L 8 KR 226/07

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 KR 343/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 226/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 3/09 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 6. Juni 2007 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 2.805,92 EUR als Herstellerrabatt für die Abgabe von 26 Packungen Berinert®P in der Zeit vom Januar bis einschließlich Juni 2004 nebst 5 % Zinsen über den Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank ab dem 11. August 2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen beider Instanzen zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2.805,92 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Anspruch des Klägers auf den Herstellerrabatt gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Zeit von Januar bis einschließlich Juni 2004 in Höhe von 2.805,92 EUR.

Der Kläger ist Inhaber einer Apotheke in A-Stadt und Mitglied im Hessischen Apothekenverband e.V. Die Beklagte stellt das Blutderivat Berinert®P her und vertreibt es im Bundesgebiet. Es handelt sich dabei um einen aus menschlichem Plasma gewonnenen Plasmaglycoprotein C1-Esterase-Inhibitor, der intravenös injiziert oder infundiert zur Behandlung des erblichen Angioödems eingesetzt wird. Auf der Grundlage des zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen geschlossenen Arzneibelieferungsvertrages gab der Kläger im streitigen Zeitraum insgesamt 26 Packungen des Blutderivates Berinert®P an Versicherte der Beigeladenen nach ärztlicher Verordnung in seiner Apotheke ab.

Im Rahmen der Leistungsabrechnung nahm die Beigeladene gegenüber dem Kläger eine Abrechnungskorrektur (Retaxierung) für den streitigen Zeitraum in Höhe von insgesamt 2.910,13 EUR vor. Auf den Einspruch des Klägers lehnte die Beigeladene eine Änderung der Abrechnungskorrektur ab. Zur Begründung führte die Beigeladene aus, sie könne von den Apotheken gemäß § 130a Abs. 1a SGB V einen Abschlag in Höhe von 16 % des Herstellerabgabepreises (Apothekenrabatt) im Jahr 2004 verlangen. Denn bei der Abgabe zu Lasten einer Krankenkasse in einer öffentlichen Apotheke gelte ein einheitlicher Herstellerabgabepreis, auch wenn bei der Abgabe des gleichen Humanplasmas durch das pharmazeutische Unternehmen gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2a Arzneimittelgesetz (AMG) direkt an Krankenhäuser und Ärzte eine freie Preisgestaltung möglich sei.

Der Kläger forderte die Beklagte auf (Schreiben vom 16. Juni 2005), einen Betrag in Höhe von 2.964,00 EUR nebst Anwaltsgebühren in Höhe von 265,70 EUR als Herstellerrabatt gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V bis zum 30. Juni 2005 zu zahlen. Dies lehnte die Beklagte ab.

Daraufhin hat der Kläger am 11. August 2005 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24. Oktober 2005 an das örtlich zuständige Sozialgericht Darmstadt verwiesen hat.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach dem Arzneimittellieferungsvertrag sei bei der Abgabe in einer öffentlichen Apotheke allein der zum Zeitpunkt der Abgabe in der Großen Deutschen Spezialitätentaxe/Lauer-Taxe aufgeführte Herstellerabgabepreis von Bedeutung. Weiter führte er aus, die Beklagte habe ihm gemäß § 61 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit dem VdAK-Arzneimittelvertrag einen Verzugsschaden in Form von Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu zahlen. Zumindest habe er Anspruch auf Prozesszinsen gemäß § 94 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab Klageeingang am 11. August 2005 (Bundessozialgericht, Urteil vom 4. März 2004, Az.: B 3 KR 4/03).

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei nicht zur Zahlung eines Herstellerrabattes verpflichtet, da es einen einheitlichen Herstellerabgabepreis für das Blutderivat Berinert®P nicht gebe, da dieses Blutderivat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2a AMG nicht nur in Apotheken, sondern mit freier Preisgestaltung auch im Direktvertrieb an Krankenhäuser und Ärzten abgegeben werden könne. Dementsprechend habe z. B. die Bundesknappschaft zwischenzeitlich von einer Retaxierung gegenüber Apotheken Abstand genommen. Zur Unterstützung ihrer Auffassung, für Berinert®P sei mangels eines einheitlichen Abgabepreises kein Herstellerrabatt zu gewähren, hat die Beklagte auf ein Schreiben des Staatssekretärs des Bundesministeriums der Gesundheit und sozialen Sicherung (BMGS), Dr. WD., vom 3. Dezember 2002 und Schreiben dieses Ministeriums vom 22. Januar 2003 und vom 24. Januar 2005 sowie auf die Darstellung der Arbeitsgemeinschaft Plasmaderivate herstellender Unternehmen verwiesen. Zudem sei die Forderung des Klägers fehlerhaft berechnet worden. Dem Herstellerrabatt von 16 % für das Jahr 2004 sei der Preis für Berinert®P aus dem Jahr 2003 in Höhe von 437,00 EUR zu Grunde zu legen zuzüglich der Preiserhöhung im Jahr 2004. Damit ergebe sich ein Herstellerrabatt pro Packung im Jahr 2004 in Höhe von insgesamt 107,92 EUR (69,92 EUR = 16 % aus 437 EUR) plus 38,00 EUR (Differenz zwischen 475,00 EUR und 437,00 EUR).

