Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
28
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 43 BA 22/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 BA 68/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Oktober 2020 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren auf jeweils 24.683,23 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin vom 29. Oktober 2020 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Oktober 2020 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 28. Mai 2020, die als weltweit tätiges Unternehmen die gewerbliche Zucht von P u.a. an ihrem Betriebsstandort in N betreibt, gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2020 – soweit von der Antragstellerin beantragt – anzuordnen.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend hat der Widerspruch der Antragstellerin gegen den aufgrund des von der Antragsgegnerin durchgeführten Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften – für den Prüfzeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 ergangenen Bescheides vom 18. Mai 2020 über eine Beitragsnachforderung in Höhe von 77.734,96 EUR nebst Säumniszuschlägen (107,50 EUR) als Nebenkosten – soweit er hier nicht bereits von der Antragsgegnerin angeordnet worden ist (Aussetzungsentscheidung vom 10. Juni 2020) – gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung – ganz oder teilweise – ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer Abwägung einerseits des Suspensivinteresses der Antragstellerin mit dem angesichts der gesetzlichen Vorgabe in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzlichen Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses auf der anderen Seite (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt in SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 12b m.w.N.). Aus diesem bereits vom Gesetzgeber grundsätzlich geregelten vorrangigen Voll-zugsinteresse von Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich darauf entfallender Nebenkosten folgt zugleich, dass regelmäßig nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Interesse an der aufschiebenden Wirkung begründen können, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, vorliegend mithin des Widerspruchs der Antragstellerin, als zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Insoweit müssen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen, um entgegen dem Regel-Ausnahmeverhältnis des Gesetzgebers das Aussetzungsinteresse höher zu gewichten. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten geringer, je schwerer die angefochtene Entscheidung wirkt. Insofern ist neben den wirtschaftlichen Verhältnissen in die Abwägungsentscheidung auch einzustellen, ob die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Letzteres – das Vorliegen einer unbilligen Härte im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse – hat die Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich verneint (Schriftsatz vom 18. September 2020) und auch im Beschwerdeverfahren seitens ihres Prozessbevollmächtigten nicht geltend gemacht (Schriftsatz vom 10. November 2020). Ausweislich des entsprechenden Hinweises (Nr. 12) zum Bescheid vom 18. Mai 2020 ist insofern im Übrigen zu berücksichtigen, dass nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV auch angesichts etwaiger bereits eingetretener wirtschaftlicher Folgen der gegenwärtigen Coronavirus-Pandemie die Stundung bzw. Ratenzahlung beantragt werden kann. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin selbst im Einklang mit § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG auf den Aussetzungsantrag der Antragstellerin die sofortige Vollziehung des gegenständlichen Bescheides vom 18. Mai 2020 in Höhe von 28.476 EUR (40 % der mit dem Bescheid geforderten Beiträge für die Nachberechnung des geldwerten Vorteils "Mahlzeiten") ausgesetzt hat (Aussetzungsanordnung vom 10. Juni 2020), so dass vorliegend gegenständlich allein das Aufschubinteresse der Antragstellerin hinsichtlich des Beitragsbescheides vom 18. Mai 2020 – ausdrücklich mit Ausnahme der hinsichtlich der Arbeitnehmerin B S geforderten Beiträge in Höhe von 313,54 EUR – in der verbleibenden Höhe ist.
Mit dem Sozialgericht kann indes auch seitens des Senats nach der in Eilverfahren regelmäßig nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung eine – soweit hier gegenständlich – offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 18. Mai 2020, der formell rechtmäßig, insbesondere nach vorheriger Anhörung und ordnungsgemäß begründet (vgl. §§ 24 Abs. 1, 35 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) ergangen ist, nicht festgestellt werden. Ermächtigungsgrundlage für den im Widerspruchsverfahren angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen nach Satz 5 dieser Vorschrift im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (den Prüfbescheid, vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 17) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Mit dem letzten Halbsatz ist klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung (§ 28d Sätze 1 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – SGB XI, § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – SGB III).
Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 a.a.O. Rn. 18). Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dieser Verzicht auf die grundsätzlich erforderliche Personenbezogenheit der Feststellungen ist charakteristisch für den Summenbescheid; erfolgt allein eine Schätzung der Entgelte einzelner Arbeitnehmer (§ 28f Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV) bei fortbestehender personenbezogener Feststellung der Beitragshöhe, so liegt kein Summenbescheid i.S. des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV vor. Nach vorstehenden gesetzlichen Grundlagen stellt sich der Bescheid, wie vom Sozialgericht zu Recht ausgeführt worden ist, im Hinblick auf die für das Aussetzungsinteresse gegenständliche Nachforderung in Höhe von 49.366,46 EUR nicht als offensichtlich rechtswidrig dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst entsprechend § 153 Abs. 2 SGG insofern auf die Gründe des angefochtenen sozialgerichtlichen Beschlusses Bezug. Ergänzend ist insbesondere unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung auf Folgendes hinzuweisen:
Anders als der Prozessbevollmächtigte mit der Beschwerde geltend macht, bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 18. Mai 2020 wegen der den Anordnungsantrag nach teilweiser Aussetzung noch betreffenden Beträge. Nach § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nach Satz 2 nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (Satz 3). So liegt es hier.
Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Entgeltunterlagen im Geltungsbereich des SGB IV in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Nicht ordnungsgemäß erfüllt werden die arbeitgeberseitigen Aufzeichnungspflichten dann, wenn die aufzeichnungspflichtigen Tatsachen gemäß § 8 der aufgrund der Ermächtigung des § 28n Nr. 7 SGB IV erlassenen Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Beitragsverfahrensverordnung) vorgeschriebenen Aufzeichnungen nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht zeitgerecht oder in einer Weise geführt werden, die einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit keinen Überblick über die Lohnabrechnung erlaubt (vgl. Werner in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage 2016, § 28 f. Rn. 51). Aufzeichnungen, die diesen Anforderungen vollumfänglich genügen, hat die Antragstellerin nicht geführt bzw. trotz entsprechender Aufforderung durch die Antragsgegnerin im Betriebsprüfungsverfahren bzw. im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht vorgelegt. Auf ein Verschulden kommt es insofern nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 – B 12 KR 12/01 R – juris Rn. 22). Wegen der Verletzung der Aufzeichnungspflicht konnte die Beitragshöhe wegen den Beschäftigten gewährten kostenlosen Mahlzeiten – die seitens der Antragstellerin aus nachvollziehbar hygienisch notwendigen Gründen der betriebenen Zuchtfarm erfolge – für die jeweiligen Versicherten nicht i.S. des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV individuell festgestellt werden.
Zwar darf ein Summenbeitragsbescheid, wie ausgeführt, nicht erlassen werden, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Solches ist hier indes nicht der Fall. Eine personenbezogene Feststellung war insofern nicht geboten (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2020 – B 12 KR 12/01 R – juris). Eine Verletzung der behördlichen Pflicht zur Amtsermittlung gemäß §§ 20, 21 SGB X liegt nach Abwägung der erkennbaren Umstände nicht vor (vgl. zu diesem Maßstab der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit eines Summen- bzw. Schätzbescheides BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 R 4/17 R – juris Rn. 22). Denn aussagekräftige und auf einzelne individualisierbare Versicherte bezogene, die gestellten Mahlzeiten betreffende Entgeltunterlagen liegen nicht vor, wie auch von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt wird, die vielmehr selbst geltend macht, dass lediglich jährlich pauschal die Gesamtaufwendungen für die Gestellung der Mahlzeiten im Prüfzeitraum gebucht wurden.
Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf die im Vergleich zu den berücksichtigten Sonn-, Feiertags- und Nacharbeitszuschlägen hier ihrer Einschätzung nach bedeutendere Frage der sozialversicherungsrechtlich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Sozialversicherungsentgeltverordnung in der Fassung des Gesetztes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) zu berücksichtigenden Kosten für gestellte Mahlzeiten geltend macht, dass das von ihr mit der Buchhaltung beauftragte Steuerbüro für jeden Mitarbeiter sogenannte Stundenlisten führe, die vollständig während der Betriebsprüfung vorgelegen hätten, und den Bescheid wegen der für Mahlzeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geforderten Sozialversicherungsbeiträge für rechtswidrig erachtet, weil die Verpflegungsmehraufwendungen pauschal auf der Grundlage von 30 Tagen/Monat berechnet worden seien ohne Rücksicht darauf, dass tatsächlich kein einziger Mitarbeiter 30 Tage pro Monat gearbeitet habe, führt dies zu keinem abweichenden Ergebnis. Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand bereits bei der teilweisen Aussetzung der Vollziehung durch die Antragsgegnerin angemessen Berücksichtigung gefunden hat. Den insofern im Rahmen der Aussetzung berücksichtigten 40 % entsprechen 145 Tage statt der im Bescheid zugrunde gelegten 360 Tage. Zwar beanstandet die Antragstellerin diesbezüglich, wie bereits erwähnt, weiter, dass sich ausweislich der seitens der Buchhaltung pauschal geführten Listen ("weitere Aufzeichnungen" gebe es wegen geleisteter Nachtschichten) konkret bezifferbare Aufwendungen für Mahlzeiten ergäben, nämlich im Jahr 2015 in Höhe von 6.186,69 EUR, im Jahr 2016 von 9.845,30 EUR, im Jahr 2017 von 6.489,17 EUR und im Jahr 2018 7.729,68 EUR. In entsprechender Höhe sei sie, wie schon im Rahmen der Betriebsprüfung mitgeteilt, bereit, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Indes rechtfertigt auch dieser Vortrag nicht die Annahme, der als Summenbeitragsbescheid insofern ergangene Beitragsbescheid sei erkennbar rechtswidrig. Vielmehr ist bereits aus der Anhörung gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vom 30. März 2020 ersichtlich, dass die von der Finanzbuchhaltung der Antragstellerin wegen der gestellten Mahlzeiten jährlich verbuchten Beträge nach Rücksprache der Antragsgegnerin mit dem Lohnabrechnungsbüro der Antragstellerin nicht über die Lohnabrechnungen erfasst wurden, sondern ausschließlich in der Finanzverwaltung als steuerfrei berücksichtigte "Aufwendungen an Arbeitnehmer". Es handle sich hierbei, so der Betriebsleiter der Antragstellerin, die über keine Kantine verfüge, um die Frühstücksversorgung und warme Mittagsmahlzeiten, für die aus hygienischen Gründen zentral und nachverfolgbar vom Arbeitgeber eingekauft würde. Abgesehen davon jedoch, dass die von der Antragstellerin angegebenen Gesamtbeträge für Mahlzeiten in Bezug auf die Zahl der beschäftigten Versicherten nicht plausibel erscheinen (etwa für das Jahr 2015 in Höhe von 6.186,69 EUR, welches bei 44 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und nach Abzug von 24 Urlaubstagen und rund 14 Krankheitstagen pro Mitarbeiter und Jahr Essensaufwendungen täglich lediglich 0,63 EUR entspräche), was jedoch dahinstehen kann, kommt auch insofern eine personenbezogene Zuordnung gerade mangels entsprechender arbeitnehmerspezifischer Einzelaufzeichnungen von vornherein nicht in Betracht. Eine unterbliebene Mitwirkung und Nichtvorlage von Unterlagen ist einer fehlenden und unzureichenden Dokumentation gleichzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 R 4/17 – a.a.O.).
Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung des Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV, bei der es sich, wie vom Sozialgericht schließlich ebenfalls zutreffend ausgeführt worden ist, nicht um eine Ermessensausübung handelt, sondern eine im Wege der Beweiswürdigung getroffene tatsächliche und insofern gerichtlich voll nachprüfbare Feststellung (vgl. Sehnert in Hauck/Noftz SGB IV, Stand: 12/19 § 28 f. Rn. 10), ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Rechtswidrig ist eine Schätzung, wenn willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgegangen wurde. Die in Anlehnung an das Steuerrecht (vgl. § 162 AO) vorzunehmende Schätzung soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen, wobei die hierfür zuständige Antragsgegnerin sozialversicherungs-rechtliche Maßstäbe anzulegen hat (vgl. Werner a.a.O. Rn. 65 ff.). Dies ist vorliegend unter Zugrundelegung der jährlich auf Grundlage der maßgebenden Verbraucherpreisentwicklung amtlich festgesetzten Sachbezugswerte für Frühstück und Mittagessen in Ermangelung der mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum von der Antragstellerin durchgeführten Pauschalversteuerung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV mit Wirkung vom 22. April 2015) der Fall (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SvEV in der jeweils geltenden Fassung).
