L 9 KR 154/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 4 KR 148/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 154/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 26. März 2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Krankengeld über den 5. März 2018 hinaus bis zum 24. Mai 2018.

Die Klägerin ist 1964 geboren und bei der Beklagten krankenversichert.

Sie war als Arbeitslosengeldbezieherin in der Krankenversicherung pflichtversichert und erkrankte im Januar 2017 arbeitsunfähig. Die Beklagte bewilligte Krankengeld. Am 18. Dezember 2017 wurde eine ärztliche Bescheinigung über das Weiterbestehen von Arbeitsunfähigkeit bis 31. Januar 2018 ausgestellt. Die Klägerin wurde am 3. Januar 2018 stationär in das Fachklinikum T aufgenommen und am 5. März 2018, einem Montag, entlassen. Die Aufenthaltsbescheinigung des Klinikums ging am 12. März 2018 bei der Beklagten ein. Aussagen zur Arbeitsfähigkeit waren we-der in der Aufenthaltsbescheinigung noch einem Entlassungsbrief der Klinik vom 2. März 2018 enthalten. Die Klägerin suchte am 5. März 2018 die Praxis der behandelnden Ärztin W auf, um eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellte die Ärztin an diesem Tag nicht aus, nach eigenen Angaben im Hinblick auf den Klinikaufenthalt, der noch einen Krankengeldanspruch vermittele.

Mit einer Folgebescheinigung vom 7. März 2018 stellte die Ärztin W für die Klägerin Arbeitsunfähigkeit seit dem 6. März 2018 bis zum 6. April 2018 fest.

Mit Bescheid vom 13. März 2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Krankengeldanspruch ende am 5. März 2018. Die am 18. Dezember 2017 beginnende Arbeitsunfähigkeit sei zunächst bis zum 31. Januar 2018 nachgewiesen, sie sei dann erst wieder am 7. März 2018 festgestellt. Ein Versicherungsschutz sei ab dem 6. März 2018 ohne Anspruch auf Krankengeld sichergestellt.

Die Klägerin erhob am 23. März 2018 Widerspruch unter Übersendung eines ärztlichen Attestes der Ärztin W vom 19. März 2018. Sie habe am 5. März 2018 nach Entlassung aus der Klinik in der Arztpraxis W einen Termin für den 7. März 2018 erhalten. Sie habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nahtlos bescheinigt zu erhalten. Die Ärztin bestätigte in dem beige-fügten Attest dass die Klägerin sich am 5. März 2018 persönlich vorgestellt habe und, da aus Kapazitätsgründen kein anderer Termin mehr frei gewesen sei, habe sie für den 7. März 2018 einen Termin vereinbart. Die ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit sei am 7. März 2018 rückwirkend zum 6. März 2018 erfolgt.

Für die Zeit ab dem 6. April 2018 reichte die Klägerin weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit bis zum 5. Juni 2018 bei der Beklagten ein. Die Klägerin bezog ab dem 12. April 2018 Leistungen des SGB III sowie ab dem 25. Mai 2018 erneut Krankengeld, ab dem 6. Juni 2018 bezog sie Übergangsgeld im Rahmen einer stationären Rehabilitation.

Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. Juli 2018 wies den Widerspruch der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 9. Juli 2018 Klage zum Sozialgericht Frankfurt/Oder erhoben. Sie habe ihre behandelnde Ärztin W rechtzeitig aufgesucht, um die weitere Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen. Dass diese aus Kapazitätsgründen dazu nicht in der Lage gewesen sei, könne nicht zu Lasten der Klägerin gereichen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund des bestehenden Ärztemangels.

