L 9 AS 66/05 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 209/05 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 66/05 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) ist auch im Bereich des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) nicht gegeben, wenn bei den angemessenen Unterkunftskosten ein monatlicher Betrag in Höhe von 1,38 Euro streitbefangen ist.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 27. Juli 2005 aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. aus A-Stadt bewilligt.

Gründe:

Die am 29. August 2005 erhobene Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, mit dem sinngemäßen Antrag, den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 27. Juli 2005 aufzuheben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, ist begründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht vor.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (Conradis in LPK-SGB II, 1. Aufl. 2005, Anhang Verfahren Rdnr. 117). Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rdnr. 28). Es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller in eine derartige Notlage geraten könnte, falls ihm die begehrte Hilfe nicht sofort gewährt wird. Die Höhe der tatsächlichen Kosten, die der Antragsteller für Unterkunft und Heizung aufzuwenden hat, betragen unter Berücksichtigung des in Abzug gebrachten Betrages von 6,- EUR für die Warmwasseraufbereitung 278,38 EUR und liegen damit nur 1,38 EUR über dem von der Antragsgegnerin bewilligten Betrag von 277,- EUR. Hinsichtlich dieses geringfügigen Differenzbetrages ist es dem Antragsteller zuzumuten, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren, in dem die Frage der Zulässigkeit der Pauschalierung der Unterkunftskosten zu klären sein wird, abzuwarten. Dass der Antragsteller dadurch wesentliche Nachteile erleidet, ist nicht ersichtlich. Die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürftigkeit ist daher nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. zu bewilligen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ff. ZPO). Da der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat, war nicht zu prüfen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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