L 4 KA 5/15

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 229/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 5/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 9/19 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin und die Beklagte jeweils die Hälfte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung der EHV-Beitragsklasse 2 und des EHV-Beitrags in Höhe von 1.254,00 EUR je Quartal für das Beitragsjahr 2012/2013, was einem Jahresbetrag von 5.016,00 EUR entspricht, nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV).

Die Klägerin ist als Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie seit dem 2. Mai 2001 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Die Beklagte stufte die Klägerin mit Bescheid vom 31. August 2012 in die Beitragsklasse 2 der EHV für den Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 ein. Den Beitrag setzte sie je Quartal (III/12 bis II/13) auf 1.254,00 EUR fest. Zur Begründung verwies sie auf die Neufassung der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV). Danach sei die Höhe des zu leistenden Betrages abhängig von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Für das hier strittige Beitragsjahr würden die erzielten Honorare aus dem Jahr 2010 herangezogen werden. Insgesamt würden 9 Beitragsklassen festgelegt werden. Die konkrete Zuordnung zur Beitragsklasse erfolge über das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars zum Durchschnittshonorar. Im Jahr 2010 habe das Gesamthonorar der Klägerin 56.591,14 EUR betragen, das Durchschnittshonorar 205.398,02 EUR. Der Anteil des klägerischen Honorars am Durchschnittshonorar betrage 27,55 %, woraus sich die ermittelte Beitragsklasse 2 ergebe.

Hiergegen legte die Klägerin am 26. September 2012 Widerspruch ein. Sie trug vor, bei einer Gesamtvergütung von 9.746,75 EUR im Quartal III/12 stelle die Höhe des EHV-Beitrags von 1.254,00 EUR (12,86 %) eine besondere Härte dar. Da sie gleichzeitig die Beiträge an das Versorgungswerk (1.850,25 EUR) und die Krankenkasse (1.660,23 EUR) abführe, verblieben vor Abzug von Steuern und anderen Kosten lediglich 4.991,27 EUR Quartalseinkommen. Dies als Generationengerechtigkeit zu propagieren, empfinde sie als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder als zynisch und ungerecht. Sie liege knapp über der Schwelle zur Beitragsklasse 1 und bitte deshalb für das Quartal III/12 um Umgruppierung in die Beitragsklasse 1.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Reform der EHV sei angesichts einer wachsenden Anzahl von EHV-Empfängern und einer gleichzeitig abnehmenden Anzahl von Einzahlern erforderlich geworden. Mit der aktuellen Neufassung habe sie u.a. ein Beitragsklassenmodell eingeführt. Jeder aktive Vertragsarzt werde danach in eine der neun Beitragsklassen eingestuft. Grundlage für die Einstufungen in die jeweilige Beitragsklasse bilde das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars zum Durchschnittshonorar aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler). Das für den Beitrag maßgebliche Honorar der Klägerin im Jahr 2010 stelle sich wie folgt dar:

Quartal Honoraranteile 2010 (in Euro) Bruttohonorar PK+EK Korrekturen AImax EHV befreit Gesamt
I/2010 15.150,01 0 0 0 15.150,01
II/2010 14.081,91 0 0 0 14.081,91
III/2010 13.807,68 0 0 0 13.807,68
IV/2010 13.551,54 0 0 0 13.551,54
Gesamt 56.591,14

Sie habe daher den quartalsmäßigen Betrag korrekt festgesetzt. Die EHV sei als Umlagesystem organisiert. Der Vertragsarzt müsse daher in der aktiven Phase hinnehmen, dass seine Vergütung gemindert werde, um aus dem nicht verteilten Betrag die Versorgung von invaliden und alten Ärzten sowie Hinterbliebenen zu finanzieren. Dafür erwerbe er Teilhabeansprüche an dem zukünftig erwirtschafteten Honorar der Vertragsärzte in Form von Punkten, die grundsätzlich wiederspiegelten, wie sich sein für die EHV relevantes Honorar zum Durchschnittshonorar verhalte. Es folge kein Anspruch auf eine bestimmte Höhe des Zahlbetrages, sondern lediglich ein Teilhabeanspruch im Rahmen der Aufteilung der Gesamtvergütung. Den Mitgliedern eines im Umlageverfahren betriebenen Pflichtversicherungssystems seien in einem gewissen Umfang auch höhere Beiträge zuzumuten, wenn dies zur Finanzierung der erworbenen Rentenansprüche erforderlich sei. Auf der anderen Seite fordere das verfassungsrechtliche Übermaßverbot auch die Beteiligung der EHV-Empfänger, um die Funktionsfähigkeit der EHV zu erhalten. Dementsprechend sei mit der GEHV 2012 u.a. eine schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze, ab der ein Eintritt in die EHV ohne Abzüge erfolge, auf 67 Jahre beschlossen wurden.

Gegen den am 13. März 2013 mit einfachem Brief zu Post aufgegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am Dienstag, den 16. April 2013 Klage zum Sozialgericht Marburg mit dem Antrag erhoben, den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2013 aufzuheben, hilfsweise unter Aufhebung des Bescheids vom 31. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2013 sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Zur Begründung sie vorgetragen, die Satzungsgrundlage sei bereits rechtswidrig. Das Beitragsklassenmodell verpflichte diejenigen Ärzte stärker zur Zahlung von EHV-Beiträgen, die eher geringe Einkommen erzielten. Im Einzelnen stelle sich dies wie folgt dar:

Beitragsklasse % Anteil am Durchschnittshonorar Beitrag je Quartal (in Prozent der jährlichen Bezugsgröße i.S. § 18 Abs. 1 SGB IV) Beitrag je Quartal (in Euro) Punktzahl pro Jahr
1 0 (= 25 2,0450% 627 100
2 ) 25 (= 50 4,0900% 1.254 200
3 ) 50 (= 75 6,1350% 1.881 300
4 ) 75 (= 100 8,1800% 2.508 400
5 ) 100 (= 125 10,2250% 3.135 475
6 ) 125 (= 150 12,2701 % 3.762 540
7 ) 150 (= 175 14,3151% 4.389 595
8 ) 175 (= 200 16,3601% 5.016 640
9 ) 200 18,4051% 5.643 675

Im rechnerischen Bezug zum durchschnittlichen Honorar aller aktiven Ärzte seien 25 %-Schritte je Beitragsklasse eingeführt worden. Auf der Grundlage der Bezugsgröße im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 30.660,14 EUR, die etwas unterhalb der von der Bundesregierung festgelegten Bezugsgröße für die Sozialversicherungen für das Jahr 2010 liege, seien in 2,045 %-Schritten je Beitragsklasse Prozentsätze festgelegt worden. Über das prozentuale Verhältnis von EHV-Quoten zur Bezugsgröße seien die aufgeführten Eurobeträge ermittelt worden, die an die EHV abzuführen seien. Den Beiträgen seien Punktzahlen zur Bildung der Anwartschaft zugeordnet worden, wobei in den weiteren Beitragsklassen 1 bis 4 die Bewertungsprozentsätze mit 0,15948 konstant seien, die ab der 5. Beitragsklasse (0,1515) bis zur 9. Beitragsklasse (0,1196) leicht absänken. Der für sie festgesetzte Beitrag sei unangemessen hoch. Nach dem Äquivalenzprinzip dürfe die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollten. Einzelne Mitglieder dürften nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden. Gemäß dem Gleichheitssatz dürften die durch die Beiträge resultierenden Belastungen nicht unverhältnismäßig verteilt sein in dem Sinne, dass definierte Einkommensgruppen im mathematisch-rechnerischen Verhältnis zueinander geringer/höher belastet seien als andere Einkommensgruppen. Die für die Erhebung der Beiträge erforderlichen Grundsätze müssten in Gestalt der Beitragshöhen und der Zuordnung zu einer Beitragsklasse erfüllt sein. Zu berücksichtigen sei, dass insbesondere bei den unteren Beitragsklassen auf Grund der Stufen und der Festlegung der absolut in Euro ermittelten Beitragssätze es zu erheblichen Differenzen kommen könne. Bei geringfügiger Überschreitung der Durchschnittsumsätze der Beitragsklasse 1 in entsprechender Eingruppierung in die Beitragsklasse 2 sei letztlich der Belastungsgrad nahezu doppelt so hoch wie die maximale Belastungsquote in der Beitragsklasse 2 bis 8. Dies werde aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich, in der zu erkennen sei, wie stark die Belastung in % vom Jahresumsatz divergieren könne:

Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Beitragsklasse absolute Anteile am Durchschnittshonorar Jahresbeitrag zur EHV (in EUR) Steigerung der absoluten Jahresbeiträge in % Belastung in % vom Jahresumsatz Unterschied in % zwischen den Beitragsklassen
1 0 - 51.347,25 EUR 2.508 0,0 % - 4,8 % 0,0 %
2 51.347,26 EUR - 102.694,51 EUR 5.016 100,00 % 9,7 % – 4,8 % 100,0 %
3 102.694,52 EUR - 154.041,76 EUR 7.524 50 % 7,3 % - 4,8 % - 32,8 %
4 154.041,77 EUR - 205.389,02 EUR 10.032 33,3 % 6,5 % - 4,8 % - 12,3 %
5 205.389,03 EUR - 256.736,27 EUR 12.540 25 % 6,1 % - 4,8 % - 6,5 %
6 256.736,28 EUR - 308.083,53 EUR 15.048 20 % 5,8 % - 4,8 % - 5,1 %
7 308.083,54 EUR - 359.430,78 EUR 17.556 16 % 5,7 % - 4,8 % - 1,7 %
8 359.430,79 EUR - 410.778,04 EUR 20.064 14,2 % 5,6 % - 4,8 % - 1,7 %
9 ) 410.778,05 EUR 22.536 12,3% 5,4% - 3,7 %

Selbst wenn in dem Quartal, in dem die Zahlungen zur EHV erfolgten, die Einkünfte niedriger als im Ausgangsjahr seien, würden die Beitragszahlungen davon nicht mehr tangiert werden. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit im betreffenden Quartal sei nicht für die Höhe der Beiträge zur EHV maßgebend. Da die inhomogene Verteilung in den höheren Beitragsstufen deutlich geringer sei, was auf den Umstand beruhe, dass die Beitragssätze in Euro definiert würden, wirke diese fehlender Korrektur anhand der tatsächlichen Leistungsfähigkeit im betreffenden Quartal sich besonders stark in den unteren Beitragsstufen aus. Dieser Effekt werde noch dadurch verstärkt, dass die einkommensschwächeren Gruppen der niedrigen Beitragsklassen im Verhältnis höhere Beiträge als die einkommensstarken Beitragsklassen zahlen müssten. Diese Verteilung verstoße im ganz erheblichen Maß gegen das Prinzip, dass leistungsfähige Ärzte eher im Stande seien, entsprechende Beiträge zu leisten, als einkommensschwache Ärzte. Bei geringen Umsätzen sei auch üblicherweise der Gewinn geringer. Die höheren Einkommensgruppen profitierten von der Neuregelung der EHV deutlich überproportional. Die neuen Belastungsquoten für schwächere Einkommensbezieher lägen deutlich über 5 %. Dies verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das solidarisch geprägte Vertragsarztsystem. Eine weitere Benachteiligung ergebe sich durch die Beitragsbegrenzung für die oberen Beitragsklassen. Vergleiche man das System der EHV mit den Beitragsregelungen des hessischen Ärzteversorgungswerkes, so werde deutlich, dass es durchaus Möglichkeiten gegeben hätte, diese Verwerfungen durch eine differenzierte Gestaltung zu vermeiden.

Die vergleichsweise günstige Rendite von Beitragszahlungen der Bezieher niedriger Einkommen in Form höherer EHV-Punktzahlen bei der Bildung von Anwartschaften gegenüber Beziehern höherer Einkommen, die einen Punktabschlag hinnehmen müssten, könne zwar höhere Beitragsleistungen für einen späteren EHV-Bezug bewirken. Dies müsse jedoch mit den höheren Belastungsquoten verrechnet werden, sodass unter dem Strich letztlich ein rechnerischer Nachteil für die unteren Einkommensbezieher resultiere. Es finde kein sozialer Ausgleich zwischen Beziehern niedriger und höherer Einkommen statt. Es seien zumindest gleiche Belastungsquoten bei den Beitragszahlungen zu fordern. Es bestehe das Erfordernis der engeren Spreizung von Beitragsklassen und weiteren Beitragsklassen jenseits der Beitragsklasse 9. Durch die Änderung der Systematik sei es zu negativen Konsequenzen durch den Wegfall des EHV-Beitragsprozentsatzes von 5 % insbesondere für schwächere Einkommensbezieher gekommen. Sie habe eine Mehrbelastung von ca. 76 % an Beitragszahlungen zur EHV zu tragen. Ihre Abzüge zur EHV und zum ärztlichen Versorgungswerk betrügen insgesamt ca. 22 % oder 12.417,00 EUR zur Basis des in 2010 erzielten Jahreshonorars in Höhe von 56.591,14 EUR und überstiegen damit die für 2012 geltende Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 18,9 % zur Absicherung der Vorsorge bei Altersinvalidität im Ärzteversorgungswerk Hessen und in der Deutschen Rentenversicherung.

Die Beklagte hat vorgetragen, mit jeder Beitragsklasse sei ein fester EHV-Anspruch in Punkten verknüpft. Für den Regelbetrag erhalte der Beitragszahler pro Jahr 400 Punkte. Davon abweichend erhalte der Beitragszahler in den Beitragsklassen 1 bis 3 und 5 bis 9 Punkte anhand einer in der Vorschrift angeführten Tabelle. Die Beitragsklasse 2 entspreche einer Punktzahl von 200 Punkten pro Jahr. Aus der Multiplikation der Punktezahl, maximal 14.000 Punkte, mit einem festen Punktwert in Euro, ergebe sich die Höhe des monatlichen EHV-Bezugs. Die Veränderung des Punktwerts zwischen den Beitragsjahren hänge von der Änderung der Bezugsgröße und dem Mengenfaktor ab. Der Mengenfaktor stelle die Entwicklung der EHV-Ansprüche im Verhältnis zur Entwicklung der aktiven Ärzte (Beitragszahler) dar. Sofern die Beiträge der aktiven Ärzte nicht ausreichten, um den Finanzbedarf zu decken, würde der zusätzliche Anteil von beiden Gruppen getragen. Dieser "paritätische Defizitausgleich" führe dazu, dass sich die Beiträge je Stufe der aktiven Ärzte erhöhen könnten. Auf der Seite der EHV-Empfänger sinke dann der Punktwert im Vergleich zum vorherigen Beitragsjahr, mit dem die EHV-Ansprüche bewertet würden. Dies gelte allerdings nicht für EHV-Empfänger, die schon einmal einen höheren Punktwert bekommen hätten, Stichwort "Rentengarantie". Ihr komme als Satzungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Zahl der Leistungsempfänger steige schneller als die der aktiven Ärzte, sofern diese überhaupt steigen würden. So hätte die Zahl der Leistungsempfänger in etwa 14 Jahren die der aktiven Ärzte überschritten. Durch die steigende Lebenserwartung werde die Bezugszeit von Leistungen aus der EHV verlängert. Sie habe auch weniger Möglichkeiten zum Ausgleich bestimmter Sonderbelastungen als Gebietskörperschaften zur Sanierung ihrer Haushalte. Die Äquivalenz zwischen Beitrag und späterer Leistung werde gewährleistet. Die Rendite der Beiträge bleibe positiv. Die neuen Beitragsklassen vermieden eine individuelle Überforderung. Das neue System biete zudem für alle Ärzte eine Planungs- und Kalkulationsmöglichkeit für vier Quartale. Die Honorarhöhe entscheide über die Einordnung in die neuen Beitragsklassen. In einer Beitragsklasse zahlten alle Ärzte den gleichen Beitrag und würden die gleiche Höhe des EHV-Anspruchs im Jahr erwerben. Es bestehe auch eine Verzahnung zwischen der EHV und dem Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen. Für niedergelassene Ärzte ermäßige sich der Beitrag zum Versorgungswerk nach Vorlage einer Kopie der Zulassung um 50 %. Dadurch werde eine finanzielle Überforderung ausgeschlossen. Nach § 3 Abs. 2 S. 7 GEHV könne der Vorstand auf Antrag die Eingruppierung in eine andere Beitragsklasse vornehmen. Die Bemessung anhand des Bezirksjahres sei nicht zu beanstanden. Nach der Satzung würden die Punkte für die einzelnen Beitragsklassen wie folgt gutgeschrieben werden:

Beitragsklasse Punktezahl pro Jahr
1 100
2 200
3 300
4 400
5 475
6 540
7 595
8 640
9 675

In den ersten vier Beitragsklassen erfolge jeweils eine Steigerung um 100 Punkte, ab der Beitragsklasse 5 erfolge jedoch eine Abstaffelung, die in den höheren Beitragsklassen noch stärker ausgeprägt sei, sodass in der höchsten Beitragsklasse 9.675 Punkte pro Jahr gutgeschrieben würden. Auch in anderen Altersversorgungssystemen gebe es eine Beitragsbemessungsgrenze. Außerdem sei nicht nur der Beitrag der Ärzte, die im Vergleich zum Durchschnittseinkommen mehr als 201 % erwirtschafteten, begrenzt, sondern auch die zu erreichende Punktzahl pro Jahr. Weiterhin könnten maximal 14.000 Punkte berücksichtigt werden. Bereits in der Vorgängerregelung sei ein Höchstanspruchssatz von 18 % vorgesehen gewesen. Bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen könne das Äquivalenzprinzip eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren. Der Beitragssatz im Versorgungswerk entspreche dem zur Deutschen Rentenversicherung, seit Januar 2012 seien 18,9 % des Einkommens zu entrichten. Es würden nur Einkommen bis zur jährlichen Grenze von 69.600 EUR berücksichtigt werden. Daraus errechne sich ein monatlicher Höchstbetrag von 1.096,20 EUR. Die Hälfte des Beitrags betrage bei dieser Berechnung 548,10 EUR monatlich bzw. 1.644,30 EUR pro Quartal. In der Beitragsklasse 2 im System der EHV betrage der Beitrag 1.052 EUR pro Quartal, liege also unter dem hälftigen Beitrag der Landesärztekammer für Vertragsärzte. Durch die Zahlung des Beitrags für die EHV könne nicht von einer finanziellen Überforderung der Klägerin ausgegangen werden. Im Übrigen verweise sie auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Mit Urteil vom 10. Dezember 2014 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids verpflichtet, über die Eingruppierung der Klägerin und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Die Klage sei zulässig und z. T. begründet. Der Bescheid vom 31. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13. März 2013 sei rechtswidrig und daher aufzuheben. Die Beklagte sei verpflichtet, über die Eingruppierung der Klägerin und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Klage sei im Hauptantrag abzuweisen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf grundsätzliche Nichtheranziehung zur EHV. Insoweit bestehe eine Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung der EHV und hierfür eine grundsätzlich ausreichende Rechtsgrundlage. Im Hilfsantrag sei der Klage stattzugeben. Die grobe Beitragsklasseneinteilung verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Es bestünden aufgrund der Einteilung in die neun Beitragsklassen keine Bedenken gegen die Einhaltung des Äquivalenzprinzips, die Kammer sehe aber einen weiteren Verstoß gegen den Gleichheitssatz. In absoluten Beträgen müsse bei dem Beitragsklassensystem für die gleiche Anwartschaft mehr aufgewandt werden, hinzu komme eine weitere Beitragszahlung auch nach Erreichen des Höchstanspruchssatzes. Hieraus werde deutlich, dass innerhalb der Beitragsklasse mit dem gleichen absoluten Aufwand (Beitrag) die gleiche Punktezahl bzw. EHV-Anwartschaft erworben wird, dass die Kosten pro Punkt in EUR in den unteren Beitragsklassen günstiger seien und dass damit erst in den oberen Klassen (ab Klasse 5) bei steigendem Beitragseinsatz eine proportional geringere Anwartschaft erworben wird. Hinzu kommt die Deckelung der Anwartschaft bei 14.000 Punkten, die tendenziell eher die oberen Beitragsklassen betrifft. Die proportional geringere Steigerung des Anspruchssatzes sei im Hinblick auf die Modifizierung des Äquivalenzprinzips durch den Gedanken der Solidarität nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz folge aber aus der unterschiedlichen Heranziehung der Vertragsärzte zur Finanzierung der EHV. Es bestehe nicht nur eine erhebliche Bandbreite innerhalb insb. der unteren Beitragsklassen, sondern im unteren Segment der Beitragsklasse 2 müsse mehr als der sechsfache Prozentsatz des Einkommens als im oberen Bereich der Beitragsklasse 8 bzw. unteren Bereich der Beitragsklasse 9 aufgewandt werden. Die Beitragsklasse 1 führe noch zu wesentlich stärkeren Verzerrungen, da kein linearer Beitrag erhoben werde und keine Bemessungsfreigrenze ("Beitragsklasse 0") bestehe. Die Unterschiede, die auch zu erheblich unterschiedlichen prozentualen Beitragssätzen führten, die insb. bei den unteren Beitragsklassen erheblich größer seien, beruhten auf der großen Bandbreite der Beitragsklassen. Gründe hierfür seien nicht ersichtlich. Im Ergebnis würden tendenziell die unteren Beitragsklassen und innerhalb der Beitragsklassen die umsatzschwächeren Ärzte zu prozentual höheren Beiträgen veranlagt, unter Vernachlässigung der Beitragsklasse 1 betrage die Schwankungsbreite 4,8 % bis 9,7 % und damit über das Doppelte. Deutlich werde die Benachteiligung der Klägerin auch in der Steigerung ihrer Beiträge von 2.829,55 EUR auf 5.016,00 EUR oder um 56,4 % bzw. in Bezug auf den Umsatz von 5 % auf 8,9 %.