Das Sozialgericht hat die behandelnde Ärztin W schriftlich befragt. Diese hat am 1. Oktober 2018 in ihrer schriftlichen Zeugenaussage gegenüber dem Gericht er-klärt, die Klägerin habe am 5. März 2018 eine weitere Arbeitsunfähigkeit erbeten und die Auskunft erhalten, sie möge sich am Folgetag, den 6. März 2018, wegen der Arbeitsunfähigkeit vorstellen. Eine Bescheinigung sei am 5. März 2018 nicht aus-gestellt worden, da die Klägerin an diesem Entlassungstag noch wegen der stationären Behandlung einen Krankengeldanspruch gehabt habe. Am 6. März 2018 hätte eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit erfolgen können, der Termin erst am 7. März 2018 sei auf Wunsch der Klägerin erfolgt. Zu einer verspäteten Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seien der Klägerin keine Auskünfte erteilt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. März 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Bei abschnittsweiser Krankengeldbewilligung sei die nahtlose ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit Voraussetzung für das Entstehen sowie das Bestehenbleiben des Krankengeldanspruchs und damit auch für das Aufrechterhalten des Versicherungsverhältnisses. Daher müsse die weitere Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes, d.h., an seinem letzten Tag oder – seit der Rechtslage, die ab dem 23. Juli 2015 gelte – spätestens am nächsten Werktag ärztlich neu festgestellt werden. So entstehe eine nahtlose Reihe von Krankengeldansprüchen, welche die Mitgliedschaft aufrechterhielten. Die rechtzeitige Vereinbarung eines (weiteren) Termins für die Untersuchung und Behandlung bei der Ärztin reiche nicht aus. Das BSG habe es für einen lückenlosen Krankengeldschutz bzw. eine insoweit unverschuldete Lücke in der ärztlichen Bescheinigung nicht ausreichen lassen, dass Versicherte zwar einen Arzt zur weiteren Feststellung aufsuchen, dieser sie aber auf einen späteren Untersuchungstermin verweise (B 1 KR 19/14 R). Auch ein bloßes Telefonat mit dem behandelnden Arzt genüge nicht, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfordere vielmehr, dass der Arzt die Versicherte unmittelbar persönlich untersuche. Die Beklagte müsse sich ggf. falsche Rechtsauskünfte der Ärzte nicht zurechnen lassen. Das gelte auch im Fall der Klägerin. Ihre auf der Arbeitslosmeldung beruhende Mitgliedschaft bei der Beklagten habe am 5. März 2018 geendet. Sie sei danach nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Außerdem habe die Ärztin W dem Gericht mitgeteilt, dass auch am 6. März 2018 eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit hätte erfolgen können, der neue Termin am 7. März 2018 auf Wunsch der Klägerin vereinbart worden sei.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 5. April 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29. April 2018 Berufung eingelegt. Sie habe am 5. März 2018 bei ihrer Vorsprache in der Arztpraxis W keinen Termin für den 6. März 2018 aus Kapazitätsgründen erhalten können, sondern erst für den 7. März 2018. Sie sei am 6. März 2018 auch nicht wegen ihres Geburtstags an diesem Tag verhindert gewesen, in Anbetracht ihrer am 5. März 2018 erfolgten Entlassung aus der stationären Behandlung sei eine Familienfeier am 6. März 2018 nicht geplant gewesen. Die Arzthelferin habe ihr bei ihrer Vorsprache am 5. März 2018 keinen Termin für den 6. März 2018 angeboten und ihr mitgeteilt, dass die Ärztin sie am 7. März 2018 rück-wirkend auf den 6. März 2018 krankschreiben werde und das gehe schon klar und sei in Ordnung so.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 26. März 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld über den 5. März 2018 hinaus bis zum 24. Mai 2018 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat den vorläufigen Entlassungsbrief des Fachklinikums T vom 2. März 2018 beigezogen. Die Zeugin G hat am 10. September 2019 schriftlich zu den Um-ständen der Terminvergabe am 5. März 2018 Stellung genommen. Die Ärztin Weiß hat einen Tagesausdruck ihrer Patiententermine für den 6. März 2018 übersandt und auf weitere Anfrage des Senats mitgeteilt, dass die Terminvergabe am 7. März 2018 sowohl auf Kapazitätsgründen beruht habe als auch darauf, dass es die Patientin selbst abgelehnt habe, am 6. März 2018 die Praxis aufzusuchen.

Am 27. August 2019 hat ein Erörterungstermin mit der Berichterstatterin stattgefunden, am 5. August 2020 ein erster Termin zur mündlichen Verhandlung in der Sache. Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. September 2020 die Zeugin G gehört.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat hat über die Berufung gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Besetzung durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter/-innen entschieden, weil das Sozialgericht über die Klage durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat durch Beschluss vom 16. Juli 2020 die Berufung der Berichterstatterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern/Richterinnen übertragen hat.

II. Die Berufung ist zulässig. Das Sozialgericht hat die Berufung im Tenor zugelassen, sie ist aber auch von Gesetzes wegen zulässig, da der Beschwerdewert i.S. des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) erreicht wird. Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht einen weiteren Krankengeldanspruch für die Klägerin abgelehnt und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von weiterem Krankengeld ab dem 6. März 2018 bis zum 24. Mai 2018.

1. Rechtsgrundlagen eines Anspruchs sind §§ 44 und 46 Sozialgesetz-buch/Fünftes Buch (SGB V). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - was hier allein einschlägig ist - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Da Krankengeld-Zahlungen grundsätzlich als abschnittsweise Leistungsbewilligung anzusehen sind (vgl. BSG Urteil vom 25. Oktober 2018 - B 3 KR 23/17 R - juris Rn. 12), ist der Einzelanspruch mangels abweichender Übergangsregelungen jeweils anhand des in diesem Zeitraum aktuell geltenden Rechts zu prüfen. Der insoweit maßgebende Bewilligungsabschnitt begann im Falle der Klägerin mit dem 6. März 2017 und endete am 24. Mai 2017 und ist mithin nach dem ab dem 23. Juli 2015 bis zum 10. Mai 2019 geltenden Recht zu prüfen.

Zwischen den Beteiligten zu Recht allein im Streit, ob am 6. März 2018, dem ersten Tag nach dem Ende des stationären Aufenthalts, noch (weiter) eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld bestand. An der weiteren Arbeitsunfähigkeit der Klägerin besteht hingegen kein Zweifel.

Eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld bestand aber nicht mehr. Die Klägerin war seit dem Januar 2017 arbeitsunfähig und auch nach dem Ende der Leistungsfortzahlung aus der Arbeitslosenversicherung infolge des Krankengeldbezugs weiter pflichtversichert. Für den Anspruch auf Krankengeld konnte ab dem 6. März 2018 der Versicherungsschutz nur noch mit Blick auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fortbestehen. Die weitere Pflichtversicherung erforderte einen lückenlosen Krankengeld-Anspruch, der nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (in der ab dem 23. Juli 2015 geltenden Fassung) auch bei fortbestehenden Dauererkrankungen erst vom Tag der ärztlichen Arbeitsunfähigkeits-Feststellung an entsteht oder einen Kran-kengeld-Bezug. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich – ausgehend von einer abschnittsweisen Entstehung des Anspruchs – nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für das Krankengeld vorliegt. Maßgebend für den Krankengeld-Beginn gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist nicht der "wirkliche" oder der "ärztlich attestierte" Beginn, sondern der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung (so BSG, Beschluss vom 05. Juni 2019 – B 3 KR 56/18 B –, Rn. 13, juris m.w.N.). Rechtlich haben daher grundsätzlich Versicherte im Sinne einer Obliegenheit dafür Sorge zu tragen, dass eine rechtzeitige ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Feststellung erfolgt (BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R –, BSGE (vorgesehen), Rn. 17).

Da ein Krankengeldbezug der Klägerin nach dem 5. März 2018 nicht mehr vorlag, hätte eine erneute ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Feststellung - ohne dass ein Karenztag eintritt - spätestens am ersten Tag nach dem Ende des stationären Aufenthalts erfolgen müssen, der den Krankengeldanspruch bis zum 5. März 2018 gemäß § 46 Satz 1 Nr. 1 SGB V (in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung) begründete (vgl. entsprechend der bis zum 22. Juli 2015 geltende Altfassung, BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R –, BSGE (vorgesehen), Rn. 16).

Im Fall der Klägerin erfolgte keine erneute ärztliche Feststellung spätestens am Tag nach Ende des zuletzt bescheinigten Zeitraumes. Die behandelnde Ärztin W stellte zunächst nach der Entlassung aus der stationären Behandlung (am 5. März 2018, einem Montag) erst am 7. März 2018 die weitere Arbeitsunfähigkeit fest. Damit er-folgte nicht sofort nach Ende der stationären Behandlung, d.h. spätestens am 6. März 2018, eine erneute Bescheinigung durch die Ärztin W. Das Fehlen einer lückenlosen, für die weitere Krankengeld-Gewährung nötigen Arbeitsunfähigkeits-Feststellung unterbrach mit Wirkung für die Zukunft den Krankenversicherungsschutz mit Krankengeld-Anspruch ab dem 6. März 2018. Die Klägerin war zum Zeit-punkt des neuen Krankengeldabschnitts am 7. März 2018 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Eine Ausnahme von diesen grundsätzlichen Erfordernissen, die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, anerkannt ist, liegt nicht vor. Eine Lücke in den ärztlichen Arbeitsunfähigkeits-Feststellungen ist nicht nur bei medizinischen Fehlbeurteilungen, sondern auch bei nichtmedizinischen Fehlern eines Vertragsarztes im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeits-Feststellung für Versicherte unschädlich, wenn sie der betroffenen Krankenkasse zuzurechnen ist. Eine erst verspätet erfolgte ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Feststellung steht dem Krankengeld-Anspruch nicht entgegen, wenn

1. Versicherte alles in ihrer Macht Stehende und ihm Zumutbare getan haben, um ihre Ansprüche zu wahren, indem sie einen zur Diagnostik und Behandlung befug-ten Arzt/eine Ärztin persönlich aufsuchen und diesen ihre Beschwerden geschildert haben, um

(a) die ärztliche Feststellung der Ar als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen, und

(b) dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeld-Anspruch erfolgt ist,

2. die Versicherten an der Wahrung der Krankengeld-Ansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung eines Vertragsarztes oder einer Vertragsärztin gehindert wurden (z.B. eine irrtümlich nicht erstellte Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung), und

3. die Versicherten - zusätzlich - ihre Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend machen (so u.a. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R - BSGE 123, 134 ff. Rn. 34).

Einem "rechtzeitig" erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt steht es gleich, wenn Versicherte alles in ihrer Macht Stehende und ihnen Zumutbare getan haben und rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen versucht haben, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeldanspruchs zu erhalten, und es zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt aus dem Vertragsarzt/der Vertragsärztin und der Krankenkasse zurechenbaren Gründen erst verspätet, aber nach Wegfall dieser Gründe gekommen ist. (BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R –, BSGE (vorgesehen), Rn. 22)

