L 7 Ka 140/93

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ka 2436/90
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 140/93
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 1992 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Honorarabrechnungsbescheide für die Quartale II/89 und III/89 im Hinblick auf die Honorierung eines Arztbriefs nach den Leistungsnummern 74, 75 und für physikalisch-medizinische Leistungen nach den Leistungsnummern 514, 529, 539, 548 und 592 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 1987.

Der Kläger war im streitigen Zeitraum in R. als Orthopäde zur kassenärztlichen und vertragsärztlichen Versorgung (heute einheitlich vertragsärztliche Versorgung genannt) zugelassen. Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 29. November 1989 die Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal II/89 fest. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung vor, die Vergütung der physikalisch-medizinischen, Leistungen sei nicht sachgerecht. Mit der Einführung des EBM zum 1. Oktober 1987 sei keine angemessene Honorierung dieser Leistungen sichergestellt. Er habe im Jahre 1988 derartige Leistungen im Werte von 82.111, 96 DM erbracht. Nach. Abzug der Kosten verbleibe ein Betrag in Höhe von 10.300,82 DM. Für die Bewertung einer Leistung könne der Umsatz nicht maßgeblich sein. Der Kostenanteil der Leistung müsse bei der Bewertung berücksichtigt werden. Der Bewertungsausschuß habe bei seiner Bewertung der physikalisch-medizinischen Leistung im EBM 1987 keine Kostenkalkulation zugrunde gelegt. Auch die Bewertung eines Arztbriefs nach den Leistungsnummern 74 und 75 sei im Hinblick auf die technischen und personellen Voraussetzungen zu niedrig angesetzt worden. Im übrigen erbringe die Honorierung seiner Röntgenleistungen ebenfalls keine sachgerechte Vergütung. Zudem wandte sich der Kläger gegen die Minderung seines Honorars nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 5. März 1990 die Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal III/89 fest. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und trug die gleichen Bedenken wie gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. November 1989 vor.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen die Honorarfestsetzung für die Quartale II/89 und III/89 in seiner Sitzung vom 5. Juli 1990 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Bewertung der einzelnen ärztlichen Leistungen erfolge durch den Bewertungsausschuß. Dieser Ausschuß sei mit Mitgliedern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung besetzt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 26. April 1978, Az.: 6 RKa 11/77, Urteil vom 10. April 1984, Az.: 6 RKa 32/82 und Urteil vom 3. Juni 1987, Az.: 6 RKa 29/86) sei sie nicht berechtigt, in die Kompetenzen des Bewertungsausschusses einzugreifen. Sie teile jedoch die Auffassung des Klägers, daß die konventionellen radiologischen Leistungen zu gering bewertet seien. Sie werde deshalb ihre Bemühungen um eine Neubewertung auf Bundesebene fortsetzen. Dem Widerspruch könne gleichwohl nicht abgeholfen werden, da auf Landesebene keine Vereinbarung mit den Krankenkassen bestehe, die eine andere Punktbewertung zulasse. Deshalb seien zunächst die Überarbeitung des EBM 1987, sowie die Auswirkungen der vereinbarten Abrechnungsmaßstäbe abzuwarten.

