Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 15 AL 3075/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 38/05 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Januar 2005 (Az.: S 15 AL 3075/04) wird die Beigeladene verpflichtet, die Weiterbildungskosten für den Umschulungslehrgang Industriekauffrau an der Privaten Berufsakademie, F., in monatlicher Höhe von Euro 361,72 sowie die Fahrtkosten in Höhe von Euro 63,80 monatlich bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den gestellten Kostenübernahmeantrag vom 25. Februar 2004, längstens bis zum Abschluss des Lehrgangs am 27. Januar 2006 in Form eines Darlehns zu übernehmen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin die Kosten des Lehrgangs Industriekauffrau an der H. Schule, F. in Höhe von 7.596,16 Euro, zahlbar in 21 Raten à 361,72 Euro zu zahlen.
Die Antragstellerin ist arbeitslos und bei der Agentur für Arbeit (J.), F. arbeitslos gemeldet. Sie bezog bis zum 31. Dezember 2004 Sozialhilfe und bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II (Bl. 12 Gerichtsakte (GA) in Höhe von 604,73 Euro monatlich.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 beantragte sie bei der Agentur für Arbeit in F. die Förderung der Teilnahme an der Maßnahme "Umschulung Industriekaufmann/Frau", die ab dem 1. September 2003 an der H-Schule in F. stattfand. Zuvor hatte sie an einem durch die H-Schule durchgeführten Bewerberauswahltest mit sehr gutem Erfolg teilgenommen. Die Umschulung war auf 22 Monate festgelegt, die kalkulierten Seminargebühren betrugen nach Auskunft des Trägers vom 18. Juli 2003 8.053,92 Euro, zahlbar in 22 Monaten à 366,09 Euro.
Mit Ablehnungsbescheid vom 7. August 2003 lehnte die Antragsgegnerin die Förderung der Teilnahme mit der Begründung ab, die Leistungsgewährung sei nur möglich, wenn das Arbeitsamt der Teilnahme der Maßnahme zustimme (§ 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Die Zustimmung des Arbeitsamtes setzt voraus, dass der Arbeitnehmer geeignet sei und im Anschluss an die Maßnahme voraussichtlich innerhalb angemessener Zeit eine dem Maßnahmeziel entsprechende Beschäftigung finden könne (§ 1 Abs. 1 A.F.b.W.). Darüber hinaus habe die Zustimmung bei den zur Auswahl stehenden Maßnahmen für diejenige Maßnahme zu erfolgen, die inhaltlich erfolgsversprechender, kostengünstiger und im Hinblick auf Beginn und Dauer wirtschaftlicher sei (§ 1 Abs. 1 A.F.b.W.).
Eine Zustimmung könne im Falle der Antragstellerin nicht erteilt werden, weil die Eignungsvoraussetzungen für die angestrebte kaufmännische Umschulung durch das Nichterscheinen der Antragstellerin zu dem obligatorischen Arbeitsberatungsgespräch am 14. Februar 2003 nicht hätten geprüft werden können.
Ein am 30. Juli 2003 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main gestellter Eilantrag der Antragstellerin, mit dem sie Kostenübernahme der Teilnahme an dem genannten Ausbildungsgang begehrte (Az.: S 15 AL 2750/03 ER), wurde durch das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 11. August 2003 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch das Hessische Landessozialgericht mit Beschluss vom 19. März 2003 (Az.: L 10 AL 879/03 ER) zurückgewiesen.
Seit dem 26. April 2004 nimmt die Antragstellerin an der Umschulungsmaßnahme "Industriekaufmann/-frau IK 4105" an der "Privaten Berufsakademie H. GmbH" teil. Die Maßnahme dauert bis zum 27. Januar 2006. Die Kosten für die Maßnahme betragen insgesamt 7.596,16 Euro. Nach dem am 26. April 2004 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag ist der Betrag in 21 Raten à 358,84 Euro zahlbar.
Am 16. Dezember 2004 beantragte die Antragstellerin erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der sie die Übernahme der Lehrgangskosten durch die Antragsgegnerin begehrt.
Sie trug vor, dass sie mit Schreiben vom 25. Februar 2004 (Bl. 32 GA) die Förderung des am 26. April 2004 beginnenden Lehrgangs beantragt habe. Am 8. März 2004 sei das Beratungsgespräch nachgeholt worden. Am 19. August 2004 habe die psychologische Begutachtung (Bl. 69 GA) stattgefunden. Die verspätete psychologische Begutachtung habe der Arbeitsberater der Bundesagentur zu vertreten. Die bisher angefallenen Kosten für die Umschulungsmaßnahme habe sie durch die Aufnahme eines Privat-Darlehens ihrer Mutter vorfinanziert. Nach Absage ihrerseits des bereits anberaumten "Abschlussgespräches" vom 17. September 2004, bei dem auch das Ergebnis des psychologischen Gutachtens besprochen werden sollte, habe der Arbeitsberater in einem Ferngespräch die Vergabe eines neuen Termins – auf Nachfrage der Antragstellerin im Oktober – mit der Begründung abgelehnt, dies sei nicht mehr nötig, da die Mittelvergabe für das laufende Jahr bereits abgeschlossen sei.