Das ist insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen die Gründe für das nicht rechtzeitige Zustandekommen einer ärztlichen Folge-Arbeitsunfähigkeits-Feststellung in der Sphäre des Vertragsarztes/der Vertragsärztin und nicht in derjenigen der Versicherten liegen. Dies ist typischerweise zu bejahen bei einer auf Wunsch des Vertragsarztes/der Vertragsärztin bzw. des von diesen angeleiteten Praxispersonals erfolgten Verschiebung des vereinbarten rechtzeitigen Arzttermins in der (naheliegenden) Vorstellung, ein späterer Termin sei für Versicherte leistungsrechtlich unschädlich, weil nach der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) auch die begrenzte rückwirkende ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Feststellung statthaft sei (BSG, aaO, Rn. 23). Die Gleichstellung lässt sich damit begründen, dass die Obliegenheiten der Versicherten auf das in ihrer Macht Stehende und ihm Zumutbare beschränkt sind. Ein "Arzt-Hopping", das ohnehin grundsätzlich unerwünscht ist (vgl. § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB V), statt des nachvollziehbaren Wunsches, von mit der Arbeitsunfähigkeit schon vertrauten (Fach-)Ärzten/Ärztinnen weiterbetreut zu werden, kann von ihnen grundsätzlich nicht verlangt werden. Für Versicherte fallen zudem ihr soziales Schutzbedürfnis in der GKV zu ihrer finanziellen Absicherung im Krankheitsfall (siehe auch § 2 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 21 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g Sozialgesetzbuch/Erstes Buch – SGB I) und die Verhältnismäßigkeit von leistungsrechtlichen Folgen bei tatsächlichen Fristversäumnissen ins Gewicht (verfassungsrechtliches Übermaßverbot). Diese Erwägungen waren für die Rechtsprechung des BSG schon wesentlich für die Erweiterung der Unschädlichkeit von Arztfehlern im nichtmedizinischen Bereich. Generalpräventive Erwägungen der Missbrauchsabwehr haben dagegen, vor allem in zweifelsfreien Folge-Arbeitsunfähigkeits-Fällen, kein solch großes Ge-wicht, dass sie diese Schutzaspekte überlagern und verdrängen könnten. (BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R –, BSGE (vorgesehen), Rn. 24). Für diese Auslegung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V spricht darüber hinaus, dass sich Versicherungsträger in ihrem Verwaltungshandeln auch am Rechtsgedanken von Treu und Glauben (vgl. § 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) sowie des § 162 BGB auszurichten haben, welcher auch im Bereich des Sozialversicherungsrechts Anwendung findet (BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R –, BSGE (vorgesehen), Rn. 25 f.; vgl. jüngst auch Entscheidung des Senats vom 5. August 2020 - L 9 KR 234/19, juris).

In diesem Sinne dürfen auch Krankenkassen gegenüber dem Krankengeld-Anspruch ihrer Versicherten nicht einwenden, der dafür erforderliche Arzt-Patienten-Kontakt sei nicht rechtzeitig zustande gekommen, wenn dies auf Grün-den beruht, die

1. in der Sphäre eines Vertragsarztes/einer Vertragsärztin (und nicht der Ver-sicherten) liegen, und die 2. auch den Krankenkassen zuzurechnen sind.

Es ist dann gerechtfertigt und vom Normzweck der gesetzlichen Regelungen zum Krankengeld gedeckt, dass sich die Krankenkasse nicht auf eine dem vertragsärztlichen System anzulastende Verhinderung der rechtzeitigen Arbeitsunfähigkeits-Feststellung berufen darf (BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R –, BSGE (vorgesehen), Rn. 27).

Als ein in der Sphäre des Vertragsarztes/der Vertragsärztin liegendes Verhalten kann es nicht nur anzusehen sein, wenn ein bereits vereinbarter rechtzeitiger Vorstellungstermin von ärztlichem Personal (ggf. auf Weisung) eines Vertragsarztes/einer Vertragsärztin verschoben wird (so im Fall des BSG vom 26. März 2020, aaO). Dem gleichzustellen kann aus Sicht des Senates grundsätzlich der Fall sein, in dem Versicherten bei ihrer rechtzeitigen Vorstellung, um eine weitere Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung zu erhalten, in der Arztpraxis ein nicht rechtzeitiger Ter-min zur Verlängerung der Arbeitsunfähigkeitsfeststellung seitens der Arztpraxis an-gedient wird und ggf. diese noch auf An-/Nachfrage mitteilt, dass auch der spätere Termin für das Krankengeld unschädlich sei. Letzteres dürfte regelmäßig von der (Fehl-)Vorstellung geprägt sein, dass aufgrund der vertragsärztlichen Befugnis, Arbeitsunfähigkeit gemäß der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien rückwirkend festzustellen, dies für Versicherte leistungsunschädlich ist. Unter dem Aspekt einer Organisationsverantwortung von Inhabern/Inhaberinnen sowie angestellten Ärztinnen und Ärzten einer Vertragsarztpraxis ist es somit den genannten Fällen gleichzustellen, wenn das vom Arzt/der Ärztin angeleitete Praxispersonal für einen nicht rechtzeitigen Vorstellungstermin verantwortlich ist. Entstehen deshalb Lücken in der Arbeits-unfähigkeits-Bescheinigung ist auch das dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen zuzurechnen Versicherte dürfen in solchen Fällen darauf vertrauen, dass ihnen eine durch das vom Vertragsarzt/einer Vertragsärztin angeleitete Praxispersonal erfolgte Terminsbestimmung und die dazu gegebenen Auskünfte im Hin-blick auf ihre Krankengeldansprüche nicht schaden. Sie sind dann so zu behandeln, als hätten sie rechtzeitig die Arztpraxis aufgesucht und sei die Arbeitsunfähigkeit vertragsärztlich festgestellt worden (BSG, Urteile vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R und B 3 KR 10/19 R).

