S 14 U 56/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 56/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2001 verurteilt, das Ereignis vom 00.00.2000 als Arbeitsunfall nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist seit 00.1995 Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr N, Löschgruppe E.

Sie nahm zusammen mit anderen Mitgliedern der Löschgruppe am 00.00.2000 an einem Fußballturnier teil, im Verlaufe dessen sie sich im Zweikampf verletzte und eine Unterschenkelfraktur links zuzog. Ausrichter des Fußballturnieres war die Kulturgemeinschaft E, der u.a. der Landwirtschaftliche Ortsverein, die Kindertagesstätten I und II, die Freie Turnerschaft, die E Straßenmusikanten sowie die Löschgruppe E angehören. Die Ausrichtung der alljährlichen Veranstaltung wechselt dabei unter den der Kulturgemeinschaft zugehörigen Mitgliedern. Zum Unfallzeitpunkt war insoweit die Kindertagesstätte I Ausrichter des Fußballturniers. Zum Veranstaltungsort gelangte die Klägerin wie die sonstigen, fast sämtlichen aktiven Mitglieder der Löschgruppe E mit einem Mannschaftstransporter. Während der Veranstaltung waren alle Mitspieler sowie die ebenfalls am Veranstaltungstag anwesenden Hauptbrandmeister bzw. dessen Stellvertreter mit Sporttrikots bzw. Trainingsanzügen bekleidet, welche rückseitig mit dem Aufdruck "Löschgruppe E" bedruckt waren.

Mit Bescheid vom 05.06.2000 lehnte es die Beklagte ab, der Klägerin Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, da es sich unter Berücksichtigung des Teilnehmerkreises der Veranstaltung nicht um eine unfallversicherte Betriebssportveranstaltung handele. Hiergegen erhob die Klägerin am 04.07.2000 Widerspruch, mit welchem Sie geltend machte, der Versicherungsschutz von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr umfasse nicht nur die zum eigentlichen Feuerwehrdienst gehörigen Tätigkeiten, sondern auch sonstige Verrichtungen die den Zwecken der Feuerwehr diene; insoweit sei nicht darauf abzustellen, dass das Fußballturnier nicht der Kameradschaftspflege von Feuerwehren untereinander gedient habe, da auch ausreiche, dass die Teilnahme zu Repräsentationszwecken, nämlich um die Freiwillige Feuerwehr als aktives Mitglied der Kulturgemeinschaft darzustellen, Präsenz zu zeigen und gegebenenfalls Mitglieder zu werben, erfolge. Der dienstliche Bezug resultiere im übrigen auch daraus, dass die Teilnahme im Dienstplan des ersten Halbjahres des Jahres 2000 der Feuerwehr N Löschzug T aufgeführt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2001 wies die Beklagte den Widerspruch mit im wesentlichen gleicher Begründung wie im angefochtenen Bescheid zurück.

Hiergegen richtet sich die am 27.02.2001 erhobene Klage, mit welcher die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und zu deren Begründung sie im wesentlichen ihren Vortrag zur Begründung des Widerspruchs wiederholt. Sie vertritt die Auffassung, die Steigerung der Bekanntheit der Freiwilligen Feuerwehr, deren Präsenz im örtlichen Kultur- und Vereinsleben sowie die Werbung von aktiven und passiven Mitgliedern läge im betrieblichen Interesse der Freiwilligen Feuerwehr, da ohne derartige Maßnahmen die jeweiligen Löschgruppen keinen Zulauf mehr erhielten. Diesen Zwecken habe die Teilnahme am Fußballspiel gedient, so dass Unfallversicherungsschutz begründet worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2001 zu verurteilen, ihr wegen des Ereignisses vom 00.00.2000 Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie sieht die Teilnahme der Klägerin an dem Fußballturnier als eine nicht wesentlich den betrieblichen Interessen der Freiwilligen Feuerwehr zu dienen bestimmte Tätigkeit an, da eine Teilnahme von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr, die der repräsentativen Zielsetzung hätten gerecht werden können, nicht ausgewiesen sei. Hinweise auf eine Veranstaltung, die die Freiwillige Feuerwehr als Institution hätte bekannt machen sollen, seien auch weder dem Dienstplan zu entnehmen, noch sprächen die weiteren Umstände dafür; insbesondere sei dabei die Fahrt mit einem Mannschaftstransportwagen zu der Veranstaltung nicht geeignet, das Interesse der Bevölkerung für die Freiwillige Feuerwehr zu fördern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, weil der Unfall vom 00.00.2000 einen Arbeitsunfall darstellt. Sie ist insoweit durch den angefochtenen Bescheid vom 05.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2001 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-, denn dieser Bescheid ist rechtswidrig.

