L 3 U 86/18

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 133/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 86/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Umstand, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt mit einer Verrichtung befasst war, die im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand und dieser zuzuordnen ist, muss im Vollbeweis nachgewiesen sein.
2. Im konkreten Fall bestehende Beweisschwierigkeiten – etwa aufgrund einer unfallbedingten Erinnerungslücke des Betroffenen – sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) durch das Gericht zu berücksichtigen. Sie können im Einzelfall dazu führen, dass das Gericht schon aufgrund weniger tatsächlicher Anhaltspunkte von einem bestimmten Geschehensablauf überzeugt sein kann, begründen aber keine entsprechende allgemeine Beweiserleichterungsregel.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 16. März 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.

Der 1954 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Ereignisses als Angestellter seiner Ehefrau in der von dieser betriebenen Gaststätte "C." in A-Stadt beschäftigt. Am Morgen des 28. Januar 2016 wurde er gegen etwa 6:30 Uhr von dem Zeugen D. auf der Straße vor der Gaststätte liegend bewusstlos aufgefunden. Der gegen 6:50 Uhr eintreffende Rettungsdienst verbrachte den Kläger zunächst in die Lahn-Dill Kliniken in Wetzlar, von wo aus er noch am selben Tag in die Universitätsklinik Gießen (UKGM) überführt wurde. Dort wurde er aufgrund erheblicher Kopfverletzungen über mehrere Wochen auf der Intensivstation der Neurochirurgie behandelt und anschließend für mehrere Wochen in eine psychiatrische Einrichtung übernommen.

Die Ehefrau des Klägers gab in ihrer Unfallanzeige vom 19. Februar 2016 an, dass der Kläger "bei der Müllentsorgung am frühen Morgen vor dem Eingang des Restaurants gestürzt und von einer unbekannten Person bewusstlos aufgefunden worden" sei.

Dem Einsatzprotokoll des Rettungsdienstes ist zu entnehmen, dass der Kläger bei dessen Eintreffen wach und ansprechbar, aber desorientiert, liegend vorgefunden wurde. Unklar sei, wie lange er draußen gelegen habe. Der Verdacht auf eine Alkoholintoxikation wurde dokumentiert, außerdem vermerkt, dass der Name des Patienten nicht feststellbar sei, weil dieser keine Papiere bei sich führe. Der Entlassungsbrief der Lahn-Dill Kliniken weist als Diagnosen auf: Alkoholintoxikation mit V.a. Sturz, initial 2,15 Promille, Kopfplatzwunde rechts parietal, CCT mit Nachweis einer Subarachnoidalblutung und nicht dislozierter Fraktur des Os parietale rechts. Der Kläger sei vor dem Restaurant "C." auf dem Boden liegend durchnässt aufgefunden worden. Ein Name sei zunächst nicht erruierbar gewesen. Der Kläger habe mehrere Lieferscheine und Kontoauszüge bei sich geführt, zudem circa 533,00 EUR in bar. Die Extremitäten wurden mit "peripher warm" angegeben, Pulse beidseits gut palpabel.

Dem Durchgangsarztbericht des Prof. E. aus Gießen lässt sich zum Unfallhergang entnehmen: "Uhrzeit des Unfalles unklar [ ... ]. Auf dem Außengelände/Parkplatz des Restaurants in alkoholisiertem Zustand mutmaßlich gestürzt. Genauer Hergang seitens des UV nicht erinnerlich. Ereignis war unbeobachtet." Der Entlassungsbrief der UKGM benennt als Diagnosen Subarachnoidalblutung, Schädeldachfraktur, diffuse Hirnkontusionen (frontopolar und temporopolar bds.), subdurale Blutungsanteile, organische Gedächtnis- und Verhaltensstörung bei Schädel-Hirn-Trauma, Delir, Nikotinabusus, akute Alkohol-Intoxikation und Harnwegsinfektion. Durch die Ehefrau des Klägers sei zu erfahren gewesen, dass dieser öfter trinke. Während des stationären Verlaufs habe der Kläger eine zunehmende vegetative Entzugssymptomatik mit Blutdruck- und Herzfrequenzanstieg sowie Schweißausbrüchen und Zittern gezeigt, so dass eine Diazepambehandlung nach ausschleichendem Schema begonnen worden sei. Auf Betreiben der Klinik wurde eine gesetzliche Betreuung vorerst bis zum 11. August 2016 eingerichtet.

