L 3 SF 114/20 AB RG

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 SF 114/20 AB RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die mit Schriftsatz des Klägers vom 27. April 2020 erhobene Anhörungsrüge gegen den zum Aktenzeichen L 3 SF 43/20 AB ergangenen Beschluss des Senats vom 08. April 2020 wird zurückgewiesen. Die mit Schriftsatz des Klägers vom 27. April 2020 zugleich erhobene Gegenvorstellung wird verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

In dem Verfahren L 3 R 379/17 macht der Kläger einen Anspruch auf Witwerrente nach seinem an einer Krebserkrankung verstorbenen Lebenspartner geltend.

Die für dieses Verfahren zuständige Berichterstatterin, die Richterin am Landessozialgericht (LSG) Dr. W, (im Folgenden: Berichterstatterin) beauftragte mit der durch Beschluss vom 12. Juli 2019 geänderten Beweisanordnung vom 10. Mai 2019 den Facharzt für Innere Medizin – Hämatologie/Onkologie – Dr. P mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage binnen einer Frist von drei Monaten. Das zeitgleich mit dem Gutachten nach Aktenlage vom 26. Juli 2019 bei Gericht eingegangene Gesuch des Klägers vom 29. Juli 2019, mit dem er den Sachverständigen (SV) wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnte, wies die Berichterstatterin nach Bekanntgabe des Gutachtens und der vom SV eingeholten Stellungnahme vom 02. September 2019 mit Beschluss vom 27. September 2019 – L 3 SF 177/19 AB – zurück.

Daraufhin setzte sich der Kläger mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2019 kritisch mit dem Gutachten und den Schlussfolgerungen des SV bzw. seinen Antworten auf die Beweisfragen auseinander und lehnte den SV erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des SV vom 20. Januar 2020 wies die Berichterstatterin mit dem von ihr am 27. Januar 2020 fertiggestellten Beschluss zum Aktenzeichen L 3 SF 265/19 AB das erneute Ablehnungsgesuch gegen den SV zurück.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2020 erhob der Kläger gegen diesen Ablehnungsbeschluss Anhörungsrüge und Gegenvorstellung, die unter dem Aktenzeichen L 3 SF 96/20 AB RG registriert wurden, sowie Verfassungsbeschwerde. Des Weiteren lehnte der Kläger nunmehr die Berichterstatterin wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Nachdem der Kläger unter dem 18. März 2020 zur eingeholten dienstlichen Äußerung der Berichterstatterin vom 28. Februar 2020 Stellung genommen hatte, wies der Senat – ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin – mit Beschluss vom 08. April 2020 das unter dem Aktenzeichen L 3 SF 43/20 AB geführte Ablehnungsgesuch mit der Begründung zurück, dass die vom Kläger geltend gemachten Ablehnungsgründe nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Richterablehnung nicht rechtfertigen würden.

