Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 143 KR 1477/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 88/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Koste des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, für welche diese jeweils selbst aufzukommen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Prüfbescheid der Beklagten. Der Sache nach im Streit ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 3) (nachfolgend nur noch: "der Beigeladene") in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. September 2010 sowie vom 1. Februar 2011 bis zum 30. September 2012.
Der Beigeladene ist Diplominformatiker. Die Klägerin und er schlossen am 1. Januar 2004 einen Honorarvertrag, aufgrund dessen der Beigeladene als Auftragnehmer Leistungen der EDV-Schulung sowie der fachlichen Anleitung vom 1. Januar 2004 an bis auf Weiteres nach jeweiliger Terminabsprache mit der Klägerin als Auftraggeberin durchführen sollte. Die Höhe des Honorars wurde "entsprechend den Richtlinien für die Festsetzung der Vergütung für den theoretischen Unterricht an Einrichtungen der T gGmbH" pro Unterrichtseinheit mit 20,00 bis 25,00 EUR brutto vereinbart. In einem vorangegangenen Prüfverfahren der Beklagten bei der Klägerin für den Zeitraum 1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2004 stellte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 fest, dass hinsichtlich der Honorarkräfte (Berater/ freie Mitarbeiter) die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Über das Ergebnis ergehe gegebenenfalls ein gesonderter Bescheid.
Am 4. Januar 2010 schlossen der Beigeladene und die Klägerin einen weiteren Honorarvertrag über EDV-Schulung, fachliche Anleitung sowie Organisation von Schulungen. Sie vereinbarten einen Stundensatz in Höhe von 25,00 EUR.
Vom Oktober 2010 bis Dezember 2010 war der Beigeladene bei der Klägerin in einem Angestelltenverhältnis tätig.
Die Vertragspartner schlossen am 25. Januar 2011 einen weiteren Honorarvertrag. Vereinbart wurde nach § 1 Gegenstand des Vertrages die Durchführung von EDV-Schulung und die Koordination, Planung, Organisation und Betreuung von Schulungsleistungen des Programms "Zusatzjobs + Bildung" ab Februar 2011 bis 31. Dezember 2011. Nach § 2 Nr. 1 des Vertrages wurde ein monatliches Honorar von 2.500,00 EUR inklusive eventuell anfallender Umsatzsteuer vereinbart. Unter dem 2. Januar 2012 vereinbarten die Vertragspartner schließlich einen weiteren, inhaltlich gleichlautenden Honorarvertrag für die Zeit 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 (Vertrag vom 2. Januar 2012).
Ab 1. Oktober 2012 war der Beigeladene als Job-Coach bei einem zum Unternehmensverbund der Klägerin gehörenden weiteren Unternehmen angestellt, der G für D und P.
Der Beigeladene stellte der Klägerin Rechnungen. Das Buchhaltungskonto (Kontonummer) für den Beigeladenen bei der Klägerin weist ab Januar 2009 bis September 2010 monatliche Zahlungen zwischen 3.300 EUR und 3.700 EUR auf. Im Buchungstext heißt es "Verwaltung Schulung U. ESF" "Schulung + Verwaltung" oder ähnliches.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 23. Oktober 2013 bis zum 24. Oktober 2013 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Auf ihre Anfrage teilte der Beigeladene mit, bei der Klägerin von 2003 bis 15. August 2013 als Qualifizierungsbeauftragter, Dozent und Job-Coach tätig gewesen zu sein. Seine Tätigkeit beschrieb er mit "Organisation der Qualifizierungen und Durchführung", Dozententätigkeit, "Job-Coach für Kunden der AA und Job-Center". Die Frage ob er vor dieser Tätigkeit für die Klägerin als Arbeitnehmer tätig gewesen sei, bejahte er. Auf die Frage, worin der Unterschied zu der vorherigen Tätigkeit bestanden habe, führte er aus, "im Grunde genommen nichts". Eine regelmäßige Arbeitszeit von 38 Stunden (wöchentlich) sei einzuhalten. Er könne die Arbeitszeit nicht frei gestalten, den Arbeitsort nicht frei wählen und keine berufliche Werbung für die Tätigkeit betreiben. Er bejahte auch die Frage ob ihm Weisungen bezüglich der Ausführung der Arbeit erteilt würden. Aufgrund Mitarbeiterbesprechungen sei er in die betrieblichen Arbeitsabläufe eingegliedert. Der Beigeladene reichte Kopien von Schriftsätzen eines Arbeitsgerichtsprozesses betreffend einen zeitlich späteren Zeitraum ein sowie die Kopie einer Visitenkarte, welches ihn als Qualifizierungsbeauftragten der Klägerin ausweist.
Die Beklagte forderte daraufhin die Arbeitsgerichtsakte vom Arbeitsgericht Berlin an (Arbeitsgericht Berlin Az. 38 Ca 11132/13).