Die Beklagte hat in der Folge zum Unfallhergang ermittelt. Der Kläger gab hierbei an, keinerlei Erinnerung an das Unfallgeschehen oder die Stunden davor zu haben. Die Tochter des Klägers gab gegenüber der Beklagten an, am Abend vor dem Unfall nicht in der Gaststätte der Eltern gewesen zu sein. Die letzte, die den Kläger gesehen habe, sei ihre Mutter gewesen, die das Lokal gegen 23:30 Uhr verlassen habe. Die Ehefrau des Klägers äußerte sich demgegenüber schriftlich dahin, dass sie an dem Unfalltag früher nach Hause gegangen sei, da sie starke Kopfschmerzen gehabt habe. Ihr Mann habe das Lokal abschließen sollen. Sie könne keine Angaben zu den letzten Gästen machen. Die Mitarbeiterin der Eheleute, Frau F., erteilte die schriftliche Auskunft, dass sie das Restaurant am Abend vor dem Unfall unmittelbar nach ihrem Feierabend um 22:30 Uhr verlassen habe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger ihres Wissens keine alkoholischen Getränke konsumiert. Der Zeuge, der den Kläger aufgefunden hatte, konnte von den Beteiligten nicht aufgefunden werden.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. Mai 2016 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 28. Januar 2016 ab, weil das Vorliegen eines Arbeitsunfalles nicht erwiesen sei. Trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten bestehe keine Überzeugung (Gewissheit), dass der Kläger im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe. Was in jener Nacht zwischen 23:30 Uhr und 06:15 Uhr geschehen sei, sei unbekannt geblieben. Die verbleibenden Zweifel gingen zu Lasten des Klägers.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er wie folgt begründete: Abgesehen davon, dass die Auswirkungen seiner Verletzungen bereits weit fortgeschritten gewesen seien (gemeint ist wohl: bei Aufnahme ins Krankenhaus), sprächen auch die üblichen Abläufe bei der Schließung des Lokals verbunden mit den Beobachtungen, die die Arbeitgeberin und Ehefrau des Klägers am Morgen nach dem Unfall gemacht habe, für die Annahme eines Arbeitsunfalls. Üblicherweise schließe das Restaurant zwischen 0:00 Uhr und 1:00 Uhr, je nachdem, ob sich noch Gäste im Lokal befänden. Vor dem Unfall sei es dann regelmäßig so gewesen, dass der Kläger nach dem Verlassen aller Gäste und Mitarbeiter und auch seiner Ehefrau noch im Lokal geblieben sei, um – nachdem er die Tür von innen abgeschlossen habe – aufzuräumen, die Theke und ggf. Tische abzuwischen und zu erledigen, was sonst an Reinigungsarbeiten anfiele. Nach Beendigung dieser Arbeiten habe er stets die beiden Abfalleimer nach draußen gebracht, um deren Inhalt in die vor dem Lokal befindlichen Abfalltonnen zu entleeren. Nach der Abfallentsorgung habe er immer die Eimer wieder hineingebracht, das Lokal von außen abgeschlossen und sich auf den fünfminütigen Fußweg nach Hause begeben. Der Kläger habe es nicht gepflegt, sich nach Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeiten noch freizeitmäßig im Lokal aufzuhalten. Am Morgen nach dem Unfall habe die Ehefrau des Klägers sich zwischen 7:00 Uhr und 7:30 Uhr zum Restaurant begeben, um nach ihrem Mann zu suchen. Dort habe sie im Eingangsbereich des Restaurants die beiden Abfalleimer aus dem Restaurant umherliegend vorgefunden, dazwischen habe Abfall verstreut gelegen, außerdem die zerbrochene Brille ihres Ehemannes. Der Schlüssel des Lokals habe von innen in der Tür gesteckt. Der Kläger sei offenbar zum Unfallzeitpunkt gerade dabei gewesen, wie üblich nach dem Reinigen und Aufräumen der Gaststätte den Müll herauszubringen, als er im Zuge dieser Verrichtung gestürzt sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2016 zurück. Es sei nicht mehr zu ermitteln, welche Tätigkeiten der Kläger zwischen 23:30 Uhr und dem Auffindezeitpunkt verrichtet habe und wann, bei welcher konkreten Verrichtung und wie er sich seine Verletzungen zugezogen habe. Da aber seine Ehefrau, seine Tochter und die Mitarbeiterin übereinstimmend angegeben hätten, dass der Kläger bis 23:30 Uhr nichts getrunken habe, sei anzunehmen, dass er nach diesem Zeitpunkt eine erhebliche Menge Alkohol zu sich genommen habe. Anders sei der im Krankenhaus festgestellte Promillewert von 2,15 °/oo nicht zu erklären. Die Blutprobe sei morgens um 8:00 Uhr genommen worden; zurückgerechnet auf den späten Abend müsse der Alkoholgehalt damit noch deutlich höher gewesen sein. Bei dem gegebenen Sachverhalt bleibe es dabei, dass ein "vernünftiger Mensch" nach Abschluss der Ermittlungen weiterhin Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalles haben müsse. So sei es zwar möglich, dass der Kläger bei einer betrieblichen (versicherten) Tätigkeit verunfallt sei. Genauso möglich sei jedoch, dass er sich nach seiner Tätigkeit noch privat in der Gaststätte aufgehalten und sich seinem Feierabend gewidmet habe, dabei eine Lösung vom Versicherungsschutz eingetreten sei und er sich die Verletzungen aufgrund alkoholbedingter Ausfallerscheinungen zugezogen habe. Da ein Arbeitsunfall nicht zu beweisen sei, sei der Bescheid vom 25. Mai 2016 nicht zu beanstanden.

Hiergegen hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Gießen (Sozialgericht) erhoben und geltend gemacht, dass die präsentierten Indizien und Hilfstatsachen ausreichten, um einen Arbeitsunfall im Vollbeweis nachzuweisen. Die Ehefrau des Klägers wurde im Rahmen eines vor dem Sozialgericht durchgeführten Erörterungstermins als Zeugin zu ihren Erinnerungen an den Abend des 27. Januar 2016 bzw. den Morgen des folgenden Tages befragt. Auf die Niederschrift in der Gerichtsakte wird diesbezüglich verwiesen.

Mit Urteil vom 16. März 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es könne nicht im Vollbeweis festgestellt werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Ereignisses einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Der Kläger selbst habe wiederholt angegeben, er erinnere sich an nichts. Somit blieben mehrere Möglichkeiten offen. Für eine versicherte Tätigkeit spreche, dass die Mülleimer für das Restaurant vor diesem standen und für die Kammer voll nachvollziehbar nach Ende einer Schicht der Müll aus der Gaststätte jeweils in die Mülleimer entsorgt werden müsse und tatsächlich auch zumeist entsorgt werde. Dies stelle indes nur eine Möglichkeit des Geschehensablaufs dar. Möglich sei auch, dass der Kläger schon auf dem Nachhauseweg gewesen sei, ohne dass es sich hierbei um einen versicherten Weg gehandelt habe, da eine wesentliche zeitliche Unterbrechung stattgefunden habe. Der Umstand, dass sich, wie von der Ehefrau des Klägers im Termin angegeben, gegen 22:00 Uhr nur noch circa zwei bis fünf Gäste in der Gaststätte befunden hätten und Freunde der Familie nicht dabei gewesen seien, spreche dafür, dass auch diese Gäste das Restaurant in absehbarer Zeit danach verlassen hätten. Ginge man entsprechend der Zeugenaussagen davon aus, dass der Kläger um 22:00 Uhr noch nichts getrunken gehabt habe, müsse er danach noch längere Zeit in der Gaststätte verbracht und alkoholische Getränke zu sich genommen haben, um den im Krankenhaus nachgewiesenen Promillegrad zu erreichen. Möglich sei weiterhin, dass der Kläger sich irgendwann im Verlauf der Nacht auf den Nachhauseweg gemacht habe. Hierfür spreche, dass bei ihm Bargeld in Höhe von 533,00 EUR gefunden wurde. Auch dass das Handy des Klägers noch in der Gaststätte gelegen habe, spreche zwanglos dafür, dass dieser in seinem hoch alkoholisierten Zustand weder das Handy mitgenommen noch die Gaststätte verschlossen habe. All diese unterschiedlichen versicherten oder nicht versicherten Möglichkeiten des Ablaufs der Handlungen, die zu dem Gesundheitsschaden geführt hätten, stünden etwa gleichwertig nebeneinander. Keine könne im Vollbeweis gesichert werden. Die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen, also auch für die versicherte Verrichtung, die zum Sturz geführt habe, liege jedoch beim Kläger.

Gegen das am 27. April 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. Mai 2018 Berufung eingelegt. Er hat vorgetragen, dass es angesichts der allgemein bekannten Umstände, insbesondere der Situation, in der die Ehefrau des Klägers am Morgen nach dem Unfall die Gaststätte aufgefunden habe, ausgeschlossen sei, dass er sich zum Unfallzeitpunkt bereits auf dem Nachhauseweg befunden habe. Vielmehr sprächen die Gesamtumstände – die nicht abgeschlossene Tür des Restaurants, der von innen steckende Schlüssel und das noch im Restaurant liegende Handy, außerdem und vor allem aber auch der vor der Gaststätte verteilte Müll, die dort liegenden Mülleimer aus dem Restaurant und die dazwischen liegende Brille des Klägers – klar dafür, dass der Kläger gestürzt sei, als er den Müll vom Vorabend aus dem Restaurant zu den Mülltonnen habe tragen wollen. Dies sei die einzig logische Erklärung. Angesichts der unstreitigen Erinnerungslücken des Klägers und dem Fehlen von Zeugen für das Unfallereignis dürften an den Nachweis der Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls nur maßvolle Anforderungen gestellt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne in solch einer Situation sogar ein einziges Indiz ausreichen, um den erforderlichen Vollbeweis zu erbringen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 16. März 2018 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 25. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2016 festzustellen, dass das Ereignis in der Nacht vom 27. Januar 2016 auf den 28. Januar 2016 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, nach dem gegebenen Sachverhalt seien viele unterschiedliche Möglichkeiten von Unfallhergängen denkbar, die teils versichert, teils nicht versichert wären. Die bloße Möglichkeit, dass der Kläger bei einer Verrichtung verunfallt sei, die vom Unfallversicherungsschutz erfasst sei, reiche zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls und damit eines Versicherungsfalles aber nicht aus. Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen haben nach den Regeln der objektivierbaren Beweislast der Kläger zu tragen.

Der Senat hat beim Deutschen Wetterdienst (DWD) Daten zur Wetterlage in der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 2016 eingeholt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung sind der Kläger persönlich gehört und seine Ehefrau sowie der Zeuge D., der den Kläger am Morgen des 28. Januar 2016 auffand, als Zeugen vernommen worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das in der Gerichtsakte befindliche Sitzungsprotokoll verwiesen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass es sich bei dem Ereignis in der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 2016 um einen Arbeitsunfall handelt.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang). Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 15/15 R – juris Rn. 14; stRspr).

Der Kläger war nach den durch den Senat nicht zu beanstandenden Feststellungen der Beklagten im Unfallzeitpunkt als Angestellter seiner Ehefrau sozialversicherungspflichtig beschäftigt und damit Versicherter im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Er hat in der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 2016 ein – wenn auch seiner Art nach unklares, sich aus den unstreitigen Gesundheitsfolgen aber zweifelsfrei ergebendes – zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, mithin einen Unfall, erfahren, der jedenfalls im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn zu einem Gesundheitserstschaden (Schädeldachfraktur mit Hirnkontusionen und Subarachnoidalblutung) geführt hat.

Die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall scheitert aber daran, dass es auch unter Berücksichtigung aller Aspekte des Falles an dem Nachweis fehlt, dass der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls einer Verrichtung nachging, die seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.

Für die Annahme eines der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhaltens im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII muss eine sachliche Verbindung der im Unfallzeitpunkt ausgeübten Verrichtung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, das heißt ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln. Die jeweilige Verrichtung muss innerhalb der Grenzen liegen, bis zu denen der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, Urteil vom 30. April 1985 – 2 RU 24/84 – juris Rn. 10; Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – juris Rn. 13). Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit liegt danach nur vor, wenn der Versicherte Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt oder eine nicht geschuldete Handlung mit der objektivierten Handlungstendenz vornimmt, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R – juris Rn. 18). In letzterem Fall ist Voraussetzung, dass er aufgrund objektiver Umstände der Auffassung sein kann, dass sein Verhalten geeignet sei, dem Betrieb zu dienen (Wagner in: jurisPK-SGB VII, 2. Auflage 2014, Stand: 26. Mai 2020, § 8 Rn. 29 f.; BSG, Urteil vom 29. Januar 1986 – 9b RU 18/85 – juris Rn. 20). Für die Annahme einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist es im Übrigen unerheblich, ob oder für welchen Zeitraum der Versicherte sich zwischenzeitlich einer privaten Tätigkeit widmet und den Versicherungsschutz damit löst; in dem Moment, in dem er die versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII wieder aufnimmt, unterfällt er erneut dem Versicherungsschutz.

Darüber hinaus sind versicherte Tätigkeiten auch die in § 8 Abs. 2 SGB VII genannten Tätigkeiten, insbesondere das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit, § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Das gilt zunächst auch bei einer Verzögerung des Antritts des Heimweges. Beendet der Versicherte seine versicherte Tätigkeit und widmet sich vor Antritt des Weges einer Tätigkeit, die privaten Zwecken dient, so ist der Versicherungsschutz zwar zunächst unterbrochen, lebt mit dem Antritt des Weges aber wieder auf. Anderes gilt hier jedoch, wenn der Versicherte sich so von der betrieblichen Tätigkeit gelöst hat, dass von einer endgültigen, den Verlust des Versicherungsschutzes für den Heimweg bedingenden Lösung vom Betrieb auszugehen ist. Die Rechtsprechung hat hierfür eine – von der Dauer der versicherten Tätigkeit, der Art der privaten Zwecken dienenden Beschäftigung und auch den sonstigen Begleitumständen unabhängige – feste zeitliche Grenze von zwei Stunden angenommen (so zur Unterbrechung vor Antritt des Weges: BSG, Urteil vom 18. Dezember 1979 – 2 RU 53/78 – juris Rn. 9 f.; Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, 06/18, § 8 Rn. 264; Wagner in: jurisPK-SGB VII, 2. Auflage, Stand: 26. Mai 2020, § 8 Rn. 189, jew. m.w.N.; für die Unterbrechung des versicherten Heimweges etwa BSG, Urteil vom 10. Oktober 2006 – B 2 U 20/05 R – juris Rn. 17; Urteil vom 2. Dezember 2008 – B 2 U 26/06 R – juris Rn. 28; offengelassen, ob eine Unterbrechung des versicherten Weges von weniger als zwei Stunden als unschädlich zu betrachten ist, BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 2 U 19/11 R – juris Rn. 25).

Im Fall der bekannten Alkoholisierung des Versicherten im Unfallzeitpunkt ist zudem zu prüfen, ob diese zu einem Vollrausch geführt hat, der bereits jede zweckgerichtete Ausübung einer dem Unternehmen dienenden Verrichtung ausschließt, der Versicherte aufgrund des Alkoholgenusses also überhaupt nicht mehr in der Lage war, die wesentlichen mit seiner Arbeit verbundenen Arbeitsabläufe zu leisten (sog. Leistungsausfall). Auch in diesem Fall liegt eine Lösung vom Betrieb vor, die den sachlichen Zusammenhang zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls prinzipiell ausschließt (BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – juris Rn. 28; Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 23/05 R – juris Rn. 20 m.w.N.). Fragen des (nur) alkoholbedingten Leistungsabfalls stellen sich demgegenüber erst im Rahmen der Prüfung der Unfallkausalität.

