Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 23 U 108/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 108/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherungsschutz besteht auf dem Hinweg zur Arbeit mit dem Durchschreiten der Haustür und erstreckt sich ab dann auch auf Gefahrenmomente, die vom privaten Grundstück ausgehen.
Tritt der Versicherte die Fahrt zur Arbeit auf dem eigenen Grundstück an, indem er das zuvor geöffnete Hoftor durchfährt, so spricht eine natürliche Betrachtungsweise dafür, von dem Fortbestehen der auf das Erreichen der Arbeitsstätte gerichteten Handlungstendenz auch beim Verschließen des Hoftores (einschließlich des Hin- und Rückwegs zum Pkw) auszugehen.
Sieht man in der Verrichtung im Zusammenhang mit dem Verschließen des Hoftors eine Unterbrechung des Hinwegs zur Arbeit, so handelt es sich jedenfalls nur um eine geringfügige, die im Hinblick auf den Versicherungsschutz nicht schädlich ist.
Tritt der Versicherte die Fahrt zur Arbeit auf dem eigenen Grundstück an, indem er das zuvor geöffnete Hoftor durchfährt, so spricht eine natürliche Betrachtungsweise dafür, von dem Fortbestehen der auf das Erreichen der Arbeitsstätte gerichteten Handlungstendenz auch beim Verschließen des Hoftores (einschließlich des Hin- und Rückwegs zum Pkw) auszugehen.
Sieht man in der Verrichtung im Zusammenhang mit dem Verschließen des Hoftors eine Unterbrechung des Hinwegs zur Arbeit, so handelt es sich jedenfalls nur um eine geringfügige, die im Hinblick auf den Versicherungsschutz nicht schädlich ist.
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Unfalles vom 28. Januar 2013 als Wege- bzw. Arbeitsunfall. Er hatte zuvor einen weiteren Arbeitsunfall erlitten mit der Folge einer Amputation der linken Hand, die wieder angenäht wurde, weswegen er eine Unfallrente nach einer MdE von 20 v.H. von der Bau-Berufsgenossenschaft bezieht.
Der 1952 geborene Kläger war als Schulhausmeister bei der Stadt A. an der D-Schule und an der E-Schule in A-Stadt angestellt. Am 28. Januar 2013 wollte er gegen 06:30 Uhr mit der Arbeit beginnen. Sein Wohnhaus verließ er – wie üblich – gegen 06:15 Uhr durch die Haustür. Sein Auto war auf dem mit einem Hoftor abgegrenzten Innenhof geparkt. Er ging durch die Haustür zum Hoftor, öffnete es, fuhr sein Auto nach rechts aus dem Hof heraus und stellte es längs zur Fahrbahn unmittelbar vor dem Hoftor ab. Er stieg aus, um das Hoftor zu schließen. Als er um das Auto herumlief und sich auf der Höhe des Hecks befand, rutschte er auf vereister Fahrbahn (Asphalt) aus und fiel auf die rechte Schulter, wie die Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 20. März 2013 und die Angaben des Klägers der Beklagten gegenüber vom 21. März und 29. Juni 2013 ergeben haben. Der Kläger erlitt bei dem Sturz eine schwere mehrfragmentäre Schulterverletzung (sog. knöcherne Bankart-Läsion) und musste deswegen längerfristig ärztlich behandelt werden. Die Beklagte zahlte ausweislich ihrer Aufstellung vom 22. Januar 2014 36.899,66 EUR für die ambulante und stationäre medizinische Behandlung sowie Verletztengeld bis 27. September 2013.
Die Beklagte veranlasste das erste Rentengutachten des Prof. F., Chirurgische Universitätsklinik Frankfurt am Main, vom 6. Januar 2014 zur Feststellung der Unfallfolgen, der beim Kläger eine massive Omarthrose mit deutlicher Einschränkung von Beweglichkeit/Belastbarkeit der rechten Schulter als Unfallfolge feststellte, wodurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. bestehe. Das von Prof. F. für erforderlich gehaltene neurologische Zusatzgutachten ließ die Beklagte nicht mehr erstellen, da sie parallel zur Begutachtung in die Prüfung eingetreten war, ob der Unfall als Arbeitsunfall Anerkennung finden könne. Die deswegen ergangene Anfrage der Beklagten vom 11. Dezember 2013 zu den näheren Umständen des Unfallgeschehens beantwortete der Kläger am 13. Dezember 2013 und fügte eine Unfallskizze bei. Auf die Frage, wie lange es gedauert hätte das Hoftor zu schließen (aussteigen – Weg – zurück zum Auto), teilt er mit, er würde sagen ungefähr 2 Minuten. Mit Bescheid vom 5. Februar 2014 lehnte die Beklagte daraufhin Ansprüche des Klägers auf Entschädigungsleistungen anlässlich des Ereignisses vom 28. Januar 2013 ab, da das Ereignis kein Arbeitsunfall gewesen sei. Der Kläger habe den Weg zur Arbeit unterbrochen, um das Hoftor zu schließen. Nach dem Verlassen des Pkw sei er auf dem Weg zurück zum Hoftor gestürzt. Die Unterbrechung habe allein privaten Gründen gedient und sei nicht erforderlich gewesen, um den Weg zur Arbeit zurückzulegen, so dass der innere Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges und der eigentlich versicherten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nicht mehr bestanden habe. Die Unterbrechung könne nicht als geringfügig angesehen werden, denn das Schließen des Hoftores sei weder nur "im Vorbeigehen" noch "ganz nebenher" möglich gewesen. Da der Kläger sich zum Unfallzeitpunkt auf einem nicht versicherten Weg befunden habe, sei Unfallversicherungsschutz zu verneinen.
Der Kläger erhob am 17. Februar 2014 Widerspruch mit der Begründung, das unfallbringende Verhalten müsse der versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Das Öffnen und Schließen des Hoftores stelle eine einheitliche Handlung dar, die in einer zusammenhängenden Verrichtung ausgeführt werde. Das Ausrutschen auf der vereisten Stelle sei unmittelbar am Fahrzeug geschehen. Im Übrigen habe er den Weg zur Arbeit allenfalls geringfügig unterbrochen. Seine Handlungstendenz sei durchgehend darauf gerichtet gewesen, den versicherten Weg zurückzulegen mit dem Ziel den Arbeitsplatz zu erreichen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 zurück. Ein Wegeunfall sei nicht festzustellen. Der Kläger habe sich nicht zur Arbeit sondern entgegengesetzt bewegt, als er gestürzt sei und habe sich daher auf einem grundsätzlich nicht versicherten Abweg befunden. Nach der neueren Rechtsprechung bewirke ein Richtungswechsel in die entgegengesetzte Richtung - vom eigentlichen Ziel weg - eine deutliche Zäsur, da sich die Umkehr sowohl nach ihrer Zielrichtung als auch ihrer Zweckbestimmung vom zunächst zurückgelegten Hinweg zur Arbeit unterscheide. Der Kläger selbst habe, indem er sein Fahrzeug zum Stehen gebracht habe, ausgestiegen sei und zurückgegangen sei, die unmittelbare Wirkursache für den Unfall gesetzt und dabei habe er ausschließlich aus einem privatwirtschaftlichen Beweggrund gehandelt: Er habe sein Hoftor schließen wollen, um so sein Eigentum zu schützen. Diese subjektive Handlungstendenz habe sich unmittelbar in dem objektiv beobachtbaren Verhalten niedergeschlagen. Der subjektive Wunsch des Klägers, das private Eigentum zu schützen, habe eine neue objektive Handlungssequenz in Gang gesetzt, die sich deutlich von dem Ziel zur Arbeit zu fahren abgrenzen lasse. Die Unterbrechung des Weges zur Arbeit sei auch nicht nur geringfügig und damit zu vernachlässigen. Von einer geringfügigen Unterbrechung könne man nur sprechen, wenn die Verrichtung bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges zur Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen sei, was beim Kläger verneint werden müsse.
Der Kläger hat am 11. August 2014 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Sozialgericht) erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, der Unfall sei auf dem Weg zur Arbeitsstätte geschehen und müsse als Wegeunfall Anerkennung finden. Das Öffnen und Schließen des Hoftores stelle eine zusammenhängende Verrichtung dar, die keine Zäsur enthalte und nur erfolgt sei, um mit dem Kfz zur Arbeit zu gelangen. Der Schutz des Eigentums durch Schließen des Hoftores trete demgegenüber zurück. Eine Versagung gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes für ein derartiges Verhalten halte er mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung für unvereinbar.
Die Beklagte hat entgegnet, der Kläger sei nach der neueren Rechtsprechung nicht mehr versichert, auch wenn sich der Unfall noch im öffentlichen Verkehrsraum ereignet habe. Denn der Kläger habe den versicherten Weg zur Arbeit mit dem Rückweg zum Hoftor unterbrochen und sein durch eine neue Handlungstendenz bestimmtes Verhalten könne auch nicht als gemischte Tätigkeit angesehen werden. Die Unterbrechung des Hinweges zur Arbeit sei nicht nur geringfügig.
