L 6 P 24/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 9 P 1/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 P 24/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 22/20 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. April 2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auch endgültig auf 2.980,- Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Im Streit stehen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI), konkret die Erstattung von Kosten, die, so der Kläger, in den Jahren 2009 und 2010 für die Verhinderungspflege seines verstorbenen Vaters, des bei der Beklagten versicherten C. A. (im Folgenden: Versicherter), angefallen seien.

Die Beklagte bewilligte dem Versicherten durch Bescheid vom 1. April 2010 (Bl. 27 ff. der von der Beklagten zum Versicherten geführten Leistungsakte – im Folgenden: LA –) rückwirkend ab 1. März 2009 Pflegegeld nach Pflegestufe I. Im Antrag wurde nur der Kläger, der nicht mit dem Versicherten in einem Haushalt lebte, als Pflegeperson benannt, im Gutachten des MDK ist überdies die Tochter des Versicherten (und Schwester des Klägers) D. A. als Pflegeperson aufgeführt; überdies erteilte der Versicherte dem Kläger Vollmacht, ihn gegenüber der Beklagten zu vertreten.

Noch während der Zeit zwischen der Antragstellung und der Bescheidung lagen die beiden ersten Zeiträume, für die der Kläger Kostenerstattung geltend macht, nämlich die Zeiten vom 2. bis zum 23. Dezember 2009 und vom 27. bis zum 30. Dezember 2009. Die weiteren Zeiträume der umstrittenen Verhinderungspflege folgten nach der Leistungsbewilligung in der Zeit vom 23. bis zum 31. Oktober 2010 und vom 15. November bis zum 3. Dezember 2010.

Nachdem er durch den Kläger im Juli 2011 einen Erhöhungsantrag gestellt hatte, da sich sein Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert habe, verstarb der Versicherte am 15. September 2011. Alle Erben bis auf einen Enkel des Versicherten, Hr. E. A., schlugen das Erbe aus (vgl. die Mitteilung des Amtsgerichts Wetzlar – Nachlassgericht – vom 3. Januar 2012, LA Bl. 85).

Am 18. Dezember 2012 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Klägers vom 16. Dezember 2012 ein, mit dem er die Erstattung von Aufwendungen für Verhinderungspflege in den oben genannten Zeiträumen geltend machte, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob der Kläger bereits zuvor einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. In dem Schreiben, das als Betreff nennt: "Bereits beantragte Verhinderungspflegeleistungen aus 2009/2010 für meinen Vater [ ]", führte der Kläger aus: "Leider bin ich bisher aufgrund privater Auslastung nicht dazu gekommen, Ihnen die Unterlagen für die geleistete Verhinderungspflege zukommen zu lassen". Die entsprechenden Zahlungen habe er "aus eigener Tasche vorgestreckt", da sein Vater sich dies finanziell nicht habe leisten können. Die Pflege sei von der Zeugin F. "organisiert und auch an Sie [sic!] bezahlt" worden. Beigefügt waren zwei ausgefüllte, nicht datierte Formblattanträge auf Verhinderungs- und Kurzzeitpflege für die erwähnten Zeiträume in den Jahren 2009 und 2010 sowie Quittungen über 1.690,- Euro beziehungsweise 1.820, Euro ("A. A. für Verhinderungspflege von Herrn C. A. für 2009" beziehungsweise ""A. A. für Verhinderungspflege von Herrn C. A. für 2010"). Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 96 ff. Bezug genommen.

Die Beklagte lehnte den Antrag durch den streitigen Bescheid vom 8. Januar 2013 (LA Bl. 102) ab, da ein Antrag auf Kostenerstattung nach dem Tode nur von einem Erbberechtigten gestellt werden könne und der Kläger das Erbe ausgeschlagen habe.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 2013 Widerspruch und machte im Wesentlichen geltend, er habe für seinen Vater die Pflege komplett organisiert und auch aus eigener Tasche vorfinanziert. Dieser sei finanziell nicht in der Lage gewesen, aus eigenen Mitteln die Aufwendungen zu bestreiten. Sämtliche Ausgaben im Bereich Pflege, Zuzahlungen beim Arzt oder in der Apotheke/Hilfsmittel und sogar ein Umbau im Badezimmer seien von ihm getragen worden unter der Voraussetzung, dass er, wenn die Ausgaben durch "die Krankenkasse" erstattet würden, seine "Vorausleistungen komplett zurück erhalte". Man spreche hier also in der Sache nicht von einem Erbe, sondern von an ihn abgetretenen Forderungen. Hierzu legte der Kläger eine von seinem Vater und ihm unterschriebene Abtretungserklärung vom 30. Juni 2011 und eine Versicherung an Eides statt vor. Auf LA Bl. 103 ff. sowie die ergänzende Begründung durch den Bevollmächtigten des Klägers im Widerspruchsverfahren (LA Bl. 110) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2013 (LA Bl. 120 ff.) zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen mit dem Tode des Berechtigten, wenn sie im Zeitpunkt des Todes weder festgestellt seien noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig sei. Bis zum Tag des Ablebens des Versicherten habe ihr, der Beklagten, kein Antrag auf Erstattung von Kosten für die Verhinderungspflege in den Jahren 2009 und 2010 vorgelegen. Es sei auch kein Verwaltungsverfahren anhängig gewesen.