Bei alledem muss nach den im Unfallversicherungsrecht geltenden Beweisgrundsätzen der Umstand, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt mit einer Verrichtung befasst war, die der versicherten Tätigkeit zuzuordnen ist, im Vollbeweis nachgewiesen sein (nur BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 16/15 R – juris Rn. 23; stRspr). Beim Vollbeweis muss sich das Gericht grundsätzlich die volle Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der Tatsachen verschaffen. Ausreichend ist eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maß wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu bilden (nur Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Auflage 2020, § 128 Rn. 3b). Die Beweislast für das Vorliegen der den Arbeitsunfall begründenden Umstände als anspruchsbegründende Tatsachen trägt der Versicherte unabhängig von den Umständen, die gegebenenfalls zur Beweislosigkeit führen (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 16/15 R – juris Rn. 23; Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R – juris Rn. 24 f.; Urteil vom 27. März 1990 – 2 RU 45/89 – juris Rn. 22 [jeweils zu Erinnerungslücken des Versicherten]). Im konkreten Fall bestehende Beweisschwierigkeiten – etwa aufgrund einer unfallbedingten Erinnerungslücke des Betroffenen – sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) durch das Gericht zu berücksichtigen; sie können dabei im Einzelfall dazu führen, dass das Gericht schon aufgrund weniger tatsächlicher Anhaltspunkte von einem bestimmten Geschehensablauf überzeugt sein kann, begründen aber keine entsprechende allgemeine Beweiserleichterungsregel (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 6. Oktober 2020 – B 2 U 9/19 R – Terminbericht 37/20; stRspr, etwa auch BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 – B 2 U 26/06 R – juris Rn. 39; Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 25/03 R – juris Rn. 17; Urteil vom 18. April 2000 – B 2 U 7/99 R – juris Rn. 29; Urteil vom 2. November 1999 – B 2 U 42/98 R – juris, Rn. 20; Urteil vom 4. Mai 1999 – B 2 U 18/98 R – juris Rn. 27; Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 110. EL Juli 2020, § 8 SGB VII Rn. 270; Jung/Brose in: Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, SGB VII, 2. Auflage, 2019, § 8 Rn. 93). Ist der Sachverhalt letztlich nicht endgültig aufklärbar, führen aber sämtliche in Betracht kommenden Tatbestandsvarianten dazu, dass dabei Unfallversicherungsschutz bestand, ist der Klageanspruch im Wege der Wahlfeststellung begründet (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 23/99 R – juris Rn. 22 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte der Senat nicht zu seiner vollen Überzeugung feststellen, dass die vom Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses ausgeübte Verrichtung in einem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit stand.

Der Kläger selbst kann, davon ist der Senat überzeugt, zum konkreten Unfallereignis ebenso wenig beitragen wie zu den sonstigen Umständen in der Unfallnacht, weil ihm jede Erinnerung an die Ereignisse dieser Nacht fehlt. An dieser Einschätzung ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (erstmals) angegeben hat, dass er sich erinnere, in der fraglichen Nacht den Müll rausgetragen zu haben. Der Senat konnte sich von der Glaubhaftigkeit dieser Aussage nicht überzeugen. Auf die Nachfrage, seit wann er diese Erinnerung besitze, hat der Kläger erklärt, dass er entsprechende "Erinnerungsfetzen" schon kurze Zeit nach dem Unfall gehabt habe. Zu keiner Zeit hat er jedoch im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren entsprechend vorgetragen. Im Gegenteil hat seine Ehefrau noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht – in Übereinstimmung mit den Angaben des Klägers nach dem Unfall selbst – ausgesagt, dass ihr Mann absolut kein Erinnerungsvermögen an das Unfallereignis habe. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zudem eingeräumt, dass er weder seiner Anwältin noch seinen Familienmitgliedern zu irgendeinem Zeitpunkt mitgeteilt habe, über eine entsprechende Erinnerung zu verfügen, ohne dass er hierfür aber eine Erklärung anbieten konnte. Der Sohn des Klägers hat von sich aus mitgeteilt, dass ihn die plötzliche Aussage seines Vaters in der mündlichen Verhandlung überrascht habe. Hinzu kommt, dass der Kläger neben der schlichten und im Detail nicht weiter ausgeführten Erklärung, dass er sich nunmehr "an das Herausbringen des Mülls" erinnere, keinerlei Angaben zum sonstigen Geschehen in der fraglichen Nacht oder zum näheren Unfallhergang machen konnte. Nach alledem ist der Senat überzeugt davon, dass die Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung allein dadurch bedingt war, dass sich zu diesem Zeitpunkt im Rahmen des Prozessverlaufs herauskristallisiert hatte, dass die Möglichkeit des Sturzes beim Herausbringen des Thekenmülls von den übrigen – im weitesten Sinne – Beteiligten ernsthaft diskutiert wurde und bei einem entsprechenden Geschehensablauf die Annahme eines Arbeitsunfalls denkbar wäre. Darauf, ob der Kläger darum in der mündlichen Verhandlung bewusst falsch zu seinem Erinnerungsvermögen ausgesagt oder er zu diesem Zeitpunkt selbst an eine entsprechende Erinnerung geglaubt hat, kommt es dabei nicht an.