Ein Vergleich der Umsatzzahlen der Klägerin mit ihrer Vergleichsgruppe zeige auch, dass ursächlich hierfür keinesfalls eine evtl. geringere Praxistätigkeit der Klägerin sei. Insofern zeigten die Umsatzzahlen der Fachgruppe der Klägerin, dass bestimmte Arztgruppen bereits im Durchschnitt nicht den Durchschnitt aller Ärzte erreichten und dass gerade diese Arztgruppen tendenziell höhere Anteile ihres Umsatzes an die EHV abführen müssten. Faktisch führe die Beklagte durch die Neufassung eine modifizierte, da auch beitragsabhängige Kopfpauschale ein, und verlasse damit das reine Umlagesystem. Angesichts des tradierten, an die Honorarverteilung anknüpfenden EHV-Systems und seines Ausnahmecharakters hätte es für eine so weitgehende Umgestaltung aber im Übrigen einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage durch den Gesetzgeber bedurft. Auf fürsorgerische Gesichtspunkte, gerade umsatzschwachen Praxen zu einer ausreichenden Altersversorgung zu verhelfen, könne die Beklagte nicht verweisen. Insofern handele es sich um ein verpflichtendes System, zu dessen Heranziehung dem einzelnen Arzt keine Alternative verbleibe. Für solche Zwangsbefugnisse der unterschiedlichen Behandlung bedürfte es erst Recht einer parlamentarischen Ermächtigungsgrundlage. Die Beklagte könne auch nicht auf eine Vermutung zurückgreifen, dass das Durchschnittshonorar eine Auskunft darüber gebe, in welchem Umfang Ärzte ihrem Versorgungsauftrag nachkämen. Insofern sei aus Streitigkeiten zur Honorarverteilung bekannt, dass ganze Arztgruppen Umsätze unterhalb der Durchschnittsgröße erzielten, was auch gerade die Umsatzzahlen für die Fachgruppe der Klägerin bestätigten.

Die Beklagte sei dennoch nicht zur Rückzahlung der festgesetzten EHV-Beiträge zu verpflichten. Soweit § 3 Abs. 2 Satz 1 bis 4, Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 GEHV rechtswidrig und nichtig seien, trete nicht automatisch die frühere Regelung in Kraft. Insofern obliege es der Beklagten, eine Neuregelung innerhalb von sechs Monaten zu verabschieden.

Das Urteil wurde der Klägerin und der Beklagten am 18. Dezember 2014 zugestellt. Am 9. Januar 2015 hat die Beklagte Berufung eingelegt. Am Montag, den 19. Januar 2015 hat die Klägerin Berufung mit dem Antrag eingelegt, das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Dezember 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2013 aufzuheben. Die Klägerin hat die Berufung mit Schriftsatz vom 12. Januar 2016 (Bl. 143 d. A.) zurückgenommen.

Die Beklagte trägt unter Vorlage eines Schriftsatzes aus dem Verfahren L 4 KA 2/15 vom 6. November 2017 nebst Anllagen B 1 bis B 13 sowie eines Schriftsatzes aus dem Verfahren L 4 KR 11/15 vom 31. Januar 2018 mit den Anlagen B 14 bis B 19 vor, das Sozialgericht habe sie zu Unrecht verurteilt, über die Eingruppierung der Klägerin und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV neu zu entscheiden. Durch die Einführung des Beitragsklassensystems mit neuen Beitragsklassen liege kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, ein Eingriff in den allgemeinen Gleichheitssatz sei gerechtfertigt, denn die Geeignetheit des Beitragsklassensystems zur Finanzierung der EHV sei gegeben. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe ihr, der Beklagten, wegen des Erfordernisses der Anpassung an sich ändernde Verhältnisse ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Auch nach der Umstellung auf das System der Beitragsklassen handele es sich bei der EHV um ein Umlagesystem. Die Ausführungen des Sozialgerichts, dass durch die Neufassung der EHV eine modifizierte, da auch beitragsabhängige Kopfpauschale eingeführt werde und damit das reine Umlagesystem verlassen werde, seien nicht zutreffend. Auch das neue System sei nicht losgelöst von den Honoraren des Vertragsarztes. Diese entschieden über die Einordnung in die neuen Beitragsklassen. Das neue System sei auch zukunftsfähig. Die Lasten, die sich aus der Demographie ergäben, würden gerechter verteilt und damit die verfassungsrechtlichen Probleme, an denen die bisherigen Grundsätze der EHV gescheitert wären, vermieden. Die Einführung des neuen Beitragsklassensystems sei auch erforderlich und angemessen. Die Verzahnung zwischen der EHV und dem Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen mit einem dort ermäßigten Beitragssatz schließe eine finanzielle Überforderung vertragsärztlich zugelassener Ärztinnen und Ärzte aus. In der Beitragsklasse 2 betrage der Beitrag 1254 EUR pro Quartal, liege also unter dem hälftigen Beitrag der Landesärztekammer für Vertragsärzte, der sich dort auf 1644,30 EUR belaufe. Im Hinblick auf den Einwand, dass die Belastungsquote im Hinblick auf die EHV für die Beitragszahler mit niedrigerem Einkommen höher sei als für ein Beitragszahler mit höheren Einkommen sei anzumerken, dass bei den Beiträgen der Ärzte zum Versorgungswerk der Landesärztekammer die Beitragsbemessungsgrenze der Deutschen Rentenversicherung gelte. Für höhere Einkommen bestehe keine weitere Unterteilung. Es bestehe nur die Möglichkeit für Ärzte, Zahlungen auf freiwilliger Basis bis zum doppelten des Höchstbeitrags zu leisten. Im Rahmen des Versorgungswerks der Landesärztekammer sei daher eine höhere Belastungsquote für Ärzte mit weniger Einkommen gegenüber Ärzten mit höherem Einkommen gegeben, da nach Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze i.H.v. 69.600 EUR (im Jahr 2013) keine weitere Untergliederung mehr getroffen werde. Im Gegensatz zur EHV, bei welcher bezüglich der Beitragsklasse 2 als absolute Anteile am Durchschnittshonorar 51.347,26 EUR bis 102.694,51 EUR für den Zeitraum des streitgegenständlichen Beitragsjahres und darüber hinaus noch weitere Beitragsklassen bis zur Beitragsklasse 9 gebildet würden mit einem Einkommen i.H.v. 410.778,05 EUR und darüber. Außerdem sei zu beachten, dass die Regelung über die (lediglich) hälftige Beitragsverpflichtung der Ärzte (zum Versorgungswerk), die vertragsärztlich tätig seien, ihre Rechtfertigung verlöre, wenn künftig nicht mehr typisierend die Annahme zutreffen sollte, dass Vertragsärzte über die Teilnahme an der EHV einen relevanten Beitrag zur Altersversorgung erarbeiten könnten. Dass es keine "Beitragsklasse 0" gebe, sei folgerichtig, da nach § 8 Absatz ein S. 1 KVHG die KV Hessen verpflichtet sei, im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärzten und Vertragsärzten zu sorgen. Außerdem habe das BSG entschieden, dass ein Arzt nur entweder während der gesamten Zeit seiner vertragsärztlichen Tätigkeit oder überhaupt nicht an der EHV teilnehmen könne. Die Herausnahme einzelner Quartale aus der Teilnahme wäre weder für die KV Hessen, die ihrer Verpflichtung gegenüber den inaktiven Ärzten erfüllen müsse, noch für den einzelnen Arzt, der später selbst nach Maßgabe der Dauer seiner vertragsärztlichen Tätigkeit in der EHV partizipieren, realisierbar. Der Mindestbeitrag stehe im Zusammenhang mit § 19 a Abs. 1 Ärzte-ZV, wonach die Zulassung den Arzt verpflichte, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. Die vom Sozialgericht beanstandete große Schwankungsbreite bzw. Bandbreite innerhalb der einzelnen Beitragsklassen gleiche sich über die Jahre bei den Ärzten aus. Auch die Klägerin selbst sei in den Quartalen III/13 - II/14 bzw. III/14 - II/15 in die Beitragsklasse 1 eingestuft.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Dezember 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin führt unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts aus, sie teile die Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts, dass die Beklagte grundsätzlich berechtigt sei, die Klägerin zur EHV in Form eines Beitragsklassensystems heranzuziehen. Es werde nicht bestritten, dass sie auch einen Nutzen aus den EHV-Beitragszahlungen in Form des späteren Bezugs von Versorgungsleistung im Alter und bei Invalidität ziehe. Zu Recht habe das Sozialgericht jedoch festgestellt, dass die Zuordnung zur Beitragsklasse 2 und die Festsetzung des hieraus folgenden Quartalsbeitrags in rechtlich zu beanstandender Weise erfolgt sei, da die von der Beklagten angeführten Beitragsklassen sowie deren Zuordnung zu einer Beitragsklasse keine ausreichende Rechtsgrundlage besitzten und damit rechtswidrig sei. Die Beklagte habe bei der Eingruppierung der Klägerin nicht ausreichend auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rücksicht genommen. Nicht nur sie selbst sondern auch ihre Facharztgruppe müssten bei dem Beitragsklassensystem der Beklagten tendenziell höhere Anteile ihres Umsatzes als an die EHV abführen als andere Facharztgruppen, so dass letztlich die Arztpraxen mit höheren Ansprüchen an die EHV bei größerer Wirtschaftskraft von den Beziehern geringerer Einkommen gestützt und sogleich auch noch von einem höher aber von einer höheren Beitragslast verschont würden. Ihre Benachteiligung werde auch in der Steigerung ihrer Beiträge von 2.829,55 EUR auf 5016 EUR (56,4 %) bzw. in Bezug auf den Umsatz von 5 % auf 8,9 % deutlich. Auch die vom Sozialgericht vorgenommene Vergleichsberechnung ihrer konkreten Beiträge und die ihrer Angestellten verdeutliche die Veränderung der Beitragsstruktur zulasten einzelner Praxen, ohne dass die Beklagte hierzu auch nur ansatzweise sachliche Gründe angeführt habe. Der Vergleich ihrer Umsatzzahlen mit ihrer Vergleichsgruppe zeige eindeutig, dass hierfür keinesfalls eine eventuell geringere Praxistätigkeit ursächlich sei. Insofern zeigten die Umsatzzahlen ihrer Facharztgruppe, dass bestimmte Arztgruppen bereits im Durchschnitt nicht den Durchschnitt aller Ärzte erreichten und trotzdem gezwungen seien, tendenziell höhere Anteile ihres Umsatzes an die EHV abzuführen. Dies habe die Beklagte selbst angegeben. Zu Recht habe das Sozialgericht festgestellt, dass durch die Neufassung eine modifizierte, beitragsabhängige Kopfpauschale eingeführt worden sei und somit das reine Umlagesystem verlassen worden sei. Für ein solches EHV-System hätte es aber eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage durch den Gesetzgeber bedurft. Der Gestaltungsspielraum der Beklagten sei nicht grenzenlos. Eine wie vorliegend vorgenommene erhebliche Veränderung des EHV-Systems sei hiervon jedenfalls nicht gedeckt und könne auch nicht damit begründen werden, dass die Anforderung, die die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Bestimmtheit und Regelungsdichte von gesetzlichen - und darauf aufbauenden -untergesetzlichen, insbesondere satzungsrechtlichen Normen im Schutzbereich der Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie zu stellen seien, nicht unbesehen auf Versorgungssysteme übertragen werden könnten. Die Beklagte könne sich auch nicht auf fürsorgerische Gesichtspunkte berufen, gerade umsatzschwache Praxen zu einer ausreichenden Altersversorgung verhelfen zu wollen, da es sich bei der EHV um ein verpflichtendes System handele, zu dessen Heranziehung dem einzelnen Arzt keine Alternative verbleibe. Gleiches gelte für die Argumente, dass durch das neue System die Lasten, die sich aus der Demographie ergäben, dadurch gerechter verteilt und damit die verfassungsrechtlichen Probleme an den die bisherigen Grundsätze der EHV gescheitert wären, vermieden würden. Das neue System könne sich nicht damit rechtfertigen lassen, dass insgesamt eine gerechtere Verteilung stattfinde, wenn dadurch jedoch einzelne Beitragszahler über die Maßen belastet würden. Für solche Zwangsbefugnisse benötige es eine parlamentarische Ermächtigungsgrundlage. Die Beklagte könne auch nicht auf eine Vermutung zurückgreifen, dass das Durchschnittshonorar eine Auskunft darüber gebe, in welchem Umfang Ärzte ihrem Versorgungsauftrag nachkämen. Die Behauptung der Beklagten, dass aufgrund der bestehenden Beitragsbemessungsgrenze des Versorgungswerks der Landesärztekammer eine höhere Belastungsquote für Ärzte mit weniger Einkommen gegenüber Ärzten mit höherem Einkommen gegeben sei, sei unzutreffend, da hier sämtliche gezahlten Beiträge des jeweiligen Mitglieds auch nur diesem zugute kämen und nicht prozentual auf sämtliche Mitglieder umgelegt würden. Von einer höheren Belastung, die nachteilig für den einzelnen Einzahler sei, könne daher kaum die Rede sein. Auch das Argument, dass bei Einzahlung sämtlicher Beiträge für das Versorgungswerk der Landesärztekammer ein höherer Beitrag von ihr zu leisten wäre, gehe fehl. Hierbei lasse die Beklagte augenscheinlich unberücksichtigt, dass das Versorgungswerk kein Aufsatzjahr als Berechnungsgrundlage benutze, sondern sich zur Beitragsbemessung an tatsächlichen Einkünften orientiere, so dass die von der Beklagten diesbezüglich benutzten Berechnungsarten insofern auch nicht miteinander vergleichbar seien. Die Systematik weiche derart erheblich voneinander ab, dass eine Vergleichbarkeit nicht gegeben sei. Ein Ausgleich der Beitragsbelastungen über die Jahre innerhalb der einzelnen Beitragsklassen werde nicht erreicht. Dies sei vor dem Hintergrund, dass die Bezugsquartale und die Beitragsklassen im wesentlichen unverändert hinsichtlich der Regelungssystematik seien, nicht nachvollziehbar. Die Variable resultierten aus den Bezugsgrößen und die Inbezugnahme der durchschnittlichen Honorare der Vertragsärzte. Wenn mithin eine Entwicklung stattfinde, die sich in dem üblichen Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit bewege, sei eine Umgruppierung in eine günstigere Beitragsklasse ebenso wenig zu erreichen wie eine Erhöhung der Umsätze über den Vertragsärzteschnitt hinaus ohne Erhöhung der Beitragsklasse. Insbesondere sei die erhebliche Spreizung in der zweiten Beitragsklasse zu monieren, die eine Belastungsquote von 4,8 % und 9,7 % vom Jahresumsatz mit sich bringe. Ihre Belastung betrage bei einer Zuordnung zur zweiten Beitragsklasse 8,8 % ihres Jahresumsatzes; dies sei unverhältnismäßig und unzumutbar, denn in den nächsthöheren Beitragsklassen 3 bis 9 sänken die Belastungsquoten im Verhältnis zum Jahresumsatz kontinuierlich ab. Von einer gleichmäßigen Belastung einer Arztgruppe unabhängig von der Umsatzhöhe in der Veranlagung zur EHV könne keine Rede sein, so dass keine Äquivalenz zwischen Beitragssatz und Umsatzhöhe bestehe. Dabei zeige die Systematik der Vergangenheit, dass eine entsprechende Regelung unter Bezugnahme auf die konkreten Umsätze und eine festgelegte Quote von seinerzeit 5 % diese Schwierigkeiten hätte vermeiden können. Auch wenn die Beitragssatzsteigerungen aufgrund der Rechtswidrigkeit des Nachhaltigkeitsfaktors und damit einhergehenden höheren Belastung der aktiven Mitglieder der KVH grundsätzlich nachvollziehbar seien, sei die Auswirkung auf diejenigen, die den niedrigeren Beitragsklassen zuzurechnen seien, umso größer, da die Kompensationsmöglichkeiten nicht bestünden.