Die Klägerin hat ausgeführt, der Beigeladene sei während der gesamten Tätigkeit als Honorarkraft weder in ihren Betrieb eingegliedert noch an feste Arbeitszeiten gebunden gewesen. Er sei seit langen Jahren intensiv in der bezirklichen Politik tätig. Aufgrund einer Vielzahl von politischen Funktionen sei von Anfang an vereinbart gewesen, dass er nicht in der Lage sei, sich in eine betriebliche Organisation einbinden zu lassen. Er habe keinerlei Anordnungen des Betriebes unterlegen und eine beratende Funktion im Bereich der Qualifizierung übernommen. Er sei nur für Zuarbeiten zuständig gewesen welche innerhalb der Firma wie auch von zu Hause aus erledigt hätte werden können.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 insgesamt 48.590,41 EUR Sozialversicherungs- und Umlage-Beiträge für den Beigeladenen nach.
Die Klägerin erhob hiergegen am 9. Januar 2015 Widerspruch. Sie wies unter anderem darauf hin, dass die Tätigkeiten des Beigeladenen bereits Gegenstand zweier vorangegangenen Betriebsprüfungen gewesen seien, ohne dass es jeweils Beanstandungen gegeben habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2015 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 28. Mai 2015 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie zusätzlich ausgeführt, angesichts des Umstandes, dass die vorrangegangenen Betriebsprüfungen ohne Beanstandungen beziehungsweise Anhaltspunkte für eine Scheinselbständigkeit geendet hätten, dränge sich der Verdacht auf, dass der Beigeladene, der politisch sehr aktiv sei, das Vorgehen der Beklagten nicht unmaßgeblich beeinflusst habe. Dem Beigeladenen seien keine Betriebsmittel zur Verfügung gestellt worden mit der Ausnahme, dass ihm ermöglicht worden sei, den im Betrieb der Klägerin vorhandenen PC mit zu benutzen. Der Beigeladene habe ein eigenes finanzielles Risiko getragen, wie sich aus § 6 der geschlossenen Honorarverträge ergäbe. Wäre die Akquisition der zu Schulenden erfolglos geblieben, wäre danach die Vereinbarung hinfällig gewesen. Eine Vereinbarung über feste Arbeitszeiten sei bereits deshalb nicht möglich gewesen, weil er im Rahmen seiner politischen Tätigkeit jeweils kurzfristig und nicht im voraus planbare Termine wahrzunehmen gehabt habe Mitarbeiter mit einer vergleichbaren Tätigkeit erhielten ein Nettogehalt von ca. 1.800 EUR. Dies sei dem Beigeladenen bekannt gewesen. Der Beigeladene sei jeweils dafür zuständig gewesen, Dozenten zu akquirieren und sich um die Organisation und Ausstattung der notwendigen Schulungsräume zu kümmern. Soweit der Beigeladene seine Tätigkeiten in den Räumen der Klägerin habe ausführen können, habe er auch das dort befindliche Telefon benutzen können. Dem Beigeladenen sei kein bezahlter Jahresurlaub gewährt worden. Er habe keine Schlüssel für den Haupteingang beziehungsweise die weiteren Eingänge der jeweils mitbenutzten Geschäftsräume gehabt. Jedenfalls habe die Geschäftsführung der Klägerin keine Kenntnis davon gehabt, dass dem Beigeladenen ein solcher zur Verfügung gestanden habe. Alle freien Mitarbeiter hätten die Erlaubnis gehabt, sich mit einer auf die Klägerin hinweisenden Mail-Adresse zu versehen. Dies habe ausschließlich dem Ziel gedient, für Außenstehende kenntlich zu machen, dass ein entsprechender Auftrag an die jeweiligen freien Mitarbeiter erteilt worden sei.
Die Beklagte hat auf den Internetauftritt der Klägerin verwiesen, welcher den Beigeladenen als Ansprechperson für ESF-Qualifizierungen aufweise.
Der Beigeladene hat vorgebracht, während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit ein eigenes Büro mit eigenem Telefonanschluss und dazugehöriger eigener Telefonnummer gehabt zu haben. Zu seinem Büro, dem Haupteingang der Geschäftsstelle sowie dem Etageneingang habe er in Absprache mit dem Geschäftsführer die gesamte Beschäftigungszeit über einen eigenen Schlüssel besessen. Darüber hinaus habe er wie alle anderen Angestellten der Klägerin einen eigene Mail-Adresse bei der Klägerin gehabt. Er hat einen Ausdruck des Web-Auftrittes der Klägerin des Standes 5. November 2013 zur Akte gereicht sowie die Kopie einer Website der Klägerin (Stand 7. Oktober 2009), in der der Beigeladene als Ansprechpartner für den Bereich Berufsgrundlage Videoschnitt und Filmbearbeitung sowie für die Basisqualifikation für Altenpflegeassistenten genannt ist.
In den mündlichen Verhandlungen vor dem SG am 21. Februar 2018 und am 14. Juni 2018 hat der Beigeladene seinen Werdegang und die Abfolge seiner Beschäftigungen bei der Klägerin geschildert. Er hat ausgeführt, in welchen Räumlichkeiten er jeweils gearbeitet habe, welche Schlüssel in seinem Besitz gewesen seien und welche Autos der Klägerin er habe benutzen dürfen. Das SG hat den (heutigen) Geschäftsführer der Klägerin S wiederholt als Zeugen vernommen, ferner die Verwaltungsmitarbeiterinnen der Klägerin M und G sowie den früheren Geschäftsführer D. Auf die Niederschriften der Verhandlungen wird ergänzend verwiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14. Juni 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, obwohl die vereinbarten Verträge für eine Selbständigkeit sprächen, sei aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen auszugehen. Die Höhe der Beiträge sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe die Summe des Arbeitsentgeltes der Finanzbuchhaltung der Klägerin entnommen. Umsatzsteuer sei ausweislich der zugrundeliegenden Rechnungen nicht angefallen.
