L 7 AL 100/14

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 11 AL 427/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 100/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Berechnung des Bemessungsentgelts ist das gesamte im Bemessungszeitraum erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt durch die tatsächliche Zahl der Kalendertage mit beitragspflichtigem Arbeitsentgelt zu teilen.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. April 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB Ill) und hierbei insbesondere um die Höhe des Bemessungsentgeltes (BME).

Der Kläger war von 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 2006 in der C-Gruppe und dort zuletzt bei Firma D. Bausysteme GmbH als Prokurist beschäftigt (Bl. 4 ff. der Verwaltungsakte). Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung der Arbeitgeberin vom 30. November 2005 zum 31. Dezember 2006 (Bl. 11 der Verwaltungsakte).

Der Kläger meldete sich bei der Beklagten zum 1. Januar 2007 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg (Bl. 1 der Verwaltungsakte). Im Hinblick darauf, dass er am 14. Januar 2007 das 58. Lebensjahr vollenden würde, machte der Kläger von seinem Dispositionsrecht Gebrauch (§ 118 Abs. 2 SGB III), wonach er erst ab 1. Januar 2008 Alg beziehen wolle (Erklärung des Klägers vom 9. Januar 2007, Bl. 33 der Verwaltungsakte). Durch Bescheide vom 10. Januar 2007 (Bl. 65 der Verwaltungsakte) und 29. Januar 2007 (Anhang "Schriftstücke im Auskunftssystem") bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Alg ab 1. Januar 2008 - zunächst vorläufig auf der Grundlage des § 42 Sozialgesetzbuch Ersten Buches (SGB I) unter Berücksichtigung eines täglichen BME in Höhe von 172,60 EUR.

Durch Bescheide vom 9. Januar 2008 (Bl. 89 der Verwaltungsakte) und vom 4. März 2008 (Bl. 98 der Gerichtsakte) bewilligte die Beklagte dem Kläger - nunmehr endgültig - Alg ab 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 - wiederum unter Berücksichtigung eines täglichen BME von 172,60 EUR (tägliches Leistungsentgelt: 105,60 EUR, täglicher Leistungssatz: 63,36 EUR). Widersprüche wurden gegen diese Bescheide nicht eingelegt.

Im September 2011 (Bl. 58 der Verwaltungsakte) wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Überprüfung der an die Rentenversicherung gemeldeten Beitragszeit aus dem Jahr 2007. Zur Begründung gab er an, auf Anraten eines Mitarbeiters der Rentenversicherung habe er über den auf der Internetseite der Arbeitsagentur befindlichen Rechner die Angaben überprüft und dabei festgestellt, dass ein Fehler in der Berechnung vorliegen müsse. Nach seinen Feststellungen hätte bei der Berechnung des Alg das seinerzeit tatsächlich erzielte Entgelt und nicht - wie seitens der Bundesagentur geschehen - der Betrag der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden müssen.

Die Beklage wertete dies als Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehnten Buches (SGB X) und teilte dem Kläger durch Bescheid vom 14. September 2011 (Bl. 59 der Verwaltungsakte) mit, die Entgeltmeldung an die Deutsche Rentenversicherung für die Jahre 2008 und 2009 (richtig: 2007 und 2008) sei nicht zu beanstanden. Die Überprüfung habe ergeben, dass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch das Recht falsch angewendet worden sei. Für die Berechnung des BME sei sein Verdienst (Beitragsbemessungsgrenze) aus dem Jahr 2006 zugrunde gelegt worden. Bei monatlich 5.250 EUR habe sich ein Jahresverdienst in Höhe von 63.000 EUR ergeben. Das tägliche BME betrage somit 172,60 EUR (63.000 Euro dividiert durch 365 Tage für das Jahr 2006). Für die Entgeltmeldung an die Deutsche Rentenversicherung seien 80 v. H. des täglichen BME berücksichtigt worden. Da nach § 134 SGB Ill das für volle Monate zu zahlende Alg nur für 30 Tage gewährt werde, habe sich pro Kalenderjahr ein Anspruch auf Alg für 360 Tage ergeben. Die jährliche Entgeltmeldung mit gerundet 49.709 EUR sei somit korrekt (172,60 EUR mal 80 v. H. mal 360 Tage = 49.708,80 EUR).

