L 5 R 142/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 15 R 100/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 142/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. April 2019 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Klage wegen der im Wege der Klageerweiterung im Berufungsverfahren geltend gemachten Begehren der Klägerin wird abgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zur Hälfte zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit zwischen den Beteiligten steht ein Bescheid der Beklagten, mit dem diese die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund fehlender Mitwirkung der Klägerin abgelehnt hat.

Die 1963 geborene Klägerin ist ausgebildete Arzthelferin und Kauffrau im Gesundheitswesen. Seit 2010 ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt. Bis zum 31. Oktober 2016 bezog sie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) des Jobcenters Gießen. Das Hessische Amt für Versorgung und Soziales (HAVS) hat mit Bescheid vom 7. August 2014 mit Wirkung vom 11. Dezember 2012 einen Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt.

Die Klägerin führte vom 30. April 2014 bis 11. Juni 2014 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der AHG Klinik Waren, Psychosomatisches Behandlungszentrum an der Müritz, Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie, durch. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 12. Juni 2014 gingen die behandelnden Ärzte unter Zugrundelegung der Diagnosen

1. Schwere Anpassungsstörung bei anhaltender Belastungssituation,
2. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung,
3. Insertionstendopathie linker Trochanter major,
4. Nacken- und Schultermyalgien,

von einem Leistungsvermögen der Klägerin in ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Kauffrau im Gesundheitswesen als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich aus.

Die Klägerin beantragte im Rahmen eines Widerspruchs gegen einen eine weitere Rehabilitationsmaßnahme ablehnenden Bescheid der Beklagten am 6. Februar 2015 formlos die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Unter Hinweis auf ihre Mitwirkungspflicht und die gesetzlichen Vorschriften der §§ 60-66 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I), die auf der Rückseite des Schreibens vollständig abgedruckt waren, forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 9. Juli 2015 unter Hinweis auf das Erfordernis eines Formantrags zur Überlassung der vollständig ausgefüllten Antragsformulare auf. Nachdem ein Eingang der ausgefüllten Antragsformulare nicht binnen der gesetzten Frist zu verzeichnen war, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit bindend gewordenem Bescheid vom 13. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 wegen mangelnder Mitwirkung ab.

Am 11. März 2016 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 13. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015, hilfsweise stellte sie einen neuen Antrag auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Am 11. Mai 2016 ging das ausgefüllte und unterschriebene Antragsformular bei der Beklagten ein, in dem die Klägerin angab, sich seit 2010 insbesondere wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung für erwerbsgemindert zu halten. Nach Beiziehung eines Befundberichts der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. med. C. vom 15. September 2016, dem u.a. der Entlassungsbericht des Krankenhauses Lahnhöhe, Überregionales Zentrum für Psychosomatische Medizin und Ganzheitliche Heilkunde, vom 8. Dezember 2015 beigefügt war, beauftragte die Beklagte mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 den Arzt für Psychiatrie Dr. med. D. mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens binnen einer Frist bis zum 19. November 2016. Auf telefonische Anfrage der Beklagten im Januar 2017 teilte die Praxis des Dr. med. D. mit, dass das Gutachten bereits am 14. November 2016 storniert worden sei, da die Klägerin nicht zur Begutachtung erschienen sei.