Mit Verfügung vom 1. März 2018 hat die Berichterstatterin aus dem Verfahren L 4 KA 2/15 Unterlagen betreffend die arztgruppenbezogenen Summen der Vergütungen des Kapitels 40 EBM-Ä, die für die Quartale I/2010 bis II/2012 u. a. die der EHV zugrunde gelegten Honorarsummen, die nach der Vorgängerregelung relevanten EHV-Kostenanteile, die Summe der EHV-freien Leistungen und die Summe der individuell berücksichtigten Kostenanteile ins hiesige Verfahren eingeführt.

Die Klägerin hat mit Schriftsätzen vom 13. August 2018 und 24. Oktober 2018 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin des Senats als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung für den Fall der Revisionszulassung erklärt. Mit Schriftsatz vom 27. September 2018 hat die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung für den Fall, dass auch die Revision zugelassen wird, erklärt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in der Besetzung mit der Berichterstatterin als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierfür ihr Einverständnis erklärt haben, § 155 Abs. 3, Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), und obwohl der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist und die Revision zuzulassen war. Zum einen erstreckt sich das Einverständnis der Beteiligten mit einer Einzelrichterentscheidung auch auf den Fall der Zulassung der Revision und zum anderen konnte das dem Gericht nach § 155 Abs. 3 SGG eingeräumte Ermessen im Hinblick auf die in vollständiger Senatsentscheidung getroffenen Urteile des Senats vom 11. April 2018 in den Verfahren L 4 KA 2/15 (Revision anhängig: B 6 KA 12/18 R) und L 4 KA 11/15 (Revision anhängig: B 6 KA 16/18 R), mit denen der Senat über die auch hier erhebliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung entschieden hat, ob und wie Sach- oder Praxiskostenanteile gleichheitskonform aus dem für die Beitragsbemessung zugrunde gelegten Honorar herausgerechnet werden müssen, zugunsten einer Einzelrichtentscheidung ausgeübt werden.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – nachdem die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen hat – allein die kombinierte Anfechtungs- und Bescheidungsklage der Klägerin.

Die Klage ist zulässig. Bei der Festsetzung der EHV-Beitragsklasse und des EHV-Beitrages für das Beitragsjahr 2012/13 handelt es sich um Verwaltungsakte, die eine Inzidentprüfung der Rechtsgrundlagen der EHV zulassen; es sind nicht lediglich nachrichtliche Übernahmen oder Berechnungspositionen im Bescheid über die Honorarverteilung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 - B 6 KA 44/03 R -, juris, Rn. 112; BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 - B 6 KA 8/13 R -, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rn. 20), vielmehr liegt ihnen die vom Bundessozialgericht geforderte inzidente Feststellung der Statusentscheidung zur Teilnahme an der EHV zugrunde. Die Klage ist auch als Bescheidungsklage zulässig, da die Klägerin nicht auf ihre Ansprüche aus der EHV verzichten möchte. Insoweit besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, denn § 4 Abs. 1 GEHV in der Fassung der Beschlüsse der Vertreterversammlung der Beklagten vom 10. März 2012 und 12. Mai 2012 mit Wirkung zum 1. Juli 2012, der die Höhe des Anspruchs regelt, stellt auf "durch die Beiträge gesammelte Punkte" ab, die der "Beitragszahler" erhält. Dies spricht dafür, dass Anwartschaften nur erworben werden können, wenn zumindest eine durch Verwaltungsakt konkretisierte und vollziehbare Beitragspflicht besteht (vgl. Senatsurteil vom 11. April 2018; L 4 KA 2/15; Revision anhängig: B 6 KA 16/18 R).

Auch die einmonatige Klagefrist nach § 87 Abs. 1 SGG ist mit der Klageerhebung am 16. April 2013 gewahrt. Sie beginnt nach § 87 Abs. 2 SGG mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, der wegen der Aufgabe zur Post mit einfachem Brief am 13. März 2013 nach § 37 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Sozialgesetzbuch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) als am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post am 16. März 2014 bekannt gegeben gilt, und endet nach § 64 Abs. 2 SGG am 16. April 2013.

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2013 ist rechtswidrig und daher aufzuheben. Die Beklagte ist nach Erlass neuer satzungsrechtlicher Vorschriften über die Beitragsbemessung verpflichtet, über die Eingruppierung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden und die Beiträge entsprechend festzusetzen.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Beitragsklassenbescheid ist § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV) in der ab 1. Juli 2012 geltenden Fassung. Eine Änderung des § 3 Abs. 2 GEHV (Einfügung von Satz 8) durch Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 23. Januar 2013 und 23. Februar 2013 wurde durch die Aufsichtsbehörde am 9. Juli 2013 genehmigt und in "info.service" August 2013 bekannt gegeben. Die in den Sitzungen vom 13. Dezember 2014, 14. März 2015 und 30. Mai 2015 beschlossene rückwirkende Änderung des § 3 Abs. 2 Satz 8 und Abs. 5 GEHV wurde durch Mitgliederrundschreiben vom 22. Juni 2015 bekanntgemacht.

Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der GEHV ist § 8 des hessischen Landesgesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen i. d. F. d. Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 2009, GVBI. 2009, Teil I, 662, in Kraft getreten am 23. Dezember 2009 (KVHG) i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17. August 1955 (BGBl I 513). Diese Vorschriften sind verfassungsgemäß (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rn. 22 ff.; ausführlich zur vorherigen Rechtslage BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, juris Rn. 20 bis 64; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2009 - 1 BvR 3289/08 -; s. a. die Verfassungsbeschwerde gegen die Parallelentscheidung BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 - B 6 KA 39/07 R - juris, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, 1. Senat, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2009 - 1 BvR 3290/08). Insbesondere ist die Neufassung des § 8 KVHG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Die Neufassung war erforderlich geworden, um die Einbeziehung der Honorare aus Selektivverträgen zu gewährleisten.

Die durch die streitgegenständlichen Bescheide erfolgte ist Beitragsfestsetzung rechtswidrig. Zwar ist die von der Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage der Beitragsfestsetzung – wie ausgeführt - auf einer hinreichenden landesgesetzlichen Grundlage ergangen (vgl. auch Urteile des erkennenden Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R).