Das Sozialgericht hat der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2015 stattgegeben, da das Ereignis vom 28. Januar 2013 als Wegeunfall anerkannt werden müsse. Der Kläger habe sich noch auf dem versicherten Weg zur Arbeitsstätte befunden, als er auf der Straße aus dem Auto ausgestiegen sei, um das Hoftor nach dem Ausfahren zu schließen. Er habe den versicherten Weg nur geringfügig unterbrochen, obwohl er sein Auto verlassen habe, ein paar Schritte zurückgelaufen sei und das beabsichtigte Schließen des Hoftores eigenwirtschaftlicher Natur gewesen sei. Das Schließen des Hoftores sei nur als geringfügige Unterbrechung des Hinweges zur Arbeit zu werten, da dies unmittelbar im Bereich der Straße und ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung zu erledigen gewesen wäre, auch wenn der Kläger hierfür einige wenige Schritte habe zurückgehen müssen und den Zeitaufwand inklusive Aus- und Wiedereinsteigen aus dem Fahrzeug auf 2 Minuten geschätzt habe. Dies stelle keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf die Arbeitsstätte dar und müsse zeitlich sowie räumlich noch als Teil des Weges nach dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit angesehen werden.
Die Beklagte hat gegen den ihr am 30. April 2015 zugestellten Gerichtsbescheid am 26. Mai 2015 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt und vorgetragen, das Sozialgericht gehe zu Recht davon aus, dass der Kläger den Weg zur Arbeit unterbrochen habe, als er allein aus privaten Gründen das Hoftor habe schließen wollen. Die geänderte Handlungstendenz habe er durch Verlassen des Fahrzeuges mit privater Zweckrichtung dokumentiert. Diese Unterbrechung sei entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht geringfügig, da das Schließen des Hoftores nicht "im Vorbeigehen" zu erledigen gewesen sei, wie sie im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren bereits dargelegt habe. Das Umdrehen eines Versicherten vor der Außenhaustür, um diese abzuschließen, würde noch unter Versicherungsschutz stehen. Diese Tätigkeit wäre vergleichbar mit dem Besorgen von Zigaretten an einem Automaten am Straßenrand oder einer Hilfeleistung beim Öffnen einer Straßenbahntür, was gleichsam im Vorbeigehen erledigt werden könne. Versicherungsschutz würde aber nicht mehr bestehen, wenn ein Versicherter die Außenhaustür durchschreite, seinen Garten oder Hof überquere und beim Erreichen des Hoftores oder der Straße bemerke, dass er vergessen habe die Außenhaustür abzuschließen. Wenn er dann zur Außenhaustür zurückkehre um diese abzuschließen, würde er dabei ebenso wenig unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen wie der Kläger im konkreten Falle. Sie stütze ihre Entscheidung vor allem auch auf die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Wegeunfallrecht.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat angegeben, er sei lediglich aus dem Auto nochmals ausgestiegen, um das Hoftor wieder zu verschließen, was er zuvor habe öffnen müssen, um mit dem Auto hindurchzufahren. Soweit man angesichts dessen überhaupt von einer Unterbrechung des Hinweges zur Arbeitsstätte ausgehen wolle, sei diese vom Sozialgericht zu Recht als geringfügig und damit versicherungsunschädlich eingestuft worden. Er hat auf Anforderung des Senats 9 Fotos vorgelegt, auf denen er die maßgeblichen Örtlichkeiten abgebildet und die Unfallsituation mit seinem derzeitigen Pkw nachgestellt hat. Zu den zeitlichen Vorgaben, die er am 13. Dezember 2013 der Beklagten gegenüber gemacht hatte, hat der Kläger erklärt, die dort genannten "ungefähr 2 Minuten" beinhalteten die Zeit, die er nach Verlassen des Hauses benötigt habe zum Öffnen des Tores, zum Hinausfahren des Autos und zum Wiederverschließen des Tores. Wenn er allein die Zeit angeben solle, die er benötige, um vom Auto zurück zum Tor zu gehen, dieses zu schließen und erneut ins Auto einzusteigen, so betrage die unter 1 Minute. Er habe nur wenige Schritte um das Auto herumgehen müssen, um das Tor zu schließen und wieder einzusteigen. Den gesamten Vorgang habe er exakt gestoppt und sei dabei auf 20 bzw. 22 Sekunden gekommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG) Berufung der Beklagten ist nicht begründet und war zurückzuweisen, da der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 2015 den Unfall des Klägers vom 28. Januar 2013 zu Recht als Arbeits- bzw. Wegeunfall auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers hin (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Ziffer 1 SGG) festgestellt hat. Denn der vom Kläger nach Abstellen des Pkw vor dem Hoftor angetretene Weg zum Schließen des Hoftores stand im inneren Zusammenhang mit der von § 8 Abs. 2 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) versicherten Verrichtung – dem Zurücklegen des Hinweges zur Arbeit.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu der versicherten Tätigkeit zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Die Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges" kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Falle die eigene Wohnung zu erreichen. Da der Gesetzgeber die Grundentscheidung "Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII getroffen hat, ist von der Rechtsprechung nur zu klären, ob der Versicherte, als er verunglückte, einen solchen versicherten Weg zurücklegte und infolgedessen einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung noch der Fortbewegung auf das ursprüngliche Ziel – die Arbeitsstätte des Versicherten – dient, ist seine Handlungstendenz. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch objektive Umstände bestätigt werden. Dies zeigt sich im äußeren Verhalten des Versicherten, wie es objektiv beobachtbar ist und stellt darauf ab, ob sein äußeres Handeln mit seiner inneren Tendenz zur Arbeit zu gelangen übereinstimmt (BSGE 91, 293; BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 – B 2 U 12/12 R in: Sozialgerichtsbarkeit (SGb) 2014, 392, 394). Die jüngere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – auf die die Beklagte vor allem abhebt – stellt zur Bestimmung der Handlungstendenz auf dem aktuell zurückgelegten unmittelbaren Weg zur Arbeit allein auf die letzte ausgeübte und nach außen erkennbare zum Unfall führende Handlung des Versicherten ab, ohne diese Verrichtung in eine weitergehende Handlungsabsicht einzubetten (Urteil des BSG vom 9. November 2010 B 2 U 14/10 R – Rz 22 – juris; ebenso Spellbrink, Gemischte Tätigkeit und gemischte Motivationslage bei der Feststellung von Arbeitsunfällen, WzS 2011, 351, 352; Schur, Spellbrink, Unfallversicherungsschutz auf dem Weg von und nach der Arbeitsstelle, SGb 2014 589, 591, 592).
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend hat der Senat folgenden vollbeweislich erwiesenen Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde gelegt, der auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist:
Der Kläger hatte am 28. Januar 2013 gegen 06:15 Uhr sein Wohnhaus in der A-Straße, in A-Stadt durch die Haustür verlassen, um mit seinem Pkw zur Arbeit zu fahren. Er war als Schulhausmeister bei der Stadt A. beschäftigt und wollte um 06:30 Uhr seine Arbeit antreten. Er ging zum Hoftor, öffnete es, fuhr seinen auf dem Innenhof geparkten Pkw nach rechts aus dem Hoftor heraus und stellte ihn längs zur Fahrbahn vor dem Hoftor ab. Er stieg aus dem Auto aus, um das Hoftor zu schließen und rutschte auf der eisglatten Fahrbahn aus, als er sich auf Höhe des Autohecks befand. Wie der Kläger im Erörterungstermin vom 11. November 2015 sowie im Senatstermin vom 2. Februar 2016 glaubhaft dargestellt hat, hätte er weniger als eine halbe Minute (gestoppt 20 bzw. 22 Sekunden) benötigt, um aus dem Pkw auszusteigen, das Hoftor zu schließen und wieder einzusteigen, um die Fahrt zur Arbeitsstelle fortzusetzen. Für den gesamten Vorgang vom Verlassen des Hauses durch die Haustür bis zum Wiedereinsteigen in den Pkw nach Schließen des Hoftors hätte der Kläger nach eigener Schätzung etwa 2 Minuten benötigt.
Der erkennende Senat wertet die vom Kläger in den Hinweg zur Arbeit "eingeschobene Verrichtung" – das Verlassen des Pkw und den Weg zum Hoftor, um dieses zu schließen und zurück zum Pkw – als im inneren Zusammenhang mit dem Zurücklegen des Hinweges stehend und sieht diese Verrichtung als wesentliche Mitursache für den glättebedingten Sturz des Klägers auf dem Weg zurück zum Hoftor, wodurch er sich einen erheblichen Gesundheitsdauerschaden an der rechten Schulter zuzog.
Mit Verlassen seines Wohnhauses durch die Haustür hatte der Kläger am Unfalltag – wie an jedem Arbeitstag – seinen gemäß § 8 Abs. 2 Ziffer 1 SGB VII versicherten Arbeitsweg als Schulhausmeister bei der Stadt A. angetreten. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur beginnt der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür des Wohngebäudes (BSGE 2, 239; 42, 293, 296; 63, 212, 213; Keller in: Hauck, Sozialgesetzbuch, SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Rz 197 zu § 8, Krasney, in: Becker u.a. Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), Kommentar, Rz 182 zu § 8). Der "Weg" im Sinne des Wegeunfallrechts meint eine geographische Strecke, auf der ein örtliches Ziel – hier die Arbeitsstelle in der D. bzw. der E-Schule in A-Stadt – erreicht werden soll. Die versicherte Tätigkeit ist das Zurücklegen des Weges, also die Fortbewegung auf das Ziel hin (zu dieser Definition Ricke in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band II, Rz 181 zu § 8), wobei es dem Versicherten frei steht, ob er diesen Weg zu Fuß – selbst auf Inlineskatern/Rollschuhen (BSG SozR 2200 § 550 RVO Nr. 62) – oder mit Hilfe eines eigenen oder fremden Verkehrsmittels privater oder öffentlicher Art zurücklegt und es ihm auch erlaubt ist, das Verkehrsmittel auf dem Weg zu wechseln (zur Wahlfreiheit Ricke, a.a.O., Rz 181, 217, zu § 8; Ziegler in: Lehr- und Praxiskommentar, Sozialgesetzbuch VII, Gesetzliche Unfallversicherung, 4. Auflage, Rz 234 zu § 8). Bis zum Verlassen seines Grundstückes auf einem danach grundsätzlich versicherten Weg muss der Kläger – am Unfalltag wie an jedem Tag – bei Benutzung seines Pkw mehrere kurze Strecken zurücklegen: Aus der Haustür muss er sich zunächst zum Hoftor begeben, um dieses zu öffnen. Sodann muss er zum Pkw zurückgehen, diesen öffnen und einsteigen, um den Innenhof durch das geöffnete Hoftor mit dem Pkw zu verlassen. Um das Hoftor erneut zu schließen, muss er den Pkw wieder verlassen, zum Hoftor zurückgehen, dieses verschließen, erneut zum Pkw gehen, einsteigen und sodann den weiteren Weg zur Arbeitsstätte mit dem Pkw zurücklegen.
Diese in räumlicher Hinsicht jeweils kurzen, nur wenige Meter umfassenden Wege, für die der Kläger eine Zeitdauer von insgesamt 2 Minuten geschätzt hat, sind teilweise zwingend erforderlich, um die Arbeit mit dem Pkw erreichen zu können (so das Öffnen des Hoftores), teilweise aber auch nicht unabdingbar, um das Ziel zu erreichen (beispielsweise das Wiederverschließen des Hoftors), stehen aber – soweit sie ohne Besonderheiten verlaufen wie am 28. Januar 2013 bis zum Sturz des Klägers – nicht nur in einem engen räumlichen und zeitlichen sondern auch sachlich-inhaltlichen Zusammenhang und werden von derselben Handlungstendenz – dem Erreichen der Arbeitsstelle – bestimmt, so dass vieles dafür spricht, den Antritt der Hinfahrt auf dem Grundstück des Versicherten – soweit dieser ohne Besonderheiten wie immer abläuft – als natürliche Einheit zu sehen (so Ricke, a.a.O., Rz 183 a zu § 8 zu den sog. Garagenfällen). Dabei besteht auf dem Grundstück Unfallversicherungsschutz nicht nur gegen Risiken aus dem Verkehrsbereich sondern auch aus dem Privatbereich des Versicherten (Ricke, a.a.O., Rz 221 zu § 8: BSG SozR 2200 § 550 RVO Nr. 37). Damit ist gewährleistet, dass alle Verrichtungen, die in einem inneren Zusammenhang mit der Zurücklegung des Weges zur Arbeit mittels Fahrzeug stehen bei normalem Verlauf dem Versicherungsschutz unterfallen. Dies würde für das Aussteigen aus dem bereits aus der Garage heraus gefahrenen Auto, um das Garagentor zu schließen oder für notwendige Wege, um z.B. ein Gartentor zu öffnen bzw. nach Durchfahren wieder zu schließen gelten (so Ziegler, a.a.O., Rz 232 zu § 8; ebenso Krasney, a.a.O., Rz 185 zu § 8). Dementsprechend hatte auch das BSG keine Bedenken, einen Unfall als Wegeunfall anzuerkennen, den sich ein Versicherter beim Schließen einer klemmenden Haustür auf dem Weg zur Arbeit zugezogen hatte (BSG SozR Nr. 14 zu § 550 RVO; dem zustimmend Ricke, a.a.O., Rz 217 zu § 8 und Krasney, Grenzziehung bei Wegeunfällen, SGb 2011, 313, 315).
Der innere Zusammenhang wäre danach auch für den Rückweg des Klägers vom Pkw zum Hoftor, um dasselbe zu schließen, zu bejahen, obwohl dieser Weg nicht zwingend erforderlich war, um die Arbeitsstätte mit dem Pkw zu erreichen. Denn der Kläger hätte das Hoftor auch offen stehen lassen können. Sein Entschluss, das Hoftor vor der Abfahrt wieder zu schließen, stellt gleichsam den actus contrarius zum vorherigen – zweifelsfrei versicherten – Öffnen des Hoftores dar, was der Kläger mit den Worten widergegeben hat, er habe das Hoftor schließen wollen, dass er kurz zuvor zur Durchfahrt geöffnet hatte. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Kläger damit objektiv auch zum Schutz seines Eigentums beitrug, wodurch aber die fortbestehende "Wirkursache" (zur Wirkursache als qualifizierter naturwissenschaftlicher Ursache BSGE 112, 177, 184) das Zurücklegen des Weges mit unveränderter Handlungstendenz des Klägers – nicht entfiel und bei Abwägung mit dem Eigentumsschutzaspekt nicht jede Bedeutung verliert, so dass eine Zurechnung des Schulterschadens des Klägers allein zur unversicherten Wirkursache "Eigentumsschutz" nur schwer vertretbar erscheint.
Beklagte und auch Sozialgericht haben den Rückweg des Klägers zum Hoftor nicht in dieser Weise eingeordnet und bewertet. Beide sind davon ausgegangen, dass der Rückweg und das Schließen des Hoftores durch den objektiv bestehenden, für den Kläger aber nicht im Vordergrund stehenden Eigentumsschutzgedanken geprägt gewesen sei. Diese Einordnung setzt voraus, dass man alle auf dem Grundstück des Klägers bei Benutzung des Pkw für die Hinfahrt zur Arbeit täglich zurückgelegten Wege nicht als "natürliche Einheit" wertet, sondern jede zeitlich und örtlich nur geringfügige Wegstrecke einer eigenen Würdigung unterzieht, was durchaus der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bestimmung des inneren Zusammenhanges unter maßgeblicher Würdigung der Handlungstendenz entsprechen könnte, die auf die konkrete, zuletzt ausgeübte nach außen erkennbare und unmittelbar zum Unfall führende Verrichtung abstellt.
Der erkennende Senat kann letztlich offen lassen, ob diese Sicht die zweifellos fortbestehende Handlungstendenz des Klägers, seinen Hinweg zur Arbeit wie jeden Morgen zu erreichen, wobei er das zuvor geöffnete Hoftor jeweils wieder verschloss, nicht zu stark ausblendet und damit nicht hinreichend beachtet, dass die Benutzung des Pkw der freien Entscheidung des Versicherten unterlag, dass sein Versicherungsschutz mit Durchschreiten der Haustür begann und sich auch auf Gefahrenmomente erstreckte, die vom privaten Grundstück ausgingen. Denn von der Bewertung des Rückweges zum Hoftor durch Beklagter und Sozialgericht ausgehend, hat das Sozialgericht jedenfalls zutreffend erkannt, dass der Weg des Klägers vom Pkw hin und zurück zum Hoftor um dieses zu schließen, nur eine geringfügige nicht versicherungsschädliche Unterbrechung des im Übrigen versicherten Weges zur Arbeitsstätte darstellte.
Wird eine versicherte Hinfahrt unterbrochen, besteht Versicherungsschutz weiter, wenn die eingeschobene Verrichtung ihrerseits im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Ganz kurze und geringfügige Unterbrechungen beseitigen den Zusammenhang des Weges mit der Betriebstätigkeit selbst dann nicht, wenn sie eigenwirtschaftlicher Natur sind. Um solche rechtlich nicht ins Gewicht fallende Ereignisse handelt es sich, wenn der unterbrechende Vorgang bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist bzw. die Besorgung hinsichtlich ihrer zeitlichen Dauer und der Art ihrer Erledigung keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf die Arbeitsstätte darstellt. Als Beurteilungsmaßstab ist die allgemeine Verkehrsauffassung zugrunde zu legen. Eine private Besorgung ist danach als geringfügige Unterbrechung zu werten, wenn sie unmittelbar im Bereich der Straße und ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung gleichsam "im Vorbeigehen" erledigt werden kann. Wird der Weg zur oder von der Arbeitsstätte durch eine Privatbesorgung mehr als nur geringfügig unterbrochen, besteht während der Unterbrechung kein Versicherungsschutz (dazu Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 2003 B 2 U 23/03 R in BSGE, 91, 293 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die den Anspruch des Klägers ergebenen Tatsachen müssen im Grade des Vollbeweises also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, denn die objektive Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt grundsätzlich der Versicherte (dazu Leitherer in: Meyer-Ladewig u.a., SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar 11. Auflage, Anm. 19a zu § 103 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Lässt sich nicht feststellen, ob die Unterbrechung im inneren Zusammenhang mit dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit steht oder ob sie nur geringfügig ist, so besteht kein Versicherungsschutz, ist nicht feststellbar, ob der zurückgelegte Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit überhaupt unterbrochen wurde, so besteht Versicherungsschutz (BSG SozR 3-2200 § 55 RVO Nrn. 7 und 8; Krasney, a.a.O., Rz 243 zu § 8).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zutreffend erkannt, dass der vom Kläger zum Abschließen des Hoftores angetretene örtlich und zeitlich nur kurze Weg zurück keine wirkliche Zäsur des Hinweges zur Arbeit bewirkte, da er nur wenige Meter betrug und das gesamte Vorhaben in weniger als 30 Sekunden abgeschlossen gewesen wäre, bevor der Kläger den unverändert beabsichtigten Weg zur Arbeit wieder fortgesetzt hätte. Das Schließen des Hoftores einschließlich Hin- und Rückweg vom/zum Auto ist mit in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen eine nicht erhebliche Unterbrechung angenommen wurde und entspricht auch den hierzu vom Senat vertretenen Grundsätzen.
Eine Unterbrechung ist geringfügig, wenn diese zeitlich und räumlich den Weg zur Arbeit nur unwesentlich unterbricht, so dass praktisch von einer dauernden Ausübung der versicherten Tätigkeit – dem Weg zur Arbeit – ausgegangen werden kann. Eine feste Zeitgrenze gibt es nicht. Soweit hier von höchstens 5 Minuten gesprochen wird (Benz Urteilsanmerkung zu BSG B 2 U 40/97R in SGb 1999, Seiten 83, 84; Ricke, a.a.O., Rz. 42 zu § 8), handelt es sich allenfalls um einen groben Anhaltspunkt aber keine wirkliche Grenzziehung. Der räumliche Bereich ist gewahrt, wenn die unterbrechende Tätigkeit allenfalls wenige Meter vom Ort der Unterbrechung entfernt geschieht. Als derartige unschädliche Verrichtungen sind angesehen worden: Das Ziehen von Zigaretten an einem am Straßenrand befindlichen Automaten bzw. der Zigarettenkauf oder der Kauf einer Zeitung an einem am Straßenrand befindlichen Kiosk; eine weniger als einminütige Handreichung, um ein Fahrrad wieder gebrauchsfähig zu machen; das Einwerfen eines Briefes in den Briefkasten auf der anderen Straßenseite; das Öffnen der Straßenbahntür für einen Fahrgast; das Hereinheben eines Kinderwagens in ein Verkehrsmittel für einen anderen. Als nicht mehr geringfügige und damit unversicherte Unterbrechung wurden angesehen: eine private Unterhaltung auf dem Weg mit einer Dauer von 10 Minuten; das Aufsuchen eines Geschäftes zur Besorgung von Brötchen und Butter; die Rückfahrt von 30 Meter um den Inhalt einer am Wege liegenden Plastiktüte zu untersuchen; ein privater Personaleinkauf im Betrieb mit zehnminütiger Dauer 160 Meter vom Arbeitsplatz entfernt (zu diesen Beispielen mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung: Ricke, a.a.O., Rz 42 zu § 8; Krasney, a.a.O., Rz 241 zu § 8 Schur, Spellbrink, Sgb 2014, 589, 593 Keller, a.a.O., Rz 38a zu § 8). Der erkennende Senat hat hierzu mit Urteil vom 17. September 2013 (L 3 U 33/11 – juris) ein privates Telefonat als erhebliche Unterbrechung gewertet, das sich in räumlicher Hinsicht mindestens 20 Meter vom Arbeitsplatz entfernt abspielte und eine Dauer von 2 – 3 Minuten hatte. Demgegenüber bewegte der Kläger sich noch auf dem versicherten Hinweg – wenn auch wenige Meter in Gegenrichtung – und beabsichtigte den Weg in Richtung Arbeit mit dem Pkw in weniger als 30 Sekunden wieder fortzusetzen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 9. Dezember 2013 (BSGE 91, 293) nicht entschieden, dass die Grundsätze der geringfügigen Unterbrechung keine Anwendung mehr finden, sobald ein Versicherter einen Abweg beschreitet, der in entgegengesetzter Richtung zur Arbeitsstätte führt. Der Senat schließt sich dem hierzu vom Sozialgericht auf Seite 8 des Urteils vom 27. April 2015 getroffenen Ausführungen vollinhaltlich an (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Bundessozialgericht hat zwar im Urteil vom 19. März 1991 (SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 9) ausgeführt: "Der Richtungswechsel innerhalb eines grundsätzlich versicherten Heimweges, mit dem der Versicherte sich von seiner Wohnung entfernt, bewirkt eine deutliche Zäsur, weil er sich damit, anders als etwa der Umweg, sowohl nach seiner Zielrichtung als auch nach seiner Zweckbestimmung von dem zunächst eingeschlagenen Heimweg unterscheidet. Dies allein reicht für die Unterbrechung des Versicherungsschutzes aus, so dass es auf die Länge eines solchen "Abweges" grundsätzlich nicht mehr ankommt" (ebenso Ricke, a.a.O., Rz 202 zu § 8). Dem widersprechend hat es aber im weiteren Verlauf der Entscheidung die Frage der geringfügigen Unterbrechung geprüft. Dabei hat das BSG sich auf seine frühere Rechtsprechung bezogen, die für Rückwege die Grundsätze der geringfügigen Unterbrechung durchweg weiter angewendet hat (beispielsweise Urteil des BSG in SozR 2200 § 550 RVO Nr. 2). Im weiteren Urteil vom 2. Juli 1996 (SozR 3-2200 § 550 RVO Nr. 49) hat es darauf verwiesen, dass das Urteil vom 19. März 1991 durch die Besonderheit gekennzeichnet gewesen sei, dass bei natürlicher Betrachtungsweise das Verhalten des Versicherten vor dem Überqueren der Straße auf seine veränderte Handlungstendenz schließen ließ, seinen Heimweg vollständig abzubrechen und der auf der anderen Straßenseite in entgegengesetzter Richtung gehenden Bekannten in eine nahegelegene Diskothek zu folgen. Darin habe der Senat eine deutliche Zäsur gesehen mit der Folge, dass bereits mit dem ersten Schritt in die entgegengesetzte Richtung der bis dahin bestehende Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst wurde und der Versicherungsschutz entfiel. Auch nach der seit der Entscheidung vom 9. Dezember 2013 neu justierten Rechtsprechung des BSG ist am Rechtsinstitut der geringfügigen Unterbrechung festzuhalten (dazu Schur, Spellbrink, SGb 2014, 589, 593), da die alleinige Orientierung an der jeweiligen Handlungstendenz des Versicherten das erst durch den Arbeitsweg bedingte Wegerisiko gänzlich ausblenden würde. Selbst wenn man das Wegerisiko weitergehend einschränken, nicht mehr auf vorrangig eigenwirtschaftliche Verrichtungen erstrecken sondern auf das Wirksamwerden typischer Wegegefahren reduzieren wollte (dazu Schur, Spellbrink, a.a.O., S. 539), wäre der Sturz des Klägers vom 28. Januar 2013 als versichert anzusehen, da er auf dem Weg zur Arbeit infolge Eisglätte des Straßenbelages verursacht wurde.
Letztlich ist auch allein dieses Ergebnis mit dem Schutzzweck der Norm vereinbar, die als Zurechnungskriterium neben der Kausalität erfüllt sein muss, um die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers begründen zu können, so das letztlich zu fordern ist, dass der gesetzlich begründete Unfallversicherungsschutz den Sinn und Zweck hat, gegen Schäden der konkret eingetretenen Art zu schützen (BSGE 112, 177, 184, 185). Die Wegeunfallversicherung soll den Versicherten bei Unfällen schützen, die er auf dem Hin- und Rückweg zur Arbeitsstätte erleidet, da er diesen Weg auch im Interesse des Betriebes in einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz zurücklegt (BSG – Urteil vom 18. Juni 2013 – B 2 U 7/12 R – juris; Keller, a.a.O., Rz 190 zu § 8). Dabei sollen nur geringfügige Unterbrechungen versicherungsunschädlich sein, auch wenn diese einer privaten Verrichtung dienen, da das Zurücklegen des Weges der wesentliche Grund dafür ist, dass der Versicherte in diese Situation gekommen ist (BSG – Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R Rz 19 – juris). Der Kläger ist auf dem alltäglich in gleicher Weise zurückgelegten Hinweg zur Arbeitsstätte verunglückt, als er mit dem Schließen des Hoftores eine ebenso täglich erledigte Verrichtung vorgenommen hat, die keine "Besonderheit" aufweist. Er wollte weder zurückgehen, um einen ausnahmsweise vergessenen Gegenstand zu holen (dazu Urteil des LSG Saarland vom 18. November 2014 – L 2 U 48/12 – juris) – beispielsweise ein Pausenbrot oder eine Brille (dazu Ziegler, a.a.O., Rz 232 zu § 8, Krasney, a.a.O., Rz 185 zu § 8), er wollte auch kein Regulierungsgespräch führen (wie in BSG SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 32), er wollte einem Mitfahrer keine im Pkw vergessene Tasche hinterherbringen (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 6. Juni 2013 - L 2 U 221/12 – juris), er wollte auch nicht vom Weg zur Arbeit abweichen um einen Erdbeer – oder sonstigen Einkauf zu tätigen (dazu BSG SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 50). Alle von der Beklagten angezogenen Entscheidungen des BSG oder anderer Landessozialgerichte unterscheiden sich daher in einem wesentlichen Punkt vom Fall des Klägers: Eingeschoben wurden jeweils Vorhaben, die mit der Zurücklegung des Weges in keinem unmittelbaren Zusammenhang standen und insoweit "außergewöhnlich" waren – anders als das vom Kläger alltäglich verrichtete Schließen des Hoftores nach der Durchfahrt mit dem Pkw auf dem Weg zur Arbeit. Dabei ist der Kläger infolge einer typischen Wegegefahr durch Ausrutschen auf eisglatter Fahrbahn verunfallt. In diese Gefahr ist er geraten, weil er das zuvor zwecks Pkw-Durchfahrt geöffnete Hoftor wieder schließen wollte, was entweder als einheitlicher natürlicher Vorgang bei Verlassen des privaten Hausgrundstückes zu werten ist oder zumindest als geringfügige Unterbrechung des Hinweges zur Arbeit, die den inneren Zusammenhang und damit den gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht beseitigt hat. Die von der Beklagten getroffene, allein auf das objektive Moment des Eigentumsschutzes abstellende Entscheidung ist der Gefahr erlegen, bei alleiniger Orientierung an der Handlungstendenz das durch den Arbeitsweg bedingte Wegerisiko "gänzlich auszublenden" (dagegen auch Schur, Spellbrink, a.a.O., Seite 593) und dem Schutzzweck der Norm letztlich keine Bedeutung mehr beizumessen.
Im Ergebnis war danach die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Denn die Frage der Abgrenzung und Bewertung des Hinweges zur Arbeit mit dem eigenen Pkw auf dem Privatgrundstück ist nicht entscheidungserheblich geworden. Der Unfall des Klägers vom 28. Januar 2013 ist von der Beklagten in jedem Falle nach den Grundsätzen der geringfügigen Unterbrechung als Wegeunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Damit war dem Rechtsstreit eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG ebenso wenig beizumessen wie er eine Abweichung von einer revisionsgerichtlichen Entscheidung im Sinne der dortigen Ziffer 2 bedeutet.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Unfalles vom 28. Januar 2013 als Wege- bzw. Arbeitsunfall. Er hatte zuvor einen weiteren Arbeitsunfall erlitten mit der Folge einer Amputation der linken Hand, die wieder angenäht wurde, weswegen er eine Unfallrente nach einer MdE von 20 v.H. von der Bau-Berufsgenossenschaft bezieht.
Der 1952 geborene Kläger war als Schulhausmeister bei der Stadt A. an der D-Schule und an der E-Schule in A-Stadt angestellt. Am 28. Januar 2013 wollte er gegen 06:30 Uhr mit der Arbeit beginnen. Sein Wohnhaus verließ er – wie üblich – gegen 06:15 Uhr durch die Haustür. Sein Auto war auf dem mit einem Hoftor abgegrenzten Innenhof geparkt. Er ging durch die Haustür zum Hoftor, öffnete es, fuhr sein Auto nach rechts aus dem Hof heraus und stellte es längs zur Fahrbahn unmittelbar vor dem Hoftor ab. Er stieg aus, um das Hoftor zu schließen. Als er um das Auto herumlief und sich auf der Höhe des Hecks befand, rutschte er auf vereister Fahrbahn (Asphalt) aus und fiel auf die rechte Schulter, wie die Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 20. März 2013 und die Angaben des Klägers der Beklagten gegenüber vom 21. März und 29. Juni 2013 ergeben haben. Der Kläger erlitt bei dem Sturz eine schwere mehrfragmentäre Schulterverletzung (sog. knöcherne Bankart-Läsion) und musste deswegen längerfristig ärztlich behandelt werden. Die Beklagte zahlte ausweislich ihrer Aufstellung vom 22. Januar 2014 36.899,66 EUR für die ambulante und stationäre medizinische Behandlung sowie Verletztengeld bis 27. September 2013.
Die Beklagte veranlasste das erste Rentengutachten des Prof. F., Chirurgische Universitätsklinik Frankfurt am Main, vom 6. Januar 2014 zur Feststellung der Unfallfolgen, der beim Kläger eine massive Omarthrose mit deutlicher Einschränkung von Beweglichkeit/Belastbarkeit der rechten Schulter als Unfallfolge feststellte, wodurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. bestehe. Das von Prof. F. für erforderlich gehaltene neurologische Zusatzgutachten ließ die Beklagte nicht mehr erstellen, da sie parallel zur Begutachtung in die Prüfung eingetreten war, ob der Unfall als Arbeitsunfall Anerkennung finden könne. Die deswegen ergangene Anfrage der Beklagten vom 11. Dezember 2013 zu den näheren Umständen des Unfallgeschehens beantwortete der Kläger am 13. Dezember 2013 und fügte eine Unfallskizze bei. Auf die Frage, wie lange es gedauert hätte das Hoftor zu schließen (aussteigen – Weg – zurück zum Auto), teilt er mit, er würde sagen ungefähr 2 Minuten. Mit Bescheid vom 5. Februar 2014 lehnte die Beklagte daraufhin Ansprüche des Klägers auf Entschädigungsleistungen anlässlich des Ereignisses vom 28. Januar 2013 ab, da das Ereignis kein Arbeitsunfall gewesen sei. Der Kläger habe den Weg zur Arbeit unterbrochen, um das Hoftor zu schließen. Nach dem Verlassen des Pkw sei er auf dem Weg zurück zum Hoftor gestürzt. Die Unterbrechung habe allein privaten Gründen gedient und sei nicht erforderlich gewesen, um den Weg zur Arbeit zurückzulegen, so dass der innere Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges und der eigentlich versicherten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nicht mehr bestanden habe. Die Unterbrechung könne nicht als geringfügig angesehen werden, denn das Schließen des Hoftores sei weder nur "im Vorbeigehen" noch "ganz nebenher" möglich gewesen. Da der Kläger sich zum Unfallzeitpunkt auf einem nicht versicherten Weg befunden habe, sei Unfallversicherungsschutz zu verneinen.
Der Kläger erhob am 17. Februar 2014 Widerspruch mit der Begründung, das unfallbringende Verhalten müsse der versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Das Öffnen und Schließen des Hoftores stelle eine einheitliche Handlung dar, die in einer zusammenhängenden Verrichtung ausgeführt werde. Das Ausrutschen auf der vereisten Stelle sei unmittelbar am Fahrzeug geschehen. Im Übrigen habe er den Weg zur Arbeit allenfalls geringfügig unterbrochen. Seine Handlungstendenz sei durchgehend darauf gerichtet gewesen, den versicherten Weg zurückzulegen mit dem Ziel den Arbeitsplatz zu erreichen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 zurück. Ein Wegeunfall sei nicht festzustellen. Der Kläger habe sich nicht zur Arbeit sondern entgegengesetzt bewegt, als er gestürzt sei und habe sich daher auf einem grundsätzlich nicht versicherten Abweg befunden. Nach der neueren Rechtsprechung bewirke ein Richtungswechsel in die entgegengesetzte Richtung - vom eigentlichen Ziel weg - eine deutliche Zäsur, da sich die Umkehr sowohl nach ihrer Zielrichtung als auch ihrer Zweckbestimmung vom zunächst zurückgelegten Hinweg zur Arbeit unterscheide. Der Kläger selbst habe, indem er sein Fahrzeug zum Stehen gebracht habe, ausgestiegen sei und zurückgegangen sei, die unmittelbare Wirkursache für den Unfall gesetzt und dabei habe er ausschließlich aus einem privatwirtschaftlichen Beweggrund gehandelt: Er habe sein Hoftor schließen wollen, um so sein Eigentum zu schützen. Diese subjektive Handlungstendenz habe sich unmittelbar in dem objektiv beobachtbaren Verhalten niedergeschlagen. Der subjektive Wunsch des Klägers, das private Eigentum zu schützen, habe eine neue objektive Handlungssequenz in Gang gesetzt, die sich deutlich von dem Ziel zur Arbeit zu fahren abgrenzen lasse. Die Unterbrechung des Weges zur Arbeit sei auch nicht nur geringfügig und damit zu vernachlässigen. Von einer geringfügigen Unterbrechung könne man nur sprechen, wenn die Verrichtung bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges zur Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen sei, was beim Kläger verneint werden müsse.
Der Kläger hat am 11. August 2014 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Sozialgericht) erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, der Unfall sei auf dem Weg zur Arbeitsstätte geschehen und müsse als Wegeunfall Anerkennung finden. Das Öffnen und Schließen des Hoftores stelle eine zusammenhängende Verrichtung dar, die keine Zäsur enthalte und nur erfolgt sei, um mit dem Kfz zur Arbeit zu gelangen. Der Schutz des Eigentums durch Schließen des Hoftores trete demgegenüber zurück. Eine Versagung gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes für ein derartiges Verhalten halte er mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung für unvereinbar.
Die Beklagte hat entgegnet, der Kläger sei nach der neueren Rechtsprechung nicht mehr versichert, auch wenn sich der Unfall noch im öffentlichen Verkehrsraum ereignet habe. Denn der Kläger habe den versicherten Weg zur Arbeit mit dem Rückweg zum Hoftor unterbrochen und sein durch eine neue Handlungstendenz bestimmtes Verhalten könne auch nicht als gemischte Tätigkeit angesehen werden. Die Unterbrechung des Hinweges zur Arbeit sei nicht nur geringfügig.
Das Sozialgericht hat der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2015 stattgegeben, da das Ereignis vom 28. Januar 2013 als Wegeunfall anerkannt werden müsse. Der Kläger habe sich noch auf dem versicherten Weg zur Arbeitsstätte befunden, als er auf der Straße aus dem Auto ausgestiegen sei, um das Hoftor nach dem Ausfahren zu schließen. Er habe den versicherten Weg nur geringfügig unterbrochen, obwohl er sein Auto verlassen habe, ein paar Schritte zurückgelaufen sei und das beabsichtigte Schließen des Hoftores eigenwirtschaftlicher Natur gewesen sei. Das Schließen des Hoftores sei nur als geringfügige Unterbrechung des Hinweges zur Arbeit zu werten, da dies unmittelbar im Bereich der Straße und ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung zu erledigen gewesen wäre, auch wenn der Kläger hierfür einige wenige Schritte habe zurückgehen müssen und den Zeitaufwand inklusive Aus- und Wiedereinsteigen aus dem Fahrzeug auf 2 Minuten geschätzt habe. Dies stelle keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf die Arbeitsstätte dar und müsse zeitlich sowie räumlich noch als Teil des Weges nach dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit angesehen werden.