Daraufhin erging der Bescheid vom 31. Januar 2017, der in der Betreffzeile mit "Ablehnung wegen mangelnder Mitwirkung" überschrieben war. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dem Antrag auf Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung könne sie nicht entsprechen, solange die Klägerin nicht mitwirke. Für die Entscheidung über den Rentenantrag habe die Beklagte den Sachverhalt zu ermitteln. Dabei müsse die Klägerin mitwirken (§§ 60-62 und 65 SGB l). Die Klägerin sei trotz Aufforderung ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, da sie aus nicht ersichtlichen Gründen zum Begutachtungstermin nicht erschienen sei. Dem Antrag könne die Beklagte bis zur Nachholung der Mitwirkung nicht entsprechen (§ 66 SGB I). Werde die Mitwirkung nachgeholt und lägen die Voraussetzungen vor, könne die Leistung nachträglich ganz oder teilweise erbracht werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bevollmächtigte der Klägerin am 23. Februar 2017 (und die Klägerin nochmals am 28. Februar 2017) Widerspruch. Widerspruchsbegründend führte sie aus, die Beklagte habe die Erforderlichkeit einer Untersuchung bei einer seit November 2016 notwendigen Krankenhausbehandlung wegen Somatisierung nicht begründet. Aufgrund ihrer Schweigepflichtsentbindungserklärung könne die Beklagte aktuelle Befundberichte einholen. Aus dem Entlassungsbrief der Klinik Lahnhöhe vom 8. Dezember 2015, in der sie sich vom 12. November 2015 bis zum 10. Dezember 2015 in stationärer Behandlung befunden habe, gehe die Empfehlung einer Verrentung für zwei Jahre hervor. Sie sei seit 2010 arbeitsunfähig. Eine weitere medizinische Rehabilitationsmaßnahme sei mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2015 abgelehnt worden, da ihre Erwerbsfähigkeit weder gebessert noch wiederhergestellt werden könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass sich die Klägerin auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen müsse, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich seien. Auch nach Auswertung des Widerspruchs sei der beratungsärztliche Dienst der Beklagten weiterhin der Auffassung, dass die anberaumte psychiatrische Begutachtung für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin unbedingt erforderlich sei. Weitere ärztliche Unterlagen habe die Klägerin nicht vorgelegt.

Am 29. Juni 2017 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Marburg. Klagebegründend wiederholte sie im Wesentlichen ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und verwies auf die bei ihr bestehenden Leiden und erneut auf die Empfehlung einer Verrentung auf Zeit im Entlassungsbericht der Klinik Lahnhöhe vom 8. Dezember 2015. Sie reichte zudem mehrere Schreiben ihrer Krankenkasse (Barmer) zur Akte, wonach diese nach Beendigung des SGB II-Bezugs ab 1. November 2016 Beitragsforderungen gegenüber ihr geltend machte. Ergänzend führte ihr Bevollmächtigter aus, dass sich auch aus dem prozessualen Verhalten der Klägerin eindeutig ergebe, dass eine Verrentung sinnvoll sei. Die Beklagte habe wiederholt angeführt, dass eine fachärztliche Begutachtung erforderlich sei, jedoch trage sie keine Begründung für die geforderte Begutachtung vor. Es hätten Befundberichte eingeholt und eine Begutachtung nach Aktenlage erfolgen können. Auch der Dipl.-Psych. E. sei in seinem aktenkundigen Bericht vom 13. September 2017 langfristig von ihrer fehlenden Erwerbsfähigkeit ausgegangen. Sie sei Opfer schwerster Gewalt geworden, so dass ihr eine persönliche Begutachtung nicht zumutbar sei. Schließlich seien ihr auch die möglichen Rechtsfolgen einer nicht durchgeführten Begutachtung im Sinne von § 66 Abs. 3 SGB I nicht mitgeteilt worden.

In der mündlichen Verhandlung am 29. April 2019 erklärte die Klägerin zu Protokoll, dass sie eine Begutachtung auch zukünftig ablehnen werde.

Mit Urteil vom 29. April 2019 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie ihren gesetzlich vorgegebenen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen müsse die Beklagte das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) für eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung prüfen. Diese Prüfung könne die Beklagte neben dem Beiziehen von ärztlichen Unterlagen nur vornehmen, wenn eine gutachterliche Beurteilung des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens der Klägerin erfolgen könne. Eine medizinische Untersuchung, die hierfür erforderlich sei, habe die Klägerin mehrfach verweigert und sei damit ihrer Mitwirkungspflicht gemäß der §§ 60-62 und 65 SGB I nicht nachgekommen. Zur Verwirklichung sozialer Rechte bedürfe es eines Zusammenwirkens zwischen Sozialleistungsträgern und denen, die Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollten. Zwar habe die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Viele Informationen könne jedoch nur der Leistungsberechtigte zur Verfügung stellen, so dass die Leistungsträger durch §§ 60 ff. SGB I zur Erfüllung ihrer Aufgaben den Leistungsberechtigten aufgeben könnten, alle entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismittel anzugeben. § 62 SGB I enthalte eine Regelung der Obliegenheit, sich zum Zweck der Sachverhaltsaufklärung untersuchen zu lassen. Konsequenz einer fehlenden Mitwirkung sei, dass die beantragte Leistung versagt oder entzogen werden könne. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen reichten im Falle der Klägerin nicht aus, über den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung entscheiden zu können. Aus dem Behandlungsbericht der Klinik Lahnhöhe ergäbe sich neben den Diagnosen und Medikationsangaben zwar der Hinweis, dass eine Zeitrente von zwei Jahren für einen rehabilitationsfördernden Rahmen für sinnvoll gehalten werde. Diese Formulierung reiche jedoch nicht aus, um ohne eine gründliche Überprüfung und Beurteilung des Leistungsvermögens und der Erwerbsfähigkeit der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung bewilligen oder ablehnen zu können. Auch habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz des Hinweises auf die gesetzlich vorgeschriebene Sachverhaltsermittlung ausdrücklich erklärt, eine gutachterliche Untersuchung abzulehnen, so dass sie die in § 66 SGB I beschriebenen Folgen der mangelnden Mitwirkung selbst zu verantworten und zu tragen habe.

Gegen das dem Bevollmächtigten am 20. Mai 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2019 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Nach Hinweis des Senats, dass vorliegend der streitgegenständliche Bescheid als Versagensbescheid im Sinne von § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I zu werten sei und Bedenken im Hinblick auf das Vorliegen der formalen Voraussetzungen bestünden, machte die Beklagte mit Schreiben vom 13. August 2019 einen Vergleichsvorschlag, wonach sich die Klägerin einer medizinischen Begutachtung durch eine/n von der Beklagten bestimmte/n Gutachter/Gutachterin unterziehen solle und die Beklagte nach Vorlage des Gutachtens den streitgegenständlichen Bescheid aufheben werde.

Die Klägerin hat sich zum Vergleichsvorschlag nicht geäußert. Stattdessen hat sie eine Vielzahl von Anträgen zu anderen Sozialrechtsstreitigkeiten und geltend gemachten Ansprüchen insbesondere auf dem Gebiet des Krankenversicherungsrechts, des sozialen Entschädigungsrechts und betreffend den Sozialdatenschutz gestellt. Auf die Schreiben der Klägerin vom 7. Juni 2019, 16. Dezember 2019, 7. Februar 2020, 18. Februar 2020 und 12. November 2020 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt vorliegend (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. April 2019 sowie den Bescheid vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung,
hilfsweise
wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab 1. Februar 2015 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass zwar eine konkrete Fristsetzung mit entsprechender Belehrung bezüglich der Obliegenheit der Klägerin zur Teilnahme an einer Begutachtung nicht ergangen sei. Die Klägerin habe jedoch Kenntnis von ihren Mitwirkungspflichten gehabt. Bereits 2015 sei der Rentenantrag der Klägerin wegen mangelnder Mitwirkung abgelehnt worden. Eine konkrete Belehrung sei damals und darüber hinaus in der Anlage zum Rentenantrag erfolgt. In der Gesamtschau müsse der Klägerin ihre Verpflichtung zur Mitwirkung an der Sachaufklärung und hier zur Teilnahme an einer Begutachtung bewusst gewesen sein. Im vorliegenden Einzelfall sei es rechtmäßig gewesen, den Bescheid vom 31. Januar 2017 zu erteilen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der die Klägerin betreffenden Rentenakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens der (unvertretenen) Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen und dabei nach Maßgabe des § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darauf hingewiesen worden waren, dass auch im Falle ihrer Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann. Im Übrigen wurde die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung ihrem Antrag entsprechend aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. April 2019, das den Bescheid vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 zum Gegenstand hat, verbunden mit dem Begehren der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das Berufungsbegehren der Klägerin kann unter Zugrundelegung ihres zuletzt gestellten Antrags im Schreiben vom 12. November 2020 und insbesondere durch die Inbezugnahme des klagebegründenden Schriftsatzes ihres erstinstanzlichen Bevollmächtigten vom 17. August 2018 nur in diesem Sinne ausgelegt werden. Dies entspricht auch dem zuletzt durch ihren Bevollmächtigten erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag.