Gemäß § 8 Abs. 1 des 7. Buches des Sozialgesetzbuches -SGB VII- sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Einen solchen Arbeitsunfall hat die Klägerin im Rahmen der Teilnahme an der vom Kindergarten I in E ausgerichteten Fußballsportveranstaltung erlitten, da ihre Teilnahme hieran gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII versichert war. Hiernach sind kraft Gesetzes unfallversichert Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen teilnehmen. Hierzu zählen auch die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr, ohne dass dieser Personenkreis allerdings erwähnt wird (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 5 m.w.N.).

Vorliegend ist die Klägerin zwar nicht bei einer zum eigentlichen Feuerwehrdienst, wie etwa Brandbekämpfungseinsätzen, Hilfeleistungen etc., gehörenden Tätigkeit verunglückt. Der Versicherungsschutz eines Mitgliedes der freiwilligen Feuerwehr umfasst jedoch nicht nur diese, sondern - im Unterschied zu Arbeitsleistungen im Rahmen der Mitgliedspflichten in einem privatrechtlichen Verein - auch sonstige Tätigkeiten, die den Zwecken der Freiwilligen Feuerwehr wesentlich dienen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII, wonach die in einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen "Tätigen" vom Versicherungsschutz erfasst werden. Entscheidend für den Versicherungsschutz ist dabei, dass die unfallbringende Tätigkeit in rechtserheblicher Weise mit dem Unternehmen innerlich in Zusammenhang steht; es muss demgemäss ein sog. innerer Zusammenhang bestehen, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273). Anerkannt ist diesbezüglich, dass die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr neben dem eigentlichen Feuerwehrdienst nicht nur bei Feuerwehrübungen, Probeeinsätzen oder sonstigen Tagen der offenen Tür versichert sind, sondern auch bei solchen Veranstaltungen, die der Werbung der Freiwilligen Feuerwehr als Institution dienen. Gerade bei der Freiwilligen Feuerwehr ist es nämlich notwendig, in der Bevölkerung bekannt und im öffentlichen Leben präsent zu sein. Diesen Zwecken dienen nicht nur Veranstaltungen, bei denen die Feuerwehr sich als Institution vorstellt oder solche, zu denen Sie die Bevölkerung einlädt, sondern auch andere, der Öffentlichkeit zugängliche Veranstaltungen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen stand die Klägerin bei ihrer unfallbringenden Betätigung unter Versicherungsschutz. Zum einen diente die Teilnahme der Löschgruppe E unzweifelhaft den besonderen, gerade bei der freiwilligen Feuerwehr notwendig zu verfolgenden Zwecken, im öffentlichen Leben präsent zu sein und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Gestützt wird dies durch die objektiven Umstände, wonach die Mitglieder der Löschgruppe sowohl während des Wettbewerbes Sportbekleidung mit Hinweisen auch ihre Zugehörigkeit zur Löschgruppe trugen, als auch durch die Benutzung ihres Mannschaftstransportwagens, welcher während der Veranstaltung vor dem Veranstaltungsort abgestellt war und Hinweise auch die Teilnahme der Freiwilligen Feuerwehr bot. Derartige Umstände hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 04.08.1992 - AZ 2 RU 39/91 -, in welcher zur Diskussion stand, ob die Teilnahme eines Mitgliedes der Freiwilligen Feuerwehr an einem Tauziehwettbewerb eines Privatvereins Unfallversicherungsschutz begründen könne, als wesentlich angesehen.

Im übrigen kommt es für den Versicherungsschutz bei der Teilnahme an derartigen Veranstaltungen nicht darauf an, ob eine objektive Dienlichkeit der Veranstaltung den Zwecken der Freiwilligen Feuerwehr gegeben ist, vielmehr genügt, ob der Versicherte von seinem Standpunkt aus der berechtigten Auffassung sein konnte, dass die Tätigkeit geeignet ist, den Interessen der Feuerwehr zu dienen und dass diese objektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet (BSGE 20, 215; 30, 282, 52, 57 sowie BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 5). Zumindest einer derartigen berechtigten Annahme der Dienlichkeit ihrer Tätigkeit den Zwecken der Feuerwehr durfte die Klägerin sein. Der Transport zum Veranstaltungsort in einem Mannschaftstransportwagen der Freiwilligen Feuerwehr, die Benutzung spezieller, sie als Mitglied der Feuerwehr ausweisender Sportkleidung sowie der Umstand, dass die Teilnahme der Löschgruppe E im Dienstplan des Löschzuges T der Freiwilligen Feuerwehr N ausgewiesen ist rechtfertigen nach Treu und Glauben zumindest die berechtigte subjektive Annahme, nicht als Privatperson, sondern als Teil der Freiwilligen Feuerwehr für diese tätig zu werden. Für die Begründung von Versicherungsschutz reicht dies aus.

Die Klage musste nach alledem Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved