L 8 KR 37/16 ZVW

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 18 KR 51/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 37/16 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Revisionsinstanz. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status aufgrund einer Tätigkeit im sog. Rackjobbing.

Die Klägerin - eine GmbH - präsentierte sich im hier streitigen Zeitraum vom 1. November 1999 bis 31. August 2003 als Dienstleisterin auf dem Retailmarkt. Sie verstand sich als Bindeglied zwischen Herstellern und Retailern von Waren (Einzelhändlern und Wiederverkäufern) und bot ein integriertes Vertriebs-, Merchandising- und Logistikkonzept zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Belieferung von Großmärkten und Warenhäusern an. Teil ihres Angebots war sog. Rackjobbing (= Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verkaufsförderung). Dieses Angebot umfasste einen Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI (Electronic Data Interchange), die regelmäßige Betreuung der Retail-Filialen/Outlets, die regelmäßige Kontrolle der Bestände, die Regalpflege einschließlich der Regaloptimierung, die Layout-Erstellung für die jeweiligen Sortimente einschließlich der dazugehörigen Planung, Umsetzung und Optimierung jeweils nach Abverkaufszahlen, Neueinrichtungen und generelle Umbauten, fundierte Zahlen für zukünftige Strategien sowie die Steuerung der Sortimente nach Abverkaufszahlen.

Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin lag ein mehrseitiger schriftlicher Vertrag vom 1. November 1999 zugrunde, in dem u.a. vereinbart worden war: Der Beigeladene zu 1) solle als "freier Mitarbeiter" zur selbstständigen Warengestaltung und darbietung bzw. Merchandising tätig werden und werde insbesondere mit der Ausführung folgender Tätigkeiten in den Geschäftsräumen der Kunden der Klägerin beauftragt: Präsentation der Produkte der Klägerin und ihrer Vertragspartner, Sortimentsüberwachung, Warendisposition, Warenplatzierung, Preisauszeichnung, Regalservice (Regalaufbauten/Regalumbauten), Layout-Prüfungen und Inventuren. Einzelheiten der Vertragsausführung seien dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten. Die Aufträge habe der Beigeladene zu 1) in eigener Verantwortung auszuführen und dabei zugleich die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen. Er unterliege keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Klägerin, habe jedoch deren fachliche Vorgaben zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung zu beachten. Er sei nicht zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet, sondern könne die Vertragspflichten auch durch Erfüllungsgehilfen erfüllen, soweit deren fachliche Qualifikation sichergestellt sei. Er habe das Recht, einzelne Aufträge ohne Begründung abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu werden; einer vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürfe dies nur, sofern es sich dabei um Wettbewerber der Klägerin handele. Die Bestimmung des Orts der Tätigkeit erfolge in dem jeweiligen Einzelauftrag. Für seine Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1) ein Stundenhonorar in Höhe von 24 DM zzgl. Umsatzsteuer, die Abrechnung habe auf fünf Minuten genau zu erfolgen; die Auftragserfüllung sei wöchentlich auf besonderen Formularen nachzuweisen. Er habe die Kosten für Bürobetrieb, technische Vorrichtungen und sonstige im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit anfallende Kosten zu tragen. Die Gewährung von Urlaub und Zahlung eines festen Lohns, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Überstunden bzw. sonstige Sozialleistungen seien ausgeschlossen. Der Beigeladene zu 1) sei vielmehr verpflichtet, während Urlaub und Krankheit die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen bzw. im Verhinderungsfall unverzüglich die Klägerin zu informieren. Für Schäden, die er bzw. seine Mitarbeiter im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung der Klägerin zufügten, habe er zu haften. Der Beigeladene zu 1) bestätigte der Klägerin, dass er auch für andere Auftraggeber tätig sei und verpflichtete sich zur Mitteilung, falls dies nicht mehr zutreffe und die Klägerin seine einzige Auftraggeberin geworden sei. Weiter oblag es ihm, der Klägerin zu jedem Quartalsende den prozentualen Anteil der anderen Auftraggeber an seinem Gesamtgewinn mitzuteilen. Er verpflichtete sich des Weiteren, vor Beginn seiner Tätigkeit für die Klägerin eine Gewerbeanmeldung vorzulegen (bereits zum 29. Januar 1992 hatte er ein Gewerbe als selbstständiger Handelsvertreter angemeldet), seine Selbstständigkeit durch Vorlage einer Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers nachzuweisen und seine Steuernummer für die Einkommen- und Umsatzsteuer mitzuteilen. Schließlich war der Beigeladene zu 1) verpflichtet, für den Fall, dass "Scheinselbständigkeit" durch den Sozialversicherungsträger oder die Finanzbehörden festgestellt werde, die daraus für die Klägerin resultierenden Nachforderungen unbeschränkt und zeitlich unbefristet auszugleichen. Ergänzungen und Änderungen des Vertrages bedurften der Schriftform.

Nach einem Antrag des Beigeladenen zu 1) auf Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status stellte die Funktionsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich "die Beklagte") mit gleichlautenden Bescheiden vom 18. August 2003 gegenüber der Klägerin sowie gegenüber dem Beigeladenen zu 1) fest, dass dieser seine Tätigkeit im Bereich Regalservice bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2005 zurück.

Auf die Klage der Klägerin hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt gewesen sei (Urteil vom 20. Oktober 2008). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die vorgenannten Bescheide geändert und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1. November 1999 bis 31. August 2003 in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt (Bescheid vom 24. September 2012).

Die Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 14. März 2013 zurückgewiesen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung überwögen die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechenden Umstände. Der Rahmenvertrag (im Folgenden: RV) vom 1. November 1999 enthalte überwiegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Regelungen. Der Beigeladene zu 1) sei schon vor seiner Tätigkeit bei der Klägerin selbstständig und auch während dieser Zeit für mehrere andere Unternehmen tätig gewesen. Deshalb habe er nicht jeden Auftrag der Klägerin ausführen können und Auftragsübernahmen abgelehnt. Die Klägerin habe nicht jederzeit über seine Arbeitsleistung verfügen können, was gegen eine Eingliederung in deren Betrieb spreche. Zudem habe der Beigeladene zu 1) die Aufträge nicht höchstpersönlich ausführen müssen. Zwar habe er mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt, doch sei in zwei Parallelverfahren bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) habe es sich nicht um klassische Regalauffüllertätigkeiten gehandelt, vielmehr seien diese durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente ergänzt worden. So hätten die Auftragnehmer der Klägerin - wie durch Zeugen in Parallelverfahren bestätigt worden sei - über das mechanische Ein- und Ausräumen von Produkten hinaus auch über die Präsentation der Produkte der Vertragspartner der Klägerin zu entscheiden, Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf. Neugestaltungen der Regalaufstellung vorzunehmen gehabt. Für eine Beschäftigung spreche demgegenüber die Vergütung mittels Stundenhonorar bei einer auf fünf Minuten genauen Abrechnung sowie der Umstand, dass sich der Beigeladene zu 1) seine jeweiligen Tätigkeitszeiten von den Marktleitern bzw. deren Vertretern habe bestätigen lassen müssen. Allerdings rechneten auch viele Selbstständige nach Stundensätzen ab und der Beigeladene zu 1) habe zumindest durch die Auswahl der von ihm zu betreuenden Märkte Einfluss auf die Höhe der Vergütung nehmen können, in dem er über die Anfahrtszeiten seine Vergütung optimiere.