Die Beklagte hat gegen den ihr am 30. April 2015 zugestellten Gerichtsbescheid am 26. Mai 2015 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt und vorgetragen, das Sozialgericht gehe zu Recht davon aus, dass der Kläger den Weg zur Arbeit unterbrochen habe, als er allein aus privaten Gründen das Hoftor habe schließen wollen. Die geänderte Handlungstendenz habe er durch Verlassen des Fahrzeuges mit privater Zweckrichtung dokumentiert. Diese Unterbrechung sei entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht geringfügig, da das Schließen des Hoftores nicht "im Vorbeigehen" zu erledigen gewesen sei, wie sie im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren bereits dargelegt habe. Das Umdrehen eines Versicherten vor der Außenhaustür, um diese abzuschließen, würde noch unter Versicherungsschutz stehen. Diese Tätigkeit wäre vergleichbar mit dem Besorgen von Zigaretten an einem Automaten am Straßenrand oder einer Hilfeleistung beim Öffnen einer Straßenbahntür, was gleichsam im Vorbeigehen erledigt werden könne. Versicherungsschutz würde aber nicht mehr bestehen, wenn ein Versicherter die Außenhaustür durchschreite, seinen Garten oder Hof überquere und beim Erreichen des Hoftores oder der Straße bemerke, dass er vergessen habe die Außenhaustür abzuschließen. Wenn er dann zur Außenhaustür zurückkehre um diese abzuschließen, würde er dabei ebenso wenig unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen wie der Kläger im konkreten Falle. Sie stütze ihre Entscheidung vor allem auch auf die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Wegeunfallrecht.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat angegeben, er sei lediglich aus dem Auto nochmals ausgestiegen, um das Hoftor wieder zu verschließen, was er zuvor habe öffnen müssen, um mit dem Auto hindurchzufahren. Soweit man angesichts dessen überhaupt von einer Unterbrechung des Hinweges zur Arbeitsstätte ausgehen wolle, sei diese vom Sozialgericht zu Recht als geringfügig und damit versicherungsunschädlich eingestuft worden. Er hat auf Anforderung des Senats 9 Fotos vorgelegt, auf denen er die maßgeblichen Örtlichkeiten abgebildet und die Unfallsituation mit seinem derzeitigen Pkw nachgestellt hat. Zu den zeitlichen Vorgaben, die er am 13. Dezember 2013 der Beklagten gegenüber gemacht hatte, hat der Kläger erklärt, die dort genannten "ungefähr 2 Minuten" beinhalteten die Zeit, die er nach Verlassen des Hauses benötigt habe zum Öffnen des Tores, zum Hinausfahren des Autos und zum Wiederverschließen des Tores. Wenn er allein die Zeit angeben solle, die er benötige, um vom Auto zurück zum Tor zu gehen, dieses zu schließen und erneut ins Auto einzusteigen, so betrage die unter 1 Minute. Er habe nur wenige Schritte um das Auto herumgehen müssen, um das Tor zu schließen und wieder einzusteigen. Den gesamten Vorgang habe er exakt gestoppt und sei dabei auf 20 bzw. 22 Sekunden gekommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG) Berufung der Beklagten ist nicht begründet und war zurückzuweisen, da der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 2015 den Unfall des Klägers vom 28. Januar 2013 zu Recht als Arbeits- bzw. Wegeunfall auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers hin (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Ziffer 1 SGG) festgestellt hat. Denn der vom Kläger nach Abstellen des Pkw vor dem Hoftor angetretene Weg zum Schließen des Hoftores stand im inneren Zusammenhang mit der von § 8 Abs. 2 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) versicherten Verrichtung – dem Zurücklegen des Hinweges zur Arbeit.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu der versicherten Tätigkeit zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Die Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges" kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Falle die eigene Wohnung zu erreichen. Da der Gesetzgeber die Grundentscheidung "Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII getroffen hat, ist von der Rechtsprechung nur zu klären, ob der Versicherte, als er verunglückte, einen solchen versicherten Weg zurücklegte und infolgedessen einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung noch der Fortbewegung auf das ursprüngliche Ziel – die Arbeitsstätte des Versicherten – dient, ist seine Handlungstendenz. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch objektive Umstände bestätigt werden. Dies zeigt sich im äußeren Verhalten des Versicherten, wie es objektiv beobachtbar ist und stellt darauf ab, ob sein äußeres Handeln mit seiner inneren Tendenz zur Arbeit zu gelangen übereinstimmt (BSGE 91, 293; BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 – B 2 U 12/12 R in: Sozialgerichtsbarkeit (SGb) 2014, 392, 394). Die jüngere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – auf die die Beklagte vor allem abhebt – stellt zur Bestimmung der Handlungstendenz auf dem aktuell zurückgelegten unmittelbaren Weg zur Arbeit allein auf die letzte ausgeübte und nach außen erkennbare zum Unfall führende Handlung des Versicherten ab, ohne diese Verrichtung in eine weitergehende Handlungsabsicht einzubetten (Urteil des BSG vom 9. November 2010 B 2 U 14/10 R – Rz 22 – juris; ebenso Spellbrink, Gemischte Tätigkeit und gemischte Motivationslage bei der Feststellung von Arbeitsunfällen, WzS 2011, 351, 352; Schur, Spellbrink, Unfallversicherungsschutz auf dem Weg von und nach der Arbeitsstelle, SGb 2014 589, 591, 592).
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend hat der Senat folgenden vollbeweislich erwiesenen Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde gelegt, der auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist:
Der Kläger hatte am 28. Januar 2013 gegen 06:15 Uhr sein Wohnhaus in der A-Straße, in A-Stadt durch die Haustür verlassen, um mit seinem Pkw zur Arbeit zu fahren. Er war als Schulhausmeister bei der Stadt A. beschäftigt und wollte um 06:30 Uhr seine Arbeit antreten. Er ging zum Hoftor, öffnete es, fuhr seinen auf dem Innenhof geparkten Pkw nach rechts aus dem Hoftor heraus und stellte ihn längs zur Fahrbahn vor dem Hoftor ab. Er stieg aus dem Auto aus, um das Hoftor zu schließen und rutschte auf der eisglatten Fahrbahn aus, als er sich auf Höhe des Autohecks befand. Wie der Kläger im Erörterungstermin vom 11. November 2015 sowie im Senatstermin vom 2. Februar 2016 glaubhaft dargestellt hat, hätte er weniger als eine halbe Minute (gestoppt 20 bzw. 22 Sekunden) benötigt, um aus dem Pkw auszusteigen, das Hoftor zu schließen und wieder einzusteigen, um die Fahrt zur Arbeitsstelle fortzusetzen. Für den gesamten Vorgang vom Verlassen des Hauses durch die Haustür bis zum Wiedereinsteigen in den Pkw nach Schließen des Hoftors hätte der Kläger nach eigener Schätzung etwa 2 Minuten benötigt.
Der erkennende Senat wertet die vom Kläger in den Hinweg zur Arbeit "eingeschobene Verrichtung" – das Verlassen des Pkw und den Weg zum Hoftor, um dieses zu schließen und zurück zum Pkw – als im inneren Zusammenhang mit dem Zurücklegen des Hinweges stehend und sieht diese Verrichtung als wesentliche Mitursache für den glättebedingten Sturz des Klägers auf dem Weg zurück zum Hoftor, wodurch er sich einen erheblichen Gesundheitsdauerschaden an der rechten Schulter zuzog.
Mit Verlassen seines Wohnhauses durch die Haustür hatte der Kläger am Unfalltag – wie an jedem Arbeitstag – seinen gemäß § 8 Abs. 2 Ziffer 1 SGB VII versicherten Arbeitsweg als Schulhausmeister bei der Stadt A. angetreten. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur beginnt der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür des Wohngebäudes (BSGE 2, 239; 42, 293, 296; 63, 212, 213; Keller in: Hauck, Sozialgesetzbuch, SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Rz 197 zu § 8, Krasney, in: Becker u.a. Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), Kommentar, Rz 182 zu § 8). Der "Weg" im Sinne des Wegeunfallrechts meint eine geographische Strecke, auf der ein örtliches Ziel – hier die Arbeitsstelle in der D. bzw. der E-Schule in A-Stadt – erreicht werden soll. Die versicherte Tätigkeit ist das Zurücklegen des Weges, also die Fortbewegung auf das Ziel hin (zu dieser Definition Ricke in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band II, Rz 181 zu § 8), wobei es dem Versicherten frei steht, ob er diesen Weg zu Fuß – selbst auf Inlineskatern/Rollschuhen (BSG SozR 2200 § 550 RVO Nr. 62) – oder mit Hilfe eines eigenen oder fremden Verkehrsmittels privater oder öffentlicher Art zurücklegt und es ihm auch erlaubt ist, das Verkehrsmittel auf dem Weg zu wechseln (zur Wahlfreiheit Ricke, a.a.O., Rz 181, 217, zu § 8; Ziegler in: Lehr- und Praxiskommentar, Sozialgesetzbuch VII, Gesetzliche Unfallversicherung, 4. Auflage, Rz 234 zu § 8). Bis zum Verlassen seines Grundstückes auf einem danach grundsätzlich versicherten Weg muss der Kläger – am Unfalltag wie an jedem Tag – bei Benutzung seines Pkw mehrere kurze Strecken zurücklegen: Aus der Haustür muss er sich zunächst zum Hoftor begeben, um dieses zu öffnen. Sodann muss er zum Pkw zurückgehen, diesen öffnen und einsteigen, um den Innenhof durch das geöffnete Hoftor mit dem Pkw zu verlassen. Um das Hoftor erneut zu schließen, muss er den Pkw wieder verlassen, zum Hoftor zurückgehen, dieses verschließen, erneut zum Pkw gehen, einsteigen und sodann den weiteren Weg zur Arbeitsstätte mit dem Pkw zurücklegen.