Dagegen erhob der Kläger mit Email vom 19. September 2011 (Bl. 60 der Verwaltungsakte) und Schreiben vom 24. September 2011 (Bl. 74 der Verwaltungsakte) Widerspruch und führte zur Begründung u.a. aus, sein für die Leistungshöhe des Alg sowie die Meldung an die Rentenversicherung relevantes Bruttoeinkommen habe im Jahr 2006 deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) würden 80 v. H. dieses Arbeitsentgeltes, maximal in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze, der Sozialversicherung gemeldet. Die Rechnung könne daher zu keinem anderen Betrag führen als zu 80 v. H. von jährlich 63.000 EUR oder monatlich 5.250 EUR, das monatlich 4.200 EUR oder jährlich 50.400 EUR ergebe. Die von der Beklagten im Rahmen des § 131 SGB III durchgeführte Berechnungsweise, nämlich für den durchschnittlichen Tagessatz einen Divisor von 365 anzuwenden, aber bei der Leistung, wie in § 134 SGB Ill vorgesehen, nur mit 360 zu multiplizieren, reduziere den Vomhundertsatz nach Maßgabe des § 166 SGB VI von 80 v. H. auf lediglich 78,9 v. H. und widerspreche somit geltendem Recht. Auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung würde unter dem Stichwort "Beitragsbemessungsgrenzen für 2006" ein monatlicher Betrag in Höhe von 5.250 EUR für den Monat bzw. 175 EUR täglich genannt. Auch die Beklagte nenne für 2006 im "Selbstberechnungsprogramm für die Ermittlung der Höhe des Arbeitslosengeldes l" als maßgebliches BME einen Betrag von 175 EUR täglich und erläutere dazu:

"Das tägliche Bruttoentgelt wird errechnet, in dem der von ihnen angegebene Monatswert mit 12 multipliziert und durch 365 dividiert wird (täglicher Wert im Monatsdurchschnitt). Übersteigt das so errechnete Entgelt den Wert der maßgeblichen täglichen Beitragsbemessungsgrenze, erfolgt eine Begrenzung auf diesen Wert".

Auch hier werde die tägliche BME mit 175 EUR beziffert.

Im Merkblatt der Bundesagentur SV 1-01.2010. finde sich dazu unter Punkt 3.4 "Berechnung der Höchstbeiträge" folgender Text:

"Als beitragspflichtige Einnahmen zur Berechnung der Beiträge in der Rentenversicherung werden 80 v. H. des Arbeitsentgeltes berücksichtigt, das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegt (vgl. Merkblatt für Arbeitslose Merkblatt 1- Nr. 4.1). Es werden jedoch höchstens 80 v. H. der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt, das sind im Jahr 2010 in den alten Bundesländern täglich 146,66 EUR, in den neuen Bundesländern täglich 124 EUR. Bei vollen Kalendermonaten werden grundsätzlich 30 Tage berücksichtigt."

Als tägliche Bemessungsgrenze werde danach von der Beklagten selbst der 360ste Teil der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze genannt, die im Jahr 2010 66.000 EUR betragen habe. Daher müssten auch die Leistungsbescheide der Beklagten korrigiert werden und für die Höhe des Alg ein tägliches BME in Höhe von 175 EUR zugrunde gelegt sowie ihm die sich daraus ergebende Differenz in Höhe von 489,60 EUR plus 6% Zinsen ausgezahlt werden.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. September 2011 (Bl. 76 der Verwaltungsakte) mit der Begründung zurück, dem Kläger sei durch Bescheid vom 10. Januar 2007 - geändert durch Bescheide vom 29. Januar 2007, 9. Januar 2008 und vom 4. März 2008 - Alg unter Zugrundelegung eines täglichen BME in Höhe von 172,60 EUR bewilligt worden. Die Überprüfung dieser bindend gewordenen Bewilligungsbescheide nach Maßgabe des § 44 SGB X habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Einwände des Klägers könnten nicht berücksichtigt werden, da diese nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Berechnung des Alg nicht ein tägliches BME in Höhe von 175 EUR (63.000 EUR: 360 Tage = 175 EUR) als Bemessungsentgelt zu Grunde zu legen. Nach § 131 Abs. 1 SGB III sei das BME das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Das kalendertägliche Arbeitsentgelt werde ermittelt, in dem die Summe der Arbeitsentgelte im Bemessungszeitraum durch die Kalendertage der Entgeltzeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung geteilt würde. Das Ergebnis der Berechnung sei nach Maßgabe von § 338 Abs. 2 SGB III zu runden. Danach errechne sich bei dem Kläger ein BME von 172,60 EUR (63.000 EUR durch 365 Kalendertage = 172,6027 EUR = gerundet 172,60 EUR).

Dagegen erhob der Kläger am 12. Oktober 2011 (Bl. 1 der Gerichtsakte) Klage beim Sozialgericht in Darmstadt. Mit ihr begehrte er weiterhin höheres Alg und ursprünglich auch eine korrigierte Meldung an den Rentenversicherungsträger. Zur Begründung bezog er sich im Wesentlichen auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren. Ergänzend führte er aus, er bestreite nicht, dass § 131 Abs. 1 SGB III vorliegend anzuwenden sei. Allerdings erläutere die Bundesagentur sowohl im "Merkblatt" als auch im Selbstrechnungsprogramm eine andere Berechnungsweise. Auch auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung würden unter "R 2-Beitragsbemessungsgrenzen" für 2006 als monatliche Bemessungsgrenze 5.250 EUR oder täglich 175 EUR genannt. Die Vorgehensweise der Beklagten, im Rahmen des § 131 SGB Ill für die Ermittlung des durchschnittlichen Tagessatzes mit der Zahl 365 zu dividieren, aber bei der Leistung, wie in § 134 SGB Ill, vorgesehen, nur mit der Zahl 360 zu multiplizieren, erscheine willkürlich.

Das Gericht wies im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 26. Januar 2012 darauf hin, dass die Höhe des Alg ab 1. Januar 2008 vorgreiflich für die Frage sei, in welcher Höhe die Beiträge zur Rentenversicherung abzuführen gewesen wären und regte daher an, eine Überprüfung der bestandskräftig gewordenen (endgültigen) Bewilligungsbescheide der Beklagten vom 9. Januar 2008 und 4. März 2008 nach Maßgabe des § 44 SGB X durchführen zu lassen. Die Beteiligten erklärten sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden.

Durch Bescheide vom 15. März 2012 (Bl. 109, 110 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Anträge auf Überprüfung des Bescheides vom 9. Januar 2008 und des Bescheides vom 4. März 2008 nach Maßgabe des § 44 SGB X jeweils mit der Begründung ab, die Überprüfung habe ergeben, dass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch das Recht falsch angewandt worden sei. Die dagegen vom Kläger mit Schreiben vom 9. April 2012 (Bl. 82 der Verwaltungsakte) erhobenen Widersprüche wies die Beklagte durch die Widerspruchsbescheide vom 30. April 2012 (Bl. 93, 101 der Verwaltungsakte) jeweils zurück. In den Widerspruchsbescheiden vom 30. April 2012 war dazu ausgeführt, die Höhe der dem Kläger bewilligten Leistungen ab 1. Januar 2008 sei zutreffend festgestellt worden (täglicher Leistungssatz Höhe von 63,36 EUR). Dabei sei von einer jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 63.000 EUR ausgegangen worden und - bezogen auf den Bemessungsrahmen von einem Jahr - von einem täglichen BME in Höhe von 172,60 EUR. Für die Berechnung des Leistungsentgeltes würden nach § 133 SGB III vom BME (182,60 EUR täglich [richtig 172,60 EUR täglich]) pauschal folgende Beträge abgezogen: 63,25 EUR für die Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 v.H., 29,15 EUR für die Lohnsteuer, die im Jahr des Antrags zu erheben gewesen sei und 1,60 EUR für den Solidaritätszuschlag. Dabei seien individuelle Freibeträge und Pauschalen nicht zu berücksichtigen. Daraus ergebe sich ein Leistungsentgelt in Höhe von 36,36 EUR (richtig: 105,60 EUR). Der tägliche Leistungssatz errechne sich gemäß § 129 Nr. 2 SGB Ill, wonach das Alg 60 v.H. (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgeltes (Leistungsentgelt) betrage, das sich aus dem Bruttoentgelt ergebe, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe (BME). Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung eines täglichen Leistungssatzes in Höhe von 63,36 EUR sei daher nicht zu beanstanden.

