L 4 KA 53/13

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 871/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 53/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 84/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ausschließlich bzw. weit überwiegend schmerztherapeutisch tätigen Vertragsärzten gemäß Präambel 30.7 Nr. 6 EBM erfüllen nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens nach Abschnitt II HV 2010 in der Fassung der 2. Nachtragsvereinbarung zum HV 2010 ab 1. Juli 2010 i. V. m. Anlage 6 zu Abschnitt II Nr. 6 HV 2010 und Ziff. 3.3. i. V. m. Anlage 3 zum Beschluss des BewA vom 26. März 2010 (218. Sitzung, DÄBl. 2010 Beilage zu Heft 16, S. 1 ff).
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 31. Juli 2013 insoweit aufgehoben als damit die auf eine weitergehende Erhöhung der RLV-Fallzahl gerichtete Klage für die Quartale III/10 und IV/10 abgewiesen wurde.
Die Beklagte wird insoweit unter Änderung des Bescheids vom 18. Januar 2011 sowie des Honorarbescheids für das Quartal IV/10, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 31. Juli 2013 aufgehoben, soweit damit der Bescheid vom 18. Januar 2011 betreffend die Quartale III/10 und IV/10 sowie der Honorarbescheid für das Quartal IV/10, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2011, insoweit aufgehoben wurde, als die Beklagte der Klägerin keine QZV gewährt hat und sie – die Beklagte – insoweit verurteilt wurde, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, und die Klage wird insoweit abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 65% und die Beklagte 35% zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen (RLV) für die Behandlung von Schmerzpatienten, die Erhöhung der Fallzahlobergrenze und die Gewährung eines qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens (QZV) für die Quartale III/10 und IV/10.

Die Klägerin ist seit dem 22. Mai 1995 als Fachärztin für Anästhesiologie zugelassen und seit dem 1. Januar 1996 mit Praxissitz in A-Stadt niedergelassen. Sie nimmt an der Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie teil, besitzt die Genehmigung zur Abrechnung der Ziffer 30704 EBM, ist ausschließlich schmerztherapeutisch tätig und der Fachgruppe der Schmerztherapeuten zugeordnet.

Die Klägerin beantragt mit Schreiben vom 4. Dezember 2009 eine Fallzahlerhöhung für die Behandlung von Schmerzpatienten für das Jahr 2010.

Mit Bescheiden vom 18. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 und vom 31. August 2010 wies die Beklagte der Klägerin jeweils ein praxisbezogenes RLV für die Quartale III/10 und IV/10 zu. Dieses stellte sich wie folgt dar:

Quartal RLV-relevante Fallzahl Fallwert Arztgruppe (in EUR) Praxisin-dividueller Fallwert (in EUR) Fallwert-abstaf-felung Alters-struktur-quote Aufschlag für BAG RLV (in EUR)
III/10 314 117,74 244,41 1,0000 0,9899 1,000 36.596,96
IV/10 350 109,70 224,65 1,0000 0,9939 1,000 38.160,79

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 15. Juli 2010 und 8. September 2010 jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die gewährten Fallwerte nicht einmal ausreichten, ein Erstgespräch nach den Ziffern 30700, 30702 und 30704 EBM abzudecken. Hinzu kämen in der Regel die Ziffern 30706, 30708, 30710-30760 und 35100-35110 EBM und bei Psychotherapie-Zusatzbezeichnung noch die Ziffern 35140-35300 EBM. Der Fallwert sei mindestens auf 159,09 EUR zu erhöhen, wenn ein Anpassungsfaktor von 1,3223 zur Berechnung des RLV mit eingerechnet werde. Da Schmerztherapeuten kein QZV zugeteilt bekämen und somit ein QZV Akupunktur und auch belegärztliche Leistungen wegfallen würden, beantrage sie einen Fallwert von mindestens 200,00 EUR.

Die Beklagte entsprach den Anträgen der Klägerin mit Bescheid vom 18. Januar 2011 insoweit, als ihr für die Quartale III/10 und IV/10 jeweils ein Fallwert von 160,00 EUR zuerkannt wurde und eine Fallzahlerhöhung für das Quartal III/10 auf 360 Fälle und für das Quartal IV/10 auf 375 Fälle gewährt wurde.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 31. Januar 2011 Widerspruch ein. Ein Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/10 folgte am 20. August 2011. Sie habe in diesem Quartal 387 Patienten behandelt, aber nur 350 Fälle seien berücksichtigt worden. Der Honorarbescheid für das Quartal III/10 wurde nicht angefochten.

Das RLV der Klägerin stellte sich im Quartal IV/10 wie folgt dar: Arztbezogenes RLV — Obergrenze — Arztbezogenes RLV — angefordert — Abweichung (Über-/ Unterschreitung)
55.658,40 EUR 82.856,80 EUR +27.198,40 EUR

Für den Überschreitungsbetrag ist nach Durchführung der Abstaffellung ein Honorar von 2.329,54 EUR ausgezahlt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2011 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als sie im Rahmen des Antragsverfahrens für das Quartal IV/10 die bereits zugesagte RLV-Fallwerterhöhung auf 160,00 EUR und die Fallzahlerhöhung auf 375 vornahm. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit gebe der Gesetzgeber für die Vergütung der Ärzte arzt- und praxisbezogene RLV in § 87b SGB V vor. Auf der Basis dieser Vorgaben habe der Bewertungsausschuss ein Verfahren zur Berechnung und Anpassung der RLV und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina (QZV) beschlossen. Mit dem Honorarvertrag sowie den Nachtrags- und Ergänzungsvereinbarungen für das Jahr 2010 (HV) habe sie mit den Verbänden der Krankenkassen diese Vorgaben gemäß § 87b SGB V umgesetzt. Jeder Arzt einer Arztgruppe gemäß Anlage 1 zum HV erhalte ein arztgruppenspezifisches RLV. Dieses resultiere aus der Multiplikation der für das RLV relevanten Fälle des Arztes aus dem Vorjahresquartal mit dem jeweils gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwert sowie weiterhin mit der Fallwertabstaffelung, der Altersstrukturquote und ggf. dem Aufschlag für Berufsausübungsgemeinschaften. Des Weiteren seien zum 1. Juli 2010 QZV eingeführt worden, die die sogenannten "freien" Leistungen und Fallwertzuschläge der vorangegangenen Quartale ersetzt hätten. Die Einführung der QZV sei erforderlich gewesen, weil eine erhebliche Ausweitung der freien Leistungen zu einem deutlichen Absinken der RLV-Fallwerte geführt habe. Ein Arzt habe gemäß Abschnitt II Nr. 3.3 HV Anspruch auf die arztgruppenspezifischen QZV, wenn
- er mindestens eine Leistung des entsprechenden QZV im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht habe;
- er die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktsbezeichnung führe und die sonstigen Voraussetzungen für die Erbringung der Leistungen des QZV nach dem EBM, insbesondere Qualifikationen gemäß §§ 135 Abs. 2, 137 SGB V und Zusatzbezeichnungen, nachgewiesen habe oder
- die Versorgung der Versicherten mit einer Leistung des QZV aus Sicherstellungsgründen notwendig sei und/oder
- der Vorstand der Beklagten im Einzelfall eine abweichende Regelung treffe.

Die Höhe des QZV ermittle sich aus der Multiplikation der für die QZV relevanten Fälle mit dem entsprechenden Fallwert. Hinsichtlich der begehrten Fallzahlerhöhung sei festzustellen, dass im EBM für die Erbringung der Zusatzpauschale nach der Ziffer 30702 EBM in schmerztherapeutischen Einrichtungen ein Zuschlag aufgenommen worden sei, welcher einmal im Behandlungsfall mit der Ziffer 30704 EBM ausschließlich von anerkannten schmerztherapeutischen Einrichtungen abgerechnet werden könne. Hierzu sei in Nr. 6 der Präambel des Abschnitts 30.7 EBM neben einer regelmäßig zu betreuenden Zahl von mindestens 150 Patienten auch eine Begrenzung der Gesamtzahl der schmerztherapeutisch betreuten Patienten von höchstens 300 Behandlungsfällen je Vertragsarzt pro Quartal geregelt. Diese Begrenzung auf je 300 Behandlungsfälle könne aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten auf Antrag durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung modifiziert werden. Der Vorstand der Beklagten habe bereits im Januar 2008 unter Einbeziehung der Empfehlung der Schmerztherapie-Kommission und des Berufsverbandes der Schmerztherapeuten in Deutschland (BVSD) beschlossen, unter bestimmten Voraussetzungen die Fallzahlbegrenzung für die schmerztherapeutische Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten zu erhöhen, wobei er eine pauschale Fallzahlerhöhung ohne Berücksichtigung der Praxis- und Patientenstruktur als nicht sachgerecht abgelehnt habe. Vielmehr sei eine Fallzahlerhöhung nur zu befürworten, wenn eine einzelfallbezogene Prüfung, die u.a. die Versorgungssituation im Umkreis von 30 bis 50 km zur antragstellenden Praxis sowie den "Überschreitungsanteil" bezogen auf die aktuell versorgten Schmerzpatienten berücksichtige, durchgeführt werde. Da keine grundlegende Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei, habe der Vorstand die o. g. Sonderregelung auch für das Jahr 2010 beschlossen. Im Quartal III/09 habe die Klägerin die Leistungen der Ziffern 30702 / 30704 EBM bei 314 Patienten abgerechnet. Im Quartal IV/09 seien es 350 Behandlungsfälle gewesen. In beiden Quartalen sei somit die Höchstgrenze von 300 Fällen überschritten worden, weshalb im Wege des Antragsverfahrens für die Quartale III/10 und IV/10 für die Berechnung der Ziffern 30702 / 30704 EBM anstelle von 300 Behandlungsfällen nun 360 bzw. 375 Behandlungsfälle festgesetzt worden seien. Die Prüfung des Antrags habe ergeben, dass die Sicherstellung der vertragsärztlichen schmerztherapeutischen Versorgung mit einer Begrenzung auf 360 Behandlungsfälle im Quartal III/10 und 375 Behandlungsfälle im Quartal IV/10 zur Berechnung der Ziffer 30702 bzw. 30704 EBM gewährleistet sei. Für die Beurteilung des Aspektes der Sicherstellung sei neben der eigenen Praxissituation maßgeblich, ob im Umkreis von 30 bis 50 km ausreichend Ärzte zur Verfügung stünden, die die vertragsärztliche Versorgung in diesem Bereich sicherstellten. So habe die Bedarfsprüfung ergeben, dass neben der Klägerin weitere Vertragsärzte in und um A-Stadt tätig seien, die die Leistungen nach den Ziffern 30702 und 30704 EBM in vergleichbarem Umfang erbracht hätten. Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Erhöhung der Fallzahlobergrenze nicht geboten. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass im Fall der Klägerin die neuen Fallzahlobergrenzen im Ergebnis auch als RLV-relevante Fallzahlen zur Ermittlung der arztbezogenen RLV in den Quartalen III/10 und IV/10 einzustellen seien. So sei zwar seitens der Beklagten beschlossen, dass die im Zusammenhang mit der Fallzahlbegrenzung nach der Schmerztherapievereinbarung gewährte Fallzahlobergrenze in den entsprechenden Quartalen jeweils als RLV-relevante Fallzahl heranzuziehen sei. Dies gelte aber nur für den Fall, dass diese höher sei, als die zugewiesene RLV-relevante Fallzahl. Im Fall der Klägerin habe die Prüfung der Daten ergeben, dass ihre ursprünglich zugewiesenen Fallzahlen niedriger gewesen seien. So betrage die RLV-relevante Fallzahl im Quartal III/10 314 Fälle und im Quartal IV/10 350 Fälle. Vor diesem Hintergrund seien daher bei der Berechnung des jeweiligen arztbezogenen RLV zu Gunsten der Klägerin die RLV-relevanten Fallzahlen in Höhe von 360 bzw. 375 Fällen heranzuziehen. Hinsichtlich des Fallwertes sei Folgendes festzustellen: Gemäß Anlage 1 zum HV unterlägen ausschließlich schmerztherapeutische Ärzte dem RLV. Der Klägerin sei ursprünglich in dem Quartal ein Fallwert in Höhe von 117,74 EUR zuerkannt worden. In der RLV-Fachgruppe der ausschließlich schmerztherapeutisch tätigen Ärzte würden die Schmerztherapeuten berücksichtigt, die die Voraussetzung gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V erfüllten. Voraussetzung für die Eingruppierung in diese RLV-Fachgruppe der Schmerztherapeuten seien die dauerhafte Behandlung von mindestens 150 Schmerztherapiepatienten sowie die Tätigkeit im Bereich der Schmerztherapie von mehr als 75 % im Referenzquartal. Der Vorstand der Beklagten habe deshalb beschlossen, dass für alle überwiegend schmerztherapeutisch tätigen Ärzte nach individueller Prüfung eine Sonderregelung in Form eines Fallwertes in Höhe von 160,00 EUR in Betracht komme. Da die Klägerin über eine entsprechende Genehmigung verfüge, sei ihr im Rahmen des Bescheids vom 18. Januar 2011 ein Fallwert in Höhe von 160,00 EUR zuerkannt worden. Somit sei bei der Berechnung des Fallwertes nicht nur der Umstand, dass sie eine Abrechnungsgenehmigung für die Ziffer 30704 EBM besitze, sondern auch der Anpassungsfaktor von 1,3223 berücksichtigt worden. Soweit sie eine darüber hinaus gehende Erhöhung des Fallwertes begehre, sei anzumerken, dass die Voraussetzungen für eine weitergehende Sonderregelung aufgrund von Praxisbesonderheiten nicht vorlägen. Praxisbesonderheiten ergäben sich nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Des Weiteren müsse zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe um mindestens 20 % vorliegen. Hinsichtlich der diesbezüglichen Prüfung habe der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung am 14. Februar 2011 folgende Vorgehensweise beschlossen: Zunächst sei der praxisindividuelle Fallwert des Aufsatzquartals, also des entsprechenden Quartals des Vorjahresquartals (angefordertes RLV-relevantes Honorarvolumen dividiert durch die RLV-Fallzahl) anhand der Arztrechnung zu ermitteln. Sofern dieser den RLV-Fachgruppenwert um mindestens 20 % übersteige, sei eine detaillierte Prüfung vorzunehmen. Ansonsten sei keine Sonderregelung möglich. Die detaillierte Prüfung erfolge folgendermaßen: Liege eine Praxisbesonderheit nach den o.g. Kriterien vor, werde für die relevanten Leistungen anhand der Daten aus der Frequenzstatistik des Aufsatzquartals das Volumen der entsprechenden EBM-Leistungen sowie ggf. der dazugehörigen Begleitleistungen (ohne die Grundpauschalen) ermittelt und durch die Fallzahl dividiert. Der sich hieraus ergebende Wert müsse größer/gleich 20 % RLV-Fallwertes der jeweiligen Arztgruppe sein. In diesem Fall sei der RLV-Fallwert um diesen Fallwertanteil zu erhöhen. Ansonsten bestehe keine Möglichkeit für eine Sonderregelung. Eine Prüfung der vorliegenden Unterlagen habe ergeben, dass der praxisindividuelle RLV-Fallwert der Klägerin im streitgegenständlichen Quartal III/10 bei 244,41 EUR und im Quartal IV/10 bei 224,65 EUR liege. Der RLV-Fallwert der Arztgruppe betrage 117,74 EUR (III/10) bzw. 109,70 EUR (IV/10). Damit liege eine Überschreitung des RLV-Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von 107,58% im Quartal III/10 und von 104,78 % im Quartal IV/10 vor, weshalb eine detaillierte Prüfung vorgenommen worden sei. Die Analyse der Honorardaten für die streitgegenständlichen Quartale habe ergeben, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen des Kapitels 30.7 zwar insgesamt zu einer Erhöhung des abgerechneten RLV-Honorarvolumens geführt hätten. Allerdings handele es sich um Kernleistungen der Arztgruppe, so dass nicht von einer Praxisbesonderheit nach den obigen Vorgaben auszugehen sei. Damit komme eine Sonderregelung für diese Leistungen in Form einer Erhöhung des RLV-Fallwertes nicht in Betracht. Mit dem zugestandenen Fallwert von 160,00 EUR in den Quartalen III/10 und IV/10 seien die Leistungen der Schmerztherapie somit vollständig abgegolten. Insoweit spiegle sich hierin auch der für übrige Leistungen im Rahmen der Schmerztherapie erforderliche Aufwand wieder. Schließlich stelle sich die Frage, ob die Praxis darüber hinaus Praxisbesonderheiten aufweise, welche eine weitergehende Sonderregelung rechtfertigen könnten. Die Klägerin verfüge über die Genehmigungen zur Erbringung der Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung nach den Ziffern 35100 und 35110 EBM. Hinsichtlich der von ihr in diesem Bereich erbrachten Leistungen sei im nächsten Schritt festzustellen, ob einzelne, dem RLV unterliegende Leistungen, einen Anteil von mehr als 20% des für RLV-Leistungen angeforderten Gesamthonorarvolumens ausmachten. Dies stelle sich für Praxis der Klägerin wie folgt dar:

Quartal III/10 Leistung Wert gesamt Leistungsanteil
35100 EBM 948,15 EUR 1,24%
35110 EBM 4.214,00 EUR 5,49%
Gesamt 5.1652,15 EUR 6,73%
Quartal IV/10
Leistung Wert gesamt Leistungsanteil
35100 EBM 1.173,90 EUR 1,49 %
35110 EBM 3.672,20 EUR 4,67 %
Gesamt 5.162,15 EUR 6,16 %

Hieraus ergebe sich, dass bei der Klägerin die dem RLV unterfallende Honoraranforderung für Einzelleistungen einen Anteil von 20 % sowohl im Quartal III/10 als auch im Quartal IV/10 nicht überschreite, so dass keine weitere detaillierte Prüfung vorgenommen worden sei. Eine Sonderregelung scheide somit aus. Eine weitere Erhöhung des durch den Antragsbescheid zuerkannten Fallwertes in den Quartalen III/10 und IV/10 sei nicht gerechtfertigt. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass die ab dem 1. Januar 2009 geltenden Bestimmungen durch den Erweiterten Bewertungsausschuss eindeutig die Gestaltungsmöglichkeiten für die Gewähr einer Sonderregelung zum RLV vorgäben, die im HV 2009 aufgegriffen worden seien. Von diesen könne seitens der Beklagten nicht einseitig abgewichen werden. Auch der Honorarbescheid für das Quartal IV/10 sei im Übrigen rechtmäßig. Von dem von der Klägerin angeforderten Honorar in Höhe von insgesamt 82.856,80 EUR seien lediglich 55.658,40 EUR vollständig vergütet worden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die honorarvertragliche Regelung nicht etwa zu einem Ausschluss der restlichen Forderung in Höhe von 27.198,40 EUR führe, sondern diese mit einer abgestaffelten Quote, die der Arztrechnung zu entnehmen sei, vergütet würden. Dies sei nicht zu beanstanden.

Hiergegen hat die Klägerin am 29. November 2011 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben und vorgetragen, dass die Beklagte ihr im Quartal II/10 mit Bescheid vom 12. August 2010 aus Sicherstellungsgründen eine Fallzahlerhöhung auf 450 gewährt habe. Im Hinblick auf die Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung habe sich in den streitgegenständlichen Folgequartalen III/10 und IV/10 nichts geändert, so dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Fallzahl nicht auch in diesen Quartalen auf 450 angehoben würde. Dies sei insbesondere deshalb bedeutsam, weil die Fallzahl auch der Berechnung des RLV zugrunde gelegt werde. Die im Falle der Klägerin erfolgte Bemessung der Fallzahl sei willkürlich. Zudem sei in den Quartalen II/09 bis II/10 eine Vergütung der Akupunkturleistungen außerhalb des RLV erfolgt. Diese Leistungen fielen bei der Klägerin nun faktisch ins RLV, da ihr kein QZV Akupunktur gewährt worden sein. Allen nicht überwiegend schmerztherapeutisch tätigen Anästhesiologen würde ein entsprechendes QZV jedoch gewährt. Aus den Vorgaben des Bewertungsausschusses ergebe sich, dass die Gewährung eines QZV an die Führung einer entsprechenden Gebiets- und Schwerpunktbezeichnung anknüpfe. Da die Klägerin die Gebietsbezeichnung Anästhesiologie trage, erfülle sie die Voraussetzungen zur Gewährung der QZV der Anästhesiologen. Ein Anspruch auf Zuweisung der QZV ergebe sich auch aus Sicherstellungsgründen. Der Fallwert sei deshalb wie folgt zu erhöhen:

Quartal QZV 1 (Akkupunktur) QZV 16 (psychosomatische Grundversorgung
III/10 23,21 EUR 6,12 EUR
IV/10 16,95 EUR 5,47 EUR

Es ergebe sich insgesamt ein RLV-Fallwert von mindestens 189,33 EUR (III/10) bzw. 182,43 EUR (IV/10).