Gegen den am 13. Juli 1990 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 30. Juli 1990 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben und seine Honorierung für physikalisch-medizinische Leistungen, konventionelle Röntgendiagnostik, Arztbriefe auf der Grundlage des EBM 1987 und seine Heranziehung zu einem Betrag nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung beanstandet.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 25. November 1992 die Streitsache hinsichtlich der Beteiligung des Klägers nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung abgetrennt und diesen Rechtsstreit unter dem Az.: S-5/Ka-2470/92 fortgeführt.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage ergänzend vorgetragen, der Auffassung der Beklagten, sie könne in die Zuständigkeit des Bewertungsausschusses nicht eingreifen, sei nicht zu folgen. Die Beklagte sei passiv legitimiert und habe die streitbefangenen Honorarabrechnungsbescheide erlassen. Er habe keine andere Möglichkeit, sich gegen die streitige Honorierung zur Wehr zu setzen. Auch wenn dem Bewertungsausschuß bei der Bewertung der einzelnen ärztlichen Leistungen ein Ermessensspielraum einzuräumen und von der Ausgewogenheit des Tarifgefüges auszugehen sei, so könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 3. März 1984, Az.: 6 RKa 1/79 eine Überprüfung vorgenommen werden, wenn das Tarifgefüge nicht widerspruchsfrei sei. Dies sei vorliegend der Fall. Das Honorar eines Masseurs oder eines medizinischen Bademeisters für die gleiche physikalisch-medizinische Leistung sei höher bewertet als die eines Arztes. Die Bewertung dieser Leistung für den Arzt entspreche einem Wiederholungsrezept, welches von dem Praxispersonal ausgestellt werde. Grundsätzlich müsse nach Abzug der Kosten eine angemessene Honorierung der ärztlichen Leistungen verbleiben. Nach dem Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 31. Oktober 1990, Az.: S-28/Ka-1948/90 sei das Gericht berechtigt, die Angemessenheit des Punktwerts zu beurteilen. Nach diesem Urteil stehe der Grundsatz der angemessenen kassenärztlichen Vergütung gleichwertig neben dem Grundsatz der Beitragsstabilität. Der geltende EBM 1987 verstoße gegen § 72 Abs. 2 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V).

Die Beklagte hat ergänzend vorgetragen, die Kostendeckung der einzelnen Arztpraxen hänge von Investitions- und Betriebskosten, sowie der Leistungsfähigkeit der Praxis ab. Die fehlende Kostendeckung einer Arztpraxis könne deshalb keine Begründung für eine nicht sachgerechte Honorierung sein.

Die Beigeladene zu 7) hat vorgetragen, es bestehe kein Anhaltspunkt für eine sachwidrige Vergütung, da der Arzt üblicherweise die Erbringung der streitbefangenen Leistungen delegiere.

Die Beigeladenen zu 1) bis zu 6) haben sich in dem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main nicht geäußert und die Beigeladenen zu 7) bis zu 13) haben sich dem Vortrag der Beklagten angeschlossen.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 25. November 1992 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne zwar in seiner Praxis in den streitbefangenen Bereichen keine Kostendeckung erreichen. Im vorliegenden Rechtsstreit sei jedoch nicht auf die konkreten Verhältnisse der Arztpraxis des Klägers, sondern auf generelle Gegebenheiten abzustellen. Die Rechtswidrigkeit der Gebührenordnung könne nicht festgestellt werden. BMÄ, E-GO und der darauf beruhenden EBM 1987 besäßen eine normative Wirkung gegen alle Kassenärzte. Der Bewertungsausschuß lege in dem EBM eine wertende Entscheidung über die abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen und deren wertmäßiges Verhältnis untereinander fest. Durch die Besetzung des Ausschusses werde gewährleistet, daß die unterschiedlichen Interessen der an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausdruck kommen. Der EBM sei Bestandteil der Gesamt vertrage, mit denen die Vergütung der Kassenärzte geregelt werde. Der Sachverhalt des vom Kläger zitierten Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main sei demgegenüber anders gelagert. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei es den Gerichten verwehrt, durch punktuelle Entscheidungen zu einzelnen Leistungsziffern in die Bewertung des Bewertungsausschusses einzugreifen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz komme nur im Fall einer mißbräuchlich ausgeübten Bewertungskompetenz in Betracht. Das Vorbringen des Klägers erfasse jedoch den Bewertungsmaßstab im Ganzen. Das Gericht habe bereits in seinem Urteil vom 28. November 1990, Az.: S-5/Ka-941/88 die Rechtmäßigkeit des EBM 1987 angenommen. Es sehe keinen Anlaß, von seiner Rechtsprechung abzuweichen. Ein Verstoß gegen Art. 3, 12 und 14 Grundgesetz (GG) sei nicht erkennbar.

