L 1 BA 21/20 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 182 BA 217/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 21/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2020 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 45.770,25 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für eine gegen eine Beitragsnachforderung erhobene Anfechtungsklage.

Die Antragstellerin ist eine Steuerberatungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft mit zwei Gesellschaftern, die beide auch Geschäftsführer sind. Die Antragsgegnerin führte vom 15. August 2016 bis 11. Dezember 2017 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 durch. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 hörte sie die die Antragstellerin zu ihrer Absicht an, für verschiedene Arbeitnehmer Umlagebeträge U1 und U2 und für den Geschäftsführer Dr. K Beiträge zur Sozialversicherung und Umlagebeträge in der Gesamthöhe von 105.237,21 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen) nachzufordern. Durch Bescheid vom 8. Februar 2018 setzte die Antragsgegnerin dann Nachforderungen in Höhe von 96.205,51 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 31.069,50 EUR) fest. Die Nachforderung setzte sich im Wesentlichen zusammen aus nachzuentrichtende Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Beschäftigung des Geschäftsführers Dr. K.

Die Antragstellerin erhob Widerspruch, der ohne Begründung blieb. Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2019 zurück. Die Antragsgegnerin wiederholte ihre Feststellungen aus dem angefochtenen Bescheid, dass der Geschäftsführer Dr. K mit seinem Anteil am Gesellschaftskapital von 49 Prozent keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH habe, die ihre Gesellschaftsbeschlüsse mit einfacher Mehrheit fasse. Soweit für die Abberufung von Geschäftsführern eine zwei Drittel Mehrheit vorgesehen sei, ergebe sich dieses Erfordernis aus einer Änderung des Gesellschaftsvertrags, die erst nach Ablauf der Prüfzeitraums wirksam geworden sei. Die Nachforderung von Umlagebeträgen für weitere Arbeitnehmer ergebe sich aus der Nichtberücksichtigung von Provisionszahlungen. Was die Säumniszuschläge angehe, könne auf deren Erhebung nur dann ganz oder zum Teil verzichtet werden, wenn der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Beitragspflicht hatte. Es sei im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden, dass die Antragstellerin versäumt habe, ein Statusfeststellungsverfahren hinsichtlich der Tätigkeit ihres Geschäftsführers Dr. K einzuleiten. Damit sei die Nichtabführung von Beiträgen billigend in Kauf genommen worden.

Am 4. September 2019 erhob die Antragstellerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2019 und beantragte bei dem Sozialgericht Berlin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs, soweit für die Beschäftigung ihres Geschäftsführers Dr. K Beiträge zur Sozialversicherung und Umlage für das Insolvenzgeld für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 in Höhe von 62.168,04 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 29.373,00 EUR gefordert wurden. Die Antragsgegnerin habe mittlerweile die Durchsetzung der Beitragsforderung betrieben, woraufhin die Beträge gezahlt worden seien.

Das Sozialgericht Berlin hat durch Beschluss vom 28. Januar 2020 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Das Gericht habe keinerlei Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Dr. U K sei im streitgegenständlichen Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen. Er habe nur über 49 Prozent der Gesellschaftsanteile der Antragstellerin verfügt, wobei Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der Stimmen gefasst würden. Herrn Dr. K stehe nach dem Gesellschaftsvertrag keine die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität zu. Die Antragsgegnerin habe auch nicht fälschlich ihrer Entscheidung den Gesellschaftsvertrag vom 9. Januar 2004 statt den vom 15. Juni 2005 zugrunde gelegt. Soweit der Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2019 auf den Gesellschaftsvertrag vom 9. Januar 2004 Bezug nehme, handele es sich um eine versehentliche Falschdatierung. Aus einem Prüfbericht des Finanzamts vom 6. Oktober 2016 könne die Antragstellerin nichts für sich herleiten. Er sei schon nicht als verbindliche Entscheidung im Sinne eines Verwaltungsaktes anzusehen. Auch bestehe keine völlige Übereinstimmung zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht und keine Bindungs- oder Tatbestandswirkung von Entscheidungen der Finanzbehörden oder Finanzgerichte. Auch die Entscheidungen des Unfallversicherungsträgers seien vorliegend unbeachtlich. Die Träger der Rentenversicherung könnten keine statusrechtlichen Entscheidungen mit Wirkung für die Träger der Unfallversicherung treffen. Deswegen hätten Entscheidungen der Unfallversicherungsträger keine Bindungswirkung für die Rentenversicherungsträger. Herr Dr. K sei auch nicht versicherungsfrei wegen Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, weil eine solche für Steuerberater in Berlin nicht existiere. Bei summarischer Prüfung habe die Antragsgegnerin auch zu Recht Säumniszuschläge festgesetzt. Auf das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Januar 2015 – S 27 R 1042/12 könne sich die Antragstellerin nicht berufen, weil das Bayerische LSG diese Entscheidung durch Urteil vom 12. Juli 2018 – L 14 R 5104/16 wieder aufgehoben habe. Eine unbillige Härte sei nicht im Ansatz glaubhaft gemacht. Die Aufhebung einer bereits erfolgen Vollziehung sei nur bei Vorliegen besonderer Umstände möglich. Besondere Gründe, die ein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall der sofortigen Vollziehbarkeit rechtfertigen könnten, seien weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