Gemessen daran ist im Fall der Klägerin ein solcher Sachverhalt möglich, aber nicht nachgewiesen. Es ist dabei noch unstreitig, dass die Klägerin sich am 5. März 2018 wegen einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in der Praxis W vorgestellt hat und die Mitarbeiterin, die Zeugin Gr, gemäß der Anweisung der Praxisinhaberin die Ausstellung einer ärztlichen Bescheinigung abgelehnt hat, weil die Klägerin an diesem Tag, dem Entlassungstag aus der stationären Behandlung, den Krankengeldanspruch noch auf den stationären Aufenthalt stützen konnte. Die Ärztin sah sich deshalb an einer ärztlichen Bescheinigung gehindert und hatte die Mitarbeite-rinnen angewiesen, keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Aussicht zu stellen. Darin liegt noch kein ärztliches Fehlverhalten, welches es für sich bereits rechtfertigen könnte, die fehlende rechtzeitige Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse zuzurechnen. So liegt keine (ärztliche) Fehlbeurteilung darin, dass die Praxis W für die Klägerin am 5. März 2018 wegen des stationären Aufenthalts an diesem Tag die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung abgelehnt hat. Gemäß § 46 Satz 1 Nr. 1 SGB V begründet eine Krankenhausbehandlung bis zur Entlassung einen Krankengeldanspruch. Die Krankenhausbehandlung besteht für den Krankengeldanspruch noch für den gesamten Entlassungstag. Dieser ist nicht zweigeteilt. Dafür spricht nicht nur § 46 Satz 2 SGB V, wonach die Anschlussfeststellung am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten erfolgen kann. Daraus erhellt, dass der gesamte letzte Tag den Krankengeldanspruch trägt. Es gehen auch die übrigen Bestimmungen für einen stationären Aufenthalt davon aus, dass jeder Tag, an dessen Beginn Versicherte im Krankenhaus sind, insgesamt noch als "stationärer Aufenthalt" gilt. So bemisst § 61 Satz 2 SGB V Zuzahlungen für stationäre Behandlungen streng nach Kalendertagen. Dafür sprechen schließlich § 4a Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (in der Fassung vom 14. November 2013, zuletzt geändert am 26. Juni 2020, veröffentlicht im Bundesanzeiger [BAnz AT 10.07.2020 B5]) sowie § 39 Abs. 1a SGB V. Nach beiden Bestimmungen sind Krankenhäuser im Rahmen des Entlassmanagements berechtigt, für einen Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen nach (!) der Entlassung Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Der Entlassungstag wird darin gerade nicht mitgezählt. Eine (weitere) (vertrags-)ärztliche Bescheinigung wäre für den Entlassungstag also doppelt. Es ist somit zwar aus Sicht des Senats nicht zwingend, aber im Interesse des Vermeidens unterschiedlicher Bescheinigungen für ein und denselben Tag vertretbar, dass die behandelnde Ärztin für die Klägerin am 5. März 2018 keine weitere Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, sondern die Arztpraxis einen Folgevorstellungstermin dafür vereinbarte.

Ein Fehlverhalten der Vertragsarztpraxis W ließ sich auch im Übrigen nicht nach-weisen. Der Senat konnte sich weder davon überzeugen, dass im Fall der Klägerin ein noch rechtzeitiger Termin zur Vorstellung und zum Erhalt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 6. März 2018 allein auf Veranlassung der vertragsärztlichen Praxis W unterblieben ist und die Klägerin deshalb erst am 7. März 2018 die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung ausgestellt erhielt. Noch ist der Senat überzeugt davon, dass die Klägerin am 5. März 2018 die unzutreffende Auskunft seitens der Vertragsarztpraxis erhielt, eine am 7. März erfolgende rückwirkende Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung sei leistungsunschädlich. Es besteht insoweit zwar die gute Möglichkeit, dass der Termin am 7. März 2018 von der Praxis W bestimmt wurde und die Klägerin zusätzlich noch die Information erhielt, die Vorstellung erst am 7. März 2018 sei leistungsunschädlich für das Krankengeld. Für ebenso wahrscheinlich hält es der Senat aber, dass die Terminsbestimmung auf Wunsch der Klägerin er-folgte und sie keine unrichtige Auskunft zu der rückwirkenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - konkret von der Mitarbeiterin G - erhalten hat. Es handelt sich so-wohl bei der Frage, ob die Terminsbestimmung auf den 7. März 2018 auf Wunsch der Klägerin erfolgte als auch, ob die Klägerin am 5. März 2018 die o.g. (unrichtige) Auskunft in der Arztpraxis erhalten hat, nach den Grundsätzen des BSG für einen weiteren Krankengeldanspruch jeweils um anspruchsbegründende Tatsachen, die von der Klägerin voll bewiesen werden müssen. Die Nichterweislichkeit von solchen Tatsachen geht nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Beweislastgrundsätzen zu Lasten von Anspruchsstellern, die sich darauf berufen. Der erforderliche Vollbeweis ist in diesem Fall erst dann erbracht, wenn der Senat von dem Geschehensablauf, wie ihn die Klägerin schildert, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist, die bloße Möglichkeit oder ein geringerer Über-zeugungsgrad reichen dagegen nicht aus. Daher geht die Nichtaufklärbarkeit (das non-liquet) zu Lasten der Klägerin. So liegt der Fall hier.

Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin am 5. März 2018 auf ihre Vorsprache in der Praxis W und der Bitte um Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 6. März 2018 keinen Termin zur Untersuchung bei der Ärztin W erhalten hat. So spricht in Anbetracht des nachgewiesenermaßen sehr vollen Tagesausdrucks der Patiententermine der Praxis W für den 6. März 2018, wie er dem Senat von der Ärztin übersandt wurde, einiges dafür, dass die Klägerin möglicherweis am 5. März 2018, damit am Tag davor, aus Kapazitätsgründen keinen Untersuchungstermin für die Ärztin mehr vereinbaren konnte. Nach dem Ausdruck begannen die Termine bereits um 8.15 Uhr ohne freie Zeit bis zum 12.00 Uhr (letzte Patientin). Die Nachmittagssprechstunde begann um 14.00 Uhr mit der ersten Patientin und endete mit dem letzten Patienten um 15.45 Uhr, ohne dass ein freier Patiententermin dazwischen erkennbar ist. Die Zeugin G hat dem in ihrer Zeugenaussage am 6. März 2018 nicht grundsätzlich widersprochen. Sie konnte nicht sagen, ob am 6. März 2018 noch ein freier Arzttermin zu vergeben war, wenngleich sie der Auffassung war, sie habe nach ihrer Erinnerung der Klägerin gar keinen Termin anbieten können, weil diese ein Kommen am 6. März 2018 sofort abgelehnt habe. Für einen Kapazitätsengpass spricht aus Sicht des Senates neben dem Patientenausdruck aber die erste Bescheinigung der Ärztin W vom 19. März 2018, wonach aus Kapazitätsgründen der Termin am 7. März 2018 vereinbart worden sei, weil sonst kein anderer Termin frei gewesen sei. Gleiches gilt für die schriftliche Erklärung der Ärztin gegenüber dem Senat vom 18. November 2019, die auch die Zeugin unterzeichnet hat.

Daraus folgt aber noch nicht, dass es für die Klägerin am 6. März 2018 auch nicht möglich war, an diesem Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Die weiteren Umstände der Terminvergabe sind insoweit nicht zu klären. Die Klägerin hat u.a. in ihrer Berufungsbegründung erklärt, für den 6. März 2018 keinen Ter-min für eine ärztliche Untersuchung und eine etwaige Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit erhalten zu haben, obgleich sie in der Lage und bereit gewesen sei, sich auch an diesem Tag in der Praxis W vorzustellen. Dem widerspricht die Zeugin G, die auf mehrfache Nachfrage des Senates in der mündlichen Verhandlung dezidiert behauptet hat, die Klägerin habe es ihr gegenüber damals (sofort) abgelehnt, am 6. März 2018 überhaupt in der Praxis zu erscheinen. Gleiches führt im Ergebnis die Ärztin W in ihrer schriftlichen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht aus. Eine solche Ablehnung aus eigenem Entschluss der Klägerin wäre – so sie vorliegt – kausal dafür, dass die Klägerin keine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung erhalten hat Sie würde gerade keinen Ausnahmefall i.S. der Grundsätze des BSG darstellen und keine Ausnahme von dem Erfordernis einer lückenlosen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtfertigen.

Der Senat hält es aufgrund der Darstellung der Zeugin G für möglich, dass allein aufgrund der Entscheidung der Klägerin diese am 6. März 2018 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten hat. Dafür spricht, dass es zur Überzeugung des Senates die gute Möglichkeit gab, dass sie auch ohne vereinbarten Arzttermin die erforderliche Bescheinigung hätte erhalten können und ihr das angeboten wurde.

Zum einen hätte sie möglicherweise ohne Termin in die Sprechstunde am 6. März 2018 noch kommen können. Das ergibt sich aus den detaillierten Ausführungen der Zeugin G. Die Zeugin hat über den eingeübten und schon damals bestehenden Praxisbrauch berichtet, wonach eine Vorsprache bei der Ärztin in vergleichbaren Fällen gleichwohl auf Patienten-Wunsch möglich war, wenn also mangels Kapazitäten der Ärztin vorher kein zeitlich fester Vorsprachtermin mehr für Patienten vereinbart werden konnte. Patienten und Patientinnen konnten sich dann zu Beginn der Sprechstunde in der Praxis einfinden und mussten eine Wartezeit in Kauf nehmen, um die Ärztin zu sprechen. Der Senat sieht keine Veranlassung, an dieser detaillierten Darstellung zu zweifeln. Es besteht nach der Aussage der Zeugin die Möglichkeit, dass die Zeugin der Klägerin ein solches Prozedere angeboten hätte, davon aber abgehalten wurde, weil die Klägerin am 6. März 2018 nicht in der Praxis erscheinen wollte.

