L 6 AS 164/20 RG

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 784/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 164/20 RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Über in der Prozessordnung nicht vorgesehene oder sonst offensichtlich unzulässige Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch entscheidet das Gericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters.

2. Zu den Voraussetzungen des Selbstentscheidungsrechts über ein Befangenheitsgesuch.
I. Die Befangenheitsanträge des Klägers gegen die Richter am Landessozialgericht C., D. und E. zum Verfahren L 6 SF 7/20 AB werden als unzulässig verworfen.

II. Die vom Kläger erhobenen Rechtsbehelfe gegen den Beschluss des Senats vom 27. Februar 2020 im Verfahren L 6 SF 7/20 AB werden als unzulässig verworfen.

III. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Rechtsbehelfe des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 27. Februar 2020 im Verfahren L 6 SF 7/20 AB, die er als "Beschwerde, hilfsweise Gegenvorstellung" bezeichnet hat, sind ebenso wie die von ihm gestellten Befangenheitsanträge gegen RiLSG C., RiLSG D. und RiLSG E. offensichtlich unzulässig und daher zu verwerfen. Durch diesen Beschluss (und zwei weitere Beschlüsse vom gleichen Tage) hatte der Senat in der Besetzung mit den genannten Richtern ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen VRiLSG F. (sowie RiinLSG G. und RiLSG H.) als unzulässig verworfen.

1. Der Senat entscheidet in der aus dem Rubrum ersichtlichen, geschäftsplanmäßigen Besetzung, nachdem keiner der danach zur Entscheidung Berufenen an der Mitwirkung gehindert ist.

a) Dies gilt zunächst trotz des Befangenheitsgesuchs aus dem Rechtsbehelfsschreiben vom 19. März 2020 hinsichtlich der Mitwirkung von RiLSG C., und zwar auch hinsichtlich des Befangenheitsantrags selbst. Dieser ist offensichtlich unzulässig und kann daher unter Beteiligung des abgelehnten Richters verworfen werden.

Eine derartige Selbstentscheidung über ein Ablehnungsgesuch ist (nur) zulässig, wenn das Gesuch rechtsmissbräuchlich oder sonst offensichtlich unzulässig ist (zur Möglichkeit und den Grenzen des Selbstentscheidungsrechts vgl. BVerfG, Beschl. v. 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 –, BVerfGE 131, 239, 252 f.; BVerfG, Beschl. v. 2. Mai 2006 – 1 BvR 698/06 –, BVerfGK 8, 59, 60; BSG, Beschl. v. 7. September 2016 – B 10 SF 2/16 C –, juris, Rn. 3 sowie G. Vollkommer, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 45 Rn. 4 und Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 60 Rn. 10d m.w.Nw.). Maßgebliches inhaltliches Kriterium ist dabei, ob eine sogenannte bloße Formalentscheidung über das Gesuch getroffen werden kann, ein inhaltliches Eingehen auf die zur Begründung des Ablehnungsgesuchs vorgebrachten Gesichtspunkte also nicht veranlasst ist. Dann und nur dann entfällt die Notwendigkeit für den abgelehnten Richter, sein eigenes Verhalten zu beurteilen, so dass gegen seine Mitwirkung trotz der geltend gemachten Befangenheit auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, namentlich mit Blick auf das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz [GG]), keine Bedenken bestehen (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 2. Juni 2005 – 2 BvR 625/01 –, BVerfGK 5, 269 = NJW 2005, 3410, 3412; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 60 Rn. 10d m.w.Nw.).

Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn in einem Befangenheitsgesuch kein Ablehnungsgrund benannt wird oder die gegebene Begründung zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.5.2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, 406; BVerfG, Beschl. v. 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 –, BVerfGE 131, 239, 252 f.; BVerfG, Beschl. v. 2. Mai 2006 – 1 BvR 698/06 –, BVerfGK 8, 59, 60; Hüßtege, in: Zöller, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 45 Rn. 1). Ein Befangenheitsantrag ist überdies regelmäßig dann rechtsmissbräuchlich, wenn alle Mitglieder eines Spruchkörpers abgelehnt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11. März 2013 – 1 BvR 2853/11 –, juris, Rn. 28).

