Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5 AS 1075/12 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 624/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 06. September 2012 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern zu 2. bis 4. die ihnen entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Den Antragstellern zu 2. bis 4. wird Prozesskostenhilfe ab September 2012 unter Beiordnung von Rechtsanwältin B., B Straße, A-Stadt gewährt.
Gründe:
Die vom Antragsgegner am 17. September 2009 gegen den ihm am 11. September 2009 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 06. September 2009 eingelegte Beschwerde mit dem Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 06. September 2012 aufzuheben und den Antrag abzulehnen,
ist gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat in dem angegriffenen Beschluss zu Recht den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern zu 2. bis 4. weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 30. Juli 2012 bis 30.11.2012 zu gewähren.
Ist einstweiliger Rechtsschutz weder durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt noch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes (§ 86b Abs. 1 SGG) zu gewährleisten, kann nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung - vorläufige Sicherung eines bestehenden Zustandes -). Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung - vorläufige Regelung zur Nachteilsabwehr -). Bildet ein Leistungsbegehren des Antragstellers den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, ist dieser grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu gewähren. Danach muss die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache - möglicherweise - zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (Conradis in LPK–SGB II, 2. Aufl., Anhang Verfahren Rn. 117). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Senat, 29. Juni 2005 - L 7 AS 1/05 ER - info also 2005, 169; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Aufl., § 86b Rn. 27 und 29, 29a mwN.): Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60 (80)). Denn im Rahmen der gebotenen Folgeabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (Senat, 27. Juli 2005 - L 7 AS 18/05 ER).
Ein Anordnungsanspruch ist für die Antragsteller zu 2. bis 4. gegeben.
Zutreffend stellt das Sozialgericht Frankfurt im angegriffenen Beschluss fest, dass Einkommen nach § 11 SGB II nur dann zu berücksichtigen ist, wenn es tatsächlich als bereites Mittel zur Verfügung steht (BSG, Urteil vom 30. Juli 2008, Az.: B 14 AS 26/07 R, SozR 4-4200, § 11 Nr. 17; BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, Az.: B 4 KG 1/10 R – juris). Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität von Fürsorgeleistungen, die nur eingreifen sollen, wenn anderweitige Leistungen nicht zur Verfügung stehen. Die Anrechnung fiktiven Einkommens ist rechtswidrig. Folglich ist eine fiktive Anrechung von Unterhaltsvorschussleistungen nicht möglich und zwar auch dann nicht, wenn die Antragsteller zu 2. bis 4. die Ablehnung durch ihr Verhalten verursacht haben sollten und bei anderer Mitwirkung Leistungen hätten erhalten können. Eine solche fiktive Anrechnung läuft nämlich dem Bedarfsdeckungsgrundsatz zuwider. Sie verstößt auch gegen die Systematik des SGB II, welches im Fall der schuldhaften Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit Ersatzansprüche (§ 34 SGB II) vorsieht und die Möglichkeit einer Sanktion (§ 31 SGB II) enthält. Demgegenüber ist eine Ablehnung oder Kürzung der Leistungen gerade nicht vorgesehen. Dies gilt für den Fall einer vom Hilfeempfänger selbst herbeigeführten Bedarfslage und damit erst recht, wenn die Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit nicht durch die Antragsteller verursacht wurde. In der vorliegenden Konstellation kann über das Vorliegen eines Verschuldens kein abschließendes Urteil getroffen werden, was jedoch auch unerheblich ist, da eine fiktive Anrechnung tatsächlich abgelehnter Leistungen selbst bei schuldhaftem Verhalten ausscheidet. Ebenso sind auch Ansprüche auf Leistungen in der Regel nicht nach § 11 SGB II anzurechnen, denn aufgrund des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfolgt in diesen Fällen ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Leistungsträger, so dass es allein in dessen Hand liegt, die Forderung zu realisieren.