Gegen den ihr am 3. Februar 2020 zugestellten Beschluss richtet sich die am 2. März 2020 bei dem Landesozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Mangels Weisungsgebundenheit liege kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Herr Dr. K sei alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei er umfassend zur Tätigkeit für die Gesellschaft ermächtigt. Zu Unrecht meine das Sozialgericht, dass die Ermächtigung nur die Geschäftsführung, nicht jedoch die gesamte Unternehmenstätigkeit betreffe. Die Gesellschafterversammlung habe keine Vertretungsmacht im Außenverhältnis, die allein dem Geschäftsführer zukomme. Nach dem notariellen Gesellschaftsvertrag seien alle Einschränkungen der Ermächtigung von Herrn Dr. Kzur umfassenden Tätigkeit für die Gesellschaft unwirksam. Das würde auch dann gelten, wenn Herrn. Dr. K überhaupt kein Stimmrecht als Gesellschafter hätte. Auf eine Sperrminorität komme es deswegen nicht an. Er könne als Gesellschafter und Geschäftsführer die Unwirksamkeit jedes gefassten Gesellschafterbeschlusses feststellen lassen. Das gelte insbesondere für eine an ihn gerichtete Weisung der Gesellschafterversammlung. Eine Änderung dieser gesellschaftsrechtlichen Ausgangslage gegen den Willen von Herrn Dr. K sei ausgeschlossen. Insoweit verlange der Gesellschaftsvertrag nämlich eine Mehrheit von 75 Prozent. Im Übrigen sei nach dem Gesellschaftsvertrag ein Beschluss der Gesellschafter nur erforderlich für die Veräußerung des Geschäftsbetriebes, Zweigniederlassungen und Grundstücksgeschäfte. Eine Sperrminorität könne sich daher nur auf vereinzelt erforderliche Beschlüsse beziehen. Die Gesellschafterversammlung sei nicht das willensbildende Organ, sondern der Geschäftsführer. Nur aufgrund der umfassenden Unabhängigkeit der Geschäftsführer könne die GmbH eine Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft und als Steuerberatungsgesellschaft erhalten. Das Sozialgericht habe missachtet, das aus mehreren Gründen die Erteilung von Weisungen ausgeschlossen gewesen sei. Nach dem Gesellschaftsvertrag, dem Berufsrecht der Steuerberater und der Bundesrechtsanwaltsordnung seien Einflussnahmen der Gesellschafter auf die Tätigkeit der Geschäftsführer unzulässig, namentlich durch Weisungen oder vertragliche Bindungen. Der Gesellschaftsvertrag regele nicht nur die Vertretung, sondern schränke auch die Rechte der Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern ein. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei jede Einschränkung der Rechtsmacht von Herrn Dr. Kunwirksam und eine Weisung oder vertragliche Bindung unzulässig. Das Sozialgericht habe auch versäumt, den Geschäftsführeranstellungsvertrag zu würdigen, aus dem sich ebenfalls eine Weisungsfreiheit für Herrn Dr. K ergebe. Es habe auch nicht gesagt, wer Arbeitgeber von Herrn Dr. K und in wessen Arbeitsorganisation er eingegliedert sei. Die Gesellschafterversammlung könne es nicht sein, weil diese nach dem Gesellschaftsvertrag nicht die Rechtsmacht habe, die umfassende Tätigkeit des Geschäftsführers Dr. K einzuschränken. Es gebe keinen Beirat oder Aufsichtsrat. Weder der Mitgesellschafter noch die übrigen Geschäftsführer hätten die Rechtsmacht, Herrn Dr. Kr Weisungen zu erteilen oder ihm eine Arbeitsorganisation vorzugeben. Das sei zwingenden berufsrechtlichen Vorgaben geschuldet und gehöre zum Wesen des freien Berufs. Herr Dr. K treffe seine eigenen Entscheidungen, er sei selbständig und nicht abhängig beschäftigt. Soweit das Sozialgericht gemeint habe, dass der Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts kein Verwaltungsakt sei, werde die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Zu verweisen sei auf einen Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 26. Januar 2017 der als bestandskräftiger Verwaltungsakt für Herrn Dr. K das Nichtvorliegen der Arbeitnehmereigenschaft feststelle. Das Sozialgericht setze sich in Widerspruch zu diesem Bescheid, ebenso wie zu der Haltung der Berufsgenossenschaft, die noch mit Schreiben vom 20. März 2020 erklärt habe, an ihrer bisherigen Einschätzung festzuhalten, dass Herr Dr. K selbständig sei. Jedenfalls die Voraussetzungen für die Festsetzung von Säumniszuschlägen lägen nicht vor. Zu Unrecht werde aus der Unterlassung der Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens bedingter Vorsatz abgeleitet. Das widerspreche der Rechtsprechung des BSG, wonach die unterbliebene Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens eine unverschuldete Unkenntnis gerade nicht ausschließe (Hinweis auf BSG v. 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R). Herr Dr. K sei durch das Finanzamt und den Unfallversicherungsträger als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer eingeordnet worden. Nach dem Gesellschaftsvertrag seien Weisungen an ihn unwirksam. Er habe berechtigt auf die berufsrechtliche zwingende Unabhängigkeit vertraut. Das Sozialgericht habe zu Unrecht den Gesellschaftsvertrag außer Acht gelassen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 4. September 2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2019 anzuordnen, soweit sie sich gegen die Festsetzung von Beiträgen in Höhe von 62.168,04 EUR und Säumniszuschlägen in Höhe von 29.373,00 EUR aufgrund abhängiger Beschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. Ulrich K richtet und in gleicher Höhe die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Entscheidung des Sozialgerichts. Die Antragstellerin habe bisher nichts vorgebracht, was eine Änderung der Verwaltungsentscheidung herbeiführen könne.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Der Senat hat wegen der Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes von Beiladungen der betroffenen Versicherungsträger und des Geschäftsführers Dr. K abgesehen.