Gesetzlicher Maßstab ist dabei § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit stattfindet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Hierfür ist nicht entscheidend, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder sich für befangen hält; es kommt vielmehr ausschließlich darauf an, ob ein am Verfahren Beteiligter bei objektiver und vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. April 1990 – 2 BvR 413/88 –, BVerfGE 82, 30, 38; BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 1986 – 1 BvR 713/83 u.a. –, BVerfGE 73, 330, 335; BSG, Beschluss vom 1. März 1993 – 12 RK 45/92 –, NJW 1993, 2261; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 60 Rn. 7 m.w.Nw.). Ein prozessordnungsgemäßes Verhalten eines Richters und namentlich eine von ihm vertretene Rechtsauffassung in einer von ihm zu treffenden Entscheidung kann vor diesem Hintergrund ein Ablehnungsgesuch regelmäßig nicht rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, 406).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist die vom Kläger gegebene Begründung zur Rechtfertigung seines Ablehnungsgesuchs gegenüber RiLSG C. (wie auch gegenüber RiLSG D. und RiLSG E.) völlig ungeeignet. Der Kläger hat seine Befangenheitsanträge zunächst darauf gestützt, die genannten Richter seien "nicht die gesetzlichen Richter". Eine weitere Erläuterung hierfür hat er dann nur hinsichtlich RiLSG D. und RiLSG E. angeführt und sich insoweit darauf gestützt, dass diese Mitglieder des 9. Senats des Hessischen Landessozialgerichts seien und daher "bereits in der Sache vorbefasst waren und daher nicht mehr als unvoreingenommen gelten und damit nicht die gesetzlichen Richter sind". Hintergrund dieses Vorbringens ist offenbar der Umstand, dass das Verfahren in der Hauptsache bis zu einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Hessischen Landessozialgerichts zum 1. Januar 2020 vor dem 9. Senat geführt worden und dementsprechend in der Hauptsache die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde am 9. September 2019 unter Beteiligung der beiden Richter erfolgt ist.

Abgesehen davon, dass die "Vorbefassung" mit einer Angelegenheit keineswegs auch nur im Regelfall zu einer Befangenheit führt (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, 406; BVerfG, Beschl. v. 22. August 2018 – 2 BvC 1/18 –, NJW 2018, 3438), trifft diese Argumentation für RiLSG C. schon deswegen nicht zu, weil dieser dem 9. Senat nicht angehört hat.

Mit Bezug auf RiLSG C. gelten damit von vornherein nur die weiteren Ausführungen des Klägers, namentlich das Vorbringen, die Besorgnis der Befangenheit ergebe sich daraus, dass in dem Beschluss vom 27. Februar 2020 "vernünftig nicht mehr nachvollziehbar behauptet wird, dass die Befangenheitsablehnung unzulässig sei, da der Kläger keine Gründe, die Zweifel an der Befangenheit der abgelehnten Richter begründen, dargelegt habe". Dem setzt der Kläger entgegen, er mehrere solcher Gründe explizit dargelegt, und verweist dazu auf das Vorbringen im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13. Februar 2020. Auf die Argumentation des Senats im Beschluss vom 27. Februar 2020, warum die dort von ihm aufgeführten Gründe nicht geeignet seien, ein Ablehnungsgesuch zu tragen, geht der Kläger nicht ein.