Gegen diese am 30. Juli 2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 27. August 2018. Zu deren Begründung hat sie auf den Vertragsgegenstand der Honorarvereinbarung hingewiesen. Diese sprächen für Selbständigkeit. Ungeachtet formularmäßiger Schriftformklauseln könnten individuelle Vertragsabreden wirksam mündlich vereinbart werden. Die Angaben des Beigeladenen seien zudem zum Teil nicht belastbar. Der Beigeladene selbst habe als Selbständiger tätig sein wollen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten im Verwaltungsverfahren und vor Gericht eingereichten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen. Der streitgegenständliche Prüfbescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage des Prüfbescheides ist § 28p Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Gegenstand der Prüfung bei den Arbeitgebern ist nach § 28p SGB IV, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, insbesondere die zur richtigen Beitragszahlung, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28d SGB IV umfasst der Gesamtsozialversicherungsbeitrag den Beitrag nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie die Beiträge für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Er ist nach § 28e Abs. 1 SGB IV vom Arbeitgeber zu zahlen. Zahlungsempfänger sind nach § 28h SGB IV die Krankenkassen als Einzugsstellen. Diese Vorschriften gelten nach § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) entsprechend für die nach § 7 AAG zu erhebenden Umlagenbeträge (U1 und U2) und nach § 359 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auch für die nach § 358 SGB III zu erhebende Umlage für das Insolvenzgeld ("UI").
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken -, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht jeweils erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 3/17 R - Rdnr. 12 mit weit. Nachweisen). Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, a. a. O. Rdnr. 13 mit weiteren Nachweisen). Das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und kann deswegen nicht Gegenstand einer einzelvertraglichen Vereinbarung sein. Weil die Träger der Sozialversicherung Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und das Rechtsinstitut der Pflichtversicherung auch der Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme dient, kommt einer privatautonomen Gestaltung im Sozialversicherungsrecht nicht die gleiche Bedeutung zu wie etwa im Arbeitsrecht. Insbesondere kann eine sozialversicherungsrechtlich erhebliche Beschäftigung auch dann vorliegen, wenn kein Arbeitsvertrag im arbeitsrechtlichen Sinne geschlossen worden ist (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rdnr. 19).
Ausgangspunkt der Prüfung sind demnach die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Zurecht hat das SG hierzu ausgeführt, dass die Klägerin und der Beigeladene ausweislich der schriftlichen Honorarvereinbarungen jeweils selbständige Tätigkeiten vereinbaren wollten.
Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber wie ausgeführt nicht die Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welche gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris Rdnr. 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 17).
An diesen Grundsätzen gemessen, war der Beigeladene in seiner Tätigkeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt. Der Beigeladene hat im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen und Schulungen der Klägerin Arbeiten ausgeführt, welche sich als Ausschnitte eines gesamten Arbeitsprozesses zeigten. Er war in einer funktionsgerechten Teilhabe am Arbeitsprozess der Klägerin tätig und in das betriebliche Organisationgefüge der Klägerin eingegliedert. Dies hat bereits das SG in der angegriffenen Entscheidung nach umfangreicher Beweisaufnahme durch Vernehmung des früheren und des jetzigen Geschäftsführers der Klägerin und von Mitarbeitern der Klägerin zutreffend dargestellt. Auf die Ausführungen wird zunächst nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen.
Der Beigeladene war insbesondere ganz überwiegend in den Räumlichkeiten der Klägerin im eigenen Büro-Arbeitsplatz tätig. Er verfügte über eine eigene Telefon-Durchwahl und eine eigene E-Mail-Adresse bei der Klägerin. Diese führte den Beigeladenen auf ihren Web-Seiten auch als Mitarbeiter. Der Beigeladene hatte Zugriff auf ein Firmenfahrzeug der Klägerin und korrespondierte unter dem Briefkopf der Klägerin. Der Beigeladene war in den Arbeitsprozess integriert: die Klägerin entschied darüber, wann welche Kurse durchgeführt wurden und beantragte die entsprechenden Fördermittel. Sie entschied darüber, welcher Dozent beschäftigt wurde und welche Räumlichkeiten für die Kurse angemietet wurden. Im Außenverhältnis war sie jeweils Vertragspartner. Der Internetauftritt der Klägerin nennt den Beigeladenen als Leiter für den Bereich außerbetriebliche Berufsausbildung, Bewerbungsmanagement mit einer Telefon- und Faxnummer, der E-Mail-Anschrift des Beigeladenen bei der Klägerin und nennt Frau E G als Sekretärin. Auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin hat der Beigeladene mit Angestellten der Klägerin zusammengearbeitet, zumindest mit Frau G und Herrn R. Die Zeuginnen M und G haben bestätigt, dass der Beigeladene einen Büroschlüssel gehabt hatte. Nach den Angaben der Zeugin G hat der Beigeladene auch das Firmenfahrzeug -einen Kleintransporter- verwaltet, da er viele Sachen für die Kurse habe besorgen müssen. Der frühere Geschäftsführer D hat dazu ausgesagt, der Beigeladene habe "eigentlich" keinen Schlüssel gehabt, jedoch einen guten Kontakt zum Bereichsleiter Adam. Dass der Besitz eines Schlüssels und die Einbettung des Beigeladenen im Internetauftritt der Klägerin nach dem Vortrag der Klägerin teilweise ohne Wissen bzw. Billigung ihres Geschäftsführers erfolgten, ist rechtlich ohne Relevanz. Die fehlende Kenntnis der geübten Betriebspraxis und etwaiges Verschulden weiterer im Rahmen einer betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen sind der betroffenen juristischen Person zuzurechnen, hier also der Klägerin, wenn keine Organisationsstrukturen geschaffen wurden, um entsprechende Informationen aufzunehmen und intern weiterzugeben (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R –, BSGE 127, 125-132, Rdnr. 20).
