegen des starken Tremors der Hände), für Mobilität von 83 Minuten (auch Gehen innerhalb der Wohnung nur mit Hilfe möglich), mithin ein Gesamtauf-wand von 262 Minuten/ Tag und ein Zeitaufwand für hauswirtschaftliche Verrichtun-gen von durchschnittlich 60 Minuten/ Tag bescheinigt, wobei die damalige Gutachte-rin bereits Raum für eine Verringerung des Pflegebedarfs bei physiotherapeutischer Behandlung sah. Für eine tatsächlich unzutreffende Ermittlung des Hilfebedarfs ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Sachverständige H hat nun bei der Klägerin bei der Untersuchung vom 15. Juni 2015 nur noch einen Hilfebedarf für Körperpflege von 100 Minuten/ Tag, für Ernäh-rung von 25 Minuten/ Tag und für Mobilität von 65 Minuten/ Tag, mithin einen Grund-pflegebedarf von 190 Minuten/ Tag und einen Bedarf für hauswirtschaftliche Verrichtungen von durchschnittlich 60 Minuten/ Tag feststellen können und damit einen deutlich unter fünf Stunden liegenden Gesamtpflegebedarf. Die Sachverständige hat sich in auch für den Senat nachvollziehbarer Weise darauf festgelegt, dass dieser herabgesetzte Hilfebedarf zumindest seit der MDK-Begutachtung vom 26. März 2014 bestand und deutlich unter dem bei der Begutachtung im März 2013 festgestellten Hilfebedarf lag. Anders als die Sachverständige, die laut ihrem Sachverständigengutachten nicht sicher zu beurteilen vermag, ob der Zustand der Klägerin im März 2013 tatsächlich schlechter war als bei ihrer Begutachtung oder die Beurteilung der damaligen Gutachterin wohlwollender war als bei den späteren Begutachtungen, hat der Senat indes keine Zweifel, dass sich der Hilfebedarf tatsächlich verändert hat. Dies ergibt sich aus den unterschiedlichen Feststellungen in den MDK-Gutachten vom 7. März 2013 einerseits und 26. März bzw. 27. Mai 2014 andererseits, zumal die Klägerin die Richtigkeit der im MDK-Gutachten vom 7. März 2013 getroffenen Feststellungen tatsächlich nicht in Frage stellt.

So ergibt sich aus der Gegenüberstellung der vorgenannten Pflegegutachten zu-nächst einmal bezüglich der Körperpflege insgesamt ein augenfälliger Unterschied. Zwar wurden im ersten Pflegegutachten für Ganzkörperwäschen noch 13 Minuten pro Tag und im zweiten Pflegegutachten 40 Minuten pro Tag angesetzt, jedoch wurde etwa für die Teilwäschen ursprünglich mehr Zeit als später veranschlagt, so dass hier noch keine wesentliche Besserung zu verzeichnen ist. Angesichts der sich im zweiten Pflegegutachten deutlich besser darstellenden Mobilität der Klägerin und des Umstands, dass sie weniger durch einen Tremor beeinträchtigt war als bei der vo-rangegangenen Begutachtung, erschließt sich dem Senat ohne Weiteres, wenn im März 2014 insbesondere beim Wasserlassen, Stuhlgang und Richten der Bekleidung (insgesamt 25 Minuten pro Tag) ein geringerer Pflegebedarf als zuvor (insgesamt 66 Minuten) festgestellt wurde, auch wenn - anders als zuvor - im März 2014 ein 24-minütiger Bedarf beim Wechseln/ Entleeren des Toilettenstuhls festgehalten würden. Bei der Körperpflege kann entgegen der Ansicht der Klägerin in der Tat kein höherer Hilfebedarf angenommen werden. Die Sachverständige H weist - für sich betrachtet tatsächlich zutreffend - nachvollziehbar etwa in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 10. November 2015 darauf hin, dass sie nur vier Ganzkörperwäschen pro Wo-che angesetzt hat, weil die Klägerin an den übrigen drei Tagen gebadet wird. Wieso ein Bedarf an vier Ganzkörperwäschen pro Tag, wie es die Klägerin vorträgt, bestehen soll, erschließt sich dem Senat nicht einmal ansatzweise, zumal die Klägerin nach den Feststellungen der MDK-Gutachten nicht und nach den Feststellungen der Sachverständigen Horn nicht durchgehend inkontinent ist, sondern bei der Blasen- und Darmentleerung lediglich der Unterstützung bedarf. Vor diesem Hintergrund er-scheint es dem Senat durchaus nachvollziehbar, dass im Übrigen auch nur noch eine Teilkörperwäsche pro Tag berücksichtigt wird. Auch die für die jeweilige Verrichtung angesetzte Zeitdauer erscheint nicht zu gering, indem die Sachverständige darauf hinweist, dass nicht ersichtlich ist, warum die Klägerin bei unterschiedlichen Verrichtungen nicht mithelfen kann, wo sie doch nicht an ausgeprägten Lähmungen, Amputationen oder schwersten Arthrosen der Arme, also an keiner kompletten Funktionslosigkeit leidet. So muss die Klägerin in der Tat auch bei den Transfers nicht voll-ständig getragen oder gehoben werden, sondern ist vielmehr in der Lage mitzuhel-fen. Im Übrigen erschließt sich dem Senat nach dem klägerischen Vorbringen nicht, warum für die Unterstützung beim Waschen von Händen und Gesicht mehr als eine Minute pro Waschgang anzusetzen sein und mehr als zweimal pro Tag die Prothe-senpflege voll übernommen werden soll. Nachvollziehbar erscheint es dem Senat im Übrigen wiederum, soweit die Sachverständige für das Kämmen der unkomplizierten Frisur der Klägerin nur eine Minute täglich ansetzt. Dementsprechend gelangt die Sachverständige überzeugend zu einem Hilfebedarf bei der Körperpflege von 100 Minuten pro Tag, der im Wesentlichen dem im Pflegegutachten vom 26. März 2014 ermittelten entspricht (99 Minuten pro Tag) und deutlich unter dem im Pflegegutach-ten vom 7. März 2013 ermittelten Pflegebedarf (128 Minuten pro Tag) liegt.