Das ist für die Begründung eines Befangenheitsgesuchs nicht ansatzweise ausreichend: Maßgeblich für die insoweit notwendige Beurteilung der vorgebrachten Gründe, nunmehr mit Bezug auf das Ablehnungsgesuch gegen RiLSG C., ist, worauf der Senat bereits in der angegriffenen Entscheidung hingewiesen hat, der Zweck des Ablehnungsrechts, die Unparteilichkeit des Gerichts zu sichern und damit das Recht auf den gesetzlichen Richter zu gewährleisten (vgl. hierzu nochmals BVerfG, Beschl. v. 2. Juni 2005 – 2 BvR 625/01 u.a. –, BVerfGK 5, 269 = NJW 2005, 3410 sowie BVerfG, Beschl. v. 28. April 2011 – 1 BvR 2411/10 –, NJW 2011, 2191, 2192). Das Ablehnungsrecht dient dagegen nicht dazu, einem Beteiligten die Möglichkeit zu eröffnen, Richter mit ihm unliebsamen Rechtsauffassungen aus dem Verfahren zu entfernen. Die Äußerung einer Rechtsansicht begründet daher, selbst wenn sie unzutreffend ist, ganz regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, sofern sie nicht auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür beruht. Das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn sie im Vorfeld einer Entscheidung erfolgt, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Richter noch für die Argumente beider Seiten offenhalten muss (vgl. nur BSG, Beschl. v. 18. November 2009 – B 1 KR 74/08 B –, SozR 4-1500 § 10 Nr. 3 Rn. 22). Umso mehr vermag die Äußerung einer Rechtsauffassung im Rahmen einer gerichtlichen Entscheidung ein Ablehnungsgesuch regelmäßig nicht zu tragen, nachdem sich das Gericht hier zwingend festlegen muss (vgl. dazu, dass der Umstand, dass ein Richter in einem gerichtlichen Verfahren eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten hat, von vornherein nicht geeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit auszulösen: BVerfG, Beschl. v. 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, 406). Von vornherein ungeeignet zur Begründung eines Befangenheitsgesuchs sind daher floskelhafte Behauptungen, eine dem unterlegenen Beteiligten nachteilige Rechtsauffassung des abgelehnten Richters sei "willkürlich", "abwegig", "unverständlich" oder Ähnliches, ohne nachvollziehbar darzulegen, warum diese nicht nur unzutreffend, sondern willkürlich sei oder eine unsachliche Einstellung erkennen lasse.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist auch das weitere Vorbringen des Klägers gänzlich ungeeignet, ein Ablehnungsgesuch zu tragen. Soweit es sich nicht von vornherein auf das Verfahren in der Sache und die dort getroffene Entscheidung vom 23. Januar 2020 bezieht, an dem die nunmehr abgelehnten Richter nicht beteiligt waren, richtet es sich auf die ergänzenden Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss zu den in erster (und zweiter) Instanz gestellten und daher die Beschwer durch das erstinstanzliche Urteil bestimmenden Anträgen. Der Kläger stellt dabei jedoch einmal mehr nur seine Rechtsauffassung der des Gerichts entgegen und behauptet, letztere sei "schier vernünftig nicht mehr nachvollziehbar". Eine Auseinandersetzung mit den anwaltlich im Klageverfahren einerseits und im Berufungsverfahren andererseits formulierten Anträgen und eine Begründung, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen des Senats im Beschluss vom 27. Februar 2020 auf einer unsachlichen Einstellung oder Willkür beruhen könnten, fehlt dagegen. Soweit der Kläger sich überhaupt konkret mit den Ausführungen des angegriffenen Beschlusses befasst, gibt er diesen falsch wieder: So ist zwar richtig, dass auf dessen Seite 4 ausgeführt wird, der Kläger habe seine Berufungsanträge [zum Teil] nicht bereits erstinstanzlich gestellt. Dies wird im Beschluss durch die Auswertung der Klageschrift begründet, während der Kläger ausführt, die abgelehnten Richter "behaupten, dass es sich bei gesetzlich turnusmäßig immer wiederkehrenden Kosten zur Verlängerung der LKW-Fahrerkarte , etc. nicht um selbige handele". Entsprechende Ausführungen finden sich im Beschluss nicht. Die schlichte Fehlwiedergabe einer Entscheidung und eine daran anknüpfende Behauptung, daraus ergäben sich Zweifel an der Unvoreingenommenheit der entscheidenden Richter, ist aber zur Begründung eines Befangenheitsgesuchs von vornherein nicht geeignet.

Der Senat kann vor diesem Hintergrund auch unter Berücksichtigung der engen verfassungsrechtlichen Grenzen für ein sogenanntes Selbstentscheidungsrecht abgelehnter Richter unter Beteiligung von RiLSG C. und ohne Einholung einer dienstlichen Stellungnahme über das Ablehnungsgesuch entscheiden und diese Entscheidung mit der Sachentscheidung verbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 –, BVerfGE 131, 239, 252 f.; BVerfG, Beschl. v. 2. Mai 2006 – 1 BvR 698/06 –, BVerfGK 8, 59, 60; BVerfG, Beschl. v. 2. Juni 2015 – 2 BvR 625/01 –, BVerfGK 5, 269 = NJW 2005, 3410, 3412).

b) Weiter haben an der Entscheidung die hierzu geschäftsplanmäßig berufenen Senatsmitglieder VRiLSG F. – als Vorsitzender – sowie RiinLSG G. mitzuwirken, auch wenn sich der hiesige Rechtsbehelf gegen einen Beschluss über ein VRiLSG F. betreffendes Ablehnungsgesuch richtet (und der Senat mit weiterem Beschluss vom heutigen Tage über einen gleichgelagerten Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegenüber RiinLSG G. entscheidet).

