S 13 AS 9/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AS 9/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag, die Vollziehung des Bescheides vom 09.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2005 aufzuheben und die Nachzahlung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.03. bis zum 07.04.2005 anzuordnen, wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) und die Berücksichtigung einer Eigenheimzulage als Einkommen.

Die am 00.00.1946 geborene Antragstellerin beantragte am 25.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Für die Zeit vom 01.02. bis zum 28.02.2005 wurde nach Angaben der Antragsgegnerin Alg II in Höhe von 88,68 EUR gezahlt. Dabei wurde das Einkommen des mit der Antragstellerin in Bedarfsgemeinschaft lebenden am 31.05.1942 geborenen Ehegatten L in Höhe von 1.095,46 EUR monatlich angerechnet. Die Gesamtbedarfssumme wurde unter Einbeziehung von monatlichen Schuldzinsen für die bewohnte Eigentumswohnung in Höhe von 398,37 EUR sowie von Heizkosten und sonstigen Nebenkosten auf 1.189,75 EUR festgesetzt. Es ergab sich ein Gesamtanspruch von 88,68 EUR. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterblieb eine bescheidmäßige Bewilligung des Alg II in dieser Höhe.

Da die Antragstellerin für das Jahr 2004 den Zufluss einer Eigenheimzulage angegeben hatte, wies die Antragsgegnerin mit Anhörungsschreiben vom 09.02.2005 daraufhin, dass nach dortigen Unterlagen möglicherweise Anspruch auf die Eigenheimzulage bestehe. Diese sei als einmalige Einnahme nach § 11 SGB II auf den Bedarf anzurechnen, so dass gegebenenfalls die Hilfebedürftigkeit und damit der Leistungsanspruch für einen gewissen Zeitraum ganz entfalle. Auf die Möglichkeit der Aufhebung nach § 48 SGB X wurde hingewiesen. Die eingeräumte Gelegenheit zur Äußerung nahm die Antragstellerin nicht wahr.

Mit Bescheid vom 09.03.2005 hob die Agentur für Arbeit Detmold die Entscheidung über die Bewilligung von Alg II ab dem 01.03.2005 ganz auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin erhalte im März 2005 die Eigenheimzulage. Nach dortigen Berechnungen könne sie den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft damit für 38 Tage decken. Dabei wurde eine Eigenheimzulage in Höhe von 1.250,00 EUR als einmalige Einnahme zugrunde gelegt.

Mit Bescheid vom 15.03.2005 bewilligte die Agentur für Arbeit Detmold der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 08.04. bis zum 30.04.2005 in Höhe von 170,81 EUR und für die Zeit vom 01.05. bis zum 31.07.2005 in Höhe von 222,80 EUR.

Mit Schreiben vom 17.03.2005 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.03.2005 und führte zur Begründung aus, die Eigenheimzulage sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle den Bezieherin von Alg II die selbst bewohnte Wohnung bzw. das selbst bewohnte Eigenheim verbleiben. Der Entzug der Eigenheimzulage durch den Verbrauch zum Lebensunterhalt würde ansonsten gleichzeitig den Entzug des gesetzlich geschützten Wohneigentums bedeuten.

Am 24.03.2005 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Sie trägt vor, die Antragsgegnerin habe, zunächst ohne überhaupt einen Bewilligungsbescheid zu erlassen, einen Aufhebungsbescheid bezüglich der Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zugestellt. Telefonisch sei mitgeteilt worden, dass aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Einrichtung der Arbeitsgemeinschaft nicht sicher sei, wann der Widerspruchsbescheid erlassen werde. Die Anrechnung der Eigenheimzulage als Einkommen sei rechtswidrig. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes solle mit dieser Leistung ein angemessener eigener Wohnraum verbleiben. Die Eigenheimzulage habe der Antragstellerin erst ermöglicht Wohneigentum zu erwerben. Sie diene der Finanzierung der Immobilie, welche ohne die Zulage überhaupt nicht finanzierbar gewesen wäre. Es müssten monatlich von der Antragstellerin und ihrem Ehemann mehr als 450,00 EUR an Kapitaldienst erbracht werden. Hinzu kämen Zahlungen an die Eigentümergemeinschaft für die Instandhaltungsrücklagen. Bei Anrechnung der Eigenheimzulage als Einkommen würde die Gefahr bestehen, dass die Finanzierung der Antragstellerin platze. Sie würde damit ihr Wohneigentum verlieren. Der Gesetzeszweck werde hierdurch in sein Gegenteil verkehrt. Die Antragsgegnerin fordere die Antragstellerin förmlich zu einer förderschädlichen Zweckentfremdung der Eigenheimzulage auf. Eine einstweilige Regelung sei erforderlich, da die Antragstellerin ohne Geld darstehe und den Kapitaldienst für die Wohnung nicht bedienen könne. Die am 14.03.2005 ausgezahlte Eigenheimzulage in Höhe von 1.278,23 EUR sei bereits vorab für den Kauf eines neuen Fensters und einer neuen Tür verplant worden. Bereits am 08.02.2005 seien diese Gegenstände für 2016, 54,00 EUR erworben worden. Der Kapitaldienst betrage pro Monat 398,88 EUR und die monatliche Vorauszahlung für die Betriebskosten und Instandhaltung des Gebäudes an die Hausverwaltung sei in Höhe von 230,00 EUR zu zahlen.

In der Sache könne es keinen Unterschied machen, ob der Betroffene die erhaltene Eigenheimzulage zur Finanzierung der Wohnung überweise oder die Eigenheimzulage von vornherein abgetreten habe. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die Lippe Pro Arbeit GmbH nicht den Bescheid vom 09.03.2005 erlassen habe und sich der gestellte Antrag auch nicht gegen sie richte.

Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.03.2005 mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2005 zurückgewiesen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert, dass für die Zeit vom 01.03. bis zum 07.04.2005 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Bescheides vom 09.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2005 aufzuheben und die Nachzahlung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.03. bis zum 07.04.2005 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid vom 18.04.2005 verwiesen. Die Eigenheimzulage stelle – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – anrechenbares und verwertbares Einkommen im Sinne des § 11 SGB II dar. Die Regelung des § 194 Absatz III Nummer 4 des Drittes Buches, Sozialgesetzbuch (SGB III), nach der die Eigenheimzulage bei der Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosenhilfe unter bestimmten Voraussetzungen nicht als Einkommen galt, sei vom Gesetzgeber bewusst nicht die Regelung des SGB II aufgenommen worden. Eine Nichtberücksichtigung der Eigenheimzulage liefe darauf hinaus, Vermögensaufbau zu Lasten der Allgemeinheit zu betreiben, was mit dem Sinn und Zweck des SGB II nicht vereinbart sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Soweit der Antrag vom 23.03.2005 auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Absatz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerichtet ist, ist er unzulässig und war deshalb in einen Antrag nach § 86 b Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit Satz 2 SGG umzudeuten. Nach § 86 b Absatz 2 kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag nur dann eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt. Das Verfahren nach § 86 b Absatz 1 SGG hat daher Vorrang (Meyer-Ladewig, SGG 7. Auflage, § 86 b Randnummer 24). Einstweiliger Rechtsschutz ist hier nach § 86 b Absatz 1 zu suchen, denn im Hauptsacheverfahren wäre die richtige Klageart eine Anfechtungsklage. Die Antragstellerin begehrt nämlich die Aufhebung des Bescheides vom 09.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2005. Einschlägig ist hierbei § 86 b Absatz 1 Nummer 2, denn der Widerspruch gegen den genannten Bescheid hat nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Der Bescheid vom 09.03.2005 ist allerdings inzwischen vollzogen worden, denn die Aufhebung der Leistungsbewilligung endete zum 07.04.2005. Begehrt werden kann deshalb nach § 86 b Absatz 1 Satz 2 SGG lediglich noch die Aufhebung der Vollziehung und damit verbunden die Rückgängigmachung der Vollziehungsfolgen.

Die Lippe Pro Arbeit GmbH ist die richtige Antragsgegnerin. Sie hat zwar nicht den Bescheid vom 09.03.2005 erlassen, die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit sind aber ab dem 01.04.2005 auf sie als gemäß § 44 b SGB II errichtete Arbeitsgemeinschaft übergegangen.

Nach § 44 b Abs. 3 SGB II gehen die Aufgaben kraft Gesetzes vollständig und ohneweiteren Übertragungsakt zum Zeitpunkt der Gründung der Arbeitsgemeinschaft über (vgl. Berlit in LPK – SGB II, § 44 b Rnr. 46).