Der Kläger hat daraufhin unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens am 3. Januar 2014 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben. Er hat insbesondere ausgeführt, die Anträge für die Verhinderungspflege in den Jahren 2009 und 2010 seien rechtzeitig zu Lebzeiten seines Vaters gestellt worden; er sei insoweit bevollmächtigt gewesen. Er habe die Anträge bei der AOK Hamburg angefordert und am 17. oder 19. August 2011 persönlich bei der Hauptgeschäftsstelle der AOK in Wuppertal zur Weiterleitung nach Hamburg abgegeben.

Zum Beleg hat er drei Kopien von Formblattanträgen auf Verhinderungspflege für 2009 und 2010 (Gerichtsakte [im Folgenden: GA] Bl. 44 ff.) vorgelegt. Diese betreffen die gleichen Zeiträume wie die bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Antragsvordrucke, unterscheiden sich allerdings zum Teil hinsichtlich der handschriftlichen Einträge, die – in zwei von drei Kopien – namentlich auch ein Antragsdatum, nämlich "15.08.2011", enthalten. Weiterhin hat der Kläger ein an den Versicherten adressiertes Schreiben der Beklagten vom 19. April 2010 (GA Bl. 47) vorgelegt, mit dem sie ihm Formulare zur Beantragung von Verhinderungspflege sowie das betreffende Merkblatt übersandt habe.

Die Beklagte hat demgegenüber ausgeführt, ihr seien die nunmehr vorgelegten Anträge nicht bekannt und diese seien nicht bei ihr eingegangen.

Das Sozialgericht hat die Zeugin F. in der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2016 vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen (Bl. 84 ff. GA). Anschließend hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom gleichen Tage abgewiesen und dieses Urteil hinsichtlich der Kostenentscheidung durch Beschluss vom 11. Juli 2016 berichtigt.

Zur Begründung hat es namentlich ausgeführt, der Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Verhinderungspflege sei erloschen. Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten sei der Anspruch nicht festgestellt gewesen. Seitens des Klägers sei auch kein Nachweis dafür geführt worden, dass zu diesem Zeitpunkt ein Verwaltungsverfahren bei der Beklagten zwecks Erstattung der Kosten anhängig gewesen sei. Bei dieser seien keine Kostenerstattungsanträge eingegangen. Der Kläger könne nicht nachweisen, dass er tatsächlich am 17. oder 19. August 2011 die Anträge bei der Beklagten abgegeben habe. Zwar stehe aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass er in diesem Zeitraum mit der Zeugin F. in der Geschäftsstelle der Beklagten in Wuppertal gewesen sei und dort einen Umschlag abgegeben habe. Die Zeugin F. habe auch bestätigt, dass sie dem Kläger Unterlagen für die Verhinderungspflege übergeben habe. Ob diese Unterlagen tatsächlich in dem abgegebenen Umschlag gewesen seien, lasse sich aber nicht nachweisen, da die Zeugin F. hierzu keine konkreten Aussagen gemacht habe. In der Beklagtenakte befinde sich ein Antrag auf Kurzzeitpflege mit Datum vom 19. August 2011 für die Zeit ab 27. August 2011, so dass nicht auszuschließen sei, dass sich dieser Antrag in dem abgegebenen Umschlag befunden habe. Auch das Schreiben des Klägers vom 16. Dezember 2012 sei nicht geeignet, den Nachweis für die Antragstellung zu führen. Zwar stehe unter "Betrifft: Bereits beantragte Verhinderungspflegeleistungen". Im Folgenden führe der Kläger aber aus, dass er bisher aufgrund privater Auslastung nicht dazu gekommen sei, der Beklagten die Unterlagen für die geleistete Verhinderungspflege zukommen zu lassen. Außerdem seien diesem Schreiben Kopien von Anträgen auf Verhinderungspflege für die Zeiträume 2009 und 2010 beigefügt gewesen, die vom Kläger ohne Datumsangabe unterschrieben worden seien. Die im Gerichtsverfahren vorgelegten Kopien der Anträge für die gleichen Zeiträume seien hingegen anders ausgefüllt. Diese seien mit dem Datum 15. August 2011 versehen, der Vorname sei ausgeschrieben und im Gegensatz zu den Anträgen auf Verhinderungspflege in der Verwaltungsakte der Beklagten seien diese mit dem Vermerk versehen: "Quittung wird nachgereicht, ist leider verlegt". Auch die Tatsache, dass der Kläger erst im Dezember 2012 die Kosten der Verhinderungspflege unter Vorlage der Quittungen geltend gemacht habe und sich zwischenzeitlich nicht nach dem Verbleib der von ihm gestellten Kostenerstattungsanträge erkundigt habe, spreche gegen eine Antragstellung im August 2011. Der Anspruch auf Erstattung der verauslagten Kosten sei damit erloschen.

Der Kläger könne den Anspruch auch nicht als Erbe geltend machen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Weiterhin habe er auch keinen Anspruch aus abgetretenem Recht gemäß § 53 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I). Die von ihm vorgelegte Abtretungserklärung genüge dem Bestimmtheitserfordernis nicht. Hierzu müssten die betreffende Forderung und ihr Rechtsgrund so genau bezeichnet sein, dass bei verständiger Auslegung unzweifelhaft feststehe, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein solle (Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. März 1992 – 7 RAr 26/91 –, BSGE 70, 186, 192). Anders als nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs trete der Abtretungsempfänger nicht in die gesamte Rechtsstellung des Abtretenden aus dem Sozialrechtsverhältnis ein, sondern dem Abtretungsempfänger werde wegen des besonderen Schutzbedürfnisses des Sozialleistungsberechtigten aus dem Gesamtkomplex der das Sozialrechtsverhältnis prägenden Rechtsbeziehungen nur ein auf die Auszahlung begrenzter Anspruch übertragen, ohne dass sich der Inhalt des zugrunde liegenden Rechts verändere (Hinweis auf BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R –). Daher könne nur eine bezifferte Geldforderung abgetreten werden und kein noch nicht festgestellter Kostenerstattungsanspruch (Hinweis auf BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R –).

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 16. Juni 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Juli 2016 eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er wiederum sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und insbesondere ausgeführt, die Zeugin F. habe bei ihrer Vernehmung klar bestätigen können, dass es sich bei den abgegebenen Unterlagen um die Anträge auf Verhinderungspflege für die Jahre 2009 und 2010 gehandelt habe, da diese Unterlagen zwei Stunden vor der Abgabe unter ihrer Mitwirkung fertiggestellt worden seien. Das Gericht habe zweitens festgestellt, dass sein Vater an ihn keine Ansprüche gegenüber der Beklagten habe abtreten können. So wie sich die Sache verhalte, wäre dies auch nicht wirklich wichtig, denn es komme ja allein auf das rechtzeitige Einreichen an. Er möchte aber darauf hinweisen, dass, selbst wenn die Antragstellung nicht zu Lebzeiten erfolgt wäre, die Krankenkasse "sowas" zu erstatten habe – man spreche hier von alten Menschen, die für alles viel Zeitaufwand benötigten; jeder von ihnen könne zu jeder Zeit kurzfristig und unvorhersehbar versterben. Angesichts der Schulden seines Vaters, die dazu geführt hätten, dass er das Erbe habe ausschlagen müssen, könne es nicht sein, dass er auf seine Auslagen zu verzichten habe. Ihm hätten die Tage der Erholung zugestanden, so dass er die Verhinderungspflege habe organisieren und von seinem Geld habe bezahlen müssen. Im Übrigen habe ihm eine Sachbearbeiterin der Beklagten die Auskunft erteilt, er habe vier Jahre lang Zeit, die Unterlagen einzureichen.

Er bezieht sich ergänzend auf von ihm vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 10. Dezember 2010 (GA Bl. 217) und 26. August 2011 (GA Bl. 158), mit dem diese dem Versicherten jeweils ein Formular zur Beantragung von Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege sowie ein Merkblatt übersandt habe. Aus diesen ergäben sich, so der Kläger, hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt des Versterbens des Versicherten ein Verwaltungsverfahren wegen der Verhinderungspflege anhängig gewesen sei.