Diese in räumlicher Hinsicht jeweils kurzen, nur wenige Meter umfassenden Wege, für die der Kläger eine Zeitdauer von insgesamt 2 Minuten geschätzt hat, sind teilweise zwingend erforderlich, um die Arbeit mit dem Pkw erreichen zu können (so das Öffnen des Hoftores), teilweise aber auch nicht unabdingbar, um das Ziel zu erreichen (beispielsweise das Wiederverschließen des Hoftors), stehen aber – soweit sie ohne Besonderheiten verlaufen wie am 28. Januar 2013 bis zum Sturz des Klägers – nicht nur in einem engen räumlichen und zeitlichen sondern auch sachlich-inhaltlichen Zusammenhang und werden von derselben Handlungstendenz – dem Erreichen der Arbeitsstelle – bestimmt, so dass vieles dafür spricht, den Antritt der Hinfahrt auf dem Grundstück des Versicherten – soweit dieser ohne Besonderheiten wie immer abläuft – als natürliche Einheit zu sehen (so Ricke, a.a.O., Rz 183 a zu § 8 zu den sog. Garagenfällen). Dabei besteht auf dem Grundstück Unfallversicherungsschutz nicht nur gegen Risiken aus dem Verkehrsbereich sondern auch aus dem Privatbereich des Versicherten (Ricke, a.a.O., Rz 221 zu § 8: BSG SozR 2200 § 550 RVO Nr. 37). Damit ist gewährleistet, dass alle Verrichtungen, die in einem inneren Zusammenhang mit der Zurücklegung des Weges zur Arbeit mittels Fahrzeug stehen bei normalem Verlauf dem Versicherungsschutz unterfallen. Dies würde für das Aussteigen aus dem bereits aus der Garage heraus gefahrenen Auto, um das Garagentor zu schließen oder für notwendige Wege, um z.B. ein Gartentor zu öffnen bzw. nach Durchfahren wieder zu schließen gelten (so Ziegler, a.a.O., Rz 232 zu § 8; ebenso Krasney, a.a.O., Rz 185 zu § 8). Dementsprechend hatte auch das BSG keine Bedenken, einen Unfall als Wegeunfall anzuerkennen, den sich ein Versicherter beim Schließen einer klemmenden Haustür auf dem Weg zur Arbeit zugezogen hatte (BSG SozR Nr. 14 zu § 550 RVO; dem zustimmend Ricke, a.a.O., Rz 217 zu § 8 und Krasney, Grenzziehung bei Wegeunfällen, SGb 2011, 313, 315).
Der innere Zusammenhang wäre danach auch für den Rückweg des Klägers vom Pkw zum Hoftor, um dasselbe zu schließen, zu bejahen, obwohl dieser Weg nicht zwingend erforderlich war, um die Arbeitsstätte mit dem Pkw zu erreichen. Denn der Kläger hätte das Hoftor auch offen stehen lassen können. Sein Entschluss, das Hoftor vor der Abfahrt wieder zu schließen, stellt gleichsam den actus contrarius zum vorherigen – zweifelsfrei versicherten – Öffnen des Hoftores dar, was der Kläger mit den Worten widergegeben hat, er habe das Hoftor schließen wollen, dass er kurz zuvor zur Durchfahrt geöffnet hatte. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Kläger damit objektiv auch zum Schutz seines Eigentums beitrug, wodurch aber die fortbestehende "Wirkursache" (zur Wirkursache als qualifizierter naturwissenschaftlicher Ursache BSGE 112, 177, 184) das Zurücklegen des Weges mit unveränderter Handlungstendenz des Klägers – nicht entfiel und bei Abwägung mit dem Eigentumsschutzaspekt nicht jede Bedeutung verliert, so dass eine Zurechnung des Schulterschadens des Klägers allein zur unversicherten Wirkursache "Eigentumsschutz" nur schwer vertretbar erscheint.
Beklagte und auch Sozialgericht haben den Rückweg des Klägers zum Hoftor nicht in dieser Weise eingeordnet und bewertet. Beide sind davon ausgegangen, dass der Rückweg und das Schließen des Hoftores durch den objektiv bestehenden, für den Kläger aber nicht im Vordergrund stehenden Eigentumsschutzgedanken geprägt gewesen sei. Diese Einordnung setzt voraus, dass man alle auf dem Grundstück des Klägers bei Benutzung des Pkw für die Hinfahrt zur Arbeit täglich zurückgelegten Wege nicht als "natürliche Einheit" wertet, sondern jede zeitlich und örtlich nur geringfügige Wegstrecke einer eigenen Würdigung unterzieht, was durchaus der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bestimmung des inneren Zusammenhanges unter maßgeblicher Würdigung der Handlungstendenz entsprechen könnte, die auf die konkrete, zuletzt ausgeübte nach außen erkennbare und unmittelbar zum Unfall führende Verrichtung abstellt.
Der erkennende Senat kann letztlich offen lassen, ob diese Sicht die zweifellos fortbestehende Handlungstendenz des Klägers, seinen Hinweg zur Arbeit wie jeden Morgen zu erreichen, wobei er das zuvor geöffnete Hoftor jeweils wieder verschloss, nicht zu stark ausblendet und damit nicht hinreichend beachtet, dass die Benutzung des Pkw der freien Entscheidung des Versicherten unterlag, dass sein Versicherungsschutz mit Durchschreiten der Haustür begann und sich auch auf Gefahrenmomente erstreckte, die vom privaten Grundstück ausgingen. Denn von der Bewertung des Rückweges zum Hoftor durch Beklagter und Sozialgericht ausgehend, hat das Sozialgericht jedenfalls zutreffend erkannt, dass der Weg des Klägers vom Pkw hin und zurück zum Hoftor um dieses zu schließen, nur eine geringfügige nicht versicherungsschädliche Unterbrechung des im Übrigen versicherten Weges zur Arbeitsstätte darstellte.
Wird eine versicherte Hinfahrt unterbrochen, besteht Versicherungsschutz weiter, wenn die eingeschobene Verrichtung ihrerseits im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Ganz kurze und geringfügige Unterbrechungen beseitigen den Zusammenhang des Weges mit der Betriebstätigkeit selbst dann nicht, wenn sie eigenwirtschaftlicher Natur sind. Um solche rechtlich nicht ins Gewicht fallende Ereignisse handelt es sich, wenn der unterbrechende Vorgang bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist bzw. die Besorgung hinsichtlich ihrer zeitlichen Dauer und der Art ihrer Erledigung keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf die Arbeitsstätte darstellt. Als Beurteilungsmaßstab ist die allgemeine Verkehrsauffassung zugrunde zu legen. Eine private Besorgung ist danach als geringfügige Unterbrechung zu werten, wenn sie unmittelbar im Bereich der Straße und ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung gleichsam "im Vorbeigehen" erledigt werden kann. Wird der Weg zur oder von der Arbeitsstätte durch eine Privatbesorgung mehr als nur geringfügig unterbrochen, besteht während der Unterbrechung kein Versicherungsschutz (dazu Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 2003 B 2 U 23/03 R in BSGE, 91, 293 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die den Anspruch des Klägers ergebenen Tatsachen müssen im Grade des Vollbeweises also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, denn die objektive Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt grundsätzlich der Versicherte (dazu Leitherer in: Meyer-Ladewig u.a., SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar 11. Auflage, Anm. 19a zu § 103 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Lässt sich nicht feststellen, ob die Unterbrechung im inneren Zusammenhang mit dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit steht oder ob sie nur geringfügig ist, so besteht kein Versicherungsschutz, ist nicht feststellbar, ob der zurückgelegte Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit überhaupt unterbrochen wurde, so besteht Versicherungsschutz (BSG SozR 3-2200 § 55 RVO Nrn. 7 und 8; Krasney, a.a.O., Rz 243 zu § 8).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zutreffend erkannt, dass der vom Kläger zum Abschließen des Hoftores angetretene örtlich und zeitlich nur kurze Weg zurück keine wirkliche Zäsur des Hinweges zur Arbeit bewirkte, da er nur wenige Meter betrug und das gesamte Vorhaben in weniger als 30 Sekunden abgeschlossen gewesen wäre, bevor der Kläger den unverändert beabsichtigten Weg zur Arbeit wieder fortgesetzt hätte. Das Schließen des Hoftores einschließlich Hin- und Rückweg vom/zum Auto ist mit in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen eine nicht erhebliche Unterbrechung angenommen wurde und entspricht auch den hierzu vom Senat vertretenen Grundsätzen.