Die Beklagte hat vorgetragen, dass sich aus der Regelung für das Quartal II/10 kein Anspruch auf Anerkennung einer entsprechenden Sonderregelung für die Folgequartale ableiten lasse. Die Klägerin habe die GO-Ziffern 30702 und 30704 EBM ausweislich der Frequenzstatistik im Quartal III/10 358mal und im Quartal IV/10 372mal abgerechnet. Die genehmigten Behandlungsfallzahlen habe die Klägerin damit gar nicht überschritten und sei insoweit auch nicht beschwert. Gründe, nur die RLV-Fallzahl weiter anzuheben, seien nicht ersichtlich, zumal die Klägerin im Quartal III/10 nur 375 RLV-relevante Fälle und im Quartal IV/10 nur 387 RLV-relevante Fälle erbracht habe. Hinsichtlich des Fallwertes sei anzumerken, dass mit der Erhöhung auf 160,00 EUR bereits pauschal alle schmerztherapeutischen Leistungen erfasst worden seien. Die Akupunktur werde ab dem Quartal III/10 innerhalb des RLV vergütet und sei deshalb ebenfalls in dem Betrag von 160,00 EUR enthalten. Die QZV würden nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses arztgruppenspezifisch zugeteilt. Da die Klägerin nicht der Arztgruppe der Fachärzte für Anästhesiologie zugeordnet sei sondern der Arztgruppe der Schmerztherapeuten, könne ihr kein QZV zugeteilt werden. Das Abstellen des Bewertungsausschusses auf den Leistungsbereich zeige bereits, dass für die Einteilung der Arztgruppen die Tätigkeit maßgeblich sei und nicht die Facharztbezeichnung. Auch Anlage 3 spreche von "Arztgruppen", wobei in der Überschrift der "Zuordnung von QZV gemäß 2.1" auf 1.2.1. des Beschlusses verwiesen werde. Diese Regelung sehe für die benannten Arztgruppen die Bildung von RLV und QZV vor, wobei davon auszugehen sei, dass einheitlich für RLV und QZV die nach den Anlagen für die Honorarverteilung gebildeten Arztgruppen gemeint seien. In der Regelung zwei unterschiedliche Bedeutungen für den Begriff "Arztgruppe" dahingehend zu vermuten, dass für RLV die Arztgruppe nach der Honorareinteilung maßgeblich wäre, für die QZV hingegen die Facharztbezeichnung, sei sinnwidrig. Schließlich unterschieden sich die Arztgruppen nach Anlage 3 und Anlage 2 nicht. Unterschiede bei der Zuteilung der QZV seien auch sachlich gerechtfertigt, weil beispielsweise den Fachärzten für Anästhesiologie deutlich geringere Fallwerte von nur 14,74 EUR (III/10) bzw. 16,00 EUR (IV/10) zuerkannt worden seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 31. Juli 2013 hat das Sozialgericht den Antragsbescheid vom 18. Januar 2011 betreffend die Quartale III/10 und IV/10 sowie den Honorarbescheid für das Quartal IV/10, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 insoweit aufgehoben als die Beklagten der Klägerin keine QZV gewährt hat. Es hat weiterhin die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, aus dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 (DÄ-Bl. 2010, Beilage zu Heft 16, S. 1ff) ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von QZV. Die Klägerin erfülle alle Voraussetzungen der Ziffer 3.3 des Beschlusses. Sie habe in den Vorquartalen Leistungen der Akupunktur und der psychosomatischen Grundversorgung erbracht. Darüber hinaus führe sie die Gebietsbezeichnung Anästhesiologie und erfülle die weiteren Qualifikationsvoraussetzungen des 2. Spiegelstrichs. Darüber hinaus käme auch in Betracht, dass der Klägerin die QZV aus Sicherstellungsgründen zu gewähren sind. Dies liege nahe, zumal die Beklagte im Vorquartal II/10 eine Sicherstellungslücke festgestellt habe. Ob sich die Sicherstellungsproblematik auch auf die Leistungen der QZV 1 und 16 erstrecke, sei bisher nicht festgestellt, liege aber nahe, wenn es im gesamten schmerztherapeutischen Bereich einen Sicherstellungsbedarf gebe. Insoweit habe die Beklagte Feststellungen treffen müssen und hinsichtlich der Gewährung von QZV aus Sicherstellungsgründen ihr Ermessen ausüben müssen, was nicht geschehen sei. Die Auslegung nach dem Wortlaut des Beschlusses veranlasse entgegen der Auffassung der Beklagten keine Beiladung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder des GKV-Spitzenverbandes. Soweit die Beklagte vortrage, es sei davon auszugehen, dass einheitlich für RLV und QZV die nach den Anlagen für die Honorarverteilung gebildeten Arztgruppen gemeint seien, so widerspreche diese Ansicht dem insoweit klaren Wortlaut der Ziffer 3.3, der ausdrücklich auf die Gebiets- und Schwerpunktbezeichnung abstelle. Es sei auch nicht sinnwidrig, dass der Begriff der "Arztgruppe" insoweit unterschiedlich verwendet werde. Schließlich unterlägen RLV und QZV unterschiedlichen Regelungssystematiken und Regelungsvorgaben, für beide existierten separate Anlagen. Nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses in Ziffer 2.1. gebe es gerade Arztgruppen für das RLV nach Anlage 3 und Arztgruppen für die Bemessung des QZV nach Anlage 2. Darüber hinaus statuiere Ziffer 3.3. ausdrücklich die Voraussetzung, dass ein Arzt die zutreffende Gebiets- und Schwerpunktbezeichnung führen muss. Hätte der Bewertungsausschuss an die Arztgruppe anknüpfen wollen, so hätte er an dieser Stelle sicherlich formuliert "wenn er der entsprechenden Arztgruppe zugehört" o.ä. Auch der Einwand der Beklagten, mit dem Fallwert von 160,00 EUR seien pauschal alle schmerztherapeutischen Leistungen abgegolten, trage nicht. Vielmehr habe die Beklagte selber vorgetragen, dass aufgrund eines Vorstandsbeschlusses zur Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung den Schmerztherapeuten seit Jahren RLV-Fallwerte von 160,00 EUR gewährt würden. Diese Fallwerte beträfen ausschließlich RLV-relevante Leistungen. Da es vorliegend jedoch gerade um Leistungen gehe, die in den Vorquartalen als freie Leistungen und damit außerhalb des RLV abgerechnet und vergütet worden seien und die Regelungssystematik für die QZV gerade diesen Leistungsbereich aufgreife, bestehe überhaupt kein Grund, nunmehr anzunehmen, der RLV-Fallwert von 160,00 EUR schließe die ehemals freien Leistungen z. B. der Akupunktur nunmehr mit ein. Vielmehr überzeuge gerade das Gegenteil. Es sei konsequent, diejenigen Ärzte, die bis zum Quartal II/10 die freien Leistungen abrechnen konnten, nunmehr auch an den QZV zu beteiligen. Warum dies für Schmerztherapeuten gerade nicht gelten solle, sei bei teleologischer Betrachtung gerade nicht nachvollziehbar. Die Arztgruppe der Klägerin zeichne sich gerade dadurch aus, dass in ihr Ärzte mit unterschiedlichen Gebietsbezeichnungen tätig seien, vor allem Fachärzte für Anästhesiologie, Orthopädie oder Allgemeinmedizin. Die Regelungssystematik des Beschlusses des Bewertungsausschusses ermögliche, dass diesen Schmerztherapeuten jeweils die QZV ihrer Gebietsbezeichnung zugewiesen würden, sofern die Partner der Gesamtverträge nicht für die Schmerztherapeuten eigene QZV bildeten. Die Klägerin habe dagegen keinen Anspruch auf weitergehende Fallzahlerhöhung, auch nicht betreffend die RLV-Fallzahl. Die Klägerin sei nur insofern beschwert, als ihr bei der RLV-Berechnung nur 360 statt 375 Fälle (III/10) und 375 statt 387 Fälle (IV/10) angerechnet wurden. Schmerztherapeuten seien nach der Schmerztherapievereinbarung grundsätzlich auf eine Fallzahl von 300 Fällen/Quartal begrenzt. Sofern die Beklagte aus Sicherstellungsgründen hiervon Abweichung billige, stehe dies in ihrem Ermessen. Das Ermessen sei auch nicht unter Vertrauensschutzgesichtspunkten auf Null reduziert. Vertrauensschutz gründe sich nicht allein darauf, dass eine Kassenärztliche Vereinigung in der Vergangenheit im Rahmen ihres Ermessens eine für den Arzt günstigere Regelung getroffen habe. Die Klägerin habe jedenfalls keine Anhaltspunkte gehabt, die darauf hingedeutet haben, dass die Beklagte ihre Entscheidung für das Quartal II/10 auch für die Folgequartale aufrechterhalten würde. Der Klägerin sei zwar zuzugestehen, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die Beklagte, losgelöst vom tatsächlichen Leistungsgeschehen in der Praxis der Klägerin, im Quartal II/10 ausdrücklich aus Sicherstellungsgründen eine Fallzahl von 450 Fällen bewillige, dies in den Quartalen III/10 und IV/10 jedoch bei unveränderter Sachlage nicht fortsetzt. Gleichwohl habe die Klägerin keinen Anspruch auf eine entsprechende weitergehende Fallzahlerhöhung. Die Ermessensausübung der Beklagten dahingehend, für die Quartale III/10 und IV/10 die tatsächlich erbrachte Fallzahl der Honorarabrechnung und auch der RLV-Berechnung zugrunde zu legen, sei insbesondere nicht willkürlich, sondern knüpfe nachvollziehbar an das tatsächliche Leistungsverhalten der Klägerin an. Darüber hinaus sei insbesondere nicht nachvollziehbar, weshalb eine Fallzahlerhöhung über die tatsächlich erbrachten RLV-relevanten Fälle hinaus zugestanden werden müsse. Die Klägerin sei insofern nicht beschwert. Schließlich bestehe auch kein Anspruch auf eine weitergehende Sonderregelung aufgrund von Praxisbesonderheiten. Der Besonderheit der klägerischen Praxis im Hinblick auf die Genehmigung zur Erbringung von Akupunkturleistungen und Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung sei mit der Gewährung der entsprechenden QZV hinreichend Rechnung getragen.