Weiterhin gibt es keine Zeugen für das Unfallgeschehen oder die diesem vorausgegangenen Geschehnisse. Die letzte den Beteiligten bekannte Person, die den Kläger am Abend vor dem Unfall gesehen hat, war die Mitarbeiterin der Eheleute, Frau F., die die Gaststätte um 22:30 Uhr verließ. Was zwischen diesem Zeitpunkt und dem Auffinden des Klägers durch den Zeugen D. um etwa 6:30 Uhr morgens geschah, hat sich durch den Senat nicht mehr abschließend aufklären lassen. Sicher ist lediglich, dass der Kläger zwischen 22:30 Uhr und dem Zeitpunkt des Unfalls erhebliche Mengen alkoholischer Getränke zu sich genommen haben muss. Sowohl seine Ehefrau als auch die Mitarbeiterin haben ausgesagt, dass der Kläger in der Zeit ihrer Anwesenheit in der Gaststätte noch nicht getrunken habe. Die Ehefrau hat zudem angegeben, dass der Kläger üblicherweise nicht während der Arbeitszeit trinke, weder allein noch mit den Gästen. Morgens im Krankenhaus wies der Kläger hingegen einen Blutalkoholgehalt von 2,15 °/oo auf. Um diesen zu erreichen, muss er am Abend bzw. in der Nacht zuvor ganz erhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen haben. Darüber hinaus lässt sich das Geschehen in der Unfallnacht zur Überzeugung des Senats jedoch nicht mit der für den Vollbeweis erforderlichen Sicherheit dahin rekonstruieren, dass sich der Unfall nur bei einer versicherten Verrichtung zugetragen haben kann. Vielmehr bleiben auch unter Berücksichtigung aller Indizien sowohl versicherte wie auch nicht versicherte zum Unfall führende Geschehensabläufe gleichermaßen möglich und wahrscheinlich.

Insbesondere vermochte der Senat sich auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen nicht die volle Überzeugung davon zu bilden, dass der Kläger bei der Entsorgung des Thekenmülls verunfallte. Diese Verrichtung wäre allerdings seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnen gewesen unabhängig davon, ob der Kläger sie im Rahmen der üblichen Aufräumarbeiten gleich nach der Verabschiedung des letzten Gastes, irgendwann in der Nacht oder auch erst am frühen Morgen erledigte. Denn selbst wenn der Kläger sich zwischenzeitlich – auch über Stunden hinweg – einer privaten, nicht versicherten Tätigkeit gewidmet hätte, hätte er doch mit dem Beginn der Müllentsorgung seine versicherte Tätigkeit wieder aufgenommen und sich damit erneut unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestellt. Der Senat ist aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass der Kläger eben bei dieser Tätigkeit der Müllentsorgung verunfallte. Zwar hatte die Ehefrau des Klägers schon in der Unfallanzeige angegeben, dass sie selbst von einem entsprechenden Hergang ausgehe. Insofern verwies sie später darauf, dass sie Müll und auch den bzw. die zugehörigen Mülleimer auf der Straße gefunden habe. Im Einzelnen variieren ihre Angaben hierzu aber erheblich. So hat sie in der Verhandlung vor dem Sozialgericht von zwei Mülleimern gesprochen sowie davon, dass sie den Müll vor Betreten der Gaststätte bei den Müllcontainern – die am Ende des auf der anderen Straßenseite liegenden Parkplatzes und damit etliche Meter von dem Restauranteingang entfernt untergebracht sind – und die Mülleimer aus der Gaststätte "ein Stück weiter auf dem Weg" und auch erst, nachdem sie die Gaststätte wieder verlassen hatte, gefunden habe. Vor dem Senat erklärte sie, dass es sich nur um einen Mülleimer gehandelt habe und dieser das Erste gewesen sei, was sie gesehen und zur Seite geräumt habe, als sie am Unfallmorgen bei der Gaststätte angekommen sei. Den Fundort des Mülls selbst zeichnete sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf einer zur Verfügung gestellten Luftaufnahme von den Örtlichkeiten auf der Straße vor dem Eingang des Gebäudes und nicht bei den Müllcontainern ein. Der Zeuge D. wiederum hat den Fundort des Klägers ein ganzes Stück weiter die Straße hinunter und von dem von der Ehefrau angegebenen Fundort des Mülls entfernt eingezeichnet. Herumliegende Mülleimer oder Müllcontainer hat er nach eigener Aussage am Unfallmorgen nicht gesehen. Auch hat er in seiner schriftlichen Zeugenaussage kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Frage, ob ihm im näheren Umfeld des Klägers etwas aufgefallen sei (Unordnung, herumliegende Gegenstände, irgendwelche Anzeichen, die darauf hindeuten könnten, wie der Unfall sich ereignete oder womit der Kläger im Unfallzeitpunkt beschäftigt war) angegeben, hierzu wegen der zu dem Zeitpunkt herrschenden Dunkelheit keinerlei Angaben machen zu können. In der mündlichen Verhandlung erklärte er dann sich zu erinnern, am Unfallmorgen in einiger Entfernung vom Kläger, bei den Müllcontainern, Müll auf der Straße wahrgenommen zu haben. Er konnte aber weder Angaben dazu machen, in welcher Entfernung dieser Müll zu dem Kläger gelegen habe, noch konnte er den herumliegenden Müll in irgendeiner Form beschreiben. Seine nachträgliche Erinnerung ist für den Senat nicht nur aus diesem Grund, sondern auch deswegen schwer nachzuvollziehen, weil der Zeuge selbst diese nachträgliche Erinnerung an den Müll daraus ableitet, dass er am Wochenende vor der mündlichen Verhandlung erstmals überhaupt die Müllcontainer der Gaststätte gesehen haben will, die aber – so wiederum seine eigene Aussage – hinter den Metalltüren der Schuppen, in denen sie üblicherweise verwahrt werden, gar nicht gesehen werden können. Unabhängig davon hat der Zeuge den Kläger aber auch nicht, wie es zu erwarten gewesen wäre, wenn dieser mit den Mülleimern in der Hand gestürzt wäre, unmittelbar im Müll liegend und vor allem mit einem oder mehreren Eimern in unmittelbarer Nähe aufgefunden, sondern stattdessen nur – so jedenfalls in der nachträglichen Erinnerung – in einiger Entfernung vom Kläger Müll auf der Straße wahrgenommen. Das deckt sich letztlich damit, dass auch die Ehefrau des Klägers den Fundort des Mülls an anderer Stelle eingezeichnet hat als der Zeuge D. den Ort, an dem er den Kläger gefunden hat.