Die Antragsgegnerin führte im erstinstanzlichen Verfahren aus, dass das "Eignungsgespräch" (Bl. 16 GA) am 17. September 2004 von der Antragstellerin nicht wahrgenommen worden sei. Eine Antragstellung auf die begehrten Leistungen könne die Antragsgegnerin ebenfalls nicht feststellen, so dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 77 SGB III nicht vorlägen.
Aus einem Vermerk der Antragsgegnerin (Bl. 23 GA) geht hervor, dass die Antragstellerin einen Termin zur psychologischen Begutachtung am 12. Juli 2004 wegen Krankheit abgesagt hat. Weiter ist die Antraggegnerin laut Vermerk der Auffassung, dass die Antragstellerin den Termin zur Besprechung der PSU am 17. September 2004 unentschuldigt nicht wahrgenommen habe.
Durch Beschluss vom 19. Januar 2005 (Az.: S 15 AL 3075/04 ER) hat das Sozialgericht Frankfurt am Main den Eilantrag zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der summarischen Überprüfung eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache nicht gegeben sei. Nach § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III müsse vor der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgen und diese der Teilnahme zustimmen. Dies sei objektiv nicht erfolgt. Dabei könne dahinstehen, ob die Antragsgegnerin es pflichtwidrig unterlassen habe, auf Bitten der Antragstellerin einen Beratungstermin vor der Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme zu vereinbaren, jedenfalls lägen die objektiven Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung nicht vor. Auf die übrigen Ausführungen wird Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 21. Februar 2005 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Das Sozialgericht habe bei seiner Entscheidung offenbar einen falschen Tatbestand zugrunde gelegt. Ein Beratungsgespräch im Sinne des § 77 SGB III habe am 8. März 2004 stattgefunden. Die psychologische Begutachtung sei am 19. August 2004 erfolgt. Die verspätete Untersuchung habe der zuständige Sachbearbeiter, Herr K., zu verantworten, da er erst eine Woche nach dem stattgefundenen Beratungsgespräch am 8. März 2004 die psychologische Begutachtung veranlasst habe. Soweit das Gericht die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Teilnahme an der Maßnahme für erforderlich halten solle, habe die Nichtzustimmung ebenfalls der zuständige Arbeitsberater zu vertreten. Dieser habe sich nach Absage des Gespräches am 17. September 2004 durch die Antragsstellerin nicht mehr zu einem weiteren Gespräch bereitgefunden. Im Übrigen sei die Antragstellerin der Auffassung, dass die Zustimmung der Antragsgegnerin konkludent erfolgt sei, da die Antragsgegnerin im Beratungsgespräch vom 8. März 2004 weder Einwände gegen die beabsichtigte Umschulungsmaßnahme erhoben, noch eine alternative Maßnahme vorgeschlagen habe.
Die Eilbedürftigkeit ergebe sich auch daraus, dass die Antragstellerin seit Januar 2005 nicht mehr in der Lage sei, monatliche Raten des Lehrgangs zu zahlen, da die Mittel über das Privat-Darlehen der Mutter vollständig aufgebraucht worden seien (Anlage 2, Bl. 67 GA).
Die Antragstellerin beantragt,
vorstehenden Beschluss aufzuheben und die Beschwerdegegnerin in Übereinstimmung mit den Anträgen im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 15. Dezember 2004 zu verurteilen,
hilfsweise
beantragt sie, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Kosten des Lehrgangs in Höhe von Euro 361,72 monatlich sowie die Fahrtkosten von Euro 63,80 monatlich darlehenshalber in entsprechender Anwendung des § 421 Abs. 1 SGB III zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt im Wesentlichen vor, dass sie die falsche Gegnerin sei, da die Träger der Leistungen nach dem SGB II (§ 6 Abs. 1 SGB II) nach § 44 b SGB II zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II Arbeitsgemeinschaften gebildet hätten. Die jeweilige Arbeitsgemeinschaft nehme die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahr (§ 44 b Abs. 3 SGB II).
Im konkreten Fall sei festzuhalten, dass im Bezirk der Agentur für Arbeit Frankfurt, die aufgrund des Wohnortes der Antragstellerin zuständig sei, die Arbeitsgemeinschaft "J." in F. errichtet worden sei. Die Arbeitsgemeinschaft nehme seit dem 1. Januar 2005 die Aufgaben der Agentur für Arbeit nach dem SGB II wahr und sei damit gemäß § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 79 ff. SGB III auch für die Gewährung von Weiterbildungskosten zuständig. Mit Beschluss vom 18. April 2005 wurde das J., F., beigeladen.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 SGG zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht den geltend gemachten Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der Lehrgangskosten für die Umschulung zur Industriekauffrau an der H., Schule, F. nebst der monatlich anfallenden Fahrtkosten soweit er sich auf den Anspruchsbeginn ab 01. Januar 2005 bezieht, zurückgewiesen. Soweit die Antragstellerin die Übernahme der gesamten Lehrgangskosten ab dem 26.04.2004 geltend macht, hat der Eilantrag keinen Erfolg.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) glaubhaft gemacht werden. Dabei darf die einstweilige Anordnung wegen des summarischen Charakters dieses Verfahrens grundsätzlich nicht die endgültige Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, weil sonst die Erfordernisse, die bei einem Hauptsacheverfahren zu beachten sind, umgangen würden (vgl. Bundesverfassungsgerichtsentscheid 79, 69, 74 m.w.N.).
Es kann im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes aber ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre. Dies kommt insbesondere hinsichtlich eines Anspruchs auf Förderung und beruflicher Bildungsmaßnahme in Betracht. Das Gericht hat die in der Rechtsprechung allgemein zu § 123 VwGO konkretisierten Grundsätze zu berücksichtigen. Danach kann die einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Das Gericht hat dabei im Rahmen einer zu treffenden Ermessensentscheidung alle betroffenen öffentlichen und privaten Interessen der Beteiligten, die für und gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, gegeneinander abzuwägen und dabei auch die Erfolgsaussichten in einem zu erwartenden Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des Senats, Beschluss vom 19. November 2003, Az.: L 10 AL 879/03 ER).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der gesetzlichen Anspruchsgrundlagen der §§ 16 SGB II und 77 ff. SGB III steht der Antragstellerin nach der allein gebotenen summarischen Prüfung im vorliegenden Verfahren ein Anordnungsanspruch zur Seite.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Februar 2004 (Bl. 32 GA) einen Antrag auf die Förderung des Lehrgangs zur Umschulung "Industierkauffrau" beginnend im April 2004 und endend am 27. Januar 2006 bei der H-Schule, F., gestellt. Entsprechend dem Sendebericht vom 26. Februar 2004 ist dieser Antrag um 08:11 Uhr an die Faxnummer des zuständigen Beraters der Bundesagentur für Arbeit, Herrn K., unter der Faxnummer 00000 übersandt worden. Damit hat die Antragstellerin die Stellung des vorbezeichneten Antrages glaubhaft gemacht. Allein die Behauptung der Antragsgegnerin, ein Antrag sei nicht gestellt worden, reicht zur Widerlegung der Glaubhaftmachung nicht aus.
Für den Eingang dieses Antrags spricht auch, dass die Antragstellerin nach Stellung des Antrags laut Vermerk des Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit (Bl. 22 GA) am 8. März zu einem Beratungsgespräch eingeladen worden ist, da sie – laut Vermerk – die Ausbildung der Industriekauffrau anstrebte. Dem gleichen Vermerk ist zu entnehmen, dass der zuständige Mitarbeiter zur Eignungsfeststellung für diese Weiterbildungsmaßnahme – laut Vermerk – den Psychologischen Dienst eingeschaltet hat (Bl. 23 GA). Das dann durchgeführte psychologische Gutachten am 19. August 2004 hatte als Zielvorgabe festzustellen, ob eine Eignung für eine Umschulung zur Industriekauffrau besteht (Bl. 69 GA).
Da der gestellte Antrag auf Übernahme der Weiterbildungskosten gem. § 77 SGB III (seit 1.1.2005 i.V.m. § 16 Abs. 1 SGB II) bis heute nicht beschieden worden ist und die Rechtsgrundlage eine Ermessensnorm ist, hat die Antragstellerin einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung ihres Antrages. Darüber hinaus hat sie aber auch in diesem besonderen Einzelfall einen vorläufigen Übernahmeanspruch der Lehrgangskosten nebst Fahrtkosten (§ 81 SGB III) ab dem 01.01.2005.
Dies ist deshalb der Fall, da allein die im Wege der einstweiligen Anordnung ausgesprochene bloße Verpflichtung zur Bescheidung des gestellten Antrags die Rechte der Antragstellerin nicht effektiv schützt. Deshalb ist auf der Ebene des Anordnungsinhalts (§§ 86 b II 4, 938 ZPO) zu fragen, wie der Anspruch der Antragstellerin auf fehlerfreie Ermessensentscheidung wirksam geschützt werden kann. Hierbei hat der erkennende Senat einerseits den genannten Entscheidungsgrundsatz, nachdem das Gericht sein Ermessen nicht an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen darf, und das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Artikel 19 Abs. 4 GG zu berücksichtigen sowie die Erfolgsaussichten in der Sache zu beachten.