Der in § 60 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 ZPO vorgesehene Mitwirkungsausschluss des abgelehnten Richters bezieht sich nach dem Wortlaut der Vorschrift nur auf die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch selbst. Auch die Wartepflicht endet nach § 60 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 ZPO mit dem rechtskräftigen Abschluss des Ablehnungsverfahrens (vgl. für viele BSG, Beschl. v. 30. Juni 2018 – B 2 U 1/08 RH –, juris, Rn. 17), der vorliegend angesichts der Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 27. Februar 2020 bereits mit dessen Bekanntgabe verbunden war.

Jedenfalls bei der Entscheidung über einen in der Prozessordnung nicht vorgesehenen oder einen offensichtlich unstatthaften Rechtsbehelf besteht auch kein Anlass, die Regelungen über den Mitwirkungsausschluss und die Wartepflicht des abgelehnten Richters ausdehnend zu verstehen, wie das für Anhörungsrügeverfahren vertreten wird (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Juni 2010 – XI ZB 33/09 –, juris, Rn. 17; Stackmann, in: Münchner Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 47 Rn. 3): Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass eine erfolgreiche Anhörungsrüge zu einer Durchbrechung der Rechtskraft und zur Fortführung des Verfahrens über das Ablehnungsgesuch führt. Selbst für die Anhörungsrüge ist dies allerdings nicht unumstritten, da es an einer gesetzlichen Regelung fehlt, die für diesen Fall eine Abweichung von der geschäftsplanmäßigen Besetzung vorsähe (vgl. BFH, Beschl. v. 12. März 2009 – XI S 17-21/08 u.a. –, juris, Rn. 4 f.; Flint, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 60 Rn. 194).

Umso mehr muss dies bei Entscheidungen über Rechtsbehelfe gelten, die nicht zu einer Durchbrechung der Rechtskraft führen können oder rechtsmissbräuchlich oder offensichtlich unzulässig sind. In diesem Fall ist nicht zu besorgen, dass der Richter, dessen Befangenheit im vorangegangenen Verfahren geltend gemacht wurde, auch nur mittelbar über die Gründe hierfür inhaltlich zu befinden hätte. Seine Mitwirkung ist dementsprechend (zusätzlich) durch die Gesichtspunkte legitimiert, welche die Durchbrechung des Selbstentscheidungsverbots des abgelehnten Richters bei einer Entscheidung unmittelbar über ein Ablehnungsgesuch tragen (zur Selbstentscheidungsmöglichkeit und deren Grenzen vgl. oben unter 1. a).

2. Auch die Befangenheitsgesuche gegen RiLSG D. und RiLSG E. sind als unzulässig zu verwerfen. Ihre Angehörigkeit zum 9. Senat und die sich daraus ergebende "Vorbefassung" führte nicht zu ihrem Ausschluss von einer Mitwirkung im hiesigen Verfahren: Keiner der in § 41 ZPO genannten Ausschlusstatbestände ist einschlägig; namentlich gilt dies für § 41 Nr. 6 ZPO. Außerhalb der dort aufgeführten Konstellationen hat eine "Vorbefassung" nicht zur Folge, dass der betreffende Richter nicht mitwirken dürfte, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten, die im Einzelfall die Besorgnis der Befangenheit begründen (vgl. nochmals BVerfG, Beschl. v. 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, 406; BVerfG, Beschl. v. 22. August 2018 – 2 BvC 1/18 –, NJW 2018, 3438). Dafür ist hier nichts erkennbar, da die Begründung des Befangenheitsgesuchs im Übrigen ebenso untauglich ist wie hinsichtlich der Ablehnung von RiLSG C ...

Überdies ist nicht ersichtlich, dass für die gegen RiLSG D. und RiLSG E. gerichteten Befangenheitsgesuche ein Rechtsschutzbedürfnis besteht: Beide sind zur Mitwirkung im hiesigen Verfahren nicht (mehr) berufen und gehören dem zuständigen Senat nicht an. Sie hatten vielmehr nur ausnahmsweise als Vertreter an dem Beschluss vom 27. Februar 2020 mitzuwirken, da der Kläger die weiteren regulären Senatsmitglieder VRiLSG F., RiinLSG G. und RiLSG H. wegen Befangenheit abgelehnt hatte.

3. Inhaltlich wird aus der Rechtsbehelfsschrift seiner anwaltlichen Bevollmächtigten vom 19. März 2020 erkennbar, dass der Kläger den Beschluss vom 27. Februar 2020 für fehlerhaft und nichtig hält und dessen Unwirksamkeit geltend machen beziehungsweise dessen Beseitigung erreichen will.