Die Befugnis der Antragsgegnerin zur Festsetzung von Säumniszuschlägen beruht auf § 24 Abs. 1 SGB IV. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB IV nur dann nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Dies ist hier von der Antragsgegnerin nur für die – von der Antragstellerin eingeräumte – erforderliche Antragstellung zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeit ab Fälligkeit bis März 2020 angenommen worden. Insofern bestand keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R – juris). Darüber hinausgehend wurden keine Säumniszuschläge festgesetzt.
Gegen die Berechnungsfaktoren für die Höhe der Nachforderung sind im Übrigen weder Fehler erkennbar noch hat die Antragstellerin insofern konkret Einwände erhoben (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab BSG, Urteile vom 7. Juni 2018 – B 12 KR 1/17 R – juris Rn. 25; vom 18. Januar 2018 – B 12 R 3/16 R – juris Rn. 25).
Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides in der verbleibenden Höhe für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde, bestehen nicht. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Folge der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht erkennbar und werden im Übrigen, wie ausgeführt, von ihr selbst bereits nicht geltend gemacht. Im Übrigen dürften solche entsprechend der überwiegenden obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Juli 2018 – L 9 BA 29/18 B ER – juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. Oktober 2020 – L 7 BA 15/19 B ER – juris Rn. 73 m.w.N.) erst vorliegen, wenn dem Adressaten Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinaus zu einem nicht wiedergutzumachenden Schaden führen würden, wobei selbst ernsthafte Liquidationsprobleme grundsätzlich nicht ausreichen. Grund hierfür ist, dass der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG zum Schutze der Finanzierungsfähigkeit der gesetzlichen Sozialversicherung bei Entscheidungen über die Versicherungs- und Beitragspflicht deren sofortige Vollziehbarkeit als Regel angeordnet. Stellt aber ein Versicherungsträger Versicherungs- und Beitragspflicht sowie nachzuzahlende Beiträge – nach dem Ergebnis der gerichtlichen Prüfung in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren wie hier rechtsfehlerfrei – fest, kommt eine vorübergehende Freistellung von der gesetzlich auferlegten Pflicht, die Beiträge sofort zahlen zu müssen, auch nach § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG grundsätzlich nicht in Betracht, da die Beitragslast jeden Beitragspflichtigen unabhängig von der gegenwärtigen Vermögens- und Einkommenslage trifft und die Versicherungsträger anderenfalls auf die ihnen zur Erfüllung ihrer Aufgaben unzweifelhaft zustehenden Beiträge möglicherweise für mehrere Jahre verzichten müssten, ohne dass sich dafür aus dem Gesetz eine hinreichende Rechtfertigung erkennen ließe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das wirtschaftliche Interesse entspricht in Betriebsprüfungsverfahren gemäß §§ 28p ff. SGB IV in der Regel der Höhe der zu erwartenden Beitragsnachforderung. Wegen des identischen wirtschaftlichen Interesses ist der Streitwert daher regelmäßig in Höhe eines Bruchteils der Beitragsforderung selbst anzusetzen, wobei vorliegend zu berücksichtigen ist, dass bereits die Antragsgegnerin vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrages die sofortige Vollziehung wegen eines Teils der Beitragsforderung (in Höhe von 28.476 EUR) ausgesetzt hat. Im Übrigen setzt der Senat in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens in Fällen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG, bei welchen die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen sind, den Streitwert regelmäßig – so auch hier – mit der Hälfte des Hauptsachenstreitwerts an, vorliegend mithin mit der Hälfte von 49.366,46 EUR (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 29. Juli 2014 – L 1 KR 131/14 B ER – juris Rn. 29; vom 9. Juli 2018 – L 9 BA 29/18 B ER – a.a.O. Rn. 6).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin vom 29. Oktober 2020 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Oktober 2020 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 28. Mai 2020, die als weltweit tätiges Unternehmen die gewerbliche Zucht von P u.a. an ihrem Betriebsstandort in N betreibt, gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2020 – soweit von der Antragstellerin beantragt – anzuordnen.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend hat der Widerspruch der Antragstellerin gegen den aufgrund des von der Antragsgegnerin durchgeführten Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften – für den Prüfzeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 ergangenen Bescheides vom 18. Mai 2020 über eine Beitragsnachforderung in Höhe von 77.734,96 EUR nebst Säumniszuschlägen (107,50 EUR) als Nebenkosten – soweit er hier nicht bereits von der Antragsgegnerin angeordnet worden ist (Aussetzungsentscheidung vom 10. Juni 2020) – gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung – ganz oder teilweise – ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer Abwägung einerseits des Suspensivinteresses der Antragstellerin mit dem angesichts der gesetzlichen Vorgabe in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzlichen Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses auf der anderen Seite (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt in SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 12b m.w.N.). Aus diesem bereits vom Gesetzgeber grundsätzlich geregelten vorrangigen Voll-zugsinteresse von Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich darauf entfallender Nebenkosten folgt zugleich, dass regelmäßig nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Interesse an der aufschiebenden Wirkung begründen können, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, vorliegend mithin des Widerspruchs der Antragstellerin, als zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Insoweit müssen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen, um entgegen dem Regel-Ausnahmeverhältnis des Gesetzgebers das Aussetzungsinteresse höher zu gewichten. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten geringer, je schwerer die angefochtene Entscheidung wirkt. Insofern ist neben den wirtschaftlichen Verhältnissen in die Abwägungsentscheidung auch einzustellen, ob die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Letzteres – das Vorliegen einer unbilligen Härte im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse – hat die Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich verneint (Schriftsatz vom 18. September 2020) und auch im Beschwerdeverfahren seitens ihres Prozessbevollmächtigten nicht geltend gemacht (Schriftsatz vom 10. November 2020). Ausweislich des entsprechenden Hinweises (Nr. 12) zum Bescheid vom 18. Mai 2020 ist insofern im Übrigen zu berücksichtigen, dass nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV auch angesichts etwaiger bereits eingetretener wirtschaftlicher Folgen der gegenwärtigen Coronavirus-Pandemie die Stundung bzw. Ratenzahlung beantragt werden kann. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin selbst im Einklang mit § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG auf den Aussetzungsantrag der Antragstellerin die sofortige Vollziehung des gegenständlichen Bescheides vom 18. Mai 2020 in Höhe von 28.476 EUR (40 % der mit dem Bescheid geforderten Beiträge für die Nachberechnung des geldwerten Vorteils "Mahlzeiten") ausgesetzt hat (Aussetzungsanordnung vom 10. Juni 2020), so dass vorliegend gegenständlich allein das Aufschubinteresse der Antragstellerin hinsichtlich des Beitragsbescheides vom 18. Mai 2020 – ausdrücklich mit Ausnahme der hinsichtlich der Arbeitnehmerin B S geforderten Beiträge in Höhe von 313,54 EUR – in der verbleibenden Höhe ist.
Mit dem Sozialgericht kann indes auch seitens des Senats nach der in Eilverfahren regelmäßig nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung eine – soweit hier gegenständlich – offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 18. Mai 2020, der formell rechtmäßig, insbesondere nach vorheriger Anhörung und ordnungsgemäß begründet (vgl. §§ 24 Abs. 1, 35 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) ergangen ist, nicht festgestellt werden. Ermächtigungsgrundlage für den im Widerspruchsverfahren angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen nach Satz 5 dieser Vorschrift im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (den Prüfbescheid, vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 17) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Mit dem letzten Halbsatz ist klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung (§ 28d Sätze 1 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – SGB XI, § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – SGB III).
Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 a.a.O. Rn. 18). Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dieser Verzicht auf die grundsätzlich erforderliche Personenbezogenheit der Feststellungen ist charakteristisch für den Summenbescheid; erfolgt allein eine Schätzung der Entgelte einzelner Arbeitnehmer (§ 28f Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV) bei fortbestehender personenbezogener Feststellung der Beitragshöhe, so liegt kein Summenbescheid i.S. des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV vor. Nach vorstehenden gesetzlichen Grundlagen stellt sich der Bescheid, wie vom Sozialgericht zu Recht ausgeführt worden ist, im Hinblick auf die für das Aussetzungsinteresse gegenständliche Nachforderung in Höhe von 49.366,46 EUR nicht als offensichtlich rechtswidrig dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst entsprechend § 153 Abs. 2 SGG insofern auf die Gründe des angefochtenen sozialgerichtlichen Beschlusses Bezug. Ergänzend ist insbesondere unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung auf Folgendes hinzuweisen:
Anders als der Prozessbevollmächtigte mit der Beschwerde geltend macht, bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 18. Mai 2020 wegen der den Anordnungsantrag nach teilweiser Aussetzung noch betreffenden Beträge. Nach § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nach Satz 2 nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (Satz 3). So liegt es hier.
Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Entgeltunterlagen im Geltungsbereich des SGB IV in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Nicht ordnungsgemäß erfüllt werden die arbeitgeberseitigen Aufzeichnungspflichten dann, wenn die aufzeichnungspflichtigen Tatsachen gemäß § 8 der aufgrund der Ermächtigung des § 28n Nr. 7 SGB IV erlassenen Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Beitragsverfahrensverordnung) vorgeschriebenen Aufzeichnungen nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht zeitgerecht oder in einer Weise geführt werden, die einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit keinen Überblick über die Lohnabrechnung erlaubt (vgl. Werner in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage 2016, § 28 f. Rn. 51). Aufzeichnungen, die diesen Anforderungen vollumfänglich genügen, hat die Antragstellerin nicht geführt bzw. trotz entsprechender Aufforderung durch die Antragsgegnerin im Betriebsprüfungsverfahren bzw. im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht vorgelegt. Auf ein Verschulden kommt es insofern nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 – B 12 KR 12/01 R – juris Rn. 22). Wegen der Verletzung der Aufzeichnungspflicht konnte die Beitragshöhe wegen den Beschäftigten gewährten kostenlosen Mahlzeiten – die seitens der Antragstellerin aus nachvollziehbar hygienisch notwendigen Gründen der betriebenen Zuchtfarm erfolge – für die jeweiligen Versicherten nicht i.S. des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV individuell festgestellt werden.
Zwar darf ein Summenbeitragsbescheid, wie ausgeführt, nicht erlassen werden, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Solches ist hier indes nicht der Fall. Eine personenbezogene Feststellung war insofern nicht geboten (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2020 – B 12 KR 12/01 R – juris). Eine Verletzung der behördlichen Pflicht zur Amtsermittlung gemäß §§ 20, 21 SGB X liegt nach Abwägung der erkennbaren Umstände nicht vor (vgl. zu diesem Maßstab der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit eines Summen- bzw. Schätzbescheides BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 R 4/17 R – juris Rn. 22). Denn aussagekräftige und auf einzelne individualisierbare Versicherte bezogene, die gestellten Mahlzeiten betreffende Entgeltunterlagen liegen nicht vor, wie auch von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt wird, die vielmehr selbst geltend macht, dass lediglich jährlich pauschal die Gesamtaufwendungen für die Gestellung der Mahlzeiten im Prüfzeitraum gebucht wurden.
Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf die im Vergleich zu den berücksichtigten Sonn-, Feiertags- und Nacharbeitszuschlägen hier ihrer Einschätzung nach bedeutendere Frage der sozialversicherungsrechtlich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Sozialversicherungsentgeltverordnung in der Fassung des Gesetztes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) zu berücksichtigenden Kosten für gestellte Mahlzeiten geltend macht, dass das von ihr mit der Buchhaltung beauftragte Steuerbüro für jeden Mitarbeiter sogenannte Stundenlisten führe, die vollständig während der Betriebsprüfung vorgelegen hätten, und den Bescheid wegen der für Mahlzeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geforderten Sozialversicherungsbeiträge für rechtswidrig erachtet, weil die Verpflegungsmehraufwendungen pauschal auf der Grundlage von 30 Tagen/Monat berechnet worden seien ohne Rücksicht darauf, dass tatsächlich kein einziger Mitarbeiter 30 Tage pro Monat gearbeitet habe, führt dies zu keinem abweichenden Ergebnis. Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand bereits bei der teilweisen Aussetzung der Vollziehung durch die Antragsgegnerin angemessen Berücksichtigung gefunden hat. Den insofern im Rahmen der Aussetzung berücksichtigten 40 % entsprechen 145 Tage statt der im Bescheid zugrunde gelegten 360 Tage. Zwar beanstandet die Antragstellerin diesbezüglich, wie bereits erwähnt, weiter, dass sich ausweislich der seitens der Buchhaltung pauschal geführten Listen ("weitere Aufzeichnungen" gebe es wegen geleisteter Nachtschichten) konkret bezifferbare Aufwendungen für Mahlzeiten ergäben, nämlich im Jahr 2015 in Höhe von 6.186,69 EUR, im Jahr 2016 von 9.845,30 EUR, im Jahr 2017 von 6.489,17 EUR und im Jahr 2018 7.729,68 EUR. In entsprechender Höhe sei sie, wie schon im Rahmen der Betriebsprüfung mitgeteilt, bereit, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Indes rechtfertigt auch dieser Vortrag nicht die Annahme, der als Summenbeitragsbescheid insofern ergangene Beitragsbescheid sei erkennbar rechtswidrig. Vielmehr ist bereits aus der Anhörung gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vom 30. März 2020 ersichtlich, dass die von der Finanzbuchhaltung der Antragstellerin wegen der gestellten Mahlzeiten jährlich verbuchten Beträge nach Rücksprache der Antragsgegnerin mit dem Lohnabrechnungsbüro der Antragstellerin nicht über die Lohnabrechnungen erfasst wurden, sondern ausschließlich in der Finanzverwaltung als steuerfrei berücksichtigte "Aufwendungen an Arbeitnehmer". Es handle sich hierbei, so der Betriebsleiter der Antragstellerin, die über keine Kantine verfüge, um die Frühstücksversorgung und warme Mittagsmahlzeiten, für die aus hygienischen Gründen zentral und nachverfolgbar vom Arbeitgeber eingekauft würde. Abgesehen davon jedoch, dass die von der Antragstellerin angegebenen Gesamtbeträge für Mahlzeiten in Bezug auf die Zahl der beschäftigten Versicherten nicht plausibel erscheinen (etwa für das Jahr 2015 in Höhe von 6.186,69 EUR, welches bei 44 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und nach Abzug von 24 Urlaubstagen und rund 14 Krankheitstagen pro Mitarbeiter und Jahr Essensaufwendungen täglich lediglich 0,63 EUR entspräche), was jedoch dahinstehen kann, kommt auch insofern eine personenbezogene Zuordnung gerade mangels entsprechender arbeitnehmerspezifischer Einzelaufzeichnungen von vornherein nicht in Betracht. Eine unterbliebene Mitwirkung und Nichtvorlage von Unterlagen ist einer fehlenden und unzureichenden Dokumentation gleichzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 R 4/17 – a.a.O.).
Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung des Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV, bei der es sich, wie vom Sozialgericht schließlich ebenfalls zutreffend ausgeführt worden ist, nicht um eine Ermessensausübung handelt, sondern eine im Wege der Beweiswürdigung getroffene tatsächliche und insofern gerichtlich voll nachprüfbare Feststellung (vgl. Sehnert in Hauck/Noftz SGB IV, Stand: 12/19 § 28 f. Rn. 10), ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Rechtswidrig ist eine Schätzung, wenn willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgegangen wurde. Die in Anlehnung an das Steuerrecht (vgl. § 162 AO) vorzunehmende Schätzung soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen, wobei die hierfür zuständige Antragsgegnerin sozialversicherungs-rechtliche Maßstäbe anzulegen hat (vgl. Werner a.a.O. Rn. 65 ff.). Dies ist vorliegend unter Zugrundelegung der jährlich auf Grundlage der maßgebenden Verbraucherpreisentwicklung amtlich festgesetzten Sachbezugswerte für Frühstück und Mittagessen in Ermangelung der mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum von der Antragstellerin durchgeführten Pauschalversteuerung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV mit Wirkung vom 22. April 2015) der Fall (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SvEV in der jeweils geltenden Fassung).
Die Befugnis der Antragsgegnerin zur Festsetzung von Säumniszuschlägen beruht auf § 24 Abs. 1 SGB IV. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB IV nur dann nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Dies ist hier von der Antragsgegnerin nur für die – von der Antragstellerin eingeräumte – erforderliche Antragstellung zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeit ab Fälligkeit bis März 2020 angenommen worden. Insofern bestand keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R – juris). Darüber hinausgehend wurden keine Säumniszuschläge festgesetzt.
Gegen die Berechnungsfaktoren für die Höhe der Nachforderung sind im Übrigen weder Fehler erkennbar noch hat die Antragstellerin insofern konkret Einwände erhoben (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab BSG, Urteile vom 7. Juni 2018 – B 12 KR 1/17 R – juris Rn. 25; vom 18. Januar 2018 – B 12 R 3/16 R – juris Rn. 25).
Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides in der verbleibenden Höhe für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde, bestehen nicht. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Folge der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht erkennbar und werden im Übrigen, wie ausgeführt, von ihr selbst bereits nicht geltend gemacht. Im Übrigen dürften solche entsprechend der überwiegenden obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Juli 2018 – L 9 BA 29/18 B ER – juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. Oktober 2020 – L 7 BA 15/19 B ER – juris Rn. 73 m.w.N.) erst vorliegen, wenn dem Adressaten Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinaus zu einem nicht wiedergutzumachenden Schaden führen würden, wobei selbst ernsthafte Liquidationsprobleme grundsätzlich nicht ausreichen. Grund hierfür ist, dass der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG zum Schutze der Finanzierungsfähigkeit der gesetzlichen Sozialversicherung bei Entscheidungen über die Versicherungs- und Beitragspflicht deren sofortige Vollziehbarkeit als Regel angeordnet. Stellt aber ein Versicherungsträger Versicherungs- und Beitragspflicht sowie nachzuzahlende Beiträge – nach dem Ergebnis der gerichtlichen Prüfung in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren wie hier rechtsfehlerfrei – fest, kommt eine vorübergehende Freistellung von der gesetzlich auferlegten Pflicht, die Beiträge sofort zahlen zu müssen, auch nach § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG grundsätzlich nicht in Betracht, da die Beitragslast jeden Beitragspflichtigen unabhängig von der gegenwärtigen Vermögens- und Einkommenslage trifft und die Versicherungsträger anderenfalls auf die ihnen zur Erfüllung ihrer Aufgaben unzweifelhaft zustehenden Beiträge möglicherweise für mehrere Jahre verzichten müssten, ohne dass sich dafür aus dem Gesetz eine hinreichende Rechtfertigung erkennen ließe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das wirtschaftliche Interesse entspricht in Betriebsprüfungsverfahren gemäß §§ 28p ff. SGB IV in der Regel der Höhe der zu erwartenden Beitragsnachforderung. Wegen des identischen wirtschaftlichen Interesses ist der Streitwert daher regelmäßig in Höhe eines Bruchteils der Beitragsforderung selbst anzusetzen, wobei vorliegend zu berücksichtigen ist, dass bereits die Antragsgegnerin vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrages die sofortige Vollziehung wegen eines Teils der Beitragsforderung (in Höhe von 28.476 EUR) ausgesetzt hat. Im Übrigen setzt der Senat in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens in Fällen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG, bei welchen die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen sind, den Streitwert regelmäßig – so auch hier – mit der Hälfte des Hauptsachenstreitwerts an, vorliegend mithin mit der Hälfte von 49.366,46 EUR (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 29. Juli 2014 – L 1 KR 131/14 B ER – juris Rn. 29; vom 9. Juli 2018 – L 9 BA 29/18 B ER – a.a.O. Rn. 6).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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