Soweit der Geschäftsführer Sch vor dem SG als Zeuge ausgesagt hat, dem Beigeladenen habe als Angestellten der T GmbH innerhalb der Probezeit gekündigt werden müssen, da er unpünktlich und schlecht erreichbar gewesen sei sowie keinen vernünftigen Umgang im Team an den Tag gelegt habe, er andererseits bei der Klägerin weiterbeschäftigt worden sei, weil er dort nicht im Team habe arbeiten müssen und keine Arbeitszeiten gehabt habe, spricht dies nicht entscheidend für eine Selbständigkeit der Tätigkeit. Wie bereits ausgeführt, verfeinert sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Tätigkeiten höherer Art auf eine funktionale Teilhabe am Arbeitsprozess. Einzelanweisungen sind im heutigen Arbeitsleben unüblich. Starre Anwesenheit vor Ort und vorgegebene Arbeitszeiten sind auch bei Arbeitsverhältnissen weithin nicht mehr üblich.
Einem relevanten unternehmerischen Risiko als Indiz für Selbständigkeit war der Beigeladene zudem nicht ausgesetzt. Er hat für seine Tätigkeit eine feste Vergütung erhalten und nicht das Risiko getragen, eingesetzte Arbeit und Mittel nicht vergütet zu bekommen. Zu einer Beendigung der Tätigkeit aufgrund fehlender Auslastung der Schulungen nach § 6 S. 3 der Honorarverträge vom 25. Januar 2011 und vom 2. Januar 2012 ist es nicht gekommen. Wenn das Vertragsverhältnis aus diesem Grunde beendet worden wäre, hätte der Beigeladene zudem nur auf künftige Honorareinnahmen verzichten müssen, aber nicht auf eine Vergütung bereits erbrachter Leistungen.
Die Klägerin kann sich abschließend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass vorangegangene Betriebsprüfungen ohne Beanstandungen hinsichtlich der Einstufung von Honorarkräften geblieben sind. Nach bisheriger Rechtsprechung des BSG konnten Arbeitgeber aus beanstandungsfreien Betriebsprüfungen in der Regel keine Rechte herleiten. Betriebsprüfungen hatten danach nur den Zweck, die Beitragsentrichtung im Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten sicherzustellen. Ihnen kam keine Entlastungswirkung für den Arbeitgeber zu, weil sie nicht umfassend oder erschöpfend sein müssen und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken dürfen. Eine materielle Bindungswirkung aufgrund einer Betriebsprüfung konnte sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R - juris Rdnr. 18). Diese Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 19. September 2019 zwar insbesondere auf Grund der Einführung des § 7 Abs. 4 Satz 2 Beitragsverfahrensverordnung zum 1. Januar 2017 geändert. Betriebsprüfungen entfalten nunmehr auch eine Schutzwirkung für Arbeitgeber, weil den Betriebsprüfungsstellen seither aufgegeben ist, die geprüften Sachverhalte offenzulegen. Dazu muss aber die vorangegangene Betriebsprüfung durch den Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes abgeschlossen worden sein. Eine materielle Bindungswirkung kann sich auch weiterhin nur ergeben, wenn die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch Verwaltungsakt (positiv oder negativ) festgestellt worden sind. Einer pauschal gehaltenen sog. Prüfmitteilung, nach der die durchgeführte Betriebsprüfung "ohne Beanstandungen geblieben ist", kommt hingegen nach dem objektiven Empfängerhorizont kein Regelungsgehalt zu; sie ist kein Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X). Neben der pauschalen Feststellung der Beanstandungsfreiheit werden nämlich keine konkreten Prüfergebnisse in Form des Prüfungsgegenstandes und daraus entstehender Schlussfolgerungen mitgeteilt (BSG, Urteil vom 19. September 2019 – B 12 R 25/18 R –, BSGE 129, 95-106, Rdnr. 32). Die Beklagte hat hier bereits darauf hingewiesen, dass es solche personenbezogenen Feststellungen hier nicht gegeben hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 2, § 162 Abs. 2 VWGO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Prüfbescheid der Beklagten. Der Sache nach im Streit ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 3) (nachfolgend nur noch: "der Beigeladene") in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. September 2010 sowie vom 1. Februar 2011 bis zum 30. September 2012.