Zudem hat er eine Erklärung der Zeugin F. an Eides statt vom 10. März 2017 mit folgendem Inhalt vorgelegt: "Ich erkläre , dass Herr A. A. Verhinderungspflege-Unterlagen aus dem Jahr 2009/2010 mit mir zusammengestellt und anschließend bei der AOK in Wuppertal persönlich zur Hauspost nach Hamburg abgegeben hat. Genau so, wie ich es auf Nachfrage beim Sozialgericht in Gießen bereits ausgesagt habe. Den gesamten Umfang der eingereichten Unterlagen konnte ich natürlich nach fast 5 Jahren nicht im Detail beschreiben, das aber Unterlagen der Verhindertenzeit darunter gewesen sein müssen, erklärt sich schon alleine daraus, da ich die Zeiten der Verhinderungspflege Herrn A. aus meinen Unterlagen diktiert habe und sie sodann mit kopiert und bei der AOK Wuppertal abgegeben habe, und das vor dem Tode des Herrn C. A. denn an diesem Tag habe ich Ihn auch noch besucht." Sie hat überdies eine weitere, undatierte und am 11. Dezember 2019 über den Kläger eingereichte eidesstattliche Versicherung abgegeben, in der sie unter anderem ausführt, dieser habe am 17. August 2011, nachdem er die streitigen Unterlagen bei der AOK in Wuppertal abgegeben habe, eine abgestempelte Kopie des Deckblatts zurückerhalten. Dieses Deckblatt habe er ihr gegeben und sie habe es in ihrer Tasche verstaut. Leider sei ihr bis jetzt nicht mehr bewusst gewesen, dass sich dieses Dokument in ihren Unterlagen befunden habe, und auch nicht, dass der Kläger es vergeblich gesucht habe. Dieser Erklärung war ein auf den 17. August 2011 datiertes Schreiben beigefügt, das als Begleitschreiben des Klägers und des Versicherten zur Einreichung von Unterlagen zu der streitigen Verhinderungspflege in den Jahren 2009 und 2010 ausgestaltet ist. Auf dem (nur) in Kopie vorliegenden Schreiben ist ein im Einzelnen schwer leserlicher Stempel (wohl) der Beklagten zu erkennen. Wegen der Einzelheiten wird auf GA Bl. 171 beziehungsweise Bl. 221 f. und Bl. 235 Bezug genommen.

Schließlich hat der Kläger ein von ihm unterschriebenes, auf den 2. September 2011 datiertes und an die Beklagte adressiertes Schreiben in Kopie vorgelegt, in dem es unter anderem heißt: "Auch benötige ich nun dringend die von mir vorgestreckte Verhinderungspflegeleistung aus 2009/2010 (Anträge liegen Ihnen vor) um die bereits geleistete Verhinderungspflege für 2011 endlich abrechnen Bzw. zahlen zu können!" (GA Bl. 193). Auch insofern ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der auf der Kopie ersichtliche Stempel tatsächlich von der Beklagten aufgebracht worden ist.

Der Kläger ist der Ansicht, insgesamt den Nachweis geführt zu haben, dass der Antrag auf Verhinderungspflege noch zu Lebzeiten seines Vaters bei der Beklagten gestellt worden sei. Zu dem Umstand, dass er von dem Schreiben vom 17. August 2011 nur eine Kopie vorlegen könne, führt er erläuternd aus, er habe bei der Abgabe der Unterlagen nur diese Kopie des abgestempelten Originals erhalten. Das eigentliche Schreiben habe er damals bei der Beklagten in Wuppertal abgegeben.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. April 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Aufwendungen für die Verhinderungspflege seines verstorbenen Vaters für die Zeiten vom 1. bis 23. Dezember 2009 und vom 27. bis 30. Dezember 2009 sowie vom 23. bis 31. Oktober 2010 und vom 15. November bis 3. Dezember 2010 in Höhe von insgesamt 2.980,- Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie sieht sich durch das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Gießen bestätigt und ist der Ansicht, der Kläger habe auch im Berufungsverfahren nicht den Nachweis erbringen können, dass für seinen verstorbenen Vater zu dessen Lebzeiten ein Antrag auf Verhinderungspflege bei ihr gestellt worden sei.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2020 den Kläger ausführlich persönlich gehört und Frau F. als Zeugin vernommen. Diesbezüglich wird auf die hiervon gefertigte Tonaufnahme Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht Gießen hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 27. April 2016 zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2013 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da diesem kein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Verhinderungspflege seines verstorbenen Vaters für die Zeiten vom 1. bis zum 23. Dezember 2009 und vom 27. bis zum 30. Dezember 2009 sowie vom 23. bis zum 31. Oktober 2010 und vom 15. November 2010 bis zum 3. Dezember 2010 zusteht.