Dagegen war über die von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren gestellten weiteren Anträge nicht in der Sache zu entscheiden. Auch wenn sich nicht eindeutig erschließt, ob die Anträge zur Entscheidung im vorliegenden Verfahren gestellt oder lediglich zur Information des Gerichts übersandt worden sein sollen, ist eine etwaige Klageänderung im Sinne einer Klageerweiterung jedenfalls unzulässig, so dass die entsprechenden Begehren nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind. Ausgehend von einer grundsätzlichen Zulässigkeit einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz auf der Grundlage von § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 SGG (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. März 2020, L 6 AS 471/19, juris Rdnr. 45, m.w.N.), fehlt es hier jedenfalls am Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 20. November 2020 ausdrücklich erklärt, dass sie in eine Klageerweiterung nicht einwilligt (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1, 1. Alt. SGG). Zudem hat sie sich auch nicht zuvor schriftsätzlich rügelos eingelassen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 2 SGG). Eine rügelose Einlassung liegt insbesondere nicht vor, wenn die Beklagte allein einen auf "die Berufung" bezogenen Antrag formuliert und sich auf die Verteidigung der angegriffenen Entscheidung beschränkt oder sich ihr Vorbringen eindeutig nur auf die Begehren bezieht, die bereits in erster Instanz Gegenstand des Verfahrens waren (vgl. Hessisches Landessozialgericht, a.a.O., Rn. 46). Ausschließlich dies war vorliegend der Fall. Die Beklagte hat sich zu keinem der weiteren Anträge und Schriftsätze der Klägerin geäußert. Vielmehr hat die Beklagte sich in ihren Schreiben vom 13. August 2019 und 22. November 2019 ausschließlich zur Frage der Rechtmäßigkeit der erstinstanzlich angegriffenen Bescheide geäußert und in der mündlichen Verhandlung am 20. November 2020 einen Antrag auf Abweisung der (erstmals in der Berufungsinstanz erhobenen) Klage gestellt. Schließlich liegt auch keine Sachdienlichkeit der Klageerweiterung (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1, 2. Alt. SGG) vor (vgl. zu deren Voraussetzungen: B. Schmidt, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rdnr. 10, m.w.N.), denn die erstmals im Berufungsverfahren gestellten Anträge betreffen eine Vielzahl anderweitiger Rechtsverhältnisse zwischen der Klägerin und anderen, nicht am vorliegenden Verfahren beteiligten Leistungsträgern. Zudem sind sie offenbar bereits Gegenstand weiterer eigenständiger gerichtlicher Verfahren, deren Verfahrensstand nicht ersichtlich ist. Durch ihre Einbeziehung in das vorliegende Verfahren kann der Streit zwischen den dortigen Beteiligten nicht beigelegt und endgültig bereinigt werden, so dass sich gerade kein prozessökonomischer Vorteil ergäbe. Eine Sachdienlichkeit scheidet damit aus.

Die gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. April 2019 gerichtete statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG).

Die Berufung ist auch teilweise begründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. April 2019 zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen, denn der Bescheid vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 (§ 95 SGG) ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Dies folgt allerdings nicht aus einer rechtswidrigen Entscheidung der Beklagten in der Sache, so dass die Klägerin nicht ihre Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verlangen kann.