Er hat – anwaltlich vertreten – den von ihm angebrachten Rechtsbehelf im Hauptantrag als "Beschwerde" bezeichnet. Eine Beschwerde gegen Beschlüsse des Landessozialgerichts ist jedoch ausgeschlossen (§ 177 SGG), worauf der Senat im angefochtenen Beschluss bereits hingewiesen hat. Überdies hat eine Beschwerde als Rechtsmittel Devolutiveffekt (vgl. für viele Leitherer, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, Vor § 172 Rn. 1a). Der Kläger hat aber auf entsprechende Nachfrage des Berichterstatters mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. April 2020 erklärt, es seien "ausschließlich an das Landessozialgericht gerichtete Rechtsbehelfe eingelegt" worden. Eine durch das Gericht, von dem die angegriffene Entscheidung stammt, selbst (abschließend) zu entscheidende Beschwerde kennt das sozialgerichtliche Verfahren jedoch von vornherein nicht. Die "Beschwerde" kann danach keinen Erfolg haben. Allerdings ist das Verfahren auch nicht dem Bundessozialgericht vorzulegen, nachdem der Rechtsbehelf ausweislich des Schreibens der anwaltlichen Bevollmächtigten des Klägers vom 29. April 2020 (ausschließlich) auf die Selbstkontrolle des Senats zielt und es sich nicht um eine Beschwerde im Rechtssinne handelt.

Vor diesem Hintergrund kommt im Grunde nur ein Verständnis des Rechtsbehelfs als (Anhörungsrüge oder) Gegenvorstellung in Betracht, die der Kläger zudem hilfsweise auch ausdrücklich erhoben hat. Allerdings ist diese gesetzlich nicht geregelt. Im Hinblick auf die rechtsstaatlich gebotene Rechtsmittelklarheit bestehen vor diesem Hintergrund Bedenken, ob Gegenvorstellungen gegen Entscheidungen, die auch von Seiten des Gerichts nicht frei abänderbar sind und darauf zielen, ein Verfahren zum – bindenden – Abschluss zu bringen, überhaupt in Betracht kommen. Jedenfalls aber sind sie nur statthaft, wenn dies zur Beseitigung groben prozessualen Unrechts im Wege richterlicher Selbstkontrolle notwendig ist (vgl. u.a. BSG, Beschl. v. 19. Januar 2010 – B 11 AL 13/09 C –, juris, Rn. 7; BSG, Beschl. v. 29. Dezember 2005 – B 7a AL 292/05 B –, juris, Rn. 5).

Dafür ist hier nichts erkennbar. Soweit der Kläger sich auf die Vorbefassung und die vermeintliche Befangenheit der an der Entscheidung beteiligten Richter beruft, kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden: Ebenso wenig, wie das diesbezügliche Vorbringen des Klägers zur Begründung der Ablehnungsgesuche geeignet sind, kann es eine Gegenvorstellung tragen. Zum Gegenstand der angegriffenen Entscheidung, also des Beschlusses vom 27. Februar 2020 über das Befangenheitsgesuch gegenüber VRiLSG F., hat sich der Kläger im Übrigen weder in der Rechtsbehelfsschrift vom 19. März 2020 noch in dem weiteren Schreiben vom 29. April 2020 im Einzelnen geäußert. In beiden Schreiben kommt er vielmehr auf das Hauptsacheverfahren und die Sachentscheidung vom 23. Januar 2020 zurück, durch die der Senat die Berufung als unzulässig verworfen hatte, nachdem der Kläger hilfsweise neben der statthaften, aber vom 9. Senat bereits zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerde auch Berufung eingelegt hatte. Der Kläger oder seine Bevollmächtigte sind offenbar nicht bereit, den ihm nachteiligen Ausgang des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen, wie sich auch an dem nunmehr gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht zeigt. Vermeintliche Fehler der Sachentscheidung oder des ihr vorausgegangenen Verfahrens aber sind als solche nicht im Ansatz geeignet, einer Gegenvorstellung gegen die Entscheidung über Befangenheitsgesuche der am Verfahren beteiligten Richter zum Erfolg zu verhelfen.

Eine Anhörungsrüge (§ 178a SGG) schließlich hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht erhoben und auch in der Sache eine Gehörsverletzung nicht nachvollziehbar dargelegt. Ein Verständnis seines Rechtsbehelfs als Anhörungsrüge scheidet daher aus und könnte im Übrigen schon wegen der fehlenden nachvollziehbaren Darlegung eines Gehörsmangels keinen Erfolg haben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Saved