I. Gegenstand des Verfahrens sind – neben dem Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. April 2016 – der Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2013 sowie der mit diesem Bescheid abgelehnte Anspruch des Klägers, ihm Aufwendungen für die Verhinderungspflege seines verstorbenen Vaters, des Versicherten, in den genannten Zeiträumen zu erstatten.

Der Kläger hat dabei bereits erstinstanzlich die geltend gemachte Summe – sachgerecht – auf den sich aus § 39 Satz 3 SGB XI (in der vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2014 geltenden und auf den hiesigen Streitzeitraum weiter anzuwendenden Fassung von § 39 SGB XI – im Folgenden: a.F. –, die auf das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung – Pflege-Weiterentwicklungsgesetz – vom 28. Mai 2008 [BGBl. S. 874] zurückgeht) für die Jahre 2009 und 2010 ergebenden Höchstbetrag übernahmefähiger Aufwendungen für die Verhinderungspflege von insgesamt 2.980,- Euro beschränkt, auch wenn die von ihm vorgelegten Quittungen vom 30. Dezember 2009 (über 1.690,- Euro) und vom 6. Dezember 2010 (über 1.820,- Euro) einen deutlich höheren Gesamtbetrag, nämlich 3.510,- Euro, ausweisen.

Streitig ist nur der aus übergegangenem Recht hergeleitete Anspruch des Klägers selbst; dagegen ist nicht ersichtlich, dass er, und sei es auch nur hilfsweise, in eigenem oder fremdem Namen Rechte des Alleinerben des Versicherten geltend machen wollte – was im Übrigen unzulässig wäre.

II. Die Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie nach § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von Gesetzes wegen statthaft sowie den Vorgaben aus § 151 Abs. 1 SGG entsprechend form- und fristgerecht eingereicht.

Einer Beiladung des (einzigen) Erben des Versicherten zum hiesigen Verfahren bedurfte es nicht. Im Rechtsstreit des Abtretungsempfängers mit dem Leistungsträger ist der Abtretende – und folglich auch sein Erbe – nicht notwendig beizuladen (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 21. September 2017 – B 8 SO 3/16 R –, SozR 4-1500 § 153 Nr. 16, Rn. 11 f.; vgl. ebs. – für eine Steuererstattung – BFH, Beschluss vom 15. März 1990 – V B 174/89 –, BFH/NV 1991, 246).

Eine einheitliche Entscheidung und damit eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG sind aus Rechtsgründen (nur) dann geboten, wenn die gerichtliche Entscheidung im Abweisungs- oder im Stattgabefall unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder feststellt, verändert oder aufhebt (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 54/10 R –, BSGE 108, 229, Rn. 11; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl. 2016, Kap. VI, Rn. 11a). Diese Unmittelbarkeit ist zu verneinen, wenn die Entscheidung nur eine Vorfrage im Verhältnis zwischen Hauptbeteiligtem und Drittem betrifft (BSG, Urteil vom 20. Mai 2014 – B 1 KR 5/14 R –, BSGE 120, 289, Rn. 23). Weder genügt es, dass die Entscheidung logisch notwendig einheitlich auch gegenüber dem Dritten ergehen muss, noch, dass tatsächliche Verhältnisse eine einheitliche Entscheidung erfordern (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 31/13 R –, BSGE 118, 40, Rn. 13).

Daher ist eine Beiladung des Leistungsberechtigten im Rechtsstreit des Abtretungsempfängers mit dem Sozialleistungsträger im Allgemeinen und des Erben des verstorbenen Versicherten im hiesigen Verfahren im Besonderen nicht notwendig. Die Frage, ob der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht hat, berührt zwar auch die Interessen des Versicherten beziehungsweise seines Erben, greift aber nicht unmittelbar in dessen Rechtssphäre ein. Der Erbe ist nur durch die Beurteilung von Vorfragen, zum Beispiel ob die Abtretung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder ob der Versicherte überhaupt leistungsberechtigt war, und damit nur mittelbar vom vorliegenden Rechtsstreit betroffen.

