L 1 BA 75/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 122 KR 1051/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 75/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, für welche diese jeweils selbst aufzukommen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Im Streit steht der Sache nach der versicherungsrechtliche Status der Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene") in ihrer Tätigkeit als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache in der Zeit vom 5. September 2016 bis zum 19. Mai 2017.

Die Klägerin betreibt u. a. eine Sprachschule und führt Sprachkurse im Auftrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch. Sie hat hierfür eine Zulassung auf Grundlage der Integrationskursverordnung.

Die Beigeladene ist Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache und leitete seit 2007 bei unterschiedlichen Anbietern Integrationskurse. Ihrer Tätigkeit bei der Klägerin lag die schriftliche Honorarvereinbarung vom 2. August 2017 zugrunde, auf die ergänzend verwiesen wird und die vom Sozialgericht (SG) im angegriffenen Urteil in Auszügen wiedergegeben wurde.

Noch vor Beginn der Lehrtätigkeit stellten die Klägerin und die Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung und führten aus, dass die Kurse jeweils von der Beigeladenen und einer anderen Lehrerin, Frau M P, durchgeführt würden. Die Lehrkräfte wählten zu Kursbeginn das Lehrwerk aus. Die seien in der inhaltlichen Gestaltung frei. Die Klägerin stelle den Unterrichtsraum und die Tafel zur Verfügung. Die Lehrkräfte seien für die Arbeitsmaterialien verantwortlich. In einem Lernprotokoll werde der Inhalt des behandelten Stoffes festgehalten. Die Vorgaben des BAMF müssten eingehalten werden. Dieses kontrolliere auch.

Nach vorangegangener förmlicher Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Dezember 2016 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache bei der Klägerin seit 5. September 2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und dass in dem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung.

Die Klägerin und die Beigeladene erhoben Widerspruch: Die Beklagte habe verkannt, dass sich die Tätigkeit allein nach den Vorgaben des BAMF gerichtet habe. Die Klägerin habe keine Weisungen erteilt. Es sei situationsbedingt so gewesen, dass die Beigeladene sich den Kurs mit einer angestellten Lehrerin geteilt habe. Die Beigeladene habe keine Nebenpflichten wahrgenommen, die über das Führen von Anwesenheitslisten hinausgegangen seien.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2017 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Beigeladene mit einem weiteren Mitarbeiter zusammen gearbeitet habe. Es seien Absprachen hinsichtlich der Lehrinhalte und Kurstage erfolgt. Der Unterricht richte sich nach den Richtlinien der Integrationsverordnung des BAMF. Die Unterrichtsinhalte würden somit vorgegeben. Die Tätigkeit werde auch durch festangestellte Mitarbeiter ausgeübt.

Hiergegen hat die Klägerin am 1. Juni 2017 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat sie u. a. ausgeführt, in zahlreichen parallel gelagerten Fällen sei die Beklagte zum richtigen Ergebnis der Selbständigkeit gelangt. Die Beigeladene habe die Kurse in Eigenverantwortung geleitet und sei nicht in die klägerische Organisation eingegliedert gewesen.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2018 den Geschäftsführer der Klägerin sowie die Beigeladene angehört und Frau P W als Zeugin vernommen. Auf das Protokoll wird ergänzend verwiesen.

Das SG hat mit Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Zu den Gründen hat es u. a. ausgeführt, dass sich bereits aus dem zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossenen Honorarvertrag nur wenige Indizien für eine selbständige Tätigkeit entnehmen ließen. Denn die Beigeladene sei befristet für ein Jahr als Lehrkraft für "Deutsch als Fremdsprache im Integrationskurs" beauftragt worden. Diese Beauftragung sei nicht an einen bestimmten Integrationskurs gekoppelt gewesen. Innerhalb dieses Jahres hätte die Klägerin die Beigeladene beliebig in Integrationskursen wie eine angestellte Mitarbeiterin einsetzen können. In tatsächlicher Hinsicht überwögen deutlich die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände. Die Beigeladene habe sich an das Rahmencurriculum für Integrationskurse Deutsch als Fremdsprache des BAMF halten müssen. Innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens, der allerdings kein Lehrplan gewesen sei und den die Beigeladene durchaus selbst inhaltlich hätte gestalten können, sei dies jedoch durch die Nutzung des Lehrbuchs "Schritte plus Neu" eingeschränkt gewesen. Dieses Buch sei ihr von der Klägerin vorgegeben worden. Sowohl die Beigeladene als auch die Zeugin hätten übereinstimmend erklärt, dass dieses Lehrbuch an der Schule üblich gewesen sei und damit für den Unterricht vorgegeben. Hingegen sei der Einwand der Klägerin, die Vorgabe käme vom BAMF unzutreffend. Das Rahmencurriculum habe keine Bindung an ein bestimmtes Lehrbuch vorgesehen. Auch der Integrationskursverordnung sei keine zwingende Verwendung dieses Lehrbuches zu entnehmen. Vielmehr wird hier klargestellt, dass die Zulassung von Lehrmitteln dem BAMF obliege. Eine Liste von zugelassenen Lehrwerken unterschiedlicher Verlage finde sich auf der Homepage des BAMF. Das Maß der Ausgestaltungsmöglichkeiten für den Unterricht sei durch die verbindliche Buchwahl und die vorgegebene Dauer eines Integrationssprachkurses so gering gewesen, dass sich die Beigeladene und die Zeugin vor Start des Integrationskurses nicht zu den Unterrichtsinhalten haben abstimmen müssen, obgleich sie wechselnd den Kurs unterrichtet hätten. Die Zeugin habe schlüssig erklärt, dass ein solches Planungsgespräch nicht vor Kursbeginn erfolgt sei. Die weitere Abstimmung während des Kurses sei über die Lehrplanprotokolle erfolgt, deren Führung verbindlich gewesen sei. Sowohl die Führung dieser Lehrplanprotokolle wie auch der Anwesenheitskontrollen stellten Zusatzleistungen neben dem eigentlichen Unterrichten dar, welche die Beigeladene zwingend habe erbringen müssen. Unerheblich sei, dass diese Vorgabe vom BAMF erfolgt sei und nicht gesondert von der Klägerin. Denn die Klägerin habe zum Erhalt ihrer Zulassung für die Durchführung von Integrationskursen auf die Einhaltung dieses Standards sowie weiterer Qualitätsstandards achten müssen und die Beigeladene auch kontrollieren müssen. Die Beigeladene sei zudem auch in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Der Grad der Eingliederung habe das Maß, welches für die Ausübung der Tätigkeit zwingend erforderlich gewesen sei, überschritten. Dies spreche klar für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Beigeladene habe glaubhaft bekundet, dass sie einen Schlüssel für das Lehrerzimmer zu dessen Nutzung einschließlich des dortigen PC erhalten habe. Eine Eingliederung sei auch aufgrund des Umstandes anzunehmen, dass die Beigeladene sich einen Kurs mit einer angestellten Mitarbeiterin geteilt habe. Die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern stelle stets ein starkes Indiz für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation dar. Zuletzt habe die Beigeladene auch die technische Ausrüstung der Schule, insbesondere den Kopierer, unentgeltlich wie die angestellten Lehrer, nutzen dürfen.