Der Kläger beantragte im erstinstanzlichen Verfahren, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 15. März 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. April 2012 zu verurteilen, ihm unter Änderung der Bescheide vom 9. Januar 2008 und 4. März 2008 Alg für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 175 EUR nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Dem trat die Beklagte entgegen und hielt die getroffenen Entscheidungen unter Berufung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 30. April 2012 für zutreffend. Der Terminsvertreter der Beklagten erklärte sich jedoch für den Fall des rechtskräftigen Abschlusses dieses Verfahrens bereit, die Meldung an den Rentenversicherungsträger gegebenenfalls in der Weise zu korrigieren, dass für die Berechnung des Alg der Betrag der jährlichen BME nicht durch 365 Tage (wie bisher erfolgt), sondern nur durch 360 Tage dividiert werde.

Mit Urteil vom 17. April 2014 hob das Sozialgericht Darmstadt die Bescheide vom 15. März 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. April 2012 auf und verurteilte die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 9. Januar 2008 und vom 4. März 2008 dazu, dem Kläger Arbeitslosengeld vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 unter Zugrundelegung eines täglichen BME in Höhe von 175 EUR nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Außerdem lies das Sozialgericht die Berufung zu.

Zur Begründung führte das Sozialgericht an, die zulässige Klage sei begründet. Gegenstand des Rechtsstreits seien nunmehr die Bescheide der Beklagten vom 15. März 2012 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. April 2012, in denen die Beklagte es abgelehnt habe, die bestandskräftigen Bewilligungsbescheide zu ändern und höheres Alg zu zahlen. Ursprünglicher Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sei zwar der Bescheid der Beklagten vom 14. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2011 gewesen. Auf den gerichtlichen Hinweis habe der Kläger jedoch Überprüfungsanträge gestellt, die durch die Bescheide der Beklagten vom 15. März 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. April 2012 beschieden worden seien. Übereinstimmend seien die Beteiligten davon ausgegangen, dass insoweit vom Vorliegen einer sachdienlichen Klageänderung auszugehen sei (§ 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Nachdem sich der Terminsvertreter der Beklagten auch bereit erklärt habe, für den Fall des rechtskräftigen Abschlusses dieses Verfahrens die Meldung an den Rentenversicherungsträger in der Weise zu korrigieren, dass das jährliche BME, nicht - wie bisher erfolgt - durch 365 Tage, sondern nur durch 360 Tage dividiert werden würde, habe der Kläger seinen Antrag auf Korrektur der an den Rentenversicherungsträger gemeldeten Beitragszeiten nicht mehr aufrecht erhalten und ihn ausdrücklich auf die Korrektur der Leistungshöhe beim Alg beschränkt.

Die Bescheide der Beklagten vom 15. März 2012 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. April 2012 seien rechtswidrig und daher abzuändern. Die Beklagte habe es darin zu Unrecht abgelehnt, die Höhe des dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. Dezember 2009 zustehenden Alg, insbesondere das der Berechnung des Alg zugrunde zulegenden BME neu zu berechnen.

Entscheidungsgrundlage sei vorliegend § 44 SGB X. Nach § 44 Abs. 1 SGB X sei ein bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt dann zurückzunehmen, wenn bei seinem Erlass das Recht nicht richtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Diese Voraussetzungen seien vorliegend im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 9. Januar 2008 und 4. März 2008 zu Gunsten des Klägers erfüllt.