Mit am 28. April 2020 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 27. April 2020 hat der Kläger Anhörungsrüge und Gegenvorstellung erhoben. Er hat ausgeführt, der Beschluss des Senats vom 08. April 2020 sei ihm mit Anschreiben vom 09. April 2020 und Poststempel vom 14. April 2020 erst am 16. April 2020 zugegangen. Der Beschluss verletze ihn in seinen Grundrechten, insbesondere im Recht auf ein faires Verfahren und ein Recht auf rechtlichen Gehör. Soweit der Senat sich darauf stütze, dass sich ein richterlicher Beschluss vom 27. November 2019 nicht in der Akte befände, hätte er vor Erlass der Entscheidung rechtliches Gehör gewähren müssen. Er habe tatsächlich, wie aus der beigefügten Kopie ersichtlich, eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses zum Aktenzeichen L 3 SF 265/19 AB mit dem Datum "27. November 2019" erhalten. Darin sei ausdrücklich vermerkt, dass am 27. November 2019 der Beschluss von der abgelehnten Richterin getroffen worden sei. Insoweit sei damals auch das Empfangsbekenntnis von der Prozessbevollmächtigten handschriftlich auf das Datum 27. November 2019 korrigiert worden, wie aus der ebenfalls beigefügten Kopie ersichtlich sei. Es sei davon auszugehen, dass der Ablehnungsbeschluss von der abgelehnten Richterin ohne vorherige Anhörung des SV bereits im November 2019 gefasst worden und nur nach weiterer Befragung des SV durch das Gericht - und zwar nur zu dessen neuen geänderten Fragen - noch einmal ergänzt worden sei. Daher könne der Beschluss des Senats vom 08. April 2020 keinen Bestand haben. Dies gelte auch zu den Ausführungen des Senats zu dem gerügten Gehörsverstoß der abgelehnten Richterin bezüglich der dem SV offensichtlich entgegen dem richterlichen Schreiben vom 07. Januar 2020 gestellten und von diesem als Ergänzungsgutachten vom 20. Januar 2020 beantworteten Fragen. Wenn sich also in der Akte solche Fragen nicht befunden hätten, hätte der SV vor Erlass der Entscheidung hierzu nochmals befragt werden müssen. Abgesehen davon habe der SV - entgegen der Auffassung des Senats - in seiner ergänzenden Stellungnahme auch nicht die Sicht des Klägers auf Seiten 4 bis 11 des Ergänzungsgutachtens erwähnt. Soweit der Senat behaupte, das zweite Ablehnungsgesuch sei nur wieder auf den Einwand des gleichen Arbeitgebers sowie auf die klägerischen Einwendungen zum Gutachten gestützt, begehe der Senat einen neuen Gehörsverstoß. Der zweite Antrag sei nämlich auf den weiteren Einwand eines Behandlungsfehlers der Klinik des Arbeitsgebers und den damit in Zusammenhang stehenden Entscheidungskonflikt gestützt gewesen. Auch habe er im Rahmen des Ablehnungsgesuchs nicht gerügt, dass die Berichterstatterin Hinweise und eine Frist nach § 109 SGG gesetzt habe, sondern dass sie damit zum Ausdruck gebracht habe, den SV nicht mehr mit der Erstellung eines ergänzenden Gutachtens beauftragen zu wollen, obwohl dieser die klägerischen Fragen offenkundig nicht beantwortet habe. Auch würden die vom Senat genannten Gründe dafür, dass der Kläger vor Ernennung des SV nicht habe angehört werden müssen, nicht tragen. Zwar sei das Verfahren nach § 106 SGG kostenfrei, wenn jedoch ein Gutachter bereits bestellt worden sei und das Gutachten erstellt habe, sei es dem Kläger nur noch möglich auf den kostenpflichtigen § 109 SGG auszuweichen. Daher sei es wichtig, wer Gutachter im kostenfreien Verfahren werde. Auch verkenne der Senat entscheidungserheblich den Umfang der Pflichten eines Richters im Rahmen von § 44 Abs. 3 ZPO. Zudem habe sich der Senat nicht damit auseinandergesetzt, dass er die Verletzung der Wartepflicht durch die Berichterstatterin auch insoweit gerügt habe, dass der SV bereits vor Beendigung des zweiten Befangenheitsverfahrens erneut mit der Erstellung eines Ergänzungsgutachtens beauftragt worden sei. Die Verletzung dieser Vorschriften begründeten auch regelmäßig die Besorgnis der Befangenheit. Es fehle eine abschließende Gesamtgewichtung im Beschluss des Senats.

Mit richterlichem Schreiben vom 30. April 2020 hat die Berichterstatterin den Beteiligten unter Beifügung einer korrekten Ausfertigung/Abschrift des Beschlusses zum Aktenzeichen L 3 SF 256/19 AB vom 27. Januar 2020 mitgeteilt, dass von der Geschäftsstelle bei Übersendung des Beschlusses, der in dem in der Gerichtsakte befindlichen Original das Datum des 27. Januar 2020 trage, stattdessen das Datum des 27. November 2019 aus einem Vorentwurf übernommen und die auf das aktuelle Datum (27. Januar 2020) vorgenommene Korrektur übersehen worden seien. Das dem Beschluss beigefügte Übersendungsschreiben des Gerichts vom 28. Januar 2020 habe wiederum das richtige Beschlussdatum, den 27. Januar 2020, benannt.

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Mai 2020 erklärt, er stütze seine Anhörungsrüge und Gegenvorstellung vom 27. April 2020 zusätzlich auf das weitere Schreiben der abgelehnten Richterin vom 30. April 2020. Diese Angaben widersprächen denen des Senats im angefochtenen Beschluss, wonach sich aus den Akten keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass der angebliche Beschluss vom 27. Januar 2020 nicht von diesem Datum stammen würde.

Der Senat hat dienstliche Stellungnahmen der in der Geschäftsstelle des Senats tätigen Justizangestellten vom 04. Juni 2020 und der Berichterstatterin vom 15. Juni 202 eingeholt, auf deren Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird, und diese mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Juni 2020 den Beteiligten zur Kenntnisnahme und freigestellten Stellungnahme übersandt.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakte zum Aktenzeichen L 3 R 379/19, die bei Entscheidungsfindung vorgelegen hat, insbesondere jedoch auf die Gründe des Beschlusses vom 08. April 2020 - L 3 SF 43/20 AB - Bezug genommen.

