L 1 KR 607/00

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 9 KR 256/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 607/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufnahme als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten sowie als Folge die Aufnahme als versicherungspflichtiges Mitglied bei der Beigeladenen.

Der am 30. März 1945 geborene Kläger hat während seines Berufslebens in England und Deutschland gearbeitet. In Deutschland, wo der Kläger seit 1978 lebt, ist er zunächst bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen "C." kranken- und pflegeversichert gewesen und bezog nach einem am 2. Februar 1997 erlittenen Schlaganfall bis zum 26. Dezember 1997 Krankentagegeld. In der Zeit vom 27. Dezember 1997 bis einschließlich 26. Juli 1998 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld und war aufgrund dessen - als Leistungsempfänger nach dem Arbeitsförderungsgesetz - versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Die privaten Krankenversicherungsverträge kündigte der Kläger am 8. Oktober 1997, ohne eine private Anwartschaftsversicherung aufrecht zu erhalten. Am 27. Juli 1998 wurde dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aufgrund seines Rentenantrags vom 1. Juli 1997 bewilligt. Das zuständige Arbeitsamt Büdingen stellte daraufhin den Leistungsbezug ein.

Mit Bescheid vom 3. September 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, mit der Einstellung des Leistungsbezuges durch die Arbeitsverwaltung habe die bestehende Pflichtversicherung bei ihr geendet. Eine freiwillige Weiterversicherung komme nicht in Betracht, da der Kläger die so genannte Vorversicherungszeit nicht erfüllt habe. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100, so dass aus diesem Grunde eine freiwillige Weiterversicherung in Betracht kommen könne. Hilfsweise beantrage er, über seine Ehefrau familienversichert zu werden. Im Übrigen sei er von einem Mitarbeiter der Beklagten, einem Herrn T., falsch beraten worden. Zum einen habe ihn dieser Mitarbeiter nicht darauf hingewiesen, dass eine freiwillige Weiterversicherung bei einer gesetzlichen Kasse dann nicht in Betracht komme, wenn die Arbeitslosigkeit (und damit die Versicherungspflicht) kürzer als ein Jahr andauere; zum anderen habe ihn dieser Mitarbeiter falsch beraten, indem er ihm mitgeteilt habe, er könne die private Versicherung kündigen und brauche auch eine (private) Anwartschaftsversicherung während der Zeit seiner Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse nicht aufrecht zu erhalten.

In ihrem Bescheid vom 23. Oktober 1998 führte die Beklagte aus, der Kläger sei durch ihren Mitarbeiter T. nicht falsch beraten worden. Der betreffende Mitarbeiter habe angegeben, auf Befragen der Ehefrau des Klägers habe er hinsichtlich der Möglichkeit der Weiterversicherung als Rentner konkret auf die zu erfüllenden "Fristen" hingewiesen. Die Frage einer Anwartschaftsversicherung bei der privaten Krankenversicherung sei nicht Gegenstand der Gespräche gewesen. Die Durchführung einer Familienversicherung aus der Mitgliedschaft der Ehefrau des Klägers komme aufgrund der Höhe des Einkommens des Klägers nicht in Betracht.