Der Beigeladene ist Diplominformatiker. Die Klägerin und er schlossen am 1. Januar 2004 einen Honorarvertrag, aufgrund dessen der Beigeladene als Auftragnehmer Leistungen der EDV-Schulung sowie der fachlichen Anleitung vom 1. Januar 2004 an bis auf Weiteres nach jeweiliger Terminabsprache mit der Klägerin als Auftraggeberin durchführen sollte. Die Höhe des Honorars wurde "entsprechend den Richtlinien für die Festsetzung der Vergütung für den theoretischen Unterricht an Einrichtungen der T gGmbH" pro Unterrichtseinheit mit 20,00 bis 25,00 EUR brutto vereinbart. In einem vorangegangenen Prüfverfahren der Beklagten bei der Klägerin für den Zeitraum 1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2004 stellte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 fest, dass hinsichtlich der Honorarkräfte (Berater/ freie Mitarbeiter) die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Über das Ergebnis ergehe gegebenenfalls ein gesonderter Bescheid.
Am 4. Januar 2010 schlossen der Beigeladene und die Klägerin einen weiteren Honorarvertrag über EDV-Schulung, fachliche Anleitung sowie Organisation von Schulungen. Sie vereinbarten einen Stundensatz in Höhe von 25,00 EUR.
Vom Oktober 2010 bis Dezember 2010 war der Beigeladene bei der Klägerin in einem Angestelltenverhältnis tätig.
Die Vertragspartner schlossen am 25. Januar 2011 einen weiteren Honorarvertrag. Vereinbart wurde nach § 1 Gegenstand des Vertrages die Durchführung von EDV-Schulung und die Koordination, Planung, Organisation und Betreuung von Schulungsleistungen des Programms "Zusatzjobs + Bildung" ab Februar 2011 bis 31. Dezember 2011. Nach § 2 Nr. 1 des Vertrages wurde ein monatliches Honorar von 2.500,00 EUR inklusive eventuell anfallender Umsatzsteuer vereinbart. Unter dem 2. Januar 2012 vereinbarten die Vertragspartner schließlich einen weiteren, inhaltlich gleichlautenden Honorarvertrag für die Zeit 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 (Vertrag vom 2. Januar 2012).
Ab 1. Oktober 2012 war der Beigeladene als Job-Coach bei einem zum Unternehmensverbund der Klägerin gehörenden weiteren Unternehmen angestellt, der G für D und P.
Der Beigeladene stellte der Klägerin Rechnungen. Das Buchhaltungskonto (Kontonummer) für den Beigeladenen bei der Klägerin weist ab Januar 2009 bis September 2010 monatliche Zahlungen zwischen 3.300 EUR und 3.700 EUR auf. Im Buchungstext heißt es "Verwaltung Schulung U. ESF" "Schulung + Verwaltung" oder ähnliches.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 23. Oktober 2013 bis zum 24. Oktober 2013 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Auf ihre Anfrage teilte der Beigeladene mit, bei der Klägerin von 2003 bis 15. August 2013 als Qualifizierungsbeauftragter, Dozent und Job-Coach tätig gewesen zu sein. Seine Tätigkeit beschrieb er mit "Organisation der Qualifizierungen und Durchführung", Dozententätigkeit, "Job-Coach für Kunden der AA und Job-Center". Die Frage ob er vor dieser Tätigkeit für die Klägerin als Arbeitnehmer tätig gewesen sei, bejahte er. Auf die Frage, worin der Unterschied zu der vorherigen Tätigkeit bestanden habe, führte er aus, "im Grunde genommen nichts". Eine regelmäßige Arbeitszeit von 38 Stunden (wöchentlich) sei einzuhalten. Er könne die Arbeitszeit nicht frei gestalten, den Arbeitsort nicht frei wählen und keine berufliche Werbung für die Tätigkeit betreiben. Er bejahte auch die Frage ob ihm Weisungen bezüglich der Ausführung der Arbeit erteilt würden. Aufgrund Mitarbeiterbesprechungen sei er in die betrieblichen Arbeitsabläufe eingegliedert. Der Beigeladene reichte Kopien von Schriftsätzen eines Arbeitsgerichtsprozesses betreffend einen zeitlich späteren Zeitraum ein sowie die Kopie einer Visitenkarte, welches ihn als Qualifizierungsbeauftragten der Klägerin ausweist.
Die Beklagte forderte daraufhin die Arbeitsgerichtsakte vom Arbeitsgericht Berlin an (Arbeitsgericht Berlin Az. 38 Ca 11132/13).