Auf die Revision der Beklagten hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 18. November 2015 das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Für die Frage der Versicherungspflicht sei nicht auf den gesamten vom RV erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestanden hätten. Insoweit seien die Bescheide der Beklagten rechtswidrig, soweit sie Versicherungspflicht auch für Zeiträume festgestellt habe, in denen wegen des Fehlens eines entsprechenden Auftrags der Beigeladene zu 1) keine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt habe. Notwendig seien daher konkrete Feststellungen zu Inhalt und Ausgestaltung dieser einzelnen Aufträge. In die Gesamtabwägung seien weitere Umstände einzubeziehen, so die Frage einer zumindest konkludent vereinbarten zeitlichen Vorgabe für die einzelnen Aufträge, die Frage einer Überwachung durch die Marktleiter sowie mögliche weitere Pflichten des Beigeladenen zu 1). Nicht gerechtfertigt sei das hohe Gewicht, welches der Senat in seiner auf den RV fokussierten Gesamtabwägung der dem Beigeladenen zu 1) eingeräumten Möglichkeit beigemessen habe, Auftragsangebote der Klägerin abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Einer großen Gestaltungsfreiheit bzgl. der Arbeitszeit komme nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw. Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientiere. Gegen das Vorliegen eines – ggf. verfeinerten – Weisungsrechts spreche nicht, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" ergäben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ebenso komme der besonderen Qualität der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als solcher keine Indizfunktion im Sinne einer Selbstständigkeit zu. Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung seien erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten seien und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden könnten. Solches werde typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handele und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig sei, nicht dagegen in gleicher Weise, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Vergütung sich vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richte. Eine dem Beigeladenen zu 1) eingeräumte Möglichkeit, sich zur Durchführung von Aufträgen auch Erfüllungsgehilfen zu bedienen, spreche zwar indiziell gegen das Vorliegen von Beschäftigung. Entscheidend sei aber, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigten, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden könne. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen tatsächlich keine Delegation erfolgt sei, könne die Delegationsbefugnis allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen, wenn von ihr realistischer Weise überhaupt hätte Gebrauch gemacht werden können. Für ein unternehmerisches Risiko sei nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen maßgeblich, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss sei. Der Beigeladene zu 1) habe im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt. Ein Selbstständigkeit indizierendes Verlustrisiko im vorgenannten Sinne habe dabei nicht bestanden.

Nach Fortsetzung des Verfahrens hat die Beklagte im Hinblick auf die Ausführungen des BSG mit Bescheid vom 27. Oktober 2016 die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung am 15. November 1999 begonnen und am 29. August 2003 geendet hat. Die Versicherungspflicht habe mit der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses am 15. November 1999 begonnen.

Der Senat hat am 22. September 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt und hierbei den Beigeladenen zu 1) persönlich gehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Beklagte meint dazu: Nach den Erklärungen der Klägerin sei diese gegenüber ihrem Kunden vertraglich verpflichtet gewesen, die vorgesehenen Präsentationsflächen in den Märkten mit den Produkten ihrer Kunden zu bestücken und dabei für einen möglichst hohen Umsatz zu sorgen. Im Hinblick auf dieses Ziel sei eine Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ohne ein entsprechendes Weisungsrecht der Klägerin gegenüber den "Merchandisern" wie dem Beigeladenen zu 1) nicht denkbar. Der Beigeladene zu 1) sei nach seinen Angaben für die Warendisposition, -platzierung und Präsentation sowie die Sauberkeit des Verkaufsstandorts zuständig gewesen, insoweit habe die Klägerin den erforderlichen Rahmen einseitig vorgegeben. Die Möglichkeit der eigenen Arbeitszeiteinteilung sei lediglich Ausdruck einer größeren Eigenverantwortung. Der Beigeladene zu 1) habe bestätigt, dass im Fall seiner Verhinderung die Klägerin selbst nach einer Lösung hätte suchen müssen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat die von dem Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 15. November 1999 (erster Arbeitstag beim D. Markt in D-Stadt) bis 29. August 2003 (letzter Arbeitstag, wiederum beim D. Markt in D-Stadt) eingereichten "Lieferanten-Kostenrechnungen" vorgelegt und in der Sache ergänzend vorgetragen, die dem Beigeladenen zu 1) erteilten Einzelaufträge könnten wegen der mittlerweile verstrichenen Zeit und der vielfach nur mündlich oder per Email erfolgten Absprache nicht mehr nachgewiesen werden. Eine von dem RV abweichende Handhabung bzw. Durchführung habe es jedoch nicht gegeben. Der Beigeladene zu 1) sei auch im Rahmen der Einzelaufträge frei gewesen, wann er diese in den jeweiligen Märkten verrichtet habe. Vorgaben zur Maximaldauer seiner Einsätze habe es ebenso wenig gegeben wie Vorgaben zur Ausführung der Tätigkeit, etwa hinsichtlich der Bestückung der Regale. Der Beigeladene zu 1) habe völlig eigenverantwortlich und ohne Kontrolle durch die Klägerin gearbeitet. Von den Warenproduzenten in Form sog. Regalspiegel gemachte Präsentationsvorschläge hätten keinen bindenden Charakter gehabt, vielmehr sei der Beigeladene zu 1) darin frei gewesen, die Präsentation nach den örtlichen Gegebenheiten des Verbrauchermarkts und dem individuellen Umsatz der Produkte, also ausgerichtet am Nachfrageverhalten in dem einzelnen Markt, auszurichten. Der Beigeladene zu 1) sei vertraglich verpflichtet gewesen, bei Urlaub oder Krankheit eine ordnungsgemäße Vertretung sicherzustellen; hierauf hätte sie – die Klägerin – im Streitfall auch bestanden. Eine - auch nur konkludente – zeitliche Vorgabe für die Durchführung eines Einzelauftrags habe es nicht gegeben. Grund für die Kündigung des Auftragsverhältnisses seien nicht unterschiedliche Auffassungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) darüber, wie schnell die Arbeit erledigt werden könne, gewesen, sondern dass es für diesen nicht mehr genügend Märkte gegeben habe. Zutreffend sei, dass der Beigeladene zu 1) ab Dezember 2000 mit einem ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellten sog. MDE-Gerät die Warendisposition der von ihm im jeweiligen Markt zu bearbeitenden Produkte vorgenommen habe. Dagegen habe eine Erfassung oder Aufbereitung fundierter Zahlen für zukünftige Strategien der Kunden der Klägerin niemals zu seinen Aufgaben gehört.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und haben sich zur Sache nicht weitergehend geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten über die Berufung ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Maßgeblich ist insoweit der Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2016. Dieser Bescheid ist nach § 96 Abs. 1 SGG im Wege gesetzlicher Klageänderung (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 96 Rn. 1a) zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, da die Beklagte damit ihre früheren Bescheide im Sinne einer Teilabhilfe abgeändert hat; denn in ihren früheren Bescheiden war sie von einem Beschäftigungszeitraum vom 1. November 1999 bis 31. August 2003 ausgegangen.