Die Ehefrau des Klägers wandte sich in der Folgezeit mit Schreiben vom 14. Oktober 1998 an das Bundesversicherungsamt sowie mit Schreiben vom 19. Oktober 1998 an den Petitionsausschuss im Bundestag und führte in beiden Schreiben aus, sie sei am 1. Oktober 1997 von dem privaten Krankenversicherungsunternehmen "C." unterrichtet worden, dass die Zahlung des Krankentagegeldes an ihren Ehemann zum 26. Dezember 1997 eingestellt würde. Daraufhin habe sie sich zunächst an die örtliche AOK und sodann an das Arbeitsamt gewandt. Auf dem Arbeitsamt habe sie erfahren, "dass es mit der Krankenversicherung Probleme geben könnte, wenn der Rentenbescheid zu früh käme und dass man zwölf Monate bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein müsse, um einen Anspruch auf Weiterversicherung zu erlangen." Der Sachbearbeiter beim Arbeitsamt, ein Herr C., habe ihr sodann die Telefonnummer des Mitarbeiters der Beklagten, des Herrn T., gegeben, mit dem sie sich umgehend in Verbindung gesetzt habe. Herr T. habe ihr mitgeteilt, sie könne die private Krankenversicherung ihres Ehemann "ruhig" kündigen. Auch die Notwendigkeit, eine Anwartschaftsversicherung bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen aufrechtzuerhalten, um ggf. mit dem Ende der Versicherungspflicht wieder privaten Versicherungsschutz in Anspruch nehmen zu können, habe Herr T. verneint. Mit Datum vom 8. Oktober 1997 sei dann entsprechend von ihr verfahren worden mit der Folge, dass ihr Ehemann nun keinen Krankenversicherungsschutz habe und auch kein Pflegegeld mehr erhalte.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 1998 teilte die Beklagte mit, auch ein Beitrittsrecht des Klägers zur freiwilligen Versicherung als Schwerbehinderter nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) in Verbindung mit der Satzung der Beklagten (§ 10 Abs. 1 Buchstabe e) komme nicht in Betracht, da der Kläger zum einen die notwendige Vorversicherungszeit von drei Jahren innerhalb einer Rahmenfrist von fünf Jahren nicht erfüllt habe und zum anderen das 45. Lebensjahr schon vollendet habe und damit nach den Satzungsbestimmungen der Beklagten nicht mehr zum berechtigten Personenkreis gehöre.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 3. September 1998, vom 23. Oktober 1998 und vom 3. Dezember 1998 zurück. Ein Anspruch auf Weiterversicherung könne auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gestützt werden, da der Kläger bzw. dessen Ehefrau über die für eine freiwillige Weiterversicherung erforderliche Vorversicherungszeit informiert gewesen seien. Dies gehe aus ihren Schreiben an das Bundesversicherungsamt sowie an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hervor. Es sei allerdings wahrscheinlich, dass die Ehefrau des Klägers diese Auskunft nicht - wie sie angegeben habe - von dem Sachbearbeiter des Arbeitsamtes sondern tatsächlich von dem DAK-Mitarbeiter, Herrn T., erhalten habe.

Der Kläger hat am 8. Februar 1999 Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben und vorgetragen, aufgrund der Ablehnung einer freiwilligen Weiterversicherung durch die Beklagte und aufgrund der Tatsache, dass das private Krankenversicherungsunternehmen C. aufgrund des Fehlens eines Vertrages über eine Anwartschaftsversicherung nicht bereit sei, den Kläger privat zu versichern, habe er nunmehr keinen Krankenversicherungsschutz und das in einer Situation, in der er sich in einer äußerst schlechten gesundheitlichen Verfassung befinde. Die nachteiligen Auswirkungen in Gestalt des fehlenden Versicherungsschutzes, die auf die falsche Beratung durch den Mitarbeiter der Beklagten zurückzuführen seien, ließen sich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nur dergestalt beseitigen, dass die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung einräume.

Das Sozialgericht hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2000 die Ehefrau des Klägers, I. A., sowie den Mitarbeiter der Beklagten, W. T., als Zeugen vernommen und mit Urteil vom gleichen Tage die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, eine freiwillige Weiterversicherung des Klägers komme nach den gesetzlichen Vorschriften nicht in Betracht, da die Vorversicherungszeit nicht erfüllt sei. Auch ein Beitrittsrecht als Schwerbehinderter bestehe für den Kläger wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht. Ebenso scheide eine Familienversicherung über die Ehefrau des Klägers nach § 10 Abs. 1 SGB V aufgrund der Höhe des Einkommens des Klägers aus. Eine Weiterversicherung als freiwilliges Mitglied könne der Kläger auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Das Gericht lasse ausdrücklich offen, ob ein Beratungsmangel im Hinblick auf die Beratung der Ehefrau des Klägers durch den Mitarbeiter der Beklagten, den Zeugen T., vorgelegen habe. Ein Fehlverhalten des Leistungsträgers lasse sich jedenfalls im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nur insoweit berichtigen, als die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehe. Der Kläger könne indes mangels der erforderlichen Vorversicherungszeiten in keinem Falle Mitglied der Beklagten werden. Auch die Kündigung seiner privaten Krankenversicherung könne nicht im Wege der Fiktion ungeschehen gemacht werden, denn die Beklagte habe keinen Einfluss darauf, "dass nach Kündigung die private Krankenkasse den Kläger nunmehr nicht mehr weiter versichern wolle".