II.

Der Senat kann in der aus dem Rubrum ersichtlichen geschäftsplanmäßigen Besetzung entscheiden. Denn mit der Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs ist das Ablehnungsverfahren gegen die Richterin am LSG Dr. beendet, da ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch im Gesetz nicht vorgesehen ist und insbesondere die Anhörungsrüge die Rechtskraft der Entscheidung nicht berührt bzw. nicht hemmt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 07. November 2017 – B 10 ÜG 21/17 C -, juris; Flint in: jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017 – Stand 27. Juli 2020, § 60 SGG Rn. 117 f).

1. Die mit Schriftsatz des Klägers vom 27. April 2020 erhobene Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 08. April 2020 - L 3 SF 43/20 AB - ist zurückzuweisen.

Nach § 178a Abs. 1 S. 1 SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt (§ 178a SGG Abs. 1 S. 2 SGG). Die Rüge ist gemäß § 178a Abs. 2 S. 1 SGG innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Sie ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird (§ 178a Abs. 2 S. 4 SGG). Als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung muss die Rüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen (§ 178a Abs. 2 S. 5 SGG).

Gemessen an diesen Kriterien bestehen schon Zweifel an der Zulässigkeit der vom Kläger mit Schriftsatz vom 27. April 2020 erhobenen Anhörungsrüge gegen den zum Aktenzeichen L 3 SF 43/20 AB ergangenen Beschluss des Senats vom 08. April 2020, mit dem das Richterablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen wurde.

Zwar ist die im Schriftsatz des Klägers vom 27. April 2020 enthaltene Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 08. April 2020, der ihm am 16. April 2020 zugegangen ist, frist- und formgerecht (§ 178a Abs. 2 Satz 1 und 4 SGG) erhoben worden. Die angegriffene Entscheidung ist vom Kläger klar bezeichnet worden (§ 178a Abs. 2 S. 5 erster Satzteil SGG). Zudem ist gegen den Beschluss des Senats vom 08. April 2020, mit dem das Richterablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen wurde, ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gemäß § 177 SGG nicht gegeben (§ 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Nach § 178a Abs. 1 Satz 2 SGG kann die Anhörungsrüge aber nicht gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung, also nicht gegen eine Zwischenentscheidung erhoben werden. Um ein Zwischenverfahren handelt es sich aber bei dem Verfahren über die Richterablehnung nach § 60 SGG i.V.m. § 41 ff. ZPO. Gleichwohl wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Anhörungsrüge gegen Beschlüsse, durch die über Ablehnungsgesuche oder über eine Selbstablehnung entschieden wurde, mit der Begründung als statthaft erachtet, dass es sich um selbständige Zwischenverfahren handele, weil die Entscheidung über Ablehnungsgesuche Bindungswirkung für das weitere Verfahren entfalte und durch andere Instanzen nicht mehr nachgeprüft werden könne (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladwig/Keller/Leiterer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 178a Rn. 3e, und Flint in: jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017- Stand 27. Juli 2020 bzw. 03. August 2020, § 60 Rn. 159 bzw. § 178a Rn 41, jeweils m.w.N.; BVerfG, Beschlüsse vom 23. Oktober 2007– 1 BvR 782/07 -, BVerfGE 119,292, und 06. Mai 2010 – 1 BvR 96/10 -, NZS 2011,92 ). Das BVerfG hat insoweit ausgeführt, nach der Rechtsprechung des BSG sei im Falle eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG), der nicht zugleich Art. 101 Abs. 2 GG verletze, die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch der revisionsgerichtlichen Überprüfung entzogen und es sei offen, ob auch Gehörsverstöße während des Befangenheitsverfahrens mit der Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) gerügt werden könnten, weshalb in einer solchen Prozesssituation keine sicheren und zumutbaren Rechtschutzmöglichkeiten eröffnet seien und ein Verweis auf die Anhörungsrüge gegen die Endentscheidung nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06. Mai 2010 – 1 BvR 96/10 -, NZS 2011,92).

Jedoch dürften die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 27. April 2020, ergänzt durch den Schriftsatz vom 25. Mai 2020, nicht den in § 178a Abs. 2 S. 5 SGG normierten weiteren Begründungsanforderungen entsprechen.

Gemäß § 178a Abs. 2 S. 5 SGG muss mit der Rüge dargelegt werden, inwieweit das Gericht bei der angegriffenen Entscheidung den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Dem Vorbringen des Rügeführers müssen daher zumindest konkrete Umstände zu entnehmen sein, die im Falle ihres Vorliegens tatsächlich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergeben. Zugleich ist darzulegen, weshalb ohne die vermeintliche Gehörsverletzung eine für den Rügeführer günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Schmidt, a.a.O., § 178a, Rn. 5b).