III. Die Berufung ist nicht begründet.

1. Das Sozialgericht ist zunächst zutreffend von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Diese ist – wie vom Kläger erhoben – als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4; § 56 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Namentlich steht die Klagebefugnis des Klägers nicht in Frage: Er macht, wie bereits ausgeführt, nicht etwa Ansprüche des Versicherten beziehungsweise des Alleinerben in eigenem (oder fremdem) Namen geltend; vielmehr behauptet er, dass der Anspruch wirksam an ihn abgetreten worden sei, so dass er im hiesigen Verfahren aus eigenem Recht vorgeht. Für die Zulässigkeit genügt die schlüssige Behauptung der Abtretung und der sich aus ihr ergebenden Möglichkeit einer Verletzung des Klägers in eigenen Rechten, so dass in diesem Zusammenhang auf deren Wirksamkeit (noch) nicht näher einzugehen ist.

2. Das Sozialgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage in der Sache unbegründet ist.

a) Gemäß § 39 Satz 1 Halbs. 1 SGB XI a.F. übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens vier Wochen je Kalenderjahr, wenn eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert ist. Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat (§ 39 Satz 2 SGB XI a.F.). Die Aufwendungen der Pflegekassen waren nach dem im Streitzeitraum maßgeblichen Recht im Kalenderjahr auf bis zu 1.470,- Euro ab 1. Juli 2008 und bis zu 1.510,- Euro ab 1. Januar 2010 beschränkt (§ 39 Satz 3 SGB XI a.F.). Bei einer Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebten, waren die übernahmefähigen Aufwendungen der Pflegekasse noch enger, nämlich regelmäßig auf den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 SGB XI a.F., damals also 215,- Euro monatlich in Pflegestufe I, beschränkt, es sei denn, die Ersatzpflege wurde erwerbsmäßig ausgeübt (§ 39 Satz 4 SGB XI a.F.). Leistungen der Pflegeversicherung sind zudem antragsabhängig (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) und werden grundsätzlich nicht rückwirkend erbracht (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI).

b) Es ist für den Senat bereits nicht hinreichend sicher feststellbar, ob ein Fall (rechtmäßiger) Verhinderungspflege in den streitigen Zeiträumen überhaupt gegeben war. Es ist trotz der Anhörung des Klägers und der Vernehmung der Zeugin durch den Senat unklar, wer, wann und in welchem Umfang in den entsprechenden Zeiträumen tätig geworden ist. Zusammengefasst hat die Zeugin F. hierzu bei ihrer Zeugenaussage vor dem Senat und bei ihrer erstinstanzlichen Vernehmung im Wesentlichen übereinstimmend bekundet, dass sie die Namen der Pflegepersonen nicht mehr nennen könne; es seien immer mehrere Pflegepersonen gewesen. Sie habe das Geld für die Verhinderungspflege von dem Kläger erhalten und die Pflegepersonen weitergegeben. Sie selber habe damals die Pflege – aus gesundheitlichen Gründen – nicht durchgeführt und als Freundschaftsdienst angeboten, die Pflege zu organisieren. Eine Dokumentation der Verhinderungspflege durch die Pflegepersonen sei nicht erfolgt. Auch der Kläger selbst konnte diesbezüglich zur Aufklärung nichts Näheres beitragen.