Nach überschlägiger Prüfung des § 77 SGB III spricht eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Antragstellerin die Weiterbildungsmaßnahme - insbesondere auch unter Berücksichtigung des Verhaltens der Arbeitsagentur im Vorfeld - finanziert werden kann.
Gemäß § 77 Abs. 1 Ziff. 1 SGB III kann eine berufliche Weiterbildung gefördert werden, ( ) wenn bei dem Arbeitnehmer wegen fehlendem Berufsabschluss die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist. Gemäß § 77 Abs. 2 Ziff. 2 SGB III wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlendem Berufsabschluss anerkannt, wenn sie nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren festgelegt ist. Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, können nur gefördert werden, wenn eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Nach summarischer Prüfung ist dies vorliegend der Fall. Die Antragstellerin verfügt über einen Realschulabschluss, sie verfügt nicht über einen Berufsabschluss und sie ist ebenfalls noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen. Ihr Lebensalter von zwischenzeitlich 30 Jahren könnte durchaus als ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund im Sinne der zitierten Vorschrift angesehen werden, der ihr eine berufliche Ausbildung nicht möglich macht bzw. ihr nicht zumutbar ist. Gemäß § 77 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III hat vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit zu erfolgen. Laut Bearbeitervermerk des zuständigen Beraters bei der Bundesagentur für Arbeit hat am 8. März 2004 eine Beratung der Antragstellerin stattgefunden. Da sich aus dem Vermerk lediglich entnehmen lässt, dass dies eine Beratung unter dem Gesichtspunkt Ausbildung zur Industriekauffrau gewesen ist, weitere Unterlagen nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass dies auch ein Beratungsgespräch im Sinne der vorzitierten Vorschrift gewesen ist. Die Berufsakademie von H-Schule, F., ist auch ein anerkannter Träger im Sinne des § 77 Abs. 1 Ziff. 3 SGB III.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Weiterbildungsmaßnahme seit der gesetzlichen Änderung, Rechtskraft 1. Januar 2003, gemäß § 77 SGB III nicht mehr erforderlich.
Die vorzunehmende Prognose über die zukünftigen Vermittlungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt im Sinne des § 77 Abs. 1 SGB III kann der Senat im vorliegenden Eilverfahren mangels Bescheidung und Vortrag durch die Antragsgegnerin und des Beigeladenen nur eingeschränkt überprüfen. Insoweit wertet der Senat die durchgeführte Beratung am 8. März 2004, die zum Gegenstand die Ausbildung zur Industriekauffrau hatte, und das veranlasste psychologische Gutachten vom 19. August 2004 mit dem Ziel, die Eignung der Antragstellerin zur Industriekauffrau festzustellen und mit der tatsächlich erfolgten Eignungsfeststellung in diesem psychologischen Gutachten so, dass offenbar eine Vermittlungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt aus der Sicht des Arbeitsamtes gegeben sein musste, da ansonsten eine derart spezifisch ausgerichtete psychologische Begutachtung zum Berufsziel Industriekauffrau weder wirtschaftlich noch sparsam gewesen wäre.
In der Gesamtbetrachtung ist festzustellen: Würde der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren lediglich ein Anspruch auf Bescheidung ihres Antrags vom 25. Februar 2004 zuerkannt, müsste sie aufgrund der glaubhaft gemachten mangelnden Finanzierungsgrundlage ihrerseits die Maßnahme nach nunmehr 13 Monaten erfolgreicher Absolvierung abbrechen; würde sie im anschließenden Klageverfahren in der Hauptsache obsiegen, könnte sie die Bildungsmaßnahme nicht mehr erfolgreich zum Abschluß bringen, da sie vorher ausgeschieden wäre. Damit liegt auf Hand, dass in der Gesamtabwägung das Interesse der Antragstellerin an einem effektiven Rechtsschutz überwiegt. Der Senat hat sich dabei für die darlehnsweise Gewährung im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Regelung entschieden. Da die Kostenträgerschaft seit dem 01.01.1005 auf die Beigeladene durch gesetzliche Änderung (§§ 6 Abs.1, 44b SGB II; §§ 16 Abs.2 SGB II i.V.m. § 79 ff. SGB III) übergegangen ist, die Dezemberrate 2004 bereits vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens bezahlt worden ist, ist die Beigeladene der zutreffende Kostenschuldner.
Die Gewährung des Anspruchs auf Übernahme der gesamten Weiterbildungskosten ab dem 26.04. 2004 bis zum 27.01.2005 wäre die Vorwegnahme der Hauptsache, dessen Klärung aber dem Klageverfahren vorbehalten ist. Insoweit war deshalb der Eilantrag zurückzuweisen.