Der Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2020 hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2019 erhobenen Anfechtungsklage vom 4. September 2019 anzuordnen.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2019 hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung, weil in dem Bescheid Beiträge nachgefordert werden. Anzuordnen ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in den Fällen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG jedenfalls dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen (Vgl. etwa Beschluss des LSG Schleswig-Holstein v. 25. Juni 2012 – L 5 KR 81/12 B ER – juris Rn 14). Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG. Im Übrigen gibt der Gesetzgeber in § 86b Abs. 1 SGG nicht ausdrücklich vor, nach welchen Maßstäben über die Aussetzung einer sofortigen Vollziehung zu entscheiden ist. Hat der Gesetzgeber aber – wie es § 86b Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG voraussetzt – an anderer Stelle bereits grundsätzlich die sofortige Vollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung angeordnet, nimmt er damit in Kauf, dass eine angefochtene Entscheidung wirksam bleibt, obwohl über ihre Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend entschieden worden ist. Von diesem Grundsatz ermöglicht § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG eine Ausnahme. Zumindest in den Fällen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist die Vollziehbarkeit auszusetzen, weil dann kein öffentliches Interesse an einer Vollziehung erkennbar ist. Unterbleiben muss die Aussetzung dagegen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist. Dann gibt es keine Veranlassung, von dem vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Grundsatz abzuweichen. In den übrigen Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht klar erkennbar ist, kommt es auf eine Interessenabwägung an (BT-Drs 11/3480, S. 54). Je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind, desto mehr muss für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, damit trotz bloßer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Maßnahme entgegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers die aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann (vgl. zum ganzen Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl., § 86b Rn 12f mit weit. Nachw.).