Gegen diese am 15. Juni 2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 16. Juli 2018. Zu deren Begründung führt sie aus, das SG habe die im Wesentlichen unstreitigen Tatsachen unrichtig gewichtet. So sei die Schlussfolgerung aus § 1 Abs. 1 der Honorarvereinbarung, die Beauftragung der Beigeladenen sei nicht an einen bestimmten Integrationskurs gebunden gewesen, falsch. Denn es müsse zwischen dem zeitlich befristeten Lehrauftrag und dem konkreten Integrationskurs differenziert werden. Der Einsatz der Beigeladenen an einen einzelnen Integrationskurs sei nie von einer einseitigen Weisung, sondern nur von einer zweiseitigen Vereinbarung abhängig gewesen. Dass die Kurse in den Räumlichkeiten der Klägerin stattgefunden hätten, habe nur daran gelegen, dass sich dies einfach angeboten habe. Sie hätten auch in einem anderen vom BAMF zugelassenen Kursort stattfinden können. Dass die Beigeladene das Lehrbuch "Schritte plus Neu" genutzt habe, sei kein Indiz für eine Weisungsabhängigkeit. Das Buch sei ihr von der Klägerin nicht vorgegeben worden. Die Beigeladene und die Zeugin hätten übereinstimmend lediglich ausgesagt, dass das Lehrbuch in der Schule üblich gewesen sei. Die Schlussfolgerung, dass hieraus eine Vorgabe erwachsen sei, gehe fehl. Die Beigeladene habe kein anderes Buch vorgeschlagen, weil sie das Buch gekannt habe. Zudem hätten die Lehrkräfte uneingeschränkt Zusatzmaterialien, Auszüge aus anderen Büchern und auch eigene Ideen einbringen können. Aus den Lehrprotokollen, bei denen es sich vorrangig um Leistungsnachweise der Dozenten gehandelt habe, könne nichts für eine nicht selbständige Beschäftigung festgemacht werden. Denn die Anwesenheitskontrollen seien wiederum nur auf Vorgabe des BAMFs durchzuführen gewesen. Die Beigeladene habe ferner einzelnen Stunden ihres zugeteilten Kurses absagen bzw. mit der Zeugin tauschen können. Aus dem Umstand, dass die Beigeladene einen Schlüssel für das Lehrerzimmer gehabt habe, könne nicht auf eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin geschlossen werden. Ihr sollte nur aus Hilfsbereitschaft in der Pause die Möglichkeit geboten werden, sich irgendwo hinzusetzen. Einen Platz habe sie dort nicht zugeordnet bekommen. Die Klägerin habe ihr auch kein Ablagefach zugewiesen. Die Beigeladene habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, ihren Namen selbst an das Fach angebracht zu haben. Das Fach habe nicht als Postfach oder ähnliches gedient, sondern nur zur Ablage von Unterrichtsmaterialien. Die Nutzung der technischen Geräte, insbesondere des Kopierers, sei im Übrigen den Honorarlehrkräften offiziell untersagt gewesen. Eine Zusammenarbeit mit der Festangestellten im Sinne einer gleichzeitigen Tätigkeit habe nie stattgefunden. Die Kräfte hätten sich lediglich ab und zu über die behandelten Themen ausgetauscht, vorrangig per Handy oder email. Die Beigeladene habe selbst ausgeführt, dass die Festangestellten eine Gemeinschaft für sich gewesen seien. An deren Teamsitzungen, Konferenzen und Besprechungen habe sie nicht teilgenommen bzw. teilnehmen dürfen. Auch seien die Honorarkräfte nie bei Mitarbeiterversammlungen oder Festen eingeladen gewesen. Nach der neuen Rechtsprechung des BSG sei es ein wichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit, wenn das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt liege und dadurch Eigenvorsorge zulasse.

Die Beklagte hat am 29. Mai 2018 den Bescheid vom 8. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2017 dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass aufgrund der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Lehrkraft bei der Klägerin die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung am 12. Dezember 2016 begann und am 19. Mai 2017 endete.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2018 und den Bescheid vom 8. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2017 in der am 29. Mai 2018 abgeänderten Form aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Tätigkeit als Lehrkraft für Deutsch als Fremdsprache bei der Klägerin im Zeitraum vom 12.12.2016 bis 19.05.2017 nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Alle Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides in der Fassung vom 25. Mai 2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Beigeladene stand in ihrer Lehrtätigkeit bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, aus dem Versicherungspflicht folgt. Gleichzeitig besteht damit kein Anspruch auf die begehrte gegenteilige Feststellung.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).