Gegen den ihr am 12. August 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11. September 2013 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat gegen den ihr am 19. August 2013 zugestellten Gerichtsbescheid am 16. September 2013 Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt vor, sie habe Anspruch auf die Neubescheidung aufgrund einer zu gering bemessenen RLV-Fallzahl für III/10 und IV/10. Aus dem Beschluss des Vorstandes der Beklagten ergebe sich, dass die aus Sicherstellungspunkten erhöhte Fallzahl auf die RLV-Fallzahl zu übertragen sei, so dass die Klägerin nicht nur insoweit beschwert sei als nur 360 statt 375 Fälle (III/10) und 375 statt 387 Fälle (IV/10) angerechnet worden seien, denn damit beeinflusse die Frage der sog. Fallzahlobergrenze unmittelbar die Höhe des RLV. Da die RLV-Fallzahl jedoch regelmäßig Vorjahresquartalsbezug aufweise, sei eine Abkoppelung im Sinne einer Unabhängigkeit von der RLV-Fallzahl des jeweils aktuellen Quartals insoweit grundsätzlich systemkonform. Es gehe daher nicht über eine mögliche Beschwer hinaus, wenn sie in beiden streitgegenständlichen Quartalen eine RLV-relevante Fallzahl von jeweils 450 begehre, obgleich RLV-Fallzahlen der jeweiligen aktuellen Quartale darunter lägen. Darüber hinaus sei ihr die Fallzahl von 450 unter Vertrauensschutzgesichtspunkten zuzubilligen, denn die Beklagte setze sich mit ihrer Verwaltungspraxis im Hinblick auf die Prüfung der Sicherstellungsproblematik in Widerspruch zu den Maßstäben, welche im Bescheid vom 12. August 2010 im Hinblick auf das Quartal II/10 angesetzt habe, in dem es heiße: "aus der Prüfung Ihrer Abrechnungsdaten geht hervor, dass die GO-Nr. 30702 EBM im Quartal 2/2009 310-mal abgerechnet wurde, so dass aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten Ihrem Antrag entsprechend stattgegeben werden kann. Somit werden Ihnen für die Berechnung der Leistungen für Schmerztherapiepatienten anstelle von 300 Behandlungsfällen gemäß EBM im Rahmen einer Sonderregelung 450 Behandlungsfälle zuerkannt." Warum in den streitgegenständlichen Quartalen anderer Maßstäbe gelten sollten sei mit Art. 3 GG nicht vereinbar. Da sich durch die Systemanpassung (Einführung QZV) ab dem Quartal II/2010 die Sicherstellung der Versorgung chronisch kranker Schmerzpatienten verschlechtert habe, sei nicht nachvollziehbar, dass nunmehr eine geringere Fallzahl ausreiche.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 31. Juli 2013 aufzuheben als damit die auf eine weitergehende Erhöhung der RLV-Fallzahl für die schmerztherapeutischen Behandlungsfälle gerichtete Klage abgewiesen wurde, und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Januar 2011 betreffend die Quartale III/10 und IV/10 sowie des Honorarbescheids für das Quartal IV/10, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, und
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 31. Juli 2013 aufzuheben, soweit damit der Bescheid vom 18. Januar 2011 betreffend die Quartale III/10 und IV/10 sowie der Honorarbescheid für das Quartal IV/10, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2011, insoweit aufgehoben wurde, als sie der Klägerin keine QZV gewährt hat und sie – die Beklagte – insoweit verurteilt wurde, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, das Sozialgericht habe die Klage im Übrigen zutreffend abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine weitere Fallzahlerhöhung. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe die Klägerin aber auch keinen Anspruch auf Zuteilung von QZV. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 und daran anschließend der Honorarvertrag 2010 der Beklagten in der Fassung der 2. Nachtragsvereinbarung sehen für die Arztgruppe der Schmerztherapeuten keine QZV vor. Soweit das Sozialgericht allein darauf abstelle, dass die Klägerin in den Vorquartalen Leistungen der Akupunktur und der psychosomatischen Grundversorgung erbracht habe und darüber hinaus die Gebietsbezeichnung Anästhesiologie und die weiteren Voraussetzungen des 2ten Spiegelstrichs der Ziffer I. 3.3 des Beschlusses erfülle und deshalb die Zuteilung von QZV verlangt, verkenne das Gericht die weiteren Voraussetzungen und die Systematik des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010. Der Beschluss sehe für die benannten Arztgruppen die Bildung von RLV und QZV vor, wobei davon auszugehen ist, dass damit einheitlich für RLV und QZV die nach den Anlagen für die Honorarverteilung gebildeten Arztgruppen gemeint seien. In der Regelung zwei unterschiedliche Bedeutungen für den Begriff "Arztgruppe" dahingehend zu vermuten, dass für RLV die Arztgruppe nach der Honorareinteilung maßgeblich wäre, für die QZV hingegen die Facharztbezeichnung, sei sinnwidrig. Auch aus den in Anlage 3 des Beschlusses aufgeführten Arztgruppen gehe hervor, dass damit die gleichen Arztgruppen wie bei der Zuteilung des RLV gemeint seien, denn sie unterschieden wie beim RLV nach der Tätigkeit. Beispielsweise bestehe beim RLV eine Arztgruppe für "FÄ für Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie" einerseits und eine weitere Arztgruppe mit der gleichen Bezeichnung und dem Zusatz "und invasiver Tätigkeit" andererseits. Beide Arztgruppen würden auch in Anlage 3 für die QZV aufgeführt. Wäre bei den QZV im Unterschied zum RLV allein auf die Facharzt- bzw. Schwerpunktbezeichnung abzustellen, wie das erstinstanzliche Gericht meine, dann wäre diese Unterscheidung in Anlage 3 überflüssig und sinnlos. Wenn ein Arzt einer aufgeführten Arztgruppe zugeordnet sei, müsse für einen Anspruch auf ein QZV die in Ziffer I. 3.3 des Beschlusses weiteren genannten Voraussetzungen vorliegen, dazu gehöre unter anderem die von der Klägerin genannte zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung. Die Klägerin sei nicht der Arztgruppe der Fachärzte für Anästhesiologie zugeordnet, sondern der Arztgruppe der Schmerztherapeuten, für die weder der Bewertungsausschuss noch der Honorarvertrag der Beklagten ein QZV vorsehen. Da bereits kein QZV vorgesehen sei, komme es nicht mehr darauf an, dass die Klägerin Fachärztin für Anästhesiologie sei oder ob ein QZV aus Sicherstellungsgründen in Betracht käme. Ein Anspruch auf Zuteilung von QZV ergebe sich auch nicht daraus, dass andere Anästhesisten, die der Arztgruppe der Anästhesisten zugeordnet sind und nicht oder nicht überwiegend schmerztherapeutisch tätig sind, QZV für die Akupunktur und die psychosomatische Grundversorgung erhalten könnten. Außerdem handele es sich bei der Akupunktur für Schmerztherapeuten im Unterschied zu anderen Arztgruppen um eine fachgruppentypische Leistung, da sie im Kapitel 30.7 EBM ("Schmerztherapie") geregelt sei. Aufgrund der vollkommen unterschiedlichen Gegebenheiten können die Arztgruppen der Anästhesisten und der Schmerztherapeuten nicht miteinander verglichen werden. Unterschiede bei der Zuteilung von QZV seien damit auch sachlich gerechtfertigt. Unter Vorlage von Stellungnahmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 7. Mai 2015 und vom 11. Mai 2015 führt sie weiter aus, dass es nach Auffassung der KBV aus systematischen Gründen nicht möglich sei, den Vertragsarzt bei den QZV einer anderen Arztgruppe zuzuordnen als bei den RLV. Dies gelte unabhängig davon, ob der Vertragsarzt die entsprechende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führe.

Die Klägerin erwidert hierauf, dass eine "Arztgruppe der Schmerztherapeuten" in der Anlage 2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 nicht aufgeführt werde. Dies bedeute aber nicht, dass deshalb keine QZV für schmerztherapeutische Leistungen erbringende Ärzte vorgesehen wären. Vielmehr sei das Fehlen einer solchen Arztgruppe konsequent, da es die "Arztgruppe der Schmerztherapeuten" weiterbildungsrechtlich und als Gebietsbezeichnung nicht gebe. Anlage 2 zum Beschluss spreche insoweit auch lediglich von "ausschließlich bzw. weit überwiegend schmerztherapeutisch tägigen Vertragsärzten gem. Präambel 30.7 Nr. 6 EBM", bei denen es sich um Fachärzte für Anästhesiologie, für Orthopädie oder für Allgemeinmedizin handeln könne. Abzustellen sei auf die Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnung. Darüber hinaus seien die QZV auch aus Sicherstellungsgründen zu gewähren, eine diesbezügliche Ermessensentscheidung habe die Beklagte bislang nicht getroffen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig und aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Entgegen der Anregung der Beklagten waren der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung nicht zum Verfahren beizuladen.

Zunächst liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht in Verfahren, in denen die Wirksamkeit einer für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsnorm umstritten ist, keine Notwendigkeit, die an der Normsetzung Beteiligten beizuladen (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 42/14 R –, SozR 4-5531 Nr. 06225 Nr. 1, RdNr. 21 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 8 RdNr. 12; zu Beiladungsfragen bei Streit um die Wirksamkeit einer Regelung des EBM-Ä siehe BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 3 RdNr. 6; Nr. 25 RdNr. 11; § 85 Nr. 39 RdNr. 28; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 13 RdNr. 11; Nr. 8 RdNr. 13). Die Rechtswirksamkeit der – im Übrigen nicht durch den GKV-Spitzenverband und die Kassenärztlichen Vereinigung erlassenen – hier maßgeblichen untergesetzlichen Rechtsnormen – nämlich Teil F des Beschlusses des Bewertungsausausschusses vom 26. März 2010 ist indes nicht umstritten. Vielmehr ist Gegenstand des Rechtsstreits die richtige Auslegung des Beschlusses und damit die korrekte Rechtsanwendung im Einzelfall. Nach Auffassung des Senats liegt auch ein Fall einfacher Beiladung nach § 75 Abs. 1 SGG nicht vor. Danach kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine einfache Beiladung der Partner der Bundesmantelverträge, nicht aber des BewA als Vertragsorgan, im Regelfall sachgerecht, wenn eine Bestimmung des bundesrechtlichen EBM-Ä den Kern des Rechtsstreits bildet (vgl. BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 3 RdNr. 6; Nr. 25 RdNr. 11; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 39 RdNr. 28; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 8 RdNr. 13, BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 42/14 R –, SozR 4-5531 Nr. 06225 Nr. 1, RdNr. 21), etwa, wenn es um Konstellationen geht, in denen im Wege der Inzidentprüfung über die Wirksamkeit einer Norm des EBM-Ä und/oder des HVV im Streit steht, vor allem, wenn die Normgeber nach der gerichtlichen Feststellung einer Unvereinbarkeit der maßgeblichen untergesetzlichen Norm mit höherrangigem Recht eine neue Regelung treffen müssen (BSG, Urteil vom 17. September 2008, B 6 KA 46/07 R, juris RdNr. 13). Eine solche Konstellation ist hier nicht gegeben, vielmehr geht es um eine schlichte Normauslegung und die Frage, ob die Beklagte den hier streitgegenständlichen Sachverhalt zutreffend subsumiert hat.