Auch sind die Antragsteller zu 2. bis 4 nicht - wie vom Antragsgegner nunmehr im Beschwerdeverfahren geltend gemacht - aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von einer weitergehenden Leistungsgewährung ausgeschlossen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind von den Leistungen nach dem SGB II Ausländer ausgeschlossen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen. Der Antragstellerin zu 1. steht in jedem Fall das Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu, nämlich des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche. Zudem übt oder übte sie eine selbständige Tätigkeit aus, so dass sich auch hieraus gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU das Freizügigkeitsrecht ergeben könnte. Sie hat kein Daueraufenthaltsrecht erworben. Selbst wenn sie sich – so wie vom Antragsgegner behauptet – allein auf das Freizügigkeitsrecht zur Arbeitssuche berufen könnte, so ist jedoch nicht von den Leistungen ausgeschlossen, denn der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II kann bei europarechtskonformer Auslegung nach Auffassung des Senats nicht zur Anwendung kommen (siehe hierzu schon Beschluss des erkennenden Senats vom 14. Juli 2011, Az.: L 7 AS 107/11 B ER - juris -). Er widerspricht nämlich dem europarechtlich eng ausgestalteten Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 i.V.m. 70 VO (EG) 883/2004 - VO - (siehe hierzu Schreiber, NZS 2012, 647 ff und in: ders./Wunder/Dern, VO (EG) Nr. 883/2004, Kommentar, 2012, Art. 70 Rn. 26 mit jeweils weiteren Nachweisen). Dieses schließt eine Ungleichbehandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, wie dies bei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II der Fall ist, aus. Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 VO untersagt jegliche auf die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der EU gestützte Diskriminierung einer in den Geltungsbereich der VO fallenden Person in der sozialen Sicherheit als Ausfluss des primärrechtlich in Art. 21 AEUV verankerten Diskriminierungsverbotes unter EU-Bürgern (Eichenhofer in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl., Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 Rn. 1). Es gebietet, die sozialrechtlich geschuldete Leistung einem Angehörigen eines anderen Mitgliedsstaates unter denselben Voraussetzungen zu gewähren wie dem Staatsangehörigen des zuständigen Staates (Eichenhofer, a.a.O., Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 Rn. 4 mwN). Einbezogen in das Gleichbehandlungsgebot sind nach Art. 3 Abs. 3 VO i.V.m. Anlage X Buchst. b zu Art. 70 VO ausdrücklich die deutschen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eine Beschränkung des Gleichbehandlungsgebotes ist nur insoweit vorgesehen, als die Art. 70 VO unterliegenden besonderen beitragsunabhängigen Leistungen nicht in einen anderen Mitgliedsstaat exportiert werden dürfen (Art. 70 Abs. 4 VO). Der teilweise Geltungsausschluss nach Art. 70 Abs. 3 VO umfasst nicht das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 VO. Eine Ungleichbehandlung wird auch nicht durch Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG ermöglicht, denn diese gestattet nur, Sozialhilfeleistungen auszuschließen. Es handelt sich jedoch bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II wegen ihrer Ausrichtung auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht um Leistungen der Sozialhilfe (siehe auch LSG Baden Württemberg, Beschluss vom 25. August 2010, Az.: L 7 AS 3769/10 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2010, Az.: L 34 AS 1501/10 B ER - beide juris - ).
Die Antragstellerin zu 1. unterliegt dem persönlichen Geltungsbereich der VO nach Art. 2 Abs. 1 VO. Das gilt selbst bei einer engen Auslegung, nach der hierfür zu fordern ist, dass die betreffende Person konkret-individuell den Rechtsvorschriften im Sinne des Art. 2 Abs. 1 VO unterliegt oder unterlegen hat. Aus der Legaldefinition in Art. 1 Buchst. l S. 1 VO ersichtlich sind Rechtsvorschriften für jeden Mitgliedsstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 3 Abs. 1 VO genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Umfasst sind danach insbesondere Familienleistungen (Buchst. j), für die in Art. 1 Buchst. z bestimmt ist, dass alle Geld- oder Sachleistungen erfasst sind, die Familienlasten ausgleichen, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besondere Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I. Einbezogen ist damit auch das Kindergeld und das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - [für Erziehungsgeld nach BErzGG: EuGH, 12.9.1996 - C-254/94 - und 10.10.1996 - C-312/94; so auch: Richtlinien BMFSFJ/204 (5.5.2010) Ziff. 2.2]. Umfasst sind nach Buchst. a zudem Leistungen bei Krankheit. Sind damit Leistungen in Form des Kindergeldes eingeschlossen, unterliegt die Antragstellerin zu 1. dem persönlichen Anwendungsbereich der VO, weil sie für ihre 2003, 2005 und 2009 geborenen Kinder jeweils einen Anspruch auf Gewährung von Kindergeld hat und dieses auch bezieht.