Gegen das ihm am 29. März 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. April 2000 Berufung beim Sozialgericht Gießen eingelegt, die von dort an das zuständige Hessische Landessozialgericht in Darmstadt weitergeleitet worden ist (Eingang am 4. Mai 2000). Er macht geltend, die Auffassung des Sozialgerichts, im Wege des sozialgerichtlichen Herstellungsanspruchs könne vorliegend eine Korrektur nicht geschehen, sei unzutreffend. Das Bundessozialgericht habe längst bestätigt, dass im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen länger zurückliegender endgültig versäumter Fristen contra legem eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" zu bewilligen sei. Der Gesetzgeber habe im Übrigen klar gestellt, dass der Versicherungsschutz durch die private Krankenversicherung einerseits und die gesetzliche Krankenversicherung andererseits in einem engen Zusammenhang stehen würden. Es gebe eine Gesamtverantwortung für die Aufrechterhaltung des Krankenversicherungsschutzes. Genau gegen diese Verantwortung habe die Beklagte verstoßen, als sie auf die ausdrückliche Frage des Klägers, ob es einer Anwartschaftsversicherung bedürfe, eindeutig geantwortet habe, einer solchen Anwartschaftsversicherung bedürfe es nicht. Zwar erhalte der Kläger aufgrund einer ihm seit dem 30. Mai 1998 in England zustehenden Rente nach den dort geltenden Vorschriften inzwischen Krankenversicherungsschutz; im Auftrag des ausländischen Krankenversicherungsträgers (Department of Social Security) stelle die Beklagte dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Leistungsaushilfe nach über- und zwischenstaatlichem Recht Sachleistungen zur Verfügung. Einen Anspruch auf Pflegegeld habe der Kläger indes aufgrund dieses Versicherungsschutzes nicht. Darauf sei er indes dringend angewiesen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. Februar 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 3. September, vom 23. Oktober und vom 3. Dezember 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 1999 zu verurteilen, ihn ab dem 27. Juli 1998 als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern sowie festzustellen, dass er ab diesem Zeitpunkt versicherungspflichtiges Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung der Beigeladenen ist.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, da für den Kläger aufgrund der ausländischen Rente ein Kranken- und Pflegeversicherungsschutz bestehe, habe die Kündigung der privaten Versicherungsverträge nur zur Folge, dass der Kläger Pflegegeld nicht mehr erhalte. Andererseits habe der Kläger aber auch nicht mehr die Beiträge für seine private Versicherung aufzubringen, was diesen Verlust auf jeden Fall schmälern dürfte. Diese Überlegung könne bei der Beurteilung, ob und ggf. in welcher noch zu beziffernden Höhe dem Kläger aufgrund der Kündigung seiner privaten Versicherungsverträge ein (finanzieller) Schaden entstanden sei, nicht außer Acht bleiben.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die zum Verfahren beigezogen worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Gießen ist zu Recht ergangen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Versicherung als freiwilliges Mitglied oder als Familienangehöriger bei der Beklagten sowie als gesetzliches Mitglied bei der Beigeladenen nicht zu.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist weiterhin gegeben. Zwar erhält der Kläger aufgrund einer ihm seit dem 30. Mai 1998 zustehenden englischen Rente gesetzlichen Krankenversicherungs- als auch Pflegeversicherungsschutz. Im Auftrag des ausländischen Krankenversicherungsträgers (Department of Social Security) stellt die Beklagte dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Leistungsaushilfe nach Art. 19 Abs. 1 a) der Verordnung (EWGV)1408/71 Sachleistungen zur Verfügung, und zwar nach deutschem Recht unter denselben Anspruchsvoraussetzungen und in demselben Umfang wie für Versicherte der Beklagten. Der Anspruch auf Geldleistungen beurteilt sich nach Art. 19 Abs. 1 b) EWGV 1408/71 indes nicht nach deutschem, sondern ausschließlich nach ausländischem Recht. Damit kann der Kläger aufgrund der ausländischen Pflichtkrankenversicherung keinen Anspruch auf Pflegegeld aus der deutschen Pflegeversicherung geltend machen.