Zum anderen hält der Senat für ebenso wahrscheinlich, dass der Klägerin konkret angeboten worden ist, auch ohne Arztvorsprache und -kontakt am 6. März 2018 ei-ne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Dafür spricht die Einlassung der Zeugin G, die erklärt hat, sie habe der Klägerin am 5. März 2018 bei ihrer Vorsprache angeboten, sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 6. März 2018 in der Praxis am Empfangstresen ohne Arztkontakt abzuholen. Die Zeugin hat dazu von einer weiteren nach wie vor praktizierten betrieblichen Übung der Praxis W anschaulich und detailreich berichtet. Patienten, die aus der stationären Behandlung entlassen werden, aber nicht unmittelbar (am Tag danach) einen Termin zur Untersuchung bei der Ärztin selbst erhalten, erhalten auf Wunsch für einen kurzen (Übergangs-)Zeitraum von 1 – 3 Tagen bis zur Vorstellung bei der Ärztin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am Empfangstresen, ohne dass sie dazu die Ärztin sehen (müssen). In Anbetracht dieser Übung spricht aus Sicht des Senates einiges dafür, dass die (weitere) Aussage der Zeugin insoweit zutrifft, als sie auch der Klägerin für den 6. März 2018 einen solchen bloßen Abholtermin konkret angeboten oder zumindest als Möglichkeit erwähnt hat. Es bleiben zwar gewisse Zweifel, ob das Erinnerungsvermögen der Zeugin diesbezüglich nach so langer Zeit und so vielen Patienten/Patientinnen, die sie betreut, gänzlich fehlerfrei ist. Auch zieht der Senat die Möglichkeit in Betracht, dass die Zeugin zu ihrem eigenen oder dem vermeintlichen Schutz der Ärztin Weiß zu diesem Punkt vor dem Gericht überzeugter aufgetreten sein mag, als sie es in diesem konkreten Fall tatsächlich war. Es ist für den Senat aber nicht greifbar geworden, dass sie in diesem Punkt die Unwahrheit sagte und deshalb ihre Aussage keine Bedeutung haben kann. Trifft ihre Aussage insoweit aber zu, war der Klägerin dadurch praktisch die Möglichkeit eröffnet, die erforderliche Bescheinigung noch rechtzeitig zu erhalten. Dabei ist aus Sicht des Senates nicht entscheidungserheblich, dass die Ärztin mit dieser betrieblichen Praxis, ihrerseits gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie verstößt, wo-nach die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit nur auf Grund ärztlicher Untersuchung erfolgen darf. Ein solcher Verstoß macht die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie sie § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V für den Krankengeldanspruch fordert, jeden-falls nicht nichtig oder unbeachtlich. Für den Fall der Klägerin bleibt im Rahmen der Beweiswürdigung die praktische Möglichkeit, dass sie dadurch in den Besitz einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hätte gelangen können.

Der Senat hält es des weiteren für möglich, dass die Klägerin eine Vorsprache am 6. März 2018 – sei es zur Vorsprache bei der Ärztin ohne Termin, sei es, um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am Tresen bei den Mitarbeiterinnen abzuholen – abgelehnt hat, weil sie die Arztpraxis an diesem Tag nicht aufsuchen wollte. Die Aussage der Zeugin G, wonach die Klägerin es abgelehnt habe, sich am 6. März 2018 überhaupt in die Praxis zu begeben, weil sie am 6. März 2018 Geburtstag hatte und "deswegen nicht nach Frankfurt/Oder reinfahren wollte", erfolgte im Hinblick auf diese Äußerung sehr konkret und explizit. Der geschilderte Geschehensablauf steht im starken Gegensatz zum Vortrag der Klägerin, diese habe aus Kapazitäts-gründen keinen Vorstellungstermin am 6. März erhalten. Gegen die mangelnde Kapazität spricht einerseits die von der Zeugin geschilderte schon damals gelebte Möglichkeit, dass Patienten/Patientinnen auch ohne vereinbarten Termin in die Sprechstunde kommen konnten, so sie bereit waren, Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Gegen die Kapazitätsgrenze als Grund für die Nichtvorstellung spricht zudem die von der Zeugin glaubhaft geschilderte Übung, die Bescheinigung ohne Arzt-kontakt am Empfangstresen abholen zu können. Gegen die Kapazität als (alleinige) Ursache spricht schließlich die schriftliche Zeugenaussage der Ärztin W vom 1. Oktober 2018 gegenüber dem Sozialgericht Frankfurt/Oder, wonach am 6. März 2018 eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit hätte erfolgen können und die Klägerin auf eigenen Wunsch die Praxis nicht aufgesucht habe. Die Klägerin ist dieser Ausführung vor dem Sozialgericht zunächst weder in ihrer direkten Antwort am 19. Oktober 2018 noch auf die entsprechenden Ausführungen der Beklagten vom 26. Oktober 2018 hin entgegengetreten. Das ist in Anbetracht der Tragweite der unter-schiedlichen Darstellungen und der damals noch frischen Erinnerung vor dem Sozialgericht erstaunlich und wiegt aus Sicht des Senates zu ihren Lasten.