Voraussetzung für die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach § 86 b Absatz 1 Satz 2 ist ein zuvor vorhandender Anspruch nach § 86 b Absatz 1 Satz 1 SGG. Nach § 86 b Absatz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ob diese ganz oder teilweise anzuordnen ist, entscheidet das Gericht nach Ermessen auf der Grundlage einer Interessenabwägung, wobei das private Interesse des belasteten Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 86 b Rnr. 12 m. w. N.). Von maßgeblicher Bedeutung für die Gewichtung des Interesses am Vollziehungsaufschub ist zunächst die summarisch zu prüfende Rechmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung. Aus erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides folgt jedoch nicht in jedem Fall das Überwiegen der privaten Interessen des Bescheidadressaten. In einem zweiten Schritt ist nämlich das Ausmaß der individuellen Betroffenheit und die jeweilige Eingriffsintensität zu prüfen und zu abzuwägen (LSG Niedersachen – Bremen, Beschluss vom 15.01.2003, Breithaupt 2003, Seite 265).

Soweit entscheidungserheblich, bestehen vorliegend nach summarischer Überprüfung schon keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 09.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2005.

Nach § 48 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorlagen, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Satz 2 dieser Norm soll der Verwaltungakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung in den Verhälltnissen aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder Verminderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3). Gemäß § 40 Absatz 1 Nummer 1 SGB II i. V. m. § 330 Absatz 3 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch (SGB III) ist der Verwaltungsakt in diesen Fällen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Insbesondere wurde das Arbeitslosegeld II durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligt. In der Auszahlung des Arbeitslosengeldes II an die Antragstellerin liegt ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist anerkannt, dass auch in der Auszahlung eines Geldbetrages nach entsprechender hohheitlicher Entscheidung die Bekanntgabe des zugrunde liegenden Verwaltungsaktes gesehen werden kann (BSG; Urteil vom 29.10.1992 – 10 RK g 4/92. m. w. N.). Durch die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II wurde der Antragstellerin auf "andere Weise" im Sinne des § 33 Abs. 2 SGB X bekannt, dass auf ihren Antrag Alg II bewilligt wurde. In den Verhältnissen, die dieser Bewilligung zugrundelagen, ist durch die Auszahlung der Eigenheimzulage eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Antragstellerin ist nämlich für die im Bescheid angegebene Anzahl von Tagen nicht mehr hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II gewesen, weil der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen gesichert werden konnte. Zur Vemeidung von Wiederholungen wird in entsprechender Anwendung von § 136 Abs. 3 SGG auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2005 verwiesen.

Zutreffend hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass die Eigenheimzulage als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zu berücksichtigen ist ... Nach § 11 Abs. 3 Nummer 1 a SGB II sind zwar zweckbestimmte Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichigen, wenn sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Im Rahmen der Arbeitslosenhilfe war in § 194 Absatz 3 Nummer 4 SGB III geregelt, dass die Eigenheimzulage nicht als Einkommen anzurechnen ist. Diese Regelung ist bewusst nicht in das SGB II übernommen worden. Der Wortlaut von § 11 Abs. 3 Nummer 1 SGB II, wie auch Sinn und Zweck der Vorschriften des SGB II lassen nur eine Auslegung dahingehend zu, dass nur zweckbestimmte Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die Eigenheimzulage jedoch nicht zweckgebunden. Die Zweckneutralität der Eigenheimzulage folgt vielmehr aus den in §§ 2, 4 und 5 des Eigenheimzulagegesetzes (EigZulG) geregelten Anspruchsvoraussetzungen, vor allem aus dem Umstand, dass die Eigenheimzulage ohne jeden Verwendungsnachweis und unabhängig davon gewährt wird, ob bzw. in welchem Umfang sie tatsächlich zur Finanzierung eines Eigenheims verwendet wird (bzw. wegen der Aufnahme eines Kredites verwendet werden soll). Der Anspruch auf die Eigenheimzulage entfällt auch dann nicht, wenn sie nachweislich nicht zur Deckung der mit dem Erwerb unter der Fertigstellung eines begünstigten Objekts verbundenen Aufwendungen eingesetzt wird. Bei einer Änderung der Verhältnisse, insbesondere bei Wegfall der Voraussetzungen ist die Eigenheimzulage nicht für die Vergangenheit zurückzuzahlen, sondern allein eine Neufestsetzung für die Zukunft vorzunehmen (§ 11 Absatz 2 und 3 EigZulG). Es handelt sich mithin um eine kausal an den Erwerb bzw. die Fertigstellung eines im Sinne von § 2 EigZulG begünstigenden Objekts geknüpfte, an eine Einkommensgrenze gebundene generell – abstrakte Leistung, deren Verwendung im Belieben des Empfänders steht, nicht aber um eine Leistung, die final der Deckung eines bestimmten Bedarfs dient (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.05.2003 – 5 C 41/02).