Gegen das am 1. Februar 1993 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. Februar 1993 Berufung eingelegt und sie auf die Bewertung eines Arztbriefes (Leistungsnummern 74, 75) und der physikalisch-medizinischen Leistungen (Leistungsnummern 514, 529, 539, 548, 552) beschränkt.

Zur Begründung trägt der Kläger ergänzend vor, die Auffassung des Bundessozialgerichts, die Gerichte seien zu einer punktuellen Entscheidung im Hinblick auf die Bewertung des EBM nicht befugt, überzeuge nicht. Aufgabe des Gerichts sei vielmehr die Überprüfung, ob ein Interessensausgleich vorgenommen worden sei. Bei dieser Prüfung des Gerichts sei § 72 SGB V heranzuziehen. Eine nicht kostendeckende Vergütung könne nicht sachgerecht sein. Die Intention des Bewertungsausschusses, Leistungen mit hohem ärztlichem Engagement aufzuwerten, könne nicht dazu führen, daß andere Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden könnten. Aus § 72 SGB V könne eine Verpflichtung des Arztes zum Ausgleich unwirtschaftlicher Leistungen nicht entnommen werden und in einer Facharztpraxis zudem nicht erfolgen. Einsparungen im Personalbereich könnten angesichts des Kündigungsschutzgesetzes nicht erzielt werden. Das Sozialgericht Frankfurt am Main, die Beklagte und ihr Geschäftsausschuss seien der Auffassung, eine Kostendeckung könne er in seiner Praxis nicht erreichen. Dies rechtfertige die Überlegung, ob dies unter der Berücksichtigung des speziellen Charakters des EBM hingenommen werden müsse. Zudem müsse das Gericht keine eigene Bewertung vornehmen; die Feststellung, daß die Bewertung nicht sachgerecht sei, sei ausreichend. Im übrigen habe das Sozialgericht Frankfurt am Main seine Auffassung nicht begründet, weshalb die offenkundige Minderbewertung keine mißbräuchliche Bewertung durch den Bewertungsausschuß darstelle. Zudem stelle ein Gewinn in Höhe von 20 % des Umsatzes einen Verstoß gegen Art. 12 GG dar. Es werde nicht um einen garantierten Gewinn oder um ein garantiertes Einkommen gestritten. Es gehe vielmehr um eine sachgerechte Vergütung. Im übrigen verweise er wegen der Kosten eines Arztbriefs auf die Sachkostenkalkulation von Herrn K. S. vom 18. Juli 1991 (Tischvorlage des Arbeitskreises Radiologie vom 14. August 1991). Auch der vergleichsweise geringe Umfang der ärztlichen Tätigkeit zur Beantwortung einer Anfrage einer Krankenkasse nach der Leistungsnummer 77 (mit einem Punktwert von 225) zeige, daß die ärztliche Tätigkeit nach den Leistungsnummern 74 (mit einem Punktwert von 40) bzw. 75 (mit einem Punktwert von 80) unterbewertet sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 1992 und die Bescheide der Beklagten vom 29. November 1989 und vom 5. März 1990 und den Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1990 hinsichtlich der Honorarfestsetzung nach den Leistungsnummern 74, 75, 514, 529, 539, 548 und 552 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über seinen Honoraranspruch dieser Leistungsnummern erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht Frankfurt am Main habe zutreffend entschieden.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 3) ist der Auffassung, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestehe kein Anlaß, im vorliegenden Streit über eine punktuelle Veränderung der streitigen Leistungsnummern zu entscheiden. Zudem mache § 72 SGB V deutlich, daß nicht jede Gebührenposition kostendeckend bewertet werden müsse. Außerdem habe das Sozialgericht Frankfurt am Main nicht festgestellt, daß selbst bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise keine Kostendeckung zu erzielen sei. Im übrigen entspräche die Vergütung des Klägers einem Gehalt nach BAT I.