Da die Antragstellerin aus eigenen Kräften nicht in der Lage ist, die Weiterbildung zu finanzieren (glaubhaft gemacht durch Bescheides des Sozialrathauses N. vom 14. Dezember 2004; (Bl. 12 GA), ist das vorliegende Verfahren auch eilbedürftig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Unanfechtbarkeit der Entscheidung ergibt sich aus § 177 SGG.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin die Kosten des Lehrgangs Industriekauffrau an der H. Schule, F. in Höhe von 7.596,16 Euro, zahlbar in 21 Raten à 361,72 Euro zu zahlen.
Die Antragstellerin ist arbeitslos und bei der Agentur für Arbeit (J.), F. arbeitslos gemeldet. Sie bezog bis zum 31. Dezember 2004 Sozialhilfe und bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II (Bl. 12 Gerichtsakte (GA) in Höhe von 604,73 Euro monatlich.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 beantragte sie bei der Agentur für Arbeit in F. die Förderung der Teilnahme an der Maßnahme "Umschulung Industriekaufmann/Frau", die ab dem 1. September 2003 an der H-Schule in F. stattfand. Zuvor hatte sie an einem durch die H-Schule durchgeführten Bewerberauswahltest mit sehr gutem Erfolg teilgenommen. Die Umschulung war auf 22 Monate festgelegt, die kalkulierten Seminargebühren betrugen nach Auskunft des Trägers vom 18. Juli 2003 8.053,92 Euro, zahlbar in 22 Monaten à 366,09 Euro.
Mit Ablehnungsbescheid vom 7. August 2003 lehnte die Antragsgegnerin die Förderung der Teilnahme mit der Begründung ab, die Leistungsgewährung sei nur möglich, wenn das Arbeitsamt der Teilnahme der Maßnahme zustimme (§ 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Die Zustimmung des Arbeitsamtes setzt voraus, dass der Arbeitnehmer geeignet sei und im Anschluss an die Maßnahme voraussichtlich innerhalb angemessener Zeit eine dem Maßnahmeziel entsprechende Beschäftigung finden könne (§ 1 Abs. 1 A.F.b.W.). Darüber hinaus habe die Zustimmung bei den zur Auswahl stehenden Maßnahmen für diejenige Maßnahme zu erfolgen, die inhaltlich erfolgsversprechender, kostengünstiger und im Hinblick auf Beginn und Dauer wirtschaftlicher sei (§ 1 Abs. 1 A.F.b.W.).
Eine Zustimmung könne im Falle der Antragstellerin nicht erteilt werden, weil die Eignungsvoraussetzungen für die angestrebte kaufmännische Umschulung durch das Nichterscheinen der Antragstellerin zu dem obligatorischen Arbeitsberatungsgespräch am 14. Februar 2003 nicht hätten geprüft werden können.
Ein am 30. Juli 2003 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main gestellter Eilantrag der Antragstellerin, mit dem sie Kostenübernahme der Teilnahme an dem genannten Ausbildungsgang begehrte (Az.: S 15 AL 2750/03 ER), wurde durch das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 11. August 2003 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch das Hessische Landessozialgericht mit Beschluss vom 19. März 2003 (Az.: L 10 AL 879/03 ER) zurückgewiesen.
Seit dem 26. April 2004 nimmt die Antragstellerin an der Umschulungsmaßnahme "Industriekaufmann/-frau IK 4105" an der "Privaten Berufsakademie H. GmbH" teil. Die Maßnahme dauert bis zum 27. Januar 2006. Die Kosten für die Maßnahme betragen insgesamt 7.596,16 Euro. Nach dem am 26. April 2004 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag ist der Betrag in 21 Raten à 358,84 Euro zahlbar.
Am 16. Dezember 2004 beantragte die Antragstellerin erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der sie die Übernahme der Lehrgangskosten durch die Antragsgegnerin begehrt.
Sie trug vor, dass sie mit Schreiben vom 25. Februar 2004 (Bl. 32 GA) die Förderung des am 26. April 2004 beginnenden Lehrgangs beantragt habe. Am 8. März 2004 sei das Beratungsgespräch nachgeholt worden. Am 19. August 2004 habe die psychologische Begutachtung (Bl. 69 GA) stattgefunden. Die verspätete psychologische Begutachtung habe der Arbeitsberater der Bundesagentur zu vertreten. Die bisher angefallenen Kosten für die Umschulungsmaßnahme habe sie durch die Aufnahme eines Privat-Darlehens ihrer Mutter vorfinanziert. Nach Absage ihrerseits des bereits anberaumten "Abschlussgespräches" vom 17. September 2004, bei dem auch das Ergebnis des psychologischen Gutachtens besprochen werden sollte, habe der Arbeitsberater in einem Ferngespräch die Vergabe eines neuen Termins – auf Nachfrage der Antragstellerin im Oktober – mit der Begründung abgelehnt, dies sei nicht mehr nötig, da die Mittelvergabe für das laufende Jahr bereits abgeschlossen sei.