Die Klage ist zulässig. Das gilt auch, soweit die Klägerin sich gegen die Höhe des Regelleistungsvolumens (RLV), die Ablehnung einer weitergehenden Sonderregelung und die Ablehnung eines qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens (QZV) für das Quartal III/10 im Bescheid vom 18. Januar 2011 richtet. Die Bestandskraft (§ 77 SGG) des Honorarbescheids für das Quartal III/10, gegen den die Klägerin keinen Widerspruch eingelegt hat, steht der Zulässigkeit der Klage im Sinne eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses hier ausnahmsweise unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht entgegen.

Grundsätzlich gilt, dass für die gerichtliche Klärung von gesonderten Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelementen und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars nur dann und solange Raum ist, als die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2012, L 4 KA 73/11). Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Feststellungen durch gesonderten Verwaltungsakt erfolgt sind. Denn der Honorarbescheid würde seine Funktion einer abschließenden verbindlichen Regelung des Honoraranspruchs des Arztes verlieren, wenn er - trotz formeller Bestandskraft - und ohne ausdrückliche Kennzeichnung als vorläufig in der Sache kaum verlässlich Auskunft darüber gibt, wie hoch der Vergütungsanspruch des Arztes im jeweiligen Quartal ist. Die Gewährleistungsfunktion von bestandskräftigen Honorarbescheiden erfordert deshalb, dass die arztbezogenen Grundlagen des Honoraranspruchs nicht mehr umstritten sind; sind diese ungeklärt, muss die endgültige Honorarhöhe zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und Arzt offenbleiben (Widerspruch gegen Honorarbescheid, Vorläufigkeitserklärung durch Kassenärztliche Vereinigung). Ergeht eine als abschließend gedachte Regelung und wird diese bestandskräftig, besteht an der Klärung von Vorfragen zum Honorar - wie etwa RLV - kein rechtlich geschütztes Interesse des Arztes mehr. Die Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 15. August 2012, B 6 KA 38/11 R, SozR 4-2500 § 87b Nr. 1) nicht notwendig in der Weise erfolgen, dass der Vertragsarzt gegen den abschließenden Honorarbescheid Widerspruch einlegt. Es reicht auch aus, wenn die Kassenärztliche Vereinigung gegenüber Vertragsärzten, deren RLV noch im Streit steht, die Verpflichtung übernimmt, den Honorarbescheid einer eventuell geänderten RLV-Festsetzung anzupassen oder generell verlautbart, dass sie neue Honorarbescheide erlassen wird, wenn sich beim einzelnen Arzt Änderungen bei dem RLV ergeben. Im Hinblick auf die ältere Rechtsprechung des BSG (z. B. SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, 193; BSGE 83, 52, 53) ist daher für Honorarbescheide, bei denen vor Veröffentlichung des Urteils des BSG vom 15. August 2012 (B 6 KA 38/11 R, a.a.O.) Bestandskraft eingetreten ist, zu prüfen haben, ob Vertragsärzten, die im Vertrauen auf die (ältere) Rechtsprechung des Senats von einer gleichzeitigen Anfechtung der Honorarbescheide abgesehen haben, Vertrauensschutz zu gewähren sein kann (BSG, Urteil vom 15. August 2012 B 6 KA 38/11 R –, SozR 4-2500 § 87b Nr. 1, Rn. 16).

Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist der Klägerin hinsichtlich des Quartals III/10 Vertrauensschutz zu gewähren, da die Beklagte selbst nach Eintritt der Bestandskraft des Honorarbescheids für das Quartal III/10 mit Bescheid vom 27. April 2011 noch Korrekturen des Honorars für das Quartal III/10 durch Zuerkennung der Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen vorgenommen und damit selbst die Bestandskraft des festgesetzten Honorars durchbrochen hat. Sie hat hierdurch der Klägerin Anlass gegeben, darauf zu vertrauen, dass auch eine weitergehende – hier streitgegenständliche - Sonderregelung nicht durch die Bestandskraft des Honorarbescheids für das Quartal III/10 ausgeschlossen wird.

Die Klage ist aber unbegründet, soweit die Klägerin die Zuerkennung eines QZV begehrt. Sie hat insoweit keinen Anspruch auf Neubescheidung.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung eines QZV in den Quartalen III/10 und IV/10 ist Abschnitt II des Honorarvertrags (HV) 2010 in der Fassung der 2. Nachtragsvereinbarung zum HV 2010 ab 1. Juli 2010 (info.doc Nr. 4, August 2010), wonach eine Arztpraxis, wenn sie die in Ziff. 3.3. i. V. m. Anlage 3 zum Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 genannten Voraussetzungen erfüllt, unter Beachtung der Abrechnungsbestimmungen des EBM weitere vertragsärztliche Leistungen in qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen abrechnen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gem. § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen Preisen zu vergüten sind (Abschnitt II Nr. 1.1 HV 2010). Die Zuweisung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen erfolgt praxisbezogen, wenn mindestens einer der Ärzte, die in der Arztpraxis tätig sind, über die Voraussetzungen gemäß Ziff. 3.3 i. V. m. Anlage 3 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 (218. Sitzung) für das jeweilige qualifikationsgebundene Zusatzvolumen verfügt. Dabei ergibt sich die Höhe des jeweiligen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens aus der Addition des qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens je zur Abrechnung der entsprechenden Leistungen berechtigtem Arzt (unabhängig vom Zulassungsstatus), der in der Arztpraxis tätig ist (Abschnitt II. Nr. 1.1.2 HV 2010). Für die in Anlage 3 zum Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 (218. Sitzung) aufgeführten Leistungsbereiche werden qualifikationsgebundene Zusatzvolumen gebildet. Ein Arzt hat Anspruch auf die arztgruppenspezifischen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen, wenn
- er mindestens eine Leistung des entsprechenden qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht hat und
- die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führt. Unterliegt die Voraussetzung zur Erbringung von in qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen aufgeführten Leistungen einer Qualifikation nach § 135 Abs. 2 SGB V, § 137 SGB V oder dem Führen einer Zusatzbezeichnung ist der Nachweis zusätzlich erforderlich oder
- die Versorgung der Versicherten mit einer Leistung des qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens aus Sicherstellungsgründen notwendig ist und/oder
- der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall eine abweichende Regelung trifft (z. B. für Neupraxen) (Abschnitt II Nr. 3.3 HV 2010).

Anlage 6 zu Abschnitt II Nr. 6 des Honorarvertrags (HV) 2010 in der Fassung der Anlage 2 zur 2. Nachtragsvereinbarung zum Honorarvertrag 2010 vom 13. September 2010 (info.doc Nr. 4 August 2010) sieht u. a. folgende QZV vor:

Fachärzte für Anästhesiologie
QZV Akupunktur 30790, 30791
QZV Narkosen bei zahnärztlicher Behandlung 05330, 05331, 05340, 05350
QZV Psychosomatische Grundversorgung, Übende Verfahren 35100, 35110, 35111, 35113, 35120
QZV Richtlinienpsychotherapie I 35130, 35131, 35140, 35141, 35142, 35150, 35150B
QZV Richtlinienpsychotherapie II 35200, 35201, 35202, 35203, 35210, 35211, 35220, 35221, 35222, 35223, 35224, 35225 alle inkl. B
QZV Schmerztherapeutische spezielle Behandlung 30710, 30712, 30720, 30721, 30722, 30723, 30724, 30730, 30731, 30740, 30750, 30751, 30760
QZV Schmerztherapeutische spezielle Versorgung 30700, 30700H, 30700R, 30700W, 30702, 30704, 30706, 30708

Mit diesen Regelungen haben die Partner der Gesamtverträge in Hessen die Vorgaben des BewA in dessen Beschluss vom 26. März 2010 übernommen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden und insbesondere mit höherrangigem Recht vereinbar.

Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 1. April 2007, BGBI. I S. 378 (im Folgenden: SGB V a. F.) wurden abweichend von § 85 SGB V die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V a. F. vergütet.

Nach § 87b Abs. 4 SGB V a. F. bestimmte der BewA erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimmte darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellten gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V a. F. oblag die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolge erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 galt (Satz 2). Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss bzw. Bewertungsausschuss entsprechende Vorgaben gemacht, die die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen in dem Honorarvertrag vom 21. Dezember 2009 für die Zeit ab 1. Januar 2010 umgesetzt haben (veröffentlicht in info.doc Nr. 1, März 2010, Bekanntmachungen, S. 26 ff.; im Folgenden: HV 2010). Die vertragsärztliche Vergütung ab dem 1. Januar 2010 wurde in Fortschreibung der für das Jahr 2009 gefassten Beschlüsse mit Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 2. September 2009 (15. Sitzung DÄ BI. 2009 A 1907) und Beschluss des Bewertungsausschusses vom 22. September 2009 (199. Sitzung, DÄ-BI 2009, A 2103) geregelt. Teil F (Beschluss vom 22. September 2009) regelte in diesem Rahmen wiederum die Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen. Mit Beschluss vom 26. März 2010 (218. Sitzung, DA-BI. 2010, Beilage zu Heft 16, S. 1ff.) wurde (nach zwischenzeitlicher geringfügiger Änderung durch Beschluss vom 5. März 2010, 215. Sitzung, DÄ-BI. 2010 A 408) Teil F des Beschlusses vom 22. September 2009 mit Wirkung zum 1. Juli 2010 ersetzt, wobei Kernpunkt der Neuregelung die Einführung so genannter qualifikationsgebundener Zusatzvolumen (QZV) ab dem Quartal III/10 war.

Nach Maßgabe dieser normativen Grundlagen hat die Beklagte der Klägerin zu Recht die Zuerkennung eines QZV und – in der Folge – ein insoweit höheres Honorar für die Quartale III/10 und IV/10 verweigert. Denn die Klägerin erfüllt als ausschließlich bzw. weit überwiegend schmerztherapeutisch tätige Vertragsärztin gemäß Präambel 30.7. Nr. 6 EBM nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines QZV. QZV sind für ihre Arztgruppe nicht im Sinne von Ziff. 2.1 Satz 2 des Beschlusses vorgesehen, sie kommen für die Arztgruppe der Schmerztherapeuten nicht "zur Anwendung".

Dabei ist für die Zuerkennung der QZV kein anderer Begriff der "Arztgruppe" zugrunde zu legen als für die Zuweisung der RLV. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die Frage, ob für ihre Arztgruppe ein QZV vorgesehen ist, zunächst nicht auf ihre sich aus dem Weiterbildungsrecht ergebende – Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung an. Dass sie Fachärztin für Anästhesiologie ist, wäre nach der Systematik des Beschlusses des BewA vom 26. März 2010 erst in einem weiteren Prüfungsschritt relevant.

Dass der Begriff "Arztgruppe" für die Zuweisung von RLV und QZV einheitlich, nämlich im vergütungsrechtlichen Sinne, zu verwenden ist, ergibt sich aus Wortlaut und Systematik des Beschlusses des BewA vom 26. März 2010. So heißt in Ziff. 2 und 3 des Beschlusses:
"2. Benennung der Ärzte, Leistungen und Fälle, die von der Steuerung durch Regelleistungsvolumen und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen erfasst sind
2.1 Ärzte und Arztgruppen Regelleistungsvolumen kommen für Ärzte der in Anlage 2 genannten Arztgruppen zur Anwendung. Qualifikationsgebundene Zusatzvolumen kommen für die in Anlage 3 aufgeführten ggf. im Gesamtvertrag modifizierten Arztgruppen und Leistungen zur Anwendung. Die Partner der Gesamtverträge können Zusammenfassungen von qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen in der Anlage 3 auch mit den Regelleistungsvolumen sowie qualifikationsgebundene Zusatzvolumen für weitere Leistungen und Arztgruppen vereinbaren.
...
3.3 Ermittlung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen je Arzt Für die in Anlage 3 aufgeführten Leistungsbereiche werden qualifikationsgebundene Zusatzvolumen gebildet. Ein Arzt hat Anspruch auf die arztgruppenspezifischen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen, wenn
- er mindestens eine Leistung des entsprechenden qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht hat und
- er die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führt. Unterliegt die Voraussetzung zur Erbringung von in qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen aufgeführten Leistungen einer Qualifikation nach § 135 Abs. 2 SGB V, § 137 SGB V oder dem Führen einer Zusatzbezeichnung ist der Nachweis zusätzlich erforderlich oder
- die Versorgung der Versicherten mit einer Leistung des qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens aus Sicherstellungsgründen notwendig ist und/oder
- die Partner der Gesamtverträge andere Regelungen vereinbart haben (z. B. für Neupraxen).

Die Partner der Gesamtverträge können abweichend von der Vorgabe eines für alle berechtigten Ärzte einheitlichen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen eine Differenzierung in Gruppen von Ärzten mit unterschiedlich hohem Leistungsbedarf in 2008 der in einem qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen enthaltenen Leistungen oder gemäß § 136 Abs. 4 SGB V vornehmen.

Die Partner der Gesamtverträge können Zusammenfassungen von qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen in der Anlage 3 auch mit den Regelleistungsvolumen sowie qualifikationsgebundene Zusatzvolumen für weitere Leistungen und Arztgruppen vereinbaren.

Die Berechnung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen erfolgt je Arzt oder je Fall gemäß Anlage 8. Von der in Anlage 8 beschriebenen Berechnung können die Partner der Gesamtverträge abweichen, wenn im Falle einer niedrigen Anzahl der für ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen berechtigten Ärzte eine statistische Ermittlung nicht mehr vertretbar ist. In diesem Fall können sie von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bundesweit ermittelte Werte für die entsprechenden qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen verwenden. Über das Verfahren zur Umsetzung der Berechnung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen einigen sich die Partner der Gesamtverträge."

Ziff. 2.1 des Beschlusses verwendet den Begriff "Arztgruppe" unter Verweis auf die Anlagen 2 und 3 des Beschlusses zur – wie die Überschrift von Ziff. 2 des Beschlusses bezeichnet – Benennung der Ärzte, die von der Steuerung durch Regelleistungsvolumen und qualifikationsgebundene Zusatzvolumen erfasst sind. Dabei ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen, dass der identische Begriff einen unterschiedlichen Regelungsgehalt haben soll. Vielmehr spricht die Regelung in Satz 3 der Ziff. 2.1, wonach Zusammenfassungen von QZV und RLV durch Regelung der Partner der Gesamtverträge erfolgen können, dafür, dass eine unterschiedliche Verwendung des Begriffs "Arztgruppe" nicht in der Intention des Normgebers lag. Auch aus dem Wortlaut der Anlagen 2 und 3 zum Beschluss des BewA vom 26. März 2010 ergibt sich nichts anderes. Hier bezieht sich Anlage 2 auf die "Arztgruppen gemäß 2.1", setzt für "nachfolgende Arztgruppen" Regelleistungsvolumen fest (Ziff. 1), benennt in Ziff. 4 die für "Regelleistungsvolumen relevanten Arztgruppen", bei denen u. a. zwischen Fachärzten für Anästhesiologie einerseits und ausschließlich bzw. weit überwiegend schmerztherapeutisch tätigen Vertragsärzte gemäß Präambel 30.7 Nr. 6 EBM unterschieden wird. Anlage 3 über die "Zuordnung der qualifikationsbezogenen Zusatzvolumen gemäß 2.1" setzt für "nachfolgende ggf. im Gesamtvertrag modifizierte Arztgruppen" qualifikationsgebundene Zusatzvolumen (QZV) für die im Folgenden genannten Leistungen" fest. Hier werden im Wesentlichen – auch begrifflich wortgleich – die bereits in Anlage 2 Ziff. 4 genannten Arztgruppen aufgeführt, allerdings ohne die Fachärzte für Humangenetik, Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und die ausschließlich bzw. weit überwiegend schmerztherapeutisch tätige Vertragsärzte gemäß Präambel 30.7 Nr. 6 EBM.