Der Kläger hat daraufhin seine Klageforderung auf 2.805,92 EUR (26 x 107,92 EUR) reduziert.

Die Beigeladene hat die Auffassung vertreten, bei der Abgabe von Berinert®P in einer öffentlichen Apotheke an einen Versicherten gegen Vorlage einer ärztlichen Verordnung sei ein Herstellerrabatt zu gewähren. Der Forderung des Klägers liege der Vertriebsweg des § 47 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 AMG nicht zugrunde und somit seien die Festpreisregelungen der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV nicht ausgeschlossen. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, die Differenz zwischen Herstellerrabatt und Apothekenrabatt in Höhe von 2,00 EUR resultiere aus deren unterschiedlicher Berechnung.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen vom 9. Mai 2006 eingeholt. Danach hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) bei der Einführung neuer gesetzlicher Regelungen mit Auswirkungen auf den Vertriebsweg und die komplexen Abrechnungsbeziehungen gelegentlich die Verbände der Krankenkassen, der pharmazeutischen Unternehmen, des Großhandels und der Apotheken zu Gesprächen eingeladen. Ziel dieser Gespräche sei es, durch Finden einer gemeinsamen Sicht rechtlicher Bewertungen und durch Verfahrensabsprachen, die Umsetzung eines Gesetzesvorhabens zu fördern. Zwar hätten die teilnehmenden Verbände die gemeinsam getragenen Bewertungen in den eigenen Verbandsbereichen zu kommunizieren, gleichwohl seien derartige Absprachen nicht verbindlich. Im konkreten Fall habe die Verfahrensabsprache bestanden, dass der Herstellerrabatt nur im Falle des Bezugs über eine Apotheke auf der Grundlage einer versichertenbezogenen ärztlichen Verordnung zu leisten sei.

Nachdem der Kläger zunächst versucht hatte, seine Klage auch auf die Monate September 2004 bis einschließlich Dezember 2004 und das Jahr 2005 zu erweitern, hat er zuletzt für die Zeit von Januar bis einschließlich Juni 2004 einen Herstellerrabatt in Höhe von 2.805,92 EUR nebst 5 % Zinsen über den Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank ab dem 14. Dezember 2005 gegen die Beklagte und hilfsweise gegen die Beigeladene die Erstattung des zum Abzug gebrachten Herstellerrabattes geltend gemacht.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 6. Juni 2007 die Beigeladene verurteilt, an den Kläger die geltend gemachte Forderung zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, auch in ihrer Abwesenheit sei die Beigeladene zur Zahlung der Forderung an den Kläger zu verurteilen gewesen. Sie sei ordnungsgemäß geladen worden und habe im Rahmen eines telefonischen Gesprächs mit dem Kammervorsitzenden ausdrücklich auf ihre Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet. Auch sei das Sozialgericht Darmstadt gemäß § 51 Abs. 1 Ziff. 10 SGG und § 130a Abs. 9 SGB V sachlich und örtlich zuständig. Der Kläger habe gegen die Beigeladene den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der für die Monate Januar bis einschließlich Juni 2004 erfolgten Retaxierung des Herstellerrabattes in Höhe von 2.805,92 EUR. Die Beigeladene habe die Retaxierung in Höhe dieses Herstellerrabattes gegenüber dem Kläger nicht vornehmen dürfen. Zwar sei ein pharmazeutisches Unternehmen gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten, den diese den Krankenkassen gemäß § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V zu gewähren hätten. In der streitigen Zeit habe der Abschlag auf verschreibungspflichtige Arzneimittel 16 % betragen (§ 130a Abs. 1a SGB V) zuzüglich des Betrages der Erhöhung des Herstellerabgabepreises über dem Preisstand vom 1. Oktober 2002 (§ 130a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Dieser Herstellerrabatt gelte jedoch nicht für Berinert®P. Dieses Arzneimittel sei eine Blutzubereitung und für diese gelte die Preisbindung des AMG nicht. Für Produkte, die nicht der Arzneimittelpreisverordnung unterlägen, sei keine Rabattierung der Leistung der öffentlichen Apotheken durch die Krankenkasse nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V (Apothekenrabatt) zulässig und dem folgend auch nicht den Apotheken durch die pharmazeutischen Unternehmen der Herstellerrabatt nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V zu erstatten. Gemäß § 1 Abs. 1 AMPreisV werde für Fertigarzneimittel, deren Abgabe den öffentlichen Apotheken vorbehalten sei, ein Festpreis ermittelt. Von der Festpreisregelung seien gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV ausgenommen Arzneimittel, die aus menschlichem Blut gewonnenen Blutzubereitungen oder gentechnisch hergestellte Blutbestandteile, die gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 AMG außerhalb der Apotheken an Krankenhäuser und Ärzte abgegeben werden. Da Berinert®P eine Blutzubereitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2a AMG sei, unterfalle dieses Arzneimittel nicht der Festpreisbestimmungen der AMG und damit der Rabattierung durch die Krankenkassen bzw. der Verpflichtung zu Gewährung des Herstellerrabattes. Der Hinweis des Klägers und der Beigeladenen auf die vorliegende Abgabe in einer öffentlichen Apotheke an einen Versicherten auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung, könne keine andere Beurteilung rechtfertigen. Denn es verbleibe dabei, dass eine einheitliche Preisbindung durch die Regelung des § 47 Abs. 1 Nr. 2a AMG für Berinert®P nicht bestehe. Auch der Hinweis, dass § 130a Abs. 1 Satz 5 SGB V erst mit Wirkung vom 15. Dezember 2005 eingefügt worden sei, führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/194) sei zu entnehmen, dass diese Regelung lediglich einen klarstellenden und nicht einen ergänzenden Charakter habe. Damit sei die Absetzung der Leistungen des Klägers durch die Beigeladene für die vorliegend streitige Zeit in Höhe von 2.805,92 EUR zu unrecht erfolgt. Da eine notwendige Beiladung gemäß § 73 Abs. 2 SGG vorliege, sei die Beigeladene zu verurteilen gewesen. Der Zinsanspruch des Klägers beruhe auf §§ 288, 286 BGB in Verbindung mit § 61 Satz 2 SGG. Die Beigeladene habe als unterlegene Partei gemäß § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGO) die Kosten des Klägers und des Beklagten zu erstatten.

Gegen das am 30. Juli 2007 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 13. August 2007 Berufung eingelegt.

Die Beigeladene ist der Auffassung, für die Frage des Herstellerrabattes sei auf die konkrete Abgabe im Einzelfall abzustellen. Da vorliegend in den zwischen ihr und dem Kläger abgerechneten Fällen die Abgabe von Berinert®P in einer öffentlichen Apotheke an einen Versicherten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung erfolgt sei, greife die Festpreisregelung ein. Nur diese Auslegung entspreche der Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 AMPreisV. Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass die Schreiben des BMGS das Produkt Berinert®P namentlich nicht erwähnen. Abschließend weist die Beigeladene auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2007 – Az.: S 18 KR 614/05 – hin. Nach dieser Entscheidung habe das pharmazeutische Unternehmen einen Herstellerrabatt, im Falle der Abgabe von Berinert®P in einer öffentlichen Apotheke, an einen Versicherte zu gewähren.

Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 6. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.805,92 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.805,02 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank ab dem 11. August 2005 zu zahlen.

Der Kläger ist der Auffassung, selbst wenn das Sozialgericht nicht zutreffend entschieden haben sollte, wäre zumindest die Beklagte verpflichtet, ihm den Apothekenrabatt zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe zutreffend entschieden.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG).

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts vom 6. Juni 2007 war abzuändern. Nicht die Beigeladene, sondern die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger den geltend gemachten Betrag in Höhe von 2.805,92 EUR zu zahlen.

Der Kläger besitzt gegen die Beklagte einen Anspruch auf einen Herstellerrabatt gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V. Der Kläger besitzt diesen Anspruch, da die Beklagte ihm die Retaxierung seines Vergütungsanspruchs für die Abgabe Berinert®P in der streitigen Zeit in seiner öffentlichen Apotheke an Versicherte der Beigeladenen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung in Höhe des Herstellerrabattes zu erstatten hat. Die Retaxierung der Beigeladenen war entgegen der Auffassung des Sozialgerichts rechtmäßig.

Pharmazeutische Unternehmen haben für das Jahr 2004 den Apotheken gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V in der vom 1. Januar 2003 bis 5. September 2005 geltenden Fassung (BGBl. I 2002 S. 4637) den Abschlag zu erstatten, den diese den Krankenkassen nach § 130a Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 1a SGB V, Abs. 2 einzuräumen haben. Danach beträgt der Abschlag im Jahr 2004 16 % des Herstellerabgabepreises zuzüglich des Betrages der Erhöhung des Herstellerabgabepreises gegenüber dem Preisstand vom 1. Oktober 2002.