Die Antragsteller zu 2. bis 4. können sich hingegen auf ein anderes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU berufen, außer dem zur Arbeitssuche nach Abs. 2 Nr. 1 der Norm, denn ihnen steht das Aufenthaltsrecht als Familienangehörige der Antragstellerin zu 1. nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu. Sie halten sich nicht zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sie würden nur von dem Leistungsausschluss ihrer Mutter nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit erfasst, wenn er für diese gelten würde.
Dahingestellt bleiben kann, ob die Antragsteller im Rahmen des Leistungsausschlusses für Ausländer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II oder bereits für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II iVm § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I) einen rechtmäßigen Aufenthalt begründen müssen. Denn für die Antragsteller ergibt sich das bereits aus ihrer Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU (vgl. BSG, 19.10.2010, Az.: B 14 AS 23/10 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 21). Die Bescheinigung hat nur deklaratorische Wirkung für das sich unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht ergebende Freizügigkeitsrecht, welches nach §§ 2, 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zusteht und solange vermutet wird, bis die Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU den Verlust des Rechtes feststellt (BSG, 19.10.2010, aaO). Dies ist hier nicht der Fall. Der Senat teilt nicht die Auffassung, des es den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit obliegt, die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu überprüfen, denn dies ist Aufgabe der Ausländerbehörden, die den Verlust des Freizügigkeitsrechts feststellen können, wenn dieser eintritt. Es ist nämlich zu beachten, dass für EU-Bürger innerhalb der EU ein titelloses Freizügigkeitsrecht gilt, für deren Rechtmäßigkeit zunächst eine Vermutungswirkung besteht, solange nichts anderes durch die Aufenthaltsbehörden festgestellt wurde. Folglich greift auch nicht der Einwand des Antragsgegners durch, dass es sich bei der Freizügigkeitsbescheinigung nicht um einen Aufenthaltstitel handelt, denn einen solchen benötigen Unionsbürger innerhalb der EU auch gerade nicht.
Die Antragstellerin zu 1. ist auch als erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II anzusehen. § 8 Abs. 2 SGB II bestimmt ausdrücklich, dass im Sinne des Absatzes 1 (des § 8 SGB II) Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein können, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (Satz 1). Die rechtliche Möglichkeit eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ist ausreichend (Satz 2). Hierzu weist die Gesetzesbegründung darauf hin, dass mit der Änderung die bisher gängige Praxis aufgegriffen werden solle und der angefügte Satz 2 für die Rechtsanwender verdeutliche, dass ein nachrangiger Arbeitsmarktzugang ausreichend sei (BT-Drucks 17/3404 S. 152, zu Nr. 12 Buchst. c). Aufgrund ihres gewöhnliches Aufenthalt in Deutschland unterliegt die Antragstellerin zu 1. als rumänische Unionsneubürgerin nicht der Zugangsbeschränkung nach § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 SGB III idF des Änderungsgesetzes vom 7.12.2006 (BGBl I 2814) für Beschäftigungen ohne qualifizierte Berufsausbildung (Bartz in Mutschler u.a., SGB III, 3. Aufl., § 284 Rn. 99; Due in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl, § 284 Rn. 41). Sie unterliegt allein den Beschränkungen nach § 284 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 39 Abs. 2 - 4 AufenthG, die jedenfalls einen nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt begründen (vgl. Bartz, aaO, Due, aaO). Anderes könnte nur gelten, wenn die Bundesagentur für Arbeit unmittelbar zuvor die Erteilung einer konkreten Tätigkeit im Rahmen der Vorrangprüfung abgelehnt hätte; dies ist hier nicht der Fall. Der abstrakte Arbeitsmarktzugang besteht daher. Die Antragsteller zu 2. bis 4. sind nicht erwerbsfähig, sie haben gemäß 7 Abs. 2 S. 1 SGB II als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin zu 1. jeweils einen Anspruch auf Sozialgeld.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich schon aus der Tatsache, dass es sich bei den begehrten Leistungen um existenzsichernde Leistungen handelt und die Antragsteller über kein Vermögen und kein ausreichendes anderweitiges Einkommen verfügen.
