L 6 B 141/04 AL

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 AL 1390/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 B 141/04 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wendet sich ein bisheriger Bezieher von niedriger Arbeitslosenhilfe gegen die Beendigung dieser Leistung zum 31. Dezember 2004 durch die Einführung von für ihn höherem Arbeitslosengeld II, fehlt es hinsichtlich der streitbefangenen finanziellen Leistungen am Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses.
Prozesskostenhilfe ist wegen fehlender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen.
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Kassel vom 5. November 2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die am 9. Dezember 2004 bei dem Sozialgericht Kassel eingegangene Beschwerde, der das Sozialgericht (unter dem 13. Dezember 2004) nicht abgeholfen hat, gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 5. November 2004 war zurückzuweisen. Nach § 114 Zivilprozessordnung (ZPO), der im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprechende Anwendung findet, erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Streitgegenstand des Verfahrens ist die Befristung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 zum 31. Dezember 2004 unter Hinweis auf die Neufassung des § 190 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB 3), dass die Arbeitslosenhilfe längstens bis zum 31.12.2004 bewilligt werden darf. Nach dem Stand des Verfahrens in erster Instanz zur Zeit der Entscheidung sowohl über den Prozesskostenhilfeantrag als auch über die Hauptsache (Gerichtsbescheid vom 5. November 2004) bot die Rechtsverfolgung der Klägerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne einer überwiegenden Erfolgswahrscheinlichkeit wenigstens hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes. Es fehlt insoweit am Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin hinsichtlich des anhängigen Hauptsacheverfahrens.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob der bisherige Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe gemäß § 190 SGB 3 dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt (vgl. BVerfG 14.3.2001 - 1 BvR 2402/97 = SozR 3-4100 § 242q Nr. 2), jedoch steht es dem Gesetzgeber frei, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen. Das Eigentumsrecht eines Leistungsberechtigten wird dann nicht verletzt, wenn der Eingriff durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (so BVerfG 14.3.2001 s. o.). Dabei ist die Sanierung der Staatsfinanzen durch Einsparungen auf der Ausgabenseite ein wichtiges Ziel für den Gesetzgeber zu Gunsten des Staatsganzen (BVerfG 14.3.2001 s. o.). Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I 2003, 2954), dessen Artikel 1 das von der Klägerin beanstandete Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB 2) eingeführt und die von der Klägerin bis zum 31. Dezember 2004 bezogene Leistung der Arbeitslosenhilfe abgeschafft hat, sollte die bisherige Arbeitslosenhilfe und die bisherige Sozialhilfe (für Erwerbsfähige) zusammenführen und neben anderen Zielen auch der Einsparung öffentlicher Mittel dienen (vgl. Münder in LPK-SGB II Einleitung RdNr. 5). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann jedenfalls im Falle der Klägerin schon deshalb nicht verletzt sein, da die Klägerin zunächst ab Januar 2005 mit EUR 894,33 monatlich einen höheren Zahlbetrag erhielt als ihre bisherige Arbeitslosenhilfe in Höhe von EUR 164,57 wöchentlich (entsprechend 713,14 EUR monatlich). Damit ist die Klägerin hinsichtlich der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und Einführung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 19 SGB 2 finanziell nicht beschwert. Weitere Einnahmen hat die Klägerin in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 29. September 2004 nicht genannt. Soweit die Klägerin sich auf die Verringerung der Leistung ab März 2005 beruft, hat dies ausweislich des vorgelegten Bescheides vom 10. Februar 2005 seinen Grund in der Volljährigkeit der Tochter C. (geboren am 14. März 1987), die damit aus der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB 2 herausgefallen ist und nunmehr bei fortdauernder Hilfebedürftigkeit eine eigene Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 1 SGB 2 erworben hat. Bei fortdauernder Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB 2 verschlechtert sich dadurch die finanzielle Ausstattung der Klägerin und ihrer Tochter nicht. Ob evtl. das SGB 2 aus einem der von der Klägerin auch im Hauptsacheverfahren (S 11 AL 1390/04 - L 6 AL 296/04) vorgetragenen Gründe angreifbar sein könnte, ändert an dem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin derzeit nichts, denn selbst, wenn das BVerfG bei der diskutierten Vorlage das SGB 2 oder Teile davon als verfassungswidrig aufheben würde, würde sich daraus für die Klägerin bei Wiederaufleben der Arbeitslosenhilfe hinsichtlich der Höhe ihres Zahlungsanspruches keine höhere Leistung ergeben.

Damit entfällt auch die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 121 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 73a SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 153, 73 a Sozialgerichtsgesetz, § 127 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Rechtskraft
Aus
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