An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts dadurch, dass die Antragstellerin hier im Vorgriff auf die Zahlung der Eigenheimzulage ein Fenster und eine Tür für 2.016,00 EUR erworben hat. Eine subjektive Zweckbestimmung durch die Empfänger bzgl. der tatsächlichen Verwendung der Eigenheimzulage zur Herstellung oder Anschaffung selbst genutzten Wohneigentums kann nämlich die erforderliche Zweckbestimmung durch das Gesetz nicht ersetzen (vgl. Bundesverwaltungsgericht a.a.O.). Diese Verwendung macht vielmehr deutlich, dass die Eigenheimzulage hier zur Vermögensbildung gedient hat. Nach § 1 Absatz 1 SGB II soll die Grundsicherung jedoch nur den Lebensunterhalt sichern, soweit er nicht auf andere Weise bestritten werden kann. Leistungen nach dem SGB II dürfen deshalb nicht zur Vermögensbildung dienen (SG Oldenburg, Beschluss vom 08.03.2005, S 46 AS 95/05 ER).

Soweit die Antragstellerin geltend macht, durch den Verbrauch der Eigenheimzulage für den Lebensunterhalt sei sie nicht mehr in der Lage, den Kapitaldienst für die Wohnung zu bedienen und werde auf diese Weise ihr Wohneigentum verlieren, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Schuldzinsen für den aufgenommen Kredit und die Nebenkosten der Wohnung als Bedarf bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II berücksichtigt wurden. Im Übrigen sind Anhaltspunkte dafür, dass bei der Antragstellerin akut der Verlust des Wohneigentums und damit Wohnungslostigkeit droht, weder vorgetragen noch ersichtlich. Gegen diese Annahme spricht auch, dass der Bedarfsgemeinschaft offensichtlich noch im Februar genügend liquide Mittel zur Verfügung standen, um über 2.000,00 EUR in die Wohnung zu investieren.

Dahin stehen kann, ob die Auszahlung der Eigenheimzulage am 24. März 2005 die Antragsgegnerin berechtigte, die Bewilligung des Alg II bereits zum 01.03.2005 aufzuheben. Gegenstand der Überprüfung nach § 86 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGG ist die Frage, ob ab Einlegung des Widerspruchs eine aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. Widerspruch wurde jedoch erst am 17.03.2005 und damit nach Auszahlung der Eigenheimzulage erhoben. Es kommt daher im Rahmen des einstweilgen Rechtsschutzes auch nur eine Aufhebung der Vollziehung ab dem 17. März 2005 in Betracht. Jedenfalls für diesen Zeitraum ist nach dem oben Dargelegten von der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides auszugehen. Der Überprüfung im noch anhängig zu machenden Hauptsacheverfahrens bleibt es überlassen, ob § 2 Absatz 3 der Arbeitslosengeld II - Verordnung vom 20.10.2004 die Anrechnung des Einkommens ab dem 1. desjenigen Monats ermöglicht, in dem es zufließt.

Auch für die Zeit vor dem Zugang des Bescheides vom 09.03.2005 kommt die Anordnung der Auszahlung des Alg II im Verfahren auf Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht. Die Einstellung der Zahlung beruht auf § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 331 Abs. 1 SGB III. Da insoweit ein Verwaltungsakt nicht vorlag, käme eine einstweilige Anordnung in Betracht, die jedoch schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens grundsätzlich keine Leistungen für die Vergangenheit bewilligt werden können, so dass eine Verpflichtung zu einer Nachzahlung von Rückständen im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (mit Ausnahme von Mietrückständen nach § 22 Abs. 5 SGB II) nicht mögich ist (Conradis in LPK – SGB II, Anhangverfahren Rnr. 121). Die einstweilige Anordnung hat allein die Funktion, einer gegenwärtigen Notlage zu begegnen. Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II können daher – ebenso wie zuvor die Sozialhilfe – grundsätzlich frühestens ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht gewährt werden. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn ein Nachholbedarf glaubhaft gemacht wird, der eine akute Gefahr für die Sicherung des laufenden Unterhalts darstellt (OVG Brandenburg, Beschluss vom 17.09.2003 – 4 B 39/03 m. w. N.). Für einen solchen fortwirkenden Nachholbedarf ist vorliegend nichts vorgetragen. Die bereits oben erwähnte Verwendung von über 2.000,00 EUR für ein Fenster und eine Tür spricht auch gegen eine solche Notlage.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Rechtskraft
Aus
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