Dieser Auslegung steht auch nicht die Regelung der Ziff. 3.3 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 entgegen, auch insoweit wird der Begriff "Arztgruppe" in dem vorgenannten – vergütungsrechtlichen – Sinne gebraucht, wenn von "arztgruppenspezifischen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen" die Rede ist. Die aus dem ärztlichen Weiterbildungsrecht stammenden Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnungen und Zusatzbezeichnungen kommen demgegenüber lediglich im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines QZV nach Ziff. 3.3, Satz 2, 2. Gliederungspunkt des Beschlusses Bedeutung zu, wobei die Prüfung der Voraussetzungen "je Arzt" (vgl. Überschrift Ziff. 3.3 des Beschlusses) systematisch in einem zweiten Prüfungsschritt in den Fällen erfolgt, in denen nach Ziff. 3.3 Satz 1 i. V. m. Ziff. 2.1 Satz 2 des Beschlusses für die in Anlage 3 aufgeführten Arztgruppen und Leistungsbereiche QZV überhaupt erst "zur Anwendung" kommen. Letzteres ist für die Arztgruppe der ausschließlich bzw. weit überwiegend schmerztherapeutisch tätige Vertragsärzte gemäß Präambel 30.7 Nr. 6 EBM, der die Klägerin angehört, nicht der Fall.

Für einen identischen Inhalt des Begriffs "Arztgruppe" innerhalb der Regelungen von RLV und QZV sprechen nicht zuletzt auch die von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 7. Mai 2015 und 11. Mai 2015. Nach letzterer werden den in Anlage 2 definierten RLV in Anlage 3 bestimmte QZV zugeordnet, wobei von einer Übereinstimmung der Arztgruppe für das QZV und RLV auszugehen ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Zuerkennung eines QZV auch nicht (zwingend) von einer Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnung abhängig. Dies ergibt sich aus Ziff. 3.3 Satz 2 des Beschlusses des BewA vom 26. März 2010, wonach auch ausreichend ist, wenn ein Arzt (einer Arztgruppe, für die in Anlage 3 des Beschlusses ein QZV vorgesehen ist) mindestens eine Leistung des entsprechenden qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht hat (Satz 2 1. Gliederungspunkt) und die Versorgung der Versicherten mit einer Leistung des qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens aus Sicherstellungsgründen notwendig ist und/oder die Partner der Gesamtverträge andere Regelungen vereinbart haben (z. B. für Neupraxen), da es sich beim Vorliegen einer Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung einerseits und den Sicherstellungsgründen um alternative Voraussetzungen ("oder") handelt.

Da für die – so verstandene – Arztgruppe der Klägerin bereits ein QZV nicht vorgesehen ist, ist auch mehr nicht zu prüfen, ob sie Anspruch auf die Zuerkennung aus Sicherstellungsgründen hat.

Die Klage ist allerdings begründet, soweit die Beklagte für die Quartale III/10 und IV/10 ihr die Zuerkennung einer höheren RLV-Fallzahl als 360 bzw. 375 versagt hat. Der Bescheid vom 18. Januar 2011 und der Honorarbescheid für das Quartal IV/10, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2011, sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Diese hat Anspruch auf Neubescheidung unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, denn die Beklagte hat im Rahmen der ihr zustehenden Ermessensentscheidung nicht ausreichend begründet, warum sie der Klägerin lediglich 360 Fälle im Quartal III/10 bzw. 375 Fälle im Quartal IV/10 zuerkannt hat.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung sind Nrn. 3 und 6 der Präambel 30.7 EBM, wonach die Gesamtzahl der schmerztherapeutisch betreuten Patienten die Höchstzahl von 300 Behandlungsfällen pro Vertragsarzt pro Quartal nicht überschreiten darf. Die vorgenannte Begrenzung auf 300 Behandlungsfälle kann aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten auf Antrag durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung modifiziert werden.

Von dieser Ermächtigungsgrundlage hat die Beklagte auf Antrag der Klägerin mit dem Bescheid vom 18. Januar 2011 Gebrauch gemacht, und "nach Prüfung" der "Daten" der Klägerin "aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten" dem Antrag der Klägerin "insoweit stattgegeben", als ihr für die Berechnung der GO-Nrn. 30702 und 30704 (EBM 2009) anstelle von 300 Behandlungsfällen für das Quartal III/10 360 Behandlungsfälle und für das Quartal IV/10 375 Behandlungsfälle zuerkannt wurden. Im Widerspruchsbescheid hat die Beklagte ergänzend ausgeführt, für die Beurteilung des Aspektes der Sicherstellung sei neben der eigenen Praxissituation maßgeblich, ob im Umkreis von 30 bis 50 km ausreichend Ärzte zur Verfügung stünden, die die vertragsärztliche Versorgung in diesem Bereich sicherstellten. So habe die Bedarfsprüfung ergeben, dass neben der Klägerin weitere Vertragsärzte in und um A Stadt tätig seien, die die Leistungen nach den Ziffern 30702 und 30704 EBM in vergleichbarem Umfang erbracht hätten. Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Erhöhung der Fallzahlobergrenze nicht geboten.

Der sich insoweit in dieser Begründung erschöpfende Verwaltungsakt verstößt gegen § 35 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, da die Begründung diejenigen Gesichtspunkte nicht erkennen lassen, von denen die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung ausgegangen ist. Erforderlich ist dabei, dass ersichtlich wird, dass die Behörde erkannt hat, dass ihr ein Ermessensspielraum zusteht, welche Gesichtspunkte sie bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie sie gewichtet hat. Ohne Mitteilung dieser Gesichtspunkte wäre nicht zu erkennen, ob die Behörde von dem Ermessen, in pflichtgemäßer, dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Weise Gebrauch gemacht hat (Engelmann in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 35 Rn. 7). Diesen Anforderungen genügt der streitgegenständliche Verwaltungsakt nicht, denn es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Beklagte den ihr durch den Grundsatzbeschluss ihres Vorstandes vom 14. Februar 2011 eröffneten Spielraum, die Fallzahl auf bis zu 450 Fällen zu erhöhen, im Falle der Klägerin nicht ausgeschöpft hat. Der erwähnte Grundsatzbeschluss stellt die Verwaltungspraxis der Beklagten dar und bindet ihre Ermessensausübung im Sinne der Selbstbindung der Verwaltung. Abweichungen von dieser Verwaltungspraxis bedürfen einer den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X genügenden Begründung der Ermessensentscheidung. Im Falle der Klägerin hätte es mithin einer nachvollziehbaren Begründung bedurft, warum zwar eine Fallzahlerhöhung auf 360 bzw. 375 Fälle, nicht aber auf 450 Fälle – dem nach dem Vorstandsbeschluss zulässigen Höchstrahmen – aus Sicherstellungsgründen möglich war. Die pauschale und nicht näher erläuterte Begründung, dass ausreichend weitere Vertragsärzte in und um A-Stadt die Leistungen nach Ziffern 30702 und 30704 EBM erbracht hätten, reicht hierfür nicht aus, da die näheren Anknüpfungstatsachen (also: wie viele Vertragsärzte in welchem Gebiet ("in und um A-Stadt"), wie viele Leistungen gegenüber welchem Versorgungsbedarf) der Bedarfsprüfung nicht dargestellt und damit als solches und in der Gewichtung der Einzelaspekte nicht überprüfbar gemacht werden.

Auf einen etwaigen durch die Entscheidung für das Quartal II/10 begründeten Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin kommt es damit nicht an.

Im Rahmen der Neubescheidung wird die Beklagte zu beachten haben, dass die Fallzahlerhöhung – wie schon im Bescheid vom 18. Januar 2011 erfolgt – für die Berechnung der RLV zu übernehmen ist. Dementsprechend wird sie das Honorar für die Quartale III/10 und IV/10 neu zu berechnen haben und auch insoweit die Klägerin neu zu bescheiden haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG, § 154 Abs. 2 i. V. m. 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Saved