Bei Beachtung dieser Maßstäbe kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier keinen Erfolg haben. Das gilt insbesondere deswegen, weil der Prüfungsmaßstab dadurch geprägt ist, dass die Antragstellerin keine schwere und nicht wieder auszugleichende Beeinträchtigung für den Fall glaubhaft gemacht hat, dass die Beitragsnachforderung bis zu dem rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens wirksam und vollziehbar bleibt. Sie hat nach eigenen Angaben die nachgeforderten Beiträge zunächst beglichen, ohne dadurch in wirtschaftliche oder sonstige Schwierigkeiten geraten zu sein. Vor diesem Hintergrund könnte der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur Erfolg haben, wenn die von der Antragsgegnerin erhobene Forderung offensichtlich rechtswidrig ist. Der Senat hält aber ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache nicht für wahrscheinlicher als ein Unterliegen. Deswegen muss es bei dem gesetzlichen Grundsatz bleiben, dass der Widerspruch gegen eine Beitragsforderung keine aufschiebende Wirkung hat.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüftätigkeit (§ 28p Abs. Satz 1 SGB IV) Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Diese Vorschrift findet nach § 359 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) Anwendung auch auf die Insolvenzgeldumlage. Die Antragsgegnerin hat in den streitgegenständlichen Bescheiden Versicherungspflicht des Geschäftsführers der Antragstellerin Dr. Klier aufgrund einer Beschäftigung bei der Antragstellerin in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und Umlagepflicht für die Insolvenzgeldumlage festgestellt.

Der Eintritt von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen einer abhängigen Beschäftigung bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch und § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch. Voraussetzung ist jeweils eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV. Auch die Umlagepflicht nach § 358 SGB III knüpft an eine entgeltliche Beschäftigung von Arbeitnehmern an. Eine Beschäftigung wird in § 7 SGB IV definiert als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Abzugrenzen ist eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn eine Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - und Urteil vom 12. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, zitiert jeweils nach juris).