Die Beigeladene zu 12) verweist darauf, daß der Kläger auch die Honorarabrechnung der folgenden Quartale angefochten habe. Ergänzend führt sie im wesentlichen aus, nach dem Gesundheitsreformgesetz stehe der Anspruch des Versicherten auf Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung im Vordergrund. Dies werde durch die Beitragsstabilität sichergestellt. Daran schließe sich der Anspruch des teilnehmenden Arztes auf eine angemessene Vergütung seiner Leistung an. Ein Anspruch der Ärzte auf eine Kostendeckung und Gewinnerzielung könne nicht hergeleitet werden. Gem. § 85 Abs. 3 SGB V seien lediglich die Praxiskosten, die Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistungen zu berücksichtigen. Eine Unterdeckung bei einzelnen Leistungspositionen sei irrelevant. Die der Tischvorlage des Arbeitskreises Radiologie zugrunde liegende Kalkulation entspreche nicht der Realität. Die Personal- und Sachkosten seien zu hoch angesetzt worden. Zum Teil seien Kosten enthalten, die bereits durch andere Leistungsnummern abgedeckt seien. Der Vergleich des Klägers mit der Vergütung der freiberuflichen Masseure und Bademeister sei nicht zutreffend, da diese mit einem gegenüber dem Kläger um 90 v.H. reduzierten Leistungsspektrum eine angemessene Vergütung erzielen müßten. Im übrigen könnte der EBM nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 29. September 1993, Az.: 7 Ka 259/92 nicht isoliert angefochten werden.

Die Beigeladene zu 12) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Dem Vortrag der Beigeladenen zu 12) entgegnet der Kläger, die Kalkulation der Kosten eines Arztbriefes der Beigeladenen zu 12) sei fehlerhaft.

Die Beigeladenen zu 2) und 7) schlossen sich dem Vortrag der Beigeladenen zu 3) an. Die Beigeladene zu 11) schloß sich dem Vortrag des Beigeladenen zu 12) an.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Vertrags der Beteiligten wird auf die beigezogene Akte und auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Im Hinblick auf das Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist statthaft gem. § 151 Abs. 1; §§ 143, 144, 147, 149 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 28. Februar 1993 geltenden Fassung (SGG a.F.), die für vorher verkündete Urteile gem. Art. 17 Abs. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege (Rechtspflegeentlastungsgesetz/RPflEntlG) vom 11. Januar 1993 (BGBl. I, S. 50) fortgilt.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 1992 und die Bescheide der Beklagten vom 29. November 1989 und vom 5. März 1990 und der Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1990 sind nicht aufzuheben. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat in seinem Urteil vom 25. November 1992 zutreffend entschieden, daß die streitbefangenen Bescheide nicht zu beanstanden sind.

Die Bescheide der Beklagten beruhen auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Der ihnen zugrundeliegende EBM 1987 verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Der Kläger kann nicht geltend machen, die Fortentwicklung des EBM 1987 verstoße gegen Art. 12 Grundgesetz (GG). Dieser Einwand richtet sich gegen die Zielsetzung der Vertragsparteien, im Zuge der Neuordnung des Leistungsverzeichnisses, die Bewertungsrelation zwischen medizinisch-technischen und zuwendungsintensiven ärztlichen Leistungen zugunsten der letzteren zu ändern. Mit dieser Zielsetzung überschritt der Bewertungsausschuß nicht die gesetzlichen Kriterien für eine Korrektur des Bewertungsgefüges (Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Januar 1994, Az.: 6 RKa 4/92). Der Bewertungsausschuß war aufgrund zahlreicher Veränderungen der Kostenstruktur bei zahlreichen medizinisch-technischen Leistungen aufgerufen, die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung zu beseitigen. Es ist nicht erkennbar, daß der Bewertungsausschuß mit der Reform des EBM eine Strukturveränderung beabsichtigte oder bewirkt hat. Auch eine berufspolitische Erwägung des Bewertungsausschusses ist nicht erkennbar (BSG, Urteil vom 26. Januar 1994, a.a.O.).