Die Antragsgegnerin führte im erstinstanzlichen Verfahren aus, dass das "Eignungsgespräch" (Bl. 16 GA) am 17. September 2004 von der Antragstellerin nicht wahrgenommen worden sei. Eine Antragstellung auf die begehrten Leistungen könne die Antragsgegnerin ebenfalls nicht feststellen, so dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 77 SGB III nicht vorlägen.
Aus einem Vermerk der Antragsgegnerin (Bl. 23 GA) geht hervor, dass die Antragstellerin einen Termin zur psychologischen Begutachtung am 12. Juli 2004 wegen Krankheit abgesagt hat. Weiter ist die Antraggegnerin laut Vermerk der Auffassung, dass die Antragstellerin den Termin zur Besprechung der PSU am 17. September 2004 unentschuldigt nicht wahrgenommen habe.
Durch Beschluss vom 19. Januar 2005 (Az.: S 15 AL 3075/04 ER) hat das Sozialgericht Frankfurt am Main den Eilantrag zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der summarischen Überprüfung eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache nicht gegeben sei. Nach § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III müsse vor der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgen und diese der Teilnahme zustimmen. Dies sei objektiv nicht erfolgt. Dabei könne dahinstehen, ob die Antragsgegnerin es pflichtwidrig unterlassen habe, auf Bitten der Antragstellerin einen Beratungstermin vor der Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme zu vereinbaren, jedenfalls lägen die objektiven Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung nicht vor. Auf die übrigen Ausführungen wird Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 21. Februar 2005 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Das Sozialgericht habe bei seiner Entscheidung offenbar einen falschen Tatbestand zugrunde gelegt. Ein Beratungsgespräch im Sinne des § 77 SGB III habe am 8. März 2004 stattgefunden. Die psychologische Begutachtung sei am 19. August 2004 erfolgt. Die verspätete Untersuchung habe der zuständige Sachbearbeiter, Herr K., zu verantworten, da er erst eine Woche nach dem stattgefundenen Beratungsgespräch am 8. März 2004 die psychologische Begutachtung veranlasst habe. Soweit das Gericht die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Teilnahme an der Maßnahme für erforderlich halten solle, habe die Nichtzustimmung ebenfalls der zuständige Arbeitsberater zu vertreten. Dieser habe sich nach Absage des Gespräches am 17. September 2004 durch die Antragsstellerin nicht mehr zu einem weiteren Gespräch bereitgefunden. Im Übrigen sei die Antragstellerin der Auffassung, dass die Zustimmung der Antragsgegnerin konkludent erfolgt sei, da die Antragsgegnerin im Beratungsgespräch vom 8. März 2004 weder Einwände gegen die beabsichtigte Umschulungsmaßnahme erhoben, noch eine alternative Maßnahme vorgeschlagen habe.
Die Eilbedürftigkeit ergebe sich auch daraus, dass die Antragstellerin seit Januar 2005 nicht mehr in der Lage sei, monatliche Raten des Lehrgangs zu zahlen, da die Mittel über das Privat-Darlehen der Mutter vollständig aufgebraucht worden seien (Anlage 2, Bl. 67 GA).
Die Antragstellerin beantragt,
vorstehenden Beschluss aufzuheben und die Beschwerdegegnerin in Übereinstimmung mit den Anträgen im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 15. Dezember 2004 zu verurteilen,
hilfsweise
beantragt sie, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Kosten des Lehrgangs in Höhe von Euro 361,72 monatlich sowie die Fahrtkosten von Euro 63,80 monatlich darlehenshalber in entsprechender Anwendung des § 421 Abs. 1 SGB III zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt im Wesentlichen vor, dass sie die falsche Gegnerin sei, da die Träger der Leistungen nach dem SGB II (§ 6 Abs. 1 SGB II) nach § 44 b SGB II zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II Arbeitsgemeinschaften gebildet hätten. Die jeweilige Arbeitsgemeinschaft nehme die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahr (§ 44 b Abs. 3 SGB II).
Im konkreten Fall sei festzuhalten, dass im Bezirk der Agentur für Arbeit Frankfurt, die aufgrund des Wohnortes der Antragstellerin zuständig sei, die Arbeitsgemeinschaft "J." in F. errichtet worden sei. Die Arbeitsgemeinschaft nehme seit dem 1. Januar 2005 die Aufgaben der Agentur für Arbeit nach dem SGB II wahr und sei damit gemäß § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 79 ff. SGB III auch für die Gewährung von Weiterbildungskosten zuständig. Mit Beschluss vom 18. April 2005 wurde das J., F., beigeladen.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 SGG zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht den geltend gemachten Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der Lehrgangskosten für die Umschulung zur Industriekauffrau an der H., Schule, F. nebst der monatlich anfallenden Fahrtkosten soweit er sich auf den Anspruchsbeginn ab 01. Januar 2005 bezieht, zurückgewiesen. Soweit die Antragstellerin die Übernahme der gesamten Lehrgangskosten ab dem 26.04.2004 geltend macht, hat der Eilantrag keinen Erfolg.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) glaubhaft gemacht werden. Dabei darf die einstweilige Anordnung wegen des summarischen Charakters dieses Verfahrens grundsätzlich nicht die endgültige Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, weil sonst die Erfordernisse, die bei einem Hauptsacheverfahren zu beachten sind, umgangen würden (vgl. Bundesverfassungsgerichtsentscheid 79, 69, 74 m.w.N.).