Die maßgebliche materiell-rechtliche Regelung für die Erhebung der EHV-Beiträge enthält § 3 GEHV in der o.g. Fassung, der nachfolgend auszugsweise wiedergegeben wird:

"§ 3 Beiträge und Beitragsklassen

(1) Die EHV wird finanziert durch Beiträge der aktiven Vertragsärzte, die vom Honorar einbehalten werden. Die Höhe des zu leistenden Beitrags ist abhängig von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung im Vorvorjahr des Beitragsjahres, das heißt aller für das herangezogene Kalenderjahr durch die KV Hessen vergüteten ärztlichen Honorare sowie der Honorare aus Selektivverträgen, die in dem entsprechenden Jahr zugeflossen sind. Soweit das über die KV Hessen abgerechnete Honorar des jeweiligen Vertragsarztes im Quartal nicht ausreichend ist, um den Beitrag durch Honorareinbehalt vollständig zu bedienen, ist er verpflichtet den nicht verrechenbaren Betrag unverzüglich nach Erhalt eines- entsprechenden Zahlungsbescheides an die KV Hessen zu zahlen.

(2) Es werden insgesamt neun Beitragsklassen festgelegt. Anhand des Durchschnittshonorars aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler) bestimmt sich die Beitragsklasse 4, die den Regelbeitrag festlegt. Beitragszahler, die ein unterdurchschnittliches Honorar erzielen, zahlen einen ermäßigten Beitrag der Beitragsklassen 1 bis 3; Beitragszahler mit überdurchschnittlichem Honorar werden den Beitragsklassen 5 bis 9 zugeordnet. Die konkrete Zuordnung des Beitragszahlers zur Beitragsklasse erfolgt über das prozentuale Verhältnis des Arzthonorars zum Durchschnittshonorar. Soweit für einen Beitragszahler wegen Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit noch kein Vergleichshonorar vorliegt, erfolgt die Einstufung in Beitragsklasse 4. Dies gilt nicht, wenn der Beitragszahler eine Vertragsarztpraxis übernimmt; in diesem Fall wird das Arzthonorar des ehemaligen Praxisinhabers für die Bestimmung der Beitragsklasse herangezogen. In begründeten Einzelfällen kann der Vorstand auf Antrag des Beitragszahlers bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises entscheiden, dass die Eingruppierung in eine andere Beitragsklasse erfolgt. Auf Antrag von Berufsausübungsgemeinschaften, Medizinischen Versorgungszentren und Praxen mit angestellten Ärzten kann der Vorstand unter Beibehaltung der Beitragsstufen eine Änderung der Aufteilung der satzungsgemäßen Punktgutschrift für die EHV für die in diesen Praxen/MVZ tätigen Ärzte gemäß dem beantragten Aufteilungsschlüssel genehmigen oder ablehnen. Über die eingegangenen Anträge und die hierzu getroffenen Entscheidungen berichtet der Vorstand dem Beratenden Fachausschuss EHV regelmäßig.

( ...)
(6) Der Nachweis über die erzielten Honorare für ärztliche Leistungen, die nicht direkt über die KV Hessen abgerechnet worden sind, erfolgt durch eine Bescheinigung eines Angehörenden der steuerberatenden Berufe. Sachkosten, die nicht innerhalb der Gebührenordnungspositionen des EBM-Ä abgegolten sind oder Kapitel 40 entsprechen, sowie Medikamentenkosten oder Erstattungen für Heil-/Hilfsmittel sind abzuziehen. Soweit ein Nachweis über die erzielten ärztlichen Honorare einschließlich von solchen, die nicht direkt über die KV Hessen abgerechnet worden sind, nicht vorgelegt wird, erfolgt eine Einstufung in die Beitragsklasse 9. Eine Einstufung in die Beitragsklasse 9 erfolgt auch, wenn Angaben nicht plausibel oder vollständig sind. Gegen diese Einstufung ist binnen eines Monats gegenüber der KV Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären. Als vollständig gelten Unterlagen nur, wenn aus ihnen abschließend erkennbar ist, dass es sich bei den angegebenen Vergütungen um alle Vergütungen aus Sonderverträgen handelt. ( )"

Nach § 10 Abs. 3 GEHV betragen die erstmalig festzusetzenden Beiträge zum Stichtag 1. Juli 2012 in Euro:

Beitragsklasse % Anteil am Durchschnittshonorar Beitrag je Quartal (in Prozent der jährlichen Bezugsgröße i.S. § 18 Abs. 1 SGB IV) Beitrag je Quartal (in Euro)

1 0 (= 25 2,0450% 627
2 ) 25 (= 50 4,0900% 1.254
3 ) 50 (= 75 6,1350% 1.881
4 ) 75 (= 100 8,1800% 2.508
5 ) 100 (= 125 10,2250% 3.135
6 ) 125 (= 150 12,2701 % 3.762
7 ) 150 (= 175 14,3151% 4.389
8 ) 175 (= 200 16,3601% 5.016
9 ) 200 18,4051% 5.643

Die Regelung über die Beitragsklassen als solche begegnet nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R) keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Neufassung der Finanzierung der EHV kann sich auf die Ermächtigung aus § 8 KVHG stützen. Allein durch dem Umstieg auf Beitragsklassen – anstelle der sog. Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte nach § 8 Abs. 1 GEHV a.F. – wird das Umlagesystem nicht verlassen, wobei das Sozialgericht im Ansatz zutreffend davon ausgeht, dass § 8 KVHG den Satzungsgeber auf ein Umlagesystem festlegt. Die Einführung von Beitragsklassen wirkt sich nicht darauf aus, dass aus der Gesamtsumme der Beiträge nach wie vor die Leistungen aus der EHV an die derzeit Berechtigten ausgekehrt werden, was prägend für ein Umlagesystem ist. Es bedurfte daher auch keiner ausdrücklichen Erweiterung von § 8 KVHG im Hinblick auf das Beitragsklassensystem (zu den Anforderungen an die Wesentlichkeitslehre BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 R –, BSGE 101, 106, zit. nach juris, Rn. 42).

Die Einteilung in neun Beitragsklassen genügt Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere dem Äquivalenzprinzip (Urteile des Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergeben sich die materiellen Anforderungen an gesetzliche wie untergesetzliche Regelungen der Alters- und Invaliditätssicherung von Vertragsärzten für die Beitragsseite insbesondere aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) und den allgemeinen Anforderungen an die Ausgestaltung von Beiträgen aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 (385); 130, 240 (252); stRspr). Hinsichtlich der Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG an die Ausgestaltung des Honorareinbehalts als Beitrag zur EHV kann zudem auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelung von Sozialversicherungsbeiträgen zurückgegriffen werden. Die EHV ist zwar kein Teil der Sozialversicherung, sie basiert jedoch auf dem auch eine solche Versicherung tragenden Gedanken einer kollektiven Pflichtversicherung zur Absicherung der Risiken von Invalidität und Alter. Diese Annährung an den Charakter einer solidarischen Pflichtversicherung rechtfertigt es, die vorgenannten, seitens des BVerfG für den Bereich der Sozialversicherung aufgestellten Grundsätze sinngemäß auch auf die EHV zu übertragen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 8/13 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rn. 43). Insofern hat der Satzungsgeber das beitragsrechtliche Äquivalenzprinzip und den solidarischen Charakter der Alterssicherung, der für eine Verbeitragung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit streitet (vgl. BVerfGE 79, 223 (Leitsatz 2)), gegeneinander abzuwägen und in Ausgleich zu bringen (vgl. zur Sozialversicherung Bittner, in: Emmenegger/Wiedmann (Hrsg.), Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeitern (Band 2), 2011. S. 213 (219 ff.); ähnl. auch Oppermann, in: Masuch u.a. (Hrsg.), Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats; Bundessozialgericht und Sozialstaatsforschung Band 2, 2015, S. 83 (103)). Dabei fordert das Äquivalenz-, Beitrags oder Versicherungsprinzip, dass im Grundsatz gleicher Beitragsleistung und gleicher Bedarfssituation gleiche Versicherungsleistungen gegenüber stehen, mithin im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung besteht (BVerfGE 79, 87 (101)). Von Verfassungs wegen ist es aber nicht geboten, dass bei der Bemessung eine versicherungsmathematische Individualäquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt wird (BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1995 – 1 BvR 892/88 –, Rn. 57, juris; vgl. BVerfGE 51, 115 (124); 53, 313 (328)). Vielmehr kann das Äquivalenzprinzip bei der EHV ebenso wie bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R –, juris Rn. 123, = BSGE 94, 50). Auch außerhalb des Sozialversicherungsrechts lässt sich zudem eine Differenzierung bei der Abgabenbelastung nach Leistungsfähigkeit oder einer abgestuften Finanzierungsverantwortlichkeit rechtfertigen (vgl. BVerfGE 97, 332 (344 f.)).

Diesen Maßstäben genügt die Regelung über die Beitragsklassen. Zur Veranschaulichung wird hier die vom Sozialgericht erstellte Tabelle 1 wiedergegeben:

Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
1 2 3 4 5 6 7 8 Beitragsklasse Absolute Anteile am Durchschnittshonorar Jahresbeitrag zur EHV (in EUR) Belastung in % vom Jahresumsatz Punktzahl pro Jahr Kosten pro Punkt in EUR Kosten pro Punkt Beitragsklasse 1 = 100 Prozentsatz des Einkommens für 100 Punkte in %
1 0 EUR - 51.347,25 EUR 2.508 - 4,8 100 25,08 100 -4,9
2 51.347,26 EUR - 102.694,51 EUR 5.016 9,7 - 4,8 200 25,08 100 4,9 – 2,4
3 102.694,52 EUR - 154.041,76 EUR 7.524 7,3 – 4,8 300 25,08 100 2,4 – 1,6
4 154.041,77 EUR - 205.389,02 EUR 10.032 6,5 – 4,8 400 25,08 100 1,6 – 1,2
5 205.389,03 EUR - 256.736,27 EUR 12.540 6,1 – 4,8 475 26,40 105 1,3 – 1,0
6 256.736,28 EUR - 308.083,53 EUR 15.048 5,8 – 4,8 540 27,87 111 1,1 – 0,9
7 308.083,54 EUR - 359.430,78 EUR 17.556 5,7 – 4,8 595 29,51 118 1,0 – 0,8
8 359.430,79 EUR - 410.778,04 EUR 20.064 5,6 – 4,8 640 31,35 125 0,9 – 0,8
9 ) 410.778,05 EUR 22.536 5,4 675 33,39 133 0,8 -

Die Regelung führt zwar dazu, dass der Beitragsaufwand zum Erwerb eines Punktes ab Klasse 5 ansteigt (Spalten 5, vgl. § 4 Abs. 1 GEHV; Spalte 6 (Division des Jahresbeitrages durch die Punktzahl) vgl. § 10 Abs. 3 GEHV; Spalte 7 zeigt die Kostensteigerung im Verhältnis zu den Beitragsklassen 1-4). Hinzu kommt die auch vom Sozialgericht erwähnte Deckelung der Anwartschaft bei 14.000 Punkten, die tendenziell eher die oberen Beitragsklassen betrifft, was die vom Sozialgericht erstellte Tabelle 2 verdeutlicht:

1 2 3 4 5 Beitragsklasse Punktezahl pro Jahr Erreichen der Höchstpunktzahl 14.000 in Jahren Anspruchssatz pro Jahr 12.000 Punkte = 18 % § 10 Abs. 1 GEHV Anspruchssatz pro Jahr GEHV a.F. in % (Normalstaffel)
1 100 140,0 0,15 0,00 bis 0,15
2 200 70,0 0,30 0,15 bis 0,30
3 300 46,7 0,45 0,30 bis 0,45
4 400 35,0 0,60 0,45 bis 0,60
5 475 29,5 0,71 0,60 bis 0,675
6 540 25,9 0,81 0,675 bis 0,75
7 595 23,5 0,89 0,75 bis 0,825
8 640 21,9 0,96 0,825 bis 0,90
9 675 20,7 1,01 0,90 + 0,375 je 100 Punkte

Sowohl die Steigerung des Beitragsaufwandes für einen Punkt als auch die Deckelung der Leistungsseite sind durch das Solidarprinzip, das eine Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vertragsarztes trägt, gerechtfertigt. Insbesondere ist die Begrenzung auf 14.000 Punkte angemessen, da ihr auf Leistungsseite eine Beitragsobergrenze in Gestalt der Beitragsklasse 9 mit 22.536,00 Euro Jahresbeitrag gegenübersteht. Ergänzend wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz folgt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R) auch nicht aus der unterschiedlichen Heranziehung der Vertragsärzte zur Finanzierung der EHV durch die Bandbreite der Beitragsklassen, mit der Folge eines prozentual höheren Honorareinbehalts in den niedrigeren Beitragsklassen.