Der vom Kläger behauptete Verstoß der Fortentwicklung des EBM gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG gegenüber anderen Ärzten ist bereits deshalb nicht festzustellen, da sowohl Allgemein- als auch Gebietsärzte gleichermaßen von den einschneidenden Neufassungen des EBM 1987 betroffen sind (BSG, Urteil vom 26. Januar 1994, a.a.O.).

Der Senat konnte sich ebenfalls nicht der Auffassung des Klägers anschließen, es läge ein Verstoß gegen Art. 14 GG vor. Den an der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten wird kein Recht oder Anspruch auf Gewinn oder Einkommen garantiert, der Eigentumscharakter haben könnte. Die Kassenärzte genießen keinen Vertrauensschutz in den unveränderten Bestand der Bewertung einer Leistung (Jörg, Das neue Kassenarztrecht, Rdnr.: 375). Die Rentabilität einer Arztpraxis gehört zum Berufsrisiko des freiberuflich tätigen Arztes (Funk, MedR 1994, 314, 318).

Der Senat konnte auch keinen Verstoß gegen § 72 Abs. 2 SGB V feststellen. Danach ist im Rahmen der Verträge zwischen den kassenärztlichen Vereinigungen und den Verbänden der Krankenkasse u.a. eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistung zu regeln. Nach Überzeugung des Senats können von einer fehlenden Kostendeckung bei der Erbringung einzelner Leistungen keine Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Honorierung der ärztlichen Leistung gezogen werden. Die fehlende Kostendeckung kann auf Gründe zurückzuführen sein, die mit der Honorierung der Leistung in keinem Zusammenhang stehen, wie Organisation der Praxis, Anschaffungskosten und Auslastung der Geräte (Funk, a.a.O., 318).

Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 20.11.1986 Az.: 6 RKa 8/86 in SozR 2200 § 368 g Nr. 16 konnte zu keiner anderen Entscheidung führen. In diesem Urteil führte das Bundessozialgericht aus, es hätte dem Grundsatz der angemessenen Vergütung des § 368 g RVO widersprochen, wenn etwa ein Zahntechniker aus besonderen Gründen des Wettbewerbs den Preis für einzelne Leistungen so niedrig angesetzt hätte, daß die Kosten nicht gedeckt seien und die gem. § 368 g Abs. 5 a Satz 1 Halbsatz 2 RVO zu vergütende gleiche Leistung eines Zahnarztes entsprechend niedrig sei. Daraus könnte zwar herausgelesen werden, das Bundessozialgericht habe den Grundsatz aufgestellt, jede ärztliche Leistung sei kostendeckend zu vergüten. Mit dieser Auslegung wird man jedoch der weiteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gerecht (Funk, a.a.O.), wie die späteren Entscheidungen des Bundessozialgerichts zeigen.

Auch wenn die Vergütung der Leistungen des Klägers nach den Leistungsnummern 74, 75, 514, 529, 539, 548, 552 EBM 1987 gering sind, ist es dem erkennenden Senat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, verwehrt, in das Regelungswerk des EBM 1987 durch eine Erhöhung des Punktwertes oder der Punktzahl für einzelne Leistungen einzugreifen.

Durch die Besetzung des Bewertungsausschusses gem. § 87 Abs. 3 SGB V in der vorliegend anzuwendenden Fassung mit Vertretern der kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Bundesverbände der Krankenkassen, der Bundesknappschaft und den Verbänden der Ersatzkassen soll sichergestellt werden, daß die unterschiedlichen Interessen im Rahmen der Verhandlungen eines Selbstverwaltungsorgans ausgeglichen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. August 1991, Az.:6 RKa 15/90 in SozR 3 – 2500 § 87 Nr. 2). Da diesem Bewertungsausschuß gem. § 87 Abs. 2 Satz 3 SGB V auch eine Kontrolle der vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe zukommt, ist die Kontrolle durch die Gerichte eingeschränkt (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. August 1991, a.a.O.). Gem. § 87 Abs. 2 Satz 2 SGB V sind die Bewertungsmaßstäbe vom Bewertungsausschuß daraufhin zu prüfen, ob u.a. ihre Bewertung ärztlicher Leistung nach den Erfordernissen der Rationalisierung im Rahmen einer wirtschaftlichen Leistungserbringung weiterhin entspricht. Dies hat zur Folge, daß den Gerichten eine extensive und restriktive Auslegung des EBM nicht obliegt. Eine systematische Auslegung durch die Gerichte ist nur zulässig, soweit sie anhand des eindeutigen Wortlauts der anzuwendenden Vorschriften vorgenommen werden kann (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. August 1991, a.a.O.). Eine Weiterentwicklung des EBM obliegt somit nur dem Bewertungsausschuß und kann durch ein gerichtliches Verfahren grundsätzlich nicht vorgenommen werden.