Die Klägerin hat ausgeführt, der Beigeladene sei während der gesamten Tätigkeit als Honorarkraft weder in ihren Betrieb eingegliedert noch an feste Arbeitszeiten gebunden gewesen. Er sei seit langen Jahren intensiv in der bezirklichen Politik tätig. Aufgrund einer Vielzahl von politischen Funktionen sei von Anfang an vereinbart gewesen, dass er nicht in der Lage sei, sich in eine betriebliche Organisation einbinden zu lassen. Er habe keinerlei Anordnungen des Betriebes unterlegen und eine beratende Funktion im Bereich der Qualifizierung übernommen. Er sei nur für Zuarbeiten zuständig gewesen welche innerhalb der Firma wie auch von zu Hause aus erledigt hätte werden können.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 insgesamt 48.590,41 EUR Sozialversicherungs- und Umlage-Beiträge für den Beigeladenen nach.
Die Klägerin erhob hiergegen am 9. Januar 2015 Widerspruch. Sie wies unter anderem darauf hin, dass die Tätigkeiten des Beigeladenen bereits Gegenstand zweier vorangegangenen Betriebsprüfungen gewesen seien, ohne dass es jeweils Beanstandungen gegeben habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2015 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 28. Mai 2015 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie zusätzlich ausgeführt, angesichts des Umstandes, dass die vorrangegangenen Betriebsprüfungen ohne Beanstandungen beziehungsweise Anhaltspunkte für eine Scheinselbständigkeit geendet hätten, dränge sich der Verdacht auf, dass der Beigeladene, der politisch sehr aktiv sei, das Vorgehen der Beklagten nicht unmaßgeblich beeinflusst habe. Dem Beigeladenen seien keine Betriebsmittel zur Verfügung gestellt worden mit der Ausnahme, dass ihm ermöglicht worden sei, den im Betrieb der Klägerin vorhandenen PC mit zu benutzen. Der Beigeladene habe ein eigenes finanzielles Risiko getragen, wie sich aus § 6 der geschlossenen Honorarverträge ergäbe. Wäre die Akquisition der zu Schulenden erfolglos geblieben, wäre danach die Vereinbarung hinfällig gewesen. Eine Vereinbarung über feste Arbeitszeiten sei bereits deshalb nicht möglich gewesen, weil er im Rahmen seiner politischen Tätigkeit jeweils kurzfristig und nicht im voraus planbare Termine wahrzunehmen gehabt habe Mitarbeiter mit einer vergleichbaren Tätigkeit erhielten ein Nettogehalt von ca. 1.800 EUR. Dies sei dem Beigeladenen bekannt gewesen. Der Beigeladene sei jeweils dafür zuständig gewesen, Dozenten zu akquirieren und sich um die Organisation und Ausstattung der notwendigen Schulungsräume zu kümmern. Soweit der Beigeladene seine Tätigkeiten in den Räumen der Klägerin habe ausführen können, habe er auch das dort befindliche Telefon benutzen können. Dem Beigeladenen sei kein bezahlter Jahresurlaub gewährt worden. Er habe keine Schlüssel für den Haupteingang beziehungsweise die weiteren Eingänge der jeweils mitbenutzten Geschäftsräume gehabt. Jedenfalls habe die Geschäftsführung der Klägerin keine Kenntnis davon gehabt, dass dem Beigeladenen ein solcher zur Verfügung gestanden habe. Alle freien Mitarbeiter hätten die Erlaubnis gehabt, sich mit einer auf die Klägerin hinweisenden Mail-Adresse zu versehen. Dies habe ausschließlich dem Ziel gedient, für Außenstehende kenntlich zu machen, dass ein entsprechender Auftrag an die jeweiligen freien Mitarbeiter erteilt worden sei.
Die Beklagte hat auf den Internetauftritt der Klägerin verwiesen, welcher den Beigeladenen als Ansprechperson für ESF-Qualifizierungen aufweise.
Der Beigeladene hat vorgebracht, während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit ein eigenes Büro mit eigenem Telefonanschluss und dazugehöriger eigener Telefonnummer gehabt zu haben. Zu seinem Büro, dem Haupteingang der Geschäftsstelle sowie dem Etageneingang habe er in Absprache mit dem Geschäftsführer die gesamte Beschäftigungszeit über einen eigenen Schlüssel besessen. Darüber hinaus habe er wie alle anderen Angestellten der Klägerin einen eigene Mail-Adresse bei der Klägerin gehabt. Er hat einen Ausdruck des Web-Auftrittes der Klägerin des Standes 5. November 2013 zur Akte gereicht sowie die Kopie einer Website der Klägerin (Stand 7. Oktober 2009), in der der Beigeladene als Ansprechpartner für den Bereich Berufsgrundlage Videoschnitt und Filmbearbeitung sowie für die Basisqualifikation für Altenpflegeassistenten genannt ist.
In den mündlichen Verhandlungen vor dem SG am 21. Februar 2018 und am 14. Juni 2018 hat der Beigeladene seinen Werdegang und die Abfolge seiner Beschäftigungen bei der Klägerin geschildert. Er hat ausgeführt, in welchen Räumlichkeiten er jeweils gearbeitet habe, welche Schlüssel in seinem Besitz gewesen seien und welche Autos der Klägerin er habe benutzen dürfen. Das SG hat den (heutigen) Geschäftsführer der Klägerin S wiederholt als Zeugen vernommen, ferner die Verwaltungsmitarbeiterinnen der Klägerin M und G sowie den früheren Geschäftsführer D. Auf die Niederschriften der Verhandlungen wird ergänzend verwiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14. Juni 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, obwohl die vereinbarten Verträge für eine Selbständigkeit sprächen, sei aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen auszugehen. Die Höhe der Beiträge sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe die Summe des Arbeitsentgeltes der Finanzbuchhaltung der Klägerin entnommen. Umsatzsteuer sei ausweislich der zugrundeliegenden Rechnungen nicht angefallen.