Bei Erlass dieser dem Kläger Alg bewilligenden Bescheide sei das Recht insoweit unrichtig angewandt worden, als die Beklagte darin die Höhe des dem Kläger zustehenden Alg für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 nicht zutreffend berechnet habe.

Entscheidungsgrundlage für die Berechnung des Alg seien im Hinblick auf den hier streitgegenständlichen Zeitraum die Regelungen der §§ 129 ff. SGB III in der vom 1. August 2001 bis 31. März 2012 geltenden Fassung (a.F.).

Nach § 129 Nr. 1 SGB III a.F. habe das Alg für Arbeitslose - ohne Kinder - 60 v.H. (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt) betragen, das sich aus dem Bruttoentgelt ergeben habe, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe (BME).

Nach § 130 SGB III in der hier vom 1. Januar 2007 bis 31. Mai 2008 anzuwendenden alten Fassung (a.F.) habe der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen umfasst. Der Bemessungsrahmen habe ein Jahr umfasst und er habe mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs geendet.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier vom 1. April 2006 bis 31. Dezember 2008 geltenden alten Fassung sei das BME das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Die Ermittlung des BME erfolge seit dem 1. Januar 2005 auf Tagesbasis; es handele sich um das durchschnittlich auf den Kalendertag entfallende Arbeitsentgelt (§ 134 SGB III a.F.).

Da der Bemessungszeitraum nur die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume von die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungen umfasse (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.), könne nur Arbeitsentgelt, das die Beitragspflicht begründet habe, für die Bemessung maßgebend sein. Zu berücksichtigen sei daher nur das Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 SGB III in der seinerzeit und auch heute noch geltenden Fassung). Nach § 341 Abs. 4 SGB III gelte in der Arbeitslosenversicherung die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten. Nach § 341 Abs. 3 Satz 1 SGB III seien Grundlage für die Beitragsbemessung die beitragspflichtigen Einnahmen, die bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt werden. Nach Satz 2 der Vorschrift sei für die Berechnung der Beiträge die Woche zu sieben, der Monat zu dreißig und das Jahr zu dreihundertsechzig Tagen anzusetzen, soweit im SGB III nichts anderes bestimmt sei.

Nach § 134 SGB III a.F. (jetzt: § 154 SGB III) sei Arbeitslosengeld für Kalendertage berechnet und geleistet worden; wenn es für den vollen Monat zu leisten sei, sei dieser mit 30 Kalendertagen anzusetzen.

Nach § 339 SGB Ill (in der seinerzeit und auch heute noch geltenden Fassung) werde für die Berechnung von Leistungen ein Monat mit 30 Tagen und eine Woche mit sieben Tagen berechnet.

Umfasse der Bemessungszeitraum - wie vorliegend - ein ganzes Jahr mit Anspruch auf Arbeitsentgelt stelle sich die Frage, ob das Jahreseinkommen durch 365 (oder in einem Schaltjahr 366) Tage zu teilen sei oder, weil nach § 134 SGB III a.F. (jetzt: 154 SGB III) Arbeitslosengeld für das ganze Jahr nur für 360 Tage (12 mal 30 Tage) gezahlt werde, nur durch 360 zu teilen sei.

Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 6. Mai 2009 - B 11 AL 7/08 R - entschieden, dass bei der Berechnung des BME mit einem Bemessungszeitraum von einem ganzen Jahr das Jahreseinkommen durch 365 Tage zu teilen sei. Dies stehe nicht im Widerspruch zu den Regelungen der §§ 134 und 339 Satz 1 SGB III, sondern folge aus der Regelung des § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III, wonach das Alg "für Kalendertage berechnet" werde. Das Gericht folge dieser Auffassung jedoch nicht.