Dieser Entscheidung steht nicht das vom Kläger zitierte Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. April 1978, Az.: 6 RKa 11/77 in SozR 5533 Nr. 45, Nr. 1 entgegen. In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht ausdrücklich an seiner Auffassung festgehalten, es sei nicht Aufgabe der Gerichte, durch punktuelle Entscheidungen zu einzelnen Leistungen in ein umfassendes Tarifgefüge einzugreifen. Ausnahmen seien nur denkbar, wenn die zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz mißbräuchlich ausgeübt hätten. Den Selbstverwaltungsorganen sei keine Ermächtigung gegeben, die Honorierung der ärztlichen Leistungen nach Belieben zu regeln oder von Ergänzungen offenbar widersprüchlicher und lückenhafter Regelungen abzusehen. Eine willkürliche Benachteiligung eines Arztes oder Arztgruppen sei nach dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG nicht zulässig und soweit eine solche objektiv feststellbar sei, sei im Zweifel anzunehmen, daß dies nicht beabsichtigt worden sei.

Dies kann vorliegend für die Leistungsnummer 74 und 75 EBM 1987 nicht festgestellt werden.

Nach den Leistungsnummern 74 wird ein kurzer ärztlicher Bericht über das Ergebnis einer Patientenuntersuchung mit einer Punktzahl von 40 und nach der Leistungsnummer 75 ein Brief ärztlichen Inhalts in Form einer individuellen schriftlichen Information des Arztes an einen anderen Arzt über den Gesundheits- bzw. Krankheitszustandes des Patienten (Anamnese, Befunde, epikritische Bewertung, ggfs. Therapieempfehlung) mit einer Punktzahl von 80 bewertet. Eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Ärzten oder Arztgruppen ist auszuschließen, da diese Bewertung eine Grundleistung betrifft, die alle Kassenärzte abrechnen, unabhängig davon, ob und welche Gebietsbezeichnung sie führen. Soweit der Kläger vorträgt, die Punktbewertung der Leistungsnummer 74 und 75 decke nicht seine Praxiskosten, so konnte dies nicht berücksichtigt werden. Mit dem EBM soll eine angemessene ärztliche Vergütung gem. § 72 Abs. 2 letzter Halbs. SGB V sichergestellt werden (BSG, Urteil vom 8. April 1992, Az.: 6 RKa 74/91). Gem. § 85 Abs. 3 SGB V fließen in den EBM neben der Vergütung des zeitlichen Aufwandes des Arztes auch der Wert seiner persönlichen Dienstleistung und damit alle Kosten ein, die durch die Führung einer Kassenarztpraxis bei generalisierender Betrachtungsweise anfallen (BSG, Urteil vom 8. April 1992, a.a.O.). Unter dem Begriff der Praxiskosten ist gem. § 85 Abs. 3 1. Halbs. SGB V der erforderliche Sach- und Personalaufwand einer Praxis zu verstehen. Dies erfordert eine Generalisierung, ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe Kosten anfallen bzw. im Einzelfall die anfallenden Kosten höher oder niedriger sind als das in dem EBM bestimmte Punktverhältnis (BSG, Urteil vom 8. April 1992, a.a.O.). Somit ist es unerheblich, ob die Vergütung für einzelne Leistungen nicht mit der ärztlichen Kostenkalkulation übereinstimmt. Aus der fehlenden Kostendeckung einer Arztpraxis oder eines einzelnen Behandlungsbereichs lassen sich nicht zwingend Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Honorierung ziehen (BSG, Urteil vom 19. August 1992, Az.: 6 RKa 6/91).