Gegen diese am 30. Juli 2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 27. August 2018. Zu deren Begründung hat sie auf den Vertragsgegenstand der Honorarvereinbarung hingewiesen. Diese sprächen für Selbständigkeit. Ungeachtet formularmäßiger Schriftformklauseln könnten individuelle Vertragsabreden wirksam mündlich vereinbart werden. Die Angaben des Beigeladenen seien zudem zum Teil nicht belastbar. Der Beigeladene selbst habe als Selbständiger tätig sein wollen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten im Verwaltungsverfahren und vor Gericht eingereichten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen. Der streitgegenständliche Prüfbescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage des Prüfbescheides ist § 28p Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Gegenstand der Prüfung bei den Arbeitgebern ist nach § 28p SGB IV, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, insbesondere die zur richtigen Beitragszahlung, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28d SGB IV umfasst der Gesamtsozialversicherungsbeitrag den Beitrag nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie die Beiträge für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Er ist nach § 28e Abs. 1 SGB IV vom Arbeitgeber zu zahlen. Zahlungsempfänger sind nach § 28h SGB IV die Krankenkassen als Einzugsstellen. Diese Vorschriften gelten nach § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) entsprechend für die nach § 7 AAG zu erhebenden Umlagenbeträge (U1 und U2) und nach § 359 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auch für die nach § 358 SGB III zu erhebende Umlage für das Insolvenzgeld ("UI").
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken -, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht jeweils erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 3/17 R - Rdnr. 12 mit weit. Nachweisen). Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, a. a. O. Rdnr. 13 mit weiteren Nachweisen). Das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und kann deswegen nicht Gegenstand einer einzelvertraglichen Vereinbarung sein. Weil die Träger der Sozialversicherung Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und das Rechtsinstitut der Pflichtversicherung auch der Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme dient, kommt einer privatautonomen Gestaltung im Sozialversicherungsrecht nicht die gleiche Bedeutung zu wie etwa im Arbeitsrecht. Insbesondere kann eine sozialversicherungsrechtlich erhebliche Beschäftigung auch dann vorliegen, wenn kein Arbeitsvertrag im arbeitsrechtlichen Sinne geschlossen worden ist (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rdnr. 19).
Ausgangspunkt der Prüfung sind demnach die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Zurecht hat das SG hierzu ausgeführt, dass die Klägerin und der Beigeladene ausweislich der schriftlichen Honorarvereinbarungen jeweils selbständige Tätigkeiten vereinbaren wollten.
Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber wie ausgeführt nicht die Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welche gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris Rdnr. 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 17).
An diesen Grundsätzen gemessen, war der Beigeladene in seiner Tätigkeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt. Der Beigeladene hat im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen und Schulungen der Klägerin Arbeiten ausgeführt, welche sich als Ausschnitte eines gesamten Arbeitsprozesses zeigten. Er war in einer funktionsgerechten Teilhabe am Arbeitsprozess der Klägerin tätig und in das betriebliche Organisationgefüge der Klägerin eingegliedert. Dies hat bereits das SG in der angegriffenen Entscheidung nach umfangreicher Beweisaufnahme durch Vernehmung des früheren und des jetzigen Geschäftsführers der Klägerin und von Mitarbeitern der Klägerin zutreffend dargestellt. Auf die Ausführungen wird zunächst nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen.
Der Beigeladene war insbesondere ganz überwiegend in den Räumlichkeiten der Klägerin im eigenen Büro-Arbeitsplatz tätig. Er verfügte über eine eigene Telefon-Durchwahl und eine eigene E-Mail-Adresse bei der Klägerin. Diese führte den Beigeladenen auf ihren Web-Seiten auch als Mitarbeiter. Der Beigeladene hatte Zugriff auf ein Firmenfahrzeug der Klägerin und korrespondierte unter dem Briefkopf der Klägerin. Der Beigeladene war in den Arbeitsprozess integriert: die Klägerin entschied darüber, wann welche Kurse durchgeführt wurden und beantragte die entsprechenden Fördermittel. Sie entschied darüber, welcher Dozent beschäftigt wurde und welche Räumlichkeiten für die Kurse angemietet wurden. Im Außenverhältnis war sie jeweils Vertragspartner. Der Internetauftritt der Klägerin nennt den Beigeladenen als Leiter für den Bereich außerbetriebliche Berufsausbildung, Bewerbungsmanagement mit einer Telefon- und Faxnummer, der E-Mail-Anschrift des Beigeladenen bei der Klägerin und nennt Frau E G als Sekretärin. Auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin hat der Beigeladene mit Angestellten der Klägerin zusammengearbeitet, zumindest mit Frau G und Herrn R. Die Zeuginnen M und G haben bestätigt, dass der Beigeladene einen Büroschlüssel gehabt hatte. Nach den Angaben der Zeugin G hat der Beigeladene auch das Firmenfahrzeug -einen Kleintransporter- verwaltet, da er viele Sachen für die Kurse habe besorgen müssen. Der frühere Geschäftsführer D hat dazu ausgesagt, der Beigeladene habe "eigentlich" keinen Schlüssel gehabt, jedoch einen guten Kontakt zum Bereichsleiter Adam. Dass der Besitz eines Schlüssels und die Einbettung des Beigeladenen im Internetauftritt der Klägerin nach dem Vortrag der Klägerin teilweise ohne Wissen bzw. Billigung ihres Geschäftsführers erfolgten, ist rechtlich ohne Relevanz. Die fehlende Kenntnis der geübten Betriebspraxis und etwaiges Verschulden weiterer im Rahmen einer betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen sind der betroffenen juristischen Person zuzurechnen, hier also der Klägerin, wenn keine Organisationsstrukturen geschaffen wurden, um entsprechende Informationen aufzunehmen und intern weiterzugeben (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R –, BSGE 127, 125-132, Rdnr. 20).