Dr. K war in dem streitigen Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 als Geschäftsführer der Antragstellerin tätig. Der Geschäftsführer einer GmbH steht grundsätzlich dann nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, wenn er mindestens über die Hälfte des Stammkapitals verfügt und damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft besitzt (Urteile des BSG vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R - juris RdNr. 23 und vom 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R - juris Rdnr. 16; vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 7 SGB IV RdNr. 89 ff.). Verfügt der Gesellschafter-Geschäftsführer dagegen über weniger als 50 v. H. des Stammkapitals, stellt dieser Umstand in der Regel ein Indiz dafür dar, dass er abhängig beschäftigt ist. Das Indiz kann zwar durch besondere Umstände entkräftet werden, so dass auch bei einem unter 50 v. H. liegenden Anteil Selbstständigkeit möglich ist. Allerdings wird der mitarbeitende Gesellschafter bei diesem Kapitalanteil in der Regel an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, die er nicht endgültig beeinflussen kann und durch die ihm Weisungen erteilt werden können, gebunden sein, so dass von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist. In diesem Zusammenhang ist nicht maßgebend, ob dem Geschäftsführer tatsächlich Weisungen von der Gesellschafterversammlung erteilt worden sind. Entscheidend ist, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer die Rechtsmacht hatte zu verhindern, dass ihm Weisungen erteilt werden. Wollte man anders entscheiden, gäbe es Fälle der "Schönwetter-Selbständigkeit", in denen erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden könnte, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das stünde indessen im Widerspruch zu dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher und beitragsrechtlicher Tatbestände, die schon zu Beginn der Tätigkeit gegeben sein müssen (Urteile des BSG vom 11. November 2015 - B 12 KR 2/14 R, - und - B 12 KR 10/14 R -, zitiert nach juris). An diesen Grundsätzen gemessen, ist Dr. K in dem streitigen Zeitraum nicht offensichtlich selbständig tätig gewesen. Vielmehr spricht einiges dafür, dass er bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen ist. Maßgebend für die Umstände seiner Tätigkeit ist der Gesellschaftsvertrag vom 15. Juni 2005 vor den Änderungen vom 19. September 2018, die sich auf spätere Zeiträume beziehen, die nicht Gegenstand der in den streitgegenständlichen Bescheiden festgesetzten Nachforderung für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 sind. Heranzuziehen ist weiter der von der Antragstellerin zur Gerichtsakte gereichte Geschäftsführervertrag vom 19. Oktober 2011, der ab dem 1. November 2011 Gültigkeit haben sollte. Ausweislich des Gesellschaftsvertrags vom 15. Juni 2005 hielt Dr. K Gesellschaftsanteile in Höhe von 49 Prozent. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrags wurden Beschlüsse der Gesellschaft ausschließlich mit einfacher Mehrheit der Stimmen gefasst. Demnach konnte Dr. K aufgrund seines Kapitalanteils ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht verhindern. Eine qualifizierte Mehrheit war in § 16 des Gesellschaftsvertrags lediglich für Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder die Auflösung der Gesellschaft vorgesehen. Das reicht für die Begründung einer selbständigen Tätigkeit nicht aus. Nach der Rechtsprechung des BSG schließt die einem GmbH-Geschäftsführer gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sperrminorität eine Beschäftigung nur aus, wenn sie sich allumfassend auf die gesamte Unternehmenstätigkeit und nicht ausschließlich auf bestimmte Bereiche erstreckt (BSG v. 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - juris Rn 23). Das mittlerweile in dem Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin zu findende Erfordernis einer zwei Drittel Mehrheit für Gesellschafterbeschlüsse über die Geschäftsführung, insbesondere für die Abberufung eines Geschäftsführers, ist erst nach dem hier streitigen Zeitraum in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen worden und deswegen für den vorliegenden Rechtsstreit nicht erheblich.

Für eine Eingliederung des Geschäftsführers Dr. K in den Betrieb der Antragstellerin spricht, dass er dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung unterlag. Nach § 37 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sind die Geschäftsführer einer GmbH der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Aus dieser Vorschrift ergibt sich ein Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern für jegliche Tätigkeiten. Zudem sah hier § 7 des Gesellschaftsvertrags ausdrücklich vor, dass die Geschäftsführer der Antragstellerin verpflichtet sind, die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung mit ( ) den allgemein oder im Einzelfall gefassten Beschlüssen der Gesellschaft zu führen. Auch nach § 3 Abs. 1 des Geschäftsführervertrags war Dr. K gehalten, gegebenenfalls eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen. Aus § 1 Abs. 2 Geschäftsführervertrag ergab sich zudem seine Verpflichtung, die Geschäfte der Gesellschaft gemeinsam mit den weiteren Geschäftsführern zu führen. Das deutet darauf hin, dass Dr. K trotz seiner nach außen hin unbeschränkten Vollmacht im Innenverhältnis gerade nicht völlig frei gewesen ist. Die im Geschäftsführervertrag verabredete Weisungsfreiheit und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Berechtigung der Geschäftsführer zur umfassenden Tätigkeit für die Gesellschaft widerlegen das nicht notwendig. Die Antragstellerin übersieht mit ihrem gegenteiligen Vortrag, dass ihr Gesellschaftsvertrag jedenfalls auch eine Bindung der Geschäftsführer an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vorsieht, so dass eine gewollte Bindung jedenfalls nicht zweifelsfrei verneint werden kann. Im Übrigen hätte Dr. K jedenfalls nach der in dem hier streitigen Zeitraum maßgebenden Fassung des Gesellschaftsvertrags nicht verhindern können, dass er durch die Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer der Antragstellerin abberufen wird. Auch das spricht für seine abhängige Beschäftigung.