Die Rabattierung der Leistungsabrechnung der Beigeladenen gegenüber dem Kläger im Bezug auf die streitbefangene Abgabe von Berinert®P erfolgte gemäß § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V rechtmäßig. Die in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten haben zur Behandlung einer Krankheit unter anderem Anspruch auf die Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit diese nicht ausnahmsweise von der Versorgung ausgeschlossen sind (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, §§ 31, 34 SGB V). Die Arzneimittel werden vom behandelnden Arzt verordnet und den Versicherten von den Krankenkassen als Sachleistung zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs. 2 SGB V). Der für Patienten als Endverbraucher maßgebliche Arzneimittelabgabepreis bestimmt sich nach der aufgrund von § 78 AMG erlassenen AMPreisV. Der Gesetzgeber hat sich mit § 78 AMG für eine indirekte Festsetzung einheitlicher Apothekenverkaufspreise entschieden. Mit dem einheitlichen Apothekenverkaufspreis soll im Hinblick auf die, den Apotheken zugewiesene Schlüssel- und Beratungsfunktion bei der Abgabe von Arzneimitteln an den Endverbraucher ein Preiswettbewerb auf dieser letzten Handelsstufe ausgeschlossen werden. Die originäre Befugnis des jeweiligen Herstellers, die Preise seiner Arzneimittel festzusetzen, ist nicht eingeschränkt. Jedoch lässt der Gesetzgeber für die nachfolgenden Handelsstufen Preisspannen nur in beschränktem Umfang in Form prozentualer Zuschläge auf den Herstellerabgabepreis zu und regelt damit die Preisbildung der Arzneimittel für die Vertriebswege. Um diese einheitliche Preisfestlegung zu ermöglichen, verpflichtet § 78 Abs. 3 S. 1 AMG die pharmazeutischen Unternehmer (Hersteller) einen einheitlichen Abgabepreis für ihre Arzneimittel sicherzustellen.

Im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden die Arzneimittelkosten, die den Krankenkassen durch die Versorgung ihrer Versicherten entstehen, unter anderem durch Apotheken- und Herstellerrabatte verringert. Wird in einer Apotheke an einen Versicherten ein bestimmtes Arzneimittel abgegeben, darf seine Krankenkasse von dem einheitlich festgesetzten Apothekenabgabepreis den gesetzlich festgelegten Rabatt abziehen (§ 130 Abs. 1 SGB V). Besonderheiten gelten, wenn für ein Arzneimittel Festbeträge festgesetzt worden sind (§ 130 Abs. 2 SGB V). Das Beitragssicherungsgesetz (BSSichG vom 23. Dezember 2002, BGBl. I S. 4637) hat den Krankenkassen zu ihrer finanziellen Entlastung darüber hinaus ab 1. Januar 2003 einen gesetzlich festgesetzten Rabatt gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen gewährt (§ 130a Abs. 1 SGB V). Dieser sogenannte Herstellerrabatt wird jedoch nicht unmittelbar von den Herstellern an die Krankenkassen gezahlt. Die Krankenkassen erhalten vielmehr den Rabatt dadurch, dass sie die Rechnungen der Apotheken um den um den mit § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V zum 1. Januar 2003 eingeführten Herstellerrabatt kürzen. Die Apotheken können ihrerseits gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V die teilweise Erstattung der ihnen gekürzten Beträge von den Arzneimittelherstellern verlangen (vgl. zum Vorstehenden Bundessozialgericht, Beschluss vom 22. April 2008, Az.: B 1 SF 1/08 R). Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das BSSichG einschließlich des mit ihm eingeführten § 130 a SGB V mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Beschluss vom 13. September 2005, Az.: 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196 ff. = SozR 4-2500 § 266 Nr. 9). Die Vorschriften des BSSichG sind dementsprechend im vorliegenden Rechtsstreit anzuwenden.