Der Senat konnte schließlich keine volle Überzeugung davon gewinnen, dass der Klägerin (zumindest) am 5. März 2018 in der Arztpraxis W von der Zeugin G die unrichtige Auskunft mit dem Inhalt erteilt wurde, eine rückwirkende ärztliche Bescheinigung am 7. März 2018 sei unschädlich. Wäre eine Auskunft dieses Inhaltes erteilt worden, käme es im Ergebnis u.U. nicht darauf an, auf wessen Veranlassung ein Vorsprachetermin am 6. März 2018 nicht zustande kam. Im Rahmen des Vertrauens der Versicherten wäre dann möglicherweise die unrichtige Auskunft in der Annahme, dass eine rückwirkende ärztliche Bescheinigung (gemäß den AU-RL) für den Krankengeldanspruch unschädlich ist, kausal für die fehlende rechtzeitige Bescheinigung. Die Klägerin hat erstmals im Erörterungstermin am 27. August 2019 vorgetragen, dass die Zeugin G ihr am 5. März 2018 gesagt habe, die Ärztin würde sie am 7. März 2018 auf den 6. März 2018 krankschreiben und "das gehe in Ordnung so". Der Ehemann bestätigte, dass ihm die Klägerin im Auto unmittelbar nach Rückkehr aus der Praxis Weiß von einer solchen Auskunft berichtete. Diesem Vor-trag steht zum einen die dezidierte und auf mehrmalige Nachfrage wiederholte Behauptung der Zeugin G entgegen, sie habe der Klägerin bei ihrer Vorsprache am 5. März 2018 keine derartige Auskunft erteilt. Zum anderen hat die Ärztin W in ihrer schriftlichen Zeugenaussage vom 1. Oktober 2018 erklärt, es seien zur rückwirken-den Krankschreibung am 5. März 2018 keine Auskünfte erteilt worden. Der Senat misst dieser ärztlichen Aussage allerdings deshalb einen schwächeren Beweiswert zu, weil die Ärztin erklärtermaßen die Klägerin am 5. März 2018 nicht gesehen hat. Sie kann also zur Frage, welche Auskünfte die Klägerin an diesem Tag in ihrer Praxis erhalten hat, keine erschöpfende Auskunft kraft eigener Wahrnehmung geben. Sie kann – da sie die Klägerin an diesem Tag nicht gesehen hat – insoweit für ihre Mitarbeiterinnen nur vom Hörensagen berichten. So steht im Ergebnis Aussage gegen Aussage, ohne dass der Senat eine als überzeugender als die andere erlebte. Sowohl für die Klägerin als auch für die Zeugin G ist jeweils ein mögliches Eigeninteresse in Rechnung zu stellen: für die Klägerin hängt ihr Anspruch auf Krankengeld an der Frage, ob sie die o.g. Auskunft erhielt. Die Zeugin könnte eine Motivation haben, sich selbst und die Ärztin W zu schützen. Beiden Umständen misst der Senat jeweils gleiches Gewicht zu.

Weder für noch gegen die Aussage der Klägerin oder der Zeugin und der Ärztin W spricht aus Sicht des Senates ein Aktenvermerk des ehemaligen Klägerbevollmächtigten vom 12. September 2018, den der Klägerbevollmächtigte im Termin zur mündlichen Verhandlung teilweise verlesen hat. In diesem soll die Zeugin als Gesprächspartnerin ("Schwester T") Erwähnung finden. Der Vermerk liegt nicht vor, der Klägerbevollmächtigte hat ihn nicht zu den Akten gereicht. Die Zeugin will sich an ein solches Telefonat nicht erinnern. Darüber hinaus – und das ist wesentlich - ist nicht bekannt, welchen Inhalt genau dieses Telefonat hatte. Gleiches gilt im Ergebnis für ein Telefonat, über welches der Ehemann der Klägerin im Erörterungstermin berichtete. Danach habe die Arztpraxis bei den Eheleuten im Herbst 2018 angerufen und habe "ihm einzureden versucht", die Klägerin habe am 6. März 2018 nicht kommen wollen, weil sie Geburtstag gehabt hätte. Für den Senat ergibt sich aus beiden Telefonaten, dass bereits im Herbst 2018 unterschiedliche Auffassungen zum Geschehensablauf herrschten. Die Arztpraxis hat – möglicherweise aus Sorge vor einem möglichen Regress oder sonstigen Ansprüchen im Hinblick auf die vom Sozialgericht damals von der Ärztin erbetene schriftliche Zeugenaussage – versucht, ihre Sicht der Dinge zu bestärken. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Darstellung nicht den Tatsachen entspricht, ergibt sich daraus nicht.

Endete demgemäß die durch den Krankengeldbezug nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhaltene Pflichtversicherung der Klägerin (aus der Arbeitslosenversicherung) am 5. März 2018, trat an deren Stelle ab dem 6. März 2018 eine Absicherung ohne Krankengeldanspruch. Für den Anspruch ohne Belang ist, ob die Mitgliedschaft als Familienversicherung oder als freiwillige Mitgliedschaft oder nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG)
Rechtskraft
Aus
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