L 26 KR 394/20 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 42 KR 207/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 KR 394/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgenerinnen gegen die Streitwertfestsetzung mit Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 13. August 2020 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Über die gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässige Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung mit Beschluss des Sozialgerichts vom 13. August 2020 entscheidet der Senat durch Beschluss ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 2 SGG). Während gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG in kostenrechtlichen Verfahren grundsätzlich eine Entscheidung durch den Einzelrichter vorgesehen ist, ist gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 SGG eine Entscheidung des Einzelrichters nur in den dort ausdrücklich benannten Fällen geregelt (vgl. BSG, Beschluss vom 19. Februar 2018 – B 6 SF 3/17 – juris Rn. 5; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2020 – L 7 KA 14/20 B – juris Rn. 1; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Mai 2019 – L 29 AS 325/19 B – juris Rn. 2). Über den Streitwert entscheidet ein Berufsrichter anstelle des Senats gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 4 SGG lediglich im vorbereitenden Verfahren. Das zugrunde liegende einstweilige Rechtsschutzverfahren ist vorliegend indes durch Beschluss vom 4. August 2020 – S 42 KR 207/20 ER – abgeschlossen (vgl. zum Streit-stand: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 155 Rn. 9d m.w.N.).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die festgesetzte Höhe des Streitwertes durch das Sozialgericht auf 108.000 EUR ist nicht zu beanstanden. Nach § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, und zwar sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt und soweit – wie hier mangels bezifferter Geldleistung oder eines hierauf gerichteten Verwaltungsakts (vgl. § 52 Abs. 3 GKG) – nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Streitwert darf dabei einen Betrag von 2.500.000 EUR nicht überschreiten (§ 52 Abs. 4 GKG) und wäre auf 5.000 EUR (Auffangstreitwert) festzusetzen, wenn der Sach- und Streitstand für eine abweichende Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte böte (§ 52 Abs. 2 GKG). Vorliegend bestimmt er sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin am zugrunde liegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren unter Berücksichtigung des Streitgegenstandes der Hauptsache – S 42 KR 424/19 – und insofern den Bescheid der Krankenkassenverbände vom 21. August 2019 (Entscheidung über die Mindestmengenprognose nach § 136b Abs. 4 SGB V für das Kalenderjahr 2020 wegen Kniegelenk-Totalendoprothesen), weil diese Entscheidung bezifferbare Auswirkungen auf die Umsatzentwicklung und damit die Gewinne der Antragstellerin haben kann.

Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Fallkonstellationen orientiert sich der Senat insofern zunächst am angestrebten Jahresgewinn, wobei der wirtschaftliche Wert der Hauptsache mit etwa einem Viertel anzusetzen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2013 – B 3 KR 17/12 R – juris Rn. 5-9; LSG Berlin-Brandenburg – L 9 KR 389/19 B ER – juris Rn. 34). Dies stellen auch die Be-schwerdeführerinnen nicht in Abrede und gehen insofern sinngemäß von einer gerundeten Gewinnerwartung der Antragstellerin in Höhe von 216.000 EUR für das gesamte Jahr 2020 aus. Soweit sie sodann geltend machen, das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG habe sich vorliegend im Hinblick auf die Vollziehungsanordnung vom 18. Juni 2020 auf die Leistungserbringung allein für das 2. Halbjahr 2020, mithin auf – absolut – 108.000 EUR beschränkt, so dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur auf die hälftige prognostizierte Jahres-Leistungsmenge abzustellen sei, mithin einen Wert von 54.000 EUR, folgt dem der Senat nicht.

Regelmäßig ist der wirtschaftliche Wert für das Eilverfahren im Verhältnis zur Hauptsache zu halbieren (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.), wie die Beschwerdeführerinnen ebenfalls einräumen. Vorliegend wurde zwar die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 21. August 2019 erst mit der Vollziehungsanordnung vom 18. Juni 2020 – und insofern ex nunc – nach Abschluss des zuvor geführten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 42 KR 78/20 ausgesprochen. Indes rechtfertigt die auch in diesem Fall regelmäßig vorzunehmende Halbierung des Wertes der Hauptsache bereits die Tatsache, dass rechtlicher Maßstab für die (hier mit Beschluss des SG Cottbus vom 4. August 2020 erfolgte) Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage – unabhängig davon, ob allein die Erhebung einer Anfechtungsklage für das in Anbetracht der Regelung in § 136b Abs. 4 Sätze 1 und 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung) verfolgte Rechtsschutzziel ausreicht (vgl. hierzu bereits LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. August 2019 – L 1 KR 196/19 ER – juris Rn. 20) – die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sind. Streitgegenstand der Hauptsache S 42 KR 424/19 ist, wie bereits genannt, der Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 21. August 2019. Mit jenem ist aber eine Entscheidung über die Mindestmengenprognose nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V i.V.m. § 5 Abs. 5 Mindestmengenregelungen (Mm-R) für das gesamte Kalenderjahr 2020 ergangen mit der – für die Ermittlung des wirtschaftlichen Wertes vorliegend relevanten – Folge, dass im Falle einer rechtskräftigen Klageabweisung gemäß § 136b Abs. 4 Satz 2 SGB V i.V.m. § 4 Abs. 4 Mm-R kein Vergütungsanspruch für den gegenständlichen Leistungsbereich der Kniegelenk-Totalendoprothesen im gesamten Kalenderjahr 2020 bestände und – wäre der zugrundeliegende Eilantrag abgewiesen worden – nicht nur für die Zeit seit Bekanntgabe der Vollziehungsanordnung vom 18. Juni 2020 für das zweite Halbjahr.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG, wonach das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
Saved