Dass eine erhebliche Bandbreite innerhalb der Beitragsklassen besteht, die in Spalte 8 der Tabelle 1 zum Ausdruck kommt, liegt in der Natur der grundsätzlich zulässigen Pauschalierung durch Beitragsklassen. Ebenso wenig wie eine Beitragsbemessungsgrenze wegen der durch sie verursachten Bandbreite in den oberen Einkommen gegen das Grundgesetz verstoßen muss, verstößt eine solche Staffelung in Beitragsklassen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Verfassungswidrigkeit am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG setzte voraus, dass aus Art. 3 Abs. 1 GG eine Untergrenze für den solidarischen Ausgleich folgen würde. Dies ist aber jedenfalls aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht ersichtlich (vgl. zur Entkopplung von Beitrag und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Mecke, SGb 2016, 61 (66 ff.); BSG, Urteil vom 23. September 1999 – B 12 KR 17/98 R –, SozR 3-1100 Art. 74 Nr. 3- Leitsatz Nr. 2 zum sog. "Krankenhausnotopfer"). Vielmehr folgt die Berechtigung zur sozialpolitischen Ausgestaltung einer solchen Untergrenze aus dem Sozialstaatsprinzip und ist auf der Ebene der Rechtfertigung einer nicht nur leistungsbezogen-proportionalen, sondern einer auch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit folgenden, umverteilenden Beitragsausgestaltung angesiedelt. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass es bei der Ausgestaltung der Beitragsseite eines umlagefinanzierten Systems am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen ist, dass bei der Verbeitragung des Arbeitseinkommens Selbständiger (§ 15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – SGB IV), also der Verbeitragung nach dem Nettoprinzip, eine Mindesteinkommensgrenze normiert wird (vgl. BVerfGE 103, 392). Damit bestehen auch keine Bedenken gegen den damit verbundenen höheren Prozentsatz vom Honorar in der niedrigsten Beitragsklasse. Diese niedrigste Beitragsklasse ist einer Mindesteinkommensgrenze vergleichbar.

Jenseits von Art. 3 Abs. 1 GG wäre eine Beitragsgestaltung in Richtung einer Kopfpauschale nur verfassungsrechtlich oder unionsrechtlich bedenklich, wenn dadurch der Charakter eines solidarischen Systems verloren gehen würde, der die Pflichtmitgliedschaft rechtfertigt (dezidiert EuGH, Urteil vom 5. März 2009 – C-350/07 –, "Kattner Stahlbau GmbH", juris Rn. 54, zur solidarischen Gestaltung des Beitrages zur deutschen Unfallversicherung als Rechtfertigungsgrund für eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten); zudem markiert die Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr.12 GG eine Untergrenze, da eine fehlende solidarische Gestaltung die Vereinbarkeit mit dem Typus der Sozialversicherung in Zweifel ziehen könnte (vgl. Mecke, SGb 2016, 61 (68)); dies gilt aber primär für das Beitragsrecht der Sozialversicherung; inwieweit dies auf das Leistungserbringerrecht und die EHV übertragen werden muss, kann aber offenbleiben: Dass hier das Solidarprinzip auf der Beitragsseite gar nicht verwirklicht wird, ist nicht erkennbar; insbesondere werden durch die Beitragsklassen für höhere Einkommen die Punkte teurer, wie aus Spalten 6 und 7 der Tabelle 1 hervorgeht. Bereits dies verwirklicht das Solidarprinzip. Alles Weitere unterliegt dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers.

§ 3 Abs. 1 Satz 1 GEHV verstößt aber – wie der Senat bereits entschieden hat (Urteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R) gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG, soweit die Regelung keine Sachkostenabzüge vorsieht und damit in unangemessener Weise das weitgehend ungekürzte Honorar der Beitragsbemessung zu Grunde legt, ohne die mit der allein umsatzbezogenen Betrachtung einhergehende ungleiche Belastung in anderer Weise zu berücksichtigen.

Das Bundessozialgericht hat die oben genannten, allgemeinen Anforderungen an die Beitragsseite bzw. den Honorareinbehalt der EHV, die aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) und allgemein aus Art. 3 Abs. 1 GG folgen, im Hinblick auf die Beitragsbemessungsgrundlage bereits näher konkretisiert. Die Berücksichtigung von besonderen Kosten bei bestimmten Leistungen bei der Bestimmung der Höhe des EHV-Einbehalts bzw. der Beitragsbemessung hat das Bundessozialgericht dabei nicht nur gebilligt, sondern am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG für geboten gehalten (Urteil vom 9. Dezember 2004 B 6 KA 44/03 R –, juris, Rn. 125, = BSGE 94, 50; BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 B 6 KA 38/07 R –, juris Rn. 67, = BSGE 101, 106; BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris Rn. 39). Zu rechtfertigen ist die mit einer grundsätzlich am Umsatz und nicht am Gewinn orientierten Finanzierung der EHV einhergehenden Durchbrechung des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. die Bezugnahme in BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris Rn. 34) bzw. die entsprechende Ungleichbehandlung nur, wenn nicht außer Acht gelassen wird, dass aus den Honoraren für die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen die bei deren Erbringung entstandenen Kosten erwirtschaftet werden müssen (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R –, juris, Rn. 125, = BSGE 94, 50). Trotz der sehr unterschiedlichen Kostensätze zwischen den einzelnen Arztgruppen und auch zwischen unterschiedlich ausgerichteten Praxen derselben Arztgruppe liegt in der Anknüpfung der Beitragserhebung zur EHV an den Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit nicht in jedem Fall eine mit Art. 3 Abs. 1 GG kollidierende sachwidrige Ungleichbehandlung insbesondere der Ärzte mit hohen Praxiskosten. Wenn allerdings vertragsärztliche Umsätze verschiedener Arztgruppen nicht mehr tendenziell Überschüsse in ähnlicher Größenordnung erwarten lassen, muss dies bei Belastungen, die allein an Umsätzen ausgerichtet seien, berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris, Rn. 39 m.w.N.). Ob diese Berücksichtigung in hinreichender Weise erfolgt, ist nach Auffassung des Senats letztlich eine Frage der Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Senatsurteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R).

Die gerichtliche Kontrolldichte ist dabei wegen des satzungsgeberischen Gestaltungsspielraums reduziert; die Beklagte hat den Anforderungen zu entsprechen, die ein Normgeber nach Maßgabe des Verfassungsrechts bei der Regelung einer hoch komplexen Materie beachten muss (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R –, juris Rn. 125 unter Bezugnahme auf BVerfGE 50, 290 (333 ff.)). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich darüber hinaus tendenziell widerstreitende Anforderungen: Einerseits gilt im Beitragsrecht eine strenge Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn es den verpflichteten Personen nicht freisteht, am Umlageverfahren teilzunehmen, sondern wie hier ein System mit Pflichtmitgliedschaft besteht (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2017 – B 12 KR 14/15 R –, juris Rn. 43). Andererseits ist der Normgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen im Beitragsrecht (vgl. zum Folgenden: BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08 –, juris, Rn. 10) berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Allerdings setzt die Rechtfertigung einer Typisierung voraus, dass diese Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BVerfGE 84, 348 (360); 87, 234 (255 f.); stRspr), lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 63, 119 (128); 84, 348 (360)). Allgemein sind allerdings dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der jeweiligen Regelung umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, etwa auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Freiheit der beruflichen Tätigkeit nachteilig auswirken kann (BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2003 - 1 BvR 487/01 - = BVerfGE 107, 133, zitiert nach juris Rn. 25; BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 - B 6 KA 38/12 R -, juris Rn. 35 jeweils m.w.N.).

Mit diesen Anforderungen sind die Regelungen über das in die EHV einzubeziehende Honorar in § 3 Abs. 1 Satz 1 GEHV nicht zu vereinbaren (Senatsurteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R).

Die von der Beklagten vorgelegten Daten zur vor dem 3. Quartal 2012 geltenden Rechtslage (Anlage B 15 zum Schriftsatz der Beklagten vom 31. Januar 2018 aus dem Verfahren L 4 KA 2/15, Bl. 348 ff. d.A.) belegen, dass mit der Streichung der Berücksichtigung von Kostenanteilen eine wesentliche Ungleichbehandlung einhergeht. Der Senat hat bereits entschieden (Urteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R), dass aufgrund der nachfolgend genannten Indizien feststeht, dass Angehörige von Arztgruppen mit gleichem Gewinn einer unterschiedlichen Beitragslast unterliegen. Angehörige von Arztgruppen mit überdurchschnittlich hohen Sachkostenanteilen in der Vergütung müssen im Verhältnis zum Gewinnanteil höhere Beiträge bzw. denselben Beitrag aus einem niedrigeren Gewinn erwirtschaften. Aufgrund mehrerer Indizien steht für den Senat fest, dass erheblich unterschiedliche Kostenstrukturen zwischen den Arztgruppen bestehen, was zur Folge hat, dass nicht Überschüsse in ähnlicher Größenordnung zu erwarten sind:

Das erste Indiz ist der Durchschnitt der Kostenanteile in der jeweiligen Arztgruppe, der bereits nach der alten Rechtslage nicht abgezogen wurde (sog. EHV-Kostenanteil), aber immerhin die Basis des Abzugs des überdurchschnittlichen Kostenanteils bildete (vgl. zur alten Rechtslage Senatsurteil vom 6. Dezember 2017 – L 4 KA 10/15 –, juris). So belief sich der durchschnittliche EHV-Kostenanteil (Spalte 6 der Aufstellung) bezogen auf die jeweilige Arztgruppe z.B. im Quartal II/2010 bei den Nephrologen (mit Dialyse-SK) auf 9 %, bei den übrigen Nephrologen auf 66 %. Auch im Übrigen ist die Schwankungsbreite erheblich, wenn man den Gynäkologen mit 35 % und den Orthopäden mit 37 % die Humangenetiker mit 56 % und Radiologen mit 51 % gegenüberstellt. Hausärzte lagen bei 48 %, Anästhesisten bei 38 % und die Fachgruppe der Klägerin bei 50 %. Die Aufstellung für die übrigen Quartale, zuletzt Quartal II/2012 weist hier und auch bei den nachfolgend dargestellten Daten nur geringfügige Abweichungen aus. Waren bei der Vorgängerregelung diese Durchschnittswerte lediglich Ausgangspunkt der Deckelung der berücksichtigungsfähigen Kosten, so weist das Verhältnis des tatsächlich berücksichtigungsfähigen Kostenanteils mit der Honoraranforderung ohne vollständig befreite Honoraranteile (Spalte 12 geteilt durch Spalte 11) aus, dass die Vorgängerregelung zu erheblichen Unterschieden bei der Berücksichtigung von Kostenanteilen geführt hat. Bei Nephrologen mit Dialyse-SK bzw. vollzugelassenen Internisten mit SP Nephrologie wurden 83,93 % der verbleibenden Honoraranforderung als Summe aller individueller, über dem Arztgruppenschnitt liegender Kostenanteile nicht in die EHV einbezogen (beispielhaft berechnet anhand Quartal II/2010, Spalte 12 geteilt durch Spalte 11). Bei Gynäkologen, bei denen im Quartal II/2010 ein EHV-Kostenanteil von 35 % ausgewiesen wurde, waren es 11,22 %, bei Humangenetikern, bei denen im Quartal II/2010 ein EHV-Kostenanteil von 56 % ausgewiesen wurde, waren es 25,76 %, bei Hausärzten bei denen in diesem Quartal 48 % ausgewiesen wurden, waren es allerdings nur knapp 2 %. Bei der Fachgruppe der Anästhesisten wurde ein EHV-Kostenteil im Quartal II/2010 von 38 % ausgewiesen, nicht in die EHV einbezogen wurden 12,48 %. Bei der Fachgruppe der Klägerin (Psychotherap. Ärzte) wurde ein EHV-Kostenanteil von 50 % ausgewiesen, jedoch das Honorar vollständig in die EHV einbezogen. Es bedarf hier keiner Klärung, inwieweit und warum die Vorgängerregelung bei einzelnen Arztgruppen Atypiken der Kostenberücksichtigung erzeugt hat. Die zum früheren Beitragssystem erhobenen Daten belegen jedoch sowohl erhebliche Unterschiede bei der Bedeutung der Vergütung von Sachkostenanteilen bzw. Kostenerstattungen für die Gesamtvergütung als auch erhebliche Unterschiede bei der Berücksichtigung der Kosten. Beides fällt mit der Neuregelung weg.

Ein weiteres Indiz für erheblich unterschiedliche Kostenstrukturen der Arztgruppen, die zur Folge hat, dass nicht Überschüsse in ähnlicher Größenordnung zu erwarten sind, ist die Höhe der Honorare nach Kapitel 40 EBM-Ä aufgeschlüsselt nach Arztgruppen (Anlage B 14 zum Schriftsatz der Beklagten vom 31. Januar 2018 aus dem Verfahren L 4 KA 2/15, Bl. 338 ff. d.A.), beschränkt auf den Bereich der Primär- und Ersatzkassen. Zwar ist die Indizwirkung dieser Aufstellung begrenzt, da zum 1. Juli 2013 eine Neuregelung insbesondere der Sachkostenpauschalen für Dialysen erfolgt ist, weil nach einer Untersuchung des Instituts des Bewertungsausschusses die Sachkosten tendenziell zu hoch und die ärztlichen Betreuungsleistungen tendenziell zu gering bewertet worden waren. Es handelt sich aber bei dem Kapitel 40 EBM-Ä um Kostenpauschalen, die zwar keinen Aufwendungsersatz, aber einen pauschalierten Ausgleich eines Kostenanteils darstellen; sie sind ein letztlich auf einer Mischkalkulation und dem Gesichtspunkt der Vereinfachung beruhender Pauschalbetrag (BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 6 KA 34/14 R –, juris Rn. 31). Dies lässt aber eine Tendenz in der Kostenbelastung einer Arztgruppe erkennen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die mit der vertragsärztlichen Tätigkeit verbundenen Kosten bei der Abrechnung im EBM-Ä unterschiedlich behandelt werden: Sie können in die Bewertung der Leistungspositionen für ärztliche Leistungen integriert werden oder als gesonderter Zuschlag (etwa für ambulante Operationen) oder aber als pauschalierter Sachkostenersatz berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 19. August 2015 a.a.O., Rn. 31).

Hieraus ergibt sich bei den Honoraren aus Kapitel 40 EBM-Ä ein ähnliches Bild wie aus der oben genannten tabellarischen Aufstellung zu den EHV-Kostenanteilen. Im Quartal II/2010 erwirtschafteten 702,5 Gynäkologen 610.984,62 Euro (Durchschnitt: ca. 870,00 Euro), 416,59 Orthopäden 781.781,33 Euro (Durchschnitt: ca. 1694,00 Euro) 11,25 Humangenetiker 6.234,19 Euro (Durchschnitt: ca. 554,00 Euro), 247,96 Radiologen 1.089.958,75 Euro (Durchschnitt: ca. 4.397,00 Euro), 3832,6 Hausärzte (Durchschnitt: ca. 565,00 Euro), 200,33 Anästhesisten 12.094,85 Euro (Durchschnitt: ca. 60,36 Euro), 440,75 Psychotherapeutisch tätige Ärzte 4.223,75 Euro (Durchschnitt ca. 9,58 Euro). Die höchsten Einnahmen erzielten 41,32 Nephrologen mit Dialyse-SK 9.022.180,33 Euro (Durchschnitt: 218.349,00 Euro). In den Folgequartalen bis zur Rechtsänderung ab dem 3. Quartal 2012 sind keine wesentlichen Veränderungen ersichtlich.

Auch wenn die Kostenpauschalen des Kapitel 40 EBM-Ä nur einen Ausschnitt der Vergütung von Kosten darstellen, was die Indizwirkung einschränkt, bestätigen sie doch das wesentlich aussagekräftigere Bild der Betrachtung der durchschnittlichen EHV-Kostenanteile sowie der nach altem Recht berücksichtigten, über dem jeweiligen Arztgruppenschnitt liegenden Kostenanteile dahingehend, dass die Kostenstrukturen der einzelnen Arztgruppen sehr unterschiedlich sind.

Diese Ungleichbehandlung ist nicht bereits über die Grundsätze von Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung zu rechtfertigen. Insbesondere kann keine Parallele zur Erhebung von Verwaltungskostenbeiträgen gezogen werden, bei denen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 28. November 2007 B 6 KA 1/07 R –, juris Rn. 22 und 26; vgl. auch BSG, Urteil vom 17. August 2011 B 6 KA 2/11 R –, juris) die Bemessung nach dem Umsatz unbeanstandet geblieben ist. Maßgeblich war dort, dass bei der gebotenen typisierenden Betrachtung die Annahme, dass mit höheren Umsätzen aus vertragsärztlicher Tätigkeit regelmäßig auch der Umfang des materiellen und immateriellen Nutzens steigt, den ein Vertragsarzt aus der Existenz und der gesamten Aufgabenerfüllung - nicht lediglich der Honorarabrechnung - einer KÄV zieht, weder als grob fehlerhaft noch als mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unvereinbar angesehen werden könne. Dies lässt sich auf das Verhältnis zwischen Beitrag und Anwartschaft im Rahmen der Erweiterten Honorarverteilung nicht übertragen, worauf zutreffend das Sozialgericht hingewiesen hat. Das Äquivalenzprinzip ist in den zwei genannten Entscheidungen allein auf die Verwaltungskosten zu beziehen, die gleichermaßen durch die Honorarverteilung von Positionen mit wie ohne Sachkostenanteil entstehen. Die honorarverwaltende und honorarverteilende Tätigkeit der Verwaltung ist als Ganzes die Gegenleistung für den Verwaltungskostenbeitrag. Daher hat das Bundessozialgericht die umsatzbezogene Beitragsbemessung beim Verwaltungskostenbeitrag gerade deshalb gebilligt, weil damit ein mitgliedschaftsbezogener Vorteil abgegolten wird, der umsatzbezogen anfällt (so die eigene Interpretation des BSG im Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 R –, juris Rn. 67, = BSGE 101, 106). Demgegenüber sollen bei der EHV die Beiträge der Finanzierung einer umlagefinanzierten Alterssicherung dienen, die zudem den Zweck hat, "wirtschaftlich sichernde" Ansprüche zu generieren, also zur Lebensstandardsicherung beizutragen, was wiederum von der (vorherigen) wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abhängt. Eine Vermutung, dass höhere Umsätze einen höheren Gewinn und damit eine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Folge haben, mit dem Ziel, dass diesen Personen auch höhere Anwartschaften zukommen sollten, gibt es hier nicht, wie die vorliegenden Daten zur bis Quartal II/2012 geltenden Rechtslage zeigen. Schließlich greifen die in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Rechtfertigungsgründe bei Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung hier nicht, weil die Ungleichbehandlung intensivere Folgen als beim Verwaltungskostenbeitrag hat (dazu auch sogleich); der Verwaltungskostenanteil betrug im Fall des Urteils des Bundessozialgerichts vom 17. August 2011 – B 6 KA 2/11 R – nur 2,2 % des Honorars.

Die Streichung des Abzuges von Kostenanteilen mit der hier anzuwendenden Fassung des § 3 Abs. 1 Satz 1 GEHV genügt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R) auch im Übrigen nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Für die Rechtfertigung der mit der Streichung der Berücksichtigung von Kostenanteilen einhergehende Ungleichbehandlung, dass Arztgruppen mit überdurchschnittlich hohen Sachkostenanteilen in der Vergütung im Verhältnis zum Gewinnanteil höhere Beiträge zahlen müssen bzw. – als sachwidrige Gleichbehandlung formuliert – denselben Beitrag aus einem niedrigeren Gewinn erwirtschaften müssen, gibt es zwar ein legitimes Ziel. Die zum 3. Quartal 2012 in Kraft getretene Neuregelung hat – wie auch vorherige Reformen – das Ziel, den Arztgruppen mit hohen Kostenerstattungsanteilen in ihrer Vergütung einen – mit den Worten des Senats – zur Lebensstandardsicherung beitragenden Teil der Altersversorgung zur Verfügung zu stellen und dabei die Arztgruppen mit hohen Kostenanteilen entsprechend zur Finanzierung heranzuziehen. Das Ziel "wirtschaftlich sichernde" Ansprüche bei entsprechender Finanzierungsverantwortung auch kostenintensiv wirtschaftender Arztgruppen bereitzustellen, ist in § 8 KVHG angelegt und legitim, weil es der Verwirklichung des Äquivalenzprinzips entspricht (Urteile des Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R; vgl. auch Urteil des Senats vom 6. Dezember 2017 – L 4 KA 10/15 –, juris).