Aus der Regelung des § 134 SGB Ill, wonach bei der Berechnung des Alg der Monat gleichmäßig mit 30 Tagen anzusetzen sei, folge nicht zwingend, dass § 339 SGB III nicht anzuwenden wäre. Dafür spreche auch die - alte - Regelung des § 132 Abs. 2 Nr. 2 SGB Ill a.F. (jetzt: § 152 Abs. 2 Nr.2 SGB III), wonach bei der Ermittlung des fiktiven Bemessungsentgeltes der Tagesbetrag mit 1/360 der Bezugsgröße, der als Jahresbetrag errechnet wird, angesetzt worden sei (und auch nach der Neuregelung des § 152 SGB III angesetzt werde). Diese Auffassung werde auch durch einen Vergleich mit anderen Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Übergangsgeld und Versorgungskrankengeld gestützt, die ebenfalls für Kalendertage ermittelt würden und bei deren Berechnung die Monatsentgelte durch 30 und die Jahresentgelte durch 360 geteilt würden (vgl. § 47 Abs. 2 Sätze 3 und 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 47 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), § 47 Abs. 1 Satz 3 und 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und § 16a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Die von der Beklagten angewandte Berechnungsweise (Teilung des zu berücksichtigenden Jahreseinkommens durch 365 bzw. 366 Tage anstatt durch 360 Tage) würde insoweit zu einer nicht zu rechtfertigenden Benachteiligung der Arbeitslosen im Vergleich zu den Beziehern anderer Lohnersatzleistungen führen (vgl. dazu: Winkler, in: info also, 4/2006, S. 149). Dabei sei auch zu bedenken, dass der vom Kläger aufgrund eigener (höherer) Beiträge erworbene Anspruch auf Alg verfassungsrechtlich geschützt sei und nicht aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gekürzt werden dürfe.

Das dem Alg zugrunde zulegende Bemessungsentgelt (in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 63.000 EUR im Jahr 2006) sei im Falle des Klägers daher nicht durch 365, sondern nur durch 360 Tage zu teilen (63.000 EUR durch 360 Tage = 175 EUR). Der Kläger hätte daher im Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009) Alg unter Berücksichtigung eines täglichen BME in Höhe von 175 EUR bewilligt und ausgezahlt werden müssen. Die Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X sei eingehalten.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 11. August 2014 zugestellt. Dagegen hat sie am 2. September 2014 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Die Beklagte verweist darauf, dass nach § 131 Abs. 1 S. 1 SGB Ill a.F. (heute § 151 Abs. 1 S. 1 SGB Ill) Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt sei, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Das erstinstanzliche Gericht habe zutreffend auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. Mai 2009, B 11 AL 7/08 R, verwiesen, wonach bei der Berechnung des Bemessungsentgelts mit einem Bemessungszeitraum von einem ganzen Jahr das Jahreseinkommen durch 365 Tage zu teilen sei. Der 7. Senat des Bundessozialgerichts habe mit Beschluss vom 16. Februar 2011, B 7 AL 156/10 B, im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde unter Verweis auf das vorgenannte Urteil die Rechtsfrage betreffend die Berechnung des Bemessungsentgelts als geklärt angesehen. Einer von dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts abweichenden Auffassung, könne nicht gefolgt werden.