Der Herstellerrabatt des § 130a Abs. 1 SGB V ist, in seiner hier maßgeblichen vom 1. Januar 2004 bis 5. September 2005 geltenden Fassung (§ 130a SGB V eingefügt durch Art. 1 Nr. 8 BSSichG mit Wirkung vom 1. Januar 2003; Abs. 1 Satz 1 geändert durch Art. 3a Nr. 2 Gesetz vom 29. August 2005, BGBl. I S. 2570, mit Wirkung vom 6. September 2005), nur auf solche Fertigarzneimittel anwendbar, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a SGB V bestimmt sind. Anfallenden Großhandels- und Apothekenzuschläge, die der Arzneimittelpreisverordnung nicht unterliegen, fallen nicht unter den Herstellerrabatt nach § 130a Abs. 1 SGB V. Der Herstellerabgabepreis ist Ausgangspunkt für die Ermittlung des Apothekenabgabepreises für Arzneimittel, die zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Die Festsetzung des Herstellerabgabepreises unterliegt der Höhe nach zwar der freien Entscheidung durch den Hersteller. Seine Festsetzung erfolgt jedoch gemäß § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG einheitlich. Somit gibt es zwar eine Preisbindung für rezeptpflichtige und sonstige zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Arzneimitteln. Eine Kontrolle der Angemessenheit der Preise erfolgt jedoch nicht (vgl. WA. in: juris PK-SGB V, § 130 Rdnr. 8). Welcher Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt als Herstellerabgabepreis maßgebend ist, lässt sich der sogenannten Lauer-Taxe entnehmen. Die Lauer-Taxe ist eine Aufstellung von Arzneimitteln und sonstigen apothekenüblichen Waren mit Preisen, die auf privater Initiative beruht.

Für die weitere Prüfung ist somit zugrunde zu legen, dass die Regelung des Herstellerrabattes in § 130a Abs. 1 SGB V an die Geltung der Arzneimittel-Preisvorschriften anknüpft.

Der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass für das Arzneimittel Berinert®P ein Herstellerrabatt gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V zu gewähren ist, da seine Abgabe in einer öffentlichen Apotheke der Geltung der Arzneimittel-Preisvorschriften unterliegt. Denn die Verpflichtung zur Gewährung des Herstellerrabattes nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V ist abhängig von der jeweils in Frage stehenden Abgabeform.

Die Maßgeblichkeit der Abgabeform ist zwar dem Wortlaut der bis zum 6. September 2005 geltenden Fassung des § 130a Abs. 1 SGB V nicht zu entnehmen, sondern erst dem mit Wirkung vom 1. Mai 2006 eingefügten Satz 5 des § 130a Abs. 1 SGB V. Danach gilt Satz 1 – d. h. die Rabattierung und damit die Erstattungspflicht der pharmazeutischen Unternehmen nach Satz 2 – für Fertigarzneimittel, deren Apothekerabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz oder aufgrund des § 129 Abs. 5a bestimmt sind. Dies galt aber auch bereits zuvor. Nach der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drs. 16/691 S. 6 zu Nr. 7a) zum Entwurf eines AVWG der Fraktionen der CDU/CSU und SPD wurde mit der Einfügung des Satzes 5 in § 130a Abs. 1 SGB V lediglich "klargestellt" (BT-Drs. 16/691 S. 11), dass die Herstellerabschläge nur für Fertigarzneimittel gelten, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a SGB V bestimmt sind (siehe dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Juli 2008, Az.: B 1 KR 4/08 R). Diese Einfügung stellt nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch keine Neuregelung, sondern eine Klarstellung dar. Damit war nach dem Willen des Gesetzgebers bereits in Jahr 2004 der Herstellerrabatt des § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur von den pharmazeutischen Unternehmen zu leisten, wenn die Abgabe ihres Arzneimittels den Preisregelungen des auf der Grundlage des § 78 AMG erlassenen AMPreisV unterlag.

Gemäß § 78 Abs. 1 SGB V beinhaltet diese Regelung eine Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung für die Regelung von Preisen der Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Gemäß § 43 Abs. 3 AMG dürfen verschreibungspflichtige Arzneimittel wie vorliegend – nur in Apotheken abgegeben werden. Jedoch ist für Humanblutderivate – wie Berinert®P - in § 47 Abs. 1 Nr. 2a SGB V eine Ausnahme von der Apothekenpflicht des § 43 Abs. 3 AMG zugelassen im Falle der Abgabe an Krankenhäuser und Ärzte. Da § 78 AMG zur Aufstellung von Preisregelungen für Arzneimittelabgabe u.a. in öffentlichen Apotheken ermächtigt, nicht jedoch für den ausnahmsweise nach § 47 Abs. 1 Nr. 2a SGB V zugelassenen Direktvertrieb der pharmazeutischen Unternehmen, hat der Verordnungsgeber diesen Direktvertrieb aus den Preisregelungen des AMPreisV (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV) herausgenommen.

Die Beklagte kann der Forderung des Klägers nicht entgegenhalten, die Abgabe von Berinert®P unterfalle nicht der Regelung des Herstellerrabattes des § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V, da der Direktvertriebsweg an Krankenhäuser und Ärzte nach § 47 Abs. 1 Nr. 2a AMG eröffnet sei und damit ein einheitlicher Herstellerabgabepreis für Berinert®P nicht bestehe.