Prozesskostenhilfe war nach § 73a SGG in Verbindung mit § 144 Zivilprozessordnung zu gewähren, da die Antragsteller zu 2. bis 4. hilfebedürftig sind und sich gegen die Beschwerde gegen den sie begünstigenden Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main verteidigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits entsprechend § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern zu 2. bis 4. die ihnen entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Den Antragstellern zu 2. bis 4. wird Prozesskostenhilfe ab September 2012 unter Beiordnung von Rechtsanwältin B., B Straße, A-Stadt gewährt.
Gründe:
Die vom Antragsgegner am 17. September 2009 gegen den ihm am 11. September 2009 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 06. September 2009 eingelegte Beschwerde mit dem Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 06. September 2012 aufzuheben und den Antrag abzulehnen,
ist gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat in dem angegriffenen Beschluss zu Recht den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern zu 2. bis 4. weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 30. Juli 2012 bis 30.11.2012 zu gewähren.
Ist einstweiliger Rechtsschutz weder durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt noch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes (§ 86b Abs. 1 SGG) zu gewährleisten, kann nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung - vorläufige Sicherung eines bestehenden Zustandes -). Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung - vorläufige Regelung zur Nachteilsabwehr -). Bildet ein Leistungsbegehren des Antragstellers den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, ist dieser grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu gewähren. Danach muss die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache - möglicherweise - zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (Conradis in LPK–SGB II, 2. Aufl., Anhang Verfahren Rn. 117). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Senat, 29. Juni 2005 - L 7 AS 1/05 ER - info also 2005, 169; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Aufl., § 86b Rn. 27 und 29, 29a mwN.): Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60 (80)). Denn im Rahmen der gebotenen Folgeabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (Senat, 27. Juli 2005 - L 7 AS 18/05 ER).
Ein Anordnungsanspruch ist für die Antragsteller zu 2. bis 4. gegeben.
Zutreffend stellt das Sozialgericht Frankfurt im angegriffenen Beschluss fest, dass Einkommen nach § 11 SGB II nur dann zu berücksichtigen ist, wenn es tatsächlich als bereites Mittel zur Verfügung steht (BSG, Urteil vom 30. Juli 2008, Az.: B 14 AS 26/07 R, SozR 4-4200, § 11 Nr. 17; BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, Az.: B 4 KG 1/10 R – juris). Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität von Fürsorgeleistungen, die nur eingreifen sollen, wenn anderweitige Leistungen nicht zur Verfügung stehen. Die Anrechnung fiktiven Einkommens ist rechtswidrig. Folglich ist eine fiktive Anrechung von Unterhaltsvorschussleistungen nicht möglich und zwar auch dann nicht, wenn die Antragsteller zu 2. bis 4. die Ablehnung durch ihr Verhalten verursacht haben sollten und bei anderer Mitwirkung Leistungen hätten erhalten können. Eine solche fiktive Anrechnung läuft nämlich dem Bedarfsdeckungsgrundsatz zuwider. Sie verstößt auch gegen die Systematik des SGB II, welches im Fall der schuldhaften Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit Ersatzansprüche (§ 34 SGB II) vorsieht und die Möglichkeit einer Sanktion (§ 31 SGB II) enthält. Demgegenüber ist eine Ablehnung oder Kürzung der Leistungen gerade nicht vorgesehen. Dies gilt für den Fall einer vom Hilfeempfänger selbst herbeigeführten Bedarfslage und damit erst recht, wenn die Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit nicht durch die Antragsteller verursacht wurde. In der vorliegenden Konstellation kann über das Vorliegen eines Verschuldens kein abschließendes Urteil getroffen werden, was jedoch auch unerheblich ist, da eine fiktive Anrechnung tatsächlich abgelehnter Leistungen selbst bei schuldhaftem Verhalten ausscheidet. Ebenso sind auch Ansprüche auf Leistungen in der Regel nicht nach § 11 SGB II anzurechnen, denn aufgrund des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfolgt in diesen Fällen ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Leistungsträger, so dass es allein in dessen Hand liegt, die Forderung zu realisieren.