Zutreffend hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass der Kläger zur freiwilligen Versicherung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht berechtigt ist, da er die nach dieser Vorschrift erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt. Ebenso zutreffend hat das Sozialgericht ein Beitrittsrecht des Klägers als Schwerbehinderter nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V wegen der fehlenden Vorversicherung verneint und im Übrigen die Möglichkeit einer Familienversicherung über die Ehefrau gemäß § 10 SGB V aufgrund des Einkommens des Klägers ausgeschlossen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit ausdrücklich auf die zutreffenden Entscheidungsgründe in dem Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Der Kläger kann sein Begehren auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieser richterrechtlich aus den sozialen Rechten entwickelte verschuldensunabhängige sekundäre Anspruch knüpft u.a. an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten im Sozialversicherungsverhältnis an. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt dieser Anspruch voraus, dass eine aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis sich ergebende Pflicht des Sozialleistungsträgers oder eines anderen Organs oder Leistungsträgers (sofern dieser mit der Erfüllung der Pflicht für den Sozialeistungsträger beauftragt gewesen ist) besteht, dass diese Pflicht dem Sozialeistungsträger gerade dem Versicherten gegenüber obliegt und objektiv rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt worden ist. Zudem muss die Pflichtverletzung zumindest gleichwertig einen dem Sozialleistungsträger zurechenbaren sozialrechtlichen Nachteil verursacht haben. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist grundsätzlich und soweit notwendig sowie rechtlich und tatsächlich möglich der Zustand wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre und der Sozialleistungsträger sich rechtmäßig verhalten hätte (BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 4 RA 15/02 R - und Urteil vom 25. März 2003 - B 7 AL 106/01 R).

Der Herstellungsanspruch lässt sich vorliegend unter keinem der von dem Kläger geltend gemachten Gesichtpunkte begründen.

Soweit der Kläger vorgetragen hat, der Zeuge T. habe seine Ehefrau, die Zeugin A., bei dem Beratungsgespräch Anfang Oktober 1997 nicht darauf hingewiesen, dass eine Weiterversicherung des Klägers bei der Beklagten nach Einstellung des Arbeitslosengeldbezugs nur bei Erfüllung der Vorversicherungszeit in Betracht käme, wäre ein solcher Beratungsmangel jedenfalls nicht ursächlich für das weitere Verhalten des Klägers bzw. dessen Ehefrau gewesen. Nach der Aussage des Zeugen T. bei der Vernehmung durch das Sozialgericht war die Zeugin A. bei ihrem Gespräch mit dem Zeugen T. schon über diesen Tatbestand informiert. Die Angaben des Zeugen T. sind glaubhaft, da sie mit den Ausführungen der Zeugin A. in ihren Schreiben an den Petitionsausschuss sowie an das Bundesversicherungsamt übereinstimmen. In beiden Schreiben hat die Zeugin darauf hingewiesen, Anfang Oktober (vor dem Gespräch mit dem Zeugen T.) habe sie bei dem Arbeitsamt unter anderem erfahren, dass es "mit der Krankenversicherung Probleme geben könnte, wenn der Rentenbescheid zu früh käme und dass mein Ehemann 12 Monate bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein müsste, um einen Anspruch auf Weiterversicherung zu erlangen".