Es kann im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes aber ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre. Dies kommt insbesondere hinsichtlich eines Anspruchs auf Förderung und beruflicher Bildungsmaßnahme in Betracht. Das Gericht hat die in der Rechtsprechung allgemein zu § 123 VwGO konkretisierten Grundsätze zu berücksichtigen. Danach kann die einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Das Gericht hat dabei im Rahmen einer zu treffenden Ermessensentscheidung alle betroffenen öffentlichen und privaten Interessen der Beteiligten, die für und gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, gegeneinander abzuwägen und dabei auch die Erfolgsaussichten in einem zu erwartenden Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des Senats, Beschluss vom 19. November 2003, Az.: L 10 AL 879/03 ER).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der gesetzlichen Anspruchsgrundlagen der §§ 16 SGB II und 77 ff. SGB III steht der Antragstellerin nach der allein gebotenen summarischen Prüfung im vorliegenden Verfahren ein Anordnungsanspruch zur Seite.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Februar 2004 (Bl. 32 GA) einen Antrag auf die Förderung des Lehrgangs zur Umschulung "Industierkauffrau" beginnend im April 2004 und endend am 27. Januar 2006 bei der H-Schule, F., gestellt. Entsprechend dem Sendebericht vom 26. Februar 2004 ist dieser Antrag um 08:11 Uhr an die Faxnummer des zuständigen Beraters der Bundesagentur für Arbeit, Herrn K., unter der Faxnummer 00000 übersandt worden. Damit hat die Antragstellerin die Stellung des vorbezeichneten Antrages glaubhaft gemacht. Allein die Behauptung der Antragsgegnerin, ein Antrag sei nicht gestellt worden, reicht zur Widerlegung der Glaubhaftmachung nicht aus.
Für den Eingang dieses Antrags spricht auch, dass die Antragstellerin nach Stellung des Antrags laut Vermerk des Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit (Bl. 22 GA) am 8. März zu einem Beratungsgespräch eingeladen worden ist, da sie – laut Vermerk – die Ausbildung der Industriekauffrau anstrebte. Dem gleichen Vermerk ist zu entnehmen, dass der zuständige Mitarbeiter zur Eignungsfeststellung für diese Weiterbildungsmaßnahme – laut Vermerk – den Psychologischen Dienst eingeschaltet hat (Bl. 23 GA). Das dann durchgeführte psychologische Gutachten am 19. August 2004 hatte als Zielvorgabe festzustellen, ob eine Eignung für eine Umschulung zur Industriekauffrau besteht (Bl. 69 GA).
Da der gestellte Antrag auf Übernahme der Weiterbildungskosten gem. § 77 SGB III (seit 1.1.2005 i.V.m. § 16 Abs. 1 SGB II) bis heute nicht beschieden worden ist und die Rechtsgrundlage eine Ermessensnorm ist, hat die Antragstellerin einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung ihres Antrages. Darüber hinaus hat sie aber auch in diesem besonderen Einzelfall einen vorläufigen Übernahmeanspruch der Lehrgangskosten nebst Fahrtkosten (§ 81 SGB III) ab dem 01.01.2005.
Dies ist deshalb der Fall, da allein die im Wege der einstweiligen Anordnung ausgesprochene bloße Verpflichtung zur Bescheidung des gestellten Antrags die Rechte der Antragstellerin nicht effektiv schützt. Deshalb ist auf der Ebene des Anordnungsinhalts (§§ 86 b II 4, 938 ZPO) zu fragen, wie der Anspruch der Antragstellerin auf fehlerfreie Ermessensentscheidung wirksam geschützt werden kann. Hierbei hat der erkennende Senat einerseits den genannten Entscheidungsgrundsatz, nachdem das Gericht sein Ermessen nicht an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen darf, und das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Artikel 19 Abs. 4 GG zu berücksichtigen sowie die Erfolgsaussichten in der Sache zu beachten.
Nach überschlägiger Prüfung des § 77 SGB III spricht eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Antragstellerin die Weiterbildungsmaßnahme - insbesondere auch unter Berücksichtigung des Verhaltens der Arbeitsagentur im Vorfeld - finanziert werden kann.