Soweit die Antragstellerin auf das für Steuerberater geltende Berufsrecht abstellt, nämlich auf die in § 57 Abs. 1 StBerG geregelte Unabhängigkeit von Weisungen, auf das auch der Gesellschaftsvertrag Bezug nimmt, verweist der Senat auf die bisherige Rechtsprechung der Landessozialgerichte, wonach § 57 Abs. 1 StBerG allein die mandatsbezogene Tätigkeit als Steuerberater erfasst, nicht aber die davon zu trennende und allein statusrelevante Tätigkeit als Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen v. 27. August 2014 – L 8 R 337/13 - juris Rn. 106, LSG Hamburg v. 29. Mai 2013 L 1 KR 89/10 – juris Rn 23, LSG Baden-Württemberg v. 16. Juni 2012 – L 5 KR 5179/08). Auch aus der berufsrechtlich vorgegebenen Unabhängigkeit der Steuerberater folgt demnach nicht zweifelsfrei eine Selbständigkeit des Geschäftsführers Dr. K. Nicht entscheidend ist schließlich auch die Haltung des Finanzamts. Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines Beschäftigungsverhältnisses ist grundsätzlich unabhängig von der Entscheidung der Finanzbehörden zu treffen (BSG v. 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R - juris Rn 30). Soweit darin eine Durchbrechung der Einheit der Rechtsordnung liegt, verstößt das nicht gegen das Grundgesetz (vgl. BVerfG v. 15. Juli 1969 - 1 BvR 457/66 - juris Rn 20ff). Zutreffend hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin durch statusrechtliche Entscheidungen der Unfallversicherungsträger nicht gebunden wird.

Im Übrigen ist nicht erheblich, ob dem Geschäftsführer Dr. K tatsächlich Vorgaben durch die Gesellschafterversammlung gemacht worden sind. Entscheidend ist das Vorliegen einer Rechtsmacht, mit der er hätte verhindern können, dass ihm Weisungen erteilt werden. Dementsprechend hat das BSG auch die in der Vergangenheit vereinzelt vertretene Rechtsauffassung der sogenannten "Kopf- und Seele"-Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (Urteil des BSG vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R und B 12 KR 1/15 R -, zitiert nach juris).

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch der Geschäftsführervertrag von Dr. K einige Elemente enthält, die auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten. So hat Dr. K kein unternehmerisches Risiko getragen. Maßgebendes Kriterium für ein derartiges Risiko ist der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft, verbunden mit der Gefahr des Verlustes, so dass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist. Ein derartiger Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Dr. K erhielt eine monatlich auszuzahlende Vergütung, die unabhängig von dem Erfolg seiner Tätigkeit bemessen war. Er trug damit nicht das Risiko, den Einsatz seiner Arbeitskraft nicht vergütet zu bekommen. Auch die Gewährung bezahlten Jahresurlaubs ist eher arbeitnehmertypisch.

Nach alledem spricht einiges dafür, dass die Antragsgegnerin zutreffend von einer abhängigen Beschäftigung des Geschäftsführers Dr. K in dem streitigen Zeitraum ausgegangen ist. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Beiträge und Umlagebeträge sind nicht ersichtlich. Zweifellos rechtswidrig sind die angefochtenen Bescheide auch nicht insoweit, als in ihnen Säumniszuschläge festgesetzt worden sind. Zwar setzt die Erhebung von Säumniszuschlägen bei nachträglicher Beitragserhebung bedingten Vorsatz in Bezug auf die Vorenthaltung der Beiträge voraus (BSG v. 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R). Zu dieser Frage sieht der Senat aber noch weiteren Aufklärungsbedarf, insbesondere im Hinblick darauf, dass sich die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren nicht zur Sache eingelassen hat. Da keine Eilbedürftigkeit erkennbar ist, muss die Entscheidung auch insoweit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes nach § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in Fällen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG, bei welchen die Erfolgschancen im Hauptsacheverfahren zu prüfen sind, grundsätzlich die Hälfte des Hauptsachenstreitwerts anzusetzen.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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