Ausgangspunkt der Prüfung sind die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Diese sprechen hier für eine gewollte Selbstständigkeit. Nach § 3 Abs. 1 der schriftlichen Honorarvereinbarung sollte die Tätigkeit als rein selbständige ausgeführt werden, für den Rentenversicherungsschutz, Steuern und Sozialabgaben war die Beigeladene selbst verantwortlich. Die Beigeladene wurde als Auftragnehmerin bezeichnet, die Klägerin als Auftraggeber. Die beauftragte Leistung "Lehrkraft für Deutsch als Fremdsprache im Integrationskurs" sollte in eigener Verantwortung und mit eigener unternehmerischer Sorgfalt ausgeführt werden, die Beigeladene als Auftragnehmerin keinem Weisungs- und Direktionsrecht der Klägerin unterliegen (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 der Honorarvereinbarung). Zudem stand die Honorarvereinbarung unter der auflösenden Bindung eines Statusfeststellungsbescheides der Beklagten mit dem Inhalt der Feststellung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aufgrund § 3 Abs. 4 der Honorarvereinbarung.) Allerdings enthält das Vertragswerk auch Regelungen, die auf eine Weisungsabhängigkeit bzw. Eingliederung in den Schulbetrieb der Ersatzfachschule hindeuten. So sollte die Beigeladene die beauftragten Leistungen zwar in eigener Verantwortung ausführen, allerdings dabei auf die aus der Zusammenarbeit sich ergebenden betrieblichen Belange Rücksicht nehmen. Sie verpflichtete sich ferner, einen Unterrichts- oder Unterweisungsnachweis zu führen. Rein nach der Honorarvereinbarung war die Auftragstätigkeit nicht an einen bestimmten Integrationskurs gekoppelt. Aufgrund § 1 Abs. 4 S. 2 des Honorarvertrages ("Der Auftraggeber ist berechtigt, den Gegenstand der Leistungen gemäß Abs. 1 zu konkretisieren.") wäre die Klägerin in der Lage gewesen, einen Wechsel des Kurses anzuordnen. Hierauf hat bereits zutreffend das SG hingewiesen.

Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber nicht die Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbständigkeit muss vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes und kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welche gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des Bundessozialgerichts - BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rdnr. 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rdnr. 17). Hier ist es beispielsweise unstreitig, dass die Beteiligten § 3 Abs. 4 der Honorarvereinbarung missachtet haben. Danach sollte die Honorarvereinbarung auflösend bedingt abgeschlossen sein für den hier eingetretenen Fall, dass der Bescheid der Clearingstelle der Beklagten ergibt, dass es sich bei der Tätigkeit um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt.

Nach der Rechtsprechung des BSG und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann die Tätigkeit eines Lehrers bzw. Dozenten grundsätzlich sowohl in der Form einer abhängigen als auch in der einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden. Dies hat der Gesetzgeber selbst anerkennt. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ordnet für selbständig tätige Lehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung an (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R –, juris-Rdnr. 16). Dabei gilt für Lehrkräfte an allgemeinen Schulen, dass sie regelmäßig als abhängig Beschäftigte anzusehen sind (BAG, Urteil vom 20. Januar 2010 – 5 AZR 106/09- Rdnr. 19). Diese Unterscheidung stützt sich u. a, darauf, dass der stärkeren Einbindung von Schülern in ein Schul- oder Ausbildungssystem auch eine stärkere persönliche Abhängigkeit der Lehrkräfte vom Unterrichtsträger entspricht. So gibt es für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen ein dichtes Regelwerk von Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen, die nicht nur die Unterrichtsziele sondern auch Inhalt, Art und Weise des Unterrichts betreffen. Der Unterricht der verschiedenen Fächer und Stufen muss nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmt werden. Außerdem unterliegen diese Lehrkräfte wegen der erheblichen Bedeutung der allgemeinen Schulbildung einer verstärkten Aufsicht und Kontrolle. Diese bedeuten mittelbar auch eine Kontrolle der Unterrichteten. Schließlich fallen bei Unterricht an allgemeinbildenden Schulen regelmäßig mehr Nebenarbeiten an als bei der Abhaltung außerschulischer Lehrgänge. Dazu gehört die Unterrichtsvorbereitung, die Korrektur schriftlicher Arbeiten, die Beteiligung an der Abnahme von Prüfungen, die Teilnahme an Konferenzen (BAG, Urteil vom 12. September 1996 – 5 AZR 104/95 – juris Rdnr. 43 f für Lehrtätigkeit an einem Abendgymnasium). Entscheidend ist insgesamt, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (Urteil des Senats vom 2. Mai 2019 – L 1 KR 157/17 –, juris-Rdnr. 58 mit Bezugnahme auf BSG, a. a. O. juris-Rdnr. 30).