Nach alledem erscheint dem Senat die von den Zeugen beschriebene Situation als nicht geeignet, um sich die volle Überzeugung davon zu bilden, dass der Kläger nur unmittelbar beim Entsorgen des Mülls gestürzt sein kann. Dass der Kläger etwa – zumal in alkoholisiertem Zustand – Müll bei dessen Entsorgung verschüttete und dieses Ereignis in keinem Zusammenhang mit einem späteren, bei einer letztlich unbekannten Tätigkeit erfolgten Sturz stand, ist für den Senat angesichts der dargestellten Umstände mindestens ebenso denkbar, wie dass der Kläger tatsächlich beim Herausbringen des Mülls selbst stürzte. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass das Herausbringen des Mülls zu den Aufräumarbeiten gehörte, die der Kläger üblicherweise unmittelbar nach Betriebsschluss erledigte, es dem Senat aber sehr unwahrscheinlich erscheint, dass der Kläger die gesamte Nacht draußen gelegen haben kann, ohne am frühen Morgen Unterkühlungsanzeichen aufzuweisen. Ein Sturz könnte sich insofern auch bei einer Reihe denkbarer anderer Aktivitäten ereignet haben – dem Heraustreten aus der Kneipe für eine Zigarette, der Rückkehr von einem anderen Ort, an dem der Kläger sich aufgehalten hatte, oder etwa auch auf dem angetretenen Heimweg. Gegen Letzteres spricht zwar, dass der Kläger nach Angaben seiner Ehefrau den Schlüssel nicht bei sich geführt, sondern diesen innen an der Tür der Gaststätte hatte stecken lassen. Dies ließe sich aber, ebenso wie gegebenenfalls der Umstand, dass der Kläger sein Handy nicht eingesteckt hatte, auch damit erklären, dass er im betreffenden Zeitpunkt erheblich alkoholisiert war. Jedenfalls die Tageseinnahmen hatte der Kläger nicht in der Wechselgeldtasche gelassen, sondern bereits für den Transport in der Hosentasche verstaut. Entgegen den Angaben seiner Ehefrau hatte er auch nicht seine Jacke in der Gaststätte hängen lassen, sondern er hatte diese an, als er gefunden wurde. Insofern erscheint dem Senat die Erinnerung des Zeugen D. überzeugend, nach der der Kläger auf seine Ansprache hin die Jacke über das Gesicht gezogen und dieses dahinter verborgen hat.

Für den Fall, dass der Kläger sich im Moment des Unfalls auf dem Heimweg befand, sprechen zur Überzeugung des Senats die konkreten Umstände dafür, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unfallversichert war, weil er sich nach Betriebsschluss und vor Antritt des Weges über einen Zeitraum von mehr als zwei Stunden hinweg privaten Tätigkeiten gewidmet hatte, auch wenn sich nicht mehr feststellen lässt, welche dies im Einzelnen waren. Denn der Kläger war erheblich alkoholisiert. Zudem schloss er üblicherweise die Gaststätte gegen 24:00 Uhr. Wie schon das Sozialgericht ausgeführt hat, spricht der Umstand, dass sich bereits gegen 22:00 Uhr nur noch circa zwei bis fünf Gäste in der Gaststätte aufhielten und unter diesen keine Freunde der Familie waren, dafür, dass auch diese Gäste das Restaurant in absehbarer Zeit danach verlassen haben. Das gilt umso mehr, als es sich um einen Mittwoch und also einen normalen Werktag im Januar handelte. Die Aufräumarbeiten in der Gaststätte dauerten nach den Angaben der Ehefrau des Klägers in der Regel nicht länger als eine halbe Stunde, andere betriebliche Verrichtungen, denen der Kläger sich zusätzlich gerade in der Unfallnacht gewidmet haben könnte, sind nicht ersichtlich. Zugleich war es nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und seiner Ehefrau in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ganz normal, dass der Kläger sich nach dem Arbeitsende noch privaten Tätigkeiten widmete, bevor er nach Hause ging, und dabei etwa (privat) im Internet surfte, telefonierte, andere Gastwirte empfing oder diese besuchte oder sich teilweise auch auf einem Bett im Nebenraum schlafen legte. So kam es nach den Angaben der Ehefrau häufig vor, dass der Kläger erst zwischen zwei und drei Uhr nachts nach Hause kam. Auch dass der Kläger bis zum Morgen überhaupt nicht nach Hause kam, ist offenbar immer wieder vorgekommen, ohne dass seine Ehefrau sich – so ihre Aussage – damit beschäftigte, was er in der Zwischenzeit getan oder wo er sich aufgehalten hat. Der Umstand, dass der Kläger bei der Aufnahme im Krankenhaus keinerlei Unterkühlungszeichen aufwies, sondern im Gegenteil seine Extremitäten als "peripher warm" beschrieben wurden, spricht weiter dafür, dass der Kläger nicht unmittelbar nach Beendigung der abendlichen Aufräumarbeiten oder zumindest in einem absehbaren, weniger als zweistündigen Zeitraum nach deren Abschluss den (versicherten) Heimweg antrat und bei diesem stürzte. Denn dann hätte er in einer Januarnacht über Stunden in der Kälte liegen müssen, bevor er von dem Zeugen D. gefunden wurde. Selbst wenn es in der betreffenden Nacht nicht fror, sondern (so jedenfalls an der etwa 15 km entfernen Messstation) Bodentemperaturen von 10°C abfallend auf 7°C gemessen wurden, so war die Nacht doch feucht, windig und – zumindest in den Morgenstunden – regnerisch. Die erhebliche Alkoholisierung des Klägers hätte Unterkühlungssymptome außerdem deutlich begünstigt. Insofern ist kaum denkbar, dass der Kläger über Stunden in der Nacht gelegen haben sollte, ohne bei seinem Auffinden entsprechende Symptome aufzuzeigen. Schließlich wäre selbst in dem Fall, in dem der Kläger sich zwar ursprünglich zur Müllentsorgung vor dem Restaurant aufgehalten, diese Tätigkeit dann aber aus irgendeinem Grund unterbrochen hätte (beispielsweise um sich wegen Unwohlseins in das Restaurant zurückzubegeben) und er dabei gestürzt wäre, eine versicherte Verrichtung im Unfallzeitpunkt nicht mehr gegeben gewesen. All diese Möglichkeiten lassen sich im Nachhinein nicht mehr ausschließen.