Die Nichtberücksichtigung von Kostenanteilen ist auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen.

Es bestehen allerdings bereits Zweifel an der Erforderlichkeit. An der Erforderlichkeit fehlt es allerdings nur, wenn das Ziel der staatlichen Maßnahme durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, mit dem das betreffende Grundrecht nicht oder weniger fühlbar eingeschränkt wird, wobei die sachliche Gleichwertigkeit bei Alternativen in jeder Hinsicht eindeutig feststehen muss (vgl. BVerfGE 81, 70 (90) m.w.N.; stRspr).

Die Beklagte führt insoweit nur an, dass die Listen über die sog, "TL"-Anteile, deren Grundlage Listen der KBV waren, die eine Aufstellung der technischen Leistungsanteile der Leistungsziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) enthielten, und so früher u.a. eine arztgruppenbezogene Ermittlung der sog. EHV-Kostenanteile ermöglichten, nicht mehr existierten.

Es ist aber nicht ersichtlich, dass damit alle Erkenntnisquellen entfallen sind, um nach den Vorgaben des Bundessozialgerichts "bei Belastungen, die allein an Umsätzen ausgerichtet seien", zu berücksichtigen, dass "vertragsärztliche Umsätze verschiedener Arztgruppen nicht mehr tendenziell Überschüsse in ähnlicher Größenordnung erwarten lassen" (BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris, Rn. 39 m.w.N.). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jedenfalls für eine gewisse Dauer die Fortschreibung der alten Daten sachwidrig gewesen wäre. Zudem sind der Beklagten auch eigene Ermittlungen zuzumuten, soweit der damit verbundene Verwaltungsaufwand nicht unverhältnismäßig ist. Auch spricht nichts gegen eine Typisierungsbefugnis der Beklagten, bestimmte Gebührenordnungspositionen als "kostenträchtig" einzustufen und ggf. verbunden mit einer Obergrenze oder einem Dämpfungsfaktor versehen nur anteilig abzuziehen, um in gleicher Weise wie bisher das Ziel zu verwirklichen, mit einem nur anteiligen Kostenabzug auch bei sachkostenintensiven Arztgruppen zu einer hinreichenden Beitragshöhe zu kommen. Diese Typisierungsbefugnis erscheint bereits deshalb unbedenklich, weil die Beklagte nachvollziehbar darauf verweist, dass die Kostenerstattungstatbestände keinen sicheren Rückschluss auf die Kostenbelastung zulassen, es handelt sich regelmäßig nicht um die wirtschaftlich "reine" Kostenerstattung. Das satzungsgeberische Ermessen bei der Typisierung wird hier allerdings seinerseits durch Art. 3 Abs. 1 GG begrenzt, nämlich dem Gebot, eine Ungleichbehandlung verschiedener Arztgruppen gerade durch die Nichtberücksichtigung bestimmter GOPen zu vermeiden (wohl auch BSG, Urteil vom 28. November 2007 – B 6 KA 1/07 R –, Rn. 26). Ein weiteres milderes Mittel könnte schließlich eine gewinnbezogene Bemessung nach Auswertung von Steuererklärung und Steuerbescheid sein; so sind zur Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Krankenkassen auch in der Massenverwaltung in der Lage, Steuerbescheide zur Verbeitragung freiwilliger selbständiger Mitglieder auszuwerten. In Zusammenschau mit der Steuererklärung dürfte hier eine Ermittlung des allein auf die vertragsärztliche Tätigkeit entfallenden Gewinns möglich sein; die damit einhergehende zeitliche Verschiebung der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Grundlage der Beitragserhebung ist nicht von vornherein ihrerseits verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Zudem stellt auch die hiesige Regelung auf das Vorvorjahr ab (Urteile des Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R).

Jedenfalls ist die Regelung nach Auffassung des Senats (Urteile vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R) unangemessen. Um dem Erfordernis der Angemessenheit zu entsprechen, muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs bzw. hier: der Ungleichbehandlung einerseits und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe andererseits die gesetzliche Regelung insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit noch wahren; die Maßnahme darf also die Betroffenen nicht übermäßig belasten (vgl. BVerfGE 83, 1 (19); Beschluss vom 8. Juni 2010 – 1 BvR 2011/07 –, Rn. 120, stRspr.). Hier ist dogmatisch auch das Erfordernis der Berücksichtigung unterschiedlicher Honorarstrukturen sowie der Ausgleich zwischen Äquivalenz und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bzw. Solidarität bei der Errichtung eines Beitragssystems in der Umlagefinanzierung zu verorten.

Die Streichung der Berücksichtigung von Kostenanteilen über die EHV-freien Honoraranteile hinaus führt dazu, dass letztlich gar nicht mehr nach Arztgruppen differenziert wird, obwohl gewichtige Unterschiede bestehen. Damit entfällt auch die vom Bundessozialgericht geforderte Berücksichtigung der Unterschiede, dass vertragsärztliche Umsätze verschiedener Arztgruppen nicht mehr tendenziell Überschüsse in ähnlicher Größenordnung erwarten lassen. Diese Unterschiede sind auf der Basis der von der Beklagten vorgelegten Daten bis einschließlich II/2012 so gewichtig (s.o.), dass sie nicht im Rahmen der Rechtfertigung von Typisierung und Pauschalierung als "nicht sehr intensiv" angesehen werden könnten. Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass die bisherigen Regelungen zum Abzug von Kostenanteilen dazu geführt hätten, dass nicht nur reine Durchlaufposten abgezogen worden seien oder der "reine" Kostenanteil in Abgrenzung zur Vergütung der ärztlichen Leistung nur schwer zu ermitteln sei. Denn die Beklagte ist nicht darauf verwiesen, die Unterschiede bei dem Honorar-/Gewinnverhältnis allein anhand der Kategorisierung von Gebührenordnungspositionen zu berücksichtigen. Wie oben erwähnt, gibt es auch andere normative Anknüpfungsmöglichkeiten. Zudem fordert das satzungsgeberische Ziel "wirtschaftlich sichernder" EHV-Ansprüche gar nicht, sämtliche Kostenlasten und die damit einhergehenden Unterschiede unberücksichtigt zu lassen. Letztlich führt nach Auffassung des Senates zur Unangemessenheit, dass der Satzungsgeber nicht einmal den Versuch unternommen hat, die vorhandenen unterschiedlichen Kostenstrukturen zu berücksichtigen. Dies gilt für alle GOPen mit Kostenerstattungscharakter (Urteile des Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R).

Nicht zur Erforderlichkeit oder Angemessenheit führt der Umstand, dass in den sog. EHV-freien Leistungen auch Kostenerstattungsanteile oder Erstattungsleistungen mit vergleichbarer Funktion enthalten sind, z.B. die von der Beklagten angeführte Sachkostenerstattung Ersatzkassen (GOP 90014), die Sachkosten Kataraktlinsen (GOP 90401 ff.) oder die Sachkosten LDL-Apherese (GOP 90406 ff.). Dabei hat der Senat nicht zu prüfen, ob die hier anzuwenden Fassung der GEHV einen derartigen Abzug überhaupt ermöglicht. Jedenfalls ist ein entsprechender Abzug wirtschaftlich völlig zu vernachlässigen. Dies ergibt sich bereits aus den von der Beklagten im Verfahren L 4 KA 2/15 vorgelegten Aufstellung aus Spalte 10 (Anlage B 15 zum Schriftsatz vom 31. Januar 2018, Bl. 348 ff. d.A). So betrug der Abzug von der zu verbeitragenden Honoraranforderung bei der Arztgruppe der Hausärzte insgesamt rund 2 %, bei der Arztgruppe der Nephrologen mit Dialyse-SK bzw. vollzugelassene Internisten mit SP Nephrologie nur 1,5 %, bei der Arztgruppe der Anästhesisten ca. 3,18 % (beispielhaft berechnet anhand Quartal II/2010, Spalte 10 geteilt durch Spalte 9). In diesen Prozentanteilen finden sich wiederum nur zu einem kleinen Bruchteil Sachkosten wieder.

Es besteht auch keine Möglichkeit zur verfassungskonformen Auslegung. Es ist erklärter Wille des Satzungsgebers, keine im Rahmen des EBM-Ä vorgesehene Sachkostenvergütung abzugsfähig zu machen. Dies folgt aus der Formulierung des § 3 Abs. 1 GEHV, der keinen Raum für Abzüge lässt. Einen Ansatzpunkt bietet auch nicht die sprachlich verunglückte Regelung des § 3 Abs. 6 Satz 2 GEHV. Soweit dort bei Selektivverträgen Abzüge für Sachkosten eröffnet werden, "die nicht innerhalb der Gebührenordnungspositionen des EBM-Ä abgegolten sind oder Kapitel 40 entsprechen", soll diese Regelung gerade einen Gleichklang mit dem EBM-Ä herstellen; abziehbar sind auch bei den Einnahmen aus Selektivverträgen nicht Sachkosten, die Kapitel 40 entsprechen (Urteile des Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R).

Die angefochtenen Bescheide waren aufzuheben, da es der Beitragsbemessung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 GEHV an einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage fehlt. Voraussetzung für die Beitragserhebung als belastender Eingriff ist jedoch eine insgesamt mit der verfassungsmäßigen Ordnung vereinbare Ermächtigungsgrundlage (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 1 BvR 2222/12 –, juris Rn. 78, 81). Daher ist die Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit einer untergesetzlichen Norm grundsätzlich die Nichtigkeit insgesamt und nicht ihre Unanwendbarkeit nur inter partes; ein Ausnahmefall liegt hier nicht vor, da eine verfassungskonforme Auslegung nicht möglich ist. Auch sonst ist eine geltungserhaltende Reduktion nicht möglich, da keine sinnvolle Restregelung mehr verbleibt (Urteile des Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 12/18 R, und L 4 KA 11/15, Revision anhängig: BSG, B 6 KA 16/18 R). Die Frage, welche Abzüge vom der EHV zugrunde liegenden Honorar vorzunehmen sind, wirkt sich zudem zwangsläufig auf die Gesamtkalkulation aus (vgl. zu den Grenzen der geltungserhalten Reduktion einer Norm BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 – 9 CN 1/11, BVerwGE 143, 301 ff., zitiert nach juris Rn. 30 f.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Beklagte erfolglos Berufung eingelegt und die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen hat.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, denn die Frage, ob und wie Sach- oder Praxiskostenanteile gleichheitskonform aus dem für die Beitragsbemessung zugrunde gelegten Honorar herausgerechnet werden müssen, ist eine Konkretisierung von Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG und damit revisibles Recht; die Rechtssätze aus den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R –, juris, Rn. 125, = BSGE 94, 50; BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 B 6 KA 38/07 R –, juris Rn. 67, = BSGE 101, 106; BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 10/13 R –, juris Rn. 39 einerseits und dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. August 2011 – B 6 KA 2/11 R –, juris, zu den Verwaltungskostenbeiträgen bedurften, wie aus den obigen Entscheidungsgründen ersichtlich, der weiteren Konkretisierung.
Rechtskraft
Aus
Saved