Mit dem Bescheid vom 27. Oktober 2016 hat die Beklagte zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 15. November 1999 bis 29. August 2003 bei der Klägerin abhängig beschäftigt war und in dieser Zeit der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Der Senat kann seine im Urteil vom 14. März 2013 vertretene Auffassung, der Beigeladene zu 1) habe nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden, nicht mehr aufrechterhalten. Denn der Senat hat nach der Zurückverweisung der Sache durch das BSG gemäß § 170 Abs. 5 SGG seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. Unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungen des Senats insbesondere zu den einzelnen Aufträgen, die der Beigeladene zu 1) für die Klägerin ausgeführt hat, ergibt sich bei der gebotenen Gesamtschau aber das Bild einer abhängigen Beschäftigung.

Zu der im streitigen Zeitraum geltenden Rechtslage, den in der Rsprg. entwickelten Maßstäben zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit und dem danach für die erforderliche Gesamtabwägung aller relevanten Merkmale zu beachtenden Prüfkatalog verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des BSG im Revisionsurteil (Rz. 16 ff). Unter Zugrundelegung dessen ergibt sich, dass die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) sprechenden Merkmale überwiegen.

Zwar zeigt der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene Rahmenvertrag vom 1. November 1999 Aspekte auf, die für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen. Dieser dokumentiert den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen. Diesem Parteiwillen kommt jedoch, worauf das BSG hinweist, nur dann indizielle Bedeutung für eine selbständige Tätigkeit zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG Rn. 26). Andere Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, sind demgegenüber bei der Gesamtabwägung ohne eigenständige Bedeutung, weil sie das Fehlen des Status des abhängig Beschäftigten voraussetzen und letztlich nichts weiter beinhalten als eine - bei Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung – unzulässigen Abwälzung von Risiken (BSG Rn. 27).

Vorliegend zeigen die tatsächlichen Verhältnisse, welche der Senat in Bezug auf die einzelnen Auftragsverhältnisse des Beigeladenen zu 1) festgestellt hat, ein deutliches Überwiegen solcher Aspekte, die für eine Eingliederung des Beigeladenen in einen von der Klägerin bestimmten Arbeitsprozess sprechen.

Dabei war der Beigeladene zu 1) zunächst in eine von anderer Seite vorgegebene betriebliche Ordnung eingegliedert, auch wenn die Tätigkeit nicht in einer Betriebsstätte der Klägerin stattfand. Unter einem Betrieb wird im Arbeitsrecht die organisatorische Einheit verstanden, innerhalb der ein Unternehmer allein oder in Gemeinschaft von Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher oder sonstiger Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R –, SozR 3-2400 § 7 Nr 13, juris Rn. 19). Die Klägerin unterhält in diesem Sinne einen Betrieb, da sie ihre Dienstleistung, nämlich die Betreuung der vertraglich verbundenen Verbrauchermärkte, am Markt anbietet und mit den von ihr eingesetzten Mitarbeitern - wie dem Beigeladenen als eigenes Geschäft für eigene Rechnung ausübt (vgl. hierzu BSG, a.a.O.).

Für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) spricht, dass sich seine Tätigkeit von der eines Angestellten, der im Außendienst eine Reihe ihm zugewiesener Märkte abarbeitet, nicht wesentlich unterschied. Nach der Übernahme eines ihm von der Klägerin angebotenen Auftrags bestand die eigentliche Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) darin, in den von ihm übernommenen Verbrauchermarkt für die Kunden der Klägerin – also Firmen aus der Computerbranche wie F., G. oder H. - die Warenplatzierung, Präsentation und Disposition einer bestimmten Produktpalette aus dem Bereich Computerzubehör (insbesondere Druckerpatronen, Papier) vorzunehmen. Dazu hat der Beigeladene zu 1), wie er bei seiner persönlichen Anhörung dargelegt hat, in den Märkten die Verkaufspunkte eingerichtet und für eine ansprechende optische Präsentation gesorgt, Ware bestellt, einsortiert, auf Lücken geachtet, Müll weggeräumt, die Mindesthaltbarkeitsdaten kontrolliert und Ware bei Bedarf mittels eines ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellten sog. MDE-Geräts nachbestellt. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten, wie sie in gleicher Weise auch von angestellten Außendienstmitarbeitern verrichtet werden.

Zwar hatte der Beigeladene zu 1), was die Präsentation der Ware anging, gewisse Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Er war nicht – wie dies bei einfachen Regalauffüllern zu beobachten ist (vgl. dazu Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 – L 8/14 KR 280/04 –, juris) – umfassend an Vorgaben der Herstellerfirmen insbesondere in Form sog. Regalspiegel gebunden, sondern konnte die Bestückung der Regale individuell an die Verhältnisse des Marktes anpassen. Diesen Gestaltungsmöglichkeiten des Beigeladenen zu 1) kommt aus der Sicht des Senats jedoch keine besondere Bedeutung zu. Wie das BSG in der Revisionsentscheidung zu Recht ausführt, sind Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können. Daran fehlt es hier. Der Beigeladene zu 1) hatte im Interesse seines Auftraggebers und damit auch der Verbrauchermärkte, in denen er tätig war, für einen möglichst guten Umsatz zu sorgen, wozu sich die Klägerin seine fachlichen Fähigkeiten zunutze machte. Dies beinhaltete eine gewisse Gestaltungsfreiheit, die jedoch immer an den Zielen der Klägerin ausgerichtet war und sich letztlich an den Umsatzzahlen der Produkte messen ließ, ohne dass dies wirtschaftlich dem Beigeladenen zu 1) zugutekam. Denn seine Vergütung erfolgte ausschließlich zeitbezogen. Zugleich erfolgte das Tätigwerden des Beigeladenen zu 1) unter einer gewissen Überwachung durch die Klägerin. Zwar hat der Beigeladene zu 1) bei seiner persönlichen Anhörung glaubhaft angegeben, dass er bei seiner Arbeit keiner unmittelbaren Kontrolle und damit einhergehenden tätigkeitsbezogenen Weisungen durch die Klägerin ausgesetzt war; diese hat seine Arbeit vor Ort in den jeweiligen Verbrauchermärkten nie persönlich kontrolliert. Eine Kontrolle der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) fand aber zur Überzeugung des Senats durch die Verbrauchermärkte statt, in denen der Beigeladene zu 1) zum Einsatz kam. Denn diese erwarteten von der Klägerin eine qualifizierte Dienstleistung, also verkaufsfördernd eingerichtete, attraktive und gepflegte Verkaufsflächen. Hätte der Beigeladene seine diesbezüglichen Pflichten vernachlässigt – möglicherweise sogar mit der Folge einer Umsatzverschlechterung –, wäre auf dem Weg über die jeweiligen Markt- oder Abteilungsleiter der betreuten Verbrauchermärkte eine entsprechende Reklamation bei der Klägerin erfolgt und dies hätte unmittelbare Konsequenzen für den Beigeladenen zu 1) gehabt. Auch konnte die Klägerin jederzeit durch Rückfragen bei den Verbrauchermärkten klären, ob diese mit der Arbeit und der Arbeitsgeschwindigkeit des Beigeladenen zu 1) zufrieden waren. Dieses Wissen war jedenfalls unterbewusst auch bei dem Beigeladenen zu 1) vorhanden und ermöglichte zur Überzeugung des Senats eine Verhaltenssteuerung, wie sie auch bei entsprechenden Angestellten zu beobachten ist.