Dies ergibt sich aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis, das § 1 AMPreisV in seinen Absatz 1 und Absatz 3 bestimmt. § 1 Abs. 1 AMPreisV unterwirft Fertigarzneimittel, deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 AMG den Apotheken vorbehalten ist, dem Preisregime dieser Verordnung, also der Bestimmung eines Apothekenabgabepreises durch Festlegung von Preisspannen, die an den Herstellerabgabepreis anknüpfen. Unstreitig handelt es sich bei Berinert®P um ein apothekenpflichtiges Fertigarzneimittel, das somit dem Anwendungsbereich der AMPreisV unterliegt. Die generelle Freistellung von dem Preisrecht nach § 1 Abs. 4 AMPreisV ist vorliegend nicht einschlägig, da diese nur für apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel gilt. Demgegenüber sieht § 1 Abs. 3 eine Nichtanwendbarkeit der Preisbestimmungsvorgaben der AMPreisV für apothekenpflichtige Fertigarzneimittel dann vor, wenn es sich um eine Abgabe handelt, deren Modalität in Nr. 1 bis Nr. 6 näher bestimmt ist. Der Wortlaut dieser Bestimmung lässt klar erkennen, dass, anders als im Falle des § 1 Abs. 4 AMPreisV, apothekenpflichtige Fertigarzneimittel nicht durchweg und nicht generell den Preisvorgabebestimmungen der AMPreisV entzogen sind. § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3, 3a und 5 AMPreisV stellen für die Freistellung auf bestimmte Distributionswege ab. Nur in § 1 Abs. 3 Nr. 4 und Nr. 6 AMPreisV werden Fertigarzneimittel ohne Rücksicht darauf, an wen sie ausgeliefert werden, von den Regelungen der AMPreisV freigestellt. Dies gilt für Impfstoffe, die zur Anwendung bei allgemeinen, insbesondere behördlichen oder betrieblichen Grippevorsorgemaßnahmen abgegeben werden (Nr. 4) sowie für die Abgabe von Blutkonzentraten, die zur Anwendung bei der Bluterkrankung, sowie von Arzneimitteln, die zur Anwendung bei der Dialyse Nierenkranker bestimmt sind (Nr. 6). In den übrigen Fällen wird auf die Abgabe entweder an bestimmte Stellen, nämlich an Krankenhäusern sowie an Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten (Nr. 2), an die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 7 AMG genannten Personen und Einrichtungen (Nr. 3), an Krankenhäuser, Gesundheitsämter und Ärzte im Falle von Impfstoffen, die zur Anwendung bei öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen bestimmt sind (Nr. 3a) sowie an Gesundheitsämter im Rahmen der Maßnahmen der Rachitis-Vorsorge (Nr. 5) abgestellt.

Nach dem Wortlaut des § 78 AMG und des – vorliegend für das Arzneimittel Berinert®P allein in Betracht kommenden – § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV ist nicht das Arzneimittel an sich, sondern nur die, durch Ausnahmeregelung des § 47 Abs. 1 Nr. 2a SGB V zugelassene Vertriebsart von der gesetzlichen Preisregelung ausgenommen. § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV nimmt die § 1 Abs. 1 AMPreisV unterfallenden apothekenpflichtigen Fertigarzneimittel von der Anwendung der Verordnung nur dann aus, wenn sie an die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 AMG "genannten Personen und Einrichtungen" und "unter den dort bezeichneten Bedingungen" abgegeben werden. Der mit der Überschrift "Vertriebsweg" versehene § 47 AMG sieht in seinem Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a die Abgabe an sich apothekenpflichtiger Arzneimittel an Krankenhäuser und Ärzte vor, soweit es sich handelt um "aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen". Das hier maßgebliche Fertigarzneimittel Berinert®P stellt zwar eine unter diese Norm fallende Blutzubereitung dar, jedoch erfolgte die Abgabe durch den Kläger nicht an Krankenhäuser und Ärzte, sondern an bei der Beigeladenen krankenversicherten Patienten auf der Grundlage vertragsärztlicher Verordnungen. Somit lag eine Abgabe vor, für die das Preisbildungssystem der AMPreisV nach deren § 1 Abs. 1 maßgeblich ist. Dem hat auch der Kläger Rechnung getragen, indem er im Rahmen seiner Abrechnung mit der Beigeladenen den von der Beklagten als Arzneimittelhersteller bekannt gemachten und in der sogenannten Lauer-Taxe ausgewiesenen Herstellerabgabepreis zugrunde legte.