Der Gesetzgeber habe zum 1. Januar 2005 die Bemessung des Arbeitslosengeldes neu geregelt. In der Begründung heiße es u.a. "Ziel der Reformbestrebung sei es deshalb, die Vielfalt und die Komplexität der Regelungen zum Bemessungsrecht zurückzuführen und das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen. Verwaltungsvereinfachung sei allerdings nur zu erreichen, wenn detaillierte Einzelfallgerechtigkeit durch ein größeres Maß an Pauschalierung ersetzt und Ausnahmeregelungen beschränkt würden (BT Drs. 15/1515 S.85). Der Gesetzgeber habe einen Bemessungsrahmen von einem Jahr vorgegeben. Dieses Jahr umfasse 365 Tage und nicht 360 Tage. Das Bemessungsentgelt sei das durchschnittliche auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose in diesem Jahreszeitraum erzielt habe. Habe der Arbeitslose das ganze Jahr gearbeitet und Arbeitsentgelt erhalten, so sei dieses Entgelt, das für 365 Tage gezahlt wurde, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 131 SGB III a.F. (heute § 151 SGB Ill) auch durch die Anzahl von Tagen zu teilen, für die es gezahlt wurde, also durch 365. Die Beklagte sehe auch keine Ungleichbehandlung, da bei der Berechnung des Bemessungsentgelts bei allen Beziehern von Arbeitslosengeld gleich verfahren werde. So werde z.B. bei einem zusammenhängenden Arbeitsentgelt für ein halbes Jahr im Bemessungszeitraum dieses nicht durch 180 Tage, sondern durch die tatsächliche Anzahl von Tagen geteilt (z.B. 181 oder 184 Tage). Auch eine Ungleichbehandlung mit Beziehern von anderen Lohnersatzleistungen werde nicht gesehen. Der Gesetzgeber habe sich bei der Neuregelung zum 1. Januar 2005 gerade nicht dafür entschieden, die Berechnung des Regelentgelts anderer Lohnersatzleistungen zu übernehmen, sondern habe eine abweichende Regelung für den Bereich der Arbeitsförderung getroffen und nur eine minimale Anpassung an die anderen Lohnersatzleistungen vorgenommen (so in § 134 S. 2 SGB Ill a.F.; heute § 154 S. 2 SGB Ill). Das Bundessozialgericht habe die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Bemessungsentgelts bestätigt und habe offensichtlich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch in der Kommentarliteratur werde diese Berechnungsweise vertreten, z.B. Behrend in Eicher/Schlegel, SGB Ill, § 151 Rdnr. 80; Michalla-Munsche in Beck-OK, SGB III, § 151 Rdnr. 14, 14a; Rolfs in Gagel, SGB Ill, § 151 Rdnr. 10,11).

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. April 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die über den Kläger bei der Beklagten geführten Leistungsakte verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist auch statthaft gemäß §§ 143 und 144 SGG. Sie wurde vom Sozialgericht zugelassen. Daran ist das Landessozialgericht gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

Die Berufung ist auch begründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 15. März 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. April 2012, mit denen sie es abgelehnt hat, dem Kläger unter Abänderung ihrer Bescheide vom 9. Januar 2008 und vom 4. März 2008 für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 ein höheres Alg zu zahlen, sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht für diesen Zeitraum kein höheres Alg zu. Die Beklagte hat die Höhe des dem Kläger zustehenden Alg für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 zutreffend berechnet, so dass dieser eine Änderung der entsprechenden Bewilligungsbescheide nicht nach § 44 SGB X verlangen kann.

Die Ausführungen des Sozialgerichts zum Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens und zur Höhe des dem Kläger zustehenden Alg sind - mit Ausnahme der Ausführungen zur Höhe des Bemessungsentgelts - zutreffend. Insofern wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts Darmstadt im angegriffenen Urteil verwiesen, die sich der Senat nach Prüfung zu Eigen macht.

Das Landessozialgericht kann sich jedoch den Ausführungen des Sozialgerichts zur Höhe des Bemessungsentgelts nicht anschließen. Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 6. Mai 2009, B 11 AL 7/08 R, Juris, Rdnr. 19; Beschluss vom 16. Februar 2011, B 7 AL 156/10 B, Juris, Rdnr. 6; so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. April 2010, L 9 AL 53/08, Juris, Rdnr. 25 ff.; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009, L 8 AL 3880/08, Juris, Rdnr. 27 jedoch zeitlich vor den Entscheidungen des Bundessozialgerichts) und mit der in der Literatur - soweit ersichtlich - einhellig vertretenen Auffassung (siehe nur Michalla-Munsche, in: Beck-OK, SGB III, § 151 Rdnr. 14, 14a; Rolfs, in: Gagel, SGB ll / SGB III, Stand: Juni 2015, § 151 SGB III, Rdnr. 10, 11; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand: September 2015, § 151, Rdnr. 38, 39; Behrend; in: Eicher/Schlegel, SGB Ill, Stand: April 2014, § 151 Rdnr. 80; Eppelein, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 151 SGB III, Rdnr. 9) ist davon auszugehen, dass wegen der vom 1. April 2006 bis 31. Dezember 2008 geltenden Regelung des § 131 Abs. 1 S. 1 SGB III (heute § 151 Abs. 1 S. 1 SGB III), nach der das BME das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt ist, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt eines einjährigen Bemessungszeitraums durch 365 (oder in einem Schaltjahr 366) Tage zu teilen ist.

Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut des § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. (heute unverändert § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III), der bestimmt, dass Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im "Bemessungszeitraum" erzielt hat, ist, in Verbindung mit dem Wortlaut der Regelung des § 130 Abs. 1 und 3 SGB III a.F., nach der der Bemessungszeitraum "ein Jahr" umfasst und unter bestimmten Voraussetzungen auf "zwei Jahre" erweitert werden kann. Damit ist die Regelung des § 339 SGB Ill, nach der für die Berechnung von Leistungen ein Monat mit 30 Tagen und eine Woche mit sieben Tagen berechnet wird, nicht einschlägig, da dort gerade keine Bestimmung getroffen, dass ein Jahr mit 360 Tagen berechnet wird (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. April 2010, L 9 AL 53/08, Juris, Rdnr. 27). Auch die Regelung des § 134 SGB III a.F. (heute unverändert § 154 SGB III), nach der Arbeitslosengeld für Kalendertage berechnet und geleistet wird und ein Monat mit 30 Kalendertagen anzusetzen ist, wenn das Alg für den vollen Monat zu leisten ist, ist für die Berechnung des Bemessungsentgelts nicht einschlägig. Dort ist im Hinblick auf die Berechnung des Alg nur geregelt, dass das Arbeitslosengeld für Kalendertage zu berechnen ist und für einen vollen Monat immer mit einem gleichbleibenden Betrag für 30 Kalendertage anzusetzen ist, unabhängig davon, ob der konkrete Monat 28, 29, 30 oder 31 Tage umfasst. Damit regelt diese Norm nur die unmittelbare Berechnung des Arbeitslosengeldes und trifft jedoch keine Regelung über die Berechnung des Bemessungszeitraums (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. April 2010, L 9 AL 53/08, Juris, Rdnr. 27). Das der Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrundeliegende Bemessungsentgelt einschließlich der Bestimmung des Bemessungszeitraums ist vielmehr abschließend in § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. und § 130 Abs. 1 und 3 SGB III a.F. geregelt.

Ein gegenteiliger Schluss kann auch nicht aus den Regelungen über die Ermittlung eines fiktiven Bemessungsentgelts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 SGB Ill a.F. und jetzt § 152 Abs. 2 Nr. 2 SGB III) gezogen werden, da sich die Berechnungen eines fiktiven Bemessungsentgelts und eines realen Bemessungsentgelts wegen des fiktiven Charakters des fiktiven Bemessungsentgelts gerade unterscheiden können.

Auch ein Vergleich der Berechnung mit anderen Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Übergangsgeld und Versorgungskrankengeld, soweit diese ebenfalls für Kalendertage ermittelt werden und bei deren Berechnung die Monatsentgelte durch 30 und die Jahresentgelte durch 360 geteilt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis, da sich die Berechnung verschiedener rechtlich selbständiger Lohnersatzleistungen unterscheiden kann, ohne dass dies verfassungsrechtlich bedenklich wäre, da jedenfalls alle Bezieher der Lohnersatzleistung Arbeitslosengeld gleich behandelt werden.

Ein Verfassungsverstoß ist auch bei einer unterschiedlichen Berechnungsweise von Beiträgen und Leistungen nicht ersichtlich. Auch wenn die Beiträge nach § 341 Abs. 3 Satz 3 SGB III aus einem Dreihundertsechzigstel der Beitragsbemessungsgrenze für den Kalendertag zu berücksichtigen sind, während das Bemessungsentgelt nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. bei einem einjährigen Bemessungszeitraum aus einer Teilung mit 365 Tagen errechnet wird und dies der Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde gelegt wird, ist kein Verfassungsverstoß ersichtlich, da dies für alle Versicherten gleichermaßen gilt. Damit liegt auch kein Verstoß gegen das von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ohnehin nicht streng angewendete Versicherungsprinzip vor (siehe auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. April 2010, L 9 AL 53/08, Juris, Rdnr. 29).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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