Das auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgte Begehren ist bereits unzulässig. Nach § 54 Abs. 4 SGG kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Regelung setzt somit voraus, dass die Verwaltung über die begehrte Leistung entschieden hat. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Leistungsträger die Leistung ohne abschließende Ermittlung bis zur Nachholung der Mitwirkung nach § 66 SGB I versagt. Gegen einen solchen Versagensbescheid ist grundsätzlich nur die (isolierte) Anfechtungsklage eröffnet (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2017, L 16 R 70/17 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, 7 RAr 70/87=SozR 1200 § 66 Nr. 13; BSG, Urteil vom 17. Februar 2004, B 1 KR 4/02 R=SozR 4-1200 § 66 Nr. 1; BSG, Urteil vom 31. Januar 2006, B 11a AL 5/05 R=SozR 4-1200 § 66 Nr. 3; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 78/08 R=SozR 4-1200 § 66 Nr. 5).

Bei dem hier angegriffenen Bescheid vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 handelt es sich um eine (vorläufige) Versagung der Rentengewährung auf der Grundlage von § 66 SGB I.

Zunächst ist festzustellen, dass der angegriffene Bescheid keinen Überprüfungsbescheid i.S.v. § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) darstellt. Ein ursprünglich als Überprüfungsantrag von der Klägerin am 11. März 2016 gestellter Antrag, der nur die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des vorausgegangenen Versagensbescheides vom 13. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 zur Folge gehabt hätte, entspricht nicht dem mit dem erneuten Antrag verfolgten Ziel der Klägerin, welches auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gerichtet war. Die Beklagte hat vielmehr nach erfolgter Nachholung der zuvor versäumten Mitwirkungshandlung in Form der Übersendung der ausgefüllten Antragsformulare durch die Klägerin den rechtswidrig gewordenen ersten Versagungsbescheid vom 13. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 konkludent gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB X aufgehoben (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2017, L 16 R 70/17, juris Rdnr. 19). Es bedurfte auch keines Neuantrags, wie ihn die Klägerin hilfsweise am 11. März 2016 gestellt hat, denn nach Aufhebung des ersten Versagungsbescheids hat die Beklagte das durch Antrag vom 6. Februar 2015 eingeleitete Verwaltungsverfahren fortgesetzt, was sie auch durch die Inbezugnahme dieses Antrags im Bescheid vom 31. Januar 2017 dokumentiert hat.

Unter Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen auch im Sozialrecht maßgeblichen Grundsätze (§ 133, § 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), die eine Auslegung nach dem objektiven Sinngehalt der Erklärung ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont gebieten (vgl. nur: BSG, Urteil vom 10. Juli 2012, B 13 R 85/11 R = SozR 4-2600 § 96a Nr. 14), trifft der angegriffene Bescheid keine Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rentenanspruchs der Klägerin, sondern versagt die Leistungsgewährung aufgrund ihrer fehlenden Mitwirkung.

Während die Entscheidung über einen Rentenanspruch wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) die Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und des Restleistungsvermögens des Rentenbewerbers erfordert, kann der Leistungsträger nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.