Vorliegend lassen sich aus dem Vorbringen des Klägers schon keine hinreichend konkrete Umstände, die eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör begründen könnten, entnehmen.

Hierbei gilt es zu bedenken, dass von § 178a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG ausschließlich eigenständige Gehörsverletzungen durch das Gericht, gegen dessen Entscheidung sich der Betroffene wendet, erfasst werden (vgl. Schmidt, a.a.O., § 178a, Rn. 5c). § 178a SGG findet grundsätzlich keine Anwendung auf andere Verfahrensfehler, denn der Gesetzgeber hat mit dem insoweit eindeutigen Wortlaut eine Selbstkorrektur des Gerichts auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beschränkt und eine Rüge der Verletzung sonstiger Verfahrensgrundsätze oder Verfahrensfehler bewusst ausgeklammert (vgl. Schmidt, a.a.O., § 178a Rn. 5a; BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2009 – 1 BvR 893/09 -, NJW 2009,3710).

Das aus Art. 103 Abs. 1 GG und §§ 62, 128 Abs. 2 SGG folgende Gebot rechtlichen Gehörs verlangt von dem entscheidenden Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sie bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ist durch den Anspruch auf rechtliches Gehör zu gewährleisten, dass die Beteiligten nicht durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf (in das Verfahren eingebrachten) Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und sicher zu stellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen einbezogen wird (BSG, Beschluss vom 04. Juli 2013 - B 2 U 79/13 B -, juris Rn. 5 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 -, juris Rn. 7). Inhalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist unter Zugrundelegung der aus Art. 103 Abs. 1 GG bzw. § 62 SGG folgenden Maßstäbe im Wesentlichen, dass die Beteiligten sich im Prozess zum gesamten Prozessstoff äußern dürfen und dass nur solcher Prozessstoff der Entscheidung zugrunde gelegt werden darf, zu welchem Gehör gewährt wurde. Prozessstoff in diesem Sinne ist der gesamte Tatsachenvortrag, auch offen- und gerichtskundige Tatsachen, jede Beweisfrage und jede Rechtsfrage. Dementsprechend sind typische Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör das Übersehen von Anträgen, pflichtwidrig unterbliebene Kenntnisnahme von Beteiligtenvortrag, unterbliebene Anhörung des Gegners etc. (etwa Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 62 Rn. 2, 7 und 8). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. BSG, Beschlüsse vom 07. Oktober 2016 – B 9 V4/15 C -, juris Rn. 8, und 20. Juli 2016 – B 12 KR 3/16 C -, juris Rn. 13, jeweils m.w.N.). Ebenso wenig ist ein Gericht im Rahmen seiner Verpflichtung zur Erwägung des Vortrags von Beteiligten gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu befassen; es muss nur auf für das Verfahren wesentliche und nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliche Vorbringen eingehen (vgl. BSG, Beschlüsse vom 07. Oktober 2016 – B 9 V4/15 C -, juris Rn. 8, und 20. Juli 2016 – B 12 KR 3/16 C -, juris Rn. 18, jeweils m.w.N.).

Die Begründung der vom Kläger mit Schriftsatz vom 27. April 2020 erhobenen und mit Schriftsatz vom 25. Mai 2020 ergänzten Anhörungsrüge lässt eine Darlegung konkreter Umstände, aus denen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bei Erlass der Entscheidung über das Richterablehnungsgesuch ableitbar wäre, vermissen. Vielmehr setzt sich der Kläger hauptsächlich unter Wiederholung und Vertiefung seiner Argumentation zur Begründung des Ablehnungsgesuches mit der angegriffenen Entscheidung des Senats vom 08. April 2020 - L 3 SF 43/20 AB – auseinander und legt dar, warum aus seiner Sicht eine Befangenheit der abgelehnten Richterin aufgrund einer seiner Ansicht nach fehlerhaften Handhabung des Beweisaufnahme- bzw. des SV-Ablehnungsverfahrens (nunmehr ergänzt um den Vorwurf der "Aktenfälschung" durch die Berichterstatterin) begründet sei. Die Darlegungen des Klägers, insbesondere ab Mitte der Seite 3 bis Seite 8 (Ende) des Schriftsatzes vom 27. April 2020, zielen damit im Wesentlichen darauf ab, die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Senats zu beanstanden. Hierbei verkennt der Kläger, dass Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung verbürgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 2016 – 2 BvR 1576/13 -, juris Rn. 71), d.h. eine Anhörungsrüge nicht dafür herangezogen kann, das Ergebnis einer richterlichen Entscheidungsfindung in der angegriffenen Entscheidung als unzutreffend zu würdigen (vgl. BSG, Beschluss vom 20. Juli 2026 – B 12 KR 3/16 C -, juris).

Soweit der Kläger seine Anhörungsrüge darauf stützt, dass der Senat bei seiner Entscheidung fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass ein - sein zweites SV-Ablehnungsgesuch zurückweisender - Beschluss zum Aktenzeichen L 3 SF 265/19 AB vom 27. November 2019 nicht existiere bzw. sich nicht in der Gerichtsakte befinde, und hierzu eine Kopie der ihm mit gerichtlichem Schreiben vom 28. Januar 2020 zugesandten beglaubigten Abschrift des Beschlusses der Berichterstatterin vom 27. Januar 2020 - L 3 SF 265/19 AB -, die (bedauerlicherweise) versehentlich und aus in der Gerichtsakte nicht ersichtlichen Weise von der Geschäftsstelle des Senats tatsächlich mit dem Datum "27. November 2019" als Entscheidungsdatum gefertigt worden war, vorlegt, ist für den Senat nur schwer erkennbar, worin hier eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen soll. Dies käme allein bei Annahme einer aus Art. 103 Abs. 1 GG resultierenden Verpflichtung des Senats, vor Erlass einer Entscheidung den Kläger im Hinblick auf dessen Angaben im Richterablehnungsgesuch vom 20. Februar 2020 darüber zu informieren, dass ein Originalbeschluss mit Entscheidungsdatum "27. November 2019" zum Aktenzeichen L 3 SF 265/19 AB nicht existiert, sondern das Original des Beschlusses zum Aktenzeichen L 3 SF 265/19 AB von der Berichterstatterin erst am 27. Januar 2020 fertiggestellt und unterschrieben zur Gerichtsakte gegeben wurde, in Betracht.

Jedoch lassen die weiteren Ausführungen des Klägers in der Anhörungsrüge vom 27. April 2020 nicht erkennen, inwiefern sich der (behauptete) Verstoß gegen eine derartige Informationspflicht im Ergebnis auf die Entscheidung vom 08. April 2020 – L 3 SF 43/20 AB – ausgewirkt hat, und weshalb ohne diesen Gehörsverstoß eine für ihn günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden könne.

Jedenfalls ist die Anhörungsrüge auch bei Annahme eines Verstoßes gegen die Informationspflicht unbegründet. Denn die Entscheidung des Senats vom 08. April 2020 – L 3 SF 43/20 AB – beruht offensichtlich nicht in entscheidungserheblicher Weise auf diesem Verstoß. Denn der Senat hat zwar am 08. April 2020 noch in Unkenntnis des Versehens der Geschäftsstelle bei der Zustellung des Beschlusses vom 27. Januar 2020 – L 3 SF 265/19 AB – entschieden. Jedoch hat er hierbei den nach wie vor zutreffenden Akteninhalt inklusive der Gründe des Beschlusses vom 27. Januar 2020 – L 3 SF 265/19 AB -, die dem Kläger ja aus der übersandten, lediglich mit einem falschen Entscheidungsdatum versehenen beglaubigten Abschrift dieses Beschlusses bekannt waren, zugrunde gelegt.

2. Unzulässig ist die vom Kläger erhobene Gegenvorstellung. Nach Einführung der Anhörungsrüge (§ 178a SGG) in das sozialgerichtliche Verfahren kann eine Gegenvorstellung nur noch gegen eine abänderbare Entscheidung des Gerichts erhoben werden (BSG, Beschlüsse vom 17. Oktober 2017 – B 6 KA 5/17 C –, juris Rn. 6 m.w.N., 17. August 2017 – B 1 KR 6/17 C -, juris, und 03. August 2017 - B 4 AS 194/17 B -, juris; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 178a Rn. 12 m.w.N.). Auf die Unanfechtbarkeit nach § 177 SGG war im Beschluss des Senates vom 08. April 2020 verwiesen worden. Soweit das BVerfG ausnahmsweise gegen seine Entscheidungen Gegenvorstellungen zulässt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 01. Februar 2017 – 2 BvR 2148/16 -, juris Rn. 2, und 01. April 2019 – 2 BvC 4/18 -, juris) beruht dies darauf, dass das BVerfGG anders als die fachgerichtlichen Verfahrensordnungen keine Anhörungsrüge kennt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nach § 178a Abs. 4 Satz 3 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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