Entgegen der Auffassung des Klägers kann eine andere Entscheidung auch nicht auf einen Vergleich der Punktwerte der Leistungsnummern 74/75 mit dem der Leistungsnummer 77 gestützt werden. Eine offenbare widersprüchliche oder lückenhafte Regelung des EBM 1987 konnte der Senat insoweit nicht erkennen. Die Leistungsnummern 74/75 auf der einen und die Leistungsnummer 77 auf der anderen Seite betreffen eine unterschiedliche ärztliche Tätigkeit. Eine willkürliche Entscheidung des Bewertungsausschusses kann nicht allein aus den unterschiedlich hohen Punktwerten geschlossen werden.

Der Senat konnte auch bei der Bewertung der Leistungsnummern 514, 529, 539, 548 und 552 EBM 1987 eine Überschreitung des Regelungsspielraums bzw. einer mißbräuchlichen Ausübung der Bewertungskompetenz durch den Bewertungsausschuß nicht feststellen. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Angesichts der von der Beigeladenen zu 12) dargelegten Unterschiede zwischen einem niedergelassenen Orthopäden und einem selbständigen Bademeister und Masseur konnte der Senat keine Ungleichbehandlung erkennen, die gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG verstoßen würde. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet gleiches gleich und ungleiches, seiner Eigenart entsprechend, verschieden zu behandeln (BVerfGE 3, 58, 135 f, BVerfGE 18, 38, 46). Das Gleichheitsgebot wäre vorliegend nur verletzt, wenn für die Bewertung keine vernünftigen Erwägungen zu finden seien, die sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonst einleuchtend sind (BVerfGE 10, 234, 246) und die Bewertung als willkürlich bezeichnet werden müßte (vgl. BVerfGE 1, 14, 52; 25, 101, 105; 49, 192, 209). Welche Sachverhaltselemente so gewichtig sind, daß ihre Unterschiede eine ungleiche Behandlung rechtfertigen, entscheidet der Normgeber selbst. Er kann grundsätzlich die Sachverhalte auswählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpfen will. Dieser Spielraum des Normgebers endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung des geregelten Sachverhalts nicht mehr mit dem Gerechtigkeitsgedanken und einer sachgerechten Betrachtungsweise vereinbar ist (BSG, Urteil vom 8. April 1992, Az.: 6 RKa 24/92 in SozR 3 – 5533 Allg. Nr. 1). Vorliegend fehlt es bereits an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Die differenzierende Bewertung der Leistung der physikalisch-medizinischen Leistungen danach, ob sie durch einen freiberuflichen Bademeister bzw. Masseur oder in der Praxis eines Orthopäden erbracht wurden, ist sachgerecht. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der freiberufliche Bademeister bzw. Masseur eine angemessene Vergütung durch ein erheblich reduziertes Leistungsspektrum gegenüber dem Orthopäden erwirtschaften muß. Gerade die Erbringung von physikalisch-medizinischen Leistungen stellt für einen freiberuflichen Bademeister bzw. Masseur eine wesentliche Einnahmequelle dar. Dies kann bei einem niedergelassenen Orthopäden nicht angenommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Der Senat ist bei seiner Entscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG zu der Überzeugung gekommen, daß es billigem Ermessen entspricht, daß die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben. Dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) bis 13) gemäß § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG in der Fassung des Art. 15 Nr. 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) aufzuerlegen, kam nach Überzeugung des Senats vorliegend nicht in Betracht, da keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und somit keine Vertretungskosten angefallen sind.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG in der Fassung des Rechtspflegeentlastungsgesetzes nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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