Soweit der Geschäftsführer Sch vor dem SG als Zeuge ausgesagt hat, dem Beigeladenen habe als Angestellten der T GmbH innerhalb der Probezeit gekündigt werden müssen, da er unpünktlich und schlecht erreichbar gewesen sei sowie keinen vernünftigen Umgang im Team an den Tag gelegt habe, er andererseits bei der Klägerin weiterbeschäftigt worden sei, weil er dort nicht im Team habe arbeiten müssen und keine Arbeitszeiten gehabt habe, spricht dies nicht entscheidend für eine Selbständigkeit der Tätigkeit. Wie bereits ausgeführt, verfeinert sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Tätigkeiten höherer Art auf eine funktionale Teilhabe am Arbeitsprozess. Einzelanweisungen sind im heutigen Arbeitsleben unüblich. Starre Anwesenheit vor Ort und vorgegebene Arbeitszeiten sind auch bei Arbeitsverhältnissen weithin nicht mehr üblich.
Einem relevanten unternehmerischen Risiko als Indiz für Selbständigkeit war der Beigeladene zudem nicht ausgesetzt. Er hat für seine Tätigkeit eine feste Vergütung erhalten und nicht das Risiko getragen, eingesetzte Arbeit und Mittel nicht vergütet zu bekommen. Zu einer Beendigung der Tätigkeit aufgrund fehlender Auslastung der Schulungen nach § 6 S. 3 der Honorarverträge vom 25. Januar 2011 und vom 2. Januar 2012 ist es nicht gekommen. Wenn das Vertragsverhältnis aus diesem Grunde beendet worden wäre, hätte der Beigeladene zudem nur auf künftige Honorareinnahmen verzichten müssen, aber nicht auf eine Vergütung bereits erbrachter Leistungen.
Die Klägerin kann sich abschließend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass vorangegangene Betriebsprüfungen ohne Beanstandungen hinsichtlich der Einstufung von Honorarkräften geblieben sind. Nach bisheriger Rechtsprechung des BSG konnten Arbeitgeber aus beanstandungsfreien Betriebsprüfungen in der Regel keine Rechte herleiten. Betriebsprüfungen hatten danach nur den Zweck, die Beitragsentrichtung im Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten sicherzustellen. Ihnen kam keine Entlastungswirkung für den Arbeitgeber zu, weil sie nicht umfassend oder erschöpfend sein müssen und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken dürfen. Eine materielle Bindungswirkung aufgrund einer Betriebsprüfung konnte sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R - juris Rdnr. 18). Diese Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 19. September 2019 zwar insbesondere auf Grund der Einführung des § 7 Abs. 4 Satz 2 Beitragsverfahrensverordnung zum 1. Januar 2017 geändert. Betriebsprüfungen entfalten nunmehr auch eine Schutzwirkung für Arbeitgeber, weil den Betriebsprüfungsstellen seither aufgegeben ist, die geprüften Sachverhalte offenzulegen. Dazu muss aber die vorangegangene Betriebsprüfung durch den Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes abgeschlossen worden sein. Eine materielle Bindungswirkung kann sich auch weiterhin nur ergeben, wenn die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch Verwaltungsakt (positiv oder negativ) festgestellt worden sind. Einer pauschal gehaltenen sog. Prüfmitteilung, nach der die durchgeführte Betriebsprüfung "ohne Beanstandungen geblieben ist", kommt hingegen nach dem objektiven Empfängerhorizont kein Regelungsgehalt zu; sie ist kein Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X). Neben der pauschalen Feststellung der Beanstandungsfreiheit werden nämlich keine konkreten Prüfergebnisse in Form des Prüfungsgegenstandes und daraus entstehender Schlussfolgerungen mitgeteilt (BSG, Urteil vom 19. September 2019 – B 12 R 25/18 R –, BSGE 129, 95-106, Rdnr. 32). Die Beklagte hat hier bereits darauf hingewiesen, dass es solche personenbezogenen Feststellungen hier nicht gegeben hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 2, § 162 Abs. 2 VWGO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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