Nach diesen Maßgaben verfügt der Bescheid vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 eine Versagung der begehrten Erwerbsminderungsrente im Sinne von § 66 Abs. 1 SGB I und keine Ablehnung des Rentenanspruchs. Auch wenn der Betreffzeile des Bescheides vom 31. Januar 2017 die Formulierung "Ablehnung wegen mangelnder Mitwirkung" zu entnehmen ist, ist trotz der Verwendung des Begriffs "Ablehnung", der eine Entscheidung über den materiell-rechtlichen Anspruch impliziert, bereits aufgrund des Hinweises auf die mangelnde Mitwirkung der Klägerin ersichtlich, dass es sich nicht um eine Ablehnung in der Sache handelt. Dies ergibt sich im Übrigen auch eindeutig aus den weiteren Ausführungen des Bescheides. Der Verfügungssatz verweist darauf, dass dem Antrag auf Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung nicht entsprochen werden könne, solange die Klägerin nicht mitwirke. Unter Verweis auf die Vorschriften der §§ 60-62 und 65 SGB I und das Nichterscheinen ohne ersichtliche Gründe zum medizinischen Begutachtungstermin führt die Beklagte weiter aus, dass die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei und aus diesem Grund nicht über ihren Rentenanspruch entschieden werden könne. Auch macht die Beklagte unter Hinweis auf § 66 SGB I deutlich, dass sie nur bis zur Nachholung der erforderlichen Mitwirkungshandlung nicht über den Antrag der Klägerin entscheiden könne. Im Falle der Nachholung der Mitwirkungshandlung und bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen stellt sie vielmehr die Erbringung der Leistungen nachträglich ganz oder teilweise in Aussicht. Auch die Auslegung des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 führt zu keinem anderen Ergebnis. Die dortige Begründung verweist auf die Verpflichtung der Klägerin, sich nach § 62 SGB I ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen zu unterziehen. Eine psychiatrische Begutachtung sei für die Beurteilung des Leistungsvermögens unbedingt erforderlich.

Da sich die Klage der Klägerin damit gegen eine Versagungsentscheidung mangels Mitwirkung richtet, hat sie über die Überprüfung dieses Bescheides hinaus kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, denn Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Auch liegen die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Grundsatz der isolierten Anfechtung des Versagungsbescheides nicht vor. Denn zusätzlich zu einer solchen Anfechtungsklage ist eine Klage auf die Leistungsgewährung aus prozessökonomischen Gründen nur dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, 7 RAr 70/87=SozR 1200 § 66 Nr. 13; BSG, Urteil vom 17. Februar 2004, B 1 KR 4/02 R=SozR 4-1200 § 66 Nr. 1; BSG, Urteil vom 24. November 1987, 3 RK 11/87, juris). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der medizinische Sachverhalt steht gerade im Streit zwischen den Beteiligten. Auch behauptet die Klägerin keine anderweitige Klärung. Zwar verweist sie insbesondere auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen der Klinik Lahnhöhe und des Dipl.-Psych. E. Sie rügt aber gleichzeitig, dass die Beklagte erforderliche Unterlagen bei Dritten anfordern könne, anstatt sie mit neuen Untersuchungen zu belasten. Darin liegt nicht die Behauptung, dass die Leistungsvoraussetzungen bereits geklärt seien, sondern nur die Behauptung, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht alle verfügbaren Erkenntnisquellen berücksichtigt habe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Februar 2011, L 4 R 219/10, juris Rdnr. 14). Folglich ist dem Gericht eine abschließende Prüfung der materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzung des Rentenbegehrens verwehrt.

Im Übrigen - soweit die Klägerin die (isolierte) Aufhebung des Versagungsbescheides vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 begehrt - hat die Berufung dagegen Erfolg. Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Zunächst ist zwar die Annahme einer Mitwirkungsobliegenheit der Klägerin gemäß § 62 SGB I seitens der Beklagten nicht zu beanstanden. Hiernach soll, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind. Insbesondere im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer solchen Untersuchung mangels ausreichender Aussagekraft der vorliegenden medizinischen Unterlagen - insbesondere des Entlassungsberichts der Klinik Lahnhöhe von 8. Dezember 2015 - für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin i.S.v. § 43 SGB VI nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils vom 29. April 2019 (§ 153 Abs. 2 SGG).

Dennoch ist der Bescheid vom 31. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2017 rechtswidrig. Denn gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Dies ist – wie die Beklagte selber einräumt – vor Ergehen des streitbefangenen Bescheides nicht geschehen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten macht auch nicht die der hier streitigen Versagungsentscheidung vorausgegangene Belehrung vom 9. Juli 2015 und die damalige Übersendung des Gesetzestextes der §§ 60 ff SGB I das Erfordernis einer erneuten, auf die konkrete Mitwirkungshandlung bezogenen Belehrung und Fristsetzung entbehrlich. Denn der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I ist zwingende Voraussetzung für eine Versagung oder Entziehung von Leistungen (Voelzke in jurisPK-SGB I, 3. Auflage 2018, Stand 30. Oktober 2020, § 66 Rdnr. 49). Ein den Anforderungen des § 66 Abs. 3 SGB I entsprechender Hinweis darf sich nicht in einer allgemeinen Belehrung oder der Wiedergabe des Gesetzestextes erschöpfen, sondern es ist ein konkreter, unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers/Leistungsempfängers bezogener Hinweis mit Ausführungen darüber erforderlich, weshalb gerade in seinem Fall das persönliche Erscheinen oder eine andere Mitwirkungshandlung geboten ist und mit welchen konkreten Leistungseinschränkungen – teilweise oder ganz – er zu rechnen hat, wenn er ohne triftigen Grund der Pflicht nicht nachkommt (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 1980, 7 RAr 21/79=SozR 4100 § 132 Nr. 1; BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, 7 RAr 70/87=SozR 1200 § 66 Nr. 13; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 24. Juni 2010, L 14 R 975/09, juris Rdnr. 31). Die Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 66 Abs. 3 SGB I muss sich insbesondere auf die konkret geforderte Mitwirkungshandlung beziehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. April 2016, L 7 AS 258/16 B ER, juris Rdnr. 10) und soll dem Betroffenen die Möglichkeit verschaffen, die Konsequenz seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2016, L 7 AS 3613/15, juris Rdnr. 31 m.w.N.). Die Beklagte hätte daher die Klägerin konkret darauf hinweisen müssen, dass sie die Rente gemäß § 66 SGB I ganz versagen wird, wenn sie sich nicht innerhalb einer gesetzten Frist einer erforderlichen psychiatrischen Untersuchung unterzieht. Das ist hier nicht geschehen. Eine Nachholung einer ordnungsgemäßen Belehrung ist auch nicht im Widerspruchsverfahren erfolgt.

Zwar kann ausnahmsweise eine Belehrung i.S.v. § 66 Abs. 3 SGB I entbehrlich sein, wenn feststeht, dass sich der Mitwirkungspflichtige des Inhalts der von ihm erwarteten Mitwirkungshandlung und der Folgen der Obliegenheitsverletzung bewusst ist und auch ein schriftlicher Hinweis ihn nicht veranlassen würde, ernsthaft an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Dies ist jedoch nur angenommen worden für den Fall, dass der Mitwirkungspflichtige bereits mehrere Untersuchungstermine trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen hatte verstreichen lassen (vgl. BSG, Beschluss vom 31. Januar 1979, 11 BA 129/78, juris). Im vorliegend maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides stand im Falle der Klägerin jedoch keineswegs fest, dass sie sich einer medizinischen Untersuchung gänzlich verweigert. Zwar hat sie zuvor die Erforderlichkeit einer Untersuchung in Frage gestellt, aber eine gänzliche Verweigerung hat sie erst in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts am 29. April 2019 zu Protokoll erklärt. Zudem fehlt es an einer zuvor wegen einer gleichartigen Mitwirkungspflicht erfolgten Belehrung der Klägerin. 2015 bestand die mangelnde Mitwirkung in der Nichtvorlage von Antragsformularen.

Abgesehen von der fehlenden Belehrung der Klägerin hat die Beklagte auch das ihr zustehende Ermessen, ob sie weitere Ermittlungen anstellt oder die Versagungsentscheidung trifft, nicht erkennbar ausgeübt. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Nach alledem war der streitbefangene Bescheid aufzuheben. Die Beklagte wird unter Fortsetzung des mit dem Antrag vom 6. Februar 2015 eingeleiteten Verwaltungsverfahrens erneut zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen der begehrten Rente gegeben sind. Hierzu wird sie erneut zu entscheiden haben, welche weiteren Ermittlungen erforderlich sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Begehren zum Teil erfolgreich war.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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