Soweit der Kläger behauptet, er habe aufgrund einer Falschberatung des Zeugen T. seine private Krankenversicherung gekündigt, ohne eine Anwartschaftsversicherung bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen abzuschließen, handelt es sich um einen Tatbestand, der nicht unter die Beratungspflicht des Mitarbeiters der Beklagten fällt. Die den Herstellungsanspruch unter den weiteren Voraussetzungen auslösende, der Beklagten dem Versicherten gegenüber obliegende Pflicht zur Beratung aus § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) erstreckt sich auf die ausreichende Information und Beratung über den Inhalt der sozialen Leistungssysteme. Eine allein materiellrechtliche Verknüpfung und Abhängigkeit einzelner Ansprüche aus den verschiedenen Sicherungssystemen begründet keine Pflicht der Beklagten zur Beratung. Eine derartige Erweiterung würde eine allumfassende Beratungspflicht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten begründen, die zur Folge hätte, dass bei der Verletzung derartiger Pflichten die Versichertengemeinschaft auch für außerhalb des Systems entstehende Schäden einzutreten hätten (BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 4 RA 15/02 R). Die Beschränkung der behördlichen Beratungspflicht auf den Inhalt der sozialen Leistungssysteme muss die Konsequenz haben, dass fehlerhafte Auskünfte bezüglich eines anderen Sicherungssystems bzw. einer Stelle, die - wie hier das private Krankenversicherungsunternehmen - kein Leistungsträger im Sinne von § 12 SGB I in Verbindung mit den §§ 18 ff. SGB I ist, zu Lasten der Versichertengemeinschaft einen Herstellungsanspruch nicht begründen können. Im Jahre 1997, als der Kläger seinen privaten Versicherungsvertrag in Erwartung eines ausreichenden Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Krankenversicherung kündigte, sahen die Vorschriften des SGB V noch kein Rückkehrrecht in die private Krankenversicherung nach dem Ende der Versicherungspflicht vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9 SGB V vor. Dies ermöglicht nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen § 5 Abs. 10 SGB V in der Fassung durch Art. 1 Nr. 2 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) mit Wirkung vom 1. Januar 2000, allerdings nur in den Fällen, in denen der private Krankenversicherungsvertrag nach dem 1. Januar 2000 geendet hat (vgl. die Übergangsvorschrift Art. 21 § 2 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000). Sollte der Zeuge T. der Ehefrau des Klägers hinsichtlich der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung einer Anwartschaftsversicherung bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen angesichts der damaligen Rechtslage tatsächlich eine falsche Auskunft erteilt haben, so kann eine solche Fehlberatung über die Konditionen der Rückkehr zum privaten Krankenversicherungsunternehmen aus den oben genannten Gründen indes allein einen Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auslösen.

Zu Recht hat das Sozialgericht im Übrigen festgestellt, dass – unterstellt ein Beratungsmangel im Sinne des § 14 SGB I läge vor – es der Beklagten rechtlich und tatsächlich gar nicht möglich gewesen wäre, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre. Hätte der Zeuge T. die Zeugin A. auf die Notwendigkeit des Abschlusses einer Anwartschaftsversicherung bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen hinweisen müssen und auch hingewiesen, so würde der Kläger nunmehr privaten Krankenversicherungsschutz in Anspruch nehmen. Auf das Verhalten des privaten Krankenversicherungsunternehmens hat die Beklagte indes keinen Einfluss. Die von dem Kläger mit der Klage verfolgte Weiterversicherung als freiwilliges Mitglied würde gegen das Gesetz verstoßen, da der Kläger nicht die vom Gesetz vorgesehene Vorversicherungszeit erfüllt, und ist im Übrigen auch nicht der Ausgleich eines Nachteils der auf die angebliche Pflichtverletzung zurückzuführen wäre. Der von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgebrachte Hinweis auf eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" ist nicht nachvollziehbar. Eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" kommt dann in Betracht, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. In einem solchen Fall soll nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25. März 2003 – B 1 KR 36/01 R) die Fristversäumnis unabwendbar sein, wenn sie durch eine falsche oder irreführende Auskunft oder Belehrung oder sonst ein rechtswidriges Verhalten der Verwaltungsbehörde verursacht werde. Im vorliegenden Fall stellt sich indes schon nicht die Frage eines Fristversäumnisses.

Da eine Weiterversicherung des Klägers als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten nicht möglich ist, kommt gemäß § 20 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) die davon abhängige Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der sozialen Pflegeversicherung - bei der Beigeladenen - nicht in Betracht. Eine Weiterversicherung in der sozialen Pflegeversicherung auf Antrag scheitert daran, dass die Vorversicherungszeit (mindestens 24 Monate in den letzten fünf Jahren oder mindestens zwölf Monate unmittelbar vor dem Ausscheiden) nicht erfüllt ist (§ 26 Abs. 1 SGB XI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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