An diesen Grundsätzen gemessen war die Beigeladene in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der fraglichen Zeit abhängig beschäftigt, weil ihr Unterricht ähnlich reglementiert wie der an einer allgemeinen Schule gewesen ist. Auch dort besteht ein pädagogischer und fachlicher Freiraum, mit welchem die Lehrkraft die Pläne umsetzt. Danach standen der Beigeladenen für ihre Lehrtätigkeit nicht die typischen Freiheiten einer Dozentin zu, ihre Lehrtätigkeit entsprach vielmehr eher der einer "normalen" Lehrerin an einer Schule. Maßgeblich ist hierfür die Eingliederung in den Lehrbetrieb der Klägerin, der sich dadurch ergibt, dass sich die Beigeladene und ihre Kollegin wöchentlich abstimmen mussten, da sie beide denselben Kurs ("Klasse") im selben Fach beide unterrichteten. Die inhaltliche Abstimmung ergibt sich aus dem in Kopie zum Verwaltungsvorgang gereichten Lehrprotokoll. Die Beigeladene war ferner nicht wirklich frei in der Frage, welches Unterrichtswerk sie verwendet hat, weil bei der Klägerin rein faktisch nur das Lehrwerk "Schritte plus Neu" verwendet wurde. Die pädagogische Freiheit der Beigeladenen war somit stark eingeschränkt, durch die parallele Unterrichtung einer Klasse mit ihrer Kollegin sogar mehr, als bei Lehrern in normalen Schulen üblich. Hinzu kommt, dass die Beigeladene die Anwesenheit der Schüler kontrollieren und Lehrprotokolle anfertigen musste. Dies bedingt eine Einbindung in den Lehrbetrieb der Klägerin unabhängig davon, dass nur Vorgaben des BAMF umgesetzt worden sind. Ergänzend wird auf die Ausführungen des SG nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

Die Klägerin kann sich abschließend auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG berufen, dass ein deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegendes und Eigenvorsorge zulassendes vereinbartes Honorar ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist. Zwar lag der Stundenlohn von 35,00 EUR einschließlich Mehrwertsteuer um 12,60 EUR höher als der Stundenlohn festangestellter der Klägerin. Wird allerdings die Mehrwertsteuer abgezogen, beträgt die Differenz nur noch rund 7,00 EUR pro Stunde. Auch ist dieser Umstand höherer Honorierung nur einer von je nach Einzelfall vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien (vgl. BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R - Rdnr. 34; Beschluss vom 27. November 2018 - B 12 R 41/18 B -, Rdnr. 5 mit Bezugnahme auf Urteil vom 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 Rdnr. 50). Zudem stellt sich ganz allgemein bei nur kurzfristig bzw. befristet benötigten qualifizierten Arbeitskräften die Zahlung eines höheren Arbeitslohns auch als Ausgleich dafür dar, sich für beschränkte Zeiträume zur Verfügung zu stellen, was die Möglichkeit beschäftigungsloser Zeiten einschließt (ständige Rechtsprechung jedenfalls des hiesigen Senats, vgl. zuletzt Urteil vom 21. Oktober 2019 – L 1 BA 105/18 –, juris-Rdnr. 42f; Urteil. vom 19. Oktober 2018 - L 1 KR 185/16 -, juris-Rdnr. 38).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 S. 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.

Der Beschluss über den Streitwert, der nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar ist, folgt aus § 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
Saved