Dies hat nach Überzeugung des Senats zur Folge, dass auch der nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu gewährende Herstellerrabatt auf die konkrete Abgabeform des Arzneimittels abstellt. Ist die Abgabe des Arzneimittels – wie vorliegend unbestritten – in einer öffentlichen Apotheke an einen Versicherten auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung abgegeben worden, so hat das pharmazeutische Unternehmen – wie unstreitig die Beklagte – der Apotheke, die einer Krankenkasse einen Abschlag nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V gewährt hat – wie der Kläger – den Herstellerrabatt nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V zu leisten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Verpflichtung zur Gewährung des Herstellerrabattes nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht davon abhängig, ob für alle zulässigen Abgabeformen (über öffentliche Apotheken und über Direktvertrieb der pharmazeutischen Unternehmen an Krankenhäuser und Ärzte) ein einheitlicher Herstellerabgabepreis vorhanden ist. Die von Kraft in dessen Artikel "Kein Herstellerrabatt bei Blutprodukten" vertretene Auslegung des § 1 Abs. 3 AMPreisV vermag nicht zu überzeugen. Sie überschreitet die Grenzen zulässiger Norminterpretation. Eine solche Auslegung entspricht weder der Regelung des § 78 AMG und der AMPreisV noch dem Sinn und Zweck der Einführung des Herstellerrabattes des § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V.

Dem Wortlaut und der Systematik des § 1 Abs. 3 AMPreisV i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a AMG sowie § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG ist zu entnehmen, dass das Arzneimittel Berinert®P nur dann den Preisvorgaben des § 78 AMG und den in der AMPreisV vorgenommenen Konkretisierungen nicht unterliegt, wenn ein nach § 47 Abs. 1 Nr. 2a AMG zulässiger Direktvertrieb an Krankenhäuser und Ärzte tatsächlich erfolgte. Nur in diesen Fällen des Direktvertreibes gibt es keinen einheitlichen Herstellerabgabepreis.

Mit der Einführung des Herstellerrabattes des § 130a SGB V mit dem Beitragssicherungsgesetz vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4637) zum 1. Januar 2003 wurde den pharmazeutischen Unternehmen, die außerhalb des Leistungserbringungsrechts des SGB V stehen, aber über ihre Preisgestaltung von Arzneimitteln einen erheblichen Einfluss auf die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen haben, aufgegeben, einen Beitrag zur Beitragsstabilisierung zu leisten. Diesen Beitrag zur Beitragsstabilisierung auszuschließen, wenn im Einzelfall eine ordnungsgemäße Abgabe im Regel-Vertriebsweg des apothekenpflichtigen Arzneimittels über eine öffentliche Apotheke vorliegt, da ausnahmsweise für dieses Arzneimittel, der Direktvertrieb an Krankenhäusern und Ärzten eröffnet ist, ist nicht gerechtfertigt. Eine Generalisierung einer Ausnahme würde diesen Beitrag zur Beitragsstabilisierung verhindern. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 26. März 2003, Az.: 1 BvR 112/03) sieht das Beitragssicherungsgesetz ein Paket von Maßnahmen zur Bekämpfung des Defizits im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Erst die Summe aller Sparmaßnahmen ergibt eine spürbare Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen.

Die vom Beklagten beanspruchte extrem restriktive Definition der Existenz eines Herstellerabgabepreises würde zudem der gesetzgeberischen Intension, die der Einführung des Herstellerrabatt in § 130a Abs. 1 SGB V zugrunde lag, zuwiderlaufen. § 130a SGB V ist unter ausdrücklichem Hinweis des Gesetzgebers auf die defizitäre Ausgabenentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung durch Art. 1 Nr. 8 BSSichG neu in das SGB V aufgenommen worden. Für den Gesetzgeber war vor allem der Umstand von Bedeutung, dass die GKV je Mitglied kontinuierlich einen überproportionalen Zuwachs bei den Arzneimittelausgaben aufwies (vgl. BT-Drs. 15/28 S. 11). Diese Entwicklung gefährdete das finanzielle Gleichgewicht der GKV. Zur Stabilisierung des Beitragssatzniveaus und zur Stärkung der Finanzgrundlagen der GKV wurden deshalb kurzfristig wirksame Maßnahmen für unverzichtbar gehalten. Durch den mit § 130a SGB V eingeführten Herstellerrabatt sollten auch die pharmazeutischen Unternehmer einen angemessenen Beitrag zur Stabilisierung der Arzneimittelkosten in der GKV und deren finanzieller Situation leisten. Vor dem Hintergrund hoher Umsätze, die pharmazeutische Unternehmer im Bereich der GKV erzielten, hielt der Gesetzgeber korrigierende Maßnahmen in Form von Rabattregelungen für erforderlich und sachlich gerechtfertigt (BT-Drs. 15/28 S. 12, 16). Die gegen das BSSichG von Inhabern zahntechnischer Labore, Apothekern, Arzneimittelgroßhändlern und pharmazeutischen Unternehmern erhobenen Verfassungsbeschwerden sind erfolglos geblieben. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 13. September 2005 (Az.: 2 BvF 2/03) entschieden, dass das BSSichG mit dem Grundgesetz vereinbar sei, nachdem es bereits zuvor Anträge auf einstweilige Anordnungen gegen sein in Kraft treten mit Beschluss vom 26. März 2003 (Az.: 1 BvR 112/03) abgelehnt hatte.