Zur Feststellung des Vorliegens einer versicherten Verrichtung im Vollbeweis können angesichts des Vorstehenden auch die vom Bundessozialgericht entwickelten, teils unter den Begriff der "Beweiserleichterung" gefassten Grundsätze nicht führen. Das Bundessozialgericht hat in Fällen der erschwerten Beweisführung allerdings wiederholt entschieden, dass der rechtliche Beweismaßstab des Vollbeweises bei der Prüfung der versicherten Tätigkeit eines Beschäftigten auch dann erfüllt sein kann, wenn ein Versicherter an dem Arbeitsplatz, an dem er zuletzt versicherte Tätigkeiten verrichtet hatte, aus ungeklärten Umständen einen Gesundheitsschaden oder den Tod erleidet, falls keine konkret festgestellten Tatsachen Zweifel daran begründen, dass er auch noch zur Unfallzeit versichert gearbeitet hat. Voraussetzung für diese Form der "Beweiserleichterung" ist damit aber, dass der Versicherte den räumlichen Bereich, in dem er zuletzt die versicherte Tätigkeit verrichtet hat, nicht verlassen und er dort – nachweisbar – kurz zuvor versicherte Tätigkeiten ausgeübt hat (BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R – juris Rn. 20, 23 m.w.N.). Zumindest diese Umstände, die letztlich Hilfstatsachen für die Feststellung des Versicherungstatbestandes bilden, müssen also zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt sein. Eben daran fehlt es hier aber. Denn es steht zur Überzeugung des Senats gerade nicht fest, dass der Kläger sich auch nur im näheren zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall einer versicherten Tätigkeit gewidmet hatte, sondern das Geschehen in den Stunden vor dem Unfall ist insgesamt unbekannt.

Anderes folgt schließlich auch nicht aus den Grundsätzen des sog. Anscheinsbeweises, die auch im sozialgerichtlichen Verfahren gelten (BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 – B 2 U 18/98 R – juris Rn. 26; Keller in: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage, 2020, § 128 Rn. 9 m.w.N.). Beim Beweis des ersten Anscheins handelt es sich um eine Tatsachenvermutung. Bei typischen Geschehensabläufen erlaubt er den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs oder eines schuldhaften Verhaltens aufgrund von Erfahrungssätzen, d.h. aus der Lebenserfahrung abgeleiteten Wahrscheinlichkeiten, auch wenn im Einzelfall entsprechende Tatsachen nicht festgestellt werden können (Greger in: Zöller, ZPO, 33. Auflage, 2020, Vor § 284 Rn. 29). Dabei kann vorliegend offenbleiben, ob und in welchen Fällen ein Beweis des ersten Anscheins für den Überzeugungsgrad des Vollbeweises ausreichen kann (offengelassen auch in BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R – juris Rn. 30). Denn vorliegend kann ein Anscheinsbeweis schon mangels eines entsprechenden Erfahrungssatzes des Inhalts, dass Beschäftigte im Gaststättengewerbe bei Ausübung ihrer Tätigkeit Einwirkungen ausgesetzt sind, die typischerweise zu Verletzungen der vom Kläger erlittenen Art führen, nicht geführt werden.

Da sich bereits aufgrund der dargelegten Umstände nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lässt, dass der Kläger bei einer versicherten Tätigkeit und nicht bei einer privaten, unversicherten Verrichtung verunfallte, musste der Senat der weiteren Frage, ob der Kläger zur Erbringung einer versicherten Tätigkeit schon aufgrund seiner Alkoholisierung nicht in der Lage und eine versicherte Tätigkeit auch deswegen ausgeschlossen war, nicht weiter nachgehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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