Auch sind die Antragsteller zu 2. bis 4 nicht - wie vom Antragsgegner nunmehr im Beschwerdeverfahren geltend gemacht - aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von einer weitergehenden Leistungsgewährung ausgeschlossen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind von den Leistungen nach dem SGB II Ausländer ausgeschlossen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen. Der Antragstellerin zu 1. steht in jedem Fall das Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu, nämlich des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche. Zudem übt oder übte sie eine selbständige Tätigkeit aus, so dass sich auch hieraus gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU das Freizügigkeitsrecht ergeben könnte. Sie hat kein Daueraufenthaltsrecht erworben. Selbst wenn sie sich – so wie vom Antragsgegner behauptet – allein auf das Freizügigkeitsrecht zur Arbeitssuche berufen könnte, so ist jedoch nicht von den Leistungen ausgeschlossen, denn der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II kann bei europarechtskonformer Auslegung nach Auffassung des Senats nicht zur Anwendung kommen (siehe hierzu schon Beschluss des erkennenden Senats vom 14. Juli 2011, Az.: L 7 AS 107/11 B ER - juris -). Er widerspricht nämlich dem europarechtlich eng ausgestalteten Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 i.V.m. 70 VO (EG) 883/2004 - VO - (siehe hierzu Schreiber, NZS 2012, 647 ff und in: ders./Wunder/Dern, VO (EG) Nr. 883/2004, Kommentar, 2012, Art. 70 Rn. 26 mit jeweils weiteren Nachweisen). Dieses schließt eine Ungleichbehandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, wie dies bei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II der Fall ist, aus. Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 VO untersagt jegliche auf die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der EU gestützte Diskriminierung einer in den Geltungsbereich der VO fallenden Person in der sozialen Sicherheit als Ausfluss des primärrechtlich in Art. 21 AEUV verankerten Diskriminierungsverbotes unter EU-Bürgern (Eichenhofer in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl., Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 Rn. 1). Es gebietet, die sozialrechtlich geschuldete Leistung einem Angehörigen eines anderen Mitgliedsstaates unter denselben Voraussetzungen zu gewähren wie dem Staatsangehörigen des zuständigen Staates (Eichenhofer, a.a.O., Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 Rn. 4 mwN). Einbezogen in das Gleichbehandlungsgebot sind nach Art. 3 Abs. 3 VO i.V.m. Anlage X Buchst. b zu Art. 70 VO ausdrücklich die deutschen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eine Beschränkung des Gleichbehandlungsgebotes ist nur insoweit vorgesehen, als die Art. 70 VO unterliegenden besonderen beitragsunabhängigen Leistungen nicht in einen anderen Mitgliedsstaat exportiert werden dürfen (Art. 70 Abs. 4 VO). Der teilweise Geltungsausschluss nach Art. 70 Abs. 3 VO umfasst nicht das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 VO. Eine Ungleichbehandlung wird auch nicht durch Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG ermöglicht, denn diese gestattet nur, Sozialhilfeleistungen auszuschließen. Es handelt sich jedoch bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II wegen ihrer Ausrichtung auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht um Leistungen der Sozialhilfe (siehe auch LSG Baden Württemberg, Beschluss vom 25. August 2010, Az.: L 7 AS 3769/10 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2010, Az.: L 34 AS 1501/10 B ER - beide juris - ).
Die Antragstellerin zu 1. unterliegt dem persönlichen Geltungsbereich der VO nach Art. 2 Abs. 1 VO. Das gilt selbst bei einer engen Auslegung, nach der hierfür zu fordern ist, dass die betreffende Person konkret-individuell den Rechtsvorschriften im Sinne des Art. 2 Abs. 1 VO unterliegt oder unterlegen hat. Aus der Legaldefinition in Art. 1 Buchst. l S. 1 VO ersichtlich sind Rechtsvorschriften für jeden Mitgliedsstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 3 Abs. 1 VO genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Umfasst sind danach insbesondere Familienleistungen (Buchst. j), für die in Art. 1 Buchst. z bestimmt ist, dass alle Geld- oder Sachleistungen erfasst sind, die Familienlasten ausgleichen, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besondere Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I. Einbezogen ist damit auch das Kindergeld und das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - [für Erziehungsgeld nach BErzGG: EuGH, 12.9.1996 - C-254/94 - und 10.10.1996 - C-312/94; so auch: Richtlinien BMFSFJ/204 (5.5.2010) Ziff. 2.2]. Umfasst sind nach Buchst. a zudem Leistungen bei Krankheit. Sind damit Leistungen in Form des Kindergeldes eingeschlossen, unterliegt die Antragstellerin zu 1. dem persönlichen Anwendungsbereich der VO, weil sie für ihre 2003, 2005 und 2009 geborenen Kinder jeweils einen Anspruch auf Gewährung von Kindergeld hat und dieses auch bezieht.