Danach bleibt auch nach der nochmaligen Einvernahme der Zeugin und der Anhörung des Klägers durch den Senat ungeklärt, wer die Verhinderungspflegepersonen waren und in welchem Umfang sie tätig geworden sind: Die Zeugin F. selbst hat die Pflege nach ihrer Aussage nicht oder nur punktuell übernommen, vielmehr im Wesentlichen nur organisiert; wer diese tatsächlich ausgeführt hat, konnte oder wollte weder sie noch der Kläger angeben. Das genügt nicht, um die Entstehung erstattungsfähiger Aufwendungen für eine Verhinderungspflege nachvollziehbar werden zu lassen: Zwar sieht das Gesetz eine bestimmte Qualifikation der Personen, welche die Verhinderungspflege übernehmen, nicht vor. Nähere Kenntnisse über die Person(en), die in diesem Rahmen tätig geworden sind, sind dennoch unverzichtbar, schon weil nach § 39 Satz 3 SGB XI a.F. (heute: § 39 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB XI) bei einer Ersatzpflege durch Personen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, die Aufwendungen der Pflegekasse regelmäßig den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 SGB XI a.F. nicht überschreiten dürfen, es sei denn, die Ersatzpflege wird erwerbsmäßig ausgeübt. Vor allem aber muss sich feststellen lassen, dass eine Verhinderungspflege sichergestellt worden ist, und deren Umfang sowie die im Einzelnen dafür angefallenen Aufwendungen müssen nachvollziehbar sein, um einen Kostenerstattungsanspruch auslösen zu können. Dies ist vorliegend nicht der Fall, nachdem die Pflegepersonen weder von dem Kläger noch von der Zeugin benannt worden sind und zudem nicht erkennbar ist, wer, wann und mit welchen Aufgaben tätig geworden ist. Zwar ist der Hinweis der Zeugin F., dass in Fällen der privaten Verhinderungspflege üblicherweise keine professionelle Pflegedokumentation erfolgt und auch nicht erfolgen muss, sicher zutreffend; das ändert aber nichts daran, dass sich ohne jegliche Unterlagen oder auch nur halbwegs präzise Angaben hierzu nicht hinreichend sicher feststellen lässt, ob und in welchem Umfang erstattungsfähige Aufwendungen entstanden sind. Ob zudem als weitere Voraussetzung für den geltend gemachten Erstattungsanspruch angenommen werden muss, dass die Tätigkeit nicht "schwarz", also unter Verstoß gegen sozialversicherungs- und steuerrechtliche Vorgaben, ausgeübt worden ist, kann hier offenbleiben, liegt aber unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung ebenso nahe wie die Vermutung, dass es vorliegend zu entsprechenden Verstößen gekommen ist, nachdem es doch auffällig erscheint, dass sich weder Kläger noch Zeugin auch nur an eine der in diesem Zusammenhang tätigen Personen namentlich erinnern konnten.

Weitere Ermittlungsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich, so dass sich die näheren Umstände der Verhinderungspflege und der dafür notwendigen Aufwendungen nicht sicher feststellen lassen. Nach den allgemeinen Regeln über die Verteilung der Beweislast müssen die verbleibenden Unsicherheiten zu Lasten des Klägers gehen, nachdem er sich zur Durchsetzung seiner Ansprüche auf die Erfüllung der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen beruft.

c) Zudem hat das Sozialgericht zu Recht eine wirksame Abtretung des geltend gemachten Anspruchs verneint; der Kläger ist (auch sonst) nicht Inhaber des streitigen Anspruchs geworden.

Der Kläger macht geltend, sein Vater habe ihm umfassend alle Forderungen abgetreten, bei denen er, der Kläger, Aufwendungen "aus eigener Tasche" vorgestreckt habe. Er beruft sich dabei namentlich auf die Abtretungserklärung vom 30. Juni 2011 (LA Bl. 104), in der es unter anderem heißt, hiermit trete der Versicherte an den Kläger die nachstehend beschriebenen Forderungen ab, der Kläger nehme die Abtretung an: "Abgetreten werden sämtliche Forderungen (Verhinderungspflege aus 2009/2010/2011) ca. 4500 Euro bis jetzt. Des Weiteren alle erstattungspflichtigen Ausgaben, die ich an die Kranken- und Pflegekasse AOK ab 01.04.2009 bis Stand heute habe. Die Abtretung bezieht sich auch auf alles, was mein Sohn A. A., geb. 1966, für mich an Kosten weiterhin vorauszahlt. Ich selbst bin dazu finanziell überhaupt nicht in der Lage."

Eine entsprechende Abtretung ist – da es sich nicht um eine laufende Geldleistung, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt ist, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB I handelt – nach § 53 Abs. 2 SGB I zulässig (1.) zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind, oder (2.) wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt. Weiter müssen die allgemeinen Abtretungsvoraussetzungen vorliegen.