Ein deutlich abgesunkener Hilfebedarf ist bei der Ernährung zu verzeichnen. Hier wurde der Hilfebedarf ursprünglich auf 55 Minuten festgestellt, wohingegen im Pflegegutachten vom 26. März 2014 nur noch 5 Minuten pro Tag festgehalten sind und auch die Sachverständige H nur zu 25 Minuten am Tag gelangt. Hierzu führt die Sachverständige schlüssig aus, dass die Funktion der Hände bei der Klägerin nicht – wie bei einer Schwerstpflegebedürftigen im Sinne der Pflegestufe III - derartig einge-schränkt ist, dass sie ständig oder überwiegend gefüttert oder die Nahrung ange-reicht werden müsse. Mundgerecht zubereitete Nahrung konnte die Klägerin nach den Feststellungen der Sachverständigen überwiegend selbst zu sich nehmen, Häppchen mit Gabeln aufspießen, und sie benötigte etwa bei Getränken oder Sup-pen wegen zeitweiligen Zitterns der Hände ein bis zweimal täglich Unterstützung, woraus die Sachverständige einen Pflegebedarf für Ernährung von 25 Minuten/ Tag schlüssig ableitet. Demgegenüber war anlässlich der MDK-Begutachtung im März 2013 noch ein starker Tremor festgestellt worden, der bei der nächsten Begutach-tung am 26. März 2014 ebenso wenig festzustellen war wie bei der späteren Begutachtung durch die Sachverständige H. Die Sachverständige weist zur Mobilität darauf hin, dass anders als im März 2013, als allein schon für das Gehen in Begleitung und mit Unterstützung in der Wohnung ein Hilfebedarf von 36 Minuten täglich angesetzt wurde, ein solcher bereits im März 2014 nicht mehr bestand. Hierzu hat die Sachverständige u.a. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin fast nur noch im Bett aufhält und etwa ein Hilfe-bedarf bei Transfers in der Wohnung in dem vormals festgestellten Umfang schon allein deshalb nicht mehr anzuerkennen ist. Dies entspricht den Feststellungen im Pflegegutachten vom 26. März 2014. Ferner verweist die Sachverständige schlüssig auf den Arztbrief der D Kliniken vom 27. November 2014, wonach sich das Gangbild der Klägerin unauffällig zeigte, woraus zudem folgt, dass, wenn die Klägerin in ihrer Wohnung tatsächlich doch noch einen stärkeren Mobilitätsdrang hatte, jedenfalls hierbei nicht den von ihr geltend gemachten Hilfebedarf haben konnte. So hat die Sachverständige den Mobilitätsbedarf schlüssig auf 65 Minuten/ Tag festgestellt, was zwar über den Feststellungen im Pflegegutachten vom 26. März 2014 (38 Minuten pro Tag), aber deutlich unter denjenigen im Pflegegutachten vom 7. März 2013 (83 Minuten pro Tag) liegt.

Die gegen diese Einschätzungen vorgebrachten Einwendungen der Klägerin verfan-gen mithin auch im Übrigen nicht. Soweit sie auf die Zeit abstellt, welche die sie pflegenden Angehörigen selbst zur Verrichtung der Tätigkeiten benötigen, ist diese im Rahmen des geltend gemachten Anspruches nicht maßgeblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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