Die Antragsteller zu 2. bis 4. können sich hingegen auf ein anderes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU berufen, außer dem zur Arbeitssuche nach Abs. 2 Nr. 1 der Norm, denn ihnen steht das Aufenthaltsrecht als Familienangehörige der Antragstellerin zu 1. nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu. Sie halten sich nicht zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sie würden nur von dem Leistungsausschluss ihrer Mutter nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit erfasst, wenn er für diese gelten würde.
Dahingestellt bleiben kann, ob die Antragsteller im Rahmen des Leistungsausschlusses für Ausländer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II oder bereits für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II iVm § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I) einen rechtmäßigen Aufenthalt begründen müssen. Denn für die Antragsteller ergibt sich das bereits aus ihrer Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU (vgl. BSG, 19.10.2010, Az.: B 14 AS 23/10 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 21). Die Bescheinigung hat nur deklaratorische Wirkung für das sich unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht ergebende Freizügigkeitsrecht, welches nach §§ 2, 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zusteht und solange vermutet wird, bis die Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU den Verlust des Rechtes feststellt (BSG, 19.10.2010, aaO). Dies ist hier nicht der Fall. Der Senat teilt nicht die Auffassung, des es den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit obliegt, die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu überprüfen, denn dies ist Aufgabe der Ausländerbehörden, die den Verlust des Freizügigkeitsrechts feststellen können, wenn dieser eintritt. Es ist nämlich zu beachten, dass für EU-Bürger innerhalb der EU ein titelloses Freizügigkeitsrecht gilt, für deren Rechtmäßigkeit zunächst eine Vermutungswirkung besteht, solange nichts anderes durch die Aufenthaltsbehörden festgestellt wurde. Folglich greift auch nicht der Einwand des Antragsgegners durch, dass es sich bei der Freizügigkeitsbescheinigung nicht um einen Aufenthaltstitel handelt, denn einen solchen benötigen Unionsbürger innerhalb der EU auch gerade nicht.
Die Antragstellerin zu 1. ist auch als erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II anzusehen. § 8 Abs. 2 SGB II bestimmt ausdrücklich, dass im Sinne des Absatzes 1 (des § 8 SGB II) Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein können, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (Satz 1). Die rechtliche Möglichkeit eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ist ausreichend (Satz 2). Hierzu weist die Gesetzesbegründung darauf hin, dass mit der Änderung die bisher gängige Praxis aufgegriffen werden solle und der angefügte Satz 2 für die Rechtsanwender verdeutliche, dass ein nachrangiger Arbeitsmarktzugang ausreichend sei (BT-Drucks 17/3404 S. 152, zu Nr. 12 Buchst. c). Aufgrund ihres gewöhnliches Aufenthalt in Deutschland unterliegt die Antragstellerin zu 1. als rumänische Unionsneubürgerin nicht der Zugangsbeschränkung nach § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 SGB III idF des Änderungsgesetzes vom 7.12.2006 (BGBl I 2814) für Beschäftigungen ohne qualifizierte Berufsausbildung (Bartz in Mutschler u.a., SGB III, 3. Aufl., § 284 Rn. 99; Due in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl, § 284 Rn. 41). Sie unterliegt allein den Beschränkungen nach § 284 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 39 Abs. 2 - 4 AufenthG, die jedenfalls einen nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt begründen (vgl. Bartz, aaO, Due, aaO). Anderes könnte nur gelten, wenn die Bundesagentur für Arbeit unmittelbar zuvor die Erteilung einer konkreten Tätigkeit im Rahmen der Vorrangprüfung abgelehnt hätte; dies ist hier nicht der Fall. Der abstrakte Arbeitsmarktzugang besteht daher. Die Antragsteller zu 2. bis 4. sind nicht erwerbsfähig, sie haben gemäß 7 Abs. 2 S. 1 SGB II als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin zu 1. jeweils einen Anspruch auf Sozialgeld.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich schon aus der Tatsache, dass es sich bei den begehrten Leistungen um existenzsichernde Leistungen handelt und die Antragsteller über kein Vermögen und kein ausreichendes anderweitiges Einkommen verfügen.
Prozesskostenhilfe war nach § 73a SGG in Verbindung mit § 144 Zivilprozessordnung zu gewähren, da die Antragsteller zu 2. bis 4. hilfebedürftig sind und sich gegen die Beschwerde gegen den sie begünstigenden Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main verteidigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits entsprechend § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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