Eine Unterbrechung ist geringfügig, wenn diese zeitlich und räumlich den Weg zur Arbeit nur unwesentlich unterbricht, so dass praktisch von einer dauernden Ausübung der versicherten Tätigkeit – dem Weg zur Arbeit – ausgegangen werden kann. Eine feste Zeitgrenze gibt es nicht. Soweit hier von höchstens 5 Minuten gesprochen wird (Benz Urteilsanmerkung zu BSG B 2 U 40/97R in SGb 1999, Seiten 83, 84; Ricke, a.a.O., Rz. 42 zu § 8), handelt es sich allenfalls um einen groben Anhaltspunkt aber keine wirkliche Grenzziehung. Der räumliche Bereich ist gewahrt, wenn die unterbrechende Tätigkeit allenfalls wenige Meter vom Ort der Unterbrechung entfernt geschieht. Als derartige unschädliche Verrichtungen sind angesehen worden: Das Ziehen von Zigaretten an einem am Straßenrand befindlichen Automaten bzw. der Zigarettenkauf oder der Kauf einer Zeitung an einem am Straßenrand befindlichen Kiosk; eine weniger als einminütige Handreichung, um ein Fahrrad wieder gebrauchsfähig zu machen; das Einwerfen eines Briefes in den Briefkasten auf der anderen Straßenseite; das Öffnen der Straßenbahntür für einen Fahrgast; das Hereinheben eines Kinderwagens in ein Verkehrsmittel für einen anderen. Als nicht mehr geringfügige und damit unversicherte Unterbrechung wurden angesehen: eine private Unterhaltung auf dem Weg mit einer Dauer von 10 Minuten; das Aufsuchen eines Geschäftes zur Besorgung von Brötchen und Butter; die Rückfahrt von 30 Meter um den Inhalt einer am Wege liegenden Plastiktüte zu untersuchen; ein privater Personaleinkauf im Betrieb mit zehnminütiger Dauer 160 Meter vom Arbeitsplatz entfernt (zu diesen Beispielen mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung: Ricke, a.a.O., Rz 42 zu § 8; Krasney, a.a.O., Rz 241 zu § 8 Schur, Spellbrink, Sgb 2014, 589, 593 Keller, a.a.O., Rz 38a zu § 8). Der erkennende Senat hat hierzu mit Urteil vom 17. September 2013 (L 3 U 33/11 – juris) ein privates Telefonat als erhebliche Unterbrechung gewertet, das sich in räumlicher Hinsicht mindestens 20 Meter vom Arbeitsplatz entfernt abspielte und eine Dauer von 2 – 3 Minuten hatte. Demgegenüber bewegte der Kläger sich noch auf dem versicherten Hinweg – wenn auch wenige Meter in Gegenrichtung – und beabsichtigte den Weg in Richtung Arbeit mit dem Pkw in weniger als 30 Sekunden wieder fortzusetzen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 9. Dezember 2013 (BSGE 91, 293) nicht entschieden, dass die Grundsätze der geringfügigen Unterbrechung keine Anwendung mehr finden, sobald ein Versicherter einen Abweg beschreitet, der in entgegengesetzter Richtung zur Arbeitsstätte führt. Der Senat schließt sich dem hierzu vom Sozialgericht auf Seite 8 des Urteils vom 27. April 2015 getroffenen Ausführungen vollinhaltlich an (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Bundessozialgericht hat zwar im Urteil vom 19. März 1991 (SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 9) ausgeführt: "Der Richtungswechsel innerhalb eines grundsätzlich versicherten Heimweges, mit dem der Versicherte sich von seiner Wohnung entfernt, bewirkt eine deutliche Zäsur, weil er sich damit, anders als etwa der Umweg, sowohl nach seiner Zielrichtung als auch nach seiner Zweckbestimmung von dem zunächst eingeschlagenen Heimweg unterscheidet. Dies allein reicht für die Unterbrechung des Versicherungsschutzes aus, so dass es auf die Länge eines solchen "Abweges" grundsätzlich nicht mehr ankommt" (ebenso Ricke, a.a.O., Rz 202 zu § 8). Dem widersprechend hat es aber im weiteren Verlauf der Entscheidung die Frage der geringfügigen Unterbrechung geprüft. Dabei hat das BSG sich auf seine frühere Rechtsprechung bezogen, die für Rückwege die Grundsätze der geringfügigen Unterbrechung durchweg weiter angewendet hat (beispielsweise Urteil des BSG in SozR 2200 § 550 RVO Nr. 2). Im weiteren Urteil vom 2. Juli 1996 (SozR 3-2200 § 550 RVO Nr. 49) hat es darauf verwiesen, dass das Urteil vom 19. März 1991 durch die Besonderheit gekennzeichnet gewesen sei, dass bei natürlicher Betrachtungsweise das Verhalten des Versicherten vor dem Überqueren der Straße auf seine veränderte Handlungstendenz schließen ließ, seinen Heimweg vollständig abzubrechen und der auf der anderen Straßenseite in entgegengesetzter Richtung gehenden Bekannten in eine nahegelegene Diskothek zu folgen. Darin habe der Senat eine deutliche Zäsur gesehen mit der Folge, dass bereits mit dem ersten Schritt in die entgegengesetzte Richtung der bis dahin bestehende Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst wurde und der Versicherungsschutz entfiel. Auch nach der seit der Entscheidung vom 9. Dezember 2013 neu justierten Rechtsprechung des BSG ist am Rechtsinstitut der geringfügigen Unterbrechung festzuhalten (dazu Schur, Spellbrink, SGb 2014, 589, 593), da die alleinige Orientierung an der jeweiligen Handlungstendenz des Versicherten das erst durch den Arbeitsweg bedingte Wegerisiko gänzlich ausblenden würde. Selbst wenn man das Wegerisiko weitergehend einschränken, nicht mehr auf vorrangig eigenwirtschaftliche Verrichtungen erstrecken sondern auf das Wirksamwerden typischer Wegegefahren reduzieren wollte (dazu Schur, Spellbrink, a.a.O., S. 539), wäre der Sturz des Klägers vom 28. Januar 2013 als versichert anzusehen, da er auf dem Weg zur Arbeit infolge Eisglätte des Straßenbelages verursacht wurde.
Letztlich ist auch allein dieses Ergebnis mit dem Schutzzweck der Norm vereinbar, die als Zurechnungskriterium neben der Kausalität erfüllt sein muss, um die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers begründen zu können, so das letztlich zu fordern ist, dass der gesetzlich begründete Unfallversicherungsschutz den Sinn und Zweck hat, gegen Schäden der konkret eingetretenen Art zu schützen (BSGE 112, 177, 184, 185). Die Wegeunfallversicherung soll den Versicherten bei Unfällen schützen, die er auf dem Hin- und Rückweg zur Arbeitsstätte erleidet, da er diesen Weg auch im Interesse des Betriebes in einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz zurücklegt (BSG – Urteil vom 18. Juni 2013 – B 2 U 7/12 R – juris; Keller, a.a.O., Rz 190 zu § 8). Dabei sollen nur geringfügige Unterbrechungen versicherungsunschädlich sein, auch wenn diese einer privaten Verrichtung dienen, da das Zurücklegen des Weges der wesentliche Grund dafür ist, dass der Versicherte in diese Situation gekommen ist (BSG – Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R Rz 19 – juris). Der Kläger ist auf dem alltäglich in gleicher Weise zurückgelegten Hinweg zur Arbeitsstätte verunglückt, als er mit dem Schließen des Hoftores eine ebenso täglich erledigte Verrichtung vorgenommen hat, die keine "Besonderheit" aufweist. Er wollte weder zurückgehen, um einen ausnahmsweise vergessenen Gegenstand zu holen (dazu Urteil des LSG Saarland vom 18. November 2014 – L 2 U 48/12 – juris) – beispielsweise ein Pausenbrot oder eine Brille (dazu Ziegler, a.a.O., Rz 232 zu § 8, Krasney, a.a.O., Rz 185 zu § 8), er wollte auch kein Regulierungsgespräch führen (wie in BSG SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 32), er wollte einem Mitfahrer keine im Pkw vergessene Tasche hinterherbringen (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 6. Juni 2013 - L 2 U 221/12 – juris), er wollte auch nicht vom Weg zur Arbeit abweichen um einen Erdbeer – oder sonstigen Einkauf zu tätigen (dazu BSG SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 50). Alle von der Beklagten angezogenen Entscheidungen des BSG oder anderer Landessozialgerichte unterscheiden sich daher in einem wesentlichen Punkt vom Fall des Klägers: Eingeschoben wurden jeweils Vorhaben, die mit der Zurücklegung des Weges in keinem unmittelbaren Zusammenhang standen und insoweit "außergewöhnlich" waren – anders als das vom Kläger alltäglich verrichtete Schließen des Hoftores nach der Durchfahrt mit dem Pkw auf dem Weg zur Arbeit. Dabei ist der Kläger infolge einer typischen Wegegefahr durch Ausrutschen auf eisglatter Fahrbahn verunfallt. In diese Gefahr ist er geraten, weil er das zuvor zwecks Pkw-Durchfahrt geöffnete Hoftor wieder schließen wollte, was entweder als einheitlicher natürlicher Vorgang bei Verlassen des privaten Hausgrundstückes zu werten ist oder zumindest als geringfügige Unterbrechung des Hinweges zur Arbeit, die den inneren Zusammenhang und damit den gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht beseitigt hat. Die von der Beklagten getroffene, allein auf das objektive Moment des Eigentumsschutzes abstellende Entscheidung ist der Gefahr erlegen, bei alleiniger Orientierung an der Handlungstendenz das durch den Arbeitsweg bedingte Wegerisiko "gänzlich auszublenden" (dagegen auch Schur, Spellbrink, a.a.O., Seite 593) und dem Schutzzweck der Norm letztlich keine Bedeutung mehr beizumessen.
Im Ergebnis war danach die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Denn die Frage der Abgrenzung und Bewertung des Hinweges zur Arbeit mit dem eigenen Pkw auf dem Privatgrundstück ist nicht entscheidungserheblich geworden. Der Unfall des Klägers vom 28. Januar 2013 ist von der Beklagten in jedem Falle nach den Grundsätzen der geringfügigen Unterbrechung als Wegeunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Damit war dem Rechtsstreit eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG ebenso wenig beizumessen wie er eine Abweichung von einer revisionsgerichtlichen Entscheidung im Sinne der dortigen Ziffer 2 bedeutet.
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