Im Ausgangspunkt erscheint dabei mit dem Sozialgericht bereits zweifelhaft, ob die Abtretungserklärung hinreichend bestimmt ist, setzt dies doch voraus, dass die betreffende Forderung und ihr Rechtsgrund so genau bezeichnet sind, dass bei verständiger Auslegung unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Abtretung sein soll (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 1992 – 7 RAr 26/91 –, BSGE 70, 186, 192; BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R –, BSGE 115, 247, Rn. 16). Jedenfalls aber ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur das Recht auf Auszahlung des festgestellten und damit bezifferten Erstattungsbetrages abtretbar, nicht dagegen die Befugnis, einen darauf gerichteten Anspruch prozessual zu verfolgen. Durch den Anspruchsübergang tritt der Abtretungsempfänger im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs nicht in die gesamte Rechtsstellung des Abtretenden aus dem Sozialrechtsverhältnis ein; anders als im Bürgerlichen Recht ist im Sozialrecht mit der Abtretung keine umfassende Neubestimmung der Gläubigerstellung verbunden. Um dem besonderen Schutzbedürfnis der Sozialleistungsberechtigten und ihrer Einbindung in spezifische Mitwirkungslasten (§§ 60 ff. SGB I) Rechnung zu tragen, wird dem Abtretungsempfänger aus dem Gesamtkomplex der das Sozialrechtsverhältnis prägenden Rechtsbeziehungen nur ein auf die Auszahlung begrenzter Anspruch übertragen, ohne dass sich der Inhalt des zugrunde liegenden Rechts verändert (BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R –, BSGE 111, 137, Rn. 9; BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 – B 1 KR 24/05 R –, BSGE 97, 6). Die damit für das Sozialrechtsverhältnis geltende Beschränkung der Abtretung schließt die Geltendmachung eines – wie hier – noch nicht festgestellten Kostenerstattungsanspruchs durch den Abtretungsempfänger – hier den Kläger – aus (vgl. BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R –, BSGE 115, 247, Rn. 16).

Der Kläger ist auch nicht aus anderen Gründen Inhaber des Anspruchs geworden: Das Erbe nach seinem Vater hat der Kläger ausgeschlagen; die Voraussetzungen für eine Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I sind nicht erfüllt.

Der vom Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 8. September 2020 (GA Bl. 275) beantragte Aussetzung des Verfahrens, um eine Feststellungsentscheidung des Beklagten nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I abzuwarten, bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht: Abgesehen davon, dass die Berufung schon wegen der Unklarheiten hinsichtlich der Verhinderungspflege und der dafür angefallenen Aufwendungen keinen Erfolg haben kann, ist nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie das Vorliegen einer der beiden Tatbestandsalternativen aus § 53 Abs. 2 SGB I problematisch: Vielmehr wird man, jedenfalls wenn man das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der Abtretung und ihrer Hintergründe als zutreffend annimmt, vom Bestehen eines (Darlehens- oder) Aufwendungsersatzanspruchs im Sinne von § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I ausgehen können. Die Abtretung scheitert jedoch an den oben dargelegten allgemeinen Grenzen der Abtretung sozialrechtlicher Ansprüche, die auch durch eine nachträgliche Feststellung der Beklagten nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht überwindbar wären.

d) Nach allem kann letztlich die im Vordergrund der Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten stehende Problematik – also die Frage, ob der Anspruch durch den Tod des Versicherten untergegangen ist, da Ansprüche auf Geldleistungen wie der hiesige Kostenerstattungsanspruch nach § 59 Satz 2 SGB I (nur) erlöschen, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist – sogar offenbleiben, da die Berufung hiervon unabhängig keinen Erfolg haben kann. Daher ist hierzu nur darauf hinzuweisen, dass sich in diesem Zusammenhang zwei Fragen stellen, eine rechtliche und eine tatsächliche: Rechtlich erscheint problematisch, ob im hiesigen Zusammenhang ein spezifischer, konkret auf die streitigen Leistungen der Verhinderungspflege gerichteter Antrag verlangt werden kann, obwohl im Allgemeinen ein solcher nicht für erforderlich, sondern der allgemeine Antrag auf Pflegeleistungen für ausreichend gehalten wird (vgl. ausdrkl. gegen eine eigenständige Antragsnotwendigkeit für Leistungen der Verhinderungspflege – im Rahmen der Einordnung eines entsprechenden Antrags als Kostenerstattungsantrag – Richter, in: LPK-SGB XI, 4. Aufl. 2014, § 39 Rn. 8, ebs. Linke, in: Krauskopf, SozKV/PV, § 39 Rn. 17 sowie namentlich das einschlägige Gemeinsame Rundschreiben des Spitzenverbandes der Pflegekassen: Verbände der Pflegekassen auf Bundesebene, Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI, zu § 39 Ziff. 2 Abs. 2, Stand: 13. Februar 2018). Auf tatsächlicher Ebene wäre gegebenenfalls die Frage zu beantworten, ob ein derartiger Antrag vor dem Versterben des Versicherten tatsächlich gestellt war – was das Sozialgericht verneint hat und hinsichtlich derer auch der Senat jedenfalls Anlass zu erheblichen Zweifeln sieht.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

V. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

VI. Der Streitwert ist auch endgültig auf 2.980,- Euro festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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