Eine Generalisierung der in § 1 Abs. 3 AMPreisV enthaltenen Ausnahme von der Geltung der Preisregelungen des § 78 AMG in Verbindung mit den Regelungen der AMPreisV würde den Beitrag zur Erhaltung der Finanzierbarkeit der GKV gefährden und damit auch die Bestrebungen des Gesetzgebers zur Herstellung der Beitragsstabilität, die unabdingbare Voraussetzung für ein Fortbestehen des gegenwärtigen Sozialsystems ist, konterkarieren und dies obwohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dieser Belang in einem Sozialstaat ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut darstellt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. September 2005, Az.: 2 BvF 2/03). Erst bei Verwirklichung der Summe aller Sparmaßnahmen, die mit dem BSSichG ins Werk gesetzt worden sind, lässt sich eine spürbare Entlastung der GKV erreichen. Alle diese Gesichtspunkte sprechen für eine enge Auslegung des § 1 Abs. 3 AMPreisV.

Dieser Beurteilung stehen auch die Stellungnahmen des BMGS nicht entgegen. Wie die Beigeladene zutreffend ausgeführt hat, sind diese Stellungnahmen nicht geeignet, eine eindeutige Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmung umzudeuten. Aus diesem Grunde kommt es auf den genauen Erklärungsinhalt dieser Stellungnahmen nicht an.

Nach alledem ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass die Eröffnung der Möglichkeit des Direktvertriebsweges eines Arzneimittels an Krankenhäuser und Ärzte nach § 47 Abs. 1 Nr. 2a SGB V im Wege der Ausnahmeregelung nicht eine Entbindung der pharmazeutischen Unternehmen von der Verpflichtung zur Leistung des Herstellerrabattes im Falle der Abgabe des Arzneimittels durch öffentliche Apotheken an Versicherte auf der Grundlage personifizierter ärztlicher Verordnungen bewirkt.

Eine Verletzung der Grundrechte der Apotheker bzw. der pharmazeutischen Unternehmen aus Art. 3 und Art. 12 GG durch die hier vorgenommene Anwendung des § 130a SGB V i.V.m. § 78 AMG und § 1 Abs. 3 AMPreisV konnte der Senat nicht erkennen. Der Kläger hat nicht dargelegt, in welchem ungleichen Wettbewerb er als Apotheker bei der Abgabe von Berinert®P in seiner Apotheke im Vergleich zu pharmazeutischen Unternehmen, Großhändlern und Ärzte stehe. Ungeachtet dessen umfasst das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und auf Sicherung zukünftiger Erwerbschancen (vgl. BVerfGE 24, 36 sowie BVerfGE 116, 135).

Der Herstellerrabatt für das Arzneimittel Berinert®P beträgt im Jahr 2004 – in Anwendung dieser Regelung unstreitig – je Packung 107,92 EUR und somit vorliegend bei Abgabe von 26 Packungen 2.805,92 EUR im streitigen Zeitraum.

Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 69 Satz 2 SGB V in Verbindung mit §§ 291, 288 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe Urteil vom 23. März 2006, Az.: B 3 KR 6/05 R) besteht jedenfalls in den Verfahren nach § 197a SGG ein Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Tag der Rechtshängigkeit, die im sozialgerichtlichen Verfahren mit dem Tag des Klageeingangs beginnt. Der Kläger macht im Berufungsverfahren Prozesszinsen ab dem Tag der Klageerhebung, dem 11. August 2005, geltend. Die Verschiebung des Beginns des geltend gemachten Zinsanspruchs vom 14. Dezember 2005 auf den Zeitpunkt der Klageerhebung (11. August 2005) im Berufungsverfahren ist zulässig, da dies gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG keine entscheidungserhebliche Klageänderung darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes folgte nach § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) der bezifferten Hauptforderung.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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