Zwar hatte der Beigeladene zu 1) bei seiner Tätigkeit, was die Zeiteinteilung anging, eine größere Freiheit als ein normaler Arbeitnehmer. Aus Sicht des Senats ist dies jedoch im konkreten Fall nicht Ausdruck einer für einen Selbständigen typischen Entscheidungsfreiheit. Die dem Beigeladenen zu 1) eröffnete Möglichkeit, unmittelbar mit den Verbrauchermärkten die Anwesenheitszeiten abzustimmen und diese Zeiten dabei möglichst so zu legen, dass für ihn bei der Koordinierung seiner verschiedenen Aufträge keine unnötigen Pausen entstanden, ist für Außendienstmitarbeiter nicht untypisch und steht nicht im Widerspruch zur Annahme einer Weisungsunterworfenheit. Die Anwesenheitszeiten des Beigeladenen zu 1) waren im Übrigen in erster Linie davon abhängig, wie der Arbeitsanfall in den von ihm betreuten Verbrauchermärkten war und in welchen Abständen der Beigeladene zu 1) zu erscheinen hatte, um die nötigen Serviceleistungen (Auffüllen der Regale, Nachbestellung, Beseitigung von Müll) zu erbringen. Hier hatte sich der Beigeladene zu 1) im Zweifel an den Anforderungen von Seiten der Verbrauchermärkte zur Gewährleistung eines geordneten Betriebs zu richten, also dass keine auffälligen Lücken in den Regalen entstanden, der Müll weggeräumt war, Aktionsware zum vorgegebenen Zeitpunkt bereitgestellt wurde und dergleichen mehr. Tatsächlich zeigen die aus den aus den Abrechnungen des Beigeladenen zu 1) sich ergebenden Anwesenheitszeiten in den Verbrauchermärkten ein hohes Maß an Gleichförmigkeit seiner Tätigkeit. So war der Beigeladene zu 1) ab dem Beginn seiner Tätigkeit im November 1999 über annähernd zwei Jahre nahezu ausschließlich im D. Markt D-Stadt und im E. Markt in D-Stadt tätig; ein dritter Markt – der J. Markt in J-Stadt – wurde nur drei Monate von Dezember 1999 bis Februar 2000 betreut. Im E. Markt in D-Stadt arbeitete der Beigeladene zu 1), wie sich aus seinen Rechnungen ergibt, dabei üblicherweise donnerstags im Umfang von zumeist drei Stunden von 8.00 bis 11.00 Uhr. Im unmittelbaren Anschluss an die Tätigkeit im E. Markt begab er sich zum D. Markt in D Stadt und arbeitete dort regelhaft von 11.00 Uhr bis 19.30 Uhr; bis August 2000 war er hier zusätzlich noch freitags von 9.00 Uhr bis 11.00 Uhr tätig. Dabei unterlagen die abgerechneten Zeiten insgesamt nur geringfügigen Schwankungen. So rechnete der Beigeladene zu 1) für seine Tätigkeit im E. Markt meistens 120, seltener dagegen 180 Minuten ab; für seine Tätigkeit im D. Markt waren es anfänglich zwischen 660 und 750 Minuten wöchentlich, ab August 2000 – nachdem er freitags dort nicht mehr tätig war noch im Umfang von 450 bis 510 Minuten. Eine Änderung in diesen Verhältnissen ergab sich erstmals wieder zum Jahresende 2001 mit etwas anderen Arbeitszeiten bei allerdings im Wesentlichen gleichbleibender Stundenzahl. Erst ab Juni 2002 kamen verschiedene andere Märkte (K. in K-Stadt, J-Stadt Markt in B-Stadt, L. in L-Stadt, E. in M Stadt ) hinzu, allerdings blieb der D. Markt in D-Stadt bis zum Ende der Tätigkeit die Haupteinnahmequelle des Beigeladenen zu 1). Dies zeigt auch äußerlich, dass das Auftreten des Beigeladenen zu 1) am Markt nicht dem eines Selbständigen entsprach, der seine Kunden nach Bedarf und Auftragslage besucht, sondern dem eines in betriebliche Abläufe integrierten (Teilzeit-)Beschäftigten.