Gemäß § 77 Abs. 1 Ziff. 1 SGB III kann eine berufliche Weiterbildung gefördert werden, ( ) wenn bei dem Arbeitnehmer wegen fehlendem Berufsabschluss die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist. Gemäß § 77 Abs. 2 Ziff. 2 SGB III wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlendem Berufsabschluss anerkannt, wenn sie nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren festgelegt ist. Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, können nur gefördert werden, wenn eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Nach summarischer Prüfung ist dies vorliegend der Fall. Die Antragstellerin verfügt über einen Realschulabschluss, sie verfügt nicht über einen Berufsabschluss und sie ist ebenfalls noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen. Ihr Lebensalter von zwischenzeitlich 30 Jahren könnte durchaus als ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund im Sinne der zitierten Vorschrift angesehen werden, der ihr eine berufliche Ausbildung nicht möglich macht bzw. ihr nicht zumutbar ist. Gemäß § 77 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III hat vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit zu erfolgen. Laut Bearbeitervermerk des zuständigen Beraters bei der Bundesagentur für Arbeit hat am 8. März 2004 eine Beratung der Antragstellerin stattgefunden. Da sich aus dem Vermerk lediglich entnehmen lässt, dass dies eine Beratung unter dem Gesichtspunkt Ausbildung zur Industriekauffrau gewesen ist, weitere Unterlagen nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass dies auch ein Beratungsgespräch im Sinne der vorzitierten Vorschrift gewesen ist. Die Berufsakademie von H-Schule, F., ist auch ein anerkannter Träger im Sinne des § 77 Abs. 1 Ziff. 3 SGB III.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Weiterbildungsmaßnahme seit der gesetzlichen Änderung, Rechtskraft 1. Januar 2003, gemäß § 77 SGB III nicht mehr erforderlich.
Die vorzunehmende Prognose über die zukünftigen Vermittlungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt im Sinne des § 77 Abs. 1 SGB III kann der Senat im vorliegenden Eilverfahren mangels Bescheidung und Vortrag durch die Antragsgegnerin und des Beigeladenen nur eingeschränkt überprüfen. Insoweit wertet der Senat die durchgeführte Beratung am 8. März 2004, die zum Gegenstand die Ausbildung zur Industriekauffrau hatte, und das veranlasste psychologische Gutachten vom 19. August 2004 mit dem Ziel, die Eignung der Antragstellerin zur Industriekauffrau festzustellen und mit der tatsächlich erfolgten Eignungsfeststellung in diesem psychologischen Gutachten so, dass offenbar eine Vermittlungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt aus der Sicht des Arbeitsamtes gegeben sein musste, da ansonsten eine derart spezifisch ausgerichtete psychologische Begutachtung zum Berufsziel Industriekauffrau weder wirtschaftlich noch sparsam gewesen wäre.
In der Gesamtbetrachtung ist festzustellen: Würde der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren lediglich ein Anspruch auf Bescheidung ihres Antrags vom 25. Februar 2004 zuerkannt, müsste sie aufgrund der glaubhaft gemachten mangelnden Finanzierungsgrundlage ihrerseits die Maßnahme nach nunmehr 13 Monaten erfolgreicher Absolvierung abbrechen; würde sie im anschließenden Klageverfahren in der Hauptsache obsiegen, könnte sie die Bildungsmaßnahme nicht mehr erfolgreich zum Abschluß bringen, da sie vorher ausgeschieden wäre. Damit liegt auf Hand, dass in der Gesamtabwägung das Interesse der Antragstellerin an einem effektiven Rechtsschutz überwiegt. Der Senat hat sich dabei für die darlehnsweise Gewährung im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Regelung entschieden. Da die Kostenträgerschaft seit dem 01.01.1005 auf die Beigeladene durch gesetzliche Änderung (§§ 6 Abs.1, 44b SGB II; §§ 16 Abs.2 SGB II i.V.m. § 79 ff. SGB III) übergegangen ist, die Dezemberrate 2004 bereits vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens bezahlt worden ist, ist die Beigeladene der zutreffende Kostenschuldner.
Die Gewährung des Anspruchs auf Übernahme der gesamten Weiterbildungskosten ab dem 26.04. 2004 bis zum 27.01.2005 wäre die Vorwegnahme der Hauptsache, dessen Klärung aber dem Klageverfahren vorbehalten ist. Insoweit war deshalb der Eilantrag zurückzuweisen.
Da die Antragstellerin aus eigenen Kräften nicht in der Lage ist, die Weiterbildung zu finanzieren (glaubhaft gemacht durch Bescheides des Sozialrathauses N. vom 14. Dezember 2004; (Bl. 12 GA), ist das vorliegende Verfahren auch eilbedürftig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Unanfechtbarkeit der Entscheidung ergibt sich aus § 177 SGG.
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