Dieses äußere Bild einer Angestelltentätigkeit wird maßgeblich dadurch verstärkt, dass der Beigeladene zu 1) nach der Übernahme eines Auftrags kein unternehmerisches Risiko trug. Er wurde für jeden Auftrag nach Stunden und Minuten bezahlt. Irgendeine Beteiligung am Erfolg seiner Tätigkeit – also dem Umsatz der von ihm betreuten Produkte – war nicht vorgesehen. Der Beigeladene hatte damit keine Möglichkeit, im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin den eigenen wirtschaftlichen Erfolg zu beeinflussen; sein Verdienst richtete sich ausschließlich nach der für die geschuldete Arbeit erforderlichen Zeit. Die oben dargestellte erhebliche Gleichförmigkeit der Arbeitszeiten ist dabei einerseits ein Indiz dafür, dass das Arbeitsvolumen über Jahre hinweg weitgehend gleichbleibend und der Verdienst entsprechend vorhersehbar war. Es ist aber auch ein Indiz für entsprechende Vorgaben der Klägerin hinsichtlich der maximal zulässigen Arbeitszeiten in den einzelnen Märkten. Denn es ist auszuschließen, dass die Klägerin, welche aufgrund ihrer Professionalität im Retailmarkt über tiefe Kenntnisse hinsichtlich der für Verbrauchermärkte einer bestimmten Größenordnung erforderlichen Arbeitszeit verfügte, Stundenabrechnungen des Beigeladenen zu 1) akzeptiert hätte, die über einem dafür kalkulierten Umfang lagen.

Für eine Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) spricht daher im Wesentlichen seine im RV vorgesehene Berechtigung, für die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Dieses – vom Senat in seiner Entscheidung vom 14. März 2013 für sehr wesentlich erachtete – Indiz verliert allerdings bei einer Betrachtung der konkreten Bedingungen, unter denen der Beigeladene zu 1) seine Aufträge für die Klägerin absolvierte, an Bedeutung.

Die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ist ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Ist der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, so steht ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu, der gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht. Jedoch ist auch eine solche Gestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer nicht in jedem Falle prägend im Sinne einer selbstständigen Tätigkeit, zumal wenn der Auftragnehmer von der Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, niemals Gebrauch macht (BSG, Urteil vom 19. August 2003 – B 2 U 38/02 R –, SozR 4-2700 § 2 Nr 1, SozR 4-2400 § 7 Nr 2, Rn. 33).

Im vorliegenden Fall lag – betrachtet man die Einzelaufträge des Beigeladenen zu 1) – eine Situation vor, in der die vertragliche Berechtigung, für die geschuldete Leistung auch Erfüllungsgehilfen einsetzen zu können, für den Beigeladenen zu 1) faktisch kaum realisierbar war. Aufgrund der relativ niedrigen Vergütung von ursprünglich 24,- DM und später 12,50 EUR pro Stunde, einem Nettoumsatz, der sich monatlich bei maximal 1000,- EUR/ 2.000 DM bewegte, teilweise – insbesondere im Jahr 2000 – aber sogar unter 1000 DM lag, und den mit der Einstellung einer anderen Person verbundenen Kosten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass für die Klägerin wie für den Beigeladenen zu 1) die persönliche Leistungserbringung die Grundlage der Vertragsbeziehung war. Tatsächlich hat der Beigeladene zu 1) während der gesamten Vertragsdauer die Tätigkeit selbst ausgeübt. Eine wesentliche Ausweitung der Tätigkeit für die Klägerin stand erkennbar nicht zur Debatte. Der Beigeladene zu 1) hat dazu ausgeführt, ihm seien von der Klägerin weitere Aufträge angeboten worden, die er abgelehnt habe, z.B. weil der betreffende Markt zu weit weg war oder dort nicht genügend Arbeit zu verrichten gewesen sei. Die Möglichkeit, eine weitere Person einzustellen, habe er gehabt, er habe aber zusehen müssen, dass er erst einmal selbst für sich ausreichend verdiene; es habe sich für ihn einfach nicht ergeben. Diese Ausführungen lassen erkennen, dass die Beschäftigung von Erfüllungsgehilfen im Rahmen der tatsächlich übernommenen Aufträge für den Beigeladenen aus wirtschaftlicher Sicht ausschied.

Vor diesem Hintergrund ist auch die den Beigeladenen zu 1) nach dem RV treffende Pflicht, bei Urlaub und Krankheit für eine Vertretung zu sorgen, als formal zu beurteilen. Denn der Beigeladene zu 1) verfügte über keine Person, die ihn hätte vertreten können. Tatsächlich hat er sich über die Frage seiner Vertretung, wie seine Befragung im Rahmen des Erörterungstermins gezeigt hat, keine konkreten Gedanken gemacht. Er schilderte seine Annahme, dass er sich in diesem Fall bei der Klägerin gemeldet hätte, damit diese für eine Vertretung sorgen sollte. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass sie dies nicht akzeptiert und auf einer Vertragserfüllung bestanden hätte. Sie hat aber weder im RV noch sonst von dem Beigeladenen zu 1) irgendeine Erklärung oder einen Nachweis verlangt, dass er für einen solchen Fall Vorsorge getroffen hatte und damit zur Erfüllung dieser Vertragspflicht überhaupt imstande gewesen wäre.

Als weiteres Indiz für eine Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) hat der Senat in seiner ersten Entscheidung gewertet, dass dieser die Möglichkeit hatte, Auftragsangebote der Klägerin abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Insoweit hat das BSG jedoch deutlich gemacht, dass dem kein wesentliches Gewicht beikommt, da sich für den Beigeladenen zu 1) die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dargestellt habe als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freistehe, eine ihm angebotene (ggf. befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht. Dem schließt sich der Senat an.

Damit hat die Beklagte zu Recht die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung im Zeitraum vom 15. November 1999 bis 29. August 2003 festgestellt. Denn der Beigeladene hat in dieser Zeit bei der Klägerin in einem entgeltlichen Dauerarbeitsverhältnis gestanden. Seine Tätigkeit begann am 15. November 1999 mit einem Arbeitseinsatz im D. Markt in D Stadt und endete am 29. August 2003 in eben diesem Markt. Nach den Kostenabrechnungen war der Beigeladene zu 1) über den gesamten Vertragszeitraum in diesem Markt ohne Unterbrechung in einem annähernd wöchentlichen Turnus tätig, mit diesem machte er auch den meisten Umsatz. Ähnlich langfristig und ununterbrochen betreute der Beigeladene zu 1) den E. Markt in D-Stadt, nämlich vom 18. November 1999 bis 28. März 2003. Dem Beigeladenen zu 1) waren diese Märkte, wie er im Erörterungstermin erklärt hat, zur Betreuung der Produktpalette der Klägerin übertragen. Die Arbeit wurde nicht mit jedem Arbeitseinsatz neu vereinbart, sondern war in einem wiederkehrenden Turnus zu erledigen. Nach den hieraus erzielten Verdiensten war die Tätigkeit auch immer mehr als geringfügig und damit versicherungspflichtig.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Korrektur der ursprünglichen Bescheide durch die Beklagte fällt bei Betrachtung des Streitgegenstandes im Ganzen nicht ins Gewicht (vgl. § 